Clara VI - Die Sinnliche
von EviAngel
Um mich herum war alles weiß. Wo war ich? Was war geschehen? Eine Decke lag auf mir, eine weiche Unterlage, eine Matratze unter mir. Eine Stimme erklang:
„Gott, Kindchen, da sind Sie ja wieder. Und ich dachte schon, Sie würden nie mehr wach werden.“
Ein rascher Blick unter die Zudecke zeigte mir, dass ich keinen Faden am Körper trug, ich lag hier völlig unbekleidet in einem mir fremden Raum mit einer mir fremden, unsichtbaren Person.
Ein tuntenhaft wirkender Mann trat in meinen Sichtkreis. Er trug ein lang wallendes, grell-pink-weißes Gewand, war extrem stark geschminkt, mit schwarzem Vollbart. Unter dem weiten Umhang verbarg er augenscheinlich einen stark übergewichtigen, verweichlichten Körper.
Ein befremdlicher, abstoßender Anblick.
„Hast eine gute Show geboten, doch, aber jetzt hast du dich genug ausgeruht. Hier liegen deine Sachen, Bad ist dort drüben, die Filmaufnahme von deiner Session habe ich dir in die Tasche gesteckt. Jetzt komm in Wallung, ich hab noch Termine!“
Show geboten! Die Erinnerung kam mit Macht. Es war keine Show, ich habe keine Show geboten, es war ein Kampf um meine Zukunft.
Den hatte ich verloren.
Natürlich hatte ich immer noch eine Zukunft, aber es war nicht die Zukunft, die ich mir erträumt hatte. Die Furie in mir hatte sich mit dem liederlichen Wesen verbündet, zusammen waren sie stärker als die Dame, waren stärker, als Anstand und Sitte. Jedem der Anwesenden hatte ich klar gezeigt, dass ich schwach war, dass ich nicht über so viel Willenskraft verfügte, um das einzig erstrebenswerte Leben führen zu können, das ich mir in den Tagträumen der letzten Zeit vorgestellt hatte. Als ich darum kämpfen musste, war ich weder für den Kampf gerüstet, noch hatte ich die notwendige Stärke aufgebracht, geschweige denn, die unbedingt notwendige Disziplin unter Beweis gestellt. Versagen nennt man so etwas. Versagerinnen bleiben einsam, das war die Erkenntnis nach dem Aufwachen.
Mein Hosenanzug hing über einem Stuhl neben dem weißen Himmelbett, in dem ich lag. Als ich mich bewegte, fühlte ich mich zerschlagen und so, als hätte ich in allen Gliedern Muskelkater. Ein niederschmetterndes Gefühl und stark negative Gedanken lähmten mich. Die Vollbart-Tunte verschwand, ich quälte mich aus dem Bett. Im Bad wusch ich mir Reste der Schminke aus dem Gesicht, duschte und kleidete mich an.
Nach einigem Umherirren fand ich den Flur, offensichtlich befand ich mich im Obergeschoss dieser Jugendstilvilla. Eine breite Treppe führte hinunter in den Eingangsbereich des Hauses, es war niemand zu sehen. Die Tür nach draußen ließ sich öffnen, ich ging hinaus. Es regnete.
Nach dem Auto zu suchen, dazu fehlte mir der Nerv. Jetzt im Regen durch die Straßen zu irren um das Fahrzeug zu finden, konnte ich mir nicht vorstellen. Noch im Eingang stehend rief ich ein Taxi, das fuhr vor, bevor ich die Straße erreichte.
Erst als ich nur sehr mühsam in die Lage kam, meinen Blick zu fokussieren, bemerkte ich, dass ich weinte. Die Tränen rannen mir die Wangen hinunter, tropften auf das Jackett und in den Schoß. Sie ließen sich nicht aufhalten, ich verwendete allerdings auch keine Kraft darauf, sie zu stoppen. Sollten sie doch laufen. Die Liebe meines Lebens hatte ich verloren, weil ich mich gegen rohe Gewalt nicht zu wehren vermocht hatte. Ich habe mich immer für stark und wehrhaft gehalten. Nur bei der wichtigsten Sache meines bisherigen Lebens hatte ich kläglich versagt. Nicht heimlich, sondern öffentlich, unter zig fremden Menschen und in einer derartig blamablen Art und Weise, davon würde sich mein Selbstvertrauen nie mehr erholen, nie mehr.
Als ich zuhause eintraf, kleidete ich mich um, wie immer. Ganz in Gedanken streifte ich mir eines dieser kurzen Unterkleidchen über den nackten Körper und stieg in die hohen Sandaletten. Erst als ich an einem Spiegel vorbei lief, wurde mir bewusst, dass ich mich immer noch so kleidete, wie ich es für Ihn getan hatte. Einem spontanen Impuls folgend, riss ich mir das Kleidchen vom Körper. Er war Geschichte, an Ihn brauchte ich keinen Gedanken mehr zu verschwenden. Als Folge davon brauchte ich mich für Ihn auch nicht mehr schön und begehrenswert zu machen.
Nackt auf den hohen Sandaletten stehend betrachtete ich mich im Spiegel.
