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Kommentare: 9 | Lesungen: 4499 | Bewertung: 9.19 | Kategorie: BDSM | veröffentlicht: 15.07.2004

Dunkle Wolken über Landor (6 - Feindesland)

von

Episode 6 – In Feindesland

Der Anschlag

„Irgend etwas blockiert meine Zauberkräfte“, stellte Stephania mit zunehmender Besorgnis fest. „Und der Wein in meinem Becher hat einen eigenartigen Geschmack.“ Melissa, die sich mit diversen Gift- und Heiltränken besonders gut auskannte, ließ sich den Becher der Königin reichen. Sie roch daran und nickte. „Das ist das gleiche Gift, das wir für Sithar vorgesehen hatten“, stellte sie fest und stand auf, um ein Gegenmittel zu besorgen. Einer der Diener bewegte sich auffällig unauffällig in Richtung Tür. Ein Soldat der Leibwache stellte sich ihm in den Weg. Unmittelbar darauf erschien Sithar aus dem Nichts. Einen Moment schien er verwirrt zu sein. Offenbar hatte er nicht mit so vielen Anwesenden gerechnet. Dann warf er ein Messer nach dem Diener und sprang auf Stephania zu. Lucius schien die Bewegung von Sithar vorausgeahnt zu haben. Er warf eine Gabel gegen das Messer, das den verräterischen Diener töten sollte und schleuderte sein Besteckmesser auf Sithar. Während Sithars Messer von der Gabel abgelenkt wurde und nutzlos an eine Wand prallte, verschwand Sithar noch bevor ihn das Besteckmesser verletzen konnte. Und mit ihm verschwand auch Stephania. „Mist“, entfuhr es Lucius. „Er war einfach zu schnell gewesen.“ Die anderen erwachten allmählich aus der Erstarrung, in die sie der Schreck über Sithars Erscheinen versetzt hatte. Ein aufgeregtes Durcheinander folgte. Der Diener wurde von einem der Soldaten festgehalten. Melissa schaute sich das Messer an, das Sithar geschleudert hatte. Die Klinge war mit einem sofort wirkenden, tödlichen Gift bestrichen. Eric war schockiert. Er war wütend und machte sich Sorgen um Stephania. Außerdem machte er sich Vorwürfe, weil er diesen Anschlag nicht hatte verhindern können.

Nachdem sich die erste Aufregung etwas gelegt hatte, setzten sich die Gefährten mit dem Hauptmann der Leibwache und den Beratern der Königin zusammen. Sie wollten Klarheit über die Umstände des Anschlags. Außerdem wurde das weitere Vorgehen besprochen. Das Verhör des Dieners brachte nicht viele Neuigkeiten. Er war vor einigen Monaten eingeschleust worden und sollte zunächst alles berichten, was er am Hofe der Königin mitbekam. Schließlich wurde er beauftragt, ein Pulver in Stephanias Becher zu schütten, bevor sie daraus trank. Der verräterische Diener hatte geglaubt, von Sithar in Sicherheit gebracht zu werden. Erst als dessen Messer auf ihn zuflog, wurde ihm klar, daß auch er selbst verraten worden war. Der Magier, der versucht hatte, rechtzeitig die Hauptstadt Karatun zu verlassen, war – wie bereits vermutet – der Mittelsmann Sithars zu dem Verräter gewesen. Darüber, was Sithar mit der Königin vorhatte, konnten sie nur spekulieren. Einer der magischen Berater, der mit Haytar in gedanklicher Verbindung stand, meinte, daß sie noch leben müsse. Andernfalls hätte Haytar mitbekommen, daß der Posten eines Klasse-5-Magiers freigeworden wäre. Für Eric hatte natürlich die Befreiung Stephanias höchste Priorität. Und das nicht nur, weil er ohne sie für immer in seinem Keuschheitsgürtel gefangen war. Prinzipiell teilten die anderen seine Meinung. Allerdings wußten sie nicht, wo sie nach Stephania suchen sollten. Ein groß angelegter Angriff kam nach der Entführung Stephanias noch weniger in Betracht als vorher. Höchstens ein kleines Rettungsteam würde mit Aussicht auf Erfolg unauffällig nach Manitien eindringen können. Aber wo würde Stephania gefangen gehalten werden? Da ihre magischen Fähigkeiten durch das Gift außer Kraft gesetzt waren, konnte sie leider nicht selbst mit den anderen Magiern in Verbindung treten.

Schließlich einigten sie sich darauf, daß die Gefährten wie geplant nach Manitien eindringen und Sithar gefangen nehmen sollten. Wenn ihnen das gelang, würden sie sicher auch herausbekommen können, wo Stephania gefangen gehalten wurde. Sie machten sich allerdings keine Illusionen, daß sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite hätten. Sithar würde zumindest mit einer Befreiungsaktion für Stephania rechnen. Haytar war bereits nach Karatun unterwegs, um die Hauptstadt Kartuns vor magischen Angriffen Sithars schützen zu können. Seinen Platz bei der Verteidigung der Grenze Landors nahm Salar aus Felsfried ein, um dort bei magischen Angriffszaubern Sithars gerüstet zu sein. Die Tatsache, daß es für Sithar offenkundig kein Problem war, zu jeder Zeit und an jedem Ort aufzutauchen, machte die Verteidigung allerdings nicht einfacher. Und wenn es Sithar auch noch gelang, die letzten beiden, bekannten Magier der Stufe 5 auszuschalten, gäbe es niemanden mehr, der seine Angriffszauber abwehren könnte. Es mußte zwar irgendwo noch einen Magier der 5. Stufe geben, aber niemand wußte, wo er war oder wer es war. Genau wie es einen unbekannten Magier der 6. Stufe gab. Doch diese Überlegungen halfen nicht weiter. Sie konnten nur hoffen, daß diese unbekannten Magier nicht bereits auf Sithars Seite kämpften. Um eine Panik in Karatun zu vermeiden, wurde vereinbart, die Entführung Stephanias zunächst geheim zu halten. Während der Beratungen traf auch Darius in Karatun ein. Er war bereits von Salar von den Ereignissen unterrichtet worden. Melissa begrüßte Darius stürmisch, und auch die anderen waren froh, daß er eingetroffen war. Nebenbei erfuhren sie auch, daß er inzwischen zur dritten magischen Stufe aufgestiegen war. Einem sofortigen Aufbruch stand jetzt nichts mehr im Wege.

Sobald es dunkel geworden war, führte ein Ortskundiger die Gefährten auf selten genutzten Pfaden an die Grenze zu Manitien. Zunächst gingen sie leise mit ihren Pferden am Zügel durch das Unterholz und hielten nach Spähern Ausschau. Melissa suchte das Terrain mit dem Zauberbogen gründlich ab, bevor sie eine Lichtung oder einen Waldweg überquerten. Nach einiger Zeit wurde das Gelände aber zunehmend offener und sumpfiger. Und es wurde immer schwerer, eine Entdeckung zu verhindern. Dafür kam in der Nacht ein leichter Nebel auf, der ihnen zwar die Orientierung etwas erschwerte, sie aber vor den suchenden Blicken der manitischen Späher verbarg. Sie schwangen sich auf ihre Pferde. Die wenigen Geräusche, die ihr langsamer Ritt durch den Sumpf zwangsläufig verursachte, wurden nicht nur durch den Nebel gedämpft. Das ständige Blubbern und Schmatzen des Sumpfes überdeckte diese Geräusche vollständig. Dadurch überraschte sie das plötzliche Auftauchen einer manitischen Patrouille allerdings ebenso wie die feindlichen Soldaten. Es dauerte allerdings nur einen Lidschlag, bis beide Seiten zu den Waffen griffen. Einer der Soldaten riß sein Pferd sofort herum und galoppierte in den Nebel hinein. Die anderen hatten gegen die kampferprobten Gefährten nicht den Hauch einer Chance. „Wir müssen so schnell wie möglich hier verschwinden“, faßte Darius das Naheliegende zusammen. „Der flüchtende Soldat holt sicher gleich Verstärkung.“ „Oder er teilt Sithar unsere Position mit, damit der uns mit magischen Mitteln angreifen kann, gegen die wir uns nicht wehren können“, ergänzte Lucius trocken. Sie beeilten sich, dem Weg durch den Sumpf weiter zu folgen und hofften, so bald wie möglich an eine Weggabelung zu kommen. Denn auf dem Weg, den der flüchtende Soldat genommen hatte, käme ihnen sicher bald eine Übermacht entgegen.

Plötzlich bemerkten sie ein Pferd vor sich. Das mußte das Pferd des Soldaten sein, der davon galoppiert war. Sie schwangen sich von ihren Pferden und hielten ihre Waffen griffbereit. Vorsichtig und aufmerksam folgten sie dem nebelverhangenen Weg. Dann sahen sie auch den Soldaten. Er war offenbar bei seinem Galopp von dem Ast eines Baumes vom Pferd geschleudert worden und hatte sich beim Sturz das Genick gebrochen. Sie konnten den gefährlichen Ast allerdings nirgends entdecken. Die Äste der wenigen Bäume am Rande des Weges waren fast alle ungefährlich zum Sumpf hin gerichtet. „Ich hoffe, es ist in eurem Sinn, daß wir den Reiter aufgehalten haben“, hörten sie plötzlich eine Stimme am Wegesrand. Zwei grüne Gestalten kamen auf sie zu. Als sie näher kamen, erkannten die anderen, daß es sich um Sigourny und Korben handelte. Erleichtert begrüßten die Gefährten die Waldgeister. „Wenn ihr diesem Weg weiter folgt, geratet ihr bald in eine üble Falle“, warnte Korben sie. „Alle Wege aus dem Sumpf heraus sind mit Fallen versehen und als Hinterhalt ausgelegt. Ihr werdet überall erwartet.“ Die anderen schauten sich bedrückt an. „Aber wir können euch helfen“, ergänzte Sigourny. „Folgt mir einfach durch den Sumpf. Wir werden dafür sorgen, daß sich die Gräser vor euch so miteinander verweben, daß sie euch und die Pferde tragen. Korben geht hinter euch und sorgt dafür, daß die Gräser sich dort wieder entflechten.“ So führte Sigourny sie abseits der Wege sicher aus dem Sumpf heraus. „Ab hier können wir euch nicht weiter begleiten. Aber wir werden hin und wieder an einem Bach oder Flußlauf auf euch warten. Vielleicht bekommen wir auch heraus, wo Stephania sich aufhält.“ „Vielen Dank für eure Hilfe“, antwortete Eric. „Aber woher wußtet ihr eigentlich, daß wir hier unterwegs sind?“ „Auch hier gibt es Wald- und Wassergeister“, erklärte Sigourny, „obwohl sie zunächst sehr mißtrauisch waren. Sithar hat überall unter ihnen Zwietracht gesät. Aber allmählich begreifen sie, wer ihr wahrer Feind ist.“

Von Sithar kontrolliert

Im ersten Moment wußte Stephania nicht, was mit ihr passiert war. Eben saß sie noch mit Eric und den anderen beim Essen, jetzt befand sie sich in völliger Dunkelheit. „Na, Stephania“, hörte sie Sithar Stimme hinter sich, „wie gefällt dir dein neues Zuhause?“ Sie drehte sich um und ging auf die Stimme zu. Nach einem Luftzug hörte sie seine Stimme erneut, diesmal allerdings viel weiter weg und über sich. „Wenn du dich etwas umgesehen hast, findest du Wasser, das du trinken kannst und Wurzeln, die eßbar sind. Du kannst es hier also sehr lange aushalten.“ Lachend entzündete er eine Fackel und warf sie zu ihr herunter. Sie sah jetzt, daß sie sich am Boden einer runden Zisterne befand. Die Steinwände waren mindestens 5 Meter hoch und völlig glatt. Am Rand stand Sithar und schaute zu ihr herunter. „Ach übrigens“, höhnte er von dort, „ist das Wasser mit der gleichen Substanz durchsetzt, die dir in deinem Schloß bereits die Zauberkräfte genommen hat. Und die Wirkung hält etwa zwei Wochen an. Du wirst deine Zauberkräfte also nicht wiederbekommen können, solange du hier unten bist.“ Erneut ertönte sein gehässiges Lachen. „Und ich sehe keinen Grund, warum du diesen gastlichen Ort je wieder verlassen solltest.“ Dann entfernte er sich vom Rand der Zisterne und ließ eine schwere Tür ins Schloß fallen. Leiser hörte sie noch zwei weitere Türen geräuschvoll zuschlagen. Dann herrschte eine Totenstille. Nur das Tröpfeln von Wasser unterbrach diese gespenstische Ruhe. Stephania hob die Fackel auf, die Sithar heruntergeworfen hatte und schaute sich damit um. Als Wasserspeicher war diese Zisterne nicht mehr geeignet. Durch Risse im Boden verschwand das Wasser, das überall an den Wänden herablief. Allerdings schien es sich auch nicht um Regenwasser zu handeln. Eher um einen kleinen Bach, der sich über die Ränder der Zisterne auf deren Boden ergoß. Am Boden wuchsen tatsächlich einige Sträucher, deren Wurzeln eßbar wären. Und Sithar ging offenbar davon aus, daß ihr – falls sie überleben wollte – nichts anderes übrig blieb, als sich von dem Wasser und den Wurzeln zu ernähren. Sie hatte da allerdings noch eine andere Idee, bei der sie ihre Zauberkräfte nicht brauchte. Aber das würde mindestens so lange brauchen, bis das Gift, das ihre Zauberkräfte blockierte, seine Wirkung wieder verlor. Also mindestens zwei Wochen, die sie nichts trinken oder essen durfte. Und da man normalerweise nicht viel länger als drei Tage ohne Wasser auskam, würde es ziemlich hart werden, überlegte sie, während die Fackel langsam verlosch.

Sithar war blendender Laune, als er die letzte der schweren Türen hinter sich ins Schloß geworfen hatte. Ohne seine magischen Kräfte würde niemand das Schloß dieser Türen öffnen können. Und er hatte nicht vor, das je wieder zu tun. Wenn er Stephania unbedingt besuchen wollte, könnte er sich in die ehemalige Zisterne hineinversetzen – am besten auf den oberen Rand. Aber das würde er wohl erst tun, wenn er einen Weg gefunden hätte, ihre Zauberkraft seiner eigenen hinzuzufügen. Früher hatte er das schon einmal versucht, als er seinen Lehrer tötete, nachdem dieser ihn zu sich auf die sechste Stufe der Magie gehoben hatte. Er hatte gehofft, so die magische Kraft von zwei Magiern der Stufe 6 in sich vereinigen zu können. Und er wußte bei heute nicht, was damals schief gegangen war. Jedenfalls würde er Stephania bis dahin am Leben lassen, damit seine Feinde nicht einfach ihren Platz mit einem neuen Magier besetzen konnten. Und er würde in seiner Umgebung keinen anderen Magier dulden, der seine Angriffszauber abwehren konnte. Sein Plan, Mißtrauen im Palast von Karatun säen zu können, war daran gescheitert, daß zu viele Zeugen bei dem Anschlag anwesend gewesen waren. Und bei dem Gedanken an die blitzschnelle Reaktion des einen Anwesenden, der mit einer Hand eine Gabel nach seinem Messer und mit der anderen ein Messer nach ihm geworfen hatte, lief es ihm kalt den Rücken herunter. Diesen Kämpfer würde er auf keinen Fall unterschätzen dürfen. Kein Wunder, daß seine Pläne in Landor gescheitert waren, wenn er es mit solchen Gegnern zu tun hatte. Bestimmt würden dieser Kämpfer und seine Gefährten versuchen, die Königin zu befreien oder ihn unschädlich zu machen. Wahrscheinlich waren sie bereits auf dem Weg nach Manitien. Er würde versuchen, sie in den Sumpf zu locken und beim Verlassen des Sumpfes töten zu lassen. Wenn das mißlang – und das hielt er nach der beeindruckenden Leistung des ‚Messerwerfers’ durchaus für möglich – käme diese störrische Sklavin zum Einsatz. Er nahm sich vor, sicherheitshalber gleich mit den Vorbereitungen anzufangen.

Angelika fragte sich, was wohl als nächstes auf sie zukäme. Würde dieses Ekel von einem Magier noch einmal versuchen, ihren Willen mit Schmerzen zu brechen? Oder hatte er endlich begriffen, daß ihm das nie gelingen würde. Dann wäre ihr Leben wohl bald zuende. Auch das war keine Aussicht, vor der sie Angst hatte. Trotzdem stellte sich bei ihr ein ungutes Gefühl ein, als sie erneut von Soldaten auf ein Foltergestell gekettet wurde. Einen leichten Tod würde Sithar ihr sicher nicht gönnen. Der triumphierende Gesichtsausdruck, mit dem er schließlich eintrat, bestätigte ihre Befürchtungen. Aber zumindest hätte sie es dann bald überstanden. Sie sah, daß Sithar erneut die langen Nadeln dabei hatte, mit dem es ihm bereits einmal gelungen war, ihr wirklich schlimme Schmerzen zu bereiten. Und wieder versenkte er Nadel um Nadel auf eine Weise in ihr, daß ihr bewußtes Denken nur noch aus Schmerzen bestand. Dann nahm er ihren Kopf in beide Hände, schaute ihr tief in die weit aufgerissenen Augen und murmelte unverständliche Beschwörungsformeln. Es war ihr, als wollte er ihr den Verstand herausreißen. Sie kämpfte mit aller Gewalt dagegen an. Ihr ganzes Denken war so damit beschäftigt, sich gegen diesen magischen Angriff zu wehren, daß sie selbst die unerträglichen Schmerzen vergaß. Offenbar war auch Sithar über die Stärke ihres Widerstands erstaunt. Doch er setzte seine ganze Kraft gegen sie ein. Und durch die Schmerzen, die sie zusätzlich geschwächt hatten, gelang es ihm schließlich, ihr Bewußtsein Stück für Stück zurückzudrängen. Schließlich, als er keinen Widerstand mehr spürte, beendete das Aufsagen der Beschwörungen. Er hatte jetzt die volle Kontrolle über ihren Körper. Daß sich ihr Bewußtsein noch in eine winzige Ecke ihres Verstandes hatte zurückziehen können, bemerkte er dabei nicht. Es wäre ihm allerdings auch egal gewesen, da es ihm nur um die Kontrolle ihres Körpers ging. Und die hatte er. Sie bekam zwar noch mit, was mit ihr passierte, konnte aber keinen Einfluß mehr darauf nehmen.

Sithar entfernte alle Nadeln wieder und ließ sie von den Ketten befreien. Dann drang er in ihren Geist ein und ließ sie zu einem Waschraum laufen, wo sie sich durch seine Kontrolle gründlich säuberte. Er bekam dabei auch ihre Empfindungen mit und ließ sie sich besonders intensiv an ihren intimsten Stellen waschen. Es war weit mehr als nur, wie ein Puppenspieler, die Kontrolle über sie auszuüben. Er steckte während dieser Zeit buchstäblich in ihrem Körper. Er sah alles, was sie sah und empfand alles so, wie sie es empfand. So konnte er es sich nicht verkneifen, sie solange an sich herumspielen zu lassen, bis sie einen Orgasmus hatte. Oder eigentlich, bis er ihn hatte. Dann zog sie sich bereitgelegte Kleidung an und setzte sich. Da er sich jetzt anderen Dingen zuwandte, verharrte sie willenlos in der letzten Position, die er ihr aufgezwungen hatte. Später wurde sie von Soldaten herausgetragen und zu einem Karren gebracht. Angelika versuchte vergeblich, sich gegen diese Kontrolle ihres Körpers zu wehren. Aber mehr als beobachten konnte sie nicht. Für Sithar war es ein eigenartiges Gefühl gewesen, sich gedanklich in den Körper dieser Sklavin zu begeben. Und die Empfindungen, die er bei ihrem Orgasmus gespürt hatte, waren sehr erregend für ihn gewesen. Sollte er die Sklavin doch nicht für die Abwehr der kartunischen Eindringlinge benötigen, würde er sich auf die eben entdeckte Weise mit ihr vergnügen. Aber er hatte ja genug Sklavinnen, um diese neu entdeckten Vergnügungen mit einer anderen ausleben zu können, falls er diese hier seinen Feinden entgegenschicken mußte.

