Dress Order - Nackt im Schloss
von GhostWriter
Seit mehr als vier Wochen war es ausgesprochen ruhig um das Thema geworden. Hatte Markus das Interesse daran verloren? Das konnte sie sich bei all seinem Enthusiasmus um das Video, das er in stundenlanger Arbeit zusammen geschnitten hatte, nicht vorstellen. Immer öfter zwang sie sich, das Thema nicht ständig anzusprechen. Dabei hätte sie doch so gerne ein paar Antworten auf die Fragen, die in ihr nagten. Hatte Markus das Video inzwischen an den Kellner verschickt? Plante er neue Aufgaben für sie? Würde es ein zweites Video geben? Sie wusste es nicht. Immer wenn sie danach fragte, hatte sie das Gefühl, dass er ausweichend reagierte: »Nein, ich muss noch die Sex-Szene aus dem Container rausschneiden«, hatte er schon mehrmals gesagt. Einmal hatte sie sich nur ganz knapp zurück halten können, um ihn nicht anzublaffen: »Dann mach es doch endlich.«
Warum war sie so versessen darauf, das Video zu verschicken, hatte sie sich daraufhin gefragt.
Inzwischen stellte sie sich diese Frage beinahe täglich. Warum war sie darauf so fixiert?
Was spielte es für eine Rolle, ob ein unbekannter Kellner ein Video von ihr erhielt, in dem sie halbnackt durch einen Gewitterregen lief, oder sich in einem der größten Karlsruher Einkaufstempel, offenherzig bekleidet zur Schau stellte? Wollte sie Anerkennung? Wie sollte sie die dadurch bekommen?
Sie stand am Fenster und blickte nach draußen, während ihr die Fragen wieder einmal durch den Kopf gingen. Es regnete in Strömen, die Tropfen rannen in dichten Bahnen über die Scheibe. Der Wind peitschte sie gegen das Glas. Das Platschen des Regens gegen das Fenster, war das einzige Geräusch im Raum. »Bald ist Herbst, dann ist nichts mehr mit kurzen Kleidchen«, murmelte sie in die Stille und fragte sich ein ums andere Mal, warum das Thema sie so in Besitz nahm. Hunderte Mal hatte sie Phrasen wie »Frivoles Ausgehen« und »Zeigefreudig in der Öffentlichkeit« gehört und gelesen - nie hatte sie sich darüber auch nur ansatzweise Gedanken gemacht. Doch seit jenem Sommerabend im REWE war alles anders. Sie wusste was als nächstes passieren würde. Sie würde ins Büro gehen und den Computer einschalten. Die Videos, die Markus aus dem Internet heruntergeladen hatte aufrufen. Alle zu diesem Thema. Eine Frau erhält eine Nachricht, sich in einem bestimmten Outfit an einen bestimmten Ort zu begeben und dort eine bestimmte Handlung auszuführen, wobei sie gefilmt wurde. Und die Frau tat es. Jedes Mal. Ohne Rücksicht auf die Reaktion der Passanten, die mitgefilmt wurden, wie sie die Frau beobachteten. Genau wie sie es bei ihr getan hatten. Der Kiwi-Mann. Der Geländer-Mann. Der Spaziergänger. Der Kellner.
Das Video das Markus davon gemacht hatte, wollte der Kellner unbedingt haben. Er hatte Markus einen Zettel mit seiner E-Mail Adresse zugesteckt. Hatte Markus es bereits verschickt und ihr nur nichts davon erzählt?
Sie würde das dritte der vier Videos starten. Nicht ihr eigenes. Da war sie selbst dabei gewesen, das hatte nicht den Reiz wie die anderen. Sie würde das Video mit der Frau wählen, die mit einer Mappe voll Papieren unter dem Arm, durch die Flure eines Museums schlenderte, als wäre sie auf einem gemütlichen Spaziergang. Das Video mit der Frau, die mit großen, wunderbar schwingenden Brüsten durch die Gänge lief. Die praktisch durchsichtige weiße Bluse weit aufgeknöpft, der Busen ohne BH deutlich sichtbar und frei schwingend. Die Brustwarzen unter dem dünnen Stoff erregt. In einem dunklen Rock und eleganten High-Heels immer auf die Kamera zulaufend. Dabei unzählige Menschen passierend, die sich fast ausnahmslos nach ihr umdrehten und denen in den Gesichtern abzulesen war, dass sie nicht glauben konnten, was sie gerade gesehen hatten. Während die Frau das Gebäude verlassen und die lange Eingangstreppe herunter gehen würde, würde sie auf Zeitlupe umstellen und sich die Bewegung der Brüste unter der Bluse, in langsamer Geschwindigkeit anschauen. Wenn sie ihren Orgasmus nach dieser Szene noch hinauszögern konnte, würde sie ein paar Minuten vorspulen. Bis zu der Szene, die die Frau an einer Fußgängerbrücke stehend, mit dem Hintern an das Geländer gelehnt, einen der schwarzen High-Heels in die Stange des Geländers eingehakt zeigte. Spätestens wenn der Fußgänger, mit dem kleinen schwarzen Labrador zum zweiten Mal an der Frau vorbeilaufen und sie ihm das freundlichste und harmloseste Lächeln zuwerfen würde, würde sie sich nicht mehr halten können und tief mit den Fingern in sich selbst vergraben, einen Orgasmus haben. Wie jedes Mal.
Während sie mit der Maus zu eben diesem Video navigierte, hielt sie inne. Die Videos waren in einen Unterordner verschoben worden. Dort wo sie vorher lagen, stand nur noch eine einzelne Datei. Und diese Datei trug ihren Namen: Sonja.docx
Einen Augenblick hielt sie inne, während der Mauszeiger über dem Dokument schwebte. Der Tooltip, das kleine Pop-up-Fenster über dem Mauszeiger, zeigte Markus als Autor des Dokuments. Das war keine Überraschung. Erstellt wurde es vorgestern um 20:13 Uhr. Sie spürte wie ihr Herzschlag sich beschleunigte. Obwohl es nur irgendein harmloses Dokument sein könnte, wusste sie genau um was es sich handelte. Sie öffnete es.
Zuerst war sie ein klein wenig enttäuscht, denn es war keine Aufforderung, ähnlich der SMS. Dafür war der Text zu lang. Oder war es doch eine? Hektisch überflog sie den Text, pickte zusammenhanglos einige Wörter heraus und versuchte den Text in aller Eile zu verstehen, ohne sich die Zeit zu nehmen ihn zu lesen. Doch das funktionierte nicht. Sie war viel zu aufgeregt. Es war doch eine neue Aufgabe, aber sie musste sich zusammen reißen, um sie von Anfang bis Ende zu lesen. Um zu verstehen was sie tun sollte.
Nachdem sie den Text bestimmt fünf Mal gelesen hatte, lehnte sie sich zurück. Ihre Mundwinkel umspielten ein Lächeln, das sich zunehmend zu einem Grinsen ausdehnte. »Du Arsch«, sprach sie halblaut zum Monitor und schüttelte dann lachend den Kopf. »Du bist doch total bekloppt!«
Aber das war sie auch, oder? Oder was war das für eine Feuchtigkeit, die sich längst zwischen ihren Beinen ausbreitete und ihr Höschen mit jedem neuen Lesen der Aufgabe, mehr und mehr durchnässt hatte? Sie schaute aus dem Fenster. Auf der windabgewandten Seite peitschte der Wind den Regen nicht so heftig ans Fenster wie im Wohnzimmer, aber dass es draußen noch immer in Strömen regnete, war nicht zu übersehen. Das was sie tun sollte, war im Regen unmöglich. Sie würde warten müssen. Aber wie lange? Und was hätte Markus gemacht, wenn sie heute nicht auf das Dokument geachtet hätte? Sie musste wieder grinsen bei dem Gedanken, dass er ganz richtig vermutet hatte, dass sie heute an ihrem freien Tag, bestimmt irgendwann bei den Videos vorbeischauen würde.
Dass er zwei Abende mit ihr zusammen auf der Couch, beim Lesen, beim Fernsehen, danach im Bett und morgens beim Frühstück mit keiner Silbe erwähnt hatte, dass das Dokument auf sie wartete, war natürlich frech. Ihr Grinsen wurde wieder breiter.
Sie blickte auf die Uhr. 12:20 Uhr. Sie lehnte sich nach vorne, stützte die Ellbogen auf den Tisch und las das Dokument ein sechstes Mal durch:
Hallo Schatz.
Du kennst die Videos ja inzwischen auswendig. Ich weiß, wie oft du sie in letzter Zeit angeschaut hast.
Ich wollte dir nicht nachspionieren. Dass ich nachgeprüft habe, wie oft du dir welches Video angeschaut hast, war nur zu deinem Besten :-) Jetzt weiß ich genau, was ich als nächstes für dich tun kann :-)
Also, wenn du Lust hast, es mit deinen eigenen Gefühlen zu erleben, dann tu folgendes:
Geh am Freitag ab 14 Uhr ins Schloss. Schicke eine SMS an 555-1234 wenn du am Eingang bist. Das ist wichtig. Du musst sie auf jeden Fall noch draußen senden und dann wartest du 10 Minuten. Du kannst ja in der Zwischenzeit ein wenig durch den Park schlendern. Es gibt dort auch eine Fußgängerbrücke :-) Wenn du ins Schloss gehst, meldest du dich am Eingang, wo normalerweise der Eintritt kassiert wird. Freitags ist der Eintritt kostenlos. Tu was man dir dort sagt!
Und jetzt zum wichtigen Teil. Deinem Outfit. Du ziehst an: Nichts! ;-)
OK, das war ein Scherz. Also du ziehst an, was in der Kiste in der Vorratskammer liegt. Nur was in der Kiste liegt ist erlaubt, vorausgesetzt es passt. Wenn nicht, musst du improvisieren. Aber du darfst natürlich nichts hinzufügen. Nur Ersetzen.
Viel Spaß. Dir und mir und...:-)
Liebe Dich. Markus.
