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Kommentare: 5 | Lesungen: 4847 | Bewertung: 9.02 | Kategorie: BDSM | veröffentlicht: 03.06.2004

Dunkle Wolken über Landor (5 - Paladin)

von

Episode 5 – Paladin

Eine waghalsige Idee

„Wir können Manitien zwar nicht in einem offenen Krieg besiegen“, meinte Haytar lächelnd zu Lucius, „aber in den zurückliegenden Kämpfen haben sich einige Leute so durch ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten hervorgetan, daß ich für diese eine reale Chance sehe, nach Manitien einzudringen und Sithar direkt anzugreifen. Und ohne Sithars Magie ist Manitien unserer Armee nicht gewachsen.“ „Mir ist zwar klar, von wem du redest“, antwortete Lucius nachdenklich, „aber was sollen wir gegen einen Magier der 6. Stufe ausrichten können?“ „Das ist ja gerade der entscheidende Punkt. Erfolgversprechend gegen einen Magier der sechsten Stufe könnte nur ein Magier der achten Stufe vorgehen. Es gibt allerdings nur sieben Stufen. Auf magischer Ebene können wir gegen Sithar gar nichts ausrichten. Militärisch sieht es so ähnlich aus. Die Armee von Kartun ist nur wenig stärker als die von Manitien. Und auf dem eigenen Gebiet haben die jeweiligen Armeen klare Vorteile. Ein kleiner, vorsichtig agierender Trupp von Elitekämpfern könnte dagegen unbemerkt in seine Nähe kommen.“ „Und was soll dieser Trupp dann machen, wenn er in die Nähe Sithars gelangt ist? Ich nehme nicht an, daß Sithar so leichtsinnig ist, abends ohne Schutzmaßnahmen durch den Wald zu wandern.“ Haytar grinste. „Nein, diesen Gefallen wird er uns sicher nicht tun. Für die Planung der Details wäre es ohnehin sinnvoll, wenn ihr alle nach Karatun gehen würdet. Dort lassen sich solche Vorhaben viel besser geheimhalten. Und außerdem gibt es dort auch sehr viel Informationen über Manitien. Denn um unbemerkt nach Endorin kommen zu können, braucht ihr mehr als nur eine Wegbeschreibung.“ „Endorin ist doch die Hauptstadt von Manitien“, merkte Lucius an, „Aber wird Sithar sich denn dort aufhalten?“ „Er hat in der Nähe der Hauptstadt sein Domizil, wird aber häufig von König Kronos in dessen Palast gerufen. Auch dort stehen ihm eigene Räume zur Verfügung.“ Nach einer Pause fügte Haytar noch kopfschüttelnd hinzu: „Er soll dort sogar einen eigenen Folterkeller haben.“ „Mir ist noch etwas nicht klar“, wand Lucius ein. „Selbst wenn wir Sithar unschädlich machen könnten, was wäre denn damit gewonnen? Die manitische Armee wird dadurch doch nicht schwächer.“ „Das nicht“, antwortete Haytar, „aber ohne Sithar hat sie nicht mehr den genialen Strategen, der jeden taktischen oder strategischen Schachzug sofort durchschaut. Wenn Kronos seine Armee ohne Sithars Hilfe kommandiert, können wir es wahrscheinlich sogar schaffen, sie soweit in die Enge zu treiben, daß sie ohne großes Blutvergießen aufgeben muß.“

Eric war begeistert von der Idee, seine Fähigkeiten erneut unter Beweis stellen zu können. Er wollte am liebsten gleich nach Endorin aufbrechen. „Zuerst müssen wir einmal nach Karatun“, erklärte ihm Lucius. „Wir wollen ja so unauffällig wie möglich nach Endorin gelangen. Dazu brauchen wir so viel Informationen über Manitien, wie wir nur bekommen können. Außerdem brauchen wir auch noch einen einigermaßen realistischen Plan, wie wir mit Sithar fertig werden, wenn wir erst einmal in seine Nähe gelangt sind.“ Lucius machte Eric noch einmal eindringlich klar, daß die ganze Angelegenheit streng geheim war und es auch bleiben mußte. Katharina war von der Idee deutlich weniger angetan. „Kann ich wenigstens mitkommen? Vielleicht kann ich ja helfen, wenn jemand verletzt wird. Ich würde mir die ganze Zeit Sorgen machen, wenn ich hier auf dich warten müßte.“ Lucius nahm sie in den Arm. „Bis Karatun, der Hauptstadt von Kartun, kannst du auf jeden Fall mitkommen. Und wenn wir wissen, womit wir in Manitien rechnen müssen, schauen wir weiter.“ Melissa wurde von Haytar informiert. Er teilte ihr auch mit, daß Königin Stephania sich von ihr direkt über die bisherigen Geschehnisse informieren lassen wollte. Melissa war gar nicht begeistert. Sie würde sich dazu von Darius trennen müssen, zumal dieser die Aufgabe bekommen hatte, in Felsfried persönlich Bericht zu erstatten. Sie würde ihm nicht einmal etwas von dem Vorhaben verraten dürfen. Aber im Gegensatz zu den anderen gehörte sie zur Armee Kartuns und hatte daher zu gehorchen.