Seine Späher berichteten ihm von einer Patrouille, die nicht zurückgekehrt war und davon, daß spätere Spähtrupps nur noch deren Leichen gefunden hatten. Von den Eindringlingen, die zweifellos bereits in Manitien waren, gab es keine Spur. Es mußte ihnen gelungen sein, quer durch den Sumpf zu entkommen. Sie könnten natürlich auch bei diesem Versuch Opfer des Sumpfes geworden sein. Aber dieses Risiko würde er nicht eingehen. Seine Späher wurden verstärkt, bekamen allerdings den Auftrag, den Feind nur zu entdecken und zu beobachten, ihn aber nicht anzugreifen. Es hatte keinen Sinn, diese Elitetruppe mit normalen Soldaten anzugreifen. Zwei Tage später wurde ihm gemeldet, daß die Eindringlinge entdeckt worden waren. Es waren nur drei Männer und zwei Frauen, die zu Pferde unterwegs waren. Einer von ihnen war der neue Paladin Stephanias. Der andere nach der Beschreibung jener Messerwerfer, vor dem er gehörigen Respekt hatte. Er befahl, die Sklavin mit dem Karren in die Nähe der Eindringlinge zu fahren. Auf dem Weg dorthin übernahm er die Kontrolle über die Sklavin und ließ sie mit einigen der Soldaten schlafen. Er genoß die Gefühle, die ihr Körper dabei an ihn weitergab. Wie es wohl wäre, wenn eine Sklavin, deren Willen er genauso ausgelöscht und übernommen hätte, mit ihm schlief? Könnte er dann zwei Orgasmen gleichzeitig bekommen? Er würde es ausprobieren, wenn ihm der Konflikt mit Kartun wieder mehr Zeit lassen würde. In diesem Fall hatte es allerdings zu seinem Plan gehört, die Sklavin mit den Soldaten schlafen zu lassen und war nicht nur zu seinem Vergnügen geschehen, auch wenn er dieses Vergnügen nicht verschmäht hatte.

Die Versuchung

Sie waren jetzt bereits den dritten Tag auf dem Weg nach Endorin. Nach Verlassen des Sumpfes waren ihnen keine Soldaten mehr begegnet. Aber sie machten sich keine Illusionen. Früher oder später würden sie entdeckt und angegriffen werden. Sie versuchten zwar, so unauffällig wie möglich zu reisen, aber es gab einfach zu viele freie Flächen, die sie überqueren mußten. Und es war unmöglich, jeden Späher im Voraus zu erkennen, geschweige denn ihn auszuschalten. Daher waren sie froh, als ein ausgedehnter Wald auf ihrem Weg lag. Natürlich konnte auch dort ein Hinterhalt auf sie lauern. Aber im Wald waren ihre Chancen, sich erfolgreich zu verteidigen, eher noch größer als auf einer freien Fläche, wo sie einer Übermacht relativ schutzlos ausgeliefert wären. Trotzdem waren ihre Sinne bis zum Zerreißen gespannt, als sie endlich den Wald erreicht hatten und langsam in ihn hineinritten. Der Abend dämmerte bereits und sie beschlossen, im Wald zu rasten. Kaum hatten sie ihre Pferde versorgt und ein kleines, unauffälliges Lagerfeuer angezündet, da stürzte eine junge Frau in zerrissenen Kleidern aus den Bäumen hervor. „Bitte helft mir“, keuchte sie völlig außer Atem. „Soldaten sind hinter mir her.“ Unmittelbar darauf brachen 10 Soldaten mit gezogenen Schwertern durch das Unterholz. Sie stürzten hinter der Frau her und versuchten, ihr den Weg abzuschneiden. „Haltet euch da raus, wenn euch euer Leben lieb ist!“, rief einer von ihnen, als die Gefährten sich erhoben und zu den Waffen griffen. „Was soll das?“, fragte Lucius und trat einem Soldaten in den Weg, der die flüchtende Frau fast erreicht hatte. Statt einer Antwort hieb der Soldat nach Lucius, was er umgehend mit dem Leben bezahlte. Auch die anderen Soldaten griffen jetzt direkt die Gefährten an, was sich für sie schnell als tödlicher Fehler erwies. Es war ein sehr kurzer und ungleicher Kampf, den keiner der Soldaten überlebte.

Die Frau fiel vor Lucius und Eric auf die Knie. „Danke“, stammelte sie immer wieder. „Was war denn passiert?“, wollte Eric wissen. „Diese Mistkerle“, begann die Frau und zeigte auf die toten Soldaten, „haben meinen Vetter ermordet und sich an mir vergangen. Zum Schluß wollten sie auch mich umbringen.“ Sie schluchzte. „Wir waren einfach nur auf dem Weg nach Endorin, als sie plötzlich über uns herfielen.“ „Wie heißt du?“, wollte Katharina von ihr wissen. Die Frau schaute sie einen Moment irritiert an und antwortete dann: „Sandra“. Nach einer Pause meinte sie: „Kann ich mich hier irgendwo sauber machen? Ich fühle mich dreckig, wegen dieser Schweine.“ Sie spukte auf die Leichen der Soldaten. „Weiter hinten sind wir an einem Bach vorbeigekommen. Da solltest du dich waschen können“, meinte Katharina. Sandra schaute sich verstört um. „Ich traue mich nicht alleine“, meinte sie dann leise. „Ich begleite dich“, bot Eric an und schnappte sich Schwert und Schild. „Danke“, hauchte sie und ging mit Eric zum Bach. Lucius schaute den beiden nachdenklich hinterher. „Irgendwas stimmt nicht“, meinte er mehr zu sich selbst. „Du meinst mit der Frau, die erst nachdenken muß, wie sie heißt?“, fragte Katharina. „Ja, auch.“, antwortete er. „Aber auch mit den Soldaten stimmt etwas nicht. Es dürften hier im Moment viele Soldaten herumlaufen und nach uns suchen. Und es kann auch gut sein, daß sie über eine gut aussehende Frau herfallen, wenn sie ihnen über den Weg läuft.“ Katharina warf ihm einen scharfen Blick zu, als er ‚gut aussehend’ sagte. Sie mochte es gar nicht, wenn er anderen Frauen bewundernde Blicke zuwarf. Aber auch sie mußte zugeben, daß Sandra trotz ihres zerrissenen Kleides wirklich gut aussah. Auch ihr Gesicht schien makellos. Und Lucius hatte es nicht bewundernd, sondern ganz sachlich angemerkt. Das beruhigte sie wieder etwas. „Du meinst“, spann Darius den Gedanken von Lucius fort, „die Soldaten hätten wissen müssen, wer wir sind.“ Lucius nickte. „Genau das hat mich gestört. Wenn sie nicht nach uns gesucht hatten, was machten sie dann hier.“ Er schüttelte den Kopf. „Selbst, wenn sie nicht die Aufgabe hatten, nach uns zu suchen, sollte doch inzwischen jeder Soldat in Manitien wissen, das nach uns gesucht wird“, mischte sich auch Melissa ein. „Andererseits glaube ich, daß sie wirklich nicht gewußt haben, wer wir sind. Ansonsten hätten sie anders reagiert.“ „Eben“, sagte Lucius, „es sieht aus, als seien sie ahnungslos in den Tod geschickt worden. Aber warum?“ „Um Sandra bei uns einzuschleusen. Damit wir sie für ein Opfer halten und ihr vertrauen“, stellte Katharina fest. „Wenn das stimmt“, meinte Melissa, „ist Eric jetzt in Gefahr. Ich schaue mal unauffällig nach den beiden.“ Lautlos folgte sie Sandra und Eric.

Als Sandra am Bach ankam, zog sie sich kurzerhand ihr zerrissenes Kleid über den Kopf. Die Anwesendheit Erics schien sie nicht zu stören. Sie wusch sich gründlich im Bach. Und sie tat es auf eine sehr laszive Weise, die bei Eric keine Zweifel über die Vorzüge ihres Körpers aufkommen lies. Er spürte, wie es in seinem Keuschheitsgürtel eng wurde und versuchte, sich abzulenken. Er wollte Stephania auch in Gedanken nicht betrügen. Schließlich kam Sandra mit wiegenden Hüften auf Eric zugelaufen. „Bitte halte mich fest“, hauchte sie, „mir ist kalt von dem Wasser. Und ich habe auch Angst.“ Eric erstarrte, als sie von sich aus ihre Arme um ihn schlang. Sie sah traumhaft aus und sie drückte ihren nackten Körper an seinen. Und er versuchte angestrengt, Stephania in seinen Gedanken treu zu bleiben. Weitergehende Gefahren für seine Treue hielt der Keuschheitsgürtel ja ohnehin ab. „Was hast du denn da an?“, fragte Sandra ihn, als sie den Gürtel ertastet hatte. „Einen Keuschheitsgürtel?“ Eric war nicht danach zumute, das mit ihr zu diskutieren. „Wer hat denn dafür den Schlüssel?“, wollte Sandra von ihm wissen. „Meine ...“, Eric unterbrach sich, um nicht zu viel zu verraten. Er wußte nicht, ob er Sandra trauen konnte. Also würde er ihr nicht erzählen, daß er den Gürtel für seine Königin Stephania trug. „... Frau“, vollendete er seine Antwort. Die Vorstellung, daß er aus diesem Ding nie wieder herauskam, wenn sie Stephania nicht fanden oder ihr etwas zustieß, machte ihm schon eine ganze Weile zu schaffen. Außerdem wollte er an diese Möglichkeit gar nicht denken, weil er Stephania liebte.

„Heißt deine Frau vielleicht Stephania?“, wollte Sandra von ihm wissen. „Die Soldaten haben nämlich von einer Stephania erzählt, die getötet worden sein soll. Und der Name ist hier ziemlich selten.“ Erics Bauch verkrampfte sich. Seine geliebte Stephania tot und er für immer in diesem Gürtel gefangen? Das war sein schlimmster Albtraum. „Du schaust ja ganz erschreckt“, meinte Sandra mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck. „Diese Stephania ist wirklich deine Frau. Du Ärmster. Verlierst deine Frau und bist dann auch noch für den Rest deines Lebens in diesem Gürtel gefangen.“ Ihre Stimme klang nach tief empfundenen Mitgefühl. „Bei dem Gürtel kann ich dir vielleicht helfen“, meinte sie treuherzig. „Ich habe ein Händchen für Schlösser aller Art. Soll ich versuchen, ihn dir zu öffnen?“ In Eric stritten starke Gefühle miteinander. Er wollte Stephania nicht verraten. Aber wenn sie wirklich tot war, nutzte es ihr auch nichts mehr, wenn er im Keuschheitsgürtel feststeckte. Und diese Vorstellung machte ihm wirklich Angst. Andererseits – was war, wenn sie doch noch lebte. Dann würde er sie verlieren, wenn er den Gürtel entfernen ließ. Er hatte keinen Zweifel, daß sie ihm das nicht verzeihen würde. „Laß es mich doch wenigstens versuchen“, drängte Sandra sich in seine Überlegungen. „Außerdem“, hauchte sie ihm ins Ohr, „würde ich mich einem so tollen Mann wie dir gerne hingeben. Das würde auch die Erinnerungen an die Soldaten erträglicher machen.“ Sein bestes Stück im Keuschheitsgürtel plädierte deutlich für Sandras Vorschlag. Und es kostete ihn sehr viel Willenskraft, sie von sich wegzuschieben. „Nein, das kann ich nicht“, sagte er mühsam. „Schade“, meinte Sandra bedauernd und ging zu ihrem zerrissenen Kleid zurück. Sie zog es über und näherte sich Eric von hinten. Er hatte ihr absichtlich den Rücken zugedreht, um die Versuchung nicht zu groß werden zu lassen. Deshalb sah er auch nicht, daß sie ein kleines Messer aus dem Kleid geholt hatte. „Vorsicht, Eric!“, rief Melissa, die diese Szene schon eine Weile beobachtet hatte. Er ließ sich reflexartig fallen und rollte sich zur Seite. Sandras Messer stieß ins Leere. Eric trat ihr die Füße weg, so daß sie hinfiel und das Messer verlor. Melissa war inzwischen an sie herangetreten und schlug ihr mit der Faust gegen die Schläfe. Sandra sackte bewußtlos zusammen.

Eric legte sie über die Schulter und trug sie zum Lager zurück. Melissa nahm das Messer auf und schaute es sich genauer an. Eigentlich war es viel zu klein, um ernsthaften Schaden anzurichten. Sie vermutete, daß es vergiftet war. Eine Untersuchung am Lagerfeuer bestätigte ihren Verdacht. Im Lager erzählte Eric das Geschehen und die Gefährten berieten, was sie mit Sandra machen sollten. „Wir können keine Gefangenen mit uns herumschleppen“, meinte Melissa und hielt das vergiftete Messer demonstrativ in ihrer Hand. „Mich würde interessieren, warum sie das getan hat. Selbst wenn sie Erfolg gehabt hätte, wäre es ein selbstmörderischer Auftrag gewesen“, meinte Katharina. Lucius stimmte ihr zu. Er fesselte Sandra und bat Katharina, sie aus ihrer Bewußtlosigkeit aufzuwecken. Katharina legte ihre Hände an Sandras Schläfen und konzentrierte sich. Die anderen bemerkten wie Katharina in eine Art Trance fiel und immer tiefer in Sandras Geist hineinglitt. Doch sie konnte Sandras Bewußtsein nicht erreichen. Irgendwie schien alles in ihr leer zu sein. „Da stimmt etwas nicht“, murmelte sie. Plötzlich sah sie Sithars stechenden Blick und erschrak. Zuerst wollte sie panikartig die Verbindung zu Sandras Geist abbrechen, doch dann überwand sie sich und erkannte, daß dieses Bild von Sithar nur eine Erinnerung war. Die letzte Erinnerung, die sie zunächst finden konnte. Aber da war noch etwas. Ganz schwach und ganz weit weg nahm Katharina noch ein Bewußtsein wahr. Sie nahm die Hände wieder von Sandras Schläfen und öffnete erstaunt die Augen. Die anderen schauten sie fragend an. „Es ist, als würde jemand anderer sie von außen kontrollieren – wie eine Marionette.“ „Ich habe mal gehört, daß Magier ab der 5. Stufe dazu fähig sind“, meinte Darius. „Allerdings müssen sie vorher den Verstand der Person auslöschen.“ Katharina schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ihr eigener Verstand ist noch da. Eingeschlossen im hintersten Winkel ihres Bewußtseins.“ „Kannst du ihr helfen, sich aus der Fremdkontrolle zu befreien?“, wollte Lucius wissen. „Ich versuche es“, gab Katharina zurück und begab sich erneut in die Trance.

Vorbereitungen

Stephania hatte sich auf den steinigen Boden der Zisterne gelegt, die Arme über der Brust gekreuzt und die Augen geschlossen. Langsam wiederholte sie in Gedanken einen Spruch, der es ihr erlaubte, sich immer weiter zu entspannen. Ihre Atmung wurde dabei flacher und seltener, während ihr Herzschlag langsamer wurde. Sie spürte jeden noch so kleinen Stein, auf dem sie lag und überlegte, ob sie sich noch einmal bequemer hinlegen sollte. Doch sie entschied sich dagegen. Es war schwer genug, sich so tief zu entspannen, wie sie es jetzt bereits getan hatte. Und sie wollte nicht noch einmal von vorne anfangen müssen. Ganz langsam fiel sie in eine Trance, die sich nur bei genauer Beobachtung vom Tod unterschied. Nur wenige Menschen – Magier oder nicht – konnten sich bewußt in diese Art Winterschlaf begeben. Während ihr Körper seine elementaren Funktionen immer weiter zurückfuhr, war ihr Geist allerdings hell wach. Sie hatte das Gefühl, sich langsam aus ihrer sterblichen Hülle herauszubegeben und befreit umherwandern zu können. Dabei ‚sah’ sie jetzt viel mehr, als es ihr vorher im schwachen Schein der Fackel oder danach in völliger Dunkelheit möglich gewesen war. Sie konnte jede Wurzel und jeden kleinen Riß im Mauerwerk ausmachen. Und auch die Wände waren für sie kein Hindernis mehr. Langsam schwebte sie in Gedanken zum oberen Rand, folgte den Gängen und ließ sich auch von den Türen nicht aufhalten. Je weiter sie sich dabei von ihrem Körper entfernte, desto unklarer wurde allerdings ihre Wahrnehmung. Die Außenmauern der Zisterne, die nur wenig aus einem Hügel herausragten, konnte sie noch erkennen. Auch der umgebende Nadelwald war noch als solcher für sie wahrnehmbar, wobei sie bald keine einzelnen Bäume mehr unterscheiden konnte. Sie schaute sich um. Durch die Mauern der Zisterne sah sie ihren Körper wie ein strahlendes Leuchtfeuer schimmern. Und in der Ferne sah sie ein weiteres, helles Licht. Langsam bewegte sie sich darauf zu. Dabei schaute sie sich immer wieder nach ihrem Körper um. Sie wollte sich nicht soweit von ihm entfernen, daß sie ihn nicht mehr erkennen und nicht mehr zurückfinden könnte. Das Licht vor ihr nahm immer deutlichere Gestalt an. Es war Eric, der sich dort befand. Schließlich, als sie ihren eigenen Körper gerade noch als winzigen Leuchtpunkt in der Ferne erkennen konnte, hatte sie Eric erreicht. Es dauerte einen Moment, bis er sie wahrnahm. „Hallo Eric“, sagte sie in Gedanken zu ihm, „kannst du mich hören?“. Und Eric sah sie verstört an. „Bist du ein Traum?“, fragte er sie auf die gleiche, stumme Weise. „Ja und nein“, war ihre wenig erhellende Antwort. „Ich kann dich nur auf diese Art erreichen, wenn du schläfst. Und ich habe dir einige wichtige Sachen zu sagen.“

„Verdammt“, schimpfte Sithar und hielt sich den Kopf. Der Schlag, den die Sklavin gerade an die Schläfe bekommen hatte, dröhnte auch ihm noch im Kopf. Mit dem Verlust der Verbindung hatte er den eigentlichen Schmerz zwar nicht mehr gespürt, aber die Erinnerung daran war so deutlich, als hätte er ihn selbst abbekommen. So wie es aussah, war seine List fehlgeschlagen. Schon wieder. Wütend schlug er mit der Hand auf den Tisch, der vor ihm stand. Diesmal allerdings nicht so fest, daß er sich verletzte. Er hatte noch das Lachen dieser störrischen Sklavin im Ohr, als er sich bei seinem letzten Wutausbruch die Hand gebrochen hatte. Nun ja, zumindest würde sie sich nie wieder über ihn lustig machen. Ob die Eindringlinge die von ihm gesteuerte Attentäterin töten würden? Er würde es an ihrer Stelle ohne zögern tun. Wenn sie Gewissensbisse hätten, bekäme er vielleicht doch noch eine Chance. Zumindest würde er dann beobachten können, was seine Gegner vorhätten. Aber es war wirklich schade, daß es ihm nicht gelungen war, den Paladin entweder zur Untreue zu verführen oder zu töten. Denn dieser Paladin war auf eine besondere Weise mit der Königin von Kartun verbunden. Ohne ihre magischen Kräfte würde sie das wohl nicht nutzen können, aber es wäre ihm doch wohler gewesen, wenn er diese Verbindung hätte durchtrennen können. Wieso durchkreuzte diese Handvoll Kämpfer immer wieder seine Pläne. Das so etwas einmal passierte, konnte vorkommen. Zweimal hätte Zufall sein können. Aber so oft? Andererseits, wenn mehr als das Zusammentreffen unglücklicher Umstände am Werk war, wer könnte dahinter stecken? Dazu fiel ihm nur ein Name ein: Yandar. Er wußte so gut wie nichts über diesen einzigen Magier der 7. Stufe. Und alleine das machte ihm bereits zu schaffen. Andererseits, vielleicht war er ja auch nur ein Schreckgespenst, um Magier der 6. Stufe nicht übermütig werden zu lassen. In Erscheinung getreten war er jedenfalls seit einer Ewigkeit nicht. Sithar schüttelte den Kopf. Solche Grübeleien brachten ihn nicht weiter. Er täte besser daran, sich auf die endgültige Vernichtung dieser Eindringlinge zu konzentrieren.