An mir war nach wie vor alles dran, ich sah immer noch genau so aus, wie gestern um diese Zeit, inzwischen war es elf Uhr am Samstagvormittag. Es war nicht so, dass ich mich ausschließlich für ihn schön gemacht hätte, sondern hier zuhause trug ich die kurzen Kleidchen für mich, für Clara. Weil sie mir gefielen, weil ich mir darin gefiel. Die Schönheit, die mich anstrahlte, wenn ich mich darin bewegte, die war da, die war auch jetzt da und das war meine Schönheit. Die kam von mir, von innen, sie wurde mittels der Äußerlichkeiten wie dieser Kleidung und hohen Absätze geweckt, aber sie war immer da, sie kam von mir, von innen, es war meine. Diese Schönheit erregte mich. Weil ich diese Erregung mochte und sie sich durch diese leichte Bekleidung sehr leicht einstellte, kleidete ich mich in diese verwegenen Kleidchen, in die kurzen Röcke und die knappen Oberteile. Und ja, auch ohne was drunter.
Das tat ich nicht für Ihn, es war Ihm zu verdanken, dass ich entdeckt hatte, dass ich es mochte, erregt zu sein. Ja, sicher, auch deswegen, weil ich mit dieser Erregung sehr schöne Erlebnisse verband, das war Fakt. Er hatte mir gezeigt, was mich erregte, was ich tun und wie ich mich kleiden musste, um diese Erregung hervorzurufen, das war sein Verdienst, ohne Zweifel. Jedoch war es meine Erregung und damit mein Lustvorteil, deswegen unbedingt positiv besetzt und aus dem Grund in meinem Interesse. Ich hatte für mich entdeckt, dass erregt sein schön war, daraus ergaben sich erfüllende Momente und die waren vorteilhaft für mich. Wenn ich mich sexy kleidete, dann war das gut für mich, ein Pluspunkt, Pluspunkt für Clara. Sexy Kleidung gab mir Selbstvertrauen, das durch die Aufmerksamkeit, die mein Aussehen bei den Menschen in meiner Umgebung hervorrief, bestätigt wurde.
Bis auf das bedröppelte Gesicht, das ich zurzeit dem Spiegel präsentierte, war ich dieselbe Clara wie gestern, wie immer.
Um es mir zu beweisen, kleidete ich mich in das rote Mini-Röckchen und dieses Oberteil, das nichts offen zeigte, aber auch nichts verbarg, und setzte mich vor den Schminkspiegel. Wie hieß noch einmal der Lidschatten, den mir die Malermeisterin in dieser verruchten Villa zum Schluss aufgetragen hatte?
So wie ich war, wollte ich in die Stadt fahren, als mir einfiel, dass sich mein Auto immer noch in Stiepel befand.
Mit einem Taxi ließ ich mich hinbringen, auf der zweiten Straße, die wir absuchten, fanden wir es.
Ich setzte mich hinein und wollte losfahren, da klopfte jemand an mein Fenster. Draußen stand ein mir völlig unbekannter Mann, etwa dreißig, eine angenehme Erscheinung. Er wirkte leicht aufgeregt, so als wäre etwas passiert. Ich ließ das Fenster hinunter.
„Was für ein Glück dich zu treffen!“, sprudelte er hervor. „Du bist doch die geile Schnecke von gestern oder?“
Er betrachtete neugierig mein Outfit, schaute mir auf die Brust und in den Schoß. Im Sitzen war der Rock so weit hinaufgerutscht, dass man die Beine in voller Läge bewundern konnte. Ich schaute rasch hinunter, aber es bestand kein Grund zur Besorgnis, man sah nur die Beine, nicht mehr. Er folgte meinem Blick und sagte:
„Bist schon wieder geil oder? Kerl, es muss ein Riesenereignis sein, dich im Bett zu erleben. Du nimmst doch garantiert einen Mann komplett auseinander, oder? Oder bist du lesbisch? Davon kann ich dich heilen, guck mal was ich für nen geilen Schwanz hab.“
Er arbeitete an seiner Hose, offensichtlich wollte er mir mit der Größe seines Penis imponieren und mich damit verführen. Während ich das Fenster schloss und einen Gang einlegte, hörte ich noch wie er rief:
„Nun sei doch nicht so! Nimmst du Geld dafür? Was kostet es denn?“
Oh mein Gott!
Das Schlimmste, was mir passieren konnte, war passiert. Man hatte mich erkannt und in Verbindung mit einem ausgefallenen und absolut ungehörigen, gar skandalösen sexuellen Ereignis in Verbindung gebracht. Mit einem Ereignis, an dem ich noch nicht einmal die geringste Freude gehabt hatte, das mir unglaublich peinlich war und bei dem ich die Liebe meines Lebens verloren hatte.
Das war so ohne Weiteres nicht zu verarbeiten.
Hinzu kam, dass ich mich auch noch in diesem Aufzug befand. Meine Mutter hatte Recht, ich war eine liederliche Person. Wie käme ich sonst auf die Idee, mich in diesem Aufzug unter Menschen zu begeben? Und sogar ohne Unterwäsche? Mein Leichtsinn und mein schlechter Charakter passte nicht zu dem, was man von mir erwartete.
Die Tränen liefen wieder.
Die Frage, die sich mir sehr plötzlich stellte, war: Musste ich dem entsprechen, was man von mir erwartete? Musste das sein? Musste ich mich immer nach Anderen richten, besaß ich keine Rechte?
