Das verkorkste Liebesleben der Gesine von Thalberg
von Leichtgewicht
Gesine von Thalberg hatte die Unternehmensberatung ihrer Mutter geerbt, als sie gerade einmal Anfang zwanzig war. Fünf Jahre später hatte sie aus dem Büro ihrer Mutter ein profitables Unternehmen gemacht. Ihr Leben hätte man perfekt nennen können, doch das Unternehmen forderte seinen Preis. Es gab kein Privatleben mehr. Und dann war da noch etwas, das tief in ihr brodelte, sich zwar verdrängen ließ, aber immer wieder und leider zu den unpassendsten Zeiten an die Oberfläche kam.
Eine ihrer Freundinnen fragte sie einmal:
„Meinst du nicht, Gesine, dass es auch für dich langsam mal an der Zeit wäre, etwas Beständiges aufzubauen. Diese Kurzzeitbeziehungen führen doch zu nichts.
In einem seltenen, ganz spontanen Reflex entgegnete Gesine:
„Wahrscheinlich ziehe ich den Sex vor, um nicht lieben zu müssen.“
Das Erschrecken im Gesicht ihrer Freundin überraschte Gesine und blieb ihr noch unangenehm lange im Gedächtnis. Aber sie hatte nicht gelogen. Sie hatte noch nie einen Mann geliebt, kannte keine Schmetterlinge im Bauch und auch keine Sehnsucht. Hoffen und Bangen kannte sie nur bei Geschäftsabschlüssen, aber nicht in ihrem Privatleben. So blieben ihr nur ein paar Affären. Manche durchaus leidenschaftlich, doch die meisten hinterließen nicht mehr als ein laues Gefühl und zogen sich nur deshalb hin, weil eine rasche Trennung aus Bequemlichkeit unterblieb.
Auch war sie klug genug zu wissen, dass in ihrem Geschäft ein schlechter Leumund den Ruin bedeuten konnte. So konnte sie es sich nicht erlauben, durch die Betten zu springen und verließ sich lieber auf ihren Dildo. Denn der war immer zur Hand, versagte nie und war außerdem von Natur aus ein schweigsamer und damit diskreter Geselle.
Doch dann passierte diese dumme Sache mit dem Anruf eines ihr völlig unbekannten Herrn.
„Erich Spieker. Ich bin gerade im Continental. Ernst Weinheim hat sie mir empfohlen. Wenn es Ihnen passt, würde ich mich gern mit Ihnen auf einen schnellen Espresso treffen. Nennen Sie mir einfach eine Uhrzeit.“
„Ich bin gerade in einer Besprechung, Herr Spieker. Kann ich Sie zurückrufen.“
„Selbstverständlich. Ich warte auf Ihren Anruf.“
Frau von Thalberg rief umgehend Ernst Weinheim an.
„Ernst, ich habe gerade einen Anruf von einem Herrn Spieker erhalten, der sich ganz konkret auf dich bezieht. Erzähl mir etwas über ihn.“
„Korrekt. Er hat deine Nummer von mir. Ist eine neue Führungskraft bei Technokraft und stellt dort gerade den gesamten Laden auf den Kopf. Ich dachte, er könnte interessant für dich sein.“
„Danke, Ernst.“
Gesine von Thalberg verabredete sich mit Erich Spieker für siebzehn Uhr im Continental. Das ließ ihr ausreichend Zeit für eine lange Besprechung und gab ihr außerdem die Möglichkeit alles Weitere mit einem Hinweis auf eine abendliche Verpflichtung abzukürzen.
Dieser Spieker sah aus, wie man sich gemeinhin einen Chefbuchhalter vorstellt. Glattes, gescheiteltes Haar, grau glänzender Anzug, randlose Brille und ein Gesicht, das so durchschnittlich war, das man es im nächsten Augenblick bereits wieder vergessen hatte. Frau von Thalberg wusste aus Erfahrung, dass sich unter einer solchen Oberfläche alles verbergen konnte. Mittelmaß konnte er allerdings nicht sein, sonst hätte Technokraft ihn nicht als Aufräumer geholt.
Spieker stand höflich auf, als Gesine sich seinem Tisch näherte.