Er stand auf und reckte sich. Um seine Kräfte zusammenzuhalten, brauchte auch er hin und wieder etwas Entspannung. Und er hatte schon eine Idee, wie er sich die Zeit angenehm vertreiben wollte, bis es soweit war, zum letzten, vernichtenden Schlag gegen diese lästigen Eindringlinge auszuholen. Die von ihm beauftragte Uhr war gestern geliefert worden. Jetzt wurde es Zeit, sie einzuweihen. Er wies seinen Diener an, zwei seiner Folterknechte und eine Sklavin zu ihm zu in seine Gemächer zu schicken. Dann betrachtete er die Uhr. Es war eine zwei Meter große Standuhr mit Pendel. Das Uhrengehäuse hatte allerdings für mehr Platz als nur für das Uhrwerk. Er grinste bei dem Gedanken daran, was gleich folgen würde. Zuerst betrat die Sklavin das Zimmer, in dem er wartete. Sie schaute ihn verängstigt an. Den Gesichtsausdruck von ihm kannte sie bereits. Und er verhieß nichts Gutes. „Knie dich hin und warte“, fuhr er sie an. Augenblicklich fiel sie auf die Knie und wartete zitternd, was folgen würde. Dann betraten die beiden Folterknechte das Zimmer. Als die Sklavin sie sah, war sie der Panik nahe. „Fesselt ihr die Hände verschränkt auf den Rücken“, meinte Sithar beiläufig zu den grobschlächtigen Männern. Dann ging er zu der Uhr und klappte die Fronttür mit dem Zifferblatt und den Zeigern zur Seite. Die Tür hatte vier kreisrunde Öffnungen unterhalb des Zifferblatts. Um die Öffnungen herum waren Befestigungsmöglichkeiten für unbekannte Mechanismen angebracht. Innerhalb der Uhr war gerade genug Platz, um die kniende Sklavin aufzunehmen. Die Folterknechte hatten der sich inzwischen heftig wehrenden Sklavin die Arme nach hinten gedreht und mit Metallfesseln waagerecht zueinander fixiert. Die Sklavin schrie und bettelte.

„Ab mit ihr in die Uhr“, befahl Sithar mit ruhiger Stimme den Bütteln. Diese schoben sie so in das Gehäuse, daß sie breitbeinig und mit dem Gesicht nach draußen zu knien kam. Der Hohlraum war so geformt, daß sie sich nach dem Schließen der Tür nicht mehr würde bewegen können. Sithar drückte die Tür zu und verschraubte sie mit dem restlichen Gehäuse. Aus der oberen Öffnung schaute das Gesicht der Sklavin heraus. Zwei Öffnungen boten Platz für ihre Brüste und gegen die vierte Öffnung wurde ihre Scham gepreßt. Jedes der Löcher hatte einen Durchmesser von etwa einer Handspanne. Nachdem die Tür fest verschraubt war, holte Sithar eine Metallkonstruktion aus einer Truhe und hielt sie vor die obere Öffnung mit dem Gesicht der Sklavin. Er zwang sie, den Mund zu öffnen, drückte die Konstruktion auf ihr Gesicht und verschraubte sie an der Tür. Das bewirkte, daß ihr Mund von einer Gitterkonstruktion offengehalten wurde. Vor ihren Augen waren zwei Klappen angebracht, die ihr die Sicht nahmen. Sithar öffnete sie mit den Worten: „Ich möchte die Angst in deinen Augen sehen, während ich dich dauerhaft zu einem Teil der Uhr werden lasse.“ Die Sklavin enttäuschte ihn nicht. Panik blitzte in ihren Augen und sie gab wimmernde Geräusche von sich. Sithar ging erneut zu der Truhe und holte zwei weitere Gitter-Konstruktionen heraus. Sie waren ungefähr halbkugelförmig und hatten einen Mechanismus im Scheitelpunkt. Er drückte sie über die aus der Uhr herausragenden Brüste der Sklavin. Der Mechanismus war danach jeweils direkt vor ihrer Brustwarze. Dann beförderte Sithar ein Gestänge mit Zahnrädern aus der Truhe und befestigte es so, daß die beiden Mechanismen über den Brüsten der Sklavin mit dem Uhrwerk verbunden waren. Schließlich kam er mit einer weiteren Konstruktion zur Uhr und befestigte sie über der Öffnung, gegen die die Scham der Sklavin gepreßt war. Er drehte noch etwas an zwei Schrauben und die Schamlippen der bewegungslos fixierten Sklavin wurden leicht auseinander gedrückt. Ihre Klitoris war dadurch freigelegt. Als er fertig war, betrachtete er zufrieden diese besondere Uhr.

Er zog die Gewichte des Uhrwerks nach oben. Dann warf er einen Blick auf eine kleine Standuhr, die seinen Nachttisch zierte. Er las die Zeit ab und drehte die Zeiger seiner speziellen Uhr in die richtige Position. Als letztes stieß er das Pendel an und setzte das Uhrwerk damit in Gang. Bei jeder Bewegung des Pendels drehte sich ein kleiner, genoppter Ring ein Stück um jede Brustwarze der Sklavin. Außerdem wurde gleichzeitig ein gewelltes Rad gedreht, das so von Zeit zu Zeit ihre Klitoris berührte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Sklavin Schauer der Erregung in sich aufsteigen spürte. Mehr als diese leichte Stimulation würde diese Uhr ihr allerdings nicht gewähren, wie ihr schlagartig bewußt wurde. „Na“, fragte Sithar sie, nachdem er die Folterknechte wieder weggeschickt hatte, „hast du begriffen, was ich mit dir vorhabe?“ Da sie nicht antworten konnte, war die Frage natürlich rein rhetorisch gemeint. „Ja“, beantwortete er seine Frage selbst, „du wirst von mir dauerhaft geil gehalten. Über die Gitterkonstruktion in deinem Mund wirst du gefüttert und an der Seite der Uhr kann ein Nachttopf herausgezogen werden, der an der richtigen Stelle unter dir steht.“ Er grinste in ihre flehenden Augen. „Ach ja“, fuhr er fort, „jede volle Stunde wird ein Schlagwerk“, sein Grinsen wurde bei dem letzten Wort noch etwas breiter, „dafür sorgen, daß du die Zeit verkündest.“ Es war fast zwei Uhr nachts. Und Sithar wartete gespannt die volle Stunde ab. Als es soweit war, stöhnte die Sklavin zweimal schmerzhaft auf. Das gewellte Rad hatte sich plötzlich nicht mehr weitergedreht, sondern sich kurz zurückgezogen und war dann zweimal heftig auf ihre empfindlichste Stelle zurückgeschnellt. Das ‚Schlagwerk’ arbeitete demnach wie vorgesehen. Zufrieden legte Sithar sich in sein Bett und beobachtete noch eine Zeitlang die Uhr. Dann ließ er eine weitere Sklavin kommen, die ihn verwöhnen sollte. Die neue Uhr hatte ihn sehr erregt. Und er überlegte, was er an weiteren, derart reizvollen Möbeln in seinen Gemächern aufstellen könnte.

Der magische Angriff

Katharina drang erneut in Sandras Geist ein. Schließlich fand sie deren Persönlichkeit. Und nach einiger Zeit gelang es ihr, diese zu befreien. Als Katharina aus ihrer Trance erwachte, kam auch die gefesselte Attentäterin wieder zu Bewußtsein. „Sie ist jetzt wieder sie selbst“, meinte Katharina, stand auf und reckte sich. „Weißt du, was passiert ist, Sandra?“, fragte Lucius die Attentäterin. „Ich heiße Angelika“, antwortete diese, „und ja, ich weiß, was passiert ist. Es tut mir leid, aber ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper. Ich konnte – und mußte – zwar alles mit ansehen, konnte es aber nicht ändern.“ Die anderen schauten gespannt auf Lucius und Angelika. „Können wir uns denn darauf verlassen, daß sie jetzt die Wahrheit sagt?“, wollte Melissa wissen und sprach damit aus, was auch Eric sich gerade überlegt hatte. „Ich merke, wenn man mich belügt“, meinte Lucius nur und Katharina nickte bestätigend. Darius schaute Angelika nur konzentriert an. Auch er besaß diese Gabe, die den meisten Magiern mehr oder weniger ausgeprägt zu eigen war. „Erzähl uns alles, was du weißt“, forderte Lucius die noch immer gefesselte Angelika auf. Und diese erzählte ihnen, wie sie in die Gewalt Sithars gekommen war, wie er ihr schließlich seinen Willen aufzwang und wie sie hier hergebracht worden war. „Können wir denn sicher sein, daß Sithar sich nicht erneut ihrer bemächtigt?“, wollte Eric wissen, dem immer noch der Schreck darüber in den Gliedern saß, daß er ohne Melissas Warnung dem Anschlag zum Opfer gefallen wäre. „Soweit ich weiß, geht das nur einmal“, antwortete Darius. „Aber ich werde zu Salar Verbindung aufnehmen und ihn fragen.“ Er zog sich zurück und schien sich auf einen unsichtbaren Punkt zu konzentrieren. Kurze Zeit später gesellte er sich wieder zu den Gefährten und teilte ihnen mit, daß seine Vermutung richtig war. „Ihr kann nie wieder jemand seinen Willen aufzwingen. Wir wären da schon gefährdeter. Außer Eric, als Paladin Stephanias, könnte Sithar theoretisch jedem von uns seinen Willen aufzwingen. Allerdings nur mit einem ähnlichen Aufwand wie bei Angelika. Zumindest vor diesem Angriff sind wir also relativ sicher.“

Eric und Lucius hielten gemeinsam Nachtwache, während die anderen sich ausruhten. Angelika hatte die Fesseln abgenommen bekommen und war in einen unruhigen Schlaf verfallen. Schließlich wurden Eric und Lucius von Darius und Melissa abgelöst. Am nächsten Morgen machte Eric ein ziemlich verstörtes Gesicht, als er aufwachte. „Was hast du?“, wollte Katharina von ihm wissen. „Ich hatte einen verrückten Traum“, sagte er. „Nichts wichtiges. Aber es hat mich irgendwie durcheinandergebracht.“ „Manchmal sind Träume wichtig“, wand sie ein. Er schaute sie einen Moment unschlüssig an. „Ich habe geträumt, daß ich Stephania getroffen hatte. Sie hatte mir im Traum sogar gesagt, daß ich träume.“ Darius war aufmerksam geworden. „Was hat sie denn gesagt?“ „Daß sie in einer alten Zisterne gefangen gehalten wird. In einem Nadelwald.“ „Du meinst Zitadelle?“, hakte Darius nach. „Sie hat in meinem Traum Zisterne gesagt. Aber es war ja ohnehin nur ein Traum.“ Nach einer Pause fügte er noch hinzu: „Sie hat mir sogar etwas für Melissa ausgerichtet.“ Jetzt war auch diese ganz Ohr. „Was denn?“, wollte sie wissen. „Etwas ganz verrücktes. Sie nannte mir die Zahlen 1, 2 und 5. Und sie sagte etwas von einem siebenzackigen Stern, den es in Karatun gäbe. Wobei nur drei Zacken sichtbar wären.“ Eric zuckte mit den Schultern. „Ich sagte ja, wirres Zeug.“ Melissa war plötzlich sehr aufgeregt. „Hat sie dir vorher nie von diesem Stern erzählt?“ Eric schüttelte den Kopf. Melissa beugte sich vor und flüsterte ihm ins Ohr: „Der Stern steht für ihren Palast in Karatun. Und die Zacken sind die Ausgänge, von denen es offiziell nur drei gibt, nämlich die mit den Nummern 1, 2 und 5. Die anderen sind Geheimgänge. Es gibt nur wenige, die das wissen. Und das soll auch so bleiben.“ An alle gewandt fuhr sie fort: „Ich bin sicher, daß Eric wirklich mit Königin Stephania in Kontakt stand. Ich verstehe zwar nicht, wie das möglich war. Denn Eric ist kein Magier und Stephania wird mindestens noch einige Tage unter der Wirkung des Giftes leiden und ihre magischen Fähigkeiten nicht nutzen können. Aber was Eric geträumt hat, konnte er nicht wissen.“ Lucius mischte sich wieder ein. „Wenn wir wüßten, wo der Nadelwald steht, könnten wir sie vielleicht gleich befreien.“ Und jetzt war es Angelika, die etwas beizutragen hatte. Sie hatte gehört, daß es nur sehr wenige Nadelwälder in Manitien gab. Und einige der Soldaten, die sie bei ihrem Transport hierher hatte reden hören, hatten etwas von einer völlig nutzlosen, alten Zisterne erzählt, die sie etwa zwei Tagesreisen entfernt bewachen sollten. In einem Nadelwald, in dem man sich die Kleidung immer mit Harz vollschmierte und der nachher so schlecht abging.

Zwei Stunden später verließen sie den Wald, in dem sie übernachtet hatten. Sie kamen in eine flache, sehr staubige, ockerfarbene Ebene, die ihnen keinerlei Schutz vor Entdeckung bot. Daher beeilten sie sich, sie schnell zu durchqueren. Als sie etwa die Mitte der Ebene erreicht hatten, hörten sie plötzlich ein anschwellendes Brummen. Sie befanden sich auf einer kleinen Anhöhe, konnten aber zunächst in keiner Richtung einen Grund für das Geräusch erkennen. Mit einem Mal wirbelte um sie herum der Staub auf. Nicht so, als würde sich etwas aus der Ferne nähern, sondern als würde der Staub selbst lebendig werden. Dann ebbte das Brummen wieder ab. Und langsam legte sich auch der Staub wieder. Die Gefährten trauten ihren Augen nicht. Aus dem Nichts war eine Armee aufgetaucht. Allerdings nicht irgend eine Armee. Es waren Tausende Skelette, die in vier Quadraten Aufstellung genommen hatten. Alle hatten die gleiche Farbe wie der Staub, der vorher aufgewirbelt worden war. Und das Schwert, das jeder von ihnen in der Hand hatte, schien ebenfalls aus diesem staubigen Knochen hergestellt zu sein. Die quadratische Schlachtordnung ließ jedem Skelett ausreichend Platz zum Kämpfen. Zunächst standen sie nur in jeder Himmelsrichtung um die Gefährten herum. Dann setzten sie sich alle gleichzeitig langsam in Bewegung. Lucius suchte nach einer geeigneten Taktik. „Wenn wir warten, bis sie hierherkommen, haben wir keine Chance. Wir müssen versuchen, eine Bresche zu schlagen. Vielleicht können wir ihre Schlachtordnung zerstören und dann mit den Pferden durchbrechen.“ Zunächst stiegen sie allerdings alle von den Pferden ab. Ein Angriff zu Pferde kam nicht in Frage, da die Skelette zuerst die Pferde und dann die herabstürzenden Reiter erschlagen würden. „Wie tötet man Skelette?“, fragte Eric mit zweifelndem Gesichtsausdruck. „Das werden wir wohl ausprobieren müssen“, gab Lucius zurück. Dann rannten er und Eric in die angreifenden Skelette hinein. Es war ein verzweifeltes Unterfangen. Zwar waren die einzelnen Skelette keine wirklich gefährlichen Gegner, zumal ihre Schwerter zerbrachen, wenn sie auf die Klingen aus Damaststahl trafen, mit denen Eric und Lucius auf sie einschlugen. Aber es waren einfach zu viele. Und nach kurzer Zeit waren die beiden Kämpfer von allen Seiten eingekreist. Darius versuchte, die beiden mit magischen Mitteln zu unterstützen. Aber weder der Knochenwind noch die Feuerbälle, die er den Skeletten entgegenschickte, konnten viel ausrichten. Auch Melissas Versuche, den Zauberbogen gegen die Skelette einzusetzen, brachte keinen nennenswerten Erfolg. Schließlich zog auch sie ihr Schwert und rannte hinter Lucius und Eric her. Diese hatten inzwischen festgestellt, daß das Abschlagen des Schädels bei den Skeletten die beste Wirkung zeigte. Sie zerfielen danach sofort zu Staub.

Schließlich stellte Lucius verblüfft fest, daß die Bewegungen der Skelette langsamer wurden. Sofort nutzte er das aus und schlug so vielen wie möglich den Schädel ab. Schließlich verharrten die Skelette bewegungslos. Lucius rannte durch ihre Reihen und durchtrennte ihnen mit beiden Schwertern das Genick. Er rief Eric zu, es ihm gleichzutun, drehte sich aber nicht extra um. Im Dauerlauf rannte er durch die Reihen der Skelette und schlug abwechselnd rechts und links zu. Das war jetzt kein Kämpfen mehr. Lucius kam sich vor, als würde er mit der Sense durch ein Feld gehen und Korn ernten. Nachdem er mit dem ersten Quadrat fertig war, rannte er zum nächsten. Schließlich war er mit dem vierten Quadrat fertig und näherte sich wieder dem ersten, in das er sich zu Anfang mit Eric gestürzt hatte. Verblüfft blieb er stehen. Obwohl er sicher war, in jenem Quadrat bereits allen Skeletten die Schädel vom Hals geschlagen zu haben, standen die meisten noch. Er drehte sich um und sah auf die anderen Schlachtformationen der Angreifer. Auch hier standen noch alle Skelette. Erneut wandte er sich dem ersten Quadrat zu. Und erst jetzt bemerkte er, daß auch Eric erstarrt war. Melissa befand sich mitten in einem Sprung und hatte die ersten Skelette fast erreicht. Es war gespenstisch. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Und zwar für alle außer ihm. Dann sah er, wie die ersten Skelette, die er zu Anfang geköpft hatte, sich auflösten und zu Staub zerfielen. Die Zeit lief also weiter. Nur ganz langsam. Oder, überlegte er sich, sie lief für ihn besonders schnell. Zwei der Skelette, um die er sich nicht gekümmert hatte, weil Eric dort bereits wütete, hatten sich in dessen Rücken begeben und holten jetzt ganz langsam zum Schlag aus. So langsam wie sie es taten, mußten sie damit bereits angefangen haben, als Lucius noch im ersten Quadrat wütete. Er rannte auf diese beiden Skelette zu und wollte sie zunächst einfach umwerfen, indem er sich gegen sie warf. Dabei zerbröselten sie allerdings, wobei die Einzelteile noch in der Luft hingen. So zerbrechlich waren ihm die Skelette zu Anfang gar nicht vorgekommen. Er ging zu einem weiteren Skelett, das noch nicht zu Staub zerfallen war und drückte seinen Finger in dessen Knochen. Der Knochen leistete ihm so viel Widerstand wie ein Stück Kuchen. Sollte das damit zutun haben, daß er sich viel schneller bewegte, als der Rest der Welt um ihn herum?