Bevor sie zum siebten Mal lesen würde, ging sie zur Vorratskammer. Dort lag tatsächlich ein Karton, der ihr gestern Abend nicht aufgefallen war. Oder hatte er den heute Morgen erst platziert? Als würde sie etwas Verbotenes tun, blickte sie über die Schultern um zu sehen, ob sie noch immer alleine war. Mit klopfendem Herzen hob sie den Deckel an. Geräuschvoll saugte sie die Luft ein, als sie den Inhalt erkannte. Sie setzte sich auf die Fersen und brachte die Teile ins Licht der langsam heller werdenden Energiesparlampe. Da waren ihre teuren schwarzen High-Heels mit den roten Sohlen, die sie eigentlich nur zu besonderen Anlässen trug. Sie standen am Rande. Daneben, fein säuberlich zusammengelegt, war eine schneeweiße Bluse mit einem kleinen Stehkragen und kurzen Ärmeln. Sie wirkte schon im zusammengelegten Zustand unglaublich dünn. Etwas Schwarzes schimmerte hindurch. Sie hob die Bluse aus dem Karton und hielt sie vor sich hin. Sie konnte hindurchschauen wie durch einen Fliegenvorhang. Die Lebensmittel in den Regalen hinter der Bluse, schimmerten diffus durch den Stoff. Sie war zugegeben schockiert. Was sie da in Händen hielt, überstieg ihre kühnsten Erwartungen. Erst auf den zweiten Blick, entdeckte sie ein weiteres Detail, das ihr zunächst verborgen geblieben war. Vom Kragen beginnend, fehlten die oberen Knöpfe. Die Knopflöcher waren da, aber die Knöpfe waren abgeschnitten. Mit Schrecken stellte sie fest, dass tatsächlich nur zwei Stück vorhanden waren. Und die waren weit unten. Sehr weit unten. Sie faltete die Bluse in der Luft und legte sie über die High-Heels. Das schwarze, das unter der Bluse hindurch gescheint hatte, entpuppte sich als klassischer, fast schon altmodisch anmutender Bleistiftrock. Er wirkte ungewöhnlich lang. Verglichen mit der Bluse, machte er einen beinahe langweilig biederen Eindruck.
Sie brauchte nicht genauer in den Karton zu schauen um zu wissen, dass er leer war. Zählte man die Schuhe mit, lagen die drei Kleidungsstücke die sie tragen sollte neben ihr. Strümpfe, Slip und BH fehlten. Natürlich. Wieder musste sie grinsen, während sie den Deckel auf den Karton stülpte und ihre drei Errungenschaften, von denen die Schuhe alte Bekannte waren, ins Wohnzimmer trug.
Draußen schien der Regen tatsächlich nachzulassen. Hoffnung, aber auch eine elektrisierende Unruhe keimte in ihr auf. Wenn der Regen aufhörte, würde sie zum Schloss fahren und sich der Aufgabe stellen.
Oder nicht? Ihr Blick wanderte zu den Kleidern, die sie tragen würde. »Du bist total bekloppt«, wiederholte sie den Ausruf von vorhin. Diesmal meinte sie sich selbst. Und schlüpfte aus Jeans, Shirt, BH und Slip.
Schon als sie den Rock über ihre Hüften zog, revidierte sie ihre Meinung, was den langweiligen Eindruck anbelangte. Das Material wirkte unglaublich fein und war so dehnbar, dass sich der Rock geradezu unverschämt eng um ihren Hintern schmiegte. Er reichte ihr bis auf die Mitte der Kniescheiben. Dort war er so eng, dass es nicht aussah, als würde man darin überhaupt laufen können, doch der Stoff dehnte sich so leicht, dass auch weite Schritte problemlos möglich waren. Der musste ein Vermögen gekostet haben.
Als nächstes schlüpfte sie in die Bluse. Hier gab es nichts zu revidieren. Die Bluse war am Körper so transparent wie im Licht der Vorratskammer. Ihre Brüste wackelten und schlenkerten darin herum, als würden sie heraus springen wollen. Die fehlenden Knöpfe gaben ihr den Rest. Bis etwa zum Brustbein klaffte die Bluse offen und schaffte es nicht, auch nur ansatzweise etwas zusammen zu halten, oder gar zu verdecken. Ihre Brustwarzen ließen sich gerade noch von der Knopfleiste überdecken. Die war jedoch so dünn wie der Rest des Stoffes und konnte ein durchscheinen nicht verhindern. Der Nippel rechts, bohrte sich tatsächlich durch ein Knopfloch.
Sie schnappte die High-Heels und ging barfuß ins Schlafzimmer. Bei den Schuhen würde sie die »Ersetzen«-Karte ziehen. Niemals würde sie die 800 Euro Designer Schuhe über die Kieswege des Karlsruher Schlossgartens schleifen. Auch nicht die etwas günstigeren Originale, die sie ins Büro anzog. Hier mussten die Plagiate vom Vietnamesen Markt in der Tschechei ausreichen. Den Unterschied würde niemand merken. Nur sie selbst. In den Plagiaten bekam sie Blasen. Aber besser Blasen an den Füßen, als zerkratzte Louboutins.
Sie betrachtete sich im Ganzkörperspiegel vor dem Schlafzimmerschrank. Bei dem Gedanken so nach draußen zu gehen, zitterten ihr vor Erregung die Knie. Ein Ziehen machte sich in ihrem Unterleib breit und am liebsten hätte sie den Rock hochgezogen, und sich den Kitzler gerieben. Die Vorstellung, andere – wildfremde – Personen würden sie so herumlaufen sehen, trieb ihr den Schweiß aus allen Poren. Vergessen war der Regen, die Nachricht, die Uhrzeit. Sie hockte sich auf die Kommode, spreizte geradezu vulgär die Beine und fuhr sich an den Innenseiten ihrer Schenkel über die zarte, glatte Haut. Sie wurde nicht nur dort zunehmend schwitziger. Ihre Finger glitten stockend. Fast schien es, als würde die Haut versuchen, sie von ihrem Ziel abzuhalten. Sie strich über ihre Schamlippen und berührte ihren Kitzler mit einem Fingernagel, was ein heftiges Zucken ihrer Schenkel auslöste.
Während sie mit den Fingerspitzen darüber glitt, spürte sie wie hart und erregt er war. Sie bereitete sich einen der schnellsten Orgasmen ihrer Masturbationsgeschichte. Nur ein paar zarte, kreisende Bewegungen hatten ausgereicht, um ihren Unterleib durchzuschütteln. Die Wellen, die ihren Ursprung direkt am Kitzler hatten, jagten durch ihren Körper, um an den Haarspitzen wieder auszutreten.
Es dauerte einige Sekunden, bis sie wieder zur Ruhe kam. Sie tauschte die teuren Schuhe gegen die Plagiate und stöckelte darin zurück ins Büro. Über den dicken Läufer im Flur ging sie auf den Zehenspitzen, um nicht in Rücklage zu geraten.
Am Computer war es 13:05 Uhr. Das Dokument war noch offen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Nummer unter der sie sich melden sollte, eine ihr unbekannte Nummer und nicht Markus‘ Handynummer war.
Sonst hätte er ja auch »schicke eine SMS an mich«, anstatt der Nummer schreiben können. Wer steckte hinter der Nummer und wie würde Markus darüber informiert werden, ob und wann sie kommen würde?
Sie vertraute darauf, dass das alles irgendwie zusammen hing. Markus würde irgendwo sein und sie beobachten. Dessen war sie absolut sicher. Deshalb machten sie das hier. Und nur deshalb spielte sie das Spiel so vollkommen ungeniert und zunehmend begeistert mit.
Sie notierte die Nummer und prägte sich noch einmal den genauen Wortlaut der Nachricht ein. Fast hätte sie sie ausgedruckt, aber das erschien ihr dann doch übertrieben. Soviel musste sie nicht beachten.
Nur halbnackt ans Schloss kommen und warten was passiert. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Die nervöse Unruhe, die nach dem Orgasmus kurz abgeklungen war, legte sich wieder über ihre Nerven.
Sie glaubte ihre Wangen würden glühen und fühlte sich bis unter die Haarspitzen erregt. Das zeigten nicht nur ihre Nippel, wie sie beim Blick an sich herab feststellen durfte. Wieder war der eine im Knopfloch verhakt und hielt als einziger die Bluse davon ab, sich selbständig zu machen. Aber würde das reichen?
Sie schüttelte erneut den Kopf während sie sich selbst im Spiegelbild des Monitors angrinste. Vermutlich nicht.
Um 13:40 Uhr stand sie am Eingang zum Schlossgarten. Der unsägliche Ausnahmezustand, den die Riesenbaustelle der neu entstehenden Straßenbahn tagtäglich in Karlsruhe auslöste, hatte sie heute nur wenig aufgehalten. Oder die Gedanken was passieren würde, hatten sie mit stoischer Ruhe einen Parkplatz suchen lassen. Sie dachte daran, dass sie an eine Regel der Aufgabe verstoßen musste, aber ihre Handtasche war nun mal zwingend notwendig und deshalb dachte sie nicht weiter darüber nach. Sie schnappte sie vom Beifahrersitz und verließ das Auto. Welcher Mann rechnete schon die Handtasche einer Frau zu den Kleidungsstücken. Die gehörte nun mal dazu. Außerdem gab es an ihrer Kleidung nicht eine einzige Möglichkeit den Autoschlüssel und das Handy zu verstauen.
Keine zwanzig Schritte zwischen ihr und dem Auto reichten aus, um ihr einen ersten Eindruck zu vermitteln, was sie erwarten würde. Sie fühlte sich nackt und schutzlos. Wie auf einem Präsentierteller. Mit Punktstrahlern angestrahlt. Die alle auf ihre Titten gerichtet waren. Schon der erste Parkende, der neben ihr am Automaten einen Parkschein zog, starrte ihr so unverhohlen auf den Ausschnitt, dass ihr schon wieder die Wangen zu glühen begannen. Einen Augenblick war sie versucht sich von ihm weg zu drehen, doch dann erinnerte sie sich an ihr Idol aus dem Video. Sie schluckte, nahm die Schultern zurück und streckte sich zu voller Größe. Blickte dem wildfremden Mann in die Augen und lächelte ihn mit ihrem unschuldigsten Lächeln an.
Das Ergebnis war dasselbe, der Mann blickte noch immer in ihren Ausschnitt. Hatte sie etwas anderes erwartet? Immerhin fühlte es sich gut an. Der Regen hatte aufgehört, die Straßen dampften ganz leicht. Es war noch immer sommerlich war, ohne die drückende Hitze der vergangenen Wochen. Der Regen hatte die Luft zusätzlich gereinigt. Während sie in die grüne Parklandschaft des Schlossgartens eintauchte, nahm sie einen tiefen Zug davon. Was sie tat fühlte sich gut an. Wenn sie nur wüsste ob Markus sie gerade beobachtete. Aber wie sollte er? Frühestens am Eingang würde sie mit ihm rechnen. Eher nach der SMS. Oder vielleicht würde derjenige, bei dem sie sich melden sollte, Markus informieren. War Markus sogar derjenige, der sie dort in Empfang nahm? Ihre Gedanken kreisten und machten sie schwindlig. Sie vertraute Markus. Er würde sie so nicht durch die Stadt laufen lassen, ohne in der Nähe zu sein. Oder war das Teil eines neuen Spiels?
