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Kommentar: 1 | Lesungen: 526 | Bewertung: 7.38 | Kategorie: SciFi, Fantasy, History | veröffentlicht: 11.04.2022

Herrscher der Fantasy-Welt (Kapitel 1 bis 9)

von

Kapitel 1 – Das Treffen

Immerhin hatte er überhaupt geantwortet. Vom westlichen Stadtrand aus war es zu diesem Treffpunkt nicht sehr weit gewesen. Doch ich erwartete mir nichts. Nur dieses gewisse Gefühl in meiner Magengegend sagte mir, dass ich mir Großes erwarten sollte. Auch schwitzten meine Hände wahrscheinlich nicht nur wegen des schwülen Wetters.

Eine Straße zweigte ab, die wohl dort vorne am Waldrand endete. Dieses Gefühl wurde für einen Moment stärker, als ich den Straßennamen las. Hier und ein Stück weiter, hatte er gemeint. Es waren noch mehr als zehn Minuten bis zur vereinbarten Zeit, und ich sah mich um. Die Wohnhäuser verfügten alle über einen großen Garten. Was, wenn er mich von einem Fenster aus beobachtete? Ich hätte ebenfalls niemand meine genaue Hausnummer verraten.

An einer schattigen Stelle sah ich nochmals nach der Zeit, und es waren noch drei Minuten. Es wurde immer klarer, dass er nicht auftauchte. Sollte unser Treffpunkt doch das Ende der Straße direkt am Waldrand sein? Sollte ich ihm noch eine Nachricht schreiben und fragen? Dieses Bauchgefühl wandelte sich in eine andere Richtung und sagte mir, dass ich das nicht machen sollte. Höchstens der Form halber einige weitere Minuten warten. Niemand war hier, schon gar niemand, auf den die Beschreibung passte. Eine, bei der mir recht heiß geworden und wo das kribbelige Gefühl geblieben war.

Was hatte ich mir wirklich erwartet? Dass mich jemand mit einem süßen Lächeln begrüßte und sich wenig später um meine männliche Anspannung kümmerte? Das auch gern öfters machen wollte, während wir an einem lauen Sommerabend herumlagen? Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und spürte, wie sich dieses Drücken oder Kribbeln von Sekunde zu Sekunde löste. Der leichte Wind ließ die Blätter der Bäume dort vorne rascheln. Ein anderes Gefühl erfasste mich. Eines, das mich in Richtung Wald zog. Konnte er tatsächlich diese Stelle gemeint haben? Egal. Ich hatte mir nichts erwartet und war nicht enttäuscht worden.

Ein schmaler Wanderweg führte vom Ende der Straße aus in den Wald hinein. Was auf dem Wegweiser stand, konnte ich nicht lesen. Er schien uralt zu sein, und ich fühlte die raue, verwitterte Oberfläche. Bereits nach einigen Metern ließ die Schwüle des Tages deutlich nach, oder es kam mir so vor. An manchen Stellen schaffte es grelles Sonnenlicht auf den Waldboden, und ich ging weiter. Schließlich hatte ich den ganzen Tag Zeit.

Irgendwie veränderte sich das Licht. Je nachdem, wie ich die Hände vor das Gesicht hielt, um mich vor der direkten Sonnenstrahlung zu schützen. Dieses Gefühl, ungefähr wie bei meiner Anreise, kam wieder auf. Ein Schauer lief über meinen Rücken. Wenn ich mich ein wenig konzentrierte, schien sich wirklich alles zu verändern. Klar, und die richtigen Lottozahlen würden mir auch gleich einfallen.

Der Wald lichtete sich, und alles endete erst einmal an einem Abhang. Sollten von hier aus nicht Häuser zu sehen sein? Oder eine Straße? Stattdessen tat sich vor mir ein weites Tal auf, das von bewaldeten Hügeln umgeben war. Ich hatte keine Lust, auf dem Plan nachzusehen. Absolut niemand war hier – und diese Stelle dort drüben, von dichtem Grünzeug umgeben, war sicher kaum einsehbar.

Einige Male hatte ich bereits allein mitten im Wald getan, was mir nun vorschwebte. Wäre dieser Typ aufgetaucht, hätte ich das in diesem Moment vielleicht mit ihm gemacht. Schnell sah ich nach links und rechts und fühlte durch den Stoff meiner kurzen Hose, was sich dort gerade tat. Ach, wenn schon, dann gab es sicher noch bessere Stellen. Noch besser, ich ging zurück und sah mich zuhause ganz gemütlich nach Alternativen um. Nach Leuten, die sich vernünftig anhörten und wo ich das Gefühl verspürte, dass sie tatsächlich beim Treffpunkt auftauchten. Nicht nach solchen, die spannend klangen und mit einem schlichten „Nein“ auf die Frage nach ihrem Interesse an mir antworteten.

War es nicht hier gewesen? Ein leicht kühler Luftzug traf mich, und nur in diesem T-Shirt fühlte es sich in diesem Moment fast zu kalt an. Aber nur fast. Ich bog in eine Abzweigung, die anscheinend in die richtige Richtung führte. Nach einigen Metern begannen grobe, abgerundete Steine den Boden zu bedecken. Noch deutlich größere waren mit Moos bewachsen und begrenzten den Weg auf beiden Seiten. Ich hatte im Moment wirklich keine Ahnung, wo ich war. Da meldete es sich wieder, dieses Bauchgefühl.

Nach einem leichten Anstieg tauchte auf einer Seite eine Mauer aus kleineren Steinen auf, mit der eine steile Böschung verbaut war. Sah zumindest nicht so aus, als wäre das natürlich entstanden. Obwohl es noch nicht so spät sein sollte, kam es mir dämmrig vor. Ich wollte nach der Zeit sehen – aber mein Smartphone hatte sich abgeschaltet. Der Akkupack in meinem Rucksack sollte voll sein, aber mit diesem tat sich ebenfalls nichts. Somit fiel auch die Möglichkeit flach, auf dem Plan nachzusehen. Das Gefühl in meinem Magen verstärkte sich weiter.

Ich ging schneller, rannte fast, kam erneut zu dieser Stelle mit der Aussicht. Hier müsste es doch zurück auf diese Straße gehen – ging es aber nicht. Was zum …? Meine Atmung beschleunigte sich, ich schloss kurz die Augen, blickte nach oben in die Baumkronen. Ganz ruhig, noch einmal überlegen. Bilder bauten sich in mir auf, wie manchmal im Halbschlaf. Der Weg aus groben Steinen setzte sich darin fort, nur war er nun von hohem Gras und irgendwelchen Blumen umgeben. Im Hintergrund ragten schroffe, felsige Berge hunderte Meter in die Höhe. Ich schreckte auf, weil ein Geräusch die fast völlige Stille störte.

Nichts war da, nicht vor mir, hinter mir und auch kein Vogel oder sonst etwas über mir. Ein enges Gefühl im Hals sollte mir die Luft abschnüren, ein Kribbeln sich durch meine Arme und Beine ziehen. Aber das geschah nicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Ich war einen halben Kilometer gegangen und hatte mich verlaufen? Sollte ich hier übernachten oder was? Die kleine Mulde mit dem Moos und den Farnen fiel mir auf. Klar. Ganz ruhig, ganz ruhig – und da waren die Geräusche wieder.

Diesmal hörte ich Schritte und zuckte zusammen. Aber vielleicht konnte ich fragen, wie ich zurückkam. Jemand drückte einige Zweige zur Seite und trat hervor. Es war … ein eher großer Mann mit langen und trotz seines jüngeren Alters eher schwarzgrauen Haaren. Und ein paar roten Strähnen? Bei seiner Kleidung blieb mir kurz der Mund offen. War das ein Trachtenanzug? Nein, sah ziemlich … alt aus. An seinem Gürtel suchte ich … ein Schwert, aber da war keines.

Augenblicklich erstarrte auch er, nachdem er mich bemerkt hatte. Nur ganz leicht schienen seine Finger zu zittern, sein ganzer Körper, während das bei mir irgendwas verhinderte. Ja, etwas lag auf einmal in der Luft. Vielleicht schon die ganze Zeit, und nun spürte ich es deutlicher. Er sah mich ganz genau an, ganz langsam von oben bis unten, und sagte nichts.

„Äh, hallo, guten Tag“, sprach ich ihn an. „Wissen Sie vielleicht, wo hier …“


„Ihr seid es tatsächlich“, unterbrach er meine halblaute Frage, und dieses leichte Zittern schwang in seiner Stimme mit. „Wir hatten nach all der langen Zeit Erfolg.“


„Ja, aber, Moment … wer bitte?“


„Entschuldigt mein unvermitteltes Auftreten, mein Herr, aber … es … ist so eine Ehre, nach all der Zeit …“

Ich nutzte das Schweigen, um ihn näher zu betrachten. Er wirkte eher schlank und war unter der Kleidung wahrscheinlich trotzdem von kräftigem Körperbau. Sagte mir das nur sein Gesicht? Seine Hose hatte eine dunkle, moosgrüne Farbe, das Hemd oder was das war eine hellere. Beinahe musste ich beim Gedanken daran lachen, dass das dieser Typ sein könnte. Aber die Beschreibung passte nicht wirklich. Und warum redete er so, wie er redete? Was war an mir so besonders? Noch immer war es fast still. Eine Mischung aus diesem leichten, nun wieder wärmeren Luftzug und dem Duft des Waldes erfüllte die Umgebung.

Jetzt gab es zwei Möglichkeiten: Ich war in ein Zeitportal geraten – klar. Oder jemand trieb einen sehr großen Aufwand, ein Spiel mit mir zu spielen. Das Gesicht dieses Mannes verzerrte sich immer noch nicht, schien nicht etwa ein Lachen unterdrücken zu wollen. So ein Kostüm ließ sich wohl wo ausborgen, aber dann musste er auch ein guter Schauspieler sein. Doch wahrscheinlich war er keiner. Vielleicht … sollte ich mich einfach am Deutsch früherer Jahrhunderte versuchen.

„Äh“, begann ich, „so sprecht, wer seid Ihr und was ist mit der langen Zeit?“


„Ich“, antwortete er und schnappte schnell nach Luft, „bin der Abgesandte. Bitte entschuldigt die Eile, doch ich ersuche Euch, mich zügig zu begleiten.“


„Wohin begleiten?“


„Ihr wisst es also noch nicht?“


„Was soll ich wissen?“


„Auch wir hätten bei Euch … ein etwas anderes … Auftreten erwartet. Doch bitte habt nun die Güte, mir zu folgen.“


„Ja, also …“

Dieser Abgesandte drehte sich halb zur Seite und wandte sich wieder dem verwachsenen Weg zu, von wo er erschienen war. Wer waren die? Die hatten ihn ausgeschickt, um nach mir zu suchen? Warum war es wichtig und so eilig? Seine Gesichtszüge veränderten sich ein wenig. So, als … würde er mir jeden Wunsch erfüllen, wenn ich nur mitkommen würde. Klar – und meine Gedanken meldeten sich zurück. Er sah für mich aber nicht wie jemand aus, der schnell und einfach so im Gebüsch jemand befriedigen wollte. Das war wahrscheinlich auch gut so. Etwas länger als notwendig sah ich ihm direkt in die Augen, zuckte mit den Schultern und machte einen Schritt auf ihn zu. Ich merkte bei ihm ein starkes Ausatmen, und er hielt für mich die Zweige zur Seite.

Kapitel 2 – Die Ersatzstadt

Der Duft des Waldes hatte sich weiter verändert. Vielleicht lag es daran, dass die Eichen und Buchen zunehmend von anderen Bäumen abgelöst wurden. Sie sahen knorriger aus, und da und dort bemerkte ich Pilze in unterschiedlichen Farben. Jene der Blüten am Rande des Weges erschienen mehr leuchtend. Er war breiter geworden, und einzelne Stellen mit diesen Steinen erinnerten mich an eine antike römische Straße.

Vielleicht beruhigte mich der Anblick dieses Mannes zwei Meter vor mir. Immer wieder drehte er sich um und wollte sich offenbar vergewissern, dass ich noch hinter ihm ging. Konnte es doch der sein, den ich hatte treffen wollen? Dann zog er hier aber sehr viel ab, und seine Selbstbeschreibung war sehr fantasievoll gewesen. Ich bemerkte, dass sich während meiner Gedanken eine Art Schleier über mich legte. Ungefähr wie jener, wenn ich zu schnell aufstand und es für einige Sekunden beinahe schwarz wurde.

Ich blieb kurz stehen, hielt mich an einem Baumstamm fest. Die Rinde war nicht einfach nur rau, sondern fühlte sich … feiner strukturiert an. So, also konnte ich beeinflussen, was ich genau mit meinen Fingern spürte. Das Gefühl ging in jenes über, völlig klar und scharf sehen zu können. Das Gegenteil von angestrengten Augen. Dabei schien das Tageslicht rasch zu verschwinden.

Mein Beschützer, wenn er es war, war ebenfalls stehengeblieben. Wahrscheinlich wollte er gerade fragen, ob es mir gut ging. Ich versuchte diesen Gedanken zu verdrängen, meinen Handrücken auf seine Haut zu legen. Ob sie so weich war, wie sie aussah? Lieber bemühte ich mich, ihm ein verhaltenes Lächeln zuzuwerfen, und setzte mich wieder in Bewegung.

„Wo gehen wir hin?“, fragte ich.


„In die Ersatzstadt. Es ist nicht mehr weit.“

Sofort wollte ich fragen, was er meinte. Doch ich beschloss, mich überraschen zu lassen. Fragen konnte ich am Ziel immer noch stellen. Der Weg vollführte eine leichte Biegung entlang eines sanften, besonders dicht bewaldeten Berghanges. Auch hier gab es eine Mauer aus kleinen Steinen – und jemand war damit beschäftigt, etwas daran herumzubauen. Der Abgesandte warf ihm einen grüßenden Blick zu, oder eher umgekehrt, und ich sagte ebenfalls nichts.

Vor uns tat sich eine etwas größere Lichtung auf. Das hohe, saftig grüne Gras bewegte sich dann und wann im Wind. Er ging weiter – und ich bemerkte ein größeres Zelt. Dunkelrote und schwarze Flächen wechselten sich ab, und es schien fest wie eine Mauer und vom leichten Luftzug unbeeindruckt dort zu stehen. Dieser Mann setzte seinen Weg fort, und noch viel mehr Zelte waren dort aufgebaut. Einige in einem tiefen Schwarz, andere schienen aus hellgrauem, dunklem Stoff zu sein. Sie standen so, dass sich kleine Gassen und Plätze bildeten. Die Ersatzstadt? Ersatz wofür?

Einige Leute gingen auf und ab oder irgendwelchen Tätigkeiten nach. Manche davon waren ähnlich wie der Abgesandte angezogen. Andere trugen so etwas wie ein weites T-Shirt und ein großes Umbindetuch, das von einem breiten Gürtel gehalten wurde. Auch diese bunten Blumen fielen mir wieder auf, und ihre Farben schienen noch mehr zu leuchten. Als hätte jemand den Kontrast hinaufgedreht.

Nach und nach kamen immer mehr von den Leuten näher. Der Abgesandte stand mir gegenüber, atmete tief und ruhig und sah sich um. Er nahm mit jemand Blickkontakt auf, der ebenfalls gerade in unsere Richtung lief. Sein Gesichtsausdruck, der die ganze Zeit recht gefestigt gewirkt hatte, verzog sich nun ein wenig.

„Die Vorbereitung wird noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen“, erhob er seine Stimme. „Doch habt die Güte, mein Herr, in der Zwischenzeit unser höchst geschätzter Gast zu sein.“


„Ja, aber …“

Er blickte auf ein großes, eckiges Zelt, das mehr am Rand dieser Ersatzstadt aufgebaut war. Vielleicht bestand die Plane aus grobem Stoff, aber sie sah so aus, als würde sie auch einem größeren Regenschauer oder Sturm standhalten. Die Anwesenden wichen zurück, als ich einen Schritt darauf zu machte. Der Abgesandte ging voraus, und ich folgte ihm. Er hielt die schwere Zeltplane für mich auf – und drinnen schien es heller als draußen zu sein.

Das hier sah mehr wie ein großes Bett als eine Campingmatte aus, nur dass es ebenfalls direkt auf dem Boden lag. Stoffbahnen in unterschiedlichen, leuchtenden Farben hingen von oben herab und unterteilten den Raum. Leuchteten sie so sehr, dass es hier ausreichend hell war? Irgendwelche Lampen fielen mir nicht auf. Mein Mund sollte offen stehen und meine Augen weit aufgerissen sein – aber ich sah mich erst einmal hier um.

Der Abgesandte stand immer noch am Eingang und es sah so aus, als wartete er auf etwas. Klar, vielleicht auf ein Trinkgeld wie ein Angestellter eines Hotels. Aber die wollten doch etwas von mir – und außerdem waren sie bis jetzt sehr freundlich und nicht bewaffnet gewesen. Was war wahrscheinlicher – intensiv zu träumen oder in ein Spiel geraten zu sein? Ich schloss für einen Moment die Augen und nahm mir vor, meine Fragen auf später zu verschieben. Zuhause erwartete mich niemand und wichtige Termine hatte ich ebenfalls keine.

„Bitte lasst es mich umgehend wissen, falls wir Eure Wünsche nur unzureichend erfüllen.“


„Ja, das kann ich gern machen, aber …“

Fast wollte ich ihn fragen, was hier nun tatsächlich gespielt wurde. Doch ich bemerkte nur noch seinen direkten Blick, bevor er sich umdrehte und sich zurückzog. Als wäre er mehr von mir beeindruckt als ich von ihm und dieser Sache hier. Was wollten die nur von mir? Ich stellte meinen Rucksack ab und sah mich genauer um. Auf der anderen Seite schien ebenfalls ein Ausgang zu sein.

Ich schob die Zeltplane zur Seite und blickte auf eine Fläche zwischen dem Zelt und dem Waldrand. Niemand war hier, es war dunkel, und nur von der anderen Seite her drangen einige gedämpfte Geräusche zu mir. Eine Art Überdachung führte zu einem kleineren Aufbau dort drüben. Klar, vielleicht auch noch ein eigenes, privates Bad.

Jemand schien am vorderen Eingang zu sein, sich vorsichtig zu räuspern, um sich bemerkbar zu machen. Vielleicht würde er mir nun doch sagen, was hier los war. Was das alles hier sollte. Ich schritt hinüber – und sah eine Frau dort stehen. Wie sah die bitte aus? Sie hielt etwas in der Hand – was zu essen für mich?

„Ist es mir erlaubt?“, fragte sie und machte nur einen halben Schritt in meine Richtung.


„Äh, ja.“

Sie trat ein und stellte einige Sachen auf eine kleine, erhöhte Fläche ab. Einen Becher und einen Teller, wohl ebenfalls aus Metall. Zuerst warf sie mir einen Blick so wie der Abgesandte zu – dann lächelte sie kurz und wurde sofort wieder ernst. Sie trug eine Art dunklen Rock – der vorne offen war. Was trotzdem ihren privaten Bereich verhüllte, war entweder aus glattem, grauem Stoff oder aus Metall. So sah es auch an ihrem Oberkörper aus.

Sie blieb in der Nähe des Eingangs und spazierte langsam auf und ab. Als ich einen näheren Blick auf die Sachen warf, blieb sie stehen. Sah wie etwas aus, das ich essen würde. Gegrilltes Gemüse oder so, Fladenbrot und eine leuchtend rot wirkende Sauce?

„Für mich?“, fragte ich. „Oh, danke!“

Außer mit einem neuerlichen kurzen Lächeln reagierte sie nicht darauf, und ich probierte von dem Abendessen. Diese Sauce war nicht scharf, sie war würzig. Irgendwie hatte es mir der Duft schon angekündigt. Heiß wurde mir dennoch, und ein starkes Kribbeln zog sich durch meinen Mund. Diese Frau plante offenbar nicht, zu gehen. Noch einen Schritt machte sie auf mich zu und beugte sich zu mir hinab. Meine Atmung wurde irgendwie schneller.

Schnell probierte ich von dem Getränk, das nach klarem Wasser aussah. Trotzdem bemerkte ich ein starkes Prickeln, fast wie das auf meiner Haut. Zuerst schmeckte es ein bisschen nach Weißwein, dann … nach Tonic? Ich nahm einen weiteren Bissen, und sie kam noch näher.

„Ich bin hier, um Euch Vergnügen zu bereiten“, hauchte sie beinahe.

Sofort verschluckte ich mich, hustete und bekam wieder Luft. Trotzdem atmete ich schneller – und warf wieder einen Blick auf sie. Auch ihre Haarfarbe war ungefähr wie die des Abgesandten, inklusive der roten Strähnen. Vielleicht war das hier in Mode – und die Vorstellungen von Gastfreundschaft ziemlich umfassend. Wenigstens hatte sie nicht „Mein Herr“ gesagt.

Sie saß nun direkt neben mir auf den gefalteten Stoffbahnen auf dem Boden. War sie angespannt oder ich? Wollte sie gerade ihre Hand auf meine Schulter legen, oder wartete sie einfach auf eine Reaktion von mir? Ich wusste, dass ich auch mit Frauen konnte, und manchmal konnte mich eine ein wenig kribbelig machen. Aber …

„Ja, das ist alles nett und so“, sprach ich sie an und legte eine Hand auf ihre, „aber ich glaube, das … ist jetzt nicht … so passend.“

Fast augenblicklich sprang sie auf, stellte sich wieder zum Ausgang und sah mich an.

„Es herrschte leichte Unklarheit bezüglich Eurer Präferenzen“, sprach sie nun ein wenig lauter, „aber … ich kann für eine Behebung dieses Missgeschicks sorgen. Bitte entschuldigt vielmals, mein Herr!“

Kurz warf sie mir noch dieses Lächeln entgegen, um dann die schwere Zeltplane zur Seite zu schieben und zu verschwinden.

„Aber warte einen Moment!“, rief ich ihr fast nach. „Wartet, meine Dame … wie auch immer.“

Meine Stimme wurde immer leiser, und ich sprach es kaum noch aus. Wenigstens konnte ich nun wieder ruhiger atmen und machte mich an den Rest des Abendessens. Dafür blieb ein leichtes Drücken in meinem Magen, und es lag nicht am Essen.

Das fließende Wasser dort draußen war wärmer als gedacht. Ich kehrte nur in ein großes, weiches Tuch gewickelt zurück. Klar, ich war mir bis heute vielleicht nicht ganz sicher, wie meine Vorlieben genau aussahen. Aber das ging doch nicht, mich einfach so mit einer Frau zu vergnügen, die jemand dafür zu mir geschickt hatte. Vielleicht, wenn ich sie ein bisschen gekannt hätte, sich die richtige Stimmung dafür ergeben und …

Erneut hörte ich ein lautes Räuspern beim vorderen Eingang, und diesmal klang es anders.

„Darf ich bitte?“, fragte eine männliche Stimme. „Ich bin hier, um …“

Ich kontrollierte nochmals, ob dieses umgebundene Tuch wirklich saß, bevor ich zum Eingang hetzte. Beinahe stolperte ich, bevor ich nachsah, wer da war.

„Oh, danke, mein Herr“, sprach er mich an und ließ seinen Blick schnell von oben bis unten über mich schweifen. „Unglaublich, Ihr seid es tatsächlich, Marcellus? Oder wie lautet nun Euer Name?“


„Äh, ja, an sich ja.“

Es war zumindest der Künstlername, den ich zuletzt und auch für dieses geplante Treffen verwendet hatte. Ein starkes Kribbeln erfasste mich, vielleicht deshalb, weil sein Oberkörper komplett nackt war. Nun ja, bei mir genauso. Wahrscheinlich war er vor ein paar Jahren erwachsen geworden. Bei einem genaueren Blick auf seine Bauchmuskeln blieb mir kurz die Luft weg. Seine Haare waren tiefschwarz, und er lächelte mich nun direkt an.

„Oh, und wenn ich das sagen darf“, setzte er fort, „ich finde diesen Kult nicht so gut. Ich finde, wir sollten …“


„Ja?“


„… ein wenig lockerer sein, privater.“


„Oh, das ist gut, kein Problem … setz dich ruhig dort hin.“

Toll, ich hatte zu diesem Bett geblickt – und er bewegte sich darauf zu. Mit einer Hand stützte er sich dort ab und setzte sich an die Kante. Mein Puls hatte sich deutlich erhöht, und ich blieb erst einmal dort stehen, wo ich war.

„Haben die dich auch geschickt …“, begann ich langsam, „um … mir Vergnügen zu bereiten?“


„Exakt so ist es.“


„Ja, gut, aber ich kann doch nicht …“


„Jetzt wird es aber schwierig“, änderte sich seine Stimme, und er blickte auf. „Also was … deine … Präferenzen angeht.“


„Oh, das ist schon in Ordnung“, entgegnete ich sofort. „Ich hätte auch mit … deiner Kollegin, aber …“

Erneut lächelte er, strahlte, und diesmal hatte er eine Hand an seine Brust gelegt. Auch ich versuchte so wie er zu lächeln und trat näher. Langsam beugte ich mich nach unten, und er machte mir sofort Platz. Nur ein bisschen streifte ich an seinen Händen.

„Kannst du mir bitte erklären“, fragte ich ihn, „was die alle von mir wollen? Was ist so toll an mir? Ich meine, ich schaffe es nicht einmal, dass sich Leute mit mir treffen wollen, und …“


„Wir haben so lange versucht, dich zu finden. Du hast wirklich nie etwas gespürt?“


„Was soll ich gespürt haben? Und warum … heißt es überhaupt Ersatzstadt?“


„Weil unsere Hauptstadt besetzt ist.“


„Oh, aber … darf ich etwas sagen?“


„Aber natürlich steht dir das frei.“


„Genau jetzt spüre ich schon etwas.“

Sein Mund stand offen, und er drehte den Kopf langsam zu mir. Genauso langsam wanderten seine Hände auf meine Oberschenkel, oder eher auf das Tuch, das sie halbwegs verhüllte. Wenn es so weiterging, konnte es bald nicht mehr viel verbergen.

„Was ich sagen wollte“, setzte ich fort, „ich kann doch nicht … also die schicken dich einfach so zu mir und …“


„Aber es wäre mir eine sehr große Ehre!“, unterbrach er mich und zog die Hände nicht wirklich weg.

Meine Atmung war immer noch schnell und mein Puls sowieso. Ein Zucken fuhr nicht nur durch meine männliche Ausstattung, sondern durch meinen ganzen Körper. Die Beschreibung von dem, der sich mit mir treffen hatte wollen und nicht aufgetaucht war, passte auf ihn! Wie er ungefähr aussah, sogar die Haarfarbe. Auch dieses Gefühl, das mich an diesem Vormittag erfasst hatte, war ziemlich gleich.

„Darf ich nur ein bisschen?“, fragte ich ihn und ließ meine Hände über seinen Schultern schweben.


„Aber natürlich …“


„Ja, ich weiß“, unterbrach ich ihn.

Seine Haut fühlte sich weich und völlig glatt an. Schmierte der etwas drauf? Fühlte sich aber nicht ölig an. Ich konnte auf einmal nicht anders, als auch seinen Rücken zu erkunden. Waren da von Natur aus überhaupt keine Haare? Langsam strich ich die Wirbelsäule entlang und glaubte ein leises Stöhnen zu hören. Oh, toll, nun hatte ich ihm Vergnügen bereitet. Dabei war noch überhaupt nichts passiert, oder? Bis auf die heftige Erektion, die nun endgültig an mir aufragte.

Sicherlich tat er so, als hätte er nichts bemerkt. Was wäre, wenn ich mich einfach bequem hinlegen würde? Schließlich hatte ich dieses Bett noch überhaupt nicht ausprobiert. Ich ließ mich zurückfallen, rückte mich zurecht und dachte erst nachher an das Tuch. Hatte es noch einen Sinn, darin eingewickelt zu bleiben? Nicht immer stand so sehr etwas wie in diesem Moment – und ich versuchte, das unter dem Stoff zu verbergen. Hatte ich das jetzt gerade wirklich getan?

Ich sah kurz nach oben, bevor ich tief durchatmete und die Augen schloss. Genau, vielleicht war er ein Masseur. Warum musste ich immer gleich an andere Dinge denken? Wenn die ahnten, was mir gefiel, sollte er tatsächlich talentiert sein und vielleicht auch ein Massageöl mithaben. Diese Liegefläche fühlte sich anders als mein Bett zuhause an. Nicht noch weicher, und trotzdem wie … das Liegen in flachem Wasser an einem Sommertag.

Nur ganz leicht musste ich stöhnen, als ich seine Handflächen an meinen Oberschenkeln spürte, unter dem Tuch. Durch seine Ankündigung und mein Hinlegen war alles gesagt. Ich beschloss, ihm einfach freie Hand zu lassen – wenn es dabei blieb. Ob er diese abgerissene Hose noch trug? Ich wollte nicht hinsehen und nicht zu viel in die leisen Geräusche um mich interpretieren.

Mein Stöhnen und Atmen wurde etwas lauter und kam zerhackter, als er seine Reise fortsetzte. Nach und nach versuchte ich, dieses Tuch um mich zu lockern. Immer noch besser, als würde er mich danach fragen. Zweimal hintereinander fuhr ein starkes Zucken durch meine Männlichkeit, obwohl er nicht einmal in der Nähe war. Aber fast.

Ein feines Prickeln legte sich auf meine Haut und blieb dort. War ich schon komplett nackt? Was machte er da? Ich riss die Augen auf und bekam mit, wie er nun etwas schwerer atmete. Meine zuckende Verhärtung ragte steil auf, und seine Zunge war leicht herausgestreckt. Ohne mich anzusehen, kam er noch näher – und ich spürte seine Zungenspitze an der Spitze meiner Lust. Völlig weich und zart und dennoch schwer damit beschäftigt, mir ein Stöhnen zu entlocken.

Kurz blickte er zu mir auf, und ich glaubte ein Lächeln zu erkennen. Dann stülpten sich seine Lippen über mich. Vielleicht hörte sich mein Stöhnen zart an, und vielleicht ging das alles viel zu weit. So hektisch er mich in sich aufgenommen hatte, so langsam ließ er mich weiter in seinen Mund gleiten. Ich versuchte das Zittern in meinen Beinen zu beherrschen – aber warum sollte ich hier irgendwas unter Kontrolle halten? Außer vielleicht, er würde …

Dieses feine Prickeln war zu einem Gefühl tief in mir geworden. Wie etwas, das mich fest packte. Dabei hielt er sich überhaupt nicht an mir fest, höchstens ein bisschen. Ich wollte mich an ihn klammern, ihn ein wenig streicheln, aber er war viel zu beschäftigt dafür. Viel zu schnell machte er das nun und hielt sich auch mit seiner Zunge nicht zurück. Ich musste tiefer atmen, und er sollte merken, dass ich …

Als ich fast etwas wie „Ich komme bald“ hervorstöhnen wollte, hörte er für einen Moment auf und vollführte eine Geste. Als wollte er etwas sagen wie „Ganz ruhig, lass mich das nur machen“. Ein weiteres Mal atmete ich tief durch und ließ mich in den Stoffballen hinter mir fallen. Etwas lag in der Luft, nicht nur auf meiner Haut oder tief in mir. War es nur der Duft von ungezähmter Lust? Noch immer fühlte sich alles bei mir völlig hart an. Lag das nur an ihm?

Dieser Mann beugte sich nach unten, und sanfter als zuvor legten sich seine Lippen an meine Lustspitze. Doch nun hielt ihn nichts mehr auf. Rasant machte er weiter, und trotzdem war mir, als konnte ich jedes Detail von ihm spüren. Meine Beine konnte ich wirklich nicht mehr ruhig halten. Hatte ich vorhin noch Geräusche von draußen gehört, so wurde es nun völlig still. Ich lag nicht mehr auf dieser Matte, ich schwebte leicht darüber.

Dieser Schleier legte sich wieder über mich, aber es war anders. Mehr dieses Gefühl, alles völlig klar sehen zu können. Die Kontraste wurden noch stärker – und es geschah! Ich riss den Mund auf, doch kein Laut entkam mir. Dafür hatte sich diese Empfindung gerade völlig befreit und durchflutete mich. Augenblicklich bahnten sich meine Säfte ihren Weg – direkt in seinen Mund. Meine Finger krampften sich in die Unterlage, und da kam noch mehr. Er machte einfach weiter, ließ nicht von mir ab. Nur langsam kehrte dieses leichte Prickeln zurück – und lief ganz langsam aus.

Ich hörte sein Ausatmen und bekam wieder mit, wie er locker über meinen Beinen saß. Das Badetuch lag irgendwo neben mir. Noch immer trug er diese Hose. War er mehr als ich ins Schwitzen geraten? Erneut warf mir dieser Mann ein kurzes Lächeln zu. Aber es war, als … hätte ich mir gerade die Haare schneiden lassen. Ja, vielleicht war er in dieser Ersatzstadt ein Profi – aber wollte er nicht auch …?

Er kletterte von mir und stand auf. Seine Hose schien trocken geblieben zu sein. Wenn sich da was aufgerichtet hatte, dann gut von ihm verborgen.

„Möchtest … du nicht auch?“, fragte ich ihn.


„Oh, das kann ich dir doch nicht abverlangen! Aber ich hoffe, du warst zufrieden – und willkommen in unserer Ersatzstadt!“


„Ja, das war der absolute Wahnsinn! Ja, und … wer hat jetzt überhaupt die andere Stadt besetzt?“


„Vielen Dank, dass du meine bescheidenen Bemühungen so ehrst! Oh, und … die ganze Sache zeigt sich ein wenig kompliziert.“


„Ja, aber …“

Nur dort drüben beim Ausgang, wo er hingegangen war, wirkte sein Lächeln nun vielleicht etwas gespielt auf mich. Er deutete mit den Fingern etwas wie ein Winken an und verschwand. Seine Aufgabe war wohl erfüllt, und vielleicht hatte er gleich eine weitere zu erledigen. Oder war es ihm einfach nicht erlaubt, sich von mir ein wenig helfen zu lassen? Was waren das überhaupt für Sitten hier? Ich hatte mir irgendwann vorgenommen, noch besser aufzupassen und hätte schon gar niemand in meinen Mund kommen lassen. Aber so wie er das gemacht hatte, hatte es wahrscheinlich noch niemand bei mir gemacht.

Sollte ich versuchen, bei anderen Leuten hier mehr zu erfahren? Wahnsinn, der Typ hatte gerade alles aus mir herausgesaugt – und ich musste einfach noch eine Weile hier liegen bleiben. Draußen schien es längst dunkel zu sein, soweit ich das vorhin beim Öffnen der Zeltplane gesehen hatte.

Ich raffte mich auf, sah mich nach meiner kurzen Hose um und zog auch mein T-Shirt wieder an. Ein wenig konnte ich mich ja draußen umsehen, oder? Fast kam mir die Luft ein bisschen kühl vor, als ich einen Schritt hinaustrat. Doch es war nur ein Lufthauch, der die Schwüle gerade richtig auflockerte. Niemand war draußen, und ich sah nach links und rechts. Völlig dunkel wirkte es nicht, und es schien ein bläulicher Schimmer am Horizont zu liegen.

Die Gasse hatte einige schmälere Abzweigungen, im Hintergrund waren mächtige Bäume – und vor mir tat sich nun eine größere Fläche auf. Noch über hunderte Meter, wenn nicht viel weiter, verteilten sich viele kleinere Zelte. Aus manchen drang ein Lichtschein, andere waren dunkel. Ja, alles zusammen konnte eine Stadt darstellen. Nur, wo befand ich mich überhaupt?

Dieses Kribbeln wollte bei meinen Gedanken wieder aufkommen, wurde aber von etwas aufgehalten. War ich in der Zeit zurückgereist – oder überhaupt nicht mehr in meiner Welt? Warum sonst hatte ich auf einmal keinen Ausgang aus dem Wald mehr gefunden? War ich tatsächlich etwas Besonderes, jemand, der hier eine wichtige Aufgabe erledigen sollte? Den sie nach langer Zeit endlich gefunden hatten – außerhalb ihrer Welt?

Bei einem der größeren Zelte in einer breiteren Seitengasse bemerkte ich ebenfalls einen Lichtschein. Sogar Gelächter dann und wann und etwas, das wie das Klirren von Gläsern oder Metall klang. Jemand trat gerade hinaus und hielt etwas in der Hand. Am besten, ich ging zurück und versuchte zu schlafen. Sonst würden mich alle wieder ansehen und womöglich Fragen stellen. Vielleicht ließ sich sogar das Smartphone wieder einschalten, und ich bekam irgendwelchen Empfang.

Vor langer Zeit hatte ich manchmal diese Gedanken gehabt, anders als alle anderen zu sein. Ja, das war ich, wenn ich es mir recht überlegte. Ich interessierte mich für Männer, wenn sie die richtige Ausstrahlung hatten und mich in ihren Bann zogen. Wie viele Männer wie mich gab es, die dann auch noch Frauen genauso süß finden konnten, wenn auch nicht so oft? Es hatte mir auch nie behagt, ein Bittsteller sein und mich nach anderen richten zu müssen. Also hatte ich mich irgendwann entschlossen, selbstständig für ein Einkommen zu sorgen. Das halt nur bescheiden ausfiel und reichen musste.

Aber auch all das zusammen gab es sicher unzählige Male. Ja, vielleicht war da wirklich einst dieses tiefe Gefühl gewesen, etwas Besonderes zu sein. Hatte es sich nun bewahrheitet? Ich erkannte mein Zelt wieder und trat ein. Die Liegefläche fühlte sich auf einmal wieder wie eine durchschnittliche Campingmatte an, auch wenn sie sehr groß war. Sollte das nicht eher Stroh sein? Das Licht hier drin war blasser geworden, nur noch ein schwacher Schein wie draußen. Ich sah nach oben – und diese Müdigkeit legte sich über mich.

Kapitel 3 – Der Herrscher

Ich schreckte auf. Hatte ich das gerade geträumt, oder war das eine starke Erschütterung gewesen? Die Stoffbahnen und alles in diesem großen Zelt waren noch da und das Licht nun heller. Es musste bereits das Tageslicht sein. Wieder auf meinem Telefon nach der Zeit sehen hatte wohl keinen Sinn. Irgendwie hatte sich der letzte Tag immer wieder in Variationen in meinen Träumen wiederholt. Besonders die Sache mit diesem Typen. Ob er noch hier war? Erst einmal musste ich austreten.

Ein Duft empfing mich, als ich in das Zelt zurückkehrte. Irgendwie süß und würzig zugleich. Ein neuer Metallbecher stand auf dem kleinen Tisch, und das daneben sah wie knuspriges Gebäck aus. Ein starkes Prickeln zog sich durch meinen Mund, als ich davon abbiss. Wie ein kleiner Höhepunkt, den ich mit diesem Getränk löschte. Schmeckte nach gerösteten Nüssen, warm, ganz leicht bitter und ein bisschen süß zusammen. Aus irgendwas zusammengebraut, das es hier gab? Ich blinzelte einige Male mit den Augen, und alles war immer noch da. Mir war sogar, als erschienen die Farben und Kontraste dadurch satter.

Jemand stand vor dem Eingang, das spürte ich. Einfach so sagte ich laut „Bitte!“ – und dieser Mann von gestern trat ein. Der Abgesandte.

„Oh, guten Morgen!“; begrüßte ich ihn, und sein leicht nach oben gerichteter Blick veränderte sich kaum.


„Ich hoffe“, erhob er seine Stimme, „Ihr hattet eine gute Nachtruhe und seid wohlbehalten.“


„Ja, das bin ich. Aber war das ein Erdbeben vorhin?“


„Der Vorstoß nimmt in der Tat zu. Bald können wir auch die Ersatzstadt nicht mehr halten, auch wenn Eure Ankunft bereits Verbesserungen erbracht hat.“


„Moment, welcher Vorstoß? Feindliche Truppen … und die haben auch die Hauptstadt besetzt?“


„Wir haben nun klarere Visionen – und bitte habt die Güte, Euch anschließend zum Versammlungsplatz zu bemühen. Ihr werdet dringlichst erwartet.“


„Kann ich gern machen. Und …“, fragte ich, als der Abgesandte bereits am Gehen war.


„Habt Ihr noch einen Wunsch?“


„Ja … ist dieser, ähm …“


„Ja?“


„… dieser … talentierte junge Mann von gestern noch hier?“


„Ach, Traian … er dürfte in der Umgebung beschäftigt sein. Hat er Euch zu Eurer Zufriedenheit … Unterhaltung bereitet?“


„Ja, das hat er … sehr gut!“

Beinahe glaubte ich ein vorsichtiges Lächeln zu erkennen, nur einen kleinen Ansatz. Vielleicht war es mehr ein Rollen mit den Augen und ein Blick noch mehr nach oben als sonst. Wortlos ging er, und ich sollte mich wohl beeilen.

* * *

Irgendwie war es an diesem Tag einfach nur angenehm warm auf meiner Haut. Es herrschte nicht unbedingt eine leichte Schwüle, die von einem leisen Luftzug aufgelockert wurde. Vielleicht lag es an den dichten Wolken, die sich am Himmel zusammengeballt hatten und kaum grelles Sonnenlicht durchließen. Besonders in Richtung des Teils, der wohl die Vorstadt sein sollte, wirkte alles dunkler.

Es war, als hatte sich gerade ein Traum verfestigt. Alle Zelte standen noch so da wie in der Nacht, schienen da und dort sogar mit festem Baumaterial verstärkt zu sein. Einige Leute gingen herum, eher in Tücher gewickelt, und drehten sich nach mir um. Vielleicht sollte ich mir auch eine Stoffbahn umbinden und eine andere umhängen, statt in T-Shirt und kurzer Hose herumzulaufen. Wenn es ein Erdbeben oder die Waffe einer feindlichen Macht gewesen war, dann schien sie hier zumindest keine Auswirkungen gehabt zu haben. Wegen meiner Anwesenheit, oder wie?

Das Gebäck und Getränke in Bechern gab es anscheinend in diesem großen Zelt, das in der Nacht beleuchtet gewesen war. Vielleicht die Stadttaverne, und ich sollte mir das später ansehen. Erst einmal musste ich diesen Versammlungsplatz finden. Ich hätte den Abgesandten genau fragen sollen. Noch eine Art Bauwerk fiel mir auf, das vorne offen war. Vielleicht ein Lagerraum für Vorräte?

Ein Platz tat sich vor mir auf, um den einige größere Zelte oder Hütten herum aufgebaut waren. Manche der Aufbauten bestanden sogar aus groben Steinen, die jemand bearbeitet haben musste. Eine größere Menge hatte sich hier versammelt, und es gab so etwas wie ein Podest. War das der Abgesandte dort oben? Ich bewegte mich schneller auf ihn zu, und die Anwesenden machten mir sofort Platz. Er warf mir einen Blick zu, der etwas wie „Bin ich froh, dass er endlich da ist“ sagte. Neben ihm entdeckte ich eine noch höhere Plattform, die wohl für mich reserviert war.

„Wir haben ihn nach all der Zeit nun gefunden“, verkündete der Abgesandte laut und wollte anscheinend fast seinen Arm um mich legen. Er unterbrach sein Tun und zog ihn langsam wieder zurück. Ein Raunen und zum Glück kein Klatschen ging durch die Menge. Alle Blicke waren auf mich gerichtet.


„Ja, schön, freut mich“, meldete ich mich zu Wort. „Aber ich … weiß ehrlich gesagt nicht, was ich machen soll.“


„Auch uns sind viele Dinge noch verborgen“, wandte er sich nun mehr mir zu. „Doch Eure Anwesenheit bei uns wird …“

Diesmal spürte ich die tiefe Erschütterung deutlich. Ich konnte nichts hören, aber es war wie ein mächtiges Brummen, das das ganze Land erfasste. Wackelten die hohen Bäume gerade, oder war das nur der Wind gewesen? Die Wolken schienen noch dunkler geworden zu sein. Als würden sie alle von dort drüben nachgeschoben werden. Lag in dieser Richtung die besetzte Hauptstadt?

„Wir sollten nun die letzten Vorbereitungen treffen“, wandte sich der Abgesandte wieder an die Menge und trat von dem Podest auf den Boden.


„Moment“, fragte ich ihn, „und was soll ich jetzt genau machen? Allein in die Hauptstadt gehen?“


„Dies wäre der Plan“, klang er auf einmal leiser, aber für mich immer noch verständlich. „Doch natürlich werdet Ihr dabei Begleitung erhalten.“


„Oh, da bin ich beruhigt“, entgegnete ich.

Die Menge war in ein Murmeln verfallen, hatte da und dort kleinere Gruppen gebildet und sich sonst zur Hälfte zerstreut. Jemand näherte sich uns, der mir bekannt vorkam. Der hatte dem Abgesandten gleich bei meiner Ankunft hier einen Blick zugeworfen – und nun wieder. Er blieb wortlos neben uns stehen.

„Und was soll ich in der Hauptstadt?“


„Nur mit Eurer wertvollen Hilfe wird es möglich sein, den Herrscher zu befreien. Auch wenn …“


„Ja?“


„Ihm missfällt diese Auszeichnung, und außerdem …“


„Ja?“


„Seid Ihr doch nun unser Herrscher.“


„Oh, das ist …“

Ein Zucken erfasste mich, oder mehr ein Prickeln über den Rücken. War es das, die ganze Zeit gewesen? Ich hatte das Schicksal einer ganzen Welt in der Hand?

„Ja, aber …“, setzte ich fort und ignorierte dieses Prickeln einfach, „… dann müssen alle etwas … lockerer werden. Ich möchte von niemand etwas verlangen, wenn es geht, das möchte ich selbst nicht.“


„Doch das ist Euer Recht!“


„Gut, dann … bringe Er mir noch von diesem vorzüglichen Gebäck, ja?“


„Natürlich … sofort!“

Sollte ich ausprobieren, was ich mir hier leisten konnte und wann es zu weit ging? Ich hätte mich wohl selbst in dieser Taverne erkundigen können, wohin er sicher gerade abzischte.

* * *

Dieses Gefühl in meinem Magen verschwand nicht. Sicher lag es nicht am Essen, es lag an diesem Traian. Ob das auch ein Künstlername war? Er war ein Künstler, und ich würde ihn so höflich fragen, wie ich konnte. Wenn die wollten, dass ich loszog, dann konnte er ruhig mitkommen. Allein schon, weil er sich in der Gegend auskennen sollte. Dieser andere Mann, der anscheinend mit dem Abgesandten zusammenarbeitete, redete offenbar nicht viel. War er nicht zu dem Lagerraum gegangen? Ich konnte mich ja umsehen, was es dort so gab.

Ich schlenderte die einsame Gasse entlang und erreichte dieses mit ein paar Materialien befestigte Zelt. Bei Tageslicht sah es wie ein Marktstand aus, mit Gewürzen. Ein Gewirr aus Düften war bereits mehrere Meter davor in der Luft gelegen. Dieser Mann war da und kramte weiter hinten in irgendwelchen Regalen herum. Was er da trug, sah wie ein altgriechischer Umhang aus.

Obwohl ich noch nichts gesagt hatte, hielt er in seiner Bewegung inne und drehte sich langsam um. Seine Augen waren weit geöffnet, als er mich sah.

„Der Herrscher!“, begrüßte er mich, und sein Mund blieb ebenfalls weit geöffnet.


„Bitte nicht, ich möchte mich nur umsehen. Ist das …?“

Hier schien es kein Spezial-Wasser und keinen Wald-Kaffee zu geben. Aber er braute doch gerade etwas zusammen, oder? Konnten auch Heilkräuter sein, und er ein Apotheker.

„Gibt es hier … Heilmittel?“, fragte ich weiter. „Oder vorbeugende Sachen?“


„Gegen alles, das bekannt! Doch …“


„Ja?“


„Herrscher benötigt das nicht.“

Dieses Drücken in meinem Magen musste irgendwann verschwunden sein, dafür erfasste mich erneut dieses Prickeln auf meiner Haut. Augenblicklich sah ich vor mir, was er meinte. Nur wer unverwundbar und immun war, konnte dieses Land beherrschen. Vielleicht war ich das nur in dieser Welt zur Gänze. Vielleicht dauerte die Reaktion manchmal ein bisschen. Aber ich sah wieder alles völlig klar.

Ich warf ihm ein kurzes Lächeln zu und nahm mir vor, nach der Taverne zu suchen. Ob die schon geöffnet hatten – und was dort alles im Angebot war?

Die Anwesenden blickten auf und schienen eher noch beim Frühstück zu sein. Der Schanktisch wirkte auf mich recht massiv, aber die zwei niedrigen Tische so, als sollte sich niemand zu sehr darauf abstützen. Jemand machte einen Schritt zur Seite – und ich sah diesen Traian dort sitzen. Ich näherte mich weiter – und er zuckte zusammen, als ich Blickkontakt mit ihm hatte. Ein kurzes Lächeln folgte, sicher weniger gespielt als bei seiner Verabschiedung. Oder verzerrte er gerade das Gesicht?

„Hallo!“, begrüßte ich ihn, wollte ihm fast die Hand reichen und ließ es lieber. „Können wir einmal … hinausgehen?“


„Bitte … einen Moment.“

Hastig trank er diesen Becher aus und sprang auf. Ich wartete am Eingang, und Sekunden später er eilte zu mir und stolperte fast.

„Verzeihung, aber gibt es Ärger? Ich bedaure es sehr, aber ich wusste es doch.“


„Nein, nein, alles in Ordnung. Es ist nur … ich würde gern mehr über dich erfahren. Über das alles hier.“


„Das soll bei uns nicht so üblich sein, dass ich einfach so mit dem Herrscher …“


„Bitte sag das nicht, und … gehen wir einfach ein Stück, ja?“

Es war, als begrenzte etwas dieses Brodeln in mir, als er direkt neben mir stand. Als konnte ich mich selbst davor schützen, dass alles außer Kontrolle geriet. Lief er immer nur in dieser Hose und sonst nichts herum? Zum ersten Mal fiel mir die Tätowierung zwischen seinen straffen Brustmuskeln und seinem Hals auf. Ein zartes, geschwungenes Muster, das ihm irgendwie nicht passte – oder doch sehr, sehr gut. Vielleicht war es nur aufgemalt?

„Also du bist es?“, fragte ich ihn, als er langsam neben mir schlenderte.


„Wer soll ich denn sein? Oh, du meinst dieses … wie nennst du es, Kontaktprofil? Ja, es wurden für diesen Zweck meine Angaben genommen.“

Ich blieb stehen, und mein Mund blieb offen. Langsam drehte ich mich zu ihm – und ich erkannte bei ihm dieses Lächeln. Entweder besaßen die hier Technik, die über die Grenze zwischen unseren Welten funktionierte – oder die hatten das mit reiner Magie erstellt. Und ich war denen voll in die Falle gegangen.

„Hättest du Lust“, fragte ich ihn, als wirklich niemand in der Nähe war, „mich heute wieder zu … besuchen? Oder hast du schon etwas vor?“


„Nein, doch ich sollte meine Aufgaben mit unserem Abgesandten abklären. Das schickt sich doch nicht, wenn ich …“


„Und wenn ich es dir … anordne? Ich bin doch jetzt der neue Herrscher, oder? Vielleicht kannst du mir auch gleich erklären, wie ich in diese Hauptstadt kommen soll. Ist die weit von hier? Gibt es eine Landkarte?“


„Oh, das entspricht an sich der Wahrheit, dass … du das kannst.“


„Wir müssen auch … ach, überhaupt nichts. Aber was ich noch fragen wollte …“

Traian stöhnte auf und ging in die Knie. Es war, als hätte ihn jemand niedergeboxt. Ich wollte ihn abstützen, doch er fing sich wieder und richtete sich auf.

„Alles in Ordnung mit dir?“


„Oh, es ist nur … das kann nichts gewesen sein.“

Ich setzte mit ihm neben mir meinen Weg fort – und nach ein paar Metern jaulte er wieder auf. Diesmal ging er weiter in die Knie, und seine Gesichtszüge verzerrten sich. Sofort griff ich unter seine Arme und zog ihn nach oben.

„Größtmöglichen Dank, doch es geht schon. Das war doch nichts. Wenn Ihr also … wenn du meinen Besuch ein weiteres Mal wünschst …“

Diesmal musste ich in seine Richtung lächeln und hoffte, dass es niemand mitbekam. Vielleicht hatte er vorhin etwas gegessen oder getrunken, das ihm nicht bekommen war. Jemand kam uns entgegen und ließ den Blick nicht sofort von mir und ihm. Aber das konnte ich doch entscheiden, wen ich hier treffen wollte.

Erneut stolperte er beinahe, als wir gleichzeitig in mein Zelt eintraten. Vielleicht wollte er noch mein … Badezimmer besuchen. Sah jedoch so aus, als würde er sich gleich auf das Bett legen wollen. Dabei wollte ich einfach nur … mich neben ihn legen und vielleicht die Konturen seiner Muskulatur näher erforschen. So lange, bis ich das Gefühl hatte, er duldete das höchstens. Doch es hörte sich für mich wie ein zartes Stöhnen an, als ich ein, zwei Finger vorsichtig auf seinen Oberkörper legte. Wieder lächelte er und schnappte kurz nach Luft.

„Ist es richtig“, fragte ich, „dass ich hier gegen alles immun bin?“


„Das entspricht der Wahrheit. Wusstest du das nicht? Deshalb wirst du gegen die bestehen können.“


„Nein … aber danke, wenn ich das erfahre. Das heißt, ich kann auch so vier, fünf Gin Tonic trinken, ohne dass irgendwas passiert? Gibt es hier auch Bier?“


„Was kannst du? Ja, du kannst alles … soweit uns dies bekannt ist.“

Dieser Mann war … ich musste wiedergutmachen, was ich angerichtet hatte. Einfach so hatte ich mich von ihm bedienen lassen und ihn mit seiner Anspannung zurückgelassen. Regte sich da nun etwas bei ihm? Da war nur ein kleiner Verschluss und nicht einmal ein Gürtel, und wenn ich …

Diesmal stöhnte er wieder auf, krampfte sich zusammen – und sein Gesicht verzerrte sich anders. Sofort ließ ich von ihm ab und sah mich um. Vielleicht brauchte er einen Schluck Wasser. Nein, ich musste in diese Heilkräuter-Apotheke! Der dort musste mir doch sagen können, was ich machen konnte.

„Ich glaube …“, brachte Traian hervor, „… es ist ein neuerlicher Vorstoß. Sie haben mich … mit ihren Kräften getroffen, und …“

Er rollte sich beinahe zusammen, aber wenigstens ließ er gleich wieder locker und konnte noch atmen. Wer waren diese Leute nur? Welche Kräfte besaßen sie? Traf es noch andere in der Ersatzstadt? Wenn ich dagegen immun war, stimmte dann alles über mich?

„Warte“, verkündete ich und sprang auf, „ich bin gleich wieder da!“

Wahrscheinlich wollte er etwas sagen, aber es fiel ihm zu schwer. Diesmal schien ihn nur ein leichtes Zucken erfasst zu haben, aber sein Gesicht verzerrte sich wieder. Noch einmal sah ich zurück und eilte hinaus.

Wo genau war es gewesen? Ich kehrte in einer Gasse um, stürmte in eine andere, merkte die Blicke um mich – und da war es! Ein Prickeln lief über mich und wurde sofort gedämpft. Noch eines, als ich diesen Apotheker dort sah. Er drehte sich zu mir um.

„Schnell“, schrie ich ihn beinahe an, „er hat auf einmal Krämpfe … Traian. Böse Mächte vielleicht, keine Ahnung … gibt es hier was dagegen?“

Er blickte kurz auf, drehte sich aber ohne Hektik wieder um. Trotzdem schien er das Regal vor ihm schnell abzusuchen, noch eines – und wandte sich neuerlich zu mir.

„Verdacht … aber Blüte noch nicht hier. Ganz spezielle“, versuchte er mir offenbar etwas zu erläutern.


„Schnell, er ist in meinem Zelt … kann ich was machen?“


„Herrscher kann Blüte finden.“


„Welche Blüte? Wie sieht sie genau aus? Wo …?“


„Ganz einzigartig.“

Ich atmete tief durch – und trat zurück auf diese Gasse. Klar, wenn ich alles konnte, dann auch eine ganz spezielle, heilkräftige Blüte entdecken. Dort draußen im Wald, oder wie? Ich musste bei ihm bleiben, sehen, wie es ihm ging! Aber mein Blick war in Richtung der hohen Bäume gerichtet, und etwas zog mich in den Wald. So wie am Beginn dieser ganzen Sache.

Noch immer entdeckte ich Teile der Ersatzstadt, die ich nicht kannte. Wie groß war das hier bitte? Außerhalb der Umgebung meines Zeltes sah alles irgendwie gleich aus. Wahrscheinlich war der Umzug aus der Hauptstadt ziemlich eilig gewesen, und die hatten sich nicht mit vielen Details aufhalten können. Ich durchquerte etwas wie einen großen Hinterhof mit kurzem Gras und Schotter – und ein schmaler Pfad führte in den Wald.

Andere Geräusche als in der Ersatzstadt umgaben mich auf einmal. Die Laute von zahllosen Vögeln, die ich von allen Seiten hören, aber nicht sehen konnte. Oder waren es andere Tiere? Das Licht sah so aus, als läge ein leichter Dunstschleier über allem, von einzelnen grellen Sonnenstrahlen durchdrungen. Kurz blieb ich stehen und drehte mich langsam im Kreis. Traian lag immer noch dort, und ich musste dieses Heilmittel finden! Was machte ich da? Genau erforschen konnte ich später alles! Ich war nun der Herrscher, also musste ich es schaffen, diese verdammte Blüte zu finden! Vielleicht war es eher eine Beere oder irgendein Kraut.

Ich atmete schneller, hetzte weiter, streifte an dornigem Gestrüpp an. Nichts war hier! Ich sollte zurück, diesen Apotheker nochmals fragen, vielleicht den Abgesandten. Ich sollte … und der zu erahnende Weg weitete sich. Vielleicht nur von mir zu erahnen? Dieser Schleier war irgendwie weg – und links und rechts neben dem Weg gab es reichlich Blüten. Auf saftig grünen Stängeln wuchsen sie – und leuchteten rot. Vielleicht auch mehr blau. Welche davon sollte nun besonders sein?

Meine Finger zappelten, und ich spürte ein brennendes Gefühl im Hals. Schon die ganze Zeit, nun viel mehr. Ich schloss kurz die Augen und atmete den Duft hier ein. Er war wie … frisches Grünzeug oder doch wie eine seltene Rosensorte. Wie alles zusammen. Verdammt, wie lange hatte ich überhaupt Zeit? Kümmerte sich in der Zwischenzeit jemand um ihn? Der Apotheker? Was machte ich hier? Ich achtete auf Unterschiede in den Farben – und bemerkte auch ein paar saftige Beeren auf einem Strauch. Nein, das konnte es nicht sein. Ein Gedanke zuckte durch mich. Was wäre, wenn …?

Ich griff zu und rannte damit zurück. Diese Geräusche wurden wieder stärker und klangen immer weniger wie ein Zwitschern. Was, wenn ich nicht aus dem Wald fand? Würde der Abgesandte neuerlich auftauchen? Aber dort vorne … stand ich wieder in diesem Hinterhof. Ich stürmte durch die Gassen, bog noch einmal um die Ecke, zurück – und stand vor meinem Zelt. Und der Eingang offen.

Traian lag auf dem Bett – und ich bremste mich vor ihm ein. Er sah nach oben und schließlich zu mir. Als wäre das mit seinen Krämpfen nie passiert.

„Aber was …?“, fragte ich etwas lauter? „Alles in Ordnung?“


„Ja, es ist so. Es war nur …“

Ich bemerkte, wie jemand in das Zelt trat, und drehte mich um. Der Abgesandte! Langsam ging er weiter, warf Traian einen Blick zu und stellte sich vor mich. Er schloss für einige Sekunden die Augen und holte tief Luft.

„Ihr habt Euch als würdig erwiesen“, verkündete er.


„Ja, aber, das heißt …“


„Nun wissen wir, dass Ihr tatsächlich der Herrscher seid, den wir suchten.“


„Moment, aber ich verstehe momentan nichts.“


„Durch Eure Macht wurde die Blüte erst zu der gesuchten. Bitte habt die Güte, sie uns für die Sammlung an Heilmitteln zu übergeben.“


„Ja, gerne, aber …“, entgegnete ich und reichte dem Abgesandten die Blüte.


„Er wird Euch den Sachverhalt sicherlich gerne erläutern.“

War das ein Zwinkern zwischen den beiden gewesen, nur ganz leicht? Dieses vorsichtige Lächeln von Traian, das vielleicht nur ich bemerkt hatte, ließ das Brennen in meinem Hals endgültig verschwinden. Mir war, als breitete sich gleichzeitig ein Geschmack in meinem Mund aus. Nach Himbeeren? Wonach auch immer. Sogar beim Abgesandten glaubte ich ein angedeutetes Lächeln zu erkennen, bevor er das Zelt verließ.

Ich drehte mich zu Traian und legte meine Hände an die Hüften. Nur kurz. Er lächelte wieder und sah für einen Moment weg.

„Es würde wirklich so aussehen, träfe mich der Fluch“, sagte er nun und raffte sich ein wenig auf.


„Das heißt, du hast nur simuliert? Oder er hat das mit dir gemacht?“


„Es tat sehr wohl ein wenig weh, als es mich traf!“


„Ja, und, da draußen im Wald …“, begann ich nun fast zu stottern, „… habe ich so ein Gefühl gehabt. Genau was er vorhin gesagt hat.“


„Oh, das … ist tatsächlich der Wahrheit entsprechend. Beim echten Fluch ist sie wirksam. Niemand sonst hätte die Stelle so schnell entdeckt, und niemand sonst kann der Blüte zu Heilkraft verhelfen.“


„Also nur weil ich da hingegriffen habe … gut, das ist heftig.“

Ich näherte mich dem Bett und unterdrückte ein Fluchen, als ich beinahe stolperte. Klar, wenn ich zu sehr von seiner Erscheinung abgelenkt war, passierte das eben. Lachte er gerade, nur ein bisschen? Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck, als ich mich neben ihn legte und er ein wenig Platz machte. Für einige Sekunden wurde es still, und ich konzentrierte mich auf die Geräusche von draußen. Klang das nach dem Klirren von Metall? War es ein Tier aus dem Wald, das ich nicht kannte? Wieder eine tiefe Erschütterung? Nein.

Ich zuckte zusammen, als ich seine Hand an meiner Hose spürte. Nur an meinem Oberschenkel – doch sie wanderte nach oben. Erneut spürte ich etwas im Hals, aber es war mehr. Als schnürte sich mir die Luft ab. Dieser Geschmack hatte sich mehr in Richtung Zitrone geändert. Einfach so blieb ich liegen und versuchte gleichmäßig zu atmen. Seine Hand wanderte weiter, und nun musste er meine erwachende Erregung längst gespürt haben. In ihrer festen Form.

Als ich mich an seinen Oberarm und mehr in Richtung seiner Brustmuskeln tastete, zog er die Hand langsam weg.

„Äh … magst du das nicht? Ich kann es auch lassen, aber …“


„Es ist meine Aufgabe, dir Vergnügen zu bereiten. Es ist schon erfreulich, dass du als unser neuer Herrscher so einen gemäßigten Umgang damit betreibst. Du musst bei mir nicht …“


„Aber das ist ja … schrecklich“, entgegnete ich. „Ich meine, letztes Mal bist du einfach so gegangen, obwohl …“

Wieder legte ich eine Hand auf ihn, sehr zart und diesmal mehr über seine Bauchmuskeln. Auch als ich sie nach unten wandern ließ, sagte er nichts. Sogar dann nicht, als ich eine mächtige Erhebung und ein Zucken bei ihm spürte. Ich hörte sein tiefes Einatmen – und er lachte kurz.

„Oh, das war …“, sagte er, „… du erlaubst es mir zu erzählen?“


„Ja, bitte mach das.“


„In meiner Unterkunft konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, selbst für die Sache zu sorgen.“


„Ja, also“, entgegnete ich mit einem Lachen, „ich habe deiner Versuchung ja auch nicht widerstehen können. Vorhin habe ich schon geglaubt, er erzählt mir, dass ich bei der Prüfung durchgefallen bin. Deswegen.“


„Oh, keinesfalls. Das wärst du, hättest du strikt abgelehnt. Doch auf die Weise, wie du meine Dienste in Anspruch nahmst …“

Meine Hand lag immer noch auf seiner Verhärtung, und er sagte nichts. Manche Männer wollten eben ausschließlich jemand bedienen und nicht umgekehrt. Bedeutete das auch, dass ich ihn …? Beim Gedanken daran musste meine Erektion endgültig so hart wie seine geworden sein. Aber das war einfach nicht richtig. Er sollte es wollen und nicht höchstens dulden, weil ich es wollte. Oder weil von ihm irgendwas erwartet wurde. War seine Aufgabe hier, meine Privathure zu sein, oder wie? Ich konnte doch bestimmen, dass er das nicht sein musste.

Ich spürte sein Zittern, als ich die Hand ein wenig über dem Stoff seiner Hose bewegte. Wenn das so weiterging, würde er sie auswaschen müssen, und die Sache hätte sich ohnehin erledigt. Was wäre, wenn ich meine Finger an seine Gürtellinie legte und seine Reaktion beobachtete? Die andere Hand, die seine harten Tatsachen gerade spürte, musste ich ja nicht wegnehmen.

Sein Atmen klang schnell und flach, und manchmal entkam ihm etwas zwischen einem Wimmern und einem Stöhnen. Ein Beben lag in der Luft, das nicht von draußen kam. Seine Beine zitterten, alles zitterte. Das Jammern klang fast so wie das bei meiner Prüfung. Ich nahm beide Hände weg, trotzdem ging ein noch stärkeres Zucken durch ihn.

Ein zerhacktes Stöhnen entkam ihm immer öfter, und seine Beine zuckten völlig unkontrolliert. Ich sprang auf, als er sich wieder fast zusammenrollte. Hatte ihn der Fluch nun doch getroffen? War dieses Beben vorhin von der feindlichen Macht gewesen? Nein – es kam ihm wohl gerade so heftig.

Traian streckte sich wieder durch und den Kopf weit nach hinten. Er stöhnte zart und in die Länge gezogen, nochmals, war beinahe zu einem Bogen gespannt. Noch mehr spannte sich an – bis er plötzlich zusammensackte. Sein Mund blieb offen und ich merkte, wie er regelmäßig und schwer atmete.

„Alles in Ordnung?“, fragte ich nach einer Weile und legte meine Handfläche zart auf seinen nur leicht verschwitzten Oberkörper. Sein Herz raste, und langsam drehte er den Kopf zu mir.


„Da siehst du …“, brachte er leise und etwas kratzig hervor, „… deswegen. Niemand sonst kann …“

Er musste wieder nach Luft schnappen, konnte wohl erst einmal nicht sprechen. Erneut legte ich meine Hand auf ihn und diesmal spürte ich, wie seine Herzfrequenz leicht zurückging. Etwas blieb er noch liegen, bis er sich zu mir drehte … und seine Hand auf meine kurze Hose legte.

„Nein“, unterbrach ich ihn, „lass das bitte. Ich glaube, du kannst jetzt nicht.“


„Aber … ich …“


„Ach ja, und du kannst mein … Badezimmer verwenden.“


„Oh, das geht schon, es ist mir auch möglich, mein …“


„Es … wäre mir eine große Ehre.“


„In diesem Fall sollte ich das wohl in Anspruch nehmen“, klang seine Stimme bereits gefasster.

Fast knickten seine Beine ein, als er sich aufraffte, und ich stützte ihn. Er antwortete nur mit einem Lächeln, schob einige der Stoffbahnen zur Seite und verzog sich zum hinteren Ausgang des Zeltes. Ich setzte mich hin und holte tief Luft. Alles juckte mich, das schnell zu Ende zu bringen, während er weg war. Nur, wie würde das aussehen? Auch wenn ich ihm nichts erklären musste.

Was ich gerade erlebt hatte, war nicht von dieser Welt gewesen. Welchen Beweis brauchte ich noch, dass ich nicht mehr in meiner war? Es kam ihm bei mir einfach so heftig, dass es ihn umhaute. Auch wenn ich nur sehr zart war, besaß ich diese Macht. Ich hatte das vorhin gemacht! Ein Schauer lief über meinen Rücken, und ich setzte mich auf das Bett. Hoffentlich nahm er sich richtig lange Zeit und hetzte sich nicht.

Ich starrte nach oben, als ich ein Rascheln bemerkte. Traian war zurück – und nackt. Nur seine Hose, offenbar nass und ausgewrungen, hielt er vor seinen privaten Bereich.

„Darf ich dich um ein Tuch bitten?“, fragte er, und ich begann sofort herumzusuchen.


„Da, nimm es bitte“, entgegnete ich und reichte ihm eine Stoffbahn, die nicht ganz so durchsichtig wirkte.

Er trat näher und schnappte nach dem großen Stück Stoff. Ich sah kaum hin, als er es sich umband. War ihm noch etwas unangenehm, oder warum war sein Gesichtsausdruck gerade so, wie er war? Vielleicht weil er wusste, was ich tun würde, sobald er weg war? Weil er wusste, dass er sich nicht mehr anbieten und sich erholen sollte? Wann würde ich vom Abgesandten erfahren, wie nun die weiteren Pläne aussahen?

Traian winkte noch kurz am Ausgang, bevor er verschwand. Was war das nun gewesen? Er hätte ruhig zusehen können, wie ich … aber irgendwie schien jede Lust verflogen zu sein. Nicht auf ihn, aber auf mich selbst. Als hätte ich ihm alles gegeben, das ich hatte. Na dann … würde ich eben die Ersatzstadt weiter erkunden.

Kapitel 4 – Das Universum

Das Licht wirkte bereits golden, als ich nochmals durch diese Geschäftsstraße schlenderte. Manche der Zelte schienen sogar ein oberes Stockwerk und eine feste Konstruktion im Inneren zu haben. Ob auch die Hauptstadt womöglich nicht hauptsächlich aus Gestein bestand? Hier jedenfalls bearbeitete jemand Metall, und von diesen Stoffbahnen schien es reichlich zu geben. Ich hatte mir dann doch eine als etwas längeres Lendentuch umgebunden und den Rest davon wie eine Schleife um eine Schulter gehängt.

Ein grelles Licht zog mich an, zwischen neongelb und giftgrün, und offenbar … über einem Gefäß schwebend. Jemand hantierte dort damit herum, blickte auf und sah mich mehrere Sekunden lang mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. Klar, nun war ich nicht nur der gesuchte Herrscher, sondern womöglich auch standesgemäß angezogen. Ob diese bereits etwas abgenutzten Sandalen dazu passten?

Das Licht brannte sich nicht in meine Augen ein, obwohl ich den Blick nicht davon lassen konnte. Es schien sogar leicht weiter nach oben zu schweben und ein leises Surren oder Brummen von sich zu geben. Etwas sagte mir, dass ich lieber keine Fragen stellen sollte. Es lockte mich ohnehin zu diesem großen Versammlungsplatz, wo etwas vorzugehen schien.

War diese Gasse hier nun etwas wie die Hauptstraße, oder doch eine andere? Wahrscheinlich gab es einen gezeichneten Plan der Stadt. Aber irgendwie … kam auch so immer alles zu mir, das ich suchte. Dort vorne bemerkte ich ein Leuchten, das nicht etwa die flach einfallende Sonne war. Sondern ein Feuer? Nein, ein Licht wie in diesem Laden, nur so etwa zwei Meter groß.

Einige der Anwesenden traten zur Seite, als ich langsam darauf zu schritt. Die anderen schienen sich eher nicht stören zu lassen. Sie standen oder saßen auf dem Boden, sahen in den dunkler werdenden Himmel oder in das Licht. Es schwebte in vielleicht einem halben Meter Höhe. Was machten die da? Meditieren? Beten? Einige hatten die Handflächen gefaltet und dabei die Finger verschränkt und nach unten gebogen. Andere hielten sich an den Händen.

Dort war doch diese Frau, die sie zuerst zu mir geschickt hatten. Sie schien mich erkannt zu haben und warf mir kurz ein zartes Lächeln zu. Mein Atem stockte für einen Moment, als ich Traian in der Menge entdeckte. Sein Blick war fast so, als … würde er über etwas nachdenken? Das Tuch, das ich ihm gegeben hatte, schien ihm noch immer als Kleidungsstück zu gefallen. Sonst war sein Oberkörper nackt und glänzte ein wenig.

Mit langsamen Schritten näherte ich mich – und er zuckte zusammen. Es war nun mehr ein Lächeln, das er mit zuwarf.

„Oh, das ist ein schöner Abend!“, begrüßte er mich.


„Weil du mich siehst?“

Er kehrte zu dieser beinahe nachdenklichen Ausstrahlung zurück. Für zwei Sekunden oder für zehn? War die Zeit eingefroren? Warum musste ich solchen Blödsinn sagen? Aber warum Blödsinn?

„Was machen die alle hier?“, versuchte ich die Unterhaltung fortzusetzen.


„Das Universum ist die Summe von allem, das ist“, klang er nun wie beim letzten Besuch in meiner Unterkunft. „Somit sind alle ein Teil davon und auch das Unbekannte.“


„Das kann schon sein … und die wenden sich hier an das Unbekannte?“


„Wir spüren etwas, das mächtig ist – und dass sich etwas anbahnt.“

Er drehte sich mehr zu diesem Licht in der Mitte – und meine Hand hatte sich fast von selbst an seine geklammert. Als es mir völlig bewusst wurde, zog er seine zumindest nicht weg. Erst, als ich meine Finger vorsichtig um seine klammern wollte, begann ich seinen Händedruck zu spüren. Ich wollte ihm nicht sagen, dass er ruhig fest zudrücken konnte. Er machte es einfach.

In dieser Welt gab es wohl mindestens noch eine Instanz, die über mir stand. Ob die hier alle schon wussten, dass ich die Prüfung bestanden hatte? Sicherlich war es vom Abgesandten verkündet worden. Nun war er doch von mir abgesandt, oder? Nicht mehr von diesem früheren Herrscher.

Ich merkte wieder, wie Traian ein wenig zittrig wurde. Nicht nur ein wenig – und wie er womöglich am Überlegen war, die Verbindung zu lösen. Alles klar – Händchen halten stellte die mildeste Form von sexuellem Kontakt dar. Zumindest hielt ich es dafür, und es war viel milder als unser letzter. Aber wenn das, was ich hier besaß, viel zu mächtig für ihn war …

„Oh … ich … es ist besser, wenn …“, stotterte er halblaut.


„Doch, du … kannst das. Diesmal wird es viel besser. Ich kann das für dich kontrollieren, das ganze Universum kann es kontrollieren …“


„Oh, doch es ist besser“, entgegnete er fast ohne Stottern und zog die Hand weg, „wenn das nicht hier geschieht.“


„Ja, da hast du vielleicht recht.“

Merkte ich in seinem Gesicht etwas wie „Komm schon, gehen wir zu dir, ich würde jetzt gern“, oder sah es nur so aus? Sollte ich … mit dem Universum in Verbindung treten, so wie die hier? Traian drehte sich um und wollte sich in Bewegung setzen – als alles zu beben begann. Auch das restliche Tageslicht schien sich einfach auszublenden – und alle blickten in die Richtung, in der es dunkler wurde.

Nun hörte ich es. Dieses tiefe Brummen war wieder da. Wie nicht sofort so lauter Donner, der dafür die ganze Zeit anhielt. Es kam etwas dazu. Ein sehr kühler Luftzug und einige Regentropfen? Vielleicht – aber es war dieses Kreischen. Ein lautes Kreischen. Wie … von einem großen Vogel.

Ich zuckte zusammen, und ein Schauer lief über meine Haut. Die Hand von Traian hatte sich an meine geklammert und ich spürte, wie sich eine andere an meine andere Hand tastete. Ich blickte zur Seite und nickte jemand zu. Alle schienen sich an den Händen zu halten und in diese Richtung zu sehen. Das Kreischen ließ mich ein weiteres Mal zusammenzucken und war wirklich laut. Würde sich so ein … Flugsaurier anhören? Es kam näher, und das Brummen wurde mächtiger.

Jeden Moment musste etwas auftauchen. Aber wenn ich es wollte, dann … blieb es hier ruhig und friedlich! Ja, das wollte ich. Dafür war ich hier! Ich dachte an die Sache mit den Positiv-Formulierungen – und dann lieber an „Nein, das lasse ich nicht zu!“. Mir war, als kam eine andere starke Erschütterung nun tief aus mir. Hatte sich vielleicht mit einer Macht verbunden, mit der ich in dieser Welt zusammenarbeiten konnte. Und niemand außer mir hatte die Augen geöffnet. Ich sah einen an die zehn, zwanzig oder noch mehr Meter großen Umriss am Himmel, irgendwie – aber da war nichts.

Die Anspannung in mir war nicht wirklich groß – und löste sich auf einmal. Als hätte ich etwas wie „Verschwinde!“ gesagt. Es fühlte sich an, als wäre gerade ein Gewitter durchgezogen, nach dem der Himmel wieder aufklarte. Der fremde Händedruck hatte sich längst gelockert – und der von Traian machte das nur langsam. Er blickte kurz in den Himmel, zu mir – und drehte sich um. Ein Murmeln ging durch die Menge, und sie zerstreute sich. Ich glaubte öfters etwas wie ein „Danke Euch!“ zu hören und deutete ein „Aber gern geschehen“ an.

„Was war das jetzt?“, fragte ich ihn, als er langsam neben mir ging.


„Sie können sehr schrecklich sein.“


„Wer? Was? Drachen? Flugsaurier?“


„Wie nanntest du es? Oh, aber nun ist es weg.“

Was konnte es gewesen sein? Mir war schon alles nicht geheuer, das mehr als vier Beine hatte. Aber nun war ich hier, Traian war hier, und sein umgebundenes Tuch passte ganz gut zu meinem. Und wir standen vor meinem Zelt. Vielleicht gehörte so ein magisches Licht zur Ausstattung, denn überall, wo ich etwas sehen wollte, konnte ich etwas sehen.

Als sich die Zeltplane schloss, spürte ich seine Hand an dem Stoff um meine Schulter. Er zerrte ein wenig daran, nur zart.

„Mach es bitte“, hauchte ich beinahe.

Mein Puls stieg an, und das noch mehr, als er die Finger an meinen nicht vorhandenen Gürtel legte. Oder eher an der Stelle, wo das Tuch eingeschlagen war. Es fiel zu Boden – und hatte auch eine halbe Minute davor ohnehin nichts mehr verbergen können. Doch ich stand fast im Dunkeln, während ich seine Erregung sehen und nicht nur sein Zittern spüren konnte.

„Oh, also …“, meinte er, als er meinen leicht nach unten gerichteten Blick bemerkte.

Sehr langsam berührte ich sein umgebundenes Tuch – und auch ihn umgab nun fast kein Licht mehr. Ich hatte diesen Reflex, meine Arme um ihn zu legen – aber ich legte meine Finger noch fester an den Stoff und zerrte daran. Sobald er etwas sagte, würde ich die Hände wegziehen und es anders probieren.

Aber er sagte nichts, das Tuch lockerte sich – und rutschte zu Boden. Was bei ihm aufgerichtet war, konnte ich nur grob erahnen. Seinen Blick jedoch besser, der zwischen vorhin und etwas wie „Soll ich das jetzt machen?“ schwankte. Ja, bitte mach es, dachte ich. Es wird dir gefallen.

Meine Hände umfassten ihn seitlich, schoben ihn sanft in Richtung des niedrigen Bettes – und er schritt rückwärts darauf zu. Nur als er an der Kante anstieß, drehte er sich um und stützte sich kurz mit einer Hand ab. Ein nackter Mann in einem fahlen Lichtschein lag nun auf dem Rücken in meinem Bett. Konnte ich genau das sehen, was ich ihm abverlangte – oder was er mir zugestand? Was wäre, wenn ich … mich vor ihn stellte und zwischen seine Beine kniete? Oder darüber?

Das Licht schien weiter zu verschwinden. Dafür war es, als bekäme ich beim Berühren seiner Haut einen elektrischen Schlag. Als läge ein Knistern in der Luft, so leise, dass ich es gerade noch hörte. Das eine oder andere Haar auf seiner sehr glatten und straffen Haut konnte ich nun doch spüren. Immer besser. Ich tastete mich weiter – und spürte seine volle Härte.

Er stöhnte halblaut und zerhackt auf, schnappte nach Luft. Nur mit einem oder zwei Fingern strich ich entlang seiner Ausstattung, schwebte fast darüber. Zwei- oder dreimal fuhr ein schnelles Zucken durch ihn – und dieser Schlag traf mich erneut. Zuerst hatte ich mich nur auf ihn konzentriert – nun merkte ich, dass auch bei mir alles steil aufgerichtet war. Und dieses Gefühl zu wollen, aber noch viel vor mir zu haben. Was wäre, wenn ich mich bei ihm weiter … nach unten tastete?

Nein, ich ließ die linke Hand auf seinem Oberschenkel und glaubte mit der anderen, dieses mächtige Beben in ihm in mich aufnehmen zu können. Ich konnte mich nicht erinnern, in letzter Zeit so eine Erektion gehabt zu haben. Je mehr ich das Zittern seiner Beine kontrollieren konnte, desto kribbeliger wurden meine. Was wäre, wenn ich … mich einfach weiter nach unten beugte?

Der Länge nach und zu ihm zeigend kam meine Verhärtung neben seiner zu liegen. Es war, als würde sich das Zucken und Pulsieren in uns verbinden. Jedes Detail an ihm schien ich spüren zu können, als ich mich fester um ihn klammerte. Zuerst zögerte er, strich nur seitlich über mich. Dann spürte ich seine Arme um meinen Rücken. Jede Linie seiner Fingerkuppen. Ich begann mich zu bewegen und er seine Beine um meine zu schlingen.

Das Beben stand kurz vor dem Ausbruch, und mein Mund näherte sich seinem. Ich atmete schwer, badete im Schweiß – und spürte auf einmal seine warmen Lippen. Nur ein bisschen drückte ich seine Arme auf das Bett, wollte sein Zittern kontrollieren. Erneut begann es fast so wie beim letzten Mal. Doch ich sog alles in mich auf, auch dieses neue, sehr starke Pulsieren seiner Männlichkeit. Nur das Gefühl, und ich spürte dennoch etwas sehr tief und sehr mächtig in mir. War es gerade geschehen?

Kurz musste ich nach Luft schnappen, wohl wir beide – dann wurde ich schneller. Ich konnte nicht anders, als mich an seiner heißen, schwitzenden Haut zu reiben. Seine Härte war eng an mich gedrückt – und sein Stöhnen zuerst zart und dann tief. Es hörte nicht mehr auf – und riss mich mit. Seine Arme rissen sich los – und schlossen sich fest um mich. War das mein Pulsieren, oder seines? Zwischen uns wurde es warm und feucht – und dieses Kribbeln packte mich noch viel stärker als seine Arme. Etwas drückte mich auf die Matte! Noch enger drückte ich mich an ihn, noch fester krampften sich seine Finger an mich – und plötzlich ließ er los. Ich sackte zusammen.

Die leisen Geräusche im Hintergrund kehrten zurück, aber sie wurden fast vom Pochen meines Herzschlags übertönt. Langsam und tief atmete ich ein und aus – und langsam rollte ich mich neben ihn. Ein Zucken fuhr noch immer genau dann durch ihn, als ich mit den Fingern zart über seinen Oberkörper strich. Über seinen sehr feuchten.

War das ein Lachen von ihm gewesen? Ja, er lachte, und dieses Zucken wurde immer schwächer. Ich ließ meine Finger bis zu seinem Gesicht streichen – und beugte mich erneut zu ihm. Diesmal spürte ich auch die Spitze seiner Zunge, als sich meine Lippen auf seine legten. Er schloss den Mund nicht mehr, als ich ihn nach oben starrend zurückließ. Wann war das schwache Licht zurückgekehrt? Traian lächelte – und ich suchte mir einen Platz an seiner Schulter.

Kapitel 5 – Der Aufbruch

Das Licht, das mich umgab, musste natürliches Tageslicht sein. Niemand lag neben mir – auch nicht, als ich alles abgesucht hatte. Ich war mit ihm noch gemeinsam unter der Dusche gestanden. Unter diesem Verbau im Freien, wo jemand lauwarmes Wasser hingeleitet hatte. Aber viel mehr, als dass er kurz meinen Rücken berührt hatte, war nicht passiert. War alles ein Traum gewesen? Dann befand ich mich immer noch in einem.

Der Boden fühlte sich fester an, als ich auftrat. Auch der um meine Beine gewickelte Stoff war im ersten Moment grob und rau, obwohl er weich war. Wo blieb mein Frühstück? Was sollte das hier für ein Service sein? Fühlte es sich ein wenig kühler als gestern an?

Wieder in meine Stoffbahnen gehüllt, wollte ich schließlich hinaus in die Ersatzstadt gehen. Ich bemerkte eine Bewegung bei den Zeltplanen. Mein Puls setzte kurz zu einem Sprint an – dann erkannte ich ihn.

„Komm … So tritt … trete Er doch ein!“, begrüßte ich den Abgesandten.


„Edler Herrsch…“


„Nein!“


„Marcellus.“


„Ja?“


„Ich hoffe, Eure Nachtruhe verlief ungestört.“


„Ja, die war … sehr prickelnd.“


„Es lag mir fern“, holte er aus, „diese bereits gestern zu stören. Denn unser Aufbruch steht nun direkt bevor.“

Er blieb beim Eingang des Zeltes und hielt diesen weiter auf. Ich erkannte, dass dieser Apotheker draußen stand, oder was immer er nun genau machte. Noch einige Leute, die mir bekannt vorkamen. Diese Frau? Nein, die hier sah ihr höchstens ähnlich. Viele hatten diese roten Strähnen im Haar, aber nicht alle. Doch alle hatten einige Sachen umgeschnallt.

„Nur eine Frage“, wurde ich leiser und trat näher an den Abgesandten, die Gruppe draußen gleichzeitig etwas zurück.


„Ja, wie … lautet Euer Wunsch?“


„Wo ist denn Traian?“


„Dieser … ist bereits mit Talassia auf dem Weg, um das Zwischenlager zu sichern.“


„Äh, wer …?“

Mir war, als ginge ein leichtes Murmeln durch die Gruppe draußen. Sie trat weiter zurück und der Abgesandte nun ganz in mein Zelt.

„Wer ist noch einmal diese Talassia?“


„Sie stünde nach wie vor bereit, falls Eure Präferenzen doch ihre Talente einschließen. Sie hat viele Talente und ist in ihren Einsätzen erprobt.“


„Ja, da … bin ich mir selbst manchmal nicht ganz so sicher“, entgegnete ich.

Wie ihre Talente in dieser Welt wohl genau aussahen? Ob sie enttäuscht war, weil bei mir nichts gelaufen war? Manchmal hatte ich diese Phasen, wo ich mich nach einer Frau sehnte. Aber in der Realität … und nun konnte ich haben, wen ich wollte. Ich war der Herrscher der Welt, konnte danach fragen und es haben. Aber sollte ich das? Warum hatten mich die überhaupt zuerst mit einem Profil eines Mannes gelockt? Weil es zu dem passte, was ich bei meinem aus den vorgegebenen Möglichkeiten gewählt hatte?

Ein Bild aus meinem Traum in der letzten Nacht riss mich aus meinen Gedanken. Ich wusste nur, dass da irgendwas gewesen war, aber nun verblasste es gleich wieder. Ob ich noch was zum Frühstück haben konnte?

* * *

Ich blickte noch einmal zu den Leuten am großen Versammlungsplatz zurück. Vor mir hatten sich der Abgesandte, dieser Apotheker und noch ein paar bereits aufgemacht. Ein recht breiter Weg stieg leicht an und führte in den dichten Wald. Nach wie vor war es sonnig, und ich konnte am Himmel nur wenige Wolken sehen. Gerade, dass ich noch diese Kopfschmerzen spürte, auch wenn sie bereits am Abklingen waren. Wirklich stark waren sie ohnehin nicht gewesen. Als wären sie von etwas gedämpft worden – oder ich hätte sie einfach nicht zugelassen.

Nach dem stetigen Anstieg schien der Wald lockerer zu werden. Ein Panorama aus niedrigen, komplett mit Laubbäumen bedeckten Bergen tat sich vor uns auf. War er irgendwo dort drüben? Wie weit war es überhaupt noch?

Mir kam vor, als wollte der Abgesandte etwas sagen, als ich fast direkt neben ihm ging. Weil vor uns eine felsige Geländekante lag, folgten wir einem abbiegenden, schmaleren Pfad. Entweder führte er um den Taleinschnitt herum, oder nicht besonders steil abfallend ganz nach unten. Noch immer wusste ich kaum etwas über diesen Mann. Er war sicher ein paar Jahre älter als Traian und arbeitete wohl schon länger mit ihm zusammen. Was trug er in diesem Beutel an seinem Gürtel? Vielleicht ein wenig Proviant?

Stets war er mit nach vorne gerichtetem Blick fest auf dem Boden gestanden und nie eingeknickt. Doch in diesem Moment spürte ich auch bei ihm dieses Zittern. Als lag etwas in der Luft und vielleicht direkt vor uns. Dabei musste ihm die Gegend hier geläufig sein. Vielleicht waren in dem Beutel ein paar Heilkräuter, die zumindest gegen Abschürfungen bei einem leichten Sturz helfen würden? Was immer sich vor uns befand – mit Schwertern oder Pfeilen wurde es nicht bekämpft, wie es aussah.

„Wie lange … ist es ungefähr noch?“, fragte ich ihn.


„Wünscht Ihr Rast zu halten?“


„Nein, es geht schon noch. Aber müssen wir da drüben auf den Berghang?“


„Ich bin mir unsicher, um es ehrlich zu sagen. Denn es ist bereits wieder eine Störung zu spüren.“

Also doch! Aber er würde schon wissen, wenn uns hier etwas drohte. Außerdem sollte ich in der Lage sein, mit den Mächten dieser Welt umzugehen. Begann sich der Himmel neuerlich zu verdunkeln? Spürte ich ein paar Regentropfen? Vielleicht, aber die Sonne schien noch durch, und der Weg führte weiterhin in sicherer Entfernung von der Geländekante stetig nach unten.

Obwohl es dunkler geworden war, erkannte ich bereits den Bach. Er konnte kaum breiter als einen Meter sein und markierte anscheinend die Talsohle. Alle blieben stehen und sahen sich um. Das Blätterdach hatte sich hier ein wenig gelichtet, so dass ich den Nieselregen nun deutlicher spürte. Wurde er stärker? War das ein Gewitter? Der Abgesandte stand direkt neben mir und ließ seinen Blick langsam umherschweifen. Woher dieses Geräusch genau kam, konnte ich nicht sagen. Es wurde immer tiefer. Es war, als … würde die Erde beben!

Eine Hand von mir hatte sich fast von selbst an einen dünnen Baumstamm geklammert – und die andere um seinen Unterarm. Die Vibration verstärkte sich – und mir war, als zuckte ein Blitz durch mich. Vielleicht sollten wir uns wo unterstellen, und vielleicht … sank der Boden ab! Die anderen aus unserer kleinen Gruppe standen in tiefem Schlamm, machten einige Schritte dorthin, wo es trockener war. Ungefähr zwei Sekunden, bevor die Erdspalte tiefer wurde.

Es musste ein Gewitter sein, und der Bach war plötzlich angeschwollen. Ich spürte noch ein Grummeln – und wie der Abgesandte abrutschte. Sofort krallten sich meine Finger in seine Kleidung. Ich konnte mich dort festhalten – aber der Stoff begann zu reißen. Es schüttete, und er hing halb in einem Abgrund, als ich sein Handgelenk packen konnte. Der Apotheker und die anderen aus der Gruppe klammerten sich weit drüben irgendwo fest, und der Wind trieb den Regen an uns vorbei. Erneut spürte ich etwas.

Ein Blitz erhellte den Himmel und ließ mich aufblicken. Der Donner kam beinahe gleichzeitig, und ich zuckte zusammen. Vielleicht auch wegen … der Silhouette, die sich zwischen den dunklen Wolken abzeichnete. Wie breit war die, dreißig Meter? Fast war mir, als würde auch dieses schwebende Licht erscheinen. Sofort schnappte ich wieder nach dem Handgelenk, ohne gleich hinzusehen. Erst beim Schrei des Abgesandten konnte ich auch die zweite Hand fassen.

Mit einem Ruck zog ich ihn vom schlammigen Abgrund weg. Dieses Hemd von ihm war an einer Stelle zerfetzt und völlig aufgeweicht. Wo waren die anderen? Der Regen peitschte fast horizontal an uns vorbei, und wir waren allein. Ein Stück weiter bemerkte ich etwas, das einem Pfad ähnlich sah. Und dass mein Puls ziemlich ruhig war, obwohl er rasen sollte.

„Sie konnten sich in Sicherheit versetzen“, sprach er mit Blick auf die andere Seite und atmete tief ein.


„Was war das?“, fragte ich mit Blick zum Himmel.


„Ihre Kreaturen. Doch sie verspürten sicherlich Angst vor deiner Macht … vor Eurer.“

Mir fiel auf, dass sich seine Finger immer noch an mich klammerten. Bei diesem Baum hier war es wenigstens halbwegs trocken. Der Regen schien sogar wieder in dieses dauernde Nieseln überzugehen. Doch wir waren allein – und die Umgebung sah völlig anders als drei Minuten zuvor aus. Dünnflüssiger Schlamm wälzte sich neben uns – und auch der Blick des Abgesandten war auf diesen Weg nach oben gerichtet.

„Und jetzt?“, fragte ich.


„Es bietet sich die Möglichkeit einer Unterkunft“, verkündete er nun etwas lauter und stand wieder aufrecht. Wollte er an dieser Stelle ein Lager aufschlagen? Fast das ganze Gepäck war bei denen da drüben. Er versuchte, den zerfetzten Teil seiner Kleidung zurechtzurücken. Da war noch etwas mehr eingerissen. Erst jetzt bemerkte ich auch, dass der Abgesandte ein wenig blutete. Sogar ganz schön, wenn ich genauer hinsah. Ob ich ihn mit einem Stück Stoff von mir verbinden sollte?

„Das ist bereits am Verheilen“, kommentierte er, als er meinen Blick bemerkte. Ja, so schlimm sah es auch wieder nicht aus. Vielleicht hatte er sich an einem Stein aufgekratzt, oder an einem Ast. Aber was war nun mit …?


„Also Ihr meint“, wandte ich mich an ihn und stützte mich beinahe an seiner Schulter ab, „dass es sicher ist, uns hier niederzulassen? Ach ja, und wir können ruhig …“


„Nein, es gibt in dieser Gegend ein Gasthaus. Gab es stets. Doch der Weg ist beschwerlich.“


„Wahrscheinlich besser als den ganzen anderen wieder zurück.“

Wortlos wandte er sich von mir zu diesem Weg und setzte sich in Bewegung.

Kapitel 6 – Das Gasthaus

Der Weg schien etwas steiler als der andere zu sein. Trotzdem fühlte es sich in meinen Beinen nicht anders als in der Ebene an. Hoffentlich hatte der Abgesandte noch genügend Kraft, um sich nach oben zu schleppen. Ich marschierte knapp hinter ihm diesen engen Pfad entlang und würde ihn schon stützen, wenn es nötig war. Noch dazu sollte er sich hier auskennen, im Gegensatz zu mir.

Dieser Nieselregen hatte so weit nachgelassen, dass ich ihn einfach ignorieren wollte. Dafür schien ein leichter Nebel zwischen den Bäumen zu hängen. Ob mein Begleiter bereits öfters hier gegangen war? Immerhin war er ein großer und kräftiger Mann, dessen Körperbau wahrscheinlich mit dem von Traian mithalten konnte. Was machte der in der Zwischenzeit? Hoffentlich hatte er das Lager bereits vor dem Unwetter erreicht, und hoffentlich … oh nein!

„Ob Traian auch sicher ist … und seine Begleitung?“, fragte ich etwas lauter und ging nun fast neben ihm.


„Sagt Euch Eure Eingebung, dass dem so sein sollte?“, entgegnete er nach kurzem Zögern.


„Ja, also mein Gefühl … ist ganz gut“, meinte ich und ließ seinen Unterarm nicht sofort wieder los.

Er wandte mir wortlos seinen Blick zu – und war das gerade für einen sehr kurzen Moment ein Lächeln gewesen? Oder mehr ein „Soll ich …?“ – was auch immer. In diesem Gasthaus sollte ich mir ansehen, ob seine Verletzung schlimmer war. Oder ihn daran erinnern, das bei sich selbst zu kontrollieren. Wie weit es noch war, wollte ich nicht fragen. Doch der Pfad wurde flacher, und vielleicht markierte das Gebäude das Ende des Taleinschnittes. Dieser Bach musste ganz in der Nähe entspringen, denn das völlig klare Wasser plätscherte nur noch in Handbreite vor sich hin.

Vor uns lag etwas wie eine gebaute Plattform. Der Abgesandte beschleunigte seine Schritte. Immer mehr tat sich ein niedriges Gebäude aus Steinblöcken und verwitterten Holzteilen zwischen den Bäumen auf. Wenn Traian irgendwo auf der anderen Seite des Taleinschnittes war, konnten wir das Lager von hier aus vielleicht gut erreichen. Doch dieser Nebel schien dichter und dunkler geworden zu sein. Ob es bereits später war, als ich dachte?

Ein kleiner Platz tat sich vor dem Bauwerk auf, das keinerlei Beschriftung trug. Oder sie war schon zu verwittert, um sie zu lesen. Ich glaubte aber einen Lichtschein aus einem kleinen Fenster auf der Seite zu bemerken – und gedämpfte Geräusche. Nicht die von Vögeln oder etwas, das durch das Unterholz raschelte. Mein Begleiter strebte dem Eingang zu, eine eher schmale Tür. Ich rückte mein umgehängtes Tuch zurecht, mit dem es sich beinahe schon ein wenig kühl anfühlte. Ob ich es über beide Schultern hängen sollte, statt es wie eine große Schleife zu tragen?

Der Ring aus Metall, oder was immer dort befestigt war, erzeugte ein dumpfes, lautes Geräusch. Er wiederholte es – und ich stellte mich neben ihn, als sich die Tür öffnete.

„Arran!“, begrüßte ihn eine Frau und wäre ihm beinahe um den Hals gefallen. Sie hielt in ihrer Bewegung ein und drehte sich zu mir.


„Moment …“, wandte sie sich wieder ihm zu, bevor er antworten konnte. „Bringst du mir etwa …?“


„Ja, ich bin … Marcellus“, mischte ich mich ein und trat einen Schritt vor. „Der neue … Herrscher der Welt“, fügte ich leiser an. „Aber bitte …“


„So tretet doch ein, mein Herr!“, forderte sie mich auf, und ihr Mund blieb weit geöffnet.

Zögernd betrat ich den im Halbdunkel liegenden Boden des Raumes. Er war von überschaubarer Größe, und es gab etwas wie einen Empfangs- oder Schanktisch. Ein niedrigerer Tisch verfügte über eine längliche Bank entlang der Wand. Schwaches Licht drang aus einem Durchgang, und auch dort vorne konnte ich niemand außer uns erahnen.

„Wie siehst du denn aus? Haben die also wirklich …?“, wandte sie sich nun wieder Arran zu. Das war also sein Name – aber ob er es mochte, wenn ich ihn so nannte? Diese Frau musste ihn gut kennen, und auch sie hatte so eine rote Strähne im Haar. War sie hier die Wirtin? Sie sah wie eine ein wenig reifere Version dieser Talassia aus, die mich verführen hätte sollen – und war ein bisschen … mächtiger.

„Es scheint, deren Macht wurde bereits größer“, antwortete er nach einer längeren Pause. „Ob sich das Universum rechtzeitig fügte und den Herrsch… Marcellus zu uns lenkte?“


„Bitte, ich … weiß nicht einmal genau, was ich machen soll. Auch wenn ich so ein Gefühl habe“, meldete ich mich dazwischen.

Beide sahen mich an, und die Wirtin kurz noch einmal mich und dann zu ihm.

„Du solltest ihn bitten, nach möglichen Verwundungen zu sehen. Sicherlich kann er dir helfen. Und Marcellus … ich hoffe, diese bescheidene Hütte kann Eure üblichen Vorstellungen von Komfort erfüllen.“


„Oh, können wir hier ein Zimmer haben? Ich wollte dann morgen mit dem Abgesandten weiter. Hätte gedacht, wir schaffen es heute bis zu diesem Zwischenlager … aber schauen wir einmal.“


„Wenn es an der gedachten Stelle ist“, meinte die Wirtin, „hoffe ich, dass es nicht fortgeschwemmt ist. Aber nun bitte weiter.“

Sie schritt voraus, und der Gang wurde etwas breiter, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. Mein Begleiter öffnete eine der Türen, warf mir noch einen direkten Blick zu und trat ein. Auf der anderen Seite öffnete die Wirtin für mich eine Tür – und drinnen war es deutlich heller. Das Bett sah höher als das in meinem Zelt aus – und würde auch zwei Leuten locker Platz bieten. Durch ein Fenster bot sich ein Blick in den Wald und in Richtung des Taleinschnittes, auch wenn durch die Dunkelheit nicht mehr viel zu sehen war. Hinter einer weiteren Tür verbarg sich wohl ein komplettes Badezimmer – klar.

„Lasst es mich bitte wissen, wenn Ihr noch etwas benötigt“, sagte sie an der Tür stehend.


„Ja, vielleicht …“


„Was ist es denn?“


„Ach … nein, momentan nichts.“

Bei ihrem Blick war ich mir nicht ganz sicher, doch sie drehte sich um und verschwand ohne weitere Fragen. Mein erster Gedanke war ein prickelnder Abschluss des Tages mit Traian gewesen. Außer, ich hätte das Gefühl gehabt, dass er wirklich nicht wollte und das nur machte, weil ich hier der Chef war. So oder so konnte sie ihn mir nicht herbeischaffen. Hoffentlich ging es ihm gut. Warum nur war er vorausgegangen?

* * *

Das Wasser fühlte sich kühl an, hatte aber eine Art warmen Kern. Es passte gut zu dieser leichten, doch noch aufgekommenen Schwüle. Nach etwas Herumspielen mit den Einrichtungen hier war es in diesem angebauten Raum stetig von oben herabgerieselt. Es gab sogar etwas wie ein Badetuch, das dicker als meine Kleidung war. Ich sollte den Abgesandten fragen, wie es nun weiterging. Ob sich dieses Zwischenlager vielleicht ganz in der Nähe befand. Toll, ich hätte auch lieber gleich sehen sollen, ob er wirklich nur leicht verletzt war. Ein Klopfgeräusch ließ mich aufhorchen.

Ich stellte mit dem großen Schieber das Wasser ab, trocknete mich notdürftig ab und trat nur mit dem Badetuch bekleidet in den Raum mit dem Bett.

„Ist es mir erlaubt?“, hörte ich eine Stimme.


„Natürlich.“

Arran trat ein – und hatte ebenfalls nur ein Tuch umgeschlagen. Nun waren meine Augen wohl so wie vorhin die der Wirtin geöffnet, als ich seinen nackten Oberkörper sah. Er musste ein Hautöl aus seiner Ausrüstung verwendet haben, wohl mit irgendwelchen Kräutern. Alles war glatt und straff – bis auf die verkrustete und zerkratzte Stelle an seinem Arm. Und nicht nur dort. Sofort kam ich näher und strich darüber.

„Oh, entschul…digt“, stotterte ich fast. „Ich wollte nicht gleich …“


„Aber Eure Besorgnis ehrt mich. In der Tat verspüre ich noch einen gewissen Schmerz.“


„Oh, und …?“


„In dem Beutel …“, sagte er und legte diesen kleinen Beutel ab, den er an seinem Gürtel getragen hatte.

Ich nahm ihn von dem knarrigen Möbelstück und schloss die Zimmertür mit einem Fuß. Etwas getrocknetes Grünzeug oder eine von diesen Wunderblüten war von dem groben Stoff umhüllt. Und es begann etwas zu leuchten. Wieder schloss sich mein Mund nicht, als das kleine, schwebende Feuer ein wenig größer wurde. Doch es war keines, und die Flammen erschienen wie abgerundet.

„Was …?“


„Es kann viel vollbringen. Doch lege bitte nochmals … deine … Hand …“


„Oh … ja, das kann ich machen. Vielleicht … dort drüben?“

Mein Blick war auf das Bett gerichtet – und dieser Ansatz eines Lächelns in seinem Gesicht dauerte diesmal länger als eine Sekunde. Die ganze Zeit war es mir bei ihm nicht angemessen erschienen, die informelle Anrede zu verwenden. Aber wenn ich hier der Herrscher war und er schon wieder damit anfing …

Mit langsamen Schritten bewegte er sich über den Fußboden, der mit dicken Teppichen belegt war. Mir war, als hörