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Kommentare: 2 | Lesungen: 593 | Bewertung: 8.44 | Kategorie: SciFi, Fantasy, History | veröffentlicht: 24.08.2020

Die Unberührte (Kapitel 2)

von

Kapitel 2: Die seltsame Bettlerin

Irgendwann, während Ayron schlief und draußen die neue Nacht hereinbrach, ließ die Wirkung des Trankes langsam nach. Und wie jedes Mal überkamen ihn seine zuvor mit magischer Gewalt unterdrückten Begierden mit doppelter Intensität - als sinnliche Träume.

Wieder war er mit Keyla allein in jener weinrot ausgepolsterten, im Fackellicht flackernden Kammer, während draußen die Schwarzumhänge lauerten.

"Na, Du schlauer Fuchs! Hast die Diebe also auf frischer Tat ertappt! Dafür hast Du Dir eine Belohnung verdient...", sagte Keyla leise und machte einen Schritt auf ihn zu, ihre dunklen Haare schwangen anmutig um ihr Gesicht, ihre geröteten Wangen schimmerten im Kerzenlicht.

Er spürte wieder ihre heiß atmenden Lippen an seinem Ohr, ihr Flüstern - "wenn Du schon Räuber jagst heute Nacht, dann lass mich Dir den ATEM rauben!" - und ihre Hand, die seine harte Brust hinab über seine rauhe Lederrüstung wanderte, seine Gürtelschnalle lockerte und in seine Hose glitt.


Ayron wollte sagen, dass es keinen Zweck hätte, weil er den Zaubertrank...


...doch da zog sie ihre Hand aus seiner Hosentasche, hielt den Trank zwischen ihren Fingern einen Augenblick in der Luft und ließ das kleine Fläschchen auf dem Boden der Kammer zerplatzen.


Panik stieg in ihm auf, als er ihr zurief: "Lass das, Keyla, ich habe Dir gesagt, dass ich nicht so bin wie Deine anderen Männer!" Doch jetzt klang es kaum überzeugend.

Und als sie sich dieses Mal die Maske von den Augen streifte, ihn mit leicht geöffneten Lippen und einem lockenden Augenaufschlag ansah und ihren nackten Oberkörper vor ihm leicht wiegte, da verschlug es ihm Stimme und Sinne.

Ayron griff ungezügelt in ihre dunklen vollen Haare, zog ihren Kopf zu sich und versenkte seine von Wind und Jahren gegerbten Lippen in ihren weichen Mund, während seine andere Hand ihren Rücken umfasste und ihre nackten kleinen Brustperlen an seine narbenübersäte Lederrüstung zogen. Sie seufzte schwer, ergab sich seiner Kraft und schob einen ihrer Schenkel zwischen seine Beine, so dass ihre Körper eng verschmolzen. Widerstandslos ließ sie sich von ihm küssen, ihre Zunge erwiderte lüstern seinen ungestümen Angriff, neckte ihn... dann hielt sie inne, biss ihn sanft in seine Lippen, lachte leise auf und entwand sich ihm.

Im selben Moment griffen Arme nach ihm, zogen ihn nach hinten, hielten ihn gefangen.


Ayron brüllte vor Empörung. Sie hatte ihn an die Schwarzumhänge verraten!


Keyla stand weiter dicht vor ihm, doch jetzt war sie wieder vollständig und fein gekleidet, während er plötzlich nackt war.


Sie lächelte ihn triumphierend an. "Jeder Mann erliegt einer Frau, wenn sie die richtigen Verführungskünste einsetzt!", raunte sie belustigt.

Ayron versuchte vergeblich, sich aus den Händen der Männer hinter ihm zu befreien. Das Mädchen lachte, strich über seinen Bart, seine behaarte Brust, die Rippenlinien und fasste ihm dann fast grob an seinen steil aufragenden Schaft, umschloss ihn mit einer Hand vollständig und rieb mit gleichmäßigen Bewegungen auf und ab, während sie sich mit ihren Lippen seinem Ohr näherte und ihm immer wieder einflüsterte: "Jeder Mann erliegt einer Frau, wenn sie die richtigen Verführungskünste einsetzt!"

Jedes Mal, wenn sie die Worte wiederholte, ertönte von irgendwo her ein dumpfer Gongschlag. Und jedes Mal rieb Keyla seinen hoch aufgerichteten Stab mit mehr Druck und noch tiefer hinab und wieder hinauf. Ihre andere Hand strich über seine angespannten, harten, schweißglänzenden Oberschenkel und berührte wie zufällig seine Hoden, die sich fest an seinen Körper herangezogen hatten.

Als sie die Worte "Jeder Mann..." zum sechsten Mal in sein Ohr hauchte, der Gongschlag zum sechsten Mal seinen Körper vibrieren ließ, sie ihre Hand um seinen Schaft ganz hinunter bis zur Wurzel schob und ihre andere Hand seinen Hoden massierend nach unten zog , verlor Ayron die Beherrschung. Sein keuchender Mund suchte Keylas flüsternde Lippen, wollte sie zu einem wilden letzten Kuss erreichen, doch bis auf ihr leises Lachen war sie verschwunden.

Ayron erwachte mit glühendem Körper in seinem Bett. Es war nicht nur Schweiß, der seine Schenkel benetzt hatte.

Sein keuchender Atem beruhigte sich nur langsam. Und noch immer hallte der Gongschlag in seinem Ohr. Dann wurde Ayron klar, dass die Tempelglocke zur Nachtwache schlug und ihm kaum noch Zeit blieb, wenn er pünktlich zum Dienst erscheinen wollte.


Wie stets nach solcher Art Traum verkrampfte sich sein Magen. Ein schlechtes Gewissen nagte an ihm, weil sein träumendes Ich sich derart ungezügelt gehen ließ.

Ayrons Blick fiel auf den sanft schimmernden bronzenen Ring an einer einfachen Kette, den er auf dem hölzernen Nachttisch abgelegt hatte. Eine Gravur füllte den inneren Ring komplett aus: "...F.W. gehört A.W. gehört...". Ayron fiel plötzlich das Atmen schwerer und er blinzelte. Ohne den Ring direkt anzusehen, hängte er ihn sich um den Hals und verstaute ihn unter der Uniform.


Kurz überlegte er, ob er gleich einen neuen Schluck des Trankes trinken sollte. Doch er wusste auch, dass er mit dem wertvollen Helfer haushalten musste - und sich auch sehr bald wieder Nachschub aus Rashaks Bordell besorgen musste.

* * *

Knapp die Hälfte einer Stunde später schritt Ayron Wolfenfels ruhigen Schrittes Richtung Nordtor, durch die spärlich beleuchtete Gasse, die direkt an der Stadtmauer entlang führte. Er sah links hinauf. Und fühlte sich klein und jung gegen diese massiv aufgetürmten alten Backsteine. Sie strahlten eine Aura von Unveränderlichkeit aus.


Grüne Moosflechten überwucherten die wehrhaften Steine und ließen sie friedlicher aussehen. Doch Ayron wusste, dass die Zeiten unruhiger geworden waren und die Mauer vielleicht bald wie in fast vergessener Zeit unter Geschossen und Treffern erbeben und von anrennenden Feinden erstiegen werden würde.

Doch diese Nacht war friedvoll. Weiße Wolken huschten unter den Sternen dahin, unterbrachen das Funkeln über der Stadt von Zeit zu Zeit. Ärmliche Bewohner der Nördlichen Turmgasse schafften ihre Kinder und ihr Hab und Gut ins Haus, Fensterläden schlossen sich, leises Stimmengewirr aus den Häusern vereinte sich zu einem melodischen Wind.

Ayron füllte alle paar Schritte die Öllampen an der Mauer aus einer Ölkanne auf. Und sah schließlich die düster emporragenden Kanten des Nordtores vor sich auftauchen - vor denen heute Abend keine normalen Wachsoldaten standen, sondern auffallend große, mit Lanzen und Schilden schwer bewaffnete Gestalten in verzierten massiven Rüstungen.

'Von der Palastgarde...', wunderte sich Ayron.


Stand die Stadt schon so dicht vor einem Angriff, dass Fürst Kreyll seine Leibgarde an den Toren platzierte? Es hieß doch, die Verhandlungen zwischen den zwei Fürstentümern würden mindestens einen Monat dauern und solange dürfe niemand den Frieden brechen.

Eine wachsende innere Unruhe beschleunigte Ayrons Herzschlag. Wieder wehten Gongschläge vom Tempel herüber. Seine Schicht als Torwache begann soeben.


Ayron schritt etwas zügiger aus, um vor dem letzten Gong das Tor zu erreichen. Von nahem kamen ihm die drei Palastwachen mit ihren prunkvollen Scherpen, verzierten Schilden und massiven Platinrüstungen noch mehr wie ein Fremdkörper in diesem Teil der Stadt vor.

Sie musterten ihn abschätzig, er grüßte sie höflich. Ihre Augen blieben kalt, sie erwiderten seinen Gruß mit einem kaum erkennbaren Nicken und wandten sich gleichzeitig wieder der Umgebung zu. Ayron fiel auf, dass sie nicht das Tor, sondern die Straßen und Gassen beobachteten.

Aus dem Eingang zum Nordturm, der hoch zu den Wehrgängen führte, trat ein Mann, den Ayron noch weniger ausstehen konnte, als die dünkelhaft eingebildeten Leibgardisten des Fürsten: Hanwe. Persönlicher Bote von Fürst Kreyll.

Wann immer Ayron ihm bisher begegnet war, hatte Hanwe ihn herausfordernd angesehen, bis Ayron ihm pflichtschuldig seinen ehrerbietenden Gruß entgegenbrachte. Den Hanwe aber nie erwidert, sondern seine Augen stets nur herablassend von ihm abgewendet hatte.


Auch jetzt kam Hanwe betont gemächlich auf ihn zu. Wieder dieser herausfordende Blick...

Am liebsten hätte Ayron ihm ein Regenfass über dem Kopf zerschmettert. Doch er wusste, was seine Pflicht war: "Einen schönen Abend für euch, verehrter Herr", zwang er zwischen seinen Lippen hervor, während tröstliche Bilder eines prustenden und triefenden Hanwes vor seinem inneren Auge abliefen.

Hanwe sah wie gewohnt über ihn hinweg. Doch dann, zu Ayrons großer Verblüffung, blickte er ihn doch an und sagte: "Ayron Wolfenfels - der Fürst verlangt Euch zu sehen, unverzüglich!".

Er sprach die Worte so beiläufig, als wäre sie ziemlich unbedeutend, doch Ayron konnte sich nicht erinnern, jemals eine solche Aufforderung empfangen zu haben.


Er brauchte ein Sekunde, um seine Gedanken und wilden Vermutungen zu sortieren, so dass Hanwe die Augen rollen ließ und betont deutlich wiederholte:


"Habt Ihr verstanden, was ich sagte, Ayron Wolfenfels? Der Fürst verlangt..."

"Ja, verehrter Herr, ich habe es gehört. Ich werde sofort kommen. Nachdem ich den Wachen hier den Grund für meine Abwesenheit ..."

Ayron brach ab, als befehlende Rufe durch die Nacht schallten und sich das Tor plötzlich laut scharrend öffnete. Wie an unsichtbaren Seilen wurden die schweren Flügel aufgezogen. Vermutlich ein Händler, der noch kurz vor der nächtlichen Verriegelung hinter die sicheren Mauern wollte, dachte Ayron und wandte sich wieder Hanwe zu:


"Erlaubt ihr, dass ich kurz Bescheid gebe, dass ich ... ", Ayron fand es unwirklich, es auszusprechen, "...zu ... Fürst Kreyll gerufen bin..."

Hanwe antwortete nicht, sondern drehte sich als Antwort um und schritt betont gelassen davon, als erwarte er, dass Ayron ihn einholte.

Ayron war zu verwundert über seine Nachricht, um sich darüber zu ärgern. Er ging Richtung Nordturm, um einen Stellvertreter für die Nachtwache zu bestimmen. Heris schien ihm geeignet, ein junger Heißsporn, aber durchaus vernünftig, wenn man ihm Veranwortung übertrug.

In diesem Moment brach weiterer Lärm aus. Metallisches Klirren, jemand rief Befehle, ein Pferd wieherte, Menschen schrien erschrocken auf, Schatten huschten über die Häuserwände. Zwei der Palastwachen vor dem Tor setzen sich in Bewegung und stürmten in eine Gasse, aus der der Lärm gekommen war. Die dritte Wache blieb auf ihrem Posten am Tor und bedeutete dem Kutscher des gerade hereinfahrenen Wagens mit einer Geste, sein Gefährt anzuhalten.

Ohne bewusst darüber nachzudenken, hatte Ayron sich beim ersten Tumult augenblicklich aus dem Licht des Nordturmeinganges in einen schattigeren Winkel der Mauer gedrückt. Jetzt wollte er heraustreten, um die verbliebene Leibwache des Fürsten zu fragen, was los war - und seine Hilfe anzubieten - da gewahrte er aus dem Augenwinkel eine seltsame Bewegung an den Planen des Wagens. Ayron sah zwei scharfzackige Spitzen und gespannte Bögen hervorschnellen. Er duckte sich instinktiv, hörte erst ein surrendes Geräusch, ein Pfeifen und dann ein ersticktes Röcheln - und die Palastwache sank mit zwei Pfeilen im Hals neben dem Kutschbock zusammen.

Der Kutscher schrie so voller Entsetzen, dass Ayron ihm seine Überraschung glaubte. Die Pferde des Wagens traten ebenso erschrocken und panisch schnaubend um sich. Unter den Planen des schlingernden Gefährtes sprangen zwei schlanke, nichtmenschliche Gestalten hervor, in den Händen silbern blinkende Metallkeile - und verschanzten sich hinter den Flügeln des offenen Tores.

"Elfen...", wunderte sich Ayron noch mehr als über alles bisher Geschehene. Sein Blut raste durch seine Adern. Er stand noch immer an die Mauer gepresst. Vom Wehrturm her kam ein Befehl und das Tor begann sich zu schließen, allerdings langsam, als klemmte es. Mit einem hässlichen Knirschen blieb es schließlich stecken.

Erneut ertönten laute Rufe vom Wehrturm her, dann Schritte auf den Wehrgängen und knirschende Stiefel, die die Turmtreppe herabeilten.

Im selben Moment brach aus dem Dunkel einer Gasse eine Reiterin hervor, verfolgt von zwei Palastwachen. Ihr Ross war mit dem Wappen des Fürsten besattelt, ihr Gesicht allerdings unter einem dunkelgrün verziertem Umhang verborgen, nur einige rotblonde Haarlocken schauten hervor.

In vollem Galopp hielt sie auf eine Lücke zwischen Planwagen und Stadtmauer und das offene Tor dahinter zu. Ayron entschied sich intuitiv, verließ sein Versteck, brüllte laut auf und warf der heranstürmenden Reiterin seinen Schild entgegen.

Es klappte, sie ließ sich beirren, zog erschrocken an den Zügeln und ihr Pferd bockte direkt vor Ayron.

Er griff nach den Zügeln, musste sie aber loslassen, um nicht von den umherschlagenden Hufen getroffen zu werden. Die Reiterin stieß eine wüste Beschimpfung aus, die gar nicht zum edlen Zaumzeug ihres Rosses und ihrem fein besticktem Umhang passte.


Dann versuchte sie, ihr Pferd erneut in Richtung Tor zu zwingen. Eine scharfe Hufkante streifte Ayrons Schulter, die erst vor Stunden einen harten Schlag mit einem Bierkrug und später einen leichten Dolchtreffer abbekommen hatte. Er presste keuchend Luft hervor und taumelte einen Schritt beiseite. Das Pferd bekam wieder Boden unter alle Hufe und machte einen Satz an Ayron vorbei.

Doch jetzt waren die beiden Palastwachen, die die Reiterin verfolgt hatten, heran und versperrten ihr mit drohenden Lanzen den Weg. Ayron erwischte erneut die Zügel und wickelte sie um einen Balken an dem nahestehenden Planwagen, dessen Kutscher inzwischen das Weite gesucht hatte.

Schließlich gab die Frau auf und sank auf ihrem Pferd zusammen. Verzweifelt drückte sie die Hände auf ihr Gesicht, das zusätzlich noch immer unter der Kapuze ihres Umhanges verborgen war.

Immer mehr Wachen tauchten jetzt aus dem Wehrturm auf. Einige rannten zum Tor, wo sie von Pfeilen der zwei verschanzten Elfen empfangen wurden, die sich aber schnell nach draußen absetzten und über die Zugbrücke hinweg in den Schatten neben der dahinter im Dunkeln verschwindenden Straße verschwanden.

"Sollen wir sie verfolgen?", fragte eine der Nordturmwachen unsicher und sah dabei zunächst die zwei Palastwachen an, dann aber auch Ayron.

Als die Leibgarden den Fragesteller keiner Antwort würdigten, schüttelte Ayron den Kopf. Dann rieb er sich seine Schulter.

Immer mehr Stadtwachen umringten die Gefangene, flüsterten neugierige Fragen. Die Palastwachen taten, als würden sie niemanden um sich herum bemerken. Sie lösten die Zügel der Reiterin vom Wagen, banden ihr die Füße unter dem Pferd zusammen und führten sie langsam davon. Sie sagte immer noch kein Wort unter ihrer Kapuze, schluchzte oder schimpfte aber auch nicht.

Ayron schaute ihr und ihren Häschern nachdenklich nach. Und dann überkam ihn das wage Gefühl, dass ihm etwas entging. Nach jahrelanger Schärfung dieses Sinnes, vertraute er ihm blind und blickte sich um.

Mehrere Fenster hatten sich geöffnet, Kerzen und Gesichter erschienen in den Rahmen, einige neugierige, aufgeschreckte Stadtbewohner traten aus den Türen ihrer Häuser. Nordturmwachen streunten immer noch ungeordnet über den Platz vor dem Tor, einige untersuchten den Wagen, rissen die Plane ab, entdeckten aber nur harmlose Händlerwaren. Möglicherweise hatten sich die elfischen Bogenschützen ohne Wissen des Händlers in seinen Wagen geschlichen, um in die Stadt zu gelangen, grübelte Ayron.

Und dann sah er sie.

Eine tief gebeugte Gestalt in grauem Umhang, die sich an der Mauer entlang schob, das Gesicht immer vom Licht abgewandt. Sie sah aus wie eine Bettlerin. Doch sie verhielt sich nicht wie eine. Und hier war auch sicher gerade nicht der passende Moment, um die aufgeschreckten Menschen um Almosen zu bitten. Vor allem aber irritierte Ayron, dass dies nach der Reiterin in kurzer Zeit schon die zweite Gestalt an diesem Ort war, die offenbar alles daran setzte, ihr Gesicht zu verbergen.

Ayron ließ sich wie zufällig durch die Umstehenden treiben und näherte sich der Mauer. Und dann war er sich sicher - die Gestalt wollte zum Tor, das immer noch nicht wieder ganz geschlossen war. Einige Gardisten hatten gerade begonnen, die zwei silbern glänzenden Keile unter den Torflügeln hervorzustemmen. Es schien Probleme dabei zu geben, einer der Gardisten stieß einen lauten Schmerzensschrei aus und rieb sich seine Hand.

Ayron tat, als wolle er beim Entfernen der Keile helfen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er aber die Gestalt. Sie tastete sich weiter scheinbar zufällig an der Mauer entlang, fast wie eine Verwirrte oder Aussätzige.

Niemand beachtete sie. Gestalten wie sie wurden normalerweise unbewusst gemieden, man wich ihnen aus, ohne überhaupt noch darüber nachzudenken. Doch Ayron hatte sie immer schon wahrgenommen. Zu sehr war sein eigenes Schicksal mit jenen Bemitleidenswerten verbunden.


Er kannte zwar nicht viele ihrer Namen, doch er wusste, wo sie sich aufhielten. Wie sie versuchten zu überleben. Manchmal mit Betrügereien, manchmal mit letzten Kräften. Oder so verzweifelt, dass sie eines Tages von der Straße verschwanden. Nicht immer fand man ihre Leichen.

Diese Gestalt hatte er noch nie gesehen. Und sie bewegte sich nicht so, wie Ayron es kannte. Sie versuchte mit allen Mitteln, unbemerkt zu bleiben oder zumindest abstoßend zu wirken, erkannte Ayron. Doch warum war sie überhaupt unterwegs?

Die Bettlerin hatte jetzt den Torflügel erreicht, betastete ihn, als suche sie etwas Essbares an ihm. Oder nur Halt.

Aus einem weiteren wagen Gefühl heraus, musterte Ayron die Dunkelheit vor dem Tor, die Straße hinter der Brücke. Ein kurzes Blinken blitzte ihm von dort ins Auge. Er hatte es wohl eben schon unbewusst bemerkt. Ein Blinken, wie von einem Stück Metall, in dem sich die Lichter der Stadt kurz gespiegelt hatten.

Ayron verlagerte seine Position, tat, als wolle er an anderer Stelle beim Freimachen des Tores mit anpacken. Jetzt war der Durchgang direkt hinter ihm, die Lücke, durch die die seltsame Gestalt hindurchmusste, wenn sie tatsächlich durch das Tor schlüpfen wollte.

Ayron sah sie jetzt zwar nicht mehr, verließ sich aber auf seine anderen Sinne. Und dann spürte er einen leichten Lufthauch, etwas Stoff, der nah an ihm vorbei huschte. Er drehte sich um, bekam die verhüllte graue Gestalt zu fassen und zog sie mit einem entschlossenen Ruck zurück in die Stadt.

Die nächsten Sekunden waren einige der überraschendsten in Ayrons bisherigem Leben!


Von draußen, von der Straße her kam ein erstickter Schrei aus der Dunkelheit: "SIRA!!"


Ebenso von drinnen! Der Gardist, der eben am Freibekommen des Keils unter dem Tor so schmerzhaft gescheitert war, schrie mindestens ebenso besorgt: "SIRA!!"

Solche eine Verzweiflung und Leidenschaft in der Stimme kannte Ayron nur von Hinrichtungen, wenn Liebende oder Angehörige beim Anblick eines Verurteilten verzweifelt aufschrien, weil sich gerade die Falltür im Boden unter dem Galgen öffnete.

Immerhin schien auch der Gardist der Nordwache vom Ruf des anderen Mannes draußen vor der Stadt überrascht zu sein.

Trotzdem stürzte er sich nach kurzem Zögern auf Ayron, seinen Vorgesetzten!


Allerdings rannte er in blinder Wut an, so dass Ayron leicht ausweichen konnte. Und den Saum der verwickelten Gestalt am Boden zu fassen bekam, die sich gerade aufrichtete und fliehen wollte.

Ayron riss erneut hart an ihrem Bettlerumhang, den sie aber blitzschnell abgeworfen hatte - so dass er plötzlich nur noch den leeren Stoff in der Hand hielt, die Balance verlor und ungebremst gegen den Planwagen krachte.


Wieder auf die Schulter!, fluchte Ayron - jetzt wirklich fast den Tränen nah vor Schmerz.

Er rappelte sich auf, stieß den verrückt gewordenen Gardisten wütend in eine Gruppe seiner Kollegen - und brüllte: "Heris, haltet mir den vom Leib und nehmt ihn in Gewahrsam!", dann sprang er vor zum Tor.

Eine Frau in einem seidenen Kleid, mit dem sie jede Hochzeit geziert hätte, lief anmutig ins Dunkel. Gleichzeitig hörte Ayron wieder das Surren, hechtete sofort zur Seite aus dem Licht - und hörte die Pfeile seitlich über sich in den Torflügeln einschlagen.

Ihm blieben nur Sekunden für eine Entscheidung. Die Frau, wer immer sie war, war eigentlich schon entkommen, eine Verfolgung lebensmüde, angesichts der lauernden Bogenschützen an der Straße.

Doch Ayron war kein vernünftiger Soldat, der nur auf Befehl oder bei vertretbaren Risiken handelte.


Er war jetzt vor allem wütend. Über den Schmerz in seiner Schulter und die vielen offenen Fragen. Er rannte los, direkt hinter der Frau her, im Zickzack, in der Hoffnung, dass die Bogenschützen keinen Schuss wagten, mit dem sie die Frau verletzen konnten.

Einmal flog ein Pfeil heran, doch Ayron verfolgte klugerweise keinen regelmäßigen, berechenbaren Zickzackkurs, so dass der Pfeil ihn verfehlte.

Die Frau drehte sich erschrocken um und ihre rotblonden Haare umspielten wie wärmende Feuer ihr jugendlich frisches, helles Gesicht.

Ayron spürte sofort , dass etwas mit ihm passierte, als er diese nachtblauen Augen, in denen sich die Lichter der Stadt hinter ihm spiegelten, zum ersten Mal sah. Der Raum zwischen ihnen schien zu schrumpfen, während die Umgebung undeutlicher wurde. Ayron hörte seinen eigenen Atem überdeutlich, und glaubte, auch sie atmen zu hören, unnatürlich nah und verlangsamt, als würde jemand das Rad der Zeit mit überrirdisch starken Händen zwingen, sich für einige Sekunden langsamer zu drehen.

Ayron starrte sie an, versuchte zu verstehen, was gerade geschah. Auch sie blickte ihn immer noch an, obwohl der erste Schreck darüber, dass er sie verfogte und schon so dicht heran war, verklungen sein musste. Ayron machte einen Satz auf sie zu, sie reagierte nicht, verlor eine weitere wertvolle Sekunde.


Dann endlich floh sie weiter und erreichte das Ende der Brücke.

Doch Ayron bekam sie zu fassen und riss sie in die Richtung, in der er am ehesten hoffte, den Pfeilen ihrer Helfer? Freunde? zu entkommen: Kopfüber stürzten beide von der Brücke ins Wasser des Burggrabens.

Die zwei Elfenschützen sprangen unter den Bäumen hervor, ihre Bögen gespannt, die Pfeilspitzen schussbereit auf die chaotischen Wirbel im dunklen Wasser gerichtet - doch sie wagten keinen Schuss, auch wenn immer wieder Körperteile zwischen den Wellen sichtbar wurden: Ein rotblonder Haarschopf, breite Schultern eines Mannes, die feine helle Gesichtshaut der jungen Frau, ihr überrascht und empört geöffneter Mund, einer ihrer Schenkel, an dem die nasse Seide ihres Gewandes klebte, eine rauhe Männerhand, die die Taille der sich windenden jungen Frau umschlang und sie mit sich durch das Wasser unter die Zugbrücke zog.

Dann verebbten die Wirbel im Sichtfeld der Schützen.

"SIRA...!!", rief der eine von ihnen erneut voll herzzerreißender Panik. Wie zur Antwort ertönte unter der Brücke ein spitzer hoher Frauenschrei, brach aber ab, ein Scharnier quietschte - erst einmal, dann erneut - und dann war nur noch das leise Plätschern des Wassers und das entfernte Raunen der Stadt zu hören, deren nördliches Tor inzwischen wieder verschlossen war .

* * *

Ayron biss die Zähne zusammen, um den Schmerz in seiner Schulter zu unterdrücken - und auch, damit seine Zähne weniger zitterten. Die durchnässte Kleidung klebte klamm an ihm, während er durch den Geheimgang hastete und dabei die widerborstige junge Frau vor sich herschob.

Sie schrie nicht mehr, als wolle sie plötzlich - wie er - nicht, dass jemand sie hörte. Aber mehrmals befahl sie ihm in harrschem Ton, sie freizulassen, was Ayron zu der Erkenntnis brachte, dass sie eine Adlige von einigem Rang in der Stadt sein musste.


Er glaubte auch, sie schon einmal gesehen zu haben, möglicherweise hatte er einmal eine Kutsche durch die Stadt eskortiert, in der sie gesessen hatte.

Ein Ruck riss ihn nach vorn, wieder einmal versuchte sie ihn mit einer plötzlichen Bewegung zu überraschen. Doch Ayron hatte es auch dieses Mal vorausgesehen, stemmte sich in den Boden, zog sie mit einer kraftvollen Bewegung zurück in seine Arme, packte sie noch fester an den Oberarmen und schob sie weiter vorwärts.

Modriger Duft der alten Wände vermischte sich in Ayrons Nase mit einer feinen, würzigen, leicht blumigen Note. Die rotblonde Schönheit roch gut - auf eine angenehme Art, gleichzeitig an wildes Waldmoos und feine Parfüme erinnernd.

Unwillkürlich legte Ayron fast behutsam etwas mehr von seinen Oberamen um sie, denn ihm wurde klar, dass sie noch mehr frieren musste als er. Über ihrem dünnen Seidenkleid, das durch ihren Ausflug in den Burggraben wie eine enge Haut an ihr klebte, trug sie nichts. Bei ihren wiederholten Fluchtversuchen hatte sie sich zudem Löcher in den durchnässten Stoff gerissen.


Obwohl das Adrenalin noch durch seinen Körper strömte und ihn zur Eile trieb, spürte Ayron doch, wie sein Körper auf ihren Duft und ihre weiblichen Formen reagierte. Sein Puls jagte nicht nur wegen der gefährlichen Flucht schneller als gewöhnlich durch seine Adern. Er versuchte, ihre wohlgeformte Taille, ihren Geruch, die Stofffetzen an ihrem kaum verdeckten Körper und ihre aufgeregten Atemgeräusche zu verdrängen und sich nur auf seinen Weg zu konzentrieren. Doch nach wenigen Momenten wanderte sein Blick wieder über ihre Haut - über die unverhüllten Stellen ihres Körpers, wo kein bisschen Stoff ihm den Blick versperrte auf diese fast elfenhaft feine Haut. Er musterte ihre Schultern, ihren nackten Hals, den Ansatz ihrer Wölbungen darunter, ihren freiliegenden Bauchnabel - und den verrutschten Seidenstoff darunter, der den Ansatz ihrer Beckenknochen freigab. Dann wanderte sein Blick tiefer - zu den Furchen ihres durchnässten Kleides, die zwischen ihren Schenkeln ein Dreieck andeuteten...

Ayron wurde plötzlich klar, dass sie ihm den Kopf zugewandt hatte und ihm direkt in die Augen sah.

Schnell hob er den Blick, doch er wusste, sie hatte ihn ertappt. Ihre Miene hatte etwas belustigtes - und herablassendes. Wie eine verwöhnte Prinzessin einen jungen Bauerntölpel ansehen würde, der ihr ein linkisches Kompliment für ihre Schönheit gemacht hatte. Aber sie gab plötzlich etwas nach und stemmte sich weniger gegen seinen Griff. Es fühlte sich gut an, wie sie jetzt weicher in seinen Armen lag, dachte Ayron - und verfluchte sich sofort für diesen Gedanken, der sein Pflichtgefühl und seine Arbeitsmoral untergrub.

Die nächsten Meter ließ sie sich fast bereitwillig von ihm führen, während Ayron betont aufmerksam nicht mehr sie, sondern ihre Umgebung musterte. Die gelegentlichen Fackelhalter an den Wänden enthielten keine Fackeln. Aber aus einigen winzigen Lücken in den Steinfugen des Ganges drang etwas Licht aus der vom Mond erleuchteten Nacht herein. Es reichte jedoch nicht aus, um jede Mauer und Kante, jeden Vorsprung und jede Biegung zu erkennen. Zum Glück Ayron kannte den Weg ziemlich genau. Wie blind bugsierte er die Frau - wie hatten die verzweifelten Rufer sie genannt? "Sira?" - zielsicher durch den Gang.

Sie liess sich jetzt wieder nur widerstrebend voran schieben, bemerkte Ayron, und im selben Moment standen sie vor einer massiven Metalltür, die der Zellentür eines Gefängnisses ähnelte. Schwere Schlösser und Riegel sicherten sie.

Ayron öffnete sie nicht, sondern schob zwei weitere, verwitterte und verrostete Riegel von außen nach innen, als wolle er die Tür noch weiter sichern. Als sie einrasteten, schabte etwas an der seitlichen Wand, Ayron trat auf einen Vorsprung am Boden und drehte gleichzeitig einen Fackelhalter einmal komplett um seine Achse.


Ein schweres metallisches Klicken, die Tür trat etwas zurück, als hinge sie in einer gespannten Feder, die etwas nachgab.

Ayron grinste und gratulierte sich zu seinem guten Gedächtnis für geheime Verriegelungen. Er griff an die Tür und zog sie kraftvoll zu sich und seiner Gefangenen heran, so dass sie aufschwang. Er schob seine Gefangene durch die Tür in ein schwach mit Kerzen und Leuchtjuwelen an den Wänden beleuchtetes Kellergewölbe hinein und verriegelte mit einigen Handgriffen die Tür hinter ihnen. Dann ließ er das Mädchen namens "Sira" los.

Sie zögerte kurz, machte einen Satz von ihm fort - und sah sich hektisch suchend um.


Offensichtlich hatte der geheime Zugang in die Stadt sie in einen Weinkeller geführt.


Die junge Adlige würde die Tür nicht allein öffnen können, sie konnte also nicht zurück, war sich Ayron sicher. Am besten sollte er sie jetzt gleich nach oben durch das Haus auf die Straße schaffen und der erstbesten Palastwache übergeben, die ihnen begegnete. Doch Ayron zögerte.

Sira lief durch die Regale aus altem Holz, ihre Gestalt spiegelte sich in den teils blanken, teils trüben Flaschen. Aus irgendeinem Grund war sich Ayron sicher, dass sie nicht allein nach oben fliehen würde. Vermutlich weil sie oben das fürchtete, wovor sie hatte aus der Stadt fliehen wollen.

Jetzt kam sie langsam durch die Regalreihen auf ihn zu. Ihr Gang war voller Grazie. Sanft und gleichmäßig schwangen ihre Hüften hin und her. Je näher sie ihm kam, desto zögerlicher wurden ihre Schritte. Sie trat aus dem Schatten eines Regalganges.


Sachtes Licht breitete sich schmeichelhaft über ihren Körper aus, bis sie schließlich so dicht vor ihm stehen blieb, dass er ihren Atem hören konnte.

Sira betrachtete den Wachsoldaten vor ihr, blickte ihm direkt in die Augen, deren grauer Anteil an schroffes Gestein - und deren brauner Anteil an dunkles Baumholz in nächtlichen Wäldern erinnerte.

Es fiel ihr leicht ihm vorzuspielen, dass sie sich in seinen Augen verlor. Dabei legte sie ihren Kopf leicht schief und fuhr sich unsicher mit einer Hand durch die nassen Haare, deren Spitzen ihre freiliegende Schulter umspielten.

Bisher hatte noch jeder Mann auf sie reagiert, wenn sie so nervös und scheu vor ihm tat. Und vor diesem Soldaten stand sie in einem feuchten Kleid, das alle Kurven ihres Körpers für ihn sehr gut sichtbar nachzeichnete - und obendrei voller Risse war.


Sie schenkte dem Wachsoldaten einen halb verängstigten, halb verlegenen Wimpernschlag, während sie ihn weiter direkt ansah. Gespannt wartete sie, wie lange er seine Etikette wahren würde - und wann er seine Augen schließlich doch abwärts über ihren unstatthaft freizügig dargebotenen Körper schweifen lassen würde, und wenn auch nur kurz.

Sein Körper hielt sich etwas schief, fiel ihr auf, als hätte er sich eine Verletzung zugezogen. Dennoch wirkte er standsicher, sein Atem ging ruhig und seine Augen flackerten nicht. Eine Tiefe und Vieldeutigkeit lagen in seinem Blick, die wohl nur starke Erinnerungen, Gedanken und durchlebte Gefühle reifen lassen konnten. Wie sanfte Wellen im Wind liefen wechselnde Gefühle in seine dunklen Pupillen auf und ab.

Noch nie hatte Sira einen Mann mit einem so unergründlichen Gesicht unter den Soldaten gesehen. Einerseits strahlte er eine Sicherheit aus, die wohl eine ganze Stadt nachts ruhig schlafen lassen konnte. Andererseits lag etwas Ungezähmtes in seinen Zügen und etwas Trotzig-Rebellisches - wie sie es bisher nur bei Gesetzesbrechern vor Gericht gesehen hatte, bei deren Urteilsverkündung sie ihr Vater gelegentlich zugegen sein ließ, um sie in die Geschäfte der Stadt einzuweisen.


Diesen Soldaten konnte sich Sira sowohl als Ankläger vorstellen, als auch als Angeklagten.


Sein Bart wirkte ein wenig, als solle er das Gesicht verbergen, ging es ihr durch den Sinn. Die Schultern des Soldaten waren breit unter der durchnässten Lederkluft, die mit ihren aufgenähten Zeichen, Wappen und Nieten auf den ersten Blick wie eine gepanzerte Metallrüstung aussah.


Doch sie klirrte und schabte nicht wie Metall, sondern raschelte und knarrzte nur ab und an mit dunklem, rauhem Ton. Sein Schwert steckte festgeschnallt in seinem Gürtel, als gäbe es momentan keinerlei Grund, es bereit zu halten. Seine Hose lag eng an seinen Oberschenkeln, noch immer feucht vom Wasser des Burggrabens. Der lederne Stoff zeichnete seine starken Knie gut ab, ebenso seine muskulösen Oberschenkel und die deutlich ausgeprägte Wölbung weiter oben - zwischen seinen ...

Sira schreckte zusammen, entgeistert darüber, wie ihre Augen und Gedanken abgeschweift waren und sie ihn ausgiebig, voller ungebührlicher Neugier betrachtet hatte.


Eine blasse rosane Röte flog über ihre Wangen. Schnell raffte sie ihre Beherrschung zusammen und blickte ihm wieder demonstrativ in die Augen. Sie versuchte, betont gleichmäßig und langsam zu atmen, als sei sie gerade die Ruhe selbst. Doch sie spürte, wie sich ihre Atemzüge nur langsam verflachten und sich ihre Lippen erst nach einer Weile wieder schlossen.

Ayron hatte eben gerade noch rechtzeitig seinen Blick wieder gehoben. Er glaubte nicht, dass sie bemerkt hatte, wie er einige Sekunden lang ihren Körper in dem feuchten, an vielen Stellen aufregend verrutschten und stellenweise eingerissenen Stoff mit seinen Augen erkundet hatte.

Eine Stille stand zwischen ihnen, die mit jedem Moment lauter wurde. Schon taten ihm seine Augenhöhlen weh, von dem angestrengten Versuch, seinen Blick nicht gegen seinen Willen wieder abgleiten zu lassen. Dann sagte die junge Frau leise, in einer Mischung aus Befehlston, Trotz und einladender Verlockung:

"Wenn Ihr mich jetzt gehen lasst, Soldat, könnt Ihr Euch die Gunst und Dankbarkeit des Fürstenhofes erwerben!"

Ayron betrachtete sie jetzt noch intensiver, denn er hatte die Erfahrung gemacht, dass es äußerst hilfreich war, jemanden genau zu studieren, wenn man wusste, dass er log. Das machte es bedeutend leichter, ihn später einzuschätzen.

Bei dieser Frau fiel ihm auf, dass sie ihren - zugebenermaßen perfekt passenden - Gesichtsausdruck etwas zu lange völlig unverändert hielt. Als wäre ihr Gesicht beim Lügen eingefroren. Gleichzeitig hatte sie eine Hand zur Faust geballt, was ihre Anspannung verriet, und ihr atemberaubender Körper wiegte sich unmerklich etwas hin und her, als stände sie am Bug eines Schiffes in sanfter Brise.

Ayron antwortete mit gedämpfter Stimme, als teilten sie beide Geheimnis:


"Warum sollte der Fürstenhof dankbar sein, wenn ich Euch dabei helfe, aus der Stadt zu FLIEHEN, meine Dame?"

Ihre wunderschönen leuchtenden Augen flackerten. Ihre Lippen öffneten sich leicht - doch sie brauchte eine Weile, um die nächsten Worte zu finden.


"Ihr irrt Euch, Soldat! Fürst Kreyll persönlich schickt mich - auf eine geheime Reise. Die Palastwachen waren nicht eingeweiht!"

