Das Einverständnis 1
von Sensuelle LaBelle
An einem gewöhnlichen Dienstagmorgen betrat Anina das Büro etwas eleganter als sonst. Die Bluse war aus feinem, schimmerndem Satin, der bei jedem Schritt leise flüsterte. Der Ausschnitt – etwas tiefer als üblich – zeigte dezent den Ansatz ihrer Brust, auf die sie stolz war. Keine Provokation, eher Freude am Frühling und an ihrem Selbstbewusstsein, am Spiel mit Stoff und Silhouette.
Ihr Chef – klug, charmant, stets respektvoll – warf im Laufe des Tages flüchtige Blicke in ihre Richtung. Nicht forsch, nicht unhöflich. Eher überrascht von seiner eigenen Reaktion. Gegen Abend, als sie ihm eine Mappe reichte, zögerte er kurz, lächelte schüchtern und sagte leise:
„Du siehst heute… wirklich wunderschön aus. Ich wollte das einfach mal sagen.“
Sie lächelte, leicht errötend, ein bisschen verlegen, ein bisschen geschmeichelt. Von da an erlaubte sie sich, öfter mit ihrer Weiblichkeit zu spielen – ein Hauch Spitze, ein Stoff, der im Gegenlicht ein wenig mehr verriet als verbarg.
Er hingegen schwieg. Und je länger er schwieg, desto mehr begann sie seine Blicke zu spüren – wie kleine Pausen, in denen etwas Unausgesprochenes hing.
Eines Abends blieb sie länger, um eine Präsentation fertigzustellen. Das Licht im Büro war gedämpft, draussen fiel der Regen leise gegen die Scheiben. Er stand hinter ihr, als sie ihm eine Datei zeigte, beugte sich leicht vor, um auf den Bildschirm zu sehen. Ihr Ellbogen berührte seinen Arm – kaum merklich, doch sie zog ihn nicht zurück.
Einen Moment lang atmete keiner von beiden. Anina sah ihn aus dem Augenwinkel, wie er den Kopf senkte, als wolle er etwas sagen. Aber er blieb still. Als sie später die Jacke anzog, blickte er auf. „Schönen Abend“, sagte er leise. „Dir auch.“ Nichts weiter. Aber als sie nach Hause ging, fühlte sie noch immer die Wärme seiner Nähe auf ihrer Haut. Und wusste, dass sich etwas verändert hatte.
Wenige Tage später, als sie spätabends mit ihm an einem Projektabschluss arbeitete und niemand sonst mehr im Büro war, fasste sie sich ein Herz. Auf der Toilette schlüpfte sie aus ihrem BH, strich die Seidenbluse glatt und sah sich im Spiegel an. Ihre Brust bewegte sich weich unter dem hellen Stoff, die dunklen Spitzen zeichneten sich ab.
Als sie ins Büro zurückkam, hob er den Kopf – und sein Blick blieb hängen. Für einen Moment war da nichts als Stille. Dann flüsterte er: „Du siehst… umwerfend aus.“
Sie antwortete nur mit einem leichten Lächeln, dann gingen beide wortlos wieder an die Arbeit. Die Luft war aufgeladen. Kein Wort wurde mehr gewechselt. Alles war gesagt, und doch blieb so vieles offen.
Der Rest der Woche verstrich in einer merkwürdig elektrisierten Normalität. Ihre Begegnungen waren geprägt von Professionalität und einem kaum spürbaren Vibrieren unter der Oberfläche. Keine weiteren Worte, keine weiteren Blicke, die sich länger hielten als nötig. Doch irgendetwas hatte sich verschoben.
Am darauffolgenden Montagmorgen lag ein kleines, flaches Päckchen auf ihrem Schreibtisch. Ohne Absender, mit einer Karte:„Für die schönste Versuchung in diesem Büro. Vielleicht beim nächsten kleinen Wagnis?“
Voller Herzklopfen öffnete sie das samtige Papier. Darin lag ein tief ausgeschnittenes Wickeloberteil in einem dunklen, schmeichelnden Rot – weich, anschmiegsam, luxuriös – und ein aufwändig gearbeiteter Push-up-BH in dunkler Spitze mit feinen Stickereien. Sehr sinnlich. Und – erstaunlicherweise – genau ihre Grösse.
Am Abend betrachtete sie sich im Spiegel. Das Oberteil umspielte ihre Brust, als wäre es für sie gemacht. Der BH hob sie sanft, die Farbe kontrastierte ihre Haut. Sie steckte das Haar hoch, wählte schmale Ohrringe, betrachtete sich – und lächelte.
Dann kam ein Gedanke, leise, störend: Er ist verheiratet.
Am Samstag brachte sie ihm noch ein paar Dokumente ins Büro. Sie trug das neue Oberteil – vielleicht zum ersten und letzten Mal. Als sie eintrat, hob er den Kopf und blieb stehen. Sein Blick war offen, nicht gierig, sondern bewegt.
„Ich habe mich sehr über das Geschenk gefreut“, sagte sie ruhig, während sie die Mappe auf den Tisch legte. „Aber ich denke, es sollte das letzte gewesen sein. Du bist verheiratet. Und ich glaube, wir steuern in eine Richtung, die sich nicht mehr nur nach Spiel anfühlt.“
Er schwieg kurz, dann setzte er sich. „Danke für deine Offenheit. Darf ich dir etwas sagen, das dich überraschen wird?“ Sie nickte zögernd. „Meine Frau weiss davon. Von allem. Vom ersten Blick, unseren kleinen Berührungen – sogar von jenem Abend, als du so wunderbar frei warst. Ich habe ihr davon erzählt.“ Er lächelte sanft. „Ich habe ihr sogar zwei Fotos gezeigt, die ich heimlich gemacht habe. Sie wollte es sehen. Und sie fand es… unglaublich erregend.“
Anina starrte ihn an, ihre Wangen heiss von einer Mischung aus Erstaunen und etwas, das sie noch nicht benennen konnte.
„Das Geschenk“, fuhr er fort, „war ihre Idee. Sie meinte, dein Mut zu diesem Spiel sollte belohnt werden mit etwas, das dich strahlen lässt.“ Eine kurze Stille. Dann sagte er leise: „Wir haben eine Abmachung. Es geht nur ums Sehen. Um das Staunen. Und nur, wenn du willst. Keine Erwartung, kein Druck. Nur ein Spiel mit offenen Karten. Und nur, so lange wir uns alle wohl damit fühlen, ja?“
Sie schwieg, spürte das Kribbeln in ihrem Rücken – die Tür stand offen. Sie suchte seinen Blick, fand Ruhe darin, und nickte.
Am Montagmorgen lag wieder ein Zettel auf ihrem Schreibtisch. Kein Geschenk, keine unnötigen Worte. Nur ein Satz, mit sicherer Hand notiert:
„Heute, 17 Uhr im Café Arco? Draussen. Lesend.“
Das war verrückt. Und es gefiel ihr. Am Nachmittag ging sie früher. Sie entschied sich für eine hellblaue Bluse aus weichem Stoff, die im Licht leicht durchscheinend wurde. Sie liess zwei Knöpfe offen. Dann einen dritten. Darunter nichts. Die Berührung des Stoffes an ihren Nippeln erregte sie sanft auf dem Weg durch die Stadt. Im Café sass sie am Rand, in der Sonne, bestellte Weisswein. Schlug ein Buch auf. Liess sich Zeit. Ihre Haltung war ruhig, offen, absichtslos. Und doch so bewusst.
Nach einer Weile bemerkte sie ihn. Zwei Tische weiter. Dunkle Jacke, Sonnenbrille, ein Espresso. Kein Gruss, kein Blickkontakt. Nur seine Gegenwart. Und das Wissen, dass sie gesehen wurde. Als sie sich leicht vorbeugte, verrutschte die Bluse sanft. Sie wusste, was zu sehen war. Der Rand eines rosigen Vorhofs. Ein Spiel mit dem Blick, wie ein kleines Versprechen. Und ein Spiel mit der Öffentlichkeit. Sie las weiter, spielte mit ihrem Haar, kreuzte die Beine. Die Luft flirrte.
Sie blieb eine halbe Stunde, streckte sich zwischendurch, massierte ganz nebenbei ihren Nacken. Dann stand sie auf, ging langsam. Keine Worte.
Am nächsten Morgen ein neuer Zettel:
„Du warst schön. Und du wurdest bewundert. Eine Frau ist zweimal vorbeigegangen und hat unser Spiel geteilt.“
Sie atmete tief ein. Da war sie wieder, diese kleine Verschiebung. Eine dritte Präsenz. Eher eine stille Komplizin. Immer noch unsichtbar.
Ein paar Tage später, am Freitagnachmittag, als das Büro sich langsam leerte, lag erneut eine Karte auf ihrem Platz. Dieses Mal war ein kleines Aquarell auf der Vorderseite, eine Parkszene mit Bäumen, Licht, drei Vögeln auf einem Ast. Auf der Rückseite stand:
„Falls du Lust hast: Samstag, zwischen zwölf und zwei, im Botanischen Garten. Bring ein Tuch mit, auf dem du es dir bequem machen kannst. Und vielleicht ein Oberteil, das du ausziehen magst?“
Sie sass lange mit der Karte in der Hand, dachte nach. Dann nickte sie, fast unmerklich. Und genoss das Ziehen zwischen ihren Beinen.
Der Samstag war warm. Im Garten fand sie einen Platz im Halbschatten und breitete ihr Tuch aus, setzte sich, zog die Sandalen aus. Um sie herum: Stimmen, Kinder, Wind in den Blättern. Nichts Besonderes. Und doch alles sehr bewusst.
Sie streifte das Hemd ab, dann langsam ihr Top. Einen Moment Gänsehaut, dann warm unter der Sonne. Sie legte sich auf den Rücken, schloss die Augen. Ihre Brüste hoben und senkten sich ruhig. Die Brustwarzen fest. Keine Bewegung war gespielt, trotzdem war alles Inszenierung. Sie räkelte sich ein wenig in der Sonne, liess zwischendurch eine Hand über ihre Brust gleiten - und genoss das Kribbeln tief in ihrem Bauch.
Ob er da war, wusste sie nicht. Aber ihr Körper wusste es. Er war aufmerksam. Aufgeladen. Bereit.
Am Montag war keine Karte auf ihrem Tisch, sondern eine Rose in einem schmalen Glas. Daneben ein Zettel, diesmal gefaltet:„Wir danken dir. Du warst atemberaubend."
In den Tagen danach die nächste Überraschung: ein kleiner, flacher Karton in ihrer Handtasche. Darin ein Lippenstift – tiefrot, matt, edel – und ein schmal gefalteter Zettel. Die Handschrift war dieselbe wie immer.„Freitag. Linie 9. Abfahrt 16:34, Haltestelle Schanzenstrasse. Setz dich ans Fenster. In einem weiten Rock. Unterwäsche brauchst du nicht. Haare offen. Rote Lippen.“
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Ich bin gespannt wie's weitergeht.«
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