Andersherum gefragt, richtete sich irgendjemand nach dem, was ich von ihm erwartete? Erwartete ich überhaupt schon mal etwas von anderen?
Hinter mir hupte jemand, in Gedanken war ich vor einer grünen Ampel stehen geblieben.
Die Stunden mit Joschi und seiner Lebenseinstellung waren unter Anderem auch lehrreich. Kümmerte er sich darum, was andere dachten? Er machte das, wonach ihm der Sinn stand, ob andere damit einverstanden waren oder nicht. Er war er und handelte so, wie es ihm passte. Nun, ich war kein Mann und musste mich entsprechend zurückhaltend benehmen, dem Bild einer Dame entsprechend, wie ich mich nach wie vor sah. Das bedeutete jedoch nicht, dass ich auf das Ausleben meiner Vorlieben verzichten musste. Es war nicht notwendig, dass ich mich immer konform zu den Anforderungen benahm, die andere Leute an mich stellten.
So schnell und aus dem Stegreif war es mir nicht möglich, das zu überblicken, was diese Erkenntnis jetzt in diesem Augenblick für mich bedeutete. Da ich mich gekleidet hatte, wie ich mich gerade fühlte, blieb ich wie ich war und fuhr in die Stadt.
Es war wichtig, dass man zu sich stand. Im Stillen berichtigte ich mich: es war wichtig, dass ich zu mir stand.
Zum ersten Mal in meinem Leben betrat ich ein Kosmetik-Studio. Mit der überaus dicken, sehr freundlichen und überraschend sachkundigen Kosmetikerin fand ich den Lidschatten wieder, der mir gestern so gut gefallen hatte. Sie beachtete mein Outfit nicht weiter, es schien zu mir zu passen, so wie sie mich sah, wurde ich von ihr akzeptiert.
Mir gab ihr Verhalten, ihre Akzeptanz Selbstvertrauen, jedoch auch zu denken. So wie ich mich gab, als allein herum gehende Frau in diesem leichtsinnigen Outfit, wurde ich akzeptiert. Noch vor einem Monat hätte ich eine Frau, die ich derartig gekleidet gesehen hätte, in dem leuchtenden Rot, mit dem kurzen Rock und diesem Oberteil, als überaus leichtsinnige Frau, gar als leichtes Mädchen kategorisiert. Heute lief ich selbst in dieser Kleidung herum. War ich letzten Endes doch keine Dame? Sah man mir das Verderbte an? Sah jeder der mir begegnete das Liederliche?
Mir war diese Menge an Denkaufgaben zu schwierig, um sie im Vorübergehen lösen zu können, darüber musste ich in Ruhe nachdenken. Mit mir selbst beschäftigt ging ich durch die Stadt. Wie die Männer mich anschauten! Das war schon besonders. Sie zogen mich mit den Augen aus, sie waren heiß darauf, mit mir Sex zu haben um ihre Gene zu verbreiten. Sie hätten sich nehmen können was sie wollten, denn jeder dieser Männer war tausendmal stärker als ich. Wohl wissend trat ich ihnen trotzdem mit weniger als einhundert Gramm Stoff bekleidet und ohne Unterwäsche entgegen. Unglaublich!
Die begehrlichen Blicke gingen nicht spurlos an mir vorüber, sie bewirkten etwas. Sie berührten mich ähnlich wie ganz weiche Daunenfedern, überall wo sie auftrafen. Es war nicht gewiss, ob sie einen berührten oder ob man sich das nur einbildete, jedoch wuchs zweifellos das Selbstbewusstsein und der sexuelle Reiz stellte sich ein, der war da. Leicht erregt schaute ich in den Schaufenstern nach, was es dort gab.
Erst auf den zweiten Blick entdeckte ich in einer der Auslagen ein schickes Jackett, ich ging hinein und probierte es an. Ein schwarzer Blazer, stark auf Taille gearbeitet mit tiefem Ausschnitt. Den würde ich nicht auf der bloßen Haut tragen können, zumindest nicht im Büro. Darunter zu tragen boten sich meine kurzen Unterkleider geradezu an, dazu der schwarze, etwas längere Schlauchrock in Größe ‚M‘, das könnte ich so auch im Betrieb tragen. Den Blazer erwarb ich und fasste beim Bezahlen einen Entschluss.
Die Mieteinnahmen aus dem Haus, das mir Onkel und Tante vererbt hatten und dessen Erdgeschoss ich selbst bewohnte, wurden von mir bisher eisern gespart und sie wurden von mir ebenso eisern auf ein Konto gelegt und keinesfalls angegriffen.
Das war eigentlich widersinnig. Denn das Haus war frisch renoviert. Zu dem Zeitpunkt, als ich es geerbt bekam und ich die unteren beiden Wohnungen zu einer zusammenlegte um sie selbst zu nutzen, hatte ich das gesamte Haus, alle Wohnungen modernisieren lassen, auf Vorschlag des Architekten. Um die Kosten zu decken, reichte damals das Ersparte meiner lieben verstorbenen Verwandten locker aus. Das Haus war von Grund auf erneuert worden, Heizungen, Badezimmer, die gesamte Wasser- und Elektroinstallation, die Außenfassade und das Dach waren erneuert worden, es war praktisch ein Neubau.
Wozu ich diese ständig wachsenden Rücklagen jetzt brauchte, war rational nicht zu begründen.