Ihr Blick war jetzt wieder unbeweglich und fest. Doch ihr Busen hob und senkte sich etwas schneller als vorher. Ayron ertappte sich dabei, wie er den leicht eingerissenen Stoff an einer ihrer Brüste betrachtete und darunter die runde Wölbung - und die kleine Perle in der Mitte - zu erahnen versuchte.


Sein Blick fuhr zurück in ihre Augen - die jetzt triumphierend funkelten, ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.

"Ihr lügt!", sagte ihr Ayron direkt ins Gesicht, wütend auf sich selbst. Diese Frau zog männliche Begierden und Träume an wie brennendes Feuer herumschwirrende Motten in der Nacht.

Ohne seinen Trank würde sie ihn früher oder später verbrennen.

"Ich weiß nicht, wer Ihr seid!", herrschte er sei an, auch, um die Wärme in seinem Kopf und in seinen Lenden abzukühlen. "Aber ich werde Euch zum Palast bringen. Fürst Kreyll kann dann mit Euch machen, was er will. Ich habe meine Pflicht getan."

Sie stand bewegungslos vor ihm. Vielleicht suchte sie nach Worten, um ihn umzustimmen, offenbar vergebens. Ihr Atem ging noch schneller, die kaum verhüllten Wölbungen ihres Oberkörpers hoben und senkten sich und Ayron konnte nicht anders, als jedes Bewegung ihres unter Strom stehenden Körpers fasziniert und zugleich widerwillig zu verfolgen.


Plötzlich entspannte sie sich leicht, verlagerte ihr Gewicht fast tänzerisch und machte einen federnden Schritt auf ihn zu. Ihr Gesicht war jetzt so dicht, dass er ihren warmen Atem auf seinen Wangen spüren konnte. Und ihren Duft wahrnahm, eine Mischung aus würzigem Waldmoos, blumigem Duftwasser, dem Geruch von Regen aus dem Burggraben und dem Schweißfilm auf ihrer Haut, der ihren Körper im schwachen Lichtschein glänzen und glitzern ließ.

"Soldat...", sagte sie, jetzt eindeutig verführerisch. "Ihr habt recht, ich gebe es zu, ich bin auf der Flucht aus Kreylls Hofstaat. Doch glaubt mir, ich habe gute Gründe."

Ein plötzlicher Ausdruck von wilder jugendlicher Wut und tiefer Traurigkeit glitt über ihr Gesicht, der Ayron mehr ergriff als alles bisher. Ihre Fingerspitzen, die seine Hand ergriffen, lenkten ihn davon ab - und ihre leise, lockende Stimme: "Was kümmert es Euch, was am Fürstenhof geschieht! Ihr seid hier, mit mir! Und ich werde Euch jeden Wunsch erfüllen, wenn Ihr mich freigeben könntet..."

Ayron spürte seinen Mund trocken werden. Es war nicht das erste Mal, dass ihn ein Deliquent zu bestechen oder zu bezirzen versuchte, doch obwohl ihm das klar war, konnte er nicht verhindern, dass aufregende Gedanken und Bilder in seinem Kopf zu kreisen begangen. Dazu ihre sanften Fingerspitzen auf seiner Hand, ihr heißer Atem in seinem Gesicht, ihre geöffneten Lippen, ihre dunklen Augen, der beinahe durchsichtige Stoff auf ihrer Haut, die vielen kaum verhüllten Rundungen...


"Jeden Wunsch, Soldat...was immer ihr wollt...", flüsterte sie.

Mit einer kraftvollen Bewegung zog er sie fest an sich, fühlte ihren heißen Atem direkt an seinem Ohr - umfasste ihren Rücken und ihren Po, fühlte, wie sie sich ihm hingab, fuhr mit seinen Händen gierig über ihren Körper, riss die letzten Reste ihres Kleides fort - zumindest in Gedanken.

Noch immer stand sie wenige Zentimeter vor Ayron, dem schwindlig war vor Erregung.


Er wusste, seine Beherrschung hielt nur noch wenige Augenblicke.


"Ich wünsche...", begann er langsam und seine Stimme wurde lauter. "...dass ihr jetzt sofort mit mir kommt, damit ich Euch loswerde!"

Er packte sie am Arm, zog sie unsanft an einem Weinregal vorbei in Richtung der Treppe nach oben.

Sie machte eine schnelle Bewegung, die Ayron in normalem Zustand hätte kommen sehen, eine Flasche tauchte in ihrer Hand auf und zerbarst an seinem Kopf.


Er brüllte vor Schreck und Schmerz auf, brach auf der Treppe zusammen und sah gerade noch die wehenen Stofffetzen ihres Kleides nach oben flattern, bevor er ohnmächtig wurde.

* * *

Dieses Mal hörte er keine Glocke - er WAR die Glocke, die von einem schweren metallenen Schlegel getroffen worden war.

Sein Kopf dröhnte und vibrierte. Nur allmählich wurde aus dem wabernden Dunkel vor seinen Augen wieder der schummrige Weinkeller. Ein flackernder Lichtstreifen teilte das Dämmerlicht - die Tür oben an der Treppe stand einen Spalt offen, dahinter brannten offenbar Kerzen oder Fackeln.

Durch das Sausen in seinem pochenden Ohr registrierte Ayron enfernte gesellige Rufe, lautstarkes Gelächter, klapperndes Geschirr und klirrendes Metall.


Er richtete sich auf - bereute es aber sofort und sank zurück.

Nachdem er den Schmerz hinter seiner Schläfe eine Minute lang erkundet hatte und seine Willenskraft wieder so stark war, dass er den Schmerz ertragen konnte, hievte er sich entschlossener hoch. Er ignorierte die anschwellenden Geräusche in seinem Ohr und das Pochen in seinem Kopf - und stieg mit jedem Schritt sicherer die Stufen hinauf.


Durch die Tür und einen Flur gelangte er zu einer weiteren Treppe, die in einen Lagerraum mit allerlei Fässern, Kisten, Schürzen, Tüchern, Geschirr und sonstigem Tavernenbedarf führte.

Hinter einer angelehnten schweren Eichentür brannten Lichter und wogte Stimmengewirr auf und ab. Ayron ging durch den Lageraum - seine Augen folgten dabei den feuchten zierlichen Fussabdrücken auf dem mit Staub, Mehl und Sägespänen übersäten Boden.

An der Eichentür angekommen schob er sie soweit auf, dass er einen Blick auf einen Teil des Raumes dahinter werfen konnte. In der gut gefüllten Tavernenstube saßen vor allem einfache Soldaten, aber auch einige Palastwachen - und einzelne Städter, Männer und Frauen, die in ihren feinen, dekorierten Umhängen wie offizielle Schreiber oder Beamte wirkten.

Ayron hatte gewusst, dass der unterirdische Gang hier endete - er hatte ihn schon einmal als Stadtwache betreten - und vor Jahren als Fluchttunnel genutzt, um nach nächtlichen Alleingängen aus der Fürstenburg zu entkommen.