Einen Tag später brach Darius nach Felsfried auf. Und tags darauf machte sich die kleine Gruppe, bestehend aus Lucius, Katharina, Eric und Melissa, auf die Reise nach Karatun. Lucius hatte seine Dämonenrüstung in der Höhle bei Fendrich gelassen. Mit ihr konnte er weder unauffällig nach Karatun, noch nach Endorin gelangen. Seine wichtigsten Waffen hatte er – wie auch Eric – natürlich mitgenommen. Sie ritten einen Umweg, damit sie nicht zu nahe an Manitien vorbeikamen. Schließlich sollte ihre Mission unter allen Umständen geheim bleiben. Die Reise verlief unspektakulär und zwei Wochen später erreichten sie die Hauptstadt von Kartun. Es war ein beeindruckendes Bild, daß sich ihnen bot, als sie auf Karatun zuritten. Die Außenmauern der Hauptstadt schienen sich endlos zu beiden Seiten des großen Tors hinzuziehen. Das Tor selbst war so breit und hoch, daß drei Kriegselefanten problemlos gleichzeitig hätten hindurchreiten können. Die Wachen waren aufmerksam, ließen sie aber problemlos hindurch. Ein Wachsoldat schien sie besonders aufmerksam zu mustern, wandte sich dann aber wieder seinen Pflichten zu. Melissa ritt voran, da sie sich ja in Karatun auskannte. Die Straßen und Gassen waren ungewöhnlich sauber für eine so große Stadt. Und die Häuser waren in fröhlichen Farben bemalt. Eric, der sich noch an die bedrückten Menschen erinnerte, die ihm und Melissa beim Ritt durch Falibor begegnet waren, fiel die entspannte Geschäftigkeit der Bewohner auf. Es herrschte eine angenehme Atmosphäre in dieser Stadt. Melissa führte sie geradewegs auf eine große Burg zu, die sich über der Stadt erhob. Die Spitzen der weißen Türme glänzten golden. Und auch die Zinnen der Burgmauer schienen vergoldet zu sein. Sie näherten sich einem weiteren Tor, das nicht ganz so groß war, wie das Stadttor. Allerdings war es geschlossen. Als sie es erreichten, wurde eine kleinere Tür darin geöffnet, die gerade groß genug war, um einen Reiter und sein Pferd durchzulassen. Auf der anderen Seite des Tores warteten zehn Soldaten zu Pferde, die den kleinen Trupp in die Mitte nahmen. „Wir haben den Auftrag, euch zum Gästehaus zu geleiten“, sagte ihnen einer der Soldaten. „Und Melissa“, wandte er sich an die Amazone, „du wirst sofort zum Rapport erwartet.“ Sie verabschiedete sich von den anderen und ritt zu einem besonders großen Gebäude, dem Palast der Königin. Ihr Pferd wurde dort in Empfang genommen und sie verschwand im Innern. Eric fühlte sich etwas an seine Ankunft in Falibor erinnert. Auch dort hatte man sie zu einem Gästehaus geführt. Allerdings hatte er hier nicht das Gefühl, in eine Falle gelockt zu werden. Lucius und Katharina bekamen ein geräumiges Zimmer zugewiesen, Eric ein anderes. „Wird Melissa auch hier wohnen?“, wollte Eric wissen. „Nein“, antwortete der Soldat, der ihnen ihre Zimmer gezeigt hatte. „Sie hat hier ein eigenes Quartier. Schließlich ist sie ja hier zuhause.“ Nach einer kleinen Pause fügte er noch hinzu: „Ruht euch erst einmal aus. Nachher wird jemand kommen und euch zum Essen abholen.“

Melissa wurde direkt zu Königin Stephania geführt, die sich in allen Einzelheiten die Ereignisse der letzten Wochen schildern ließ. Als Melissa kurz ihre Gefangenschaft in Falibor und die Befreiung durch Eric schilderte, hakte Stephania nach. „Du hast mir gerade etwas verschwiegen“, sagte sie ohne jeden Vorwurf in der Stimme. Und Melissa wurde wieder einmal deutlich, daß ihre Königin auch eine mächtige Magierin war. Diese konnte zwar nicht ihre Gedanken lesen, spürte aber sofort, wenn man sie belog oder ihr etwas verheimlichte. Und Melissa hatte gerade versucht, ihr ein Detail ihrer Rettung zu unterschlagen, nämlich, daß sie gespürt hatte, wie Eric nur mühsam der Versuchung widerstanden hatte, ihre damals hilflose Situation auszunutzen. Allerdings hatte er dieser Versuchung widerstanden, und Melissa wollte ihn nicht in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihrer Königin von diesem – eigentlich unbedeutendem – Vorfall zu erzählen. Stephania schmunzelte kurz, hörte dann aber weiter mit großer Aufmerksamkeit zu, was Melissa noch zu berichten hatte. Schließlich gab sie Melissa noch einige Anweisungen und entließ sie dann, damit diese sich von der Reise erholen und mit ihren neuen Gefährten gemeinsam zu Abend essen sollte. Melissa war es dann auch, die ihre Freunde abholte und mit ihnen gemeinsam in einer kleinen Wirtschaft auf dem Gelände der Burg aß. „Morgen werden wir gemeinsam mit der Oberbefehlshaberin der Armee beraten, wie unsere Mission weitergehen kann“, teilte sie den anderen mit. „Sind eigentlich alle wichtigen Positionen hier mit Frauen besetzt?“, wollte Eric wissen. „Königin, Oberbefehlshaberin der Armee, ...?“ Melissa lächelte. „Nein“, meinte sie. „Mit Haytar habt ihr ja schon einen der Befehlshaber kennengelernt, der es bestimmt nicht gerne hören würde, wenn ihr ihn als Frau bezeichnen würdet. Tatsächlich sind die meisten Posten mit den Leuten besetzt, die dort die beste Arbeit leisten – egal ob es Männer oder Frauen sind. Und die Oberbefehlshaberin ist sehr erfahren und hat einen außergewöhnlich scharfen Verstand.“ Unwillkürlich stellte Eric sich dabei eine zynische, alte Frau mit stechendem Blick vor. Besondere Freude hatte er nicht an der Vorstellung, ihr morgen zu begegnen.

Pläne in Plänen

Der Bote, der König Kronos die Nachricht von dem Scheitern der Invasion in Landor berichtete, war hochgradig verängstigt. Man sah ihm deutlich an, daß er fürchtete, der Zorn des Königs könnte sich auf ihm entladen. Tatsächlich war die Wut des Königs kaum zu übersehen. Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen und seine Hände griffen unaufhörlich in die Luft und schienen irgend etwas zu zerquetschen. Alle Teile des Plans waren gescheitert. Die Fürstentümer hatten sich mit Kartun verbündet. Alle manitischen Truppen in Landor waren vernichtet oder vertrieben worden. Und die Wälder von Landor standen noch immer. Der König setzte zu dem gefürchteten Befehl an, den Boten zu enthaupten, als Sithar, der die Nachrichten mit unbewegter Miene zur Kenntnis genommen hatte, ihm die Hand auf die Schulter legte. Kronos verstummte. Er haßte es, wenn Sithar mit dieser vermeintlich freundlichen Geste eine Belehrung einleitete. Allerdings war der Magier viel zu mächtig, als daß Kronos sich mit ihm auf einen Machtkampf einlassen würde. Manchmal fragte er sich, wer eigentlich der wirkliche Machthaber in Manitien war. Unwirsch drehte er sich zu seinem Ratgeber um. „Was gibt es?“, preßte er nur mühsam beherrscht durch die Lippen. „Verehrter König“, begann Sithar mit einem leicht spöttisch angehauchten Lächeln und so geringer Lautstärke, daß nur Kronos es hören konnte, „wenn Ihr den Überbringer schlechter Nachrichten tötet, wird sich bald niemand mehr finden, der Euch die Wahrheit mitteilt. Tötet jemand anderen, wenn Ihr ein Ventil für Eure Wut braucht. Oder tötet den Boten später aus einem anderen Grund.“ Verärgert winkte der König den Boten aus seinen Augen. Und dieser beeilte sich, den Thronsaal schleunigst zu verlassen. Endorin, die Hauptstadt von Manitien, wurde ein zusehends heißeres Pflaster.

Einige Zeit später waren nur noch Kronos und Sithar im Thronsaal. „Dein ganzer Plan hat überhaupt nichts gebracht“, wandte sich Kronos an Sithar, als es keine Zeugen mehr gab. „Ich habe Truppen und Magier verloren. Und das alles ohne den geringsten Erfolg.“ Sithar warf ihm einen warnenden Blick zu, bei dem es dem König eiskalt den Rücken herunterlief. Dann antwortete er mit einem tückischen Lächeln: „Es hat sogar sehr viel gebracht. Mindestens ein Viertel der Armee Kartuns ist jetzt in Landor, um die lächerlichen Fürstentümer zu schützen. Das bedeutet, daß die Verteidigung Kartuns jetzt stark geschwächt ist. Außerdem bezweifle ich, daß sie den Sinn des Planes verstanden haben. Wir können demnächst direkt gegen Kartun vorgehen. Und wenn sie dann ihre Truppen aus Landor abziehen, um den in Kartun verbliebenen zu Hilfe zu kommen, bleibt uns immer noch die Möglichkeit, die Wälder Landors abzuholzen.“ „Wo du gerade vom Abholzen sprichst: Warum hast du die Wälder eigentlich nicht einfach mit einem magischen Feuerregen in Flammen aufgehen lassen?“, wollte Kronos wissen. Es ärgerte ihn, daß Sithar so tat, als wäre das Desaster in Landor Teil seines Plans. Sithar musterte ihn wie ein leicht zurückgebliebenes Kind. „Weil die meisten Wälder Landors von Nymphen oder Waldschraten bewohnt sind. Magisches Feuer gegen ihre Wälder können sie einfach wirkungslos machen.“ Kronos wollte sich noch nicht geschlagen geben. „Wie willst du Kartun denn jetzt angreifen? Auch mit nur dreiviertel ihrer Truppen ist es für einen direkten Angriff noch zu stark“, wandte der König jetzt deutlich vorsichtiger ein. „Die Truppenstärke alleine ist nicht entscheidend. Ich habe bereits etwas eingeleitet, daß die Kampfkraft Kartuns beträchtlich schwächen wird. Allerdings braucht das noch einige Zeit. Und die Sache muß unter allen Umständen geheim bleiben, wenn sie funktionieren soll.“ Kronos schaute ihn erwartungsvoll an. Aber Sithar machte keine Anstalten, ihm von dem Plan zu erzählen. Schließlich wandte sich Kronos verärgert ab und ging in seine Gemächer. Sithar begab sich ebenfalls nachdenklich durch die weitläufigen Flure zu seinen Räume. Er mußte mehr Details darüber erfahren, woran sein ursprünglicher Plan gescheitert war. Denn die Entwicklung sah bei weitem nicht so positiv aus, wie er es eben dem König geschildert hatte. Aber zumindest gab der Blutzoll, den die Angriffe unter den königstreuen Magiern gefordert hatten, ihm die Möglichkeit, diese Positionen mit Leuten seines Vertrauens zu besetzen. Eines Tages würde er sich dieses Stümpers von einem König entledigen können. Aber vorläufig brauchte er Kronos noch als Galionsfigur. Außerdem würde er einen hervorragenden Sündenbock abgeben, falls die Pläne gegen Kartun wirklich schief gehen sollten. Allerdings würde er auf der Hut sein müssen. Denn bei aller Beschränktheit dieses Königs hatte der doch einen ausgeprägten Instinkt für Macht und Intrigen.

Zunächst aber wollte sich Sithar mit seiner neuesten Sklavin vergnügen – wobei er auch hierbei einen tückischen Alternativplan verfolgte. Aber das hatte noch etwas Zeit. In diesem Fall kam erst das Vergnügen und später die Pflicht. Seine Laune besserte sich mit jedem Schritt. Die Gründe für das Desaster in Landor konnte er auch später noch ergründen. Als er seine Räumlichkeiten erreichte, wies er seinen persönlichen Diener an, die neue Sklavin kommen zu lassen. Soweit er es gehört hatte, war sie noch ziemlich störrisch. Genau darauf spekulierte er auch. Denn eine unterwürfige Sklavin war für ihn keine Herausforderung. Wenn er sie soweit hatte, daß sie ihm bedingungslos und augenblicklich gehorchte, wurde sie für ihn langweilig. Mit dieser hatte er allerdings noch weitergehende Pläne. Während er noch darüber nachdachte, wurde die Sklavin bereits hereingeführt. Ihre Hände und Füße waren mit kurzen Ketten verbunden, die in Eisenschellen endeten. Auch am Hals hatte sie so eine Eisenschelle, die mit einer Kette verbunden war. Das andere Ende dieser Kette hielt ein Soldat, der sie daran in Sithars Zimmer geführt hatte. Außer den Eisenfesseln war sie nackt. Ihrem Gesichtsausdruck nach hätte sie allerdings auch in eine königliche Robe gekleidet sein können. Sie betrachtete die Soldaten und auch Sithar mit offenkundiger Verachtung. Als sie vor Sithar stehen bleiben mußte, schaute sie ihn langsam von unten nach oben an und verzog angewidert ihr Gesicht. „Kein Wunder, daß man dir die Frauen nur angekettet bringt“, schleuderte sie ihm mit triefender Verachtung entgegen.

Sithar ging langsam auf sie zu. Dann holte er blitzschnell aus und gab ihr eine heftige Ohrfeige, die ihr die Tränen ins Gesicht trieb. Ungeachtet ihrer Schmerzen fuhr sie mit ruhiger Stimme fort: „Brauchst du das, um in Stimmung zu kommen?“ Das gefährliche Blitzen in Sithars Augen ignorierte sie völlig. „Du willst dich doch mit mir vergnügen, oder? Also fang endlich an, damit ich es hinter mir habe. Ich kann meinen Brechreiz nicht ewig unterdrücken.“ Diese Renitenz ging Sithar eindeutig zu weit. Es machte ihm Spaß, wenn sich eine Sklavin wehrte oder wenn sie schrie und schimpfte. Aber diese hier verhöhnte ihn. Und ganz offensichtlich hatte sie keine Angst vor ihm. Aber das könnte er ja ändern. „Bring sie in den Kerker“, fauchte er den Soldaten an, der ihre Kette noch immer in der Hand hatte. „Und reiß ihr die Zunge heraus.“ Noch immer schien der Sklavin egal zu sein, was mit ihr passieren würde. Sie drehte ihren Kopf und spuckte Sithar ins Gesicht. Der duckte sich gerade noch rechtzeitig, während der Soldat hastig an der Kette zog, um sie nach draußen zu befördern. Als der Soldat das Zimmer schon fast verlassen hatte, überlegte Sithar es sich noch einmal anders. „Nein, ihre Zunge wird sie noch brauchen. Wenn auch nicht zum Reden. Knebel sie. Ich werde mich später um sie kümmern.“ Er würde sich wohl näher mit der Sklavin beschäftigen müssen. Wieso hatte sie keine Angst vor ihm. Er hatte nicht den Eindruck, als sei sie zu dumm, um wenigstens zu ahnen, was er alles mit ihr anstellen konnte. Und ihre Unverschämtheit war auch nicht bloß das Überspielen von Angst. Mist, dachte er. Seine Absicht war gewesen, sich zu vergnügen und sich nicht noch mit einem weiteren Problem herumschlagen. „Hol mir eine willige Sklavin“, wies er seinen Diener an. Jetzt brauchte er erst einmal etwas Entspannung. „Und bring mir diesmal ja keine Störrische“, rief er dem Diener hinterher.

Die Oberbefehlshaberin

Am nächsten Morgen wurden Lucius, Katharina und Eric durch schier endlose Gänge von ihren Gästezimmern aus zu einem Kartenraum im Palast gebracht. Sie erfuhren so, daß das Gästehaus eigentlich nur ein Flügel des Palastes war, der auch über einen eigenen Eingang verfügte. Der Diener, der sie geführt hatte, zog sich sofort wieder zurück. Der Kartenraum hatte in der Mitte einen großen, runden Tisch. Fünf bequeme Stühle standen um den Tisch herum. Ein großer Holzschrank an einer Wand enthielt wahrscheinlich eine Sammlung geographischer Karten. Außer den drei Freunden war noch niemand im Zimmer. Sie mußten allerdings nicht lange warten, bis Melissa sich zu ihnen gesellte. „Die Oberbefehlshaberin kommt auch gleich“, sagte sie. Und Eric stellte sich vor, wie diese langsam und gebückt die langen Gänge entlang schlurfte. Dann öffnete sich die Tür und eine große Frau unbestimmbaren Alters kam mit jugendlichem Elan ins Zimmer. Sie begrüßte alle Anwesenden persönlich mit Namen und nahm schließlich auf einem der Stühle Platz. Eric war verwirrt. Diese Oberbefehlshaberin war völlig anders, als er sich vorgestellt hatte. Sie war weder alt, noch zynisch. Und einen stechenden Blick hatte sie auch nicht. Ihre Augen waren wach und schienen ein amüsiertes Funkeln zu beherbergen. Auch ihre Kleidung war nicht von der Art, die Eric von einer Oberbefehlshaberin erwartet hatte. Sie trug ein feuerrotes Kleid mit einem Ausschnitt, der durchaus zum Hinsehen einlud. Insbesondere Eric fiel es sehr schwer, sich auf irgend etwas anderes als auf ihre Erscheinung zu konzentrieren.

„Beschäftigen wir uns zuerst einmal mit der Frage, was ihr ausrichten könnt, wenn ihr es bis zu Sithar geschafft habt“, eröffnete sie das Gespräch. „Das ist nämlich der schwierigste Teil. Wenn wir darauf keine brauchbare Antwort finden, können wir uns die restlichen Überlegungen sparen.“ Eric riß sich mühsam von ihrem Anblick los. „Können wir uns nicht einfach irgendwo auf die Lauer legen, wo er vorbeikommen muß? Selbst wenn er mit einer Leibwache unterwegs ist, sollte uns das nicht aufhalten können.“ „Die Wache würde euch – nach dem, was ich von euch gehört habe – wohl nicht aufhalten. Aber wenn Sithar genug Zeit hat, seine magischen Fähigkeiten einzusetzen – und dafür braucht er nur einen Lidschlag – seid ihr verloren.“ „Und was wäre mit dem Zauberbogen?“, schlug Melissa vor. Die Oberbefehlshaberin schüttelte den Kopf. „Wenn du mit dem Zauberbogen auf einen Magier der Stufe 6 schießt, löst sich der Pfeil einfach in Staub auf und der Zauberbogen zerreißt in einem Feuerball in tausend Splitter und tötet den Bogenschützen und alle, die in einem Umkreis von zwei Pferdelängen um ihn herum stehen.“ Sie dachte einen Moment nach. „Theoretisch könntest du ihn mit einem normalen Pfeil töten. Aber wahrscheinlich hört er den Pfeil vorher und wehrt ihn magisch ab. Außerdem trägt er meistens einen Brustpanzer, so daß es schwer ist, ihn mit nur einem Pfeil tödlich zu treffen. Und mehr als einen Versuch werdet ihr nicht haben.“ „Wir wären sicher nicht hier, wenn Ihr nicht bereits eine Idee hättet“, warf Lucius in die Diskussion ein. Er erntete dafür einen überraschten und anerkennenden Blick von ihr. „Das ist richtig. Ich hege schon länger einen entsprechenden Plan. Bisher fehlten mir allerdings diejenigen, die ihn umsetzen können. Vorher würde ich allerdings gerne eure Vorschläge hören. Denn manchmal gibt es mehrere Wege zum Ziel. Und wenn man bereits einen kennt, sieht man die anderen Wege meist nicht mehr.“ „Lucius und ich haben darüber schon vor Beginn der Reise nachgedacht“, meldete sich Katharina zu Wort. „Melissa hatte doch einen scheußlich riechenden Trank gebraut, mit dem sie die Trolle beim Angriff auf Fendrich zur Raserei brachte. Und Eric hatte erzählt, daß Darius, der Magier aus Felsfried, durch einen vergifteten Pfeil der Wolfsreiter vorübergehend seine magischen Kräfte verloren hatte. Gibt es nicht auch etwas, womit man Sithar schlagartig seiner magischen Kräfte berauben kann? Wir kennen uns mit derlei Giften nicht aus, aber eigentlich müßte es doch so etwas geben.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie noch hinzu: „Es wäre mir ohnehin lieber, wenn wir Sithar gefangen nehmen könnten, statt ihn wie Meuchelmörder hinterrücks umzubringen – auch wenn er es verdient haben mag.“ Lucius nickte zustimmend.

Die Oberbefehlshaberin schaute die beiden überrascht an. Dann nickte sie. „Ich hatte eigentlich an ein sofort wirkendes, tödliches Gift gedacht. Aber eure Idee ist besser. Es wäre eine große Verunsicherung für König Kronos, wenn er erfährt, daß wir Sithar in unserer Gewalt haben. Denn er müßte davon ausgehen, daß wir alles erfahren, was Sithar weiß. Und er wüßte auch nicht, ob Sithar vielleicht sogar die Seiten gewechselt hat und direkt gegen ihn kämpft.“ „Habt Ihr denn vor, Sithar zu foltern?“, wollte Eric nicht ohne Unbehagen in seiner Stimme wissen. Er erhielt dafür ein Lächeln der Oberbefehlshaberin. „Nein, Eric, das wird gar nicht nötig sein. Einerseits reicht es, wenn Kronos verunsichert ist, andererseits wird Sithar, wenn er glaubt, seine Situation damit verbessern zu können, von sich aus alles erzählen, was wir wissen wollen. Loyalität empfindet er nur für sich selbst.“ Nach einem Moment des Nachdenkens fügte sie hinzu: „Ihr müßt euch allerdings im Klaren sein, daß Sithar auch ohne seine magischen Fähigkeiten sehr gefährlich ist. Er ist sehr intelligent und völlig skrupellos. Und er hat große Erfahrung damit, andere Menschen zu manipulieren und gegeneinander auszuspielen.“ „Dann sollten wir ihn wohl besser knebeln, wenn wir ihn gefangen haben“, meinte Melissa. „Wie können wir Sithar denn das Gift verabreichen?“, fragte sie anschließend in die Runde. „Das kommt darauf an, welches Gift sich für unsere Zwecke am besten eignet“, antwortete die Oberbefehlshaberin langsam, während sie offenkundig im Geiste bereits die in Frage kommenden Substanzen durchging. Dann erhellte sich ihr Gesicht. „Ich weiß, was wir nehmen. Das Gift müßte irgendwie in sein Blut kommen. Und es würde dann noch einige Atemzüge dauern, bis es wirkt. Er darf also nicht gleich merken, daß er es bekommen hat.“

„Ich habe als Kind mit einem ausgehöhlten Holunder-Ast kleine Kügelchen aus Holundermark verschossen“, meldete Eric sich wieder zu Wort. „Ich rede von einem Blasrohr. Wenn man kleine Stacheln durch das Markkügelchen schob, konnte man damit auf ein Brett schießen, und die winzigen Pfeile blieben im Holz stecken. Versehentlich habe ich selbst mal so einen Pfeil abbekommen. Es war kaum zu spüren, obwohl ein winziger Bluttropfen aus der Stelle trat.“ „Das ist eine blendende Idee, Eric“, lobte die Oberbefehlshaberin. Eric genoß das Lob, insbesondere, weil es von dieser beeindruckenden Frau kam. Sie stand auf. „Kannst du mich zu unserem Waffenmeister begleiten?“, wandte sie sich an Eric. „Wenn du ihm genau beschreiben kannst, wie es funktioniert, sollte er etwas bauen können, daß viel treffsicherer ist, als der Holunder-Ast.“ Eric ließ sich nicht zweimal bitten, sie zu begleiten. Sie verließ mit ihm das Zimmer und zwinkerte Melissa im Hinausgehen zu. Als sie nur noch zu dritt im Kartenraum waren, ging Melissa zu dem großen Schrank und holte einige Landkarten von Manitien heraus. Anschließend rollte sie diese auf dem Tisch aus und besprach mit Lucius und Katharina die möglichen Wege nach Endorin und die dort lauernden Gefahren und Schwierigkeiten. Sie wählten mehrere, alternative Routen aus, zwischen denen sie teilweise auch während der Reise noch wechseln konnten. Ihr Plan sollte nicht daran scheitern, daß sie auf ein unerwartetes Hindernis trafen oder ein Weg überraschend nicht passierbar war. Danach packte Melissa die Karten wieder weg. Als sie die beiden anderen anschließend durch die Gänge des Palastes wieder zu ihrem Zimmer führte, fragte Katharina: „Bilde ich mir das eigentlich nur ein, Melissa, oder hat die Oberbefehlshaberin ein besonderes und über unsere Mission herausgehendes Interesse an Eric?“ Melissa machte ein Gesicht, als hätte man sie beim unerlaubten Griff in einen Honigtopf erwischt. Dann lächelte sie schelmisch und antwortete: „Ich hätte mir denken können, daß dir das nicht entgeht. Sie ist schon länger auf der Suche nach einem Mann wie ihm.“ Lucius äußerte mit einem dünnen Lächeln noch einen weiteren Verdacht, den Melissa mit resigniertem Seufzen und Schulterzucken und der Bemerkung beantwortete, daß man vor ihnen wohl gar nichts geheim halten könne.

Die Ehrung

Als die Oberbefehlshaberin mit Eric bei dem Waffenmeister ankam, stand dieser sofort auf und wollte etwas zu ihr sagen. Mit einer dezenten Handbewegung brachte sie ihn aber augenblicklich zum Schweigen. Dann erklärte sie ihm, daß Eric eine bestimmte, ungewöhnliche Waffe bräuchte. Und Eric erklärte dem Waffenmeister, worum es ging. Er wunderte sich zwar etwas, warum die Oberbefehlshaberin dem Gespräch weiterhin beiwohnte, aber gleichzeitig freute er sich auch darüber, vor ihr mit seiner Idee glänzen zu können. Für den Waffenmeister war es eine Angelegenheit von wenigen Minuten, ein erstes Provisorium für Eric herzustellen. Dieser probierte es sogleich aus und machte Verbesserungsvorschläge. Schließlich meinte der Waffenmeister, daß er jetzt wisse, was Eric bräuchte. Es würde allerdings einige Stunden dauern, bis er das Blasrohr und die Pfeile optimal hergestellt habe. Die beiden ließen ihn mit seiner Arbeit alleine. „Magst du mir von deinen Abenteuern erzählen?“, fragte die Oberbefehlshaberin Eric mit einem verführerischen Lächeln. Und Eric ließ sich nicht zweimal bitten. Sie gingen in ihre Gemächer, wobei Eric sich wunderte, wie groß und prachtvoll eingerichtet diese waren. Ein Diener brachte eine Karaffe Wein sowie zwei Becher mit kunstvollen Ornamenten und stellte alles auf einen kleinen Tisch, der zwischen zwei schräg zueinander angeordneten Sesseln stand. Eric wartete, bis sie sich gesetzt hatte und auch ihn aufforderte, Platz zu nehmen. Er wußte nicht genau, warum er es tat, aber er hatte irgendwie das Gefühl, es würde sich nicht gehören, wenn er sich zuerst setzte.

Dann begann sie, ihn über seine Erlebnisse auszufragen und ihn zu ermutigen, auch von seiner Zeit vor den letzten, ereignisreichen Wochen zu erzählen. Als er von der Befreiung Melissas in Falibor erzählte, fragte sie ihn plötzlich, was er empfunden habe, als er Melissa hilflos und in lasziver Pose vorfand. Er lief rot an und versuchte, dieser Frage auszuweichen. „Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber ich könnte mir vorstellen, daß es für einen Mann eine große Versuchung dargestellt hatte“, bohrte sie nach. Es war Eric, als wäre seine Kehle plötzlich staubtrocken. Er nahm einen Schluck Wein und wich ihrem Blick aus. Ihm war sehr unwohl in seiner Haut. „Entschuldige“, meinte sie schließlich, „ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich weiß ja, daß du der Versuchung widerstanden hast. Sonst würde Melissa sich dir gegenüber völlig anders verhalten. Es hat mich nur interessiert, ob es schwer für dich war.“ „Ja“, antwortete Eric einsilbig mit rauher Stimme und beeilte sich, schnell auf die späteren Ereignisse zu sprechen zu kommen. Die Oberbefehlshaberin lächelte, sprach das Thema aber auch nicht wieder an. Später, als Eric ihr von seinem ersten Auftrag als „hauptberuflicher Held“ erzählte, lachten sie beide herzhaft. Auch der Wein tat ein übriges, um für eine gelöste Stimmung der beiden zu sorgen. Schließlich erhob sie sich und meinte, daß es allmählich spät geworden sei. Sie bedankte sich bei Eric für den schönen Abend und rief einen Diener, der ihn zu seinem Zimmer zurückführen würde. „Ich möchte mit euch allen morgen noch weitere Details zu eurer Mission besprechen“, meinte sie schließlich. „Und es würde mich freuen, wenn ihr vorher mit mir zu Mittag essen würdet.“ Eric hätte ein Mittagessen zu zweit zwar noch besser gefallen, aber auch so war er froh, sie am nächsten Tag wiedersehen zu können.

Als er am nächsten Morgen aufwachte, fühlte Eric sich noch leicht benommen. Den Wein von gestern war er nicht gewöhnt. Er versuche, sich zu erinnern, welchen Namen die beeindruckende Frau vom Vortag eigentlich hatte. Aber entweder hatte sie ihn nicht genannt, oder er hatte ihn wieder vergessen. Und er glaubte nicht, daß er den Namen vergessen hatte. Mühsam stand er auf, da ihm etwas schwindlig war. Nachdem er ein paar Schritte durchs Zimmer gemacht hatte, gab sich das allerdings wieder. Was würde er heute tun? Ach ja, die Oberbefehlshabern – er ärgerte sich noch mal, weil er ihren Namen nicht wußte – wollte ja mit ihm und den anderen zu Mittag essen. Und anschließend wollte sie die geplante Mission weiter durchsprechen. Ob sie wohl abends wieder Zeit für ihn hatte? Und was würde er heute Vormittag tun? Es klopfte an der Tür seines Zimmers. Katharina fragte, ob er mit ihnen frühstücken wollte. Er sagte zu, machte sich noch etwas frisch und ging dann mit den anderen frühstücken. Melissa gesellte sich zu ihnen. Sie hatte wieder den prächtigen Harness an, in dem Eric sie bereits in Falibor gesehen hatte. Auch Katharina und Lucius schauten sie erstaunt an. „Die Königin hat entschieden, mir für meine Verdienste in Landor den Titel der ‚Beschützerin Kartuns’ zu verleihen“, erklärte sie nicht ohne Stolz. „Es würde mich freuen, wenn auch ihr zu der Verleihung kommen würdet.“ „Gerne“, antwortete Lucius. „Wann findet denn die Zeremonie statt?“ „Noch heute Vormittag“, strahlte Melissa. „Hoffentlich stört es dich nicht, wenn wir mit unserer einfachen Kleidung anwesend sind“, merkte Katharina an. „Das ist gar kein Problem. Aber wenn ihr wollt, lasse ich euch ein paar festliche Sachen bringen.“ Katharina war von der Idee begeistert, Lucius und Eric stimmten eher aus Höflichkeit zu.

Später trafen sie sich dann alle im Thronsaal des Palastes. Lucius, Katharina und Eric bekamen einen Platz in der ersten Reihe der Zuschauer. Während Katharina offensichtlich viel Freude an ihrer festlichen Kleidung hatte, nahm Lucius sein festliches Äußeres mit stoischer Ruhe in. Eric fühlte sich dagegen erkennbar unwohl. Es war das erste Mal, daß er ein langärmeliges Hemd anhatte. Melissa hatte ihnen erklärt, daß sie bei der Zeremonie als Zuschauer nichts besonders beachten mußten. Sie sollten sich einfach an den anderen orientieren. Dann ging es los. Die Königin trat ein und alle erhoben sich. Sie war in einen feuerroten, goldbesetzten Umhang gehüllt. Darunter trug sie ein langes, königsblaues Kleid, das ebenfalls viele Akzente in Gold hatte. Ein goldener Stirnreif zierte ihren Kopf und bändigte ihre langen, braunen Haare. Eric starrte sie nur mit offenem Mund an. „Das ist ja die Oberbefehlshaberin“, stammelte er leise. „Was dachtest du denn, wer den Oberbefehl über die Streitkräfte von Kartun haben würde“, raunte Lucius ihm mit einem Lächeln zu. Auch die Königin schenkte Eric in kurzes Lächeln, als sie ihren Blick über die Zuschauer schweifen ließ. Dann ging sie zu ihrem Thron und setzte sich. Danach setzten sich auch die Zuschauer. Nur Melissa und einige Soldaten der Ehrengarde, die anwesend waren, blieben stehen. Melissa wurde zur Königin gerufen und kniete vor ihr nieder. Der Königin wurde eine blaue Schärpe mit goldenen Buchstaben gereicht. Sie erhob sich und hängte sie Melissa schräg über die Schulter. „Aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen und besonderen Verdienste für die Abwehr einer großen Gefahr für Kartun verleihe ich hiermit Melissa den Titel ‚Beschützerin von Kartun’“, verkündete die Königin laut und deutlich. Melissa erhob sich unter dem Jubel der Zuschauer, drehte sich um und ging strahlend wieder an ihren Platz.

„Ihr hättet mir ruhig vorher etwas sagen können“, meinte Eric, als sie – noch immer in ihre festlichen Gewänder gekleidet – zu viert auf dem Weg zum Mittagessen mit Königin Stephania waren. „Sie wollte euch kennenlernen. Und sie wollte offen mit euch reden können, ohne das Gespräch mit höfischer Etikette zu belasten“, verteidigte sich Melissa. „Ich habe den Verdacht auch erst während des Gesprächs bekommen“, merkte Lucius lächelnd an. Sie betraten einen Raum mit festlich gedecktem, runden Tisch. Königin Stephania war bereits anwesend und kam ihnen entgegen. „Ich freue mich, daß ihr meiner Einladung gefolgt seid und mir beim Essen Gesellschaft leistet“, begrüßte sie die anderen. „Euer Wunsch ist uns Befehl, Hoheit“, antwortete Lucius höflich. „Außerhalb offizieller Anlässe bin ich für euch Stephania und nicht ‚eure Hoheit’“, eröffnete sie ihnen lächelnd. Dann setzte sie sich an die festlich gedeckte Tafel. „Bitte setze dich neben mich“, bat sie den völlig verdutzten Eric und wies ihm einen Platz an ihrer rechten Seite zu. Auch die anderen nahmen Platz. Und Diener begannen damit, köstliches Essen hereinzutragen. „Ich hoffe, ihr nehmt mir nicht übel, daß ich euch zunächst im Unklaren darüber gelassen hatte, wer ich eigentlich bin. Aber in meiner Position sind Etikette und Formalien ausgesprochen störend, wenn man sich einen Eindruck davon verschaffen will, mit wem man es eigentlich zu tun hat.“ Allmählich lockerte sich die zunächst steife Atmosphäre wieder und eine entspannte Unterhaltung begleitete das Essen. Nur Eric war etwas einsilbig. Stephania legte ihm die Hand auf seinen Unterarm, woraufhin er erstarrte. „Was ist mit dir“, wollte sie von ihm wissen. „Bist du noch sauer, weil ich nicht nur die Oberbefehlshaberin, sondern auch die Königin bin?“ „Nein“, antwortete Eric langsam. „Ich bin mir nur nicht sicher, wie ich mich jetzt verhalten soll.“ Sie drückte seinen Arm noch etwas fester und lächelte ihn an, als sie sagte: „Du bist süß. Warum verhältst du dich nicht ganz natürlich?“ Eric stockte einen Moment. Dann meinte er leise: „Weil ich nicht weiß, wie man sich einer Königin gegenüber verhält, wenn man sich in sie verliebt hat.“ „Darüber“, schmunzelte Stephania und zwinkerte ihm zu, „können wir uns ja heute Abend in Ruhe zu zweit unterhalten.“

Intrigen über Intrigen

Angelika wußte nicht, wie lange sie sich schon in dem dunklen Kerker befand. Nachdem sie von Sithar weggebracht worden war, hatten sie die Soldaten geknebelt und an die Wand dieser Zelle angekettet. Sie konnte sich nicht bewegen. Und seitdem die Tür ins Schloß gefallen war, herrschte auch eine undurchdringliche Finsternis. Sie war völlig mit sich alleine. Aber das war für sie keine ungewohnte Erfahrung mehr. Seit jenem Tag, als die Soldaten ihr Dorf überfallen und alle Bewohner außer ihr getötet hatten, war sie innerlich alleine. Nichts konnte man ihr noch antun. Es gab keinen Menschen mehr, der ihr etwas bedeutete. Und ihr Leben war für sie bedeutungslos geworden. Die Tatsache, daß sie überhaupt den Angriff der Soldaten überlebt hatte, verdankte sie ihrer außergewöhnlichen Schönheit. Am Anfang war sie verzweifelt gewesen. Inzwischen zog sie ihre Kraft daraus, sich an den wahren Tätern, an denen, die den Angriff befohlen hatten, irgendwie rächen zu wollen. Man würde ihr sicher keine Gelegenheit geben, Sithar oder Kronos zu töten. Außerdem war sie weder mit dem Kriegshandwerk noch mit der Giftmischerei vertraut. Sie hätte gar nicht gewußt, wie sie die beiden töten könnte. Aber sie konnte dafür sorgen, daß jeder, der versuchen würde, ihre Lage auszunutzen, ihre Verachtung zu spüren bekam und sich sehr ärgerte. Bei Sithar war ihr das offenkundig bereits gut gelungen. Und sie fühlte sich gut deswegen. Natürlich würde er versuchen, ihren Willen zu brechen. Aber was wollte er schon mit ihr anstellen? Sie mit körperlicher Gewalt zu etwas zu zwingen, würde sie nicht demütigen. Sie würde geschehen lassen, was sie nicht verhindern konnte. Und sie würde dabei zeigen, wie gleichgültig es ihr wäre. Die einzige Möglichkeit, ihr etwas anzutun, wäre die, ihr Schmerzen zuzufügen. Zu Schmerzen hatte sie allerdings ein besonderes Verhältnis. Sie hatte bereits in der Vergangenheit festgestellt, daß es ihr gelang, Schmerzen durch sich hindurchfließen zu lassen. Und daß es ihr nach einiger Zeit sogar ein Hochgefühl bescherte, wenn sie großen Schmerzen ausgesetzt war. Besonders einem schlimmen Backenzahn hatte sie diese Erkenntnis zu verdanken. Von daher empfand sie auch nicht die geringste Angst, als sie Schritte vor ihrer Zellentür hörte.

Quietschend öffnete sich die schwere Eisentür. Sithar kam mit zwei Folterknechten im Gefolge in das Verlies. Er hatte einen diabolischen Ausdruck im Gesicht, als er sie ansah. Es irritierte ihn allerdings etwas, wie desinteressiert sie ihm entgegenblickte. Die Folterknechte lösten ihre Ketten von der Wand und zerrten sie auf einen schweren Tisch, an dem sie ihre Ketten wieder befestigten. Sithar nahm sich einen Stuhl und setzte sich ans Kopfende des Tisches, um ihr in die Augen sehen zu können. Dann begann einer der Folterknechte, sie mit einer Peitsche zu schlagen. Sie zuckte unter den Schlägen zusammen. Sithar murmelte – fast beiläufig – Beschwörungsformeln, mit denen er ernsthafte Verletzungen bei ihr verhinderte. Schließlich wollte er ihren Willen brechen und nicht ihre Schönheit zerstören. Die Schmerzen wurden durch seine Beschwörungen natürlich nicht herabgesetzt. Ein triumphierendes Grinsen erschien in seinem Gesicht, während er beobachtete, wie sie unter den Schlägen zusammenzuckte. Es dauerte al

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Kommentare


Goury
dabei seit: Mai '02
Kommentare: 35
Goury
schrieb am 04.06.2004:
»Ach du scheiße, ein Gift anschlag, hoffentlich überlebt sie das.«

Runtz
dabei seit: Jul '02
Kommentare: 5
schrieb am 04.06.2004:
»Ein exorbitantes Lesevergnügen! Würde ich mir als Taschenbuch
sofort kaufen! Eine Sorge habe ich: wenn Erics Damastklingen
ähnlich weich sind wie Damasttischdecken, bekommt er wohl echte Schwierigkeiten... Die in einigen Teilen "fehlende"
Erotik stört überhaupt nicht!
«

Maduschka
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 56
Maduschka
schrieb am 06.06.2004:
»Die "Gier" nach dem nächsten Teil wird von Mal zu Mal schlimmer.
Schick es an einen Verlag, ich könnte mir sogar ne Verfilmung vorstellen, ne Mischung aus "Xena" und "Ewoks".
Einfach GENIAL!!

Gruß
Sabine *die-sehnsüchtig-auf-den-nächsten-Teil-wartet*«

Bondviewer
dabei seit: Apr '03
Kommentare: 9
schrieb am 13.06.2004:
»Man ist ja nichts anderes gewohnt von Why-Not nach den ersten 4 Teilen. Mal wieder wird man total auf die Folter gespannt, was im nächsten Teil passiert.
*Um Gnadel winsel* will wissen wie es weiter geht! *g*«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 23.07.2005:
»Herrje Why-Not!!! Ich hätte das Werk doch an einem Stück lesen sollen! Immer diese Unterbrechungen an den spannendsten Momenten! Eine wirklich schöne Story! :-)

Ich bin nur froh, dass ich die Gelegenheit habe, direkt weiterzulesen, das Warten auf eine Fortsetzung irgendwann mal hätte mich wahnsinnig gemacht! ;-))«



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