Plötzlich kam er sich sehr einsam vor. Was würde er tun müssen, um wieder in die gleiche Zeit zu kommen, wie seine Gefährten? Bei dem Gedanken blickte er zu Katharina hinüber. Sie schaute noch dorthin, wo er vorhin mit Eric zusammen gekämpft hatte. Hinter Katharina sah er etwas, daß sich erkennbar bewegte. Er rannte den Hügel zu ihr hoch. Von dem Nadelwald, auf den sie sich aus der Ebene hinbewegt hatten, näherte sich etwas Perlmutfarbenes. Es bewegte sich zwar aus seiner Perspektive langsam, im Vergleich zu allen anderen Bewegungen aber rasend schnell. Dann erkannte Lucius, daß es sich um einen Zauberpfeil handelte. Und dieser flog direkt auf Katharina zu. Sein erster Impuls war, Katharina zur Seite zu drücken. Doch dann fiel ihm ein, wie die Skelette auf seine leichte Berührung reagiert hatten. Er würde Katharina töten, wenn er sie wegschubste. Deshalb rannte er auf den Pfeil zu. Er schlug mit seinem Schwert gegen den Pfeil, aber es prallte einfach ab. Dann ging er neben dem Pfeil her und versuchte, ihn in eine andere Richtung zu zerren. Aber der Pfeil ließ sich kein Stück von seiner Bahn abbringen. Es gelang Lucius sogar, sich auf den Pfeil zu stellen und auf ihm zu balancieren. Aber das änderte nichts daran, daß er unbarmherzig auf Katharina zuflog. Was sollte er tun? Er konnte Katharina nicht in Sicherheit bringen. Und er konnte den Pfeil nicht von seinem tödlichen Kurs abbringen. Inzwischen war der Pfeil nur noch zwei Meter von Katharina entfernt. Erics Schild fiel ihm wieder ein. Es war aus Mitril und würde den Pfeil abhalten. Aber wenn er Eric das Schild entreißen würde, würde er wahrscheinlich ihn töten. Außerdem wurde die Zeit zu knapp. Und Lucius stellte sich vor Katharina und damit dem Pfeil in den Weg. Es war nicht unbedingt vernünftig, da er für die Mission wahrscheinlich wertvoller war als Katharina. Aber er brachte es nicht übers Herz, sie sterben zu lassen. Dann spürte Lucius, wie der Pfeil ihn traf und er in die normale Zeit zurückkatapultiert wurde.

Verwirrende Erkenntnis

Sithar stand im Nadelwald und beobachtete mit hämischer Freude, wie seine Skelettkrieger aus dem Staub entstanden und die Eindringlinge von allen Seiten angriffen. Die zwei Kämpfer, die sich gegen die erste Formation seiner Skelette warfen, würden gleich von der Übermacht vernichtet werden. Einige Soldaten und zwei Bogenschützen mit Zauberbögen waren bei ihm. „Wer steht noch auf dem Hügel?“, wollte er von einem der Bogenschützen wissen. „Drei Frauen und ein Magier“, kam sofort die Antwort. „Drei Frauen?“ Sithar war irritiert. Hatte die Sklavin etwa überlebt? Wieso konnte er dann keine Verbindung mit ihr herstellen. Er ließ den Bogenschützen die drei Frauen beschreiben. Tatsächlich. Die Sklavin lebte noch. Und sie schien sogar ihr eigenes Bewußtsein wiedergefunden zu haben. Seltsam. Egal, dachte er, gleich würden seine Skelettkrieger allen unwiderruflich das Bewußtsein nehmen. Zusammen mit ihrem Leben. Da war doch mal etwas gewesen. Mit einem Fluch, der auf einem Magier gelastet hatte, dessen Übernahme eines fremden Körpers gescheitert war. Er wollte kein Risiko eingehen. „Tötet alle mit den Zauberbögen, wenn die Skelette es nicht schaffen“, wies er seine Bogenschützen an und entfernte sich etwas. Der erste Schütze ließ einen Zauberpfeil von seinem Bogen schnellen. Im gleichen Moment gab es einen ohrenbetäubenden Knall und perlmutfarbene Splitter schossen durch die Luft. Sithar schrie vor Schreck und Schmerz auf. Viele kleine Splitter hatten ihn getroffen. Verwirrt schaute er zu seinen Soldaten hinüber. Sie waren alle tot – zerrissen von den Splittern eines berstenden Zauberbogens. Das konnte doch gar nicht sein, dachte Sithar entsetzt. Es gab nur einen Grund für einen Zauberbogen zu zerspringen. Nämlich, wenn damit auf einen Magier der Klasse 6 geschossen worden war. Sollte unter den Eindringlingen ein solch mächtiger Magier sein? Er schaute zurück auf die Ebene und bekam einen weiteren Schock. Alle seine Skelettkrieger zerfielen zu Staub. Allmählich wurde es Sithar richtig mulmig. Seine Gegner waren noch viel gefährlicher als er angenommen hatte. Wenn sie über die gleichen magischen Fähigkeiten verfügten wie er, hatte er plötzlich keinen echten Vorteil mehr auf seiner Seite. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg. Andererseits, dachte er, waren es nur wenige. Wenn er einen großen Angriff mit Bergtrollen und vor allem Wolfsreitern organisierte und gleichzeitig dafür sorgte, daß alle Zauber der Angreifer neutralisiert wurden, sollte er sie vernichten können.

Er mußte sofort zurück in den Palast von Endorin. Von dort aus könnte er die Streitmacht am schnellsten aufstellen. Dann zögerte er. Die Eindringlinge waren auf dem Weg zu diesem Nadelwald, in dem er Stephania eingekerkert hatte. Sie würden versuchen, sie zu befreien. Zuerst mußte er sich in die Zisterne versetzen und Stephania töten. Wenn den anderen ihre Befreiung gelang, wäre die magische Macht der Eindringlinge gefährlich groß. Er konzentrierte sich auf den Zielort Zisterne und versetzte sich dorthin. Jedenfalls versuchte er es. Aber es gelang ihm nicht. Dann versuchte er, sich in den Palast von Endorin zu versetzen. Auch das war ihm nicht möglich. Gehetzt schaute er sich um. Konnte der gegnerische Magier etwa auch seine Fähigkeit blockieren, sich an beliebige Orte zu versetzen? Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Dann kam ihm eine Idee. Wahrscheinlich war es nicht der andere Magier. Die Splitter des Zauberbogens blockierten jenen Teil seiner Fähigkeiten, mit dem er sich augenblicklich zu jedem Ort versetzen konnte. Aber wie kam er jetzt in die Zisterne? Durch den Wald führte kein direkter Weg dorthin. Er hatte sie ja gerade deshalb ausgesucht, weil außer ihm niemand dorthin gelangen konnte, wenn er sich nicht mühsam den Weg durch das dichte Unterholz bahnen wollte. Wenn die anderen es versuchen würden, gewänne er allerdings Zeit. Dann würde er eine Streitmacht aus Wolfsreitern und Trollen hierher schicken, während die anderen sich noch einen Weg durch den dichten Nadelwald bahnen würden. Aber dazu mußte er schnellstens nach Endorin. Er schaute hinüber zu den getöteten Soldaten. Deren Pferde standen etwas abseits. Schnell nahm er sich das beste und verließ im Galopp den Nadelwald Richtung Endorin.

Stephania lag totengleich in der Zisterne und wanderte mit ihren Gedanken durch die nähere Umgebung. Erics Leuchten war nähergekommen. Aber da er nicht schlief, konnte sie keinen Kontakt zu ihm aufnehmen. Hoffentlich hatte er ihre Worte nicht als einen seltsamen Traum abgetan. Wenn er Melissa die Botschaft ausgerichtet hatte, würde er wissen, daß es kein Traum war. Sie horchte in ihren eigenen Körper hinein. Dieser litt allmählich unter dem Mangel an Wasser und Nahrung. Wenn sie wirklich warten wollte, bis das Gift sich vollständig aus ihrem Körper abgebaut hatte, wäre es zweifelhaft, ob sie danach noch genug Kraft hatte, sich mit ihren magischen Fähigkeiten zu befreien. Ihre Lage war sehr kritisch. Während ihr das klar wurde, erhöhte sich ihre Pulsfrequenz und auch ihre Atmung. Ruhig, sagte sie sich. Ich darf mich nicht aufregen. Nur dann habe ich eine Chance. Allmählich wurde ihre Atmung wieder flacher und ihr Herz schlug nur noch in großen Abständen. Es war eine schwierige Aufgabe, die sie bewältigen mußte. Und vor allem mußte sie diese Aufgabe ruhig und entspannt bewältigen. Sie dachte an Eric. Und daran, was sie für ihn empfand. Und diese Gefühle gaben ihr wieder Kraft. Und sie zog daraus auch den Willen, es unbedingt schaffen zu wollen. Ich will es schaffen, sagte sie sich, und ich werde es auch schaffen. Sie machte sich bewußt, daß es völlig normal war, in ihrer Situation gelegentlich in eine Krise zu kommen. Und diese Krise hatte sie jetzt bewältigt. Entweder würden die anderen kommen und sie befreien, oder sie würde es aus eigener Kraft schaffen. An diesem Gedanken ließ sie keinen Zweifel mehr zu.

Lucius rechnete damit, daß es weh tun würde, von dem Zauberpfeil getroffen zu werden. Trotzdem entfuhr ihm ein Schrei, als der Pfeil ihn traf und ihm sein Hemd schmerzhaft gegen die Brust drückte. Sobald der Pfeil allerdings sein Hemd durchbohrt und seine Haut berührt hatte, zerfiel er augenblicklich in schimmernden Staub. Und noch bevor dieser den Boden berühren konnte, war er verschwunden. Hinter ihm entfuhr Katharina ein erschreckter Aufschrei. Wo kam Lucius plötzlich her? Lucius drehte sich zu ihr und drückte sie an sich. Aus dem Augenwinkel sah er, wie überall die Skelette zu Staub zerfielen. Alle außer Lucius nahmen es zuerst nur verstört war. Erst allmählich machte sich Erleichterung bei ihnen breit, auch wenn sie zunächst keine Erklärung für das Geschehen hatten. „Du blutest ja“, stellte Katharina fest, als Lucius sie losgelassen hatte. An der Stelle, die der Pfeil getroffen hatte, traten einige Tropfen Blut aus und färbten sein Hemd rot. „Nichts ernstes“, wiegelte er ab und zog sein Hemd aus. Es war wirklich nicht mehr als ein blauer Fleck und ein winziger Kratzer. Inzwischen waren alle auf den Hügel zurückgekommen. „Was ist denn eigentlich passiert“, wollte Eric wissen und macht mit seinem Arm eine Bewegung um sie herum. Bevor Lucius antworten konnte, vernahmen sie einen lauten Knall aus der Richtung des Nadelwaldes. Melissa spannte ihren Zauberbogen und suchte nach einem Grund für das laute Geräusch. Sie entdeckte die toten Soldaten, die von perlmutfarbenen Splittern zerfetzt worden waren. Und sie sah einen einzelnen Reiter aus dem Wald davon galoppieren. „Ich kann ihn noch erwischen“, meinte sie mehr zu sich selbst, während sie ihn anvisierte. „Laß es“, meinte Lucius. „Wenn es Sithar ist, bringst du uns alle um.“ Sie nickte. Dann erzählte sie den anderen, was sie im Wald gesehen hatte. „Meinst du, die Soldaten haben mit einem Zauberpfeil auf Sithar geschossen?“, fragte Darius verständnislos. „Sie haben nicht auf ihn geschossen. Einer ihrer Pfeile hatte mich getroffen“, antwortete Lucius tonlos. Er versuchte noch, die richtigen Schlußfolgerungen aus dem Ereignis zu ziehen. Aber es ergab keinen Sinn. Zumindest solange nicht, wie er sich dagegen wehrte anzuerkennen, ein Magier der 6. Stufe zu sein.

Darius und Melissa sahen zuerst Lucius und dann einander verwirrt an. Sie wußten sofort die einzig mögliche Erklärung. Aber es war für sie genauso unfaßbar, wie für Lucius selbst. Katharina war die erste, die es offen aussprach. „Du bist also ein Magier der 6. Stufe. Es wundert mich nicht wirklich“, meinte sie zu Lucius’ Verwunderung. Auch die anderen schauten sie fragend an. „Als ich versucht hatte, dir wegen deiner Albträume zu helfen ...“ „Und zwar erfolgreich“, warf Lucius lächelnd ein. Sie nickte. „... da bin ich bei dir auf etwas Fremdartiges gestoßen. Etwas, daß ich mir nicht erklären konnte. Und etwas, daß mir einen Teil von dir verschlossen hielt. Später bin noch einmal viel deutlicher darauf gestoßen. Da war es wie eine brennende Eiswand.“ „Warst du das dann auch mit den Skeletten?“, nahm Eric die Frage wieder auf, die durch den lauten Knall unterbrochen worden war. Mit einem Seufzer erzählte Lucius ihnen, was sich aus seiner Sicht vorhin zugetragen hatte. Der erstaunte Ausdruck schien in die Gesichter seiner Gefährten eingemeißelt zu sein. „Hattest du jemals eine magische Ausbildung?“, wollte Darius von ihm wissen. Lucius schüttelte den Kopf. „Soweit ich mich zurückerinnern kann, war ich ein Schwertkämpfer. Mehr habe ich nicht gelernt.“ „Auf eine seltsame Weise ergibt das sogar einen Sinn“, überlegte Darius laut. „Nehmen wir einmal an, du hattest diese Begabung schon immer. Auch wenn ich es bisher nur so kannte, daß man von einem Magier einer höheren Stufe – entsprechende Begabung vorausgesetzt – auf eine Stufe gehoben werden kann. Aber egal. Du hast dich bei deiner Ausbildung stark auf den Schwertkampf konzentriert. Das heißt, du hast neben der Technik die Ausdauer, die Zielgenauigkeit und die Geschwindigkeit trainiert. Und deine magischen Fähigkeiten haben dich dabei unterstützt. Was vorhin passiert ist, entspricht doch genau diesem Training. Du warst außergewöhnlich schnell.“ Lucius nickte langsam. „Du hast recht. So könnte es einen Sinn ergeben.“

Er stand auf. „Jetzt laßt uns sehen, daß wir zu dem Wald dort drüben kommen. Wir haben schließlich noch einiges vor.“ Alle stiegen auf ihre Pferde. Angelika, die kein eigenes Pferd hatte, stieg wieder bei Katharina mit auf. Und sie ritten auf den Wald zu. Erst mit Einbruch der Nacht erreichten sie den Waldrand. Sie suchten sich einen geeigneten Platz und schlugen ihr Lager dort auf. Lucius saß noch lange grübelnd am Lagerfeuer. Es war eine sehr befremdliche Vorstellung für ihn, plötzlich ein Magier zu sein. Und er war sich über die Konsequenzen dieser Entwicklung noch lange nicht im Klaren. Schließlich holte Katharina ihn an ihre Seite und half ihm, einen erholsamen Schlaf zu finden. Eric traf im Traum wieder auf Stephania, die ihm erklärte, in welcher Richtung die Zisterne zu finden sei, in der sie sich befand. Am nächsten Morgen schauten sie sich die toten Soldaten an. Ein Zauberbogen mit Pfeilen war noch unter der Ausrüstung. Melissa nahm ihn an sich. Dann entdeckten sie die Pferde der Soldaten, die von den Splittern des geborstenen Zauberbogens nichts abbekommen hatten. Sie versorgen sie und nahmen sie mit. Langsam drangen sie immer tiefer in den Wald ein. Sie folgten dabei einem Weg, der sich mehr und mehr im Unterholz verlor. Eric hatte von Stephania zwar die Richtung genannt bekommen, wußte aber auch nicht, wo der günstigste Weg zur Zisterne entlang führte. Schließlich kamen sie nicht mehr weiter. Selbst wenn sie versuchen würden, sich durch die Äste, Büsche und Dornensträucher mit ihren Schwertern einen Weg zu bahnen, würden sie nur sehr langsam vorankommen. Die Schwerter wären bereits nach wenigen Metern stumpf. Eric war wütend und verzweifelt. Das konnte doch nicht wahr sein. Sie waren jetzt so weit gekommen und wurden von einem dichten Wald aufgehalten.

Zur Zisterne

„Wer seid ihr? Und was wollt ihr hier?“, vernahmen die Gefährten plötzlich eine Stimme mitten aus dem Unterholz. Sofort hatten alle ihre Hände an den Waffen. „Wer will das wissen?“, fragte Lucius zurück. Das Unterholz lichtete sich etwas und gab den Blick auf eine tiefschwarze, relativ große Gestalt frei. „Ich will es wissen“, meinte die schwarze Gestalt. „Schließlich seid ihr hier in meinem Wald.“ Außer Angelika hatten alle Gefährten schon Waldgeister gesehen, wenn auch vorwiegend grüne. Von daher war ihnen klar, daß sie einem Waldschrat gegenüber standen. „Ich bin Lucius und wir sind Freunde von Sigourny und Korben.“ Der Waldschrat nickte. „Ihre Beschreibung paßt auf euch. Allerdings hatte sie nur von fünf Menschen gesprochen.“ „Angelika“, antwortete Lucius und zeigte auf sie, „begleitet uns erst seit kurzem.“ Er schaute den Waldschrat wieder direkt an. „Wir suchen eine Freundin“, fuhr er fort. Melissa zuckte kaum merklich, als ihre Königin als Freundin bezeichnet wurde. Irgendwie stimmte es zwar, aber es kam ihr respektlos vor. Allerdings sie wollte die Situation nicht unnötig komplizieren und hielt den Mund. „Soweit wir wissen, wird sie in diesem Wald in einer alten Zisterne gefangen gehalten. Kannst du uns sagen, wo wir den Weg dorthin finden?“ „Es gibt keinen Weg mehr dorthin. Aber ich kann euch trotzdem zu der Zisterne führen, wenn ihr mir auch einen Gefallen tut.“ „Was können wir für dich tun?“, fragte Lucius vorsichtig nach. „In der undichten Zisterne, in der ihr eure Freundin vermutet, vergiftet etwas das Wasser. Wenn ich euch zu der Zisterne führe, nehmt ihr das mit, was das Wasser vergiftet.“ Lucius nickte. „Wenn wir das können, werden wir es tun.“ Wortlos drehte der Waldschrat sich um und ging mit schnellen Schritten tiefer in den Wald hinein. Sehr gesprächig ist er nicht, dachte Lucius und ging zu seinem Pferd. Das Unterholz wich zurück und ließ damit einen Weg entstehen, auf dem auch die Gefährten auf ihren Pferden folgen konnten. Die schwarze Gestalt vor ihnen verfiel in einen Dauerlauf mit weit ausgreifenden Schritten. Ohne ihre Pferde hätten die Gefährten nicht schnell genug folgen können.

So erreichten sie noch vor Mittag den Hügel, aus dem das Dach der Zisterne nur knapp herausragte. Der Waldschrat blieb stehen und wartete wortlos. Eric sprang als erster vom Pferd und rannte auf die massive Tür zu, die der einzige Eingang der Zisterne zu sein schien. Diese Tür hatte allerdings keinen erkennbaren Öffnungsmechanismus. Und Erics Versuche, sie mit Gewalt zu öffnen, scheiterten kläglich. Auch die anderen Gefährten waren inzwischen abgestiegen und schauten sich die Tür an. „Gibt es noch einen weiteren Eingang?“, wollte Lucius von dem Waldschrat wissen. „Wenn du eine Nymphe wärst, könntest du über das Grundwasser hinein. Allerdings auch erst, wenn es nicht mehr vergiftet ist.“ Lucius verzog etwas das Gesicht. „Ich bin aber keine Nymphe“, bemerkte er säuerlich. Dieser Waldschrat war nicht nur recht einsilbig, er gab sich auch nicht gerade Mühe, ihnen zu helfen. „Bei einer Zisterne muß doch das Regenwasser irgendwo aufgefangen und nach innen geleitet werden. Weißt du, wo dieses Wasser gesammelt und hineingeleitet wird?“, hakte Lucius nach. „Mit menschlichen Bauwerken kenne ich mich nicht aus“, war die wenig hilfreiche Antwort. Lucius schluckte die Bemerkung herunter, die ihm auf der Zunge lag und ging um die Zisterne herum. Er konnte allerdings nichts hilfreiches entdecken. Dann ließ er sich von Eric auf das Dach der Zisterne helfen und schaute sich dort um. Das Dach war trichterförmig nach innen gewölbt. In der Mitte mußte es einmal eine Öffnung gegeben haben. Allerdings war diese mit Felsbrocken verschlossen worden.

Einen Moment überlegte er, ob sich diese Felsbrocken wegräumen ließen. Aber dann würden sie riskieren, daß auch einige der größeren Brocken in die Zisterne stürzten. Und das würde Stephania gefährden, solange sie ihr nicht vorher sagen konnten, wohin sie sich in Sicherheit bringen sollte. Unverrichteter Dinge kletterte er wieder vom Dach herunter. Auch die anderen waren bei ihren Untersuchungen der Zisternenmauern oder der Tür nicht weitergekommen. „Kannst du die Tür vielleicht mit Feuerbällen aufschmelzen?“, wollte Melissa von Darius wissen. Die anderen traten zurück und er versuchte es. Die Feuerbälle wurden aber direkt von der Tür zurückgeworfen und verpufften wirkungslos. Bei der Mauer waren die Feuerbälle auch nicht wirkungsvoller. „Es scheint, daß Sithar die Zisterne gegen magische Angriffe geschützt hat“, meinte Darius schließlich resigniert. Sie diskutierten noch eine Zeitlang verschiedene Ideen, die allerdings alle nicht zum gewünschten Erfolg führten. „Kannst du als Magier der 6. Stufe die Tür nicht aufmachen?“, schlug Eric vor. „Und wie soll ich das tun?“, wollte Lucius wissen, „Ich kenne keine Zaubersprüche oder Beschwörungsformeln. Und auf ein ‚Tür öffne dich’ wird dieses blöde Ding ja wohl kaum reagieren.“ Lucius war genervt. Die Tatsache, daß er offenbar ein mächtiger Magier war, hatte er selbst noch nicht verdaut. Auf solche Sprüche konnte er gut verzichten. Andererseits hatte Eric es ja nicht böse gemeint. Lucius entschuldigte sich für seine heftige Reaktion und versuchte es sogar mit: „Tür, öffne dich!“ Natürlich ohne Erfolg. Schließlich setzten sie sich erst einmal ins Gras. Jeder grübelte vor sich hin.

Sithar war im Galopp zu seinem Turm in der Nähe von Endorin geritten. Mehrmals hatte er das Pferd gewechselt und war die Nacht weitergeritten, so daß er es bis Mittag des folgenden Tages geschafft hatte, seinen Turm zu erreichen. Das Hinaufsteigen der Treppen war sehr mühsam. Bisher war er es gewohnt, sich einfach an jeden Ort zu versetzen, den er erreichen wollte. Schnaufend kam er an und rief seinen Diener. „Schicke mir sofort zwei Sklavinnen in meine Gemächer“, fauchte er diesen an. „Sie sollen mir mit Pinzetten die Splitter aus dem Körper holen, die ich mir dort eingefangen habe.“ Dann begab er sich in das Zimmer mit seinem Bett und betrachtete erst einmal seine neue Uhr. Bei diesem Anblick legte sich seine schlechte Laune wieder etwas. Die Sklavin in der Uhr schien nur noch aus Erregung zu bestehen. „Na“, meinte er, „gibt es etwas, das du dir jetzt mehr wünschst als einen Orgasmus?“ Lachend wandte er sich ab. Zwei Sklavinnen mit Pinzetten betraten den Raum. Sithar entkleidete sich vorsichtig, um keine Splitter noch tiefer in sich eindringen zu lassen. Die Schmerzen, die die Splitter verursachten, hatte er magisch ausgeschaltet. Auch die Blutungen, die einige, tiefer eingedrungene Splitter verursacht hatten, waren von ihm auf magische Weise gestoppt worden. „Jetzt fangt schon an“, raunzte er die Sklavinnen an, die sofort damit begannen, Splitter für Splitter aus seiner Haut herauszuholen. Auf einige Splitter mußte er die Sklavinnen extra hinweisen, da diese so klein waren, daß sie sich normaler Aufmerksamkeit entzogen. Sithar setzte daher auch hierfür seine Magie ein, um selbst die winzigsten Splitter zu finden. Als er endlich keinen der perlmutfarbenen Quälgeister mehr in sich hatte, versuchte er, sich magisch an eine andere Stelle des Zimmers zu versetzen. Und nachdem es gelungen war, schickte er die Sklavinnen wieder fort. Er mußte dringend in den Palast von Endorin, um den Eindringlingen eine geeignete Streitmacht entgegenschicken zu können. Nachdem er sich neue Kleidung angelegt hatte, blieb er noch einen Moment vor seiner neuen Uhr stehen. Grinsend klappte er den unteren Mechanismus zur Seite und begann, die Sklavin mit seiner Hand dort zu stimulieren, wo sich sonst das gewellte Rad langsam drehte. Es dauerte nicht lange, bis die Sklavin laut stöhnte und schließlich mit einem Schrei ihren Orgasmus verkündete. Er klappte den Mechanismus zurück und beobachtete sie noch einen Moment. Durch die ununterbrochene Stimulation hatte die Sklavin in der Uhr keine Chance, sich nach ihrem Orgasmus zu entspannen. Es schien so, als ob sie nach ihrem Orgasmus noch stärker unter den Berührungen der Uhr litt als vorher. Das war es auch, was Sithar erreichen wollte. Dann versetzte er sich in den Königspalast von Endorin und ließ die Sklavin mit ihrer lustvollen Qual alleine.

Lucius erhob sich plötzlich. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ich glaube, ich habe eine Idee, wie wir diese Tür öffnen können“, meinte er zu den anderen, die ihn fragend anschauten. „Eric, ich brauche wahrscheinlich dein Schild aus Mitril. Und bleibt bitte jetzt alle etwas von der Tür weg.“ Eric gab Lucius sein Schild und alle gingen an den Rand der Lichtung, die die Zisterne umgab. Lucius stellte das Schild zunächst neben der Tür ab. Außerdem holte er zwei leuchtende Kristalle aus seiner Satteltasche und legte sie neben das Schild. Normalerweise erhellten sie mit vielen anderen zusammen seine Höhle. Dann zog er seine zwei Schwerter aus der Scheide und begann vor den verwundert dreinblickenden Gefährten, einige Kampfübungen zu machen. Eric hatte Lucius schon früher einmal dabei zugesehen – damals, als er Lucius’ Gefangener war. Es war immer wieder beeindruckend, diese Waffenbeherrschung zu beobachten. Ihm war, genau wie allen anderen Gefährten, allerdings nicht klar, wie Lucius damit die Tür öffnen wollte. Aber nach der heftigen Reaktion Lucius’ von vorhin wollte Eric ihn nicht wieder verärgern. Außerdem schien Lucius sich inzwischen so stark zu konzentrieren, daß er wahrscheinlich ohnehin nicht ansprechbar gewesen wäre. Immer schneller wurden seine Bewegungen. Schließlich begannen sie, vor den Augen der Gefährten zu verschwimmen. Auch der Waldschrat, der bisher alle Bemühungen mit stoischem Blick und verschränkten Armen beobachtet hatte, schaute plötzlich interessiert zu. Auch Lucius selbst war jetzt nur noch verschwommen wahrnehmbar. Das Sirren seiner Schwerter wurde immer höher. Inzwischen begriffen die Gefährten zumindest teilweise, was Lucius mit seinen Waffenübungen bezweckte. Er wollte sich wieder aus der Zeit auskoppeln, wie ihm das erstmalig beim Kampf gegen die Skelette gelungen war. Wie er dadurch die Tür öffnen wollte, verstanden sie allerdings noch immer nicht.

Die Befreiung

Sithar erschien im Palast und ging sofort auf den Befehlshabenden der dortigen Truppen zu. „Schicke alle deine Männer, alle Wolfsreiter und alle Bergtrolle, die in Endorin und der näheren Umgebung stationiert sind, zu dem alten Nadelwald“, befahl er. „Ich werde auf halber Höhe zu euch stoßen.“ „Was soll das? Was machst du denn da?“, fuhr Kronos ihn an. Sithar hatte nicht bemerkt, daß auch der König anwesend war. Die Angelegenheit war ihm auch viel zu dringend, um sie mit dem König zu besprechen. „Ich schicke unsere Streitmacht gegen die Eindringlinge. Das hat Vorrang!“, schnauzte er den König an. „Kommt gar nicht in Frage!“, gab dieser lautstark zurück. Er war wütend, wie Sithar ihn in Gegenwart seines Generals abkanzelte. Drohend baute er sich vor Sithar auf. „Außerdem ist es nicht unsere, sondern MEINE Streitmacht. Und ich denke überhaupt nicht daran, Endorin schutzlos zu lassen, während du dich auf seltsame Abenteuer einläßt. Du hast schon genug Truppen von mir in einen sinnlosen Tod geschickt. Und da du es offenbar noch immer nicht geschafft hast, eine Handvoll Eindringlinge zu beseitigen, muß ich das wohl selbst in die Hand nehmen. Du darfst dich zurückziehen.“ In Sithars Augen glitzerten kalte Wut und Verachtung. Er richtete eine Hand auf den König und ließ einen Feuerball auf ihn zuschießen. Kronos starb im selben Augenblick und hinterließ nur ein übel riechendes, rauchendes Häufchen auf dem Boden. „Und du tust augenblicklich, was ich dir befohlen habe“, zischte Sithar den General an. Sofort verließ dieser das Zimmer und gab den Truppen den Befehl zum Aufbruch.

Lucius sah, wie alle Bewegungen rings um ihn herum immer langsamer wurden. Schließlich kamen sie annähernd zum Stillstand. Er steckte seine Schwerter weg und ging auf die Tür zu. Beim Kampf gegen die Skelette waren diese ganz weich und brüchig gewesen, als er sich so schnell bewegt hatte. Eigentlich sollte das auch für die Tür gelten. Er griff nach Erics Schild und drückte damit gegen die Tür. Ganz langsam gab sie nach. Als er mit dem Schild einen Schritt zurückging, sah er, daß die Form des Schildes sich bereits in die Tür eingedrückt hatte. Lucius ging einige Schritte zurück und rannte, das Schild vor sich haltend, auf die Tür zu. Der Aufprall war hart und schmerzhaft, aber die Tür hatte weiter nachgegeben. Lucius kam sich vor wie ein lebender Rammbock. Noch zwei weitere Male warf er sich mit Schwung gegen die Tür. Zähflüssig wich sie jedes Mal weiter zurück, bis sie schließlich ein Loch von der Größe des Schildes aufwies. Lucius konnte bequem hindurchsteigen. Er nahm die Leuchtkristalle mit und folgte dem Gang hinter der Tür. Kurz darauf kam er an eine zweite Tür. Sie war wesentlich weniger stabil und ließ sich auch ohne Anlauf aufdrücken. Lucius sah jetzt, wie ein in der Bewegung erstarrter, kleiner Bach einen seltsam schimmernden Stein umrundete und dann durch eine kleine Öffnung im Boden abfloß. Das war wohl der Grund für das vergiftete Wasser. Er würde den Stein auf dem Rückweg mitnehmen. Etwas weiter stieß er auf eine dritte Tür, die ihm aber keinen großen Widerstand mehr entgegensetzte. Hinter dieser Tür lief ein kreisförmiger, schmaler Sims um einen großen Schacht herum. Das mußte das Innere der Zisterne sein. Am Boden sah er Stephania mit vor der Brust verschränkten Armen liegen. Hoffentlich war sie noch am Leben. Es wurde Zeit, zu den anderen zurückzugehen. Sie hatten genug Seile dabei, um Stephania aus der Zisterne herauszuholen. Ein unangenehmer Gedanke beschlich ihn. Wie wollte er eigentlich wieder zurück in die normale Zeit? Im Kampf gegen die Skelette hatte ihn der Zauberpfeil zurückgeholt. Wie sollte er das diesmal schaffen? Lucius verließ die Zisterne und setzte sich draußen vor die Tür. Erics Schild und die Leuchtkristalle legte er neben sich. Dann wartete er und entspannte sich, so gut er konnte.

Eric sah, wie Lucius mit seinen kreisenden Schwertern kaum noch zu erkennen war. Dann hörte er einen lauten Schlag und sah, daß die Tür plötzlich ein großes Loch aufwies. Sein Schild war nicht mehr an die Wand der Zitadelle gelehnt, sondern lag jetzt neben der Tür. Auch die Leuchtkristalle, die Lucius vorher neben das Schild gelegt hatte, lagen an einer anderen Stelle. Und Lucius saß an die Zisternenwand gelehnt und schlief. Auch alle anderen verstanden nicht, was geschehen war, sahen aber, daß Lucius erfolgreich gewesen war. Katharina lief auf Lucius zu und streichelte ihn. „Geht es dir gut?“, wollte sie von ihm wissen. Er schlug die Augen auf und lächelte sie an. „Jetzt ja“, meinte er und drückte sie an sich. „Ich mußte nur eine ganze Weile warten, bis die Zeit für mich wieder normal lief. Da bin ich wohl eingeschlafen.“ Beide lachten. Dann stand Lucius auf. „Der Weg in die Zisterne ist jetzt frei. Ich habe Stephania gefunden. Wir brauchen allerdings einige Seile, um sie herauszuholen. Und seid vorsichtig. Im Inneren geht es steil nach unten.“ Dann schnappte er sich einen Leuchtkristall und ging durch die ersten zwei Türen. Er nahm den seltsam schimmernden Stein auf und trug ihn nach draußen zum Waldschrat. „Ist das der Grund für das vergiftete Wasser?“, wollte Lucius von ihm wissen. Dieser trat einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. „Ja“, antwortete er, „aber bleib mir mit diesem Ding vom Leib.“ Lucius nickte und steckte ihn in einen Beutel, den er aus seiner Satteltasche geholt hatte. „Da habe ich jetzt wohl eine Wette gegen Sigourny verloren“, meinte der Waldschrat und lächelte. Er kann ja doch gesprächig sein, dachte Lucius. „Ich hatte nämlich gewettet, daß ihr es nicht schafft, in die Zisterne zu gelangen. Und falls doch, daß ihr nicht Wort halten würdet, was den giftigen Stein betrifft. Sie hatte recht. Ihr seid tatsächlich anders als die meisten Menschen.“ Allmählich verstand Lucius die Reserviertheit des Waldschrats. Offenbar hatte er bisher eher schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. „Wenn du sie wieder triffst, richte ihr doch bitte einen schönen Gruß von uns aus. Auch an Korben“, meinte Lucius lächelnd zu ihm. „Mach ich. Ihr könnt dann den gleichen Weg wieder zurückgehen“, antwortete die schwarze Gestalt und verschwand zwischen den Bäumen.

Die anderen hatten Stephania inzwischen vorsichtig vom Boden der Zisterne nach draußen geholt. „Sie lebt doch noch?“, fragte Eric beschwörend, nachdem er seine regungslose Königin vorsichtig ins Gras gelegt hatte. Katharina, Melissa und Darius traten an sie heran und untersuchten sie. „Ja, Eric, sie lebt noch“, teilte Katharina mit. Von Eric schien eine große Last abzufallen. Er ließ sich neben ihr nieder und streichelte ihre Wange. Ganz allmählich beschleunigte sich ihr Puls wieder. Und auch ihre Atmung wurde wieder häufiger und tiefer. Dann schlug sie die Augen auf und lächelte Eric an. Ihm liefen vor Erleichterung einige Tränen aus den Augen, die er schnell verschämt wegwischte. „Ich bin so froh, daß du wieder bei uns bist“, flüsterte Eric ihr zu. „Und ich erst“, antwortete sie grinsend. Sie drückte Eric fest an sich. Dann stand sie auf. „Was ist denn in den letzten Tagen so geschehen? Ich konnte ja nicht so viel mitbekommen“, fragte sie lächelnd in die Runde. Während Melissa einige Kräuter aus ihrer Satteltasche holte, die die Reste von Stephanias Vergiftung aus ihrem Körper spülen sollten, erzählten die anderen ihr, was sich in den letzten Tagen zugetragen hatte. Als Stephania von Angelikas Schicksal erfuhr, wurde sie plötzlich sehr hellhörig. „Da hat Sithar sich auf ein großes Wagnis eingelassen“, meinte sie verwundert. Da die anderen sie nur verständnislos ansahen, erzählte sie ihnen vom Fluch Bashiras. „Wenn man den Verstand eines Menschen auslöscht – und dazu sind alle Magier ab der 5. Stufe fähig – dann muß man es vollständig tun. Wenn dieser Mensch nämlich die Kontrolle über seinen Körper zurückerlangt, wird er zu einer großen Gefahr für den Magier selbst. Denn, wenn der Magier später diesen Menschen tötet – egal ob mit eigenen Händen, mit Magie oder in seinem Auftrag durch Dritte – dann stirbt er selbst eines sehr qualvollen Todes.“ Lucius und Darius begriffen sofort, was das bedeutete. „Wenn er es weiß, wird er uns nicht mehr mit roher Gewalt angreifen können“, überlegte Darius. „Denn er kann auf keinen Fall riskieren, daß Angelika in seinem Auftrag getötet wird.“ „Und wenn er es nicht weiß“, ergänzte Angelika, „dann wird er auch verlieren, wenn er gewinnt.“ Sie lächelte versonnen. „Dann wäre es das Beste, wenn ich zukünftig vorausgehe. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Und wenn ich Sithar mitnehmen kann, dann hat mein Tod für mich sogar einen Sinn.“ „Mir wäre es lieber, wenn niemand von uns sterben müßte“, warf Stephania ein und die anderen nickten zustimmend.

In Endorin

Sithar hatte sich in seinen Turm versetzt. König Kronos war tot. Eine Komplikation am Rande, dachte Sithar. Dann würde er eben auch direkt den Thron von Manitien beanspruchen. Und er wüßte nicht, wer ihn daran hindern sollte. Jedenfalls, wenn er mit den Eindringlingen fertig geworden war. Ihm fiel der Bogenschütze wieder ein, dessen Zauberbogen im Nadelwald zerborsten war. Dieser hatte ihm gesagt, daß die Sklavin noch am Leben war, deren Verstand er doch ausgelöscht hatte. Irgend einen Fluch gab es in diesem Zusammenhang, erinnerte er sich vage. Und es könnte sogar wichtig gewesen sein. Komplikationen konnte er jetzt eigentlich nicht brauchen. Aber vielleicht war es ja etwas, daß er gegen die Eindringlinge einsetzen konnte. Er begab sich in seine Bibliothek und suchte nach dem Buch über Gedankenkontrolle. Wenig später hielt er es in der Hand. Als er das gesuchte Kapitel las und dabei auf den Fluch Bashiras stieß, wurde er blaß. Er mußte unbedingt verhindern, daß dieser Sklavin etwas zustieß. Er würde sie gefangen nehmen müssen und für immer in einen Kerker stecken. Nur dann war sie keine Gefahr für ihn. Zunächst einmal mußte er sicherstellen, daß sie nicht von der Armee getötet wurde, die er den Eindringlingen entgegengeschickt hatte. Ob diese wohl noch versuchten, zu der Zisterne zu gelangen? Vielleicht sollte er sich zuerst dorthin begeben und Stephania töten. Oder gab es da auch einen versteckten Fluch, den er auf sich ziehen würde? Nein, dachte er, einen Fluch nicht. Aber der Paladin könnte erfahren, daß sie bereits tot wäre. Und dann wären die nächsten Schritte dieser Eindringlinge nicht so vorhersehbar. Stephanias Tod hatte Zeit. Und wenn ihr Paladin starb, gab es für sie auch keine Hoffnung mehr. Dann wäre sie ungefährlich. Zuerst würde er seine Truppen anweisen müssen, die Sklavin keinesfalls zu töten.

Stephania ließ sich von den Gefährten auch die restlichen Begebenheiten berichten. Sie staunte nicht schlecht darüber, daß Lucius offenbar der unbekannte Magier der 6. Stufe war. Allerdings ein Magier ohne richtige Ausbildung. Sie vereinbarte mit Lucius, ihm auf dem Weg nach Endorin zumindest einige Schutz- und Heilzauber beizubringen, damit er magische Angriffe abwehren, sowie sich und andere vor Krankheiten und Verletzungen schützen konnte. Für sich selbst war er dazu offenbar schon lange in der Lage. Denn er konnte sich nicht erinnern, jemals krank gewesen zu sein. Und Verletzungen waren bei ihm schon immer sehr schnell geheilt. Mit dem neuen Wissen würde es allerdings noch schneller gehen. Außerdem weihte Stephania ihn gleich in die Möglichkeit ein, sich gedanklich auch mit weit entfernten Magiern zu unterhalten. „Es gibt da noch etwas, das ich nicht verstehe“, meinte Stephania später zu Katharina, während sie von der Zisterne wegritten. Sie ritt dabei auf einem der Pferde, die die Gefährten bei den toten Soldaten am Waldrand gefunden hatten. „Erst die Sache mit Lucius als Magier hat mir das vor Augen geführt. Du hattest doch Angelika die Kontrolle über ihren Körper wiedergegeben. Das können aber eigentlich nur Magier ab der 5. Stufe.“ Katharina schaute sie verstört an. „Du meinst doch nicht etwa, daß ich jetzt auch eine Magierin wäre, oder?“ „Das ist ja das Komische. Wenn du eine Magierin unterhalb der 6. Stufe wärst, würde ich es spüren. Und höher als die 5. Stufe kannst du auch nicht sein, da es nur drei gibt, die wir ja jetzt alle kennen: Sithar, Lucius und Yandar.“ Katharina seufzte erleichtert. Sie wollte genau das bleiben, was sie war. Und nicht irgend etwas Kompliziertes werden, was sie nicht verstand. Schweigend ritten sie weiter, bis sie den Waldrand erreichten. Sie kamen an der Stelle vorbei, an der die Soldaten von dem berstenden Zauberbogen getötet worden waren. „Melissa“, fragte Stephania, „du hattest doch gesehen, wie ein einzelner Reiter nach dem Angriff auf euch diesen Wald hier verließ.“ „Ja, wahrscheinlich Sithar“, antwortete sie. „Das denke ich auch. Wenn er weggeritten ist, kann das nur heißen, daß er sich nicht magisch dorthin versetzten konnte, wo er hinwollte. Und der einzige Grund, der mir dazu einfällt, sind die Splitter des Zauberbogens.“ Die anderen stimmten zu. „Dann sollten wir einige Splitter mitnehmen. Für Erics Blasrohr. Falls er auf das Gift vorbereitet ist, in das die Pfeile getaucht sind – und das würde mich nicht wundern, da er das gleiche Gift ja bei mir benutzt hat – können wir mit diesen Splittern zumindest verhindern, daß er einfach verschwindet, wenn wir ihn stellen.“ Sie hielten kurz an und sammelten einige Splitter auf. Mit einer speziellen Tinktur, die Melissa in ihrer Satteltasche hatte, klebten sie einige der Splitter auf Erics Blasrohrpfeile. Wenn die Pfeile trafen, würden die Splitter auch dann in der Haut Sithars hängen bleiben, wenn er die Pfeile selbst wieder herausziehen könnte. Melissa gab Stephania auch den zweiten Zauberbogen, den sie bei den Soldaten gefunden hatte. Denn auch Stephania konnte mit dem Zauberbogen umgehen.

Nachdem sie den Wald bereits einige Stunden hinter sich gelassen hatten, sahen sie in der Ferne eine große und langgezogene Staubwolke. Melissa nahm ihren Zauberbogen und schaute sich den Grund für die Staubwolke an. Auch Stephania nahm ihren Bogen zur Hand und schaute in die Staubwolke. „Das ist eine riesige Streitmacht“, meinte Melissa erschreckt. „Und sie kommt aus Endorin direkt auf uns zu.“ „Ja“, antwortete Stephania, „aber sie bewegt sich nicht in eine Richtung. Es sieht aus, als wären sie zwar alle gemeinsam aus Endorin gekommen, würden sich jetzt aber in alle Richtungen verteilen.“ „Hört sich nicht nach einer sinnvollen Angriffstaktik an“, bemerkte Lucius. „Nein“, stimmte Stephania ihm zu. „Viele von ihnen haben sogar ihre Waffen weggeworfen. Es sieht aus, als würden sie alle desertieren.“ „Könnt ihr einen Grund dafür erkennen?“, wollte Lucius wissen. „Erkennen nicht“, antwortete Melissa, „aber vielleicht bekommen wir ihn gleich genannt. Einige Soldaten, die ihre Waffen weggeworfen haben, kommen nämlich direkt auf uns zu.“ „Bis jetzt scheinen sie uns noch nicht gesehen zu haben“, ergänzte Stephania. Als die Soldaten sie sahen, versuchten sie, ihnen auszuweichen. Ein Warnschuß von Melissas Zauberbogen, der zwei Pferdelängen vor ihnen einen Pfeil in den Boden schickte, überzeugte sie davon, ihre Flucht einzustellen. Von den Soldaten erfuhren die Gefährten, daß Sithar den König von Manitien ermordet hatte. Und daß der General der Truppen sie zunächst auf den Befehl Sithars hin aus Endorin geführt hatte. Nachdem sie weit genug von dort entfernt waren, hatte der General ihnen die Lage erklärt und gemeint, er wolle sie nicht für einen Thronräuber in einen sinnlosen Tod schicken. Wenn sie ihre Waffen wegwerfen und sich verstecken würden, bis die gefährlichen Eindringlinge Sithar unschädlich gemacht hätten, würde sich für sie nach der Auseinandersetzung wahrscheinlich niemand mehr interessieren. Nach ihren Ausführungen durften die Soldaten weiterreiten. Die Gefährten schauten sich an. „Bleibt für uns nur noch das unbedeutende Problem, Sithar unschädlich zu machen“, merkte Darius trocken an. Und alle lachten. Später trennten Lucius, Katharina und Angelika sich von ihnen. Die drei wollten zu Sithars Turm reiten, falls er sich dort und nicht im Palast von Endorin aufhielt.

Schließlich erreichten Stephania, Eric, Melissa und Darius die Außenmauern von Endorin und ritten langsam auf das große Tor zu. „Wie kommen wir hier unauffällig hinein?“, wollte Melissa wissen. „Es gibt immer noch Wachen am Tor. Alle Soldaten sind offenbar nicht desertiert.“ „Das müßten nur noch die Stadtwachen sein. Keine richtigen Soldaten. Büttel, die in der Stadt für Ordnung sorgen.“ Die anderen stimmten Eric bei seiner Vermutung zu. „Ich bringe uns ohne Probleme durch die Wachen“, sagte Stephania. „Steigt alle ab, geht mit gebeugtem Kopf und sprecht nicht, sobald wir in Hörweite sind“, wies sie die Gefährten an. „Und wieso sollte uns die Stadtwachen dann durchlassen?“, wollte Eric wissen und sprach damit eine Frage aus, die auch den anderen auf der Zunge lag. „Weil ich dafür sorgen werde, daß die Wachen nur eine Gruppe alter Frauen sehen, die Reisig auf ihren klapprigen Eseln in die Stadt transportieren.“ Stephania grinste dabei bis über beide Ohren. „Ihr dürft allerdings nichts tun, was das Mißtrauen der Wachen weckt. Diese leichte Täuschung wirkt nur bei arglosen Leuten.“ Tatsächlich würdigte keine der Wachen sie eines Blickes und sie kamen ungehindert nach Endorin hinein. Der Palast selbst war zu ihrem Erstaunen überhaupt nicht bewacht. Andererseits, wenn Kronos tot war, und Sithar davon überzeugt, daß die Armee die einzig gefährlichen Feinde bald im Nadelwald stellen würde, ging die einzige Gefahr für den Palast von Dieben aus. Und die würden kaum so dumm sein, sich mit Sithar anzulegen. Als sie einen Diener vorbeikommen sahen, ging Stephania auf ihn zu. „Wo finde ich Sithar?“, fragte sie ihn direkt. „Ich soll ihm umgehend eine Flasche Wein bringen.“ Der Diener sagte ihr, daß er im Kartenzimmer wäre. Und nachdem sie geantwortet hatte, daß sie dort noch nie hingerufen wurde, erklärte er ihr auch den Weg. Dann ging er weiter. „Er hielt mich für eine von Sithars Sklavinnen“, beantwortete sie schmunzelnd die unausgesprochene Frage der anderen.

Verwirrende Erklärungen

Lucius, Katharina und Angelika sahen bereits von weitem den hohen, schwarz glänzenden Turm Sithars, der die Bäume des umgebenden Laubwaldes deutlich überragte. Als sie näher kamen, ritten sie im Schutz der Bäume, um nicht entdeckt zu werden. Schließlich erreichten sie die Lichtung, in deren Mitte der Turm drohend aufragte. Das massive Tor, das sich silbrig vom Rest des schwarzen Turms abhob, war offenbar aus Mitril gefertigt. Es schien unwahrscheinlich, daß Lucius es genauso gewaltsam aufbekommen könnte, wie er es bei der Tür der Zisterne geschafft hatte. Alle drei starrten auf den Turm und überlegten, wie sie dort unauffällig hineinkommen könnten. „Es ist gar nicht so einfach, dort hineinzukommen“, hörten sie plötzlich hinter sich eine helle Stimme. Lucius wirbelte herum und hatte seine Schwerter schon halb aus der Scheide gezogen, als er einen etwa achtjährigen Jungen erblickte. Dieser schaute ihn fröhlich und völlig unbeeindruckt an. „Du kannst deine Schwerter ruhig stecken lassen, Lucius“, fuhr der Knabe gelassen fort, „ich werde dir schon nichts tun.“ Auch die anderen hatten sich ihm inzwischen zugewandt. „Wer bist du?“, fragte Lucius ihn irritiert. „Und woher kennst du meinen Namen?“ Vor seinen Augen verwandelte sich der kleine Junge in eine reife Frau und dann weiter in einen alten Mann mit grauem, zotteligen Bart. Die drei Gefährten schauten ihn nur fassungslos und mit offenen Mündern an. „Entschuldigung“, sagte lächelnd der alte Mann, der ihnen jetzt gegenüber stand. „Aber manchmal muß ich einfach damit angeben.“ Lucius nickte langsam. „Nach allem, was ich bisher über Magie gehört habe, ist das, was du eben gemacht hast, vollkommen unmöglich. Ich nehme an, du bist Yandar.“ Das breite Grinsen des alten Mannes erinnerte jetzt wieder an den Jungen – irgendwie lausbübisch. „Ich war mir sicher, daß du schnell dahinterkommen würdest. Ja, ich bin Yandar. Und ich werde euch helfen, in den Turm zu gelangen.“ „Schön, daß du auf unserer Seite stehst“, sagte Lucius nachdenklich, „aber wenn auch du Sithar stoppen möchtest, warum hast du es nicht schon längst getan. Für dich sollte das doch kein Problem sein.“ Yandar lachte. „Ich bin ja schon lange damit beschäftigt. Und so problemlos, wie du dir das vorstellst, ist das auch für mich nicht.“ Er machte eine Pause. „Kommt mal ein wenig vom Rand der Lichtung weg, sonst entdeckt Sithar euch noch vorzeitig.“

Yandar verwandelte sich in einen Mann unbestimmbaren Alters. „Nachdem ihr mich nun so gesehen habt, wie ihr euch mein Aussehen vorstellt, nämlich als alten Mann, mache ich es mir wieder in einem leistungsfähigeren Körper bequem.“ Er setzte sich auf den Waldboden. „Setzt euch zu mir. Wir haben noch etwas Zeit. Und ich vermute, daß ihr einige Fragen haben werdet.“ Nachdem sie ihre Pferde angebunden hatten, setzten sie sich zu ihm. „Stimmt es eigentlich wirklich“, fragte Lucius, „daß ich ein Magier der 6. Stufe bin?“ „Ich dachte mir, daß dir das zu schaffen macht, sobald du es erfährst“, antwortete Yandar. „Ja, du bist ein Magier der Stufe 6.“ „Und wieso?“, wollte Lucius wissen. „Ich meine, normalerweise muß man doch eine jahrelange Ausbildung machen, selbst wenn man die Begabung dafür hat.“ Yandar nickte. „Das hat etwas mit Sithar zu tun. Aber dazu muß ich erst etwas ausholen. Das ganze Unglück begann vor etwa 220 Jahren. Ein junger Magier namens Sithar hatte es in Rekordzeit mit 20 Jahren geschafft, die 4. Stufe der Magie zu erklimmen. Er war außergewöhnlich begabt und außergewöhnlich intelligent. Normalerweise erreicht man diese Stufe – Begabung vorausgesetzt – frühestens im 50. Lebensjahr. Seine charakterliche Entwicklung war allerdings nicht annähernd so weit wie seine magischen Fähigkeiten. Alles, was er sich vorgenommen hatte, war ihm gelungen. Er war ein junger Mann auf der Suche nach seinen persönlichen Grenzen. Doch die schien es nicht zu geben. Manchmal glaube ich, daß er sich noch immer danach sehnt, endlich an seine Grenzen zu stoßen. Aber ich schweife ab. Jedenfalls ging seine Entwicklung den meisten Magiern zu schnell. Und das wohl auch zu recht, wenn man es aus heutiger Perspektive betrachtet. 80 Jahre lang wurde ihm die 5. Stufe verwehrt, was ihn verbitterte und wütend machte. Er wanderte umher, stiftete Unfrieden unter den Waldgeistern und war auch ansonsten nicht gerade das, was man ein nützliches Mitglied der Gesellschaft nennen würde. Schließlich traf er auf einen sehr gutmütigen, alten Magier der 6. Stufe, der ihn aufnahm. Er unterrichtete Sithar in den Künsten der 5. Stufe und hob ihn schließlich auch auf diese Stufe an.“

Yandar machte eine Pause und schaute versonnen vor sich auf den Waldboden. „Das habe ich allerdings erst nachträglich herausgefunden. Ich kann schließlich nicht überall sein. Jedenfalls geschah es vor etwa 100 Jahren, daß der zweite Magier der Stufe 6 an Altersschwäche starb. Und der Magier, der Sithar aufgenommen hatte, wollte seinen Schützling nicht länger warten lassen und hob ihn in die 6. Stufe. Eigentlich hätte seine Menschenkenntnis ihn davor warnen müssen. Aber er hatte einen Narren an Sithar gefressen und war für dessen charakterliche Defizite blind. Sithar, der von dem Ziel besessen war, der größte Magier zu werden, ermordete seinen Mentor und versuchte, auch dessen magische Energie in sich aufzunehmen. Dieser Versuch erschütterte das magische Gefüge. So etwas ist nicht vorgesehen. Und dadurch wurde ich auf ihn aufmerksam. Ich griff ein und beförderte einen völlig Unbekannten auf die 6. Stufe der Magie. Dadurch konnte Sithar keinen weiteren Versuch starten, diese Magie in sich aufzunehmen. Und da er nicht wußte, wer dieser neue Magier war, konnte er auch keine Intrige gegen ihn schmieden.“ Yandar schaute Lucius in die Augen. „Ich nehme an, du weißt, wer dieser Unbekannte war.“ „Vermutlich ich“, antwortete dieser. „Aber, wenn du sagst, daß sich das vor 100 Jahren zugetragen hatte ... So alt bin ich doch gar nicht.“ Ein Lächeln huschte über Yandars Gesicht. „Du erinnerst dich doch noch an Rudolf, den späteren Lehrer Erics. Als du ihn das erste Mal getroffen hattest, war er jünger als du. Inzwischen ist er an Altersschwäche gestorben. Ja, Lucius, du bist etwa 100 Jahre alt.“ Einen Moment grübelte Lucius darüber. Dann zog ein Schatten über sein Gesicht. „Wenn ich das jetzt richtig mitbekommen habe, werden Magier wohl ziemlich alt.“ Yandar nickte. „Während die Menschen um sie herum, die sie kennen oder lieben, lange vor ihnen sterben.“ Die letzten Worte hatte Lucius sehr leise gesagt. Katharina ergriff seine Hand. „Das ist eine Bürde, mit der wir leben“, antwortete Yandar ernst. Dann fuhr er mit einem Lächeln fort: „Einigen, wenigen Menschen in deiner unmittelbaren Umgebung kannst du allerdings ebenfalls das Leben stark verlängern. Aber das kann dir Stephania bei Gelegenheit erklären.“

„Gibt es auch eine ähnliche Geschichte wegen des unbekannten, vierten Magiers der 5. Stufe?“, wollte Katharina wissen. Sie erinnerte sich noch an die Frage, mit der Stephania sie sehr beunruhigt hatte. Nämlich die, wieso sie Angelika aus der geistigen Gewalt Sithars hatte befreien können, obwohl sie keine Magierin war. „Es gibt keinen vierten Magier der 5. Stufe“, antwortete Yandar. „Dessen Magie ist auf die Nymphen, Waldschrate, in geringem Umfang auch auf die Bergtrolle und auf einige Heilkundigen verteilt. Ich nehme an, Katharina, das beantwortet deine Frage. Du bist zwar keine Magierin, trägst mit deiner Heilkraft aber etwas davon in dir. Übrigens muß ich mich bei dir und bei Lucius wohl entschuldigen. Ich habe mich in eure Träume eingemischt, um euch zusammenzubringen. Sowohl die Albträume Lucius’ als auch deine romantischen Träumereien von dem Dämon kamen von mir. Zuerst wollte ich nur verhindern, daß Lucius seine Erfolge als Söldner zu Kopf stiegen. Aber dann ergab es sich, daß ich euch etwas auf einander vorbereiten konnte.“ „Eigentlich sollte ich jetzt wohl sauer sein“, meinte Lucius und faßte Katharina um die Taille. „Ich muß allerdings zugeben, mit dem Ergebnis sehr zufrieden zu sein.“ Katharina lächelte ihn an. „Wo wir gerade so schön dabei sind, seltsame Fügungen zu erklären“, mischte Angelika sich nicht ohne Sarkasmus in das Gespräch ein, „gibt es da vielleicht auch irgend etwas, daß ich wissen sollte?“ Yandar schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein“, meinte er, „du bist in dieser Geschichte auch für mich eine überraschende Wendung. Aber ich gebe zu, bei Sithars Versuch, deinen Geist auszulöschen, etwas störend eingegriffen zu haben, damit es ihm nicht vollständig gelang. Aber du warst in meinem Plan gegen Sithar nicht vorgesehen. Genau, wie Melissa sich selbst in die Abläufe hineingebracht hatte. Oder Darius.“ „Oder Eric?“, hakte Lucius nach. Yandar schmunzelte. „Ich hatte schon früh den Eindruck, daß Eric genau der richtige Paladin für Stephania sein würde“, antwortete er mit seinem Lausbubenlächeln.

„Aber warum der ganze Aufwand. Hättest du nicht einfach Sithar die magische Kraft entziehen können?“, wollte Lucius wissen. „Auch das ist nicht vorgesehen. So wenig, wie Sithars Versuch, die Magie seines Mentors in sich aufzunehmen. Ein magisches Degradieren ist normalerweise nicht möglich. Hätte ich diese Regel gebrochen – ich könnte das, es sind schließlich meine Regeln – dann hätte ich das bisherige Gefüge der magischen Stufen erschüttert oder zerstört.“ „Was wäre denn daran so schlimm gewesen, wenn man Sithar damit aufgehalten hätte?“, wollte Angelika ungehalten wissen. „Du hast die Regeln aufgestellt?“, fragte Lucius ungläubig. Yandar hob beschwichtigend die Hände. „Ja, ich habe die Regeln aufgestellt. Und ja, es ist ein wichtiges Ziel, Sithar aufzuhalten. Die Regeln verhindern aber viel schlimmeres als das, was Sithar jemals anrichten kann.“ Er seufzte. „Irgendwie wird das hier zu Yandars Märchenstunde. Na gut, ich versuche, es euch zu erklären. Vor sehr langer Zeit – für euch wäre die Anzahl der Jahre nicht vorstellbar – gab es keine magischen Stufen. Die Magie war einfach da. Jeder konnte soviel Magie ansammeln, wie seine Begabung zuließ. Und es war auch jederzeit möglich, die Magie anderer zu erlangen, wenn man sie vorher tötete. Die Folge könnt ihr euch vielleicht vorstellen. Die Magier lagen ständig miteinander in Fehde. Sie bekämpften sich mit allen Mitteln, am liebsten natürlich mit Magie. Das hatte nicht nur zur Folge, daß die Lebenserwartung der Magier ziemlich gering war. Auch die anderen Menschen wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Zerstören ist nun einmal leichter als aufbauen. Und wenn es half, einen Magier zu besiegen und seine magische Kraft zu bekommen, wurden halt auch einmal ganze Landstriche verwüstet. Ich wurde in diese Zeit hineingeboren. Da ich eine ausgeprägte, magische Begabung habe, hätte ich mich an den Kämpfen beteiligen können und es kurzfristig vielleicht sogar zu einem mächtigen Magier gebracht. Statt dessen beschloß ich angesichts des Leids, das diese Kämpfe über die Menschen brachte, nach einem Weg zu suchen, dieses Wüten zu beenden.“

Er schaute in die Runde. „Habt ihr etwas zu trinken dabei? Ich bekomme vom vielen Reden einen ganz rauhen Hals.“ Katharina reichte ihm eine Wasserflasche, aus der er einen großen Zug nahm. „Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, also ich suchte nach einem Weg, diese Kämpfe zu beenden. Dabei trat ich zunächst nicht als magisch Begabter in Erscheinung. Statt dessen versuchte ich, so viel wie möglich über das Wesen der Magie herauszufinden. Ich stellte fest, daß sie begrenzt ist. Es gibt nur eine bestimmte Menge. Wenn sie einmal verteilt ist, gibt es keine weitere mehr. Ich fand einen Weg, die Magie getöteter Magier schneller in mich aufzunehmen, als jeder andere. Und das unabhängig davon, wo der Magier gestorben war. Ich will euch jetzt nicht mit Rückschlägen oder Schwierigkeiten langweilen. Jedenfalls sammelte ich auf diese Weise im Laufe der Jahre allmählich die gesamte, magische Kraft in mir an. Aber dann kam das nächste Problem. Man konnte mit der Magie ja auch gutes bewirken. Ich kann aber nicht gleichzeitig überall sein, um das zu tun. Tja, ich muß zugeben, ich habe ziemlich lange gebraucht, um eine Lösung zu finden. Einerseits wollte ich ‚Ordnung’ in die Magie bringen, andererseits wollte ich nicht die Welt mit einer starren Ordnung ersticken. Ich brauchte also etwas, das sich selbst in der Balance hielt. Eine Balance zwischen Ordnung und Chaos. Und irgendwann kam ich dann auf die Idee, diese Balance durch spezielle Regeln zu erreichen. Diese Regeln bilden nur einen Rahmen, innerhalb dessen sich die Magie frei bewegen kann.“ Erneut schaute Yandar in die Runde. „Und bis auf wenige Ausnahmen hat dieses Regelwerk bisher viele tausend Jahre lang gut funktioniert. Das will ich nicht wegen eines einzelnen, wild gewordenen Magiers aufs Spiel setzen. Ich könnte die Regeln zwar aufheben, sie aber nicht wieder neu definieren. Denn ich habe die Hälfte der Magie regelgebunden an die anderen Magier abgegeben.“ Yandar atmete tief durch. „Jetzt versteht ihr vielleicht, warum ich Sithar nicht direkt stoppen kann, sondern es indirekt über euch machen muß.“

Eine Frage der Vorausplanung

„Du sagtest doch, daß du uns helfen würdest, in Sithars Turm zu gelangen“, sagte Lucius eine Weile, nachdem Yandar seine Ausführungen beendet hatte. „Ja“, meinte dieser, „jetzt ist es soweit. Sithar hat sich gerade in den Palast von Endorin versetzt.“ „Was!?“, rief Lucius, „dann haben wir ihn ja jetzt verpaßt!“ „Beruhige dich“, antwortete Yandar, „eure Freunde haben jetzt im Palast die Gelegenheit, ihn zu überrumpeln. Wenn das gelingt, war eure Anwesenheit hier unnötig. Entwischt er ihnen statt dessen, wird er sich zunächst dorthin versetzen, wo er die Soldaten vermutet. Mit ihnen will er dann zurück und euch jagen. Dann wird er feststellen, daß die Soldaten alle geflohen sind. Daraufhin wird er sich wütend in seinen Turm zurückversetzen um über sein weiteres Vorgehen nachzudenken. Dort habt ihr dann die Gelegenheit, mit ihm fertigzuwerden. Wenn auch ihr scheitert, wird es schwierig werden. Denn dann kann auch ich seine nächsten Schritte nicht vorhersagen.“ Yandar schaute die anderen fragend an. „Habt ihr alles dabei, was ihr für Sithar braucht?“, wollte er wissen. Lucius nahm einen von Erics Blasrohrpfeilen, die mit perlmutfarbenen Splittern des Zauberbogens bestückt waren, in seine Hand. Katharina bereitete sich gedanklich darauf vor, Lucius mit Heilkräften bei einer Auseinandersetzung unterstützen zu können und Angelika umfaßte einen Dolch, den sie einem toten Soldaten im Nadelwald abgenommen hatte. Yandar stellte sich hinter die drei. Und von einem Augenblick zum nächsten waren sie in Sithars Gemächern im Turm. Für einen Moment waren sie verwirrt. „Sithar ist nicht der einzige, der dieses Kunststück beherrscht“, meinte Yandar lächelnd. „Sithar erscheint gewöhnlich vor der Uhr“, ließ er die anderen wissen. Dann verschwand er. Als Angelika die Uhr mit der Sklavin darin sah, wollte sie diese sofort befreien. Lucius legte ihr die Hand auf die Schulter. „Später“, raunte er ihr zu, „wir wollen Sithar doch nicht vorwarnen, wenn er kommt.“ Widerwillig zog Angelika sich in eine dunkle Ecke des Raumes zurück und zog ihre Kapuze über den Kopf, um unauffälliger zu sein. Auch Lucius und Katharina versteckten sich.

Stephania, Eric, Melissa und Darius schlichen leise zu dem Kartenraum, in dem Sithar sich aufhalten sollte. Zunächst lauschten sie an der Tür. Sie konnten hören, wie jemand drinnen mit Karten hantierte. Eric nahm sein Blasrohr zur Hand und schob den ersten Pfeil mit Splittern des Zauberbogens hinein. Er nickte andeutungsweise und führte das Blasrohr zu Mund. Stephania öffnete die Tür und sagte: „Euer Wein, Herr.“ Und Eric schoß seinen Pfeil durch die geöffnete Tür auf Sithar. Dieser versetzte sich instinktiv zwei Meter seitlich im Raum, da er nicht mit einer Störung rechnete. Und er sah, wie ein kleiner Pfeil in die Richtung flog, in der er gerade noch gestanden hatte. Sein Versuch, die Angreifer mit einem Feuerblitz zu töten, wurde von Stephania auf magischer Ebene im Keim erstickt. Eric hatte inzwischen den zweiten Pfeil in sein Blasrohr geschoben und schoß es erneut in Sithars Richtung. Doch dieser war bereits aus dem Raum verschwunden. „Mist“, schimpfte Eric. „Hätte ich beim ersten Schuß etwas gezögert, hätte ich ihn an der versetzten Stelle noch treffen können.“ Stephania legte ihm die Hand auf die Schulter. „Mach dir keine Vorwürfe. Du änderst es damit auch nicht mehr. Wir können nur hoffen, daß die anderen mehr Glück haben.“ Sie konzentrierte sich einen Moment und erreichte Lucius mit ihren Gedanken. Nachdem sie ihn informiert hatte, brach sie die Verbindung sofort wieder ab. Sie wollte ihn nicht ablenken, wenn Sithar auftaucht.

Dieser war zunächst – wie Yandar es vorhergesagt hatte – zu der Stelle gesprungen, wo er seine Armee vermutete. Zunächst begriff er nicht, warum er keinen seiner Soldaten sehen konnte. Hatte er sich an die falsche Stelle versetzt? Er schaute sich genau um. Dort vorne war der Nadelwald. Er war an der richtigen Stelle! Oder hatten die Eindringlinge seine Armee vernichten können? War er zu spät? Aber er konnte auch keine Spuren eines Kampfes erkennen. Es war, als seien seine Truppen nie hier gewesen. In mehreren Etappen versetzte er sich in die Richtung, aus der seine Soldaten hätten kommen sollen. Schließlich kam er dort an, wo sie ihre Waffen weggeworfen hatten und desertiert waren. Sithar kochte vor Wut. Und er fühlte sich plötzlich auch sehr einsam und verletzlich. Das erste Mal, seit er angefangen hatte, sich mit Magie zu beschäftigen, fühlte er Angst in sich aufsteigen. Bisher war er mit jeder Situation fertig geworden. Doch diesmal schien sich alles gegen ihn verschworen zu haben. Er nahm sich vor, den General grausam zu bestrafen, wenn er ihn finden würde. Daß der General bereits im Palast von Endorin gestorben war und Yandar dessen Platz übernommen und die Soldaten nach hause geschickt hatte, wußte er natürlich nicht. Fieberhaft überlegte er, was jetzt zu tun sei. Einen Sprung in die Zisterne konnte er sich sparen. Stephania war bei dem Angriff im Kartenzimmer dabeigewesen. Ihm war allerdings unbegreiflich wie sich aus der Zisterne hatte entkommen können. Neugierig geworden versetzte er sich doch dorthin. Und er sah mit Entsetzen, wie die Tür zerstört war. Konnte das auch bei dem Tor seines Turmes passieren? Er versetzte sich zum Rand der Lichtung, auf der sein Turm stand. Erleichtert sah er, daß das Tor noch intakt war.

Dann versetzte er sich in seine Gemächer im Turm. Hier war er erst einmal in Sicherheit. Er sah auf die Uhr mit der Sklavin, konnte sich diesmal aber nicht so recht an dem Anblick erfreuen. Ein scharfer Schmerz kam plötzlich von seinem Genick. Instinktiv duckte er sich und wollte sich auf die Lichtung versetzen. Aber es gelang ihm nicht. Er faßte an sein Genick und zog einen kleinen Pfeil heraus. Einige Stellen des Pfeils schimmerten perlmutfarben. Sofort begriff er, was gespielt wurde. Der Kämpfer, der ihm bereits bei der Entführung Stephanias mit seiner Reaktion verblüfft hatte, kam auf ihn zugestürzt. Sithar wich aus und sprang zu einer Geheimtür des Zimmers. Er drückte sie auf und schlüpfte hindurch. Eine weitere Gestalt, die direkt neben der Tür gestanden hatte, folgte ihm, bevor er die Geheimtür wieder zudrücken konnte. Sofort versuchte er, die Gestalt mit einem Feuerball zu töten und bemerkte dabei, daß seine Magie ihm nicht gehorchte. Das Gift kenne ich, dachte er mit einem bösen Lächeln und tastete nach der Phiole, die an einem dünnen Lederband um seinen Hals hing. Damit würde er das Gift neutralisieren können. Aber das dauerte ihm jetzt zu lange. Er zog einen Dolch aus seinem Gewand und ging auf die Gestalt zu. Dabei schob er die Geheimtür wieder ins Schloß und verriegelte sie. „Du bist mir also gefolgt, um zu sterben“, fauchte er seinen Verfolger an, der zwischen ihm und dem Ausgang ins Treppenhaus stand. Die Gestalt zog sich die Kapuze vom Kopf und meinte: „Wenn du keine Angst vor dem Fluch Bashiras hast, dann töte mich doch.“ Sithar erstarrte. Vor ihm stand diese widerspenstige Sklavin, der er – offenbar vergeblich – den Verstand hatte auslöschen wollen. Er begriff, was das bedeutete. Würde er sie töten, hätte das seinen eigenen, qualvollen Tod zur Folge. Sie hatte inzwischen einen Dolch gezogen und würde ihn mindestens schwer verletzen, wenn er versuchte, an ihr vorbei ins Treppenhaus zu rennen. Die Geheimtür erzitterte zwischenzeitlich unter schweren Schlägen. Und die Sklavin kam mit auf ihn gerichtetem Dolch immer näher auf ihn zu. Das erste Mal in seinem Leben wußte er keinen Ausweg mehr. Es war, als würde etwas in ihm zerbrechen. Kreidebleich und zitternd ließ er seinen Dolch fallen, während die Geheimtür splitternd aufbrach und der Kämpfer mit einem Schwert in jeder Hand eintrat.

Entscheidungen

Sithar wurde in Ketten gelegt und zunächst gründlich durchsucht. Dabei entdeckte Lucius auch eine Phiole, die ein Gegenmittel gegen das Gift enthielt, das Sithars magische Fähigkeiten unterdrückte. Dieses Gegenmittel hätte die Wirkung der Splitter des Zauberbogens nicht verhindern können. Aber es hätte Sithar die Möglichkeit gegeben bei Abwesendheit alle Magier der Stufen 5 und 6 seine Bewacher mit magischen Mitteln anzugreifen oder seine Ketten zu zerstören. Zunächst befreiten die Gefährten die Sklavin aus der Uhr. Sie zitterte am ganzen Körper vor Erregung und war durch die verkrampfte Haltung, die sie in ihrem engen Gefängnis hatte einnehmen müssen, nicht in der Lage, ihre Arme und Beine richtig zu nutzen. Katharina wollte ihr helfen, wurde aber von Angelika zunächst davon abgehalten. „Sie braucht deine Hilfe“, meinte Angelika zwinkernd, „aber zunächst braucht sie etwas anderes.“ Mit diesen Worten legte sie die Sklavin auf das Bett Sithars und begann, sie mit gezielten Stimulationen gekonnt auf Touren zu bringen. Wenige Minuten später wand sie sich zuckend in einer Folge von Orgasmen. Katharina wurde sich beim Zusehen deutlich ihres Keuschheitsgürtels bewußt und hoffte, daß Lucius bald Zeit für sie haben würde. Nachdem die Uhrensklavin völlig erschöpft aber auch entspannt auf dem Bett lag, kümmerte Katharina sich um ihre verspannten Muskeln. Später verließ die Sklavin aus eigener Kraft, wenn auch noch etwas wackelig, das Zimmer. Lucius hatte Stephania per magischer Gedankenverbindung informiert, daß sie Sithar überwältigt hatten. Und wenige Stunden später trafen die anderen vier Gefährten am Turm ein. Das Eingangstor wurde von innen geöffnet und Sithar nach draußen gebracht. Angelika bewachte ihn und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er jeden Fluchtversuch bereuen würde. Die Folterknechte Sithars waren bereits frühzeitig geflüchtet. Die Gefährten suchten Stockwerk für Stockwerk des Turms nach Sklavinnen und sonstigen Gefangenen ab und befreiten alle. Anschließend suchten Stephania und Darius den gesamten Turm nach bedeutenden magischen Gegenständen und Büchern sowie Wertgegenständen ab. Alles, was sie für wertvoll erachteten, schafften sie nach draußen. Zum Abschluß sorgte Stephania mit ihrer Magie dafür, daß der Turm in Flammen aufging, in sich zusammenstürzte und bis auf die Grundmauern abbrannte.

Außer Hörweite Sithars erzählte Lucius den erstaunten Gefährten, was Yandar erzählt hatte, während Angelika weiterhin mit Argusaugen über Sithar wachte und Katharina sich um die befreiten Sklavinnen und Gefangenen kümmerte. Bei aller Freude über die gebannte Gefahr mußten sie sich allerdings noch über zwei wichtige Dinge Gedanken machen. Eins davon war die Zukunft Manitiens. „Die einfachste Möglichkeit wäre natürlich“, meinte Stephania, „wenn ich Manitien annektieren würde.“ „Allerdings“, kam sie einem Einwand von Darius zuvor, „würden die Fürsten von Landor darüber wohl wenig erfreut sein. Oder sehe ich das falsch, Darius?“ Dieser nickte: „Das würde allerdings als Problem angesehen. Vielen ist Kartun schon jetzt viel zu mächtig.“ „Einfach aus Manitien zurückziehen können wir uns allerdings auch nicht“, wandte Lucius ein. „Nachdem Kronos tot und Sithar unschädlich gemacht ist, würde hier schnell das Recht des Stärkeren gelten. Ich denke, die Menschen hier haben schon lange genug unter Kronos und Sithar gelitten. Außerdem würden wir wahrscheinlich auch mit demjenigen, der nach längeren Machtkämpfen schließlich Kronos’ Platz einnehmen würde, nicht recht glücklich werden. Denn es dürfte derjenige sein, der sich in den Auseinandersetzungen als besonders brutal und rücksichtslos hervorgetan hätte.“ „Können die Leute hier nicht auch ohne einen König oder Fürsten auskommen?“, fragte Eric. „In Fendrich geht das doch auch.“ „Schon“, meinte Lucius, „aber in Fendrich leben die Bürger in einem relativen Wohlstand, der den Erhalt des Systems für alle erstrebenswert macht. Und es gibt auch in Fendrich eine Stadtwache, die für Ordnung sorgt.“ „Apropos Stadtwache“, warf Stephania ein, „wenn wir Manitien nicht sich selbst überlassen wollen, müßte sich derjenige, der es regiert, auf irgend etwas stützen können. Große Teile der manitischen Armee sind desertiert und auch bei den verbliebenen Teilen wäre unklar, wem gegenüber sie loyal wären.“ „Er bräuchte zumindest vorübergehend eine Truppe von außerhalb Manitiens, die ihm ergeben wäre“, spann Eric diesen Gedankengang weiter. „Die Fürstentümer von Landor haben keine großen Armeen, von denen sie genug Soldaten entbehren könnten, um Manitien zu befrieden“, bemerkte Darius mit säuerlicher Miene. „Wie wäre es, wenn Truppen aus Kartun die Besatzung Manitiens übernehmen und eine von den Fürsten Landors anerkannte Person Manitien verwaltet?“, schlug Melissa vor. Diese Idee fanden alle gut. „Aber wer käme dafür in Frage?“, wollte Lucius wissen. Alle schauten ihn an und er hob abwehrend die Hände. „Nein“, meinte er verunsichert, „das könnt ihr doch nicht meinen. Ich habe überhaupt keine Ambitionen, Herrscher über irgendwas zu werden.“ „Genau das prädestiniert dich für diese Aufgabe“, antwortete Stephania lächelnd. „Machthungrige Despoten hatte Manitien lange genug gehabt“, ergänzte Darius. Lucius wandte sich hilfesuchend an Katharina, die von den Befreiten zurückgekommen war und den letzten Teil der Unterhaltung mitbekommen hatte. Diese zwinkerte ihm nur zu und kniete sich mit den Worten vor ihn: „Ich werde meinem Herrn auch folgen und gehorchen, wenn er König von Manitien ist.“ „Schäm dich, mir in den Rücken zu fallen“, flüsterte er ihr lächelnd ins Ohr. „Na ja“, meinte er schließlich resigniert, „vielleicht finde ich ja während meiner ‚Regentschaft’ jemanden, dem ich diese Aufgabe später übertragen kann.“

„Wir haben da noch eine weitere Entscheidung zu treffen“, meinte Darius. „Was machen wir mit Sithar?“ Melissa machte eine ziemlich eindeutige Geste mit der Hand an ihrem Hals. „Und das ist eigentlich eine viel zu geringe Strafe für seine Verbrechen“, ergänzte sie noch. Angelika überprüfte noch einmal, daß Sithar sich garantiert nicht befreien konnte und ging dann auf die anderen zu. „Habe ich die Geste Melissas gerade richtig gedeutet, daß ihr über Sithars Schicksal redet?“, fragte sie in die Runde. „Genau so ist es“, bestätigte Eric. „Ich hätte da einen Vorschlag, wie die Strafe von Sithar aussehen könnte“, sagte Angelika mit einem dünnen Grinsen. Die Gefährten hörten sich ihren Vorschlag zunächst skeptisch an und hatten noch einige Fragen. Dann stimmten sie schließlich zu. „Ich hätte da noch ein Thema“, meldete Katharina sich zu Wort, als über Sithars Bestrafung Einigkeit herrschte. „Was machen wir mit den befreiten Sklavinnen und Gefangenen? Ich denke, wir sind uns alle einig, daß wir sie freilassen. Aber sollten wir ihnen nicht als Entschädigung für ihre Leiden etwas von Sithars Wertgegenständen geben?“ Die anderen stimmten sofort zu, daß alle nicht magischen Gegenstände unter den Befreiten aufgeteilt werden sollten. Die magischen Utensilien und Bücher würden zwischen Stephania, Lucius und Darius verteilt werden, damit sie nicht in falsche Hände gerieten. „Ach ja, noch was“, warf Katharina noch zum Schluß in die Runde. „Eine der Sklavinnen, nämlich die aus der Uhr, wollte gerne weiterhin als Sklavin jemandem von uns dienen.“ „In Kartun gibt es keine Sklaven“, wandte Stephania ein. „Und in Manitien ab sofort auch nicht mehr“, ergänzte Lucius. „Ich könnte sie als Gehilfin brauchen“, meinte Angelika grinsend. „Wenn sie einverstanden ist ...“, kam es von Stephania und Lucius im Chor. Beide grinsten sich an. Dann wandte Stephania sich kurz ab und kontaktierte in Gedanken Haytar. „Die Soldaten für Manitien werden in wenigen Tagen hier sein“, sagte sie anschließend zu Lucius. „Du wirst das Kommando über sie haben, solange du sie brauchst. Wenn Du hier eine eigene, vertrauenswürdige Streitmacht aufgebaut hast, schickst du sie zu mir zurück. Wir brechen dann gleich auf.“ An Eric gewandt fuhr sie fort: „Hole bitte Sithar her. Wir werden ihm sein Urteil verkünden und gleich mit der Vollstreckung beginnen.“

Die Strafe

Eric ging zu Sithar und brachte ihn vor die Versammlung der Gefährten. „Na“, meinte er mit nicht ganz glaubwürdiger Sicherheit in der Stimme, „habt ihr euch geeinigt, wie ihr mich umbringen wollt?“ Stephania setzte ein zuckersüßes Lächeln auf. „Wir werden dich nicht töten“, verkündete sie ihm. Irritiert schaute Sithar von einem zum anderen. „Du wirst mit einem speziellen Gift dauerhaft deiner magischen Fähigkeiten beraubt werden“, fuhr Stephania mit der Urteilsverkündung fort. „Das geht doch gar nicht“, wandte Sithar überheblich ein. „Doch. Es ist allerdings eine Methode, die sich überhaupt nicht für heimliche Anschläge eignet. Du wirst einen Monat lang täglich einen ziemlich bitter schmeckenden Trank zu dir nehmen müssen.“ Ein dünnes Lächeln zeichnete sich auf Sithars Gesicht ab. Er wußte, von welchem Gift Stephania redete. Und er kannte ein Gegenmittel. „Damit“, fuhr Stephania fort, „ist deine Strafe allerdings nicht beendet. Du wirst für den Rest deines Lebens im Palast von Karatun gefangen gehalten werden.“ Sithar sah seine Möglichkeiten schwinden. Sein Gesicht verdüsterte sich. „Und“, fuhr Stephania mit ihrem strahlenden Lächeln fort, „Angelika wird sich dort um dich kümmern.“ „Was!?“, schrie Sithar. „Das könnt ihr doch nicht machen. Sie wird mich ...“ „Was werde ich?“, fragte Angelika ihn und zog ihn an seinen Ketten ganz dicht zu sich heran. Sithar verstummte. Noch am selben Tag mußte er die erste Portion des Giftes trinken, das ihm seine magischen Kräfte dauerhaft nahm.

Als sie im Palast von Karatun angekommen waren, stellte Sithar erstaunt fest, daß man ihn nicht in den Kerker brachte. Statt dessen wurde er in einem großen Zimmer an die Wand gekettet. Die Länge seiner Kette, die in einem stählernen Halsreif endete, ließ sich mit einer Winde variieren, die in jedem Fall außerhalb seiner Reichweite lag. So konnte er sich, wenn es ihm erlaubt wurde, fast im ganzen Zimmer bewegen. Wurde die Kette dagegen ganz angezogen, stand er ohne Spielraum direkt an einer Wand. Eric persönlich hatte das Halseisen mit der Kette zusammengeschmiedet. Ein Schloß gab es nicht. An Hand- und Fußgelenken hatte er ebenfalls nahtlos verschmiedete, stählerne Reifen, die jeweils einen Befestigungsring hatten. Seine Hände waren hinter seinem Rücken mit einem Schloß verbunden, während seine Beine durch eine Stange zwischen seinen Fußeisen gespreizt wurden. An einer Wand stand ein großes, bequemes Bett, das den ganzen Raum beherrschte. Daneben befand sich eine verschlossene Truhe, die auch bei längste Kette für ihn nicht erreichbar war. Nachdem Eric ihn an der Kette festgeschmiedet hatte, befand er sich alleine in dem Raum. Er setzte sich aufs Bett und wartete, wie es weitergehen sollte. Nach einiger Zeit betrat Angelika den Raum, gefolgt von der ehemaligen Uhrensklavin. Beide grinsten ihn an. Und beide waren nur sehr spärlich bekleidet. „Wer hat dir eigentlich erlaubt, auf dem Bett platz zu nehmen?“, fuhr Angelika ihn an. „Erika, mach die Kette kürzer“, sagte sie zu der früheren Sklavin. Diese drehte die Winde, und Sithar wurde zur Wand hingezogen. Breitbeinig, da die Stange an seinen Fußeisen es nicht anders zuließ, folgte er dem Zug der Kette und ging zur Wand. Schließlich stand er mit dem Gesicht zur Wand und wartete. „Dreh dich um“, wies Angelika ihn an, während sie die Truhe öffnete. Erika ließ die Kette kurz etwas lockerer, damit Sithar der Aufforderung nachkommen konnte. Als er mit dem Rücken zur Wand stand, spannte sie die Kette mit der Winde wieder.

Angelika hatte ein kleines, sehr scharfes Messer aus der Truhe geholt und ging damit auf Sithar zu. Dieser schluckte und versuchte, weiter zurückzuweichen. Mit der Wand im Rücken war das allerdings nicht möglich. Sie fuhr ihm mit dem Messerrücken die Brust und den Bauch entlang. Sie öffnete seine Hose und fuhr auch dort mit dem stumpfen Rücken des Messers entlang. Dann nahm sie die Klinge unter sein Hemd und schlitzte es damit bis zum Kragen auf. Auch die Ärmel schnitt sie von innen auf und zog ihm dann die Überreste des Hemdes vom Oberkörper. Genauso verfuhr sie mit seiner Hose. Abgesehen von den Metallfesseln stand er jetzt nackt vor ihr. „Deine Kleidung brauchst du jetzt nicht mehr. Du wirst ab sofort mein Lustsklave sein.“ Mit dem Messer spielte sie an seinem besten Stück herum. Sie achtete darauf, ihn dabei immer nur mit dem stumpfen Klingenrücken zu berühren. Diese Berührungen und der Anblick der beiden nur leicht bekleideten Frauen sorgten bei Sithar für eine Erektion. Es ärgerte ihn zwar, daß er damit genau das tat, was sie von ihm erwartete, aber er konnte es trotzdem nicht verhindern. „Na so was“, tat sie erstaunt und blickte auf sein aufgerichtetes Glied. „Wer hat dir denn das erlaubt?“ Sie zwinkerte Erika zu und wandte sich dann wieder an ihn. „Ich glaube, du hast da etwas falsch verstanden, als ich sagte, daß du ab sofort mein Lustsklave bist.“ Sie machte eine Pause und spielte dabei mit dem Messer immer riskanter zwischen seinen Beinen. „Meine Lust ist es, die du befriedigen wirst – nicht deine.“ Sie ergriff sein Gehänge und umfaßte es fest mit einer Hand. Die Klinge in ihrer anderen Hand zeigte jetzt mit der scharfen Seite darauf. Sithar ballte die Fäuste und biß die Zähne zusammen. Seine Erektion ließ rasch wieder nach. „Oh“, meinte Angelika mit einem betont unschuldigen Blick, „habe ich dir etwa Angst gemacht? Vielleicht möchtest du mich ja um etwas bitten.“ Sie wartete einen kleinen Moment. Als Sithar nicht reagierte, näherte sich ihr Messer wieder zügig seinen gefährdeten Teilen. „Bitte ...“, stieß er leise hervor. Man konnte ihm die Überwindung ansehen, die es ihn kostete. „Bitte was?“, wollte Angelika von ihm wissen. „Bitte schneide da nichts ab“, würgte er hervor. Sie lächelte ihn an. „Die korrekte Anrede ist ‚Herrin’“, korrigierte sie ihn. „Also?“, forderte sie ihn auf. „Bitte schneidet mir da nichts ab, Herrin“, kam es gequält aus ihm heraus. „Einverstanden“, meinte sie und trug das Messer wieder weg.

Dann griff sie in die Truhe und holte einen Keuschheitsgürtel heraus. Man konnte Sithar die Qual ansehen, die ihm allein schon der Gedanke bereitete, in diesem Ding zu stecken. „Nur, damit ich nicht doch mal versehentlich etwas abschneide“, meinte sie lächelnd. Sie winkte Erika zu sich. Gemeinsam legten sie Sithar den Keuschheitsgürtel an. Seine Versuche, sich dagegen zu wehren, wurden von seinen Fesseln bereits im Ansatz verhindert. Sein Glied wurde zunächst durch einen daumenbreiten Ring geführt, der schließlich an seiner Peniswurzel anlag. Der Rest seines besten Stücks fand in einem gekrümmten Rohr platz. „Hier ist noch etwas besonders schönes“, begann Angelika zu erklären, während sie den Gürtel schloß. Als das Vorderteil einrastete, spürte Sithar, wie sich der Ring an der Peniswurzel nach oben bewegte und so von unten auf seine Harnröhre drückte. „Nur, wenn ich hier mit einem kleinen Schlüssel aufschließe“, fuhr Angelika fort, während sie einen winzigen Schlüssel in eine vorgesehene Öffnung schob, „kannst du pinkeln.“ Er spürte, wie der Druck des Rings nachließ. Dann zog Angelika den Schlüssel wieder ab und der Druck kehrte zurück. Sie gab Erika den Schlüssel, die ihn aus dem Zimmer brachte. „Du kannst dir ja schon mal überlegen, was passiert, wenn du ungehorsam sein solltest“, schloß Angelika ihre Erklärung. An der Vorderseite des Gürtels ragte ein künstliches Glied hervor, daß sich nach oben wegklappen ließ. „Schließlich will ich jederzeit meinen Spaß haben können“, kommentierte Angelika, während sie an dem Kunstglied spielte.

„Eigentlich“, fuhr sie fort, „bist du ja derjenige von uns, der so herrlich fiese Phantasien hat, wie man andere Leute quälen kann. Deswegen wirst du dir auch viele gemeine Dinge ausdenken, die wir mit dir machen werden.“ Sie lächelte ihm zu, während er sie irritiert ansah. Wieso sollte er auch noch mithelfen, sich selbst zu quälen. „Wenn du das ganz brav tust und auch wirklich unter dem leidest, was du vorgeschlagen hast, darfst du hin und wieder auch aus deinem Keuschheitsgürtel heraus. Nicht sehr oft, allerdings. Aber in etwa einem halben Jahr hat Königin Stephania Geburtstag. Wenn du dir bis dahin viele schöne Gemeinheiten für dich ausgedacht und auch richtig darunter gelitten hast, werde ich dir einen Orgasmus erlauben.“ Erika kam inzwischen ins Zimmer zurück und gab über die Winde die Kette an Sithars Hals wieder frei. „Und während du schon mal in Ruhe darüber nachdenkst, welche Strafen für dich in Frage kommen, wirst du uns erst einmal ausführlich verwöhnen.“ Angelika und Erika zogen sich aus und kamen auf Sithar zu. Sie rieben sich an ihm und zogen ihn an der freigegebenen Kette bis zum Bett. Dort drückten sie ihn auf die Knie. Angelika setzte sich breitbeinig auf das Bett und zog die Kette zwischen ihren Beinen hindurch. Sithars Gesicht kam dabei zwangsläufig auf ihrer Scham zu liegen, während Erika ihre Brust verwöhnte. „Erinnerst du dich noch an den kleinen Schlüssel?“, fragte Angelika. Und Sithar begann gezwungenermaßen, sie mit seinen Lippen und seiner Zunge zu verwöhnen. „Ich glaube“, meinte Angelika, während sie sich genußvoll räkelte, „dieses Leben wird mir gefallen.“ Erika kicherte.

(Ende)

Kommentare


Bondviewer
dabei seit: Apr '03
Kommentare: 9
schrieb am 19.07.2004:
»Schade, schon zuende. Das war eine supergeniale Story. Man hat richtig mitgefiebert. Und die Wendungen in der Story, einfach fantastisch.
Als die 5 von den 4 Quadraten eingeschlossen wurden, und Lucius dann seinen Trick anwandte und gar das Ende vom Trick, man hat an alles gedacht nur nicht daran! Einfach super!
PS: Wem die Ausführungen hier zu schwammig waren, der sollte die Geschichte lesen!!!*g*«

Maduschka
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 56
Maduschka
schrieb am 30.07.2004:
»Ich will hier jetzt auch nicht viel vom Inhalt verraten, weil ich keinem die Spannung verderben will ;-) Diese Geschichte (oder sollte ich es als Roman bezeichnen?) ist wirklich einzigartig. Alles dabei, der Spannungsbogen ziehet sich bis zum Schluss und die geniale Wendungen in der Story sind wirklich unvorhergesehen. Top!!!
«

flitzer
dabei seit: Aug '01
Kommentare: 3
schrieb am 10.08.2004:
»Einfach toll !!! Habe jede Folge mit Begeisterung gelesen.
Schade, das alles zu Ende ist, aber ich freue mich schon auf
die nächste Story.«

SweetNothing
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 2
schrieb am 24.09.2004:
»Meine uneingeschränkte Hochachtung für dieses Meisterwerk! «

Pentidumm
dabei seit: Jun '03
Kommentare: 22
schrieb am 30.12.2004:
»Auch von meiner Seite: Absolute Hochachtung für diese Geschichtenreihe. Ich habe alle Folgen jetzt in 2 Tagen gelesen, aber ich könnte auch noch mehr als 10 Folgen mehr lesen.
Dies ist eine von ganz wenigen Stories, die ein absolutes MUSS für Alle ist.«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 23.07.2005:
»Alle Achtung! Da waren ja noch einige Überraschungen drin! ;-) Why-Not, vielen Dank für diese tolle Story! Ich hoffe sehr, dass dir in diesem Stil auch weiterhin etwas einfallen wird!

Liebe Grüße von yksi, die jetzt ganz traurig ist, weil ihre neue Lieblingsgeschichte zu Ende ist...«

playtom
dabei seit: Sep '04
Kommentare: 10
schrieb am 07.03.2006:
»Fantasy der Extraklasse, danke für die Story, auch wenn der Sex etwas zu kurz kommt.

Tom«

reisender008
dabei seit: Dez '13
Kommentare: 4
schrieb am 09.05.2015:
»absolute Top-Geschichte, das erste Mal seit längerem dass ich eine so lange Story (mit allen Teilen) in einem Happs durchgelesen habe!«

tomy27
dabei seit: Jan '04
Kommentare: 115
schrieb am 11.09.2016:
»Der Kommentar bezieht sich auf alle sechs Teile der Geschichte. Die Geschichte lässt uns in eine geschickt konstruierte Fantasy-Welt eintauchen. Was mir besonders gut gefällt ist, dass dieser Rahmen wirklich gut gemacht und in sich schlüssig ist. Aufgelöst wird er erst im laufe der Teile und erst in den letzten beiden Teilen versteht man den vollen Umfang des Geschehens. Wie gesagt wirklich gut. Wie bei Fantasy-Geschichten üblich, retten die Helden kurz mal ihre Welt. Wie sie das tun ist aber wirklich sehr gut erzählt.
Wenn mich etwas stört ist das die Einordnung der Geschichte im Bereich BDSM. Im ersten Teil finden sich zwar einige Anspielungen in die Richtung und auch in der Auflösung, aber insgesamt sind die Fantasy-Teile so dominant, dass die BDSM-Teile schon fast störend wirken (die Folterung des Waldarbeiters wirkt z. B. auf mich schon fast deplaziert).
Mein persönliches Fazit: Man sollte die Geschichten in die Rubrik Fantasy verschieben. Dort wären sie besser plaziert. Für Fantasy-Fans sicher mit das Beste hier auf Sevac.«


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