Er war mitten in der Burg von Fürst Kreyll - im "Geschliffenen Säbel" - der besseren von zwei Tavernen für die Soldatenbesatzung der städtischen Feste.


Der Feste, aus der das Mädchen hatte fliehen wollen. Wo war sie? Wie war sie an den Palastwachen in der Schankstube vorbeigekommen?

Ayrons Augen wanderten durch den Raum. Er schob die Tür noch einen Spalt weiter auf. Und dann fand er sie. Mit einigen Weinkrügen in der Hand, einer schludrig umgebundenen Schürze und einem Geschirrtuch - hastig über den Arm geworfen - sah sie durchaus aus wie eine Kellnerin. Offenbar hatte sie begonnen, Weinkrüge vor einigen Soldaten abzustellen, die an einem Tisch auf halbem Weg zum Ausgang feierten.

Jetzt versuchte Sira wohl, vielleicht schon seit einer Weile, den Tisch weiter zu umrunden, um die restlichen Krüge auszuhändigen, doch zwei der Soldaten redeten auf sie ein, prosteten ihr angeheitert zu und einer hielt sie an einer der Schnüre ihrer Schürze fest. Sie entwand sich ihm, wodurch sich die Schürze öffnete und auf den hölzernen fleckigen Boden fiel. Sira stand nun wieder nur in ihrem zerrissenen feinen Kleid vor den angetrunkenen Männern.

Ein Teil von Ayron war froh, dass Sira aufgehalten worden war. Ein anderer Teil wollte Weinkrüge auf die Köpfe der ungebührlichen Soldaten zerschmettern. Und eine kleiner dritter Teil, direkt unter seiner schmerzenden Beule am Kopf, wollte lieber dem Mädchen einen Krug über den hübschen Schädel ziehen.

Doch bevor Ayron noch eine Entscheidung treffen konnte, fiel ihm aus dem Augenwinkel eine Bewegung auf.


Zwei Palastwachen hatten sich von ihrem Tisch erhoben und dem Ausgang zugewandt, dann aber ihre Richtung geändert. Sie teilten sich auf und umrundeten die Tische so, dass - wurde Ayron klar - von Siras Tisch aus alle Wege zum Ausgang abgeschirmt waren.


Die zwei Palastgarden erreichten den Tisch, stellten sich hinter Sira, einer berührte sie an der Schulter :


"Ich bitte um Vergebung, meine Dame! Sira vom Nordgrat? Ihr werdet gesucht. Euer Vater...schickt nach Euch...", erklärte der fürstliche Wächter und selten hatte Ayron bei seinesgleichen so wenig Überheblichkeit und so viel nervöse Anspannung in der Stimme gehört.

Sira drehte sich zunächst nicht um. Auch die Soldaten am Tisch erstarrten, ihre glasigen Augen schauten verwirrt auf die Palastwächter, auf die "Kellnerin" mit dem edlen Namen - und senkten dann die Köpfe in ihre Weinkrüge, als wollten sie sich darin vor möglichen Schwierigkeiten verstecken.

Ayron beobachtete Sira, die gerade kaum merklich ihr Gewicht verlagerte und die Weinkrüge in ihrer Hand etwas fester umfasste.

Er wusste ja schon, wie schnell sie sich bewegen konnte, darum ahnte er den ersten Schlag mit dem Weinkrug schon, bevor Sira sich blitzartig umdrehte. Ayron sprang hinter der Eichentür hervor und wandte sich nicht etwa zu Sira, sondern zur Ausgangstür. Der volle Weinkrug krachte gegen den Kopf des Palastgardisten, harter Ton zerbarst zu Scherben, roter Wein spritzte über den schwer angeschlagenen Kopf. Einen Augenblick später folgten ein zweites Krachen, weitere Schmerzensschreie und Flüche, dann erreichte Sira mit einigen grazilen Sprüngen die Tür - und prallte überrascht zurück, als sie Ayron vor sich erblickte.

Wieder einmal ihren Schreck ausnutzend, griff Ayron ihren Arm, zog sie mit sich aus der Tür nach draußen in die späte Abendluft, während er nach hinten rief: "Ich habe sie, ich übernehme das, Befehl von Fürst Kreyll!"

Das würde die Garden wohl nur kurz verwirren und ein wirklich durchdachter Plan leitete ihn nicht, eher ein spontanes Gefühl, lieber die Situation selbst zu gestalten, als nochmal überrascht zu werden. Und außerdem wollte er Antworten auf seine vielen Fragen.

Um der jungen Frau keine Zeit zum Nachdenken und einer erneuten Flucht zu geben (oder einem weiteren Angriff mit einem schmerzlich harten Gegenstand...), beschleunigte Ayron seine Schritte, zog sie mit sich über den Innenhof - vorbei an heimkehrenden Zechern, pflichtbewussten Wachsoldaten und müden Händlern, die ihre Abgaben des Markttages zur Feste brachen.

Aus den Augenwinkeln registrierte Ayron auf dem Hof mehrere schwerere Steinschleuderkatapulte und Pferde mit Kriegsrüstung, wie er sie seit Jahren nicht mehr auf offener Straße gesehen hatte. Das Bild verschwand fürs erste in seinem Unterbewusstsein, hinterließ dort aber eine nagende Unruhe.

Vor einer gut bewachten Treppe salutierte Ayron vier Palastgarden und schritt so forsch auf sie zu, als würde er felsenfest damit rechnen, dass sie ihn passieren ließen. Mit dieser Methode hatte er sich schon oft Zutritt verschafft - oder eine Fluchtmöglichkeit im letzten Moment.


"Mein Name ist Ayron Wolfenfels, ich wurde zu Fürst Kreyll bestellt!"

Die Garden blickten ihn an, machten ihm aber nicht Platz. "Hanwe Derrigon überbrachte mir die Ladung zum Fürsten!", schob Ayron nach, nur noch wenige Schritte von den Wachen entfernt. In deren Reihen kam Unruhe, aber noch schienen sie sich uneinig.


"Ich soll diese Frau direkt zum Fürsten bringen, Sira vom Nordgrat, sie wird dringend gesucht!"

Das waren zu viele bekannte, wichtige Namen und Informationen, als dass sich die Garden ihm zweifelnd in den Weg stellen wollten. Im letzten Moment bewegten sie sich auseinander und ließen Ayron und seine Gefangene die Treppe hinauf in das prunkvollste und älteste Gebäude der Stadt.

* * *

Kommentare


tralalo
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 96
schrieb am 27.08.2020:
»Das Niveau des ersten Teil locker gehalten. Ich bin noch neugieriger, wie es weitergeht. Sehr gut!«

HansiMaier
dabei seit: Nov '20
Kommentare: 7
schrieb am 14.12.2023:
»Wann folgt das 3. Kapitel? Die ersten beiden sind richtig gut!«


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