Sie erbrachten keine Zinsen, gebraucht wurden die Gelder nicht, nicht für das Haus. Ich konnte sie für mich verwenden, für Clara. Die Mieteinnahme von zwei Monaten wollte ich auf ein Konto festlegen, für alle Fälle. Den Rest wollte ich für mich und meine Freuden verwenden. Ich war noch nie richtig in Urlaub, noch nie. Immer hieß es: bleibe im Lande und nähre dich redlich. Dabei würde ich gern etwas von der Welt sehen, etwas erleben, fremde Kulturen kennen lernen. Außerdem wollte ich meine Garderobe vergrößern, sie um diese sexy, erotisierenden Kleidungsstücke erweitern.
Entschlossen, mein Leben und meine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen, schnappte ich mir die Tüte mit dem Blazer, um weiter in der Stadt zu schauen, was ich noch für mich tun konnte.
Mich selbst dadurch zu erregen, keine Unterwäsche zu tragen, das wollte ich beibehalten, so lange es mir Spaß machte. Mein Ziel war es, dass ein genauer Beobachter das Fehlen der Unterwäsche sehen konnte oder zumindest erahnen. Ich war sicher, dass mir mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden würde, als Frau, als begehrenswertes Lustobjekt, wenn ich meiner Umgebung signalisierte, dass ich erregt war. Dann mal sehen was es noch so alles gibt, denn ganz offensichtlich gab es mehr Lustmomente, als ich es mir in meiner naiven Weltsicht bisher vorgestellt hatte.
Im Dahinschlendern bemerkte ich ein rotes Business-Kostüm, es zog mich an. Als ich mich im Laden informierte, stellte sich heraus, dass es eine Kombination war. Nachdem ich das gute Stück begutachtet hatte, erwarb ich nur die Jacke, der mit angebotene Rock war mir zu klobig, zu lang und das Material zu fest und zu wenig elastisch. Das Jackett behielt ich gleich an, es machte mein bisheriges Auftreten ziviler, weniger leichtsinnig. Obwohl die leuchtend rote Farbe selbstverständlich jedem Mann ins Auge fiel und ihm signalisierte: „Schau mich an! Begehre mich! Vielleicht kannst du mich erobern!“ Die Aufmerksamkeit meiner Umgebung war mir nach wie vor sicher.
Dann sah ich in einem Textilkaufhaus einen hellblauen Blazer. Das war es doch! Dazu den weißen oder den beigen Schlauchrock in ‚M‘, das passte sogar für den Betrieb. Wunderbar.
Nach etlichen Stunden shopping landete ich schwer beladen im Café Konkret am Bermuda3eck. Wenn ich auch Joschi nicht hatte halten können, weil ich seinen Anforderungen nicht genügt hatte, so war ich doch ein lustbetontes Weibchen. Vielleicht würde ich nicht mehr so hundertprozentig guten Sex bekommen, aber besser als der mit Roland würde es schon werden. Den Schritt von dem braven Vorzeigefrauchen zu der lustvollen Frau hatte ich getan oder besser, ich hatte den Entschluss gefasst, ihn zu tun. Die Erlebnisse der letzten Tage hatten mich belehrt und mir die Richtung gezeigt, in die ich gehen wollte.
Die Möglichkeiten auszuloten, die sich mir durch die Lust ergaben, war mein gutes Recht. Dieses Vergnügen stand mir zu, wie allen anderen siebeneinhalb Milliarden Menschen auch, ich musste mir nur den richtigen Partner suchen. Es war richtig, meiner Umgebung zu bedeuten, dass ich paarungswillig war. Das würde die Aufmerksamkeit der Männer anziehen und auf einfache Art meine Auswahl vergrößern.
Leichte Zweifel, ob ich nicht vielleicht lesbisch wäre, befielen mich. Wie konnte es sein, dass mich eine Frau so weit bringen konnte, dass ich im Lustrausch sogar das Bewusstsein verlor? Dass ich einen absoluten Filmriss erlebte, ohne Alkohol, oder zumindest mit nur wenig Alkohol?
Das war eigentlich nicht möglich, ich meine, es war nicht möglich, dass ich lesbisch war. Schon immer haben schöne Menschen meine Blicke angezogen, Männlein und Weiblein, aber ich stellte mir nur bei Männern vor, wie die wohl so waren, wenn man mit denen zusammen war. Ganz im Geheimen, nur für mich, aber dennoch. Seit kurzem stellte ich mir auch vor, wie es sich anfühlen würde, wenn ich mit denen, nun, im Bett wäre? Zu den Gedanken durfte ich neuerdings stehen, das Recht nahm ich mir heraus. Ich durfte einen Mann anschauen und mir vorstellen, wie seine Qualitäten im Bett so wären, seit Joschi durfte ich das.
Nach einiger Zeit saß ich da und kicherte wie ein junges Mädchen und amüsierte mich über die neue Zeitrechnung. Für mich gab es eine Zeit vor Joschi und eine Zeit nach Joschi. Witzig, das fand ich witzig. Es klang so ähnlich wie vor Christus und nach Christus. Das waren blasphemische Gedanken, das weiß ich sehr wohl, sie kamen mir dennoch und brachten mir Frohsinn.
So weit war ich in Gedanken versunken, da sprach mich eine Stimme aus dem Off an, die kam von irgendwoher, von außerhalb meines Sichtfeldes.
„Da bist du ja, wieso gehst du nicht an dein Handy?“
Es riss mich herum, die Stimme gehörte … meinem Joschi! Er sah ein wenig aufgelöst aus, die Haare nicht so sorgfältig frisiert, wie ich das von ihm kannte. Er sah verhuscht und übernächtigt aus, so als hätte ihn etwas überanstrengt. Die schwarze Hexe wird ihn wahrscheinlich heute Nacht dazwischen gehabt haben, so erklärte ich mir sein Erscheinungsbild. ‚Dazwischen gehabt‘ war eine Vokabel, die dem Wortschatz einer Dame nicht adäquat war, mir jedoch war der Ausdruck sehr wohl angemessen. Ich war keine Dame, jedenfalls nicht nur, auf gar keinen Fall hier und heute.
Er sah meinen Blick.
„Schatz“, hob er an sich zu verteidigen, dabei war es nicht an ihm, sich zu verteidigen. Schließlich war ich diejenige, die versagt hatte, die den Bedingungen nicht entsprochen hatte, die er an seine Partnerin stellte, das war eben so.
„Ich musste weg, Bereitschaft. In einem schwebenden Verfahren hatten sich neue Momente ergeben, es musste eine Durchsuchung und einige Verhaftungen angeordnet werden. Um nichts falsch zu machen, habe ich mich intensiv mit dem Staatsanwalt und dem Oberstaatsanwalt beraten und die ganze Nacht auf die Ergebnisse gewartet.
Wie war es denn für dich, hast du es genossen?“
Er wirkte lange nicht so souverän wie ich ihn kannte. Wenn ich ihn jetzt ansah in seinem braunen Wildlederblouson, dem karierten Hemd und der rustikalen Jeans über den dunkelbraunen Lederstiefeln, da kam er mir ganz anders vor als gestern, in dem silbernen Dress und der Schlaghose. Hier, jetzt, war er ein anderer Mensch, angenehmer, seriöser.
Ob ich es genossen hatte?
„Ob ich es genossen habe?“, fragte ich ihn entgeistert. Wie konnte er davon ausgehen, dass ich einen solchen Ringkampf mit diesem unglaublich blamablen Ausgang genossen haben könnte?
„Ja, wie ist es weiter gegangen? Ich habe noch mitbekommen, dass du diesen fulminanten Orgasmus hattest und nicht mehr aufhören wolltest, ihn in die Welt hinaus zu rufen. Hast du dich mit ihr versöhnt? Seid ihr Freundinnen geworden? So intim wie ihr wart?“
„Hömma!“, rief ich aufgebracht und verfiel voller Emotionen in seine, in unsere Ruhrgebietssprache. „Das sollte ich genossen haben? Tickst du noch ganz sauber?“
Er tat erstaunt.
„Wie? Hast du nicht? Ich habe das doch extra für dich so arrangiert. Du liebst es doch, dich in der Öffentlichkeit völlig hemmungslos zu zeigen, das weiß ich doch!“
Das war wirklich die Höhe. Das war nicht nur die Höhe, das war empörend, ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das ernst meinte.
Voller Entrüstung sprang ich auf, raffte meine Tüten zusammen und zischte ihn an:
„Du brauchst mich nicht auch noch zu verhöhnen, das habe ich nicht verdient!“
Mit erhobenem Haupt rauschte ich energisch voller Entrüstung davon. Das war nun wirklich unerhört. Für mich arrangiert, dass ich nicht lache. Er wollte mit seiner Tussi allein sein, er hatte mich der Lächerlichkeit preisgegeben, er hatte mich und meine Schwächen öffentlich vorgeführt, um sich gemeinsam mit seiner Thusnelda daran zu vergnügen und sich über mich lustig zu machen.
Zuhause angekommen sortierte ich meine Einkäufe. Heute war Samstag, am Montag sollten die Kollegen Vorstandsmitglieder etwas zu schauen bekommen. Die alte Clara war weg. Jetzt, hier, entstand die neue Clara, die, die sich selbst mochte, die, die sich erregen ließ, die bereit war, eine normale Frau zu sein und die das im Leben genießen würde, was es zu genießen gab.
Die Menschen, die mich unbedingt anders sehen wollten als ich war, die können mich doch alle mal. Ich stecke in meiner Haut, es ist mein Leben das ich leben muss, also will ich es auch selbst bestimmen. Weder meine Eltern, noch Joschi, noch sonst wer sollte über mich bestimmen, nur ich, nur Clara war die maßgebliche Instanz. Mir musste es gefallen, was ich unternahm, die Anderen konnten mir den Hobel blasen!
Am späten Nachmittag, nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf, schaltete ich mein Handy wieder ein. Gestern, vor dem bizarren Ereignis, hatte ich es ausgeschaltet. Danach wollte ich für niemanden erreichbar sein. Nach dem Aufwachen in dem verrückten Haus war mein Selbstbewusstsein zu klein, um mich eventuellen Anrufen zu stellen, mittags dann hatte ich andere Dinge im Sinn, als mit jemandem zu telefonieren.
Jetzt fühlte ich mich stark genug, ‚Hobel blasen!‘ war die Devise.
Joschi hatte mehrfach versucht mich zu erreichen, mir egal, mit dem war ich fertig. Mutter hatte ebenfalls angerufen, mir auch egal, um gemaßregelt zu werden war ich zu alt, auch da war Hobel blasen angesagt. Es weckte gute Laune in mir, den Menschen mit ‚Hobel blasen‘ zu begegnen, die traditionell Druck auf mich ausübten, bzw ausgeübt hatten, und die unbedingt wollten, dass ich ihren Anweisungen Folge leistete. Die gingen bisher mit Recht davon aus, dass ich das tat, was für sie gut ist und scherten sich keinen Deut darum, was für mich gut war.
Mir war klar, dass ich mich momentan in einer spätpubertären Trotzphase befand. Die ließ ich zu, denn die brauchte ich, um mich frei zu strampeln. Mein Ziel war es, nur noch das zuzulassen, was ich selbst wollte, was mir Spaß machte. Ja, genau, Clara, so machte ich mir Mut. Der Spaß stand im Vordergrund, mein Spaß, meine Glücksmomente, die waren es, die ich wollte.
Es machte mich glücklich, einen guten Job zu haben, es machte mich glücklich, von den Menschen in meiner Umgebung geachtet zu werden, es machte mich glücklich, als Frau beachtet und begehrt zu werden. Ja, auch das Begehrt werden war für mich wichtig. Es spielte früher keine Rolle, zumindest nicht bewusst, jetzt jedoch sehr wohl. Früher wollte ich geachtet und eventuell beliebt sein, das änderte sich nun. Das sexuelle Verlangen hatte früher keine oder besser kaum eine Rolle gespielt. Nun war begehrt zu werden und das Stillen meiner sexuellen Sehnsüchte in meiner Prioritätenliste an einen der vorderen Plätze gerückt, sogar sehr weit nach vorne.
Das gestand ich mir ein und das billigte ich mir auch zu. Es war so, dass es mich erregte, wenn ein Mann begehrlich auf meinen Po schaute. Es machte mich an, wenn er meine Brust betrachtete, es gab mir Hitze in den Unterleib, wenn ich sah, dass er mich, dass er meinen Körper begehrte. Das waren legitime Gefühle, die standen mir zu, die gehörten zu mir. Die Befriedigung durch Sex gehörte ebenfalls dazu. Allerdings würde ich nicht leichtsinnig sein, ich würde mir bei der Wahl meiner Partner Zeit lassen. Es war mir ein Bedürfnis, mich nicht wahllos einem Manne hinzugeben, nur weil ich davon ausging, dass er ein guter Liebhaber war. Gewissen gesellschaftlichen Ansprüchen sollte ein Lover schon genügen, bevor er sich in mich vertiefte.
Bei dem Gedanken, bei der Zweideutigkeit des ‚in mich Vertiefen‘ bekam ich rote Wangen. Es war aber so, ich legte Wert auf erfüllenden Sex. Der war mittlerweile sehr wichtig.
Die Gedanken pflegte ich, während ich mich zurecht machte und in Richtung Bermuda3eck fuhr. Meine Kleidung war anders als früher, ganz anders, und auch anders als in den letzten Tagen. Ich trug eines dieser Reiz-Hemdchen, ein weißes unter dem hellblauen Blazer und über dem weißen Schlauchrock, Größe ‚M‘.
Das war seriöse Kleidung, trotzdem sexy. Nun, fast seriös, nicht ganz so, wie die Kostüme und Hosenanzüge, wie ich sie in der Vor-Joschi-Zeit getragen hatte, jedoch seriös genug, auch für die Firma.
Dass ich nach wie vor die Unterwäsche wegließ, war allein mir zu Gefallen, das hatte mit Ihm nichts zu tun. Es war eine Passion von mir, erregt zu sein, durch einen Umstand, der nur mir bekannt war. Schließlich wusste nur ich, ob ich ein Höschen trug oder nicht. Den fehlenden BH würde man bemerken, sobald ich das Jackett auszöge, darauf legte ich es jedoch nicht an.
Ich hingegen war mir des Fehlens der Unterwäsche die ganze Zeit über bewusst, denn der Rock lag am Schamhügel an. Bei jedem Schritt schabte er kaum merklich an den verbliebenen Schamhaaren, das übte einen kaum wahrnehmbaren Reiz aus. Die nackte Brust scheuerte ein ganz klein wenig an der Spitze des Hemdchens, aus der der obere und der untere Rand bestand. Durchscheinend und ein wenig strukturiert, die Struktur spürte ich bei jeder Bewegung. Das führte zu einer Dauererregung, die mich bei jedem Schritt, bei jedem Blick, den ich auffing daran erinnerten, dass ich eine begehrenswerte und leicht erregbare Frau war.
Damit ein Betrachter leichter auf die Idee kam, dass ich auf Unterhosen jeglicher Art verzichtete, müssten die Jacken, die ich tragen sollte, kürzer sein, sie müssten den Po frei lassen. Nach kurzen Jacken suchte ich im Internet. Bei der Suche stieß ich auf Business-Kleider, die fand ich sehr interessant! Bleistiftkleider fand ich sexy. Bisher hatte ich mich an die Kleiderordnung der Herren gehalten, Jacke und Hose oder Jacke und Rock. Wieso nicht Kleider? Es gab einige sehr schicke. Mir erschienen sie allerdings in der nach-Joschi-Zeit zu lang, die müsste ich umändern lassen. Von den schönsten bestellte ich mir welche, eine Schneiderin würde ich schon finden.
Wieso nicht Kleider maßschneidern lassen? Die Idee überfiel mich und ich war sofort begeistert. Es müsste eine Schneiderin sein, die sich nach meinen Wünschen richtet. Die Idee fand ich grandios.
Ganz zu Beginn unserer Bekanntschaft wollte mich Joschi in dieses italienische Restaurant einladen, das sich noch zum Bemuda3eck zählte, obwohl es etwas abseits der anderen gastronomischen Betriebe angesiedelt war. In das ging ich hinein. Bisher waren alle seine Empfehlungen gut, die Restaurants immer originell und die Speisen gut bis sehr gut. Mir stand der Sinn nach einem Salat mit gegrillten Calamari und einem Glas Prosecco. Während ich meinen Gedanken nachhing und auf das Essen wartete, öffnete sich die Tür des Restaurants, Joschi kam herein und setzte sich zu mir an den Tisch.
„Ich sah dich von draußen, hallo Süße!“, begrüßte er mich, als hätte sich zwischen uns nichts zugetragen.
Mein Blick traf ihn, jeden normalen Menschen hätte dieser Laserblitz getötet, Joschi jedoch schien nicht besonders beeindruckt. Er wehrte meinen Unmut mit den erhobenen Händen ab.
„Ja, ich habs kapiert, bin übers Ziel hinaus geschossen. Es war keine Absicht, sondern im Gegenteil, ich war überzeugt davon, dass es dich reizen würde, in diesem Ambiente und vor und mit diesen Menschen ein solch geiles Erlebnis zu haben.“
Bei mir gingen die Denkprozesse erstaunlich schnell vonstatten. Es lag vielleicht daran, dass ich mich getraute, ‚Hobel blasen‘ zu denken. Dadurch nahm ich Abstand und war frei in meinen Entscheidungen, aus dem Grund befand ich mich auf einem höheren Level. Dominanten Persönlichkeiten wie Joschi begegnete ich auf Augenhöhe, das führte zu einem anderen Selbstverständnis. Ich konnte bestimmen, wen ich kennen lernen und wie weit ich ihn in mein Leben hinein lassen wollte.
Auch Joschi konnte mich mal, ich war ich, Clara. Es interessierte mich nur das, was mich anging und es wurde nur das zugelassen, was mir Positives brachte. Der gestrige Abend und die Nacht gehörten nicht dazu.
Wenn ich die Zusammenhänge und meine Vorlieben mittlerweile richtig einschätzte, dann könnte er mit seiner Annahme sogar recht gehabt haben. Die Vermutung meine ich, dass mir der Sex mit der schwarzhaarigen Brutalo-Frau Spaß gemacht hätte. Sie hätte mir vielleicht Freude bereitet, wenn, ja, wenn er nicht die Bedingung gestellt hätte, dass ich um ihn kämpfen müsste. Hätte sich die Amazone nur mit mir vergnügt, und ich mich mit ihr, dann hätte es mir eventuell sogar gefallen. Jedoch die Gefahr, dort Schlimmes zu erleiden, sogar verletzt zu werden, die hatte jeden Lustgewinn von Vornherein abgewürgt. Schmerzen zu erleiden oder jemanden zu verletzen gehörte nicht zu meinen Vergnügungen.
Außerdem hatte er den Wettbewerb zwischen uns gefordert und sich selbst als Hauptpreis angeboten. Der Preis war an mir vorüber gegangen, den Verlust hatte ich im Laufe der Nacht und des heutigen Tages verarbeitet. Für mich gehörte er zu dem schwarzhaarigen Beisitzer-Monster, nicht mehr zu mir. Die hatte ihn gewonnen und ich hatte ihn verloren. Er sollte jetzt nicht herum jammern, dieses Schwarz-Weiß-Spektakel war von ihm inszeniert worden. Er wollte jetzt nicht mit den Konsequenzen leben, die er selbst in die Welt gesetzt hatte, aber das war sein Problem, nicht meines. Mich ging nur das an, was Clara betraf, und er selbst hatte festgelegt, dass ich ihn nichts mehr anging.
Etwas hinderte mich seit gestern Abend daran, Joschi zu mögen, nämlich sein Verhältnis zu dem schwarzhaarigen Monster, dem brutalen Raubtier, zu einem Zeitpunkt, der vor dem bizarren Abend gelegen haben musste. Dass sie in ihren Konferenzen bisher nicht nur Händchen gehalten hatten, war mir nach dem gestrigen Abend klar. So intim wie die miteinander umgegangen waren? Außerdem wusste er gestern Abend, dass sie eine Furie im Bett war, vor ein paar Tagen noch war sie bloß hübsch gewesen. In der Zwischenzeit hatte sie ihn von sich überzeugt, und nicht nur mit Worten, wie mir die Beobachtung deutlich gemacht hatte.
Also war ich von ihm mit dem Verhältnis zu einer anderen Frau hintergangen oder belogen worden, je nachdem wie man das bezeichnen wollte.
Brauchte ich so etwas?
Nein, das brauchte ich nicht. Für mich war eine Beziehung, eine feste Beziehung immer mit Ausschließlichkeit verbunden. Wir waren nicht verheiratet, das nicht, aber es war auch keine offene Beziehung vereinbart. Abgesehen von Haarspaltereien habe ich davon ausgehen können, dass ich sein war, so wie er mein war. Das war nicht der Fall gewesen. In dem Moment, in dem er eine zweite Frau besprang, galt für mich der Grundsatz: ‚Hobel blasen!‘
„Du siehst scharf aus, Schatz, alles neu?“
Er deutete auf den Blazer und das Hemdchen darunter.
Anstatt darauf einzugehen, sah ich dem Kellner entgegen, der meinen Salat herbei brachte. Auf den konzentrierte ich mich, der war wichtig für mich, für Clara. Was der attraktive Mann an meinem Tisch von mir wollte, das war dagegen zweitrangig.
Die Calamari-Ringe waren außen knusprig und innen saftig, wunderbar. Der Genuss war grandios. Die Balsamico-Vinaigrette, mit der der Salat angerichtet war, war vorzüglich ausgewogen, mit exzellenter Balance zwischen sauer und süß. Eine Gesamtkomposition, die man am treffendsten mit Sex am Gaumen beschrieb. Natürlich spielte bei diesem Geschmackserlebnis ebenfalls mit, dass ich völlig ausgehungert war. Die letzte richtige Mahlzeit lag mehr als achtundvierzig Stunden zurück.
Meiner Begeisterung über das grandiose Geschmackserlebnis gab ich ungehemmt Ausdruck, Joschi staunte mich an. Er schien immer noch zu meinen, ich sei gefügig, ich würde einfach das tun, was er mir sagte. Den Zahn wollte ich ihm ziehen, ich war nicht sein gefügiges Hühnchen, sondern ich war Clara, Vorstandsmitglied eines sehr schönen Unternehmens, eine attraktive Frau, die von vielen begehrt wurde.
Er reagierte anders als ich gedacht hatte:
„Du bist so unglaublich sinnlich. Dich beim Essen zu beobachten ist extrem stimulierend. Du bist der sinnlichste Mensch der Welt. Komm mit, wir gehen zu mir!“
Ich schaute ihn an, während ich mir eine Gabel voll Salat in den Mund schob, schloss die Augen und genoss den Happen. Wunderbarer Geschmack, außerordentlich lecker, wunderbar. Ausgewogen, würzig, saftig, fruchtig.
Kaum hatte ich den letzten Bissen genossen und die Serviette abgelegt, da zerrte er mich aus dem Restaurant hinaus, ging mit mir ins Parkhaus, drückte mich gegen sein Auto, schob meinen Rock hinauf, legte sich meine Beine auf die Unterarme und drückte mir seinen harten Phallus in die Scheide. Ich kam sofort, ungebremst und ohne Hemmungen teilte ich der Welt meine Lust mit. Mein Stöhnen kam als lautes Echo von den Betonwänden zurück. Meine, unsere Erregung schwappte über uns zusammen. Dem ersten Orgasmus folgte sehr rasch ein weiterer, dem folgte ungebremst noch einer. Joschi liebte mich mit sehr viel Gefühl, sehr erotisch, er war und blieb ein Genießer. Wir waren wunderbar auf einander eingestellt, er wusste, was ich wollte, ich wusste, was er wollte. Wir tauschten uns weiterhin über unsere Gedankenbrücke aus, im Einklang dazu nutzte er sein gesamtes Potential um mir, um uns beiden Lust zu verschaffen.
Er ergötzte sich an meinem Anblick in Ekstase, so lange, bis mich ein weiterer Orgasmus überfiel, dem ich mich willenlos hingab, der mich an den Rand einer Ohnmacht führte. Mit dieser pulsierenden Erregung in meiner Scheide, meinem gesamten Körper, riss ich ihn mit hinein in den Emotionsstrudel, den Malstrom der Gefühle und entriss ihm darin den Samen. Die Furie in mir begeisterte sich, sie atmete und stöhnte laut durch mich hindurch, sie stöhnte lauter und noch lauter als sie sein Samenopfer in Empfang nahm.
Ein unglaublicher Akt, den wir dort im Parkhaus vollzogen, ungehörig, jenseits aller guten Sitten und wunderbar befriedigend, gar berauschend. Wenn wir, Joschi und ich, wenn wir etwas gemeinsam konnten, dann war es das, Sex ausüben und genießen, bis zur Bewusstlosigkeit.
Lachend und schwer atmend standen wir uns gegenüber. Wir küssten uns.
„Du bist echt die Beste, bleibst du heute Nacht bei mir?“
Wunderbar zufrieden ordnete ich meine Garderobe.
„Nein, Joschi, keine Zeit, ich muss noch arbeiten.“
„Wie? Arbeiten?“
Da hatte er sein ‚gefügig‘. Gefügig waren dumme Beisitzerinnen, aber nicht Clara. Clara machte nur noch das, was gut für sie war, nicht was nur gut für Joschi war.
Obwohl ich jetzt mit stolz erhobenem Haupt davon ging, war ich mir sicher, dass er mich wahrscheinlich immer haben könnte, vorausgesetzt ich war in Stimmung und nicht anderweitig gebunden. Wir waren fertig miteinander, ich brauchte mir keine Gedanken über eine Zukunft mit ihm zu machen, aber zum Sex würde er mich weiterhin leicht bewegen können, weil der mit ihm einfach ganz wunderbar war.
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