Sie schüttelte die Gedanken ab und konzentrierte sich auf die Gegenwart. Die war aufregend genug. Das bestätigte garantiert auch der Spaziergänger, der ihr auf dem schmalen Kiesweg entgegen kam. Er führte zu dem Seitenausgang, durch den sie gerade getreten war. Tiefe, vom Regen übrig gebliebene Pfützen, engten den Weg an den Rändern ein und sorgten dafür, dass der Mann ihr, den tiefsten Wasserlöchern ausweichend, in Schlangenlinien entgegen kam. Sie würden sich an genau der Stelle treffen, an der es nur einen knapp zwei Meter langen und etwa dreißig Zentimeter breiten trockenen Streifen gab, der es unmöglich machte, mit trockenen Füßen aneinander vorbei zu laufen. Seine Augen flackerten nur einen kurzen Augenblick in ihr Gesicht, dann schien sich seine ganze Aufmerksamkeit wieder auf ihre schwingenden Brüste zu konzentrieren. Einen kurzen Moment war sie versucht, einen Arm vor ihre Brüste zu halten, doch es schien als hätte ihr Vorbild aus dem Video plötzlich eine Stimme, die ihr zuflüsterte: »Nein, du bist aus einem anderen Grund hier und du willst, dass er dich anschaut. Gib es zu. Du willst, dass er dort hin starrt und du willst dir vorstellen, wie sein Schwanz dabei hart wird und er sich vorstellt, mit den Händen danach zu greifen, deine Brüste zu berühren, obwohl es gegen jede moralische Regel verstoßen würde. Du würdest ihm auf die Finger schlagen und ihm in die Weichteile treten, wenn er es versuchen würde, aber du willst, dass er sich vorstellt, es zu tun.« Sie spürte schon wieder das Ziehen im Unterleib und wurde sich da erst bewusst, dass sie dort klatschnass war.
Sie blieb stehen, um dem Mann den Vortritt zu lassen, doch der gab mit einer höflichen, ausladenden Geste mit dem Arm zu verstehen, dass er seinerseits auf sie warten würde. In einer schier endlos dauernden Sekunde, in der keiner den ersten Schritt machte, standen sie beide still. Sie gab als erste nach und da war die Stimme wieder: »Lächeln, Sonja. Du läufst mit einer Bluse die total durchsichtig ist durch den Park. Deine Brüste sind zu sehen. Na und? Zeig ihm, dass du weißt, wohin er starrt. Lade ihn ein. Lade ihn ein, den Moment zu genießen. Gleich bist du an ihm vorbei und der Augenblick ist vorüber. Gib ihm das, weshalb du hier bist.« Und so schenkte Sonja auch dem Spaziergänger ihr unschuldigstes Lächeln und schritt mit zurück genommenen Schultern, aufrecht und stolz an ihm vorbei. Bereits das zweite und sie war noch nicht mal am Start der Aufgabe.
Am Eingang ins Schloss, in dem sich auch das Badische Landesmuseum befand, blieb sie stehen. Wie Markus ihr aufgetragen hatte, kramte sie den Zettel mit der Nummer aus der Handtasche und tippte eine SMS. Sie wusste nicht so recht, was sie schreiben sollte, ob sie erwähnen sollte, wo sie war und wer sie war, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass das alles nicht notwendig wäre. Markus musste das alles irgendwie arrangiert haben. Der Wortlaut in seiner Nachricht lautete: Schicke eine SMS wenn du am Eingang bist. Das klang, als würde der Empfänger wissen, von wem die SMS war und was sie bedeuten würde. Und so schrieb sie einfach nur drei Wörter: Bin da. Sonja.
Du musst es auf jeden Fall von draußen senden und dann wartest du zehn Minuten, hatte er geschrieben.
Unruhig blickte sie sich um. Würde in den nächsten zehn Minuten hier draußen etwas passieren, oder hatte die SMS nur die Maschinerie in Gang gesetzt? Wo war Markus? Sah er sie hier stehen, am Fuß der Treppe? Nervös strich sie den Rock glatt. Ihr Herz raste. Sie wünschte er wäre hier. Das würde sie beruhigen. Plötzlich fühlte sie sich alleine und verloren. Sie dachte daran ihn anzurufen. Zu fragen, wo er war. Warum er nicht hier bei ihr war. Was für einen Zweck die SMS an die unbekannte Nummer hatte und was passieren würde. Viel Spaß hatte er geschrieben. Dir und mir und... war da gestanden. Er war hier irgendwo. Es musste einfach so sein. Er würde auch seinen Spaß daran haben wollen. Sie hatte Angst ein Anruf oder eine Nachricht an ihn, würde seinen Plan durchkreuzen. Was auch immer er sich ausgedacht hatte. Und so stand sie einfach nur da und wartete auf ein Zeichen. Doch es meldete sich niemand. Sie starrte auf das Display ihres Handys.
Vor zwölf Minuten hatte sie die Nachricht geschickt und nichts war passiert.
Moment, wie war der genaue Wortlaut? Schicke eine SMS wenn du am Eingang bist. Das ist wichtig. Du musst es auf jeden Fall noch draußen senden und dann wartest du 10 Minuten. Du kannst ja in der Zwischenzeit ein wenig durch den Park schlendern. Wenn du ins Schloss gehst, meldest du dich am Eingang, wo normalerweise der Eintritt kassiert wird.
Hektisch, als hätte sie sich um Stunden verspätet, hetzte sie die Eingangstreppen hinauf. Hier draußen würde sie keine Nachricht erhalten. Sie sollte nur warten und danach zum Eingang gehen. Ich hätte mir das doch ausdrucken sollen, dachte sie genervt.
Die großen, dickwandigen Eingangstüren standen offen. Drinnen war es hell und angenehm kühl.
Am Eingang traf sie auf einen verwaisten Ticketschalter. Natürlich. Freitags war der Eintritt frei. Sie schaute sich in der Halle um. Links und rechts davon führten breite, schier endlos lange Treppen in die Belletage. Oben auf der Galerie von der aus man die Eingangshalle überblicken konnte, glaubte sie einen kurzen Augenblick jemanden hinter einer breiten Säule erkannt zu haben, der dahinter hervor gelugt hatte und sich sofort wieder versteckt hatte. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. War der Markus gewesen?