„Weinheim hat mir einiges von Ihnen erzählt, aber nicht, dass Sie so attraktiv sind. Bitte nehmen Sie doch Platz. Espresso? Oder etwas Anderes?“
„Zu viel Worte, und das Gesülze hätte er sich auch sparen können“, dachte Gesine. Sie ließ sich aber nichts anmerken, als sie sagte:
„Herr Weinheim deutete an, Sie hätten eine Führungsaufgabe bei Technokraft übernommen.“
Gesine kam gern schnell auf den Punkt und wollte wissen, woran sie war.
Erich Spieker erklärte ihr nun in kurzen und sachlichen Worten, was er zu tun beabsichtigte, um das Unternehmen auf Kurs zu bringen und bat sie um ihre Begleitung bei dieser Aufgabe.
„Um meine Führungsstärke mache ich mir keine Gedanken, aber manchmal kann zu viel Stärke auch ein Hindernis sein. Ich kann es mir nicht erlauben, die Belegschaft vor den Kopf zu stoßen“, sagte er. „An dieser Flanke hätte ich gern eine kompetente Unterstützung. Und Frauen haben da sehr viel Fingerspitzengefühl.“
Gesine schätzte zunächst ab, was für Sie dabei absprang, fühlte sich dann aber doch etwas provoziert und konnte der Versuchung nicht widerstehen, ein wenig zu stochern.
„Wenn Ihre Führungsstärke wirklich so überzeugend ist, wie Sie gerade ausgeführt haben ...“
Sie ließ diesen Satz etwas in der Luft hängen.
„Sie können sich bei unserer gemeinsamen Arbeit schnell davon überzeugen.“
„Aber dann ist es zu spät“, sagte Gesine und setzte ein spöttisches Lächeln. Voller Vergnügen bemerkte sie eine leichte Röte über Erich Spiekers Stirn ziehen.
„Es wäre mir ein Leichtes, Ihnen zu demonstrieren, wie so etwas aussehen könnte. Auch vor unserer Arbeit.“
Gesine von Thalbach lächelte und schwieg.
„Ich habe mich noch nicht entschieden, wo ich die Nacht verbringe. Ich könnte mir hier im Hotel ein Zimmer nehmen. Wenn Sie mich einen Augenblick entschuldigen und auf mich warten könnten?“
Doch Spieker blieb sitzen und bewegte sich keinen Zentimeter. Stattdessen musterte er Gesine mit ausdruckslosen Augen.
„Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum Sie eine Hotellobby für unser Gespräch gewählt haben“, sagte Gesine.
Spieker lachte. „Wenn Sie meinen, dass ich so weit ins Ungewisse hineinplane, dann überschätzen Sie mich, meine Liebe.“
Erst als Gesine von Thalberg sich in ihrem Sessel zurücklehnte, stand er auf, ging zur Rezeption und kam nach wenigen Augenblicken mit dem Zimmerschlüssel zurück.
In dem Hotelzimmer stellte sich Gesine herausfordernd in die Mitte des Raums und fragte:
„Und nun?“
Erich Spieker griff in die Tasche seines Jacketts und zog einen langen Wollfaden heraus.
„Diese Hotelbetten mit ihren runden Ecken sind nicht ideal für das, was ich vorhabe, aber wenn Ihnen so ein Wollfadenspiel gefällt und Sie mitspielen, ist alles möglich.“
Gesine war überrascht, hatte aber nicht vor, klein beizugeben.
„Das ganze Leben ist ein Spiel“, sagte sie.
Spieker legte seinen Wollfaden auf dem Nachttisch ab. Einen zweiten Faden legte er neben das Kopfkissen. Dann hob er das Fußende des Betts hoch und legte zwei Fäden über den Fußboden.
„Nun?“, fragte er.
Gesine war beeindruckt davon, dass er das Bett ohne Kraftanstrengung angehoben hatte. Auch fand sie es gut, dass er nicht auf dem Boden herumgekrochen war, um die Schnüre auszubreiten, denn das hätte seine ganze Erscheinung zunichtegemacht.
Sie zog sich aus bis auf ihren BH, ihr Höschen und die Strumpfhose.
„Das reicht völlig“, sagte Spieker und band sie an beiden Handgelenken fest. Jetzt verstand Gesine auch, warum die Fäden unter dem Bett lagen, denn ihre Füße wurden jeweils an der gegenüberliegenden Seite fixiert, sodass sie gezwungen war, ihre Beine auseinanderzunehmen.
Als Spieker sich auszog, beachtete er sie kaum. Er hängte das Jackett über eine Stuhllehne, legte die Krawatte ab, knöpfte das Hemd auf. Er trug kein Unterhemd. Das gefiel ihr, und sie überlegte, wie er wohl Schwitzflecken während einer Sitzung vermied. Sein Oberkörper war konturlos wie seine ganze Erscheinung. Er war bestimmt kein Athlet und wirkte entsprechend unauffällig, aber er war schlank und von Natur aus kräftig gebaut. Dann erst fiel die Hose, die sorgfältig über die Stuhllehne drapiert wurde. Die Unterhose blieb auf dem Fußboden liegen. Was war mit den Socken? Behielt er die an?
Gesine war klar, dass sie den Mann mit den kalten Augen einer Analytikerin betrachtete, ihn mit spitzen Nadeln sezierte wie ein Forscher einen Käfer unter dem Binokular. Aber seine Gleichgültigkeit brachte auch einen leichten Schauer über ihren Körper. Das und die Unfähigkeit, sich bewegen zu können. Sie zog an den Wollfäden, die sofort etwas nachgaben, sich aber gleichzeitig schmerzhaft in ihre Haut einschnitten. Gesine gab sofort wieder nach. Nicht, weil es schmerzte, sondern weil ihr bewusst wurde, dass zu viel Widerstand rote Male hinterlassen würden, die sich nur durch extrem lange Ärmel ihrer Blusen verstecken ließen. Und mittlerweile zweifelte sie auch daran, dass sich diese Wollfäden so einfach würden zerreißen lassen.
Spieker schaute auf Gesine von Thalberg herab, wie sie da vor ihm lag. Es gefiel ihm, dass sie keine Miene verzog. Er liebte Widerstand, weil er es liebte, Widerstand zu brechen. Gespielt oder echt war dabei bedeutungslos. Diese Frau kannte das Spiel, sonst hätte sie sich nicht so einfach fesseln lassen. Es würde interessant werden herauszufinden, wie sie das Spiel spielte.
Wieder einmal hatte er sich nicht getäuscht und eine Frau richtig eingeschätzt. Die, die so selbstsicher taten, waren die besten. Jetzt lag ein wunderschöner, unendlich langer Abend vor ihm. Und wer weiß, vielleicht ergab sich sogar eine feste Bindung, die weit über diesen Tag hinausreichen würde. Als Beraterin wäre sie dann zwar verbrannt, aber Berater fand man wie Sand am Meer, wohingegen eine intelligente Mitspielerin eine Rarität war. Und diese Frau von Thalberg war nicht nur intelligent, sie sah hinreißend aus, war von Adel, verfügte über eine erstklassige Erziehung, verfügte über ein eigenes Vermögen und war – was in Erich Spieker für einen ganz besonderen Kitzel sorgte – äußerst erfolgreich. Der Schutzpanzer, den sie über ihrem nachgiebigen Selbst trug, musste sehr mächtig sein. Denn anders hätte sie im Geschäftsleben nicht bestehen können. Was für eine Gelegenheit.
Spieker stellte mit Belustigung fest, dass die Vorfreude bereits ausreichte, ihm eine Erektion zu bescheren. Das war bei ihm in dieser frühen Phase des Spiels außergewöhnlich selten. Er beugte sich vor, griff Gesine unter den Rücken und löste ihren BH.
„Den brauchen wir nicht mehr, meine Liebe“, sagte er.
„Aber um das Höschen zu entfernen, werden Sie meine Beine wieder losbinden müssen“, sagte sie.
Lag da etwa Spott in ihrer Stimme?
Spieker antwortete nicht. Er ließ seine Hände an ihren Seiten bis zu den Hüften herabgleiten, zeichnete mit den harten Fingerspitzen die Linien ihrer Leisten nach, bis er in die Nähe ihres Dreiecks kam. Beinahe spielerisch hob er das zarte Gewebe der Strumpfhose an und bohrte seinen Zeigefinger hinein. Der Fingernagel zerriss das Gewebe, ohne ein Geräusch dabei zu machen. Mit zwei raschen Bewegungen fetzte er die Strumpfhose endgültig auseinander. Dann drehte er sich um und holte aus einer Seitentasche seines Jacketts eine kleine Schere. Zwei Schnitte und ein kurzer Ruck genügten und die Reste von Gesines Höschen flogen in die Ecke.
Spieker atmete durch. Jetzt lag ihr Körper vor ihm, wie er ihn haben wollte.
„Drecksack“, dachte Gesine, als der Mann ihr die Strumpfhose zerriss und „Scheißkerl“, als er das Höschen zerschnitt. Aber bereits der Ansatz einer wütenden Bewegung wurde von den Wollfäden unterbunden. So blieb ihr nur der feste Vorsatz: „Damit kommst du mir nicht durch.“
Doch dann wurde alles ganz anders. Seine ersten Bewegungen über ihren Körper waren ganz sanft, als er erkundete, wo ihr Fleisch weich, wo es fest war. Wo es sich lohnte, Wölbungen flach zu drücken, Senken zu vertiefen. Für einen Mann hatte er lange Fingernägel, stellte sie unbehaglich fest, als er sie wiederholt kratzte. Und jetzt spürte sie mehr seine Nägel als seine Fingerspitzen, wie er über die Innenseite ihrer Unterarme strich, ihre Achselhöhlen erkundete, und von da langsam seitlich ihrer Brüste über ihre Flanken kratzte.
Gegen ihren Willen musste sie kichern wie ein kleines Mädchen. Sie wand sich unter den kratzenden, stechenden, immer wieder zustoßenden Fingern, dass die Wollfäden in ihre Haut bissen. Aber kein Schmerz konnte dieses Kitzeln übertönen. Gesine schnappte nach Luft, quiekte wie ein Schwein, prustete laut los und versprühte Speicheltröpfchen in der Luft, als wollte sie rote Rosen beregnen. Ungläubig musste sie erfahren, wie kitzelig sie war.
Spieker gönnte ihr eine kurze Pause, bevor er ihr seine Finger in die Achselhöhlen bohrte. Diesen Schmerz spürte sie und mit dem Schmerz kam die Entschlossenheit, den Kampf aufzunehmen.
Als die Finger wiederkamen und denselben Weg von den Armen abwärts zu ihren Hüften nahmen, entspannte sie sich, um den Kitzelreiz bereit ganz früh zu ersticken. Aber sie hatte schon zu viel Kraft vergeudet, um damit Erfolg zu haben. Kurze Ausbrüche eines unterdrückten Kicherns wechselten sich mit einer plötzlichen Erstarrung ihres Körpers ab. Dann wieder schrie sie auf, wenn der Reiz zu stark wurde.
„Gut so“, hörte sie ihn flüstern. Jetzt liebkoste er ihre Haut mit dem leichten Druck seiner Handflächen, zwang sie, sich fallen zu lassen. Eine warmes Gefühl hüllte sie ein, in das sie sich legen konnte wie in eine Hängematte. Oh ja, dieser Kerl kannte ihren Körper. Er hatte nicht lange gebraucht, ihn kennenzulernen, und das erschreckte sie. Aber noch war nichts Schlimmes passiert, noch hatte er ihr nur seine Macht über ihren Körper demonstriert, und er hatte sie überrascht. Ein zweites Mal würde ihm das nicht gelingen.
Die Hände schwebten nun so leicht über ihrer Haut, dass sie mehr seine Hitze als seine Berührung spürte. Seine Hände stießen ihre Brustspitzen an wie Wolken einsame Berggipfel, glitten die Hänge hinab in eine Senke, in deren Mitte nichts war als ein Nabel. Dann teilten sie sich, wanderten nach außen, strichen über ihre Hüftkämme und gruben sich mit zunehmender Kraft in ihre Leisten.
Gesine warf sich herum und stieß kleine Laute aus. Ob aus Frust oder Freude konnte sie selbst nicht sagen. „Mistkerl“, dachte sie erneut, aber dieses Mal ohne die Bissigkeit des ersten Mals. Die Finger gingen tiefer, bis sie zu ihrer Feige kamen, diese Frucht öffneten und ihr die Blütenblätter auseinanderzogen. Gesine schrie auf. Er tat ihr weh, doch als der kurze Schmerz abklang, blieb eine Lust zurück, die von dem schmerzenden Zentrum zwischen ihren Beinen ihren ganzen Körper erfüllte. Er steckte ihr zwei Finger zwischen die Beine, fuhr mit ihnen hin und her, zog sie wieder heraus und hielt sie ihr unter die Nase. „Was sollte das? Sie wusste selbst, wie sie roch?“
„Es ist angerichtet“, sagte er und drückte seine Finger zwischen ihre Lippen. Dann kniete er sich zwischen ihre Schenkel, hob ihr Becken an und zog Gesine auf seine Oberschenkel. Widerstand kam allein von den Wollfäden.
Diese Position erlaubte kein tiefes Eindringen, und so schob Spieker ihr nur seine Eichel zwischen ihre Lippen. „Tiefer“, schrie es in ihr, aber er verweigerte sich ihr. Alles, was er anbot, waren kleine Bewegungen, die ausreichten, seine Eichel zu versenken und sie erneut an ihrer Knospe spielen zu lassen.
Gesine warf ihm ihr Becken entgegen und bog den Rücken durch, aber außer Schmerzen in ihren Handgelenken gewann sie nichts dabei.
„Langsam mein Pferdchen“, sagte er, ergriff ihre Brustspitzen und zwirbelte sie, bis sie aufkeuchen musste. Aber er sollte nur nicht glauben, dass diese kleinen Schmerzen ihm auch nur den geringsten Vorteil bringen würden. Sie liebte es, hart rangenommen zu werden, und er durfte das ruhig spüren.
Gesine von Thalberg begann, erneut zu kämpfen. Aber dieses Mal für ihr Recht auf Lust. Jetzt nahm sie keine Rücksicht mehr auf ihre Hand- und Fußgelenke. Sie warf sich hin und her, drehte ihren Körper versuchte Spieker ihr Becken zu entziehen, um sich ihm im nächsten Moment, wenn er ihr in der Bewegung folgte, wieder entgegen zu werfen. Und die ganze Zeit tobte ein Sturm durch ihren Körper, den sie hinter fest zusammengepressten Lippen verbarg. Sie, die beim Liebespiel gerne laut schrie, gab keinen Ton von sich, und so sah Spieker nichts anderes vor sich als eine widerspenstige Frau.
Er war nicht unzufrieden. Er wusste, was er ihr vorenthielt, war nur überrascht, dass sie selbst das Wenige, das er ihr anbot, abwehrte. Es war zu keinem Zeitpunkt seine Absicht gewesen, dieser Frau ernsthaft wehzutun, aber er kannte seine Wollfäden gut genug, um zu wissen, was ihr Aufbäumen bedeutete. Sie würde in den nächsten Tagen rote Kerben an ihren Handgelenken tragen. Selbst Schuld, dachte er. Und je länger ihr Kampf dauerte, desto mehr genoss er ihn. Am Ende würde er sie besiegen, gleichgültig wie hart sie kämpfte. Wer sich fesseln ließ, hatte sich bereits ergeben. Das hätte sie wissen müssen. Ihr Kampf war ein sinnloses Aufbegehren, einfach nur ein Teil de Spiels, aber so, wie sie spielte, schien sie das nicht gewusst zu haben. Unerfahrenheit, was für ein wundervolles Geschenk. Er verstärkte den Druck zwischen ihren Beinen, legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie und presste sie in die Matratze. Jetzt stieß er hart zu, mit langen Pausen zwischen jedem Stoß. Das war kein Ficken, das waren Angriffe. Und als solche sollten sie wahrgenommen werden. Ich stoße dich und du musst es hinnehmen. Ich bin dein Herr, und ich bestimme, was geschieht. Wolltest du nicht wissen, was eine wirkliche Führungskraft ausmacht? Spieker musste beinahe auflachen bei diesem Gedanken.
Gesine spürte Spiekers Reaktion, seine nun festen Stöße, sein tiefes Eindringen und die Schmerzen an ihren Handgelenken. Sie führte die Schmerzen in ihr Lustzentrum, zog die Knie an, soweit die Fäden es zuließen. Der Sturm zog sich zusammen. Die Wolke baute sich auf, türmte sich der Sonne entgegen und breitete tiefe Schwärze am Grund aus. Die ersten Böen kamen, und Gesine warf ihr Becken hin und her. In ihrer Anstrengung, die tobenden Kräfte bis zum letzten Augenblick zu kontrollieren, erzitterte jeder Muskel. Und dann schlug der erste Blitz ein. Dann der zweite. Und der dritte. Die Donnerschläge verschmolzen miteinander zu einem einzigen lang anhaltenden Getöse, das irgendwann in einem fernen Grollen verhallte.
Der Sturm in ihrem Inneren war erloschen. Zurück blieb ein Feuer, das sich von dem Scheitelpunkt ihres Dreiecks durch ihren Bauch über ihre Brüste bis in ihre Fingerspitzen ausbreitete. Wie eine gewaltige Welle, deren Kraft und Ruhe sie nun genoss. Das letzte Zucken ihres Körpers verbarg sie hinter bedeutungslosen Bewegungen. Sie war gekommen. Und das in einer Art, wie sie allein es gewollt hatte. Mächtig und ruhig. Sie hatte sich das genommen, was er ihr verwehren wollte. Ihre völlige Erschöpfung, die sie nun ruhig zurücksinken ließ, war ihr zusätzlicher Gewinn. Sie hatte den Kampf gegen ihre aufsteigende Lust, die sie ihm zunächst nicht gönnen wollte, verloren. Aber was für eine süße Niederlage das war. Den gegen Erich Spieker, hingegen, hatte sie gewonnen. Was nutzt es, den Körper einer Frau zu kennen, wenn man nicht weiß, wozu sie in der Lage ist? Gesine musste lächeln. Spiekers Stöße zwischen ihren Beinen spürte sie kaum noch.
Spieker hatte gemerkt, wie ganz plötzlich jeder Widerstand erlosch. „Wusste ich es doch“, dachte er. „Am Ende ergeben sie sich immer, und jetzt hole ich mir meinen Preis“.
Und jetzt erst begann er sie richtig durchzuficken, stieß sie ohne jede Rücksicht, nahm sie in seinen Besitz und bewies ihr, dass er alles mit ihr machen konnte. Er verfügte über genug Ausdauer, das eine ganze Zeit durchzuhalten und damit auch noch den letzten Rest von Widerborstigkeit, der sich irgendwohin verkrochen haben mochte, zu zerstören. Irgendwann würde sie unter seinem Trommelfeuer kommen, und er sie explodieren und schreien lassen. Und von da ab würde sie alles tun, was er von ihr verlangte. Als er den Druck aufsteigen spürte, widerstand er der Versuchung, zurückzuziehen und ihr alles über das Gesicht zu spritzen. Für diese Frau war das die falsche Strategie. Verächtlichkeit und Dominanz konnte man auch anders zeigen, wenn man erst einmal gewonnen hatte. Es gab kein kraftvolleres Zeichen einer Inbesitznahme, als sich im Leib einer Frau zu ergießen. Vor allem dann nicht, wenn der eigene Beutel gut gefüllt war, und die Frau jeden kraftvollen Spritzer einzeln spüren konnte.
Gesine von Thalberg lag völlig erschöpft und festgebunden auf ihrem Rücken und ließ Spieker sich in ihr austoben. „Schlechtes Timing, mein Lieber“, dachte sie. „Dein Zug ist bereits abgefahren, und du hast es noch nicht einmal gemerkt.“
Doch die Genugtuung über ihren Sieg konnte nicht verbergen, dass Spiekers Stöße ihr eine ungemeine Lust bereiteten. Jetzt, da der Kampf entschieden war, konnte sie sich fallen lassen. So tun, als wäre er wirklich der Herrscher auf der Matratze, und spüren, wie es sein konnte, sich zu unterwerfen. Ganz freiwillig. „Das hat etwas“, musste Gesine sich verwirrt eingestehen und genoss, was Spieker ihr unwissend und unfreiwillig anbot. Auch die Spermafontänen, die sie tief in ihrem Bauch spürte, nahm sie dankbar an.
Erich Spieker gönnte sich nur eine kurze Ruhepause, denn er war noch lange nicht fertig mit seinem Feldzug. Er löste Gesines Fesseln an den Handgelenken, platzierte seine Knie neben ihrem Gesicht und hielt ihr seinen nass glänzenden Schwanz direkt vor den Mund.
„Los jetzt, du dreckige Schlampe, blas ihn.“
Gesine schaute Spieker unbeeindruckt ins Gesicht und sagte nur:
„Vergiss es.“
„Was ist los?“ Spieker verbarg seine Verwirrung hinter einer lauten Stimme. „Ich hatte den Eindruck, du liebst es, wenn jemand über dich bestimmt.“
„Der Mann, der über mich bestimmt, muss erst noch geboren werden.“
„Aber die Fesselung hat dir gefallen?“
„Das war etwas Neues.“
„Ich sitze immer noch auf dir. Ich kann meine Wünsche auch mit Gewalt durchsetzen.“
„Ich sagte doch ‚vergiss es’. Das Spiel ist ausgespielt. Wenn du jetzt etwas anfängst, findet das im echten Leben statt mit einem echten Risiko.“
Spieker schüttelte ungläubig den Kopf. Irgendetwas war hier völlig schief gelaufen. So etwas kann immer passieren. Aber was an seinem Selbstbewusstsein rüttelte, war, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, an welcher Stelle sie ihm verlorengegangen war. Es war doch alles so perfekt abgelaufen. Widerwillig zerschnitt er Gesines Fesseln mit derselben kleinen Schere, mit der er ihr vorher noch den Slip zerstückelt hatte.
„Sie müssen nicht alle Rätsel dieser Welt lösen“, sagte Gesine von Thalberg. „Und Frauen sind sowieso unergründlich. Lassen Sie es einfach dabei.“
Aber Trost war das Letzte, was Erich Spieker jetzt gebrachen konnte.
Ihre Fußfesseln löste Gesine selber. Dann zog sie ihre zerfetzten Strumpfhosen aus, warf sie in den Papierkorb, zog den BH an und stieg in den Rest ihrer Kleidung. Dass sie nun unter ihrem Kleid unten ohne herum lief, störte sie ebenso wenig wie das Sperma, das an ihren Beinen herablief. Nur ihre Haare brachte sie mit einem kleinen Kamm notdürftig in Ordnung.
„Dass sich die Sache mit der Beratung nun erledigt hat, ist Ihnen doch klar. Oder?“
Gesines Tonfall war wieder absolut sachlich und geschäftsmäßig.
„Aber ich muss zugeben, es war eine interessante geschäftliche Erfahrung, Sie kennengelernt zu haben und nun zu wissen, was Sie unter Führungsstärke verstehen“, sagte sie, während sie mit ihrem Kamm einzelne Strähnen sortierte. „Ihre Strategie kann übrigens durchaus funktionieren. Nur bei mir funktioniert sie nicht.“
Und damit verließ sie ruhigen Schrittes das Hotelzimmer. Spieker merkte nicht, dass Gesine von Thalberg sich lange nicht so souverän fühlte, wie sie tat. Zu Hause begab sie sich sofort unter die Dusche und ging dann, ohne etwas zu essen, zu Bett. Sie war völlig erschöpft. Körperlich wie psychisch hatte ihr das Erlebnis der letzten Stunden alles abverlangt, und die einzelnen Bilder kamen immer wieder hoch wie die Kammern eines Paternosters. So lag sie still auf dem Rücken, und während sie auf den Schlaf wartete, der wohl gerade aushäusig war, grübelte sie über jedes einzelne Detail, an das sie sich erinnern konnte.
Sie hatte es genossen, hilflos zu sein, und vor allem, sich nicht so bewegen zu können, wie sie es wollte. Aber sie hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass ihr Liebhaber das Sagen gehabt hätte. Sie war stark genug, um die Fäden zu zerreißen, auch wenn sie das etwas Haut gekostet hätte. Unterwerfung mit Sicherheitsventil? War es das, was sie wollte? War sie wirklich eine Sub, der nur das Vertrauen in den Mann fehlte, der allein in der Lage war, das Spiel zu beenden? Vielleicht. Aber dann sollte sie sich lieber Rollenspielen zuwenden. Aber ob sie das erregen würde?
Für den Rest der Nacht dachte Frau von Talberg sich verschiedene Szenarien aus, die vom einfachen häuslichen Streit bis zur vollzogenen Vergewaltigung reichten und in der sie jedes Mal unterlag. Und alle Szenarrien, wirklich alle, stimulierten sie, wenn auch nicht alle gleichermaßen. Am Ende musste sie sich noch einmal selbst befriedigen, um überhaupt einschlafen zu können. Kein Wunder, dass sie am nächsten Morgen etwas zerknautscht aufwachte und im Bad mehr Zeit als gewöhnlich brauchte, um wieder proper auszusehen. Eine Antwort auf ihre Fragen hatte sie immer noch nicht, aber sie wusste zwei Dinge. Sie hatte ganz offensichtlich ein massives Problem, und es war an der Zeit, dieses Problem systematisch anzugehen.
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(AutorIn)
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mit dieser Art von Geschichten muss ich wohl Abschied nehmen von Bewertungen über 8 und vielen Kommentaren. Das ist ein wenig schade, weil es eine (oder mehrere) Nachfolgegeschichten geben soll. Wird es wohl auch geben, wenn die Zeit reicht.
Umso mehr freue ich mich über die wenigen positiven Stimmen.
@bolle
Der Anker ist da. Aber es ist immer eine Glücksache, ob er bemerkt wird. Das klappt oft nur, wenn er vom Leser auch erwartet wird.
@ Aweiawa und die anderen
Danke für euer Lob. Es wird euch wahrscheinlich nicht überraschen, wenn ich sage, dass es einen Wahnsinnsspaß macht, auch einmal mit solchen Dingen schreiberisch herumzuexperimentieren.
Liebe Grüße
vom Leichtgewicht
Nachtrag Feb. 2015: Der Witz - oder ist es die Tragik - ist, dass diese Geschichte von vornherein als eine Fortsetzungsgeschichte konzipiert war mit drei bis vier weitgehend voneinander unabhängigen Einzelgeschichten.
Ich bin auch nicht unzufrieden mit den Bewertungen oder den Kommentaren, aber das mangelnde Interesse lässt mich daran zweifeln, ob Sevac der richtige Ort für diese Art von Geschichten ist. Gestorben ist dieses Thema noch nicht für mich.«
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Die zum Schluss beschriebene "Verwirrtheit" der Frau von Talberg konnte ich in ihrem Ausmaß nicht so richtig nachvollziehen. Zumindest ging mir das zu schnell. Dafür hätte aus meiner Sicht in der Auseinandersetzung eventuell ein etwas größerer Anker gelegt werden sollen.
Vielen Dank.«
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LG
Elmar«
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Zu meckern habe ich aber dennoch etwas. Das Gespräch in der Hotellobby ist unteririsch kurz. Oder anders gesagt, du verschenkst hier m. M. sehr viel Potenzial. Ein verbales antasten bzw. abtasten fehlt mir. Die sind viiiieel zu schnell auf dem Zimmer. Vielleicht ist das hier bei Sevac aber auch kein Kriterium ?
Was mich schmunzeln ließ, und ich besonders toll formuliert fand war dieser Abschnitt:
Und dann schlug der erste Blitz ein. Dann der zweite. Und der dritte. Die Donnerschläge verschmolzen miteinander zu einem einzigen lang anhaltenden Getöse, das irgendwann in einem fernen Grollen verhallte.
LG Mondstern«
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Und ja, hier. (Wo sonst?)«
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eine weitere Geschichte, die mir gefällt..- wieder aus dem Grund, dass hier Menschen mit ihren Wesenszügen gezeigt werden, die das Kopfkino anspringen lassen...- das kann in weiteren Fortsetzungen noch viel besser werden. Nur Mut zum weitermachen.«
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Bitte Weiter so!!!«