Von der Seite näherte sich ein Mann in dunkelblauer Uniform. Er stellte sich nicht vor, sondern trat nur nahe an sie heran. Reichte ihr wortlos einen Flyer, der so aufgeschlagen war, dass der Übersichtsplan mit den Gängen, den Sälen und den Zimmern zu erkennen war. Wie auf einer Schatzkarte war an einer Stelle ein X eingezeichnet. Die Stelle befand sich irgendwo im ersten Stockwerk, auf den ersten Blick ziemlich am anderen Ende ihres jetzigen Standorts. Der Mann grinste sie vielsagend an. Wie jemand der eingeweiht war und eine Aufgabe zu erfüllen hatte. »Sie sollen ins kleine Dienstzimmer im Ostflügel kommen«, waren seine einzigen Worte. Dann drehte er sich um und verschwand hinter einer unscheinbaren Tür, auf der Security stand.
Ihr Blick wanderte wieder durch den Saal. Vereinzelt liefen Personen über die Treppen. Die meisten nach oben. Nur ein einziger nach unten. Oben auf der Galerie, war niemand mehr hinter der Säule zu erkennen.
Sie studierte den Plan und versuchte sich den Weg dorthin einzuprägen. Sie entschied sich die Seite der Treppe zu nehmen, auf der nur der einzelne Mann nach unten kam. Auf der anderen Seite war deutlich mehr Betrieb. Schon nach den ersten Stufen, war sie sich ob der Klugheit der Entscheidung nicht mehr so sicher, denn die nach oben gehenden Personen, hätten ihre wild in der Bluse hüpfenden Brüste nicht bemerkt. Der nach unten laufende Mann, hatte von oben herab jedoch eine grandiose Aussicht. Auf seinem Gesicht war deutlich abzulesen, dass er diese Aussicht – nach anfänglicher Überraschung – in vollen Zügen genoss. Dafür würde er mit dem dritten, unschuldigen Lächeln in weniger als 20 Minuten belohnt.
Oben angekommen wandte sie sich nach links. Ging ein paar Schritte und drehte sich dann ruckartig um die eigene Achse. Hinter der Säule war niemand. Entweder sie hatte sich getäuscht, oder derjenige war verschwunden. Ihr Weg führte nach links in eine lange, schier endlos wirkende Galerie, die sich an der Außenmauer entlang, über den kompletten Flügel strecken musste. Er schien mindestens einhundert Meter lang und war Teil einer Ausstellung des Landesmuseums. Überall waren Menschen. Sie standen an den Seiten und betrachteten Gemälde, die in unterschiedlichen Größen, in regelmäßigen Abständen der Wand entlang aufgebaut waren. In Glasvitrinen ausgestellt. Andere standen vor den Fenstern, blickten nach draußen, oder liefen von einem Bild zum nächsten. Eine kleine Gruppe kam ihr unmittelbar entgegen. Sie postierten sich vor einer großen Infotafel. Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen, dass der Flügel die Ausstellung eines holländischen Expressionisten zeigte, dessen Namen sie noch nie zuvor gehört hatte und den sie nicht hätte aussprechen können, ohne ihre Zunge zu verknoten.
Schon nach wenigen Schritten fühlte sie sich wie der Mittelpunkt der Galerie. Ihre Schuhe knallten bei jedem Schritt auf den Parkettboden und jeder einzelne davon schien eine weitere Person zu veranlassen, sich nach ihr umzudrehen. Nach einer Handvoll dieser unfassbar lauten Schritte, hatte sie das Gefühl, jeder starre sie an. Unwillkürlich verlangsamte sie ihre Schritte, versuchte das Gewicht beim Laufen mehr auf die Fußzehen zu verlagern denn auf die Absätze, doch das schien nicht zu helfen. Außerdem wirkte ihr Gang dadurch so hölzern und unbeholfen, als hätte sie zum ersten Mal in ihrem Leben hohe Schuhe an.
Es war als wäre sie die einzige Person im ganzen Raum, die Geräusche verursachte. Als wären es nur ihre High-Heels die auf den Parkettboden klackerten, nur ihr Rock der auf der Haut raschelte, nur ihre Atmung die alle im Raum hören konnten. Das Gefühl war so befremdlich, dass sie einen Augenblick stehen blieb, sich nicht bewegte und sogar die Luft anhielt. Gott sei Dank – da waren auch andere Geräusche. Irgendwo hustete jemand lautstark. Irgendwo hinter ihr gängelte ein kleiner Junge, der wohl viel lieber gegen einen Ball treten würde, als sich impressionistische Bilder eines holländischen Malers ansehen zu müssen.
Weiter vorne gab der Gehstock einer älteren Dame, quietschende Geräusche auf den Holzplatten ab.
Da waren Menschen die die Bilder betrachteten, oder in Broschüren blätterten. Sie schätzte, dass sich in dem langen Gang etwa 30 Personen aufhielten. Nicht alle davon starrten sie an, wie sie mit wohltuender Erleichterung feststellte. An ein paar davon würde sie unbemerkt vorbeikommen. Sie ging weiter. Schritt für Schritt. Und obwohl sie sich das Ende des Flurs entgegen sehnte, erfüllte sie gleichzeitig wieder diese elektrisierende Erregung, etwas total Verrücktes zu tun. Etwas das ihr trotz aller Skrupel doch ungeheuren Spaß bereitete. Es war als wären die ersten Schritte ein kleiner Dämpfer gewesen, doch am Ende siegte wieder ihre Lust auf das was sie hier tat. Sie genoss die Blicke und das Tuscheln. Die vielen diskreten Rempler mit denen Nachbarn angestoßen wurden, ihre Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Hier ein »guck mal die an«, dort ein »die spinnt doch, so rumzulaufen.« Aber auch viele offene Münder, viele starrende Augen und viele Blicke von Männern (und Frauen) denen gefiel, was sie sahen.
Am Ende hatte sie die Schultern wieder zurück genommen, den Rücken durchgestreckt und war in voller Größe mit nach vorne gerichtetem Blick auf den Durchgang zum Ostflügel zu geschritten. Wohlwissend, dass der ein oder andere Blick ihr auf dem Rücken brannte.
Sie hatte aufgehört zu zählen, wie viele unschuldige Lächler sie alleine auf diesem Flur zu ihrem Konto hinzufügen konnte.
Mit einem solchen Lächeln auf den Lippen, schritt sie geradewegs auf einen weiteren Mann, in derselben Uniform wie der aus der Eingangshalle zu. Dessen Miene war allerdings weniger freundlich als bei seinem Kollegen.
»Dürfte ich Sie einen Augenblick sprechen?«, bat er höflich, aber in einer Tonlage, die keine Widerrede duldete. Sonja folgte ihm zwar irritiert, aber ohne Zögern. Sie hielt ihn für Teil des Plans, genau wie den Kollegen. Dass sie keinen blassen Schimmer von diesem Plan hatte, nagte allerdings langsam an ihren Nerven. Wenn Markus in den nächsten Minuten nicht irgendwo auftauchen würde, würde sie sich in eine Ecke verziehen und ihn anrufen und sich keinen Meter weiter bewegen, bis er vor ihr stand.
Der uniformierte Mann, der sie in eine Nische hinter einer der vielen Säulen zog, hatte allerdings andere Pläne. »Ich muss sie bitten das Gebäude auf der Stelle zu verlassen«, sagte er in herablassendem Ton.
Dabei schaute er ihr ins Gesicht. Konzentriert und Wachsam. Sonja beschlich ein ungutes Gefühl.
»Warum das?«, fragte sie leise. Ihre Stimme klang seltsam belegt. Sie räusperte sich verlegen.
Der Uniformierte sah sie mit einer Mischung aus Mitleid und Abneigung an. Dabei würdigte er ihrer Bluse und ihren Brüsten keinen Blick. »Ihre Aufmachung entspricht nicht unseren Richtlinien.« Dabei sprach er Aufmachung aus, als wäre es ein Stück Dreck. »Bitte folgen Sie mir und machen Sie mir keine Probleme.«
»Sonst was?«, schoss Sonja reflexartig zurück und fühlte sich sofort in die Enge gedrängt. Der Uniformierte ging nicht darauf ein, sondern warf ihr nur wieder diesen mitleidigen, leicht genervten Blick zu und deutete mit einer Handbewegung an, ihm zu folgen.
Das lief alles irgendwie nicht wie geplant, dachte Sonja. Wo zum Teufel war Markus und was dachte er sich dabei sich sowas auszudenken. Nein, was dachte sie sich dabei, bei sowas mitzumachen. Sie spürte wie Ärger und Wut in ihr aufkeimten und war sich nicht sicher, auf wen sie wütender wurde. Auf diesen aufgeblasenen Wichtigtuer in Amateuruniform, auf Markus, oder sich selbst?
Sie folgte ihm widerstrebend. Eine Szene zu machen lohnte sich nicht, wie sie sofort entschied. Sie würde ihm einfach folgen und darauf hoffen, dass die Sache sich damit erledigen würde. Dann würde sie ins Auto steigen und nach Hause fahren. Und dann irgendwo dazwischen würde sie endlich ihren verschollenen Ehemann aufspüren und ihm gehörig die Meinung sagen.
Er führte sie leicht am Ellbogen, als warte er nur darauf, dass sie wegrennen würde. Sie entzog sich ihm trotzig. »Ich kann schon selbst gehen.« Er antwortete nicht, sondern ging nur einfach weiter stumm neben ihr her. Sie gingen nicht denselben Weg zurück. Vermutlich zu einem Seitenausgang, dachte Sonja. Damit ich schneller aus dem Gebäude befördert werden kann, sinnierte sie bitter. Was würde dort wohl passieren? Würde er ihr einen Tritt in den Hintern verpassen und ihr ein lebenslanges Hausverbot nachrufen? Würde dort ein Vorgesetzter warten? Oder gar schlimmeres? Eine Anzeige? Polizei?
Sie bogen in einen schmaleren Gang ein, über dem ein Notausgang Schild hing. Es wirkte inmitten der barocken Anmut des Schlosses völlig deplatziert. Nach nur wenigen Schritten blieben sie an einer weiteren Abzweigung stehen. Zum Notausgang ging es weiter geradeaus, aber der Mann deutete auf eine Tür, stellte sich davor um sie aufzuschließen und deutete in einen schmalen Gang, an dessen Ende eine weitere Tür war. Sie war nur angelehnt. Sonja konnte einen altmodischen Tisch und einen Stuhl darin erkennen. »Hier entlang bitte.« Er deutete auf die Tür. Sie sah ihn einen Augenblick irritiert an, überlegte ob sie betteln sollte. Etwas sagen, was in Filmen an dieser Stelle gesagt werden würde.
Etwas wie »Bitte, wir können das doch auch irgendwie anders regeln«, oder »Ich tue alles was sie sagen, aber bitte ersparen sie mir eine Anzeige.« Doch sie verkniff sich jeden Kommentar, und versuchte in Würde von dem Mann loszukommen. Sie betrat den Raum, indem sie die Tür aufstieß. Sie quietschte leicht in den antiquierten Angeln. Ratlos blieb sie in der Tür stehen. Dies war kein Büro, kein Sicherheitsraum, nichts Offizielles einer Behörde. Der Raum war nicht mal möbliert. Von dem barocken Tisch und den beiden Stühlen abgesehen, war es einfach nur eine größere Kammer ohne Fenster. Sie war eher karg als pompös. Nur die hohe, stuckverzierte Decke erinnerte daran, in welcher Umgebung sich die Kammer befand. Von diesen mochte es in dem vom Krieg fast völlig zerstörten, und nicht wieder originalgetreu aufgebauten Schloss, unzählige geben.
Sie blickte über die Schulter, doch der Mann der sie hier her geführt hatte war verschwunden. Was ging hier vor? Ein Rascheln von Stoff lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder in den Raum und erst jetzt bemerkte sie in ihrer Aufregung, dass in dem dick gepolsterten Sessel mit der hohen Lehne und den dicken Armauflagen eine Person saß, die sich soeben aufgerichtet hatte. Sie konnte gerade eben noch den Haarschopf hinter der Rückenlehne erkennen. Er kam ihr seltsam bekannt vor. Aber erst als die Person aufstand und sie den Hinterkopf, den Nacken und den oberen Rücken sah erkannte sie ihn. Markus.
Er drehte sich um und grinste wie ein Junge, dessen Lausbubenstreich gerade so perfekt geklappt hatte, wie er ihn sich seit Wochen in seiner Phantasie ausgemalt hatte. Sein Grinsen gefror, als er Sonjas Gesichtsausdruck erkannte. Sofort hob er abwehrend beide Hände und rief beschwichtigend aus:
»Keine Angst, Schatz. Alles ist in Ordnung. Das war alles genau so geplant.« Er ging um den Stuhl herum und trat auf sie zu. Ihre Miene änderte sich nicht. Seine dafür umso deutlicher. Aus dem breiten Grinsen wurde ein demütiges, verlegenes Lachen. »Tut mir Leid, habe ich dich erschreckt? Das Ganze war nur Spaß.« Er trat um sie herum, als fürchte er sie zu berühren und schloss leise die Tür.
»Bis zu dem Typen eben stimme ich dir zu«, sagte sie betont ruhig. »Bis dahin war es ein Spaß.« Sie drehte sich zu ihm um. »Du warst nicht da, ich wusste nicht was du vor hast und was passiert, aber ja – bis hier hin hat es Spaß gemacht.« Sie sah ihm tief in die Augen. »Aber der Typ eben, hat mir Angst gemacht.«
Erst jetzt atmete sie hörbar aus und ihre Haltung entspannte sich ein wenig.
»Tut mir leid«, sagte Markus und seine Stimme klang ehrlich besorgt. »Das war ein kleiner Extra Spaß, der nicht nötig gewesen wäre. Ich wollte dich nicht erschrecken. Nur hier her bringen lassen.«
»Du hättest doch einfach das X hier in diesen Raum malen können.« Sie wedelte mit dem Plan, worauf Markus geheimnisvoll mit dem Kopf schüttelte. Sonja dämmerte der Grund. Sie erinnerte sich an die verschlossene Tür, die der Uniformierte zuvor aufgeschlossen hatte.
Ohne fremde Hilfe wäre sie vermutlich nicht hier rein gelangt.
Erst jetzt realisierte sie, dass der Mann der sie abgeführt hatte, zum Spiel gehört hatte und hier keine Bedrohung lauerte. Hier stand ihr Ehemann, den sie sich schon seit dem Schlossgarten herbeigesehnt hatte und den sie jetzt in die Arme schloss. »Du bist total bekloppt«, warf sie ihm vor, aber ihre Augen sagten etwas anderes. Markus küsste sie innig und minutenlang. Die Spannung fiel vollends von ihr ab und sie ließ sich an seinen Körper sinken.
»Warum das alles?« fragte sie nach einer Weile. »Du hattest doch nichts davon, oder hast du mich beobachtet?« Sie befreite sich aus seinen Armen. »Warst du hinter der Säule über dem Eingang?«
Markus schüttelte den Kopf. Seine Mundwinkel umspielte ein wissendes Lächeln.
»Ich war nicht hinter dir«, erklärte er und begann amüsiert zu grinsen. »Ich war über dir. Die ganze Zeit.«
Sonja sah in fragend an. Sie verstand überhaupt nichts. Markus trat um sie herum, rutschte auf den Sessel und zog sie hinter sich her auf seinen Schoß. Ihre Beine hingen über die hohe Armlehne, ihre Kniekehlen auf dem Polster. Die schwarzen High-Heels baumelten in der Luft.

Um weiterlesen zu können, musst Du Dich einloggen. | ||
Passwort vergessen? |
Anmeldung und Nutzung sind kostenlos. Um die angezeigte Geschichte weiterlesen zu können, ist kein Altersnachweis notwendig, da es sich um eine erotische Geschichte handelt (nicht pornografisch!). Die Anmeldung dauert keine zwei Minuten.
Kommentare
Kommentare: 69
Kommentare: 21
Kommentare: 53
Ich hoffe Sonja will noch viele Fans und auch ohne Rock sich in der Öffentlichkeit zeigen...«
Kommentare: 29
Sich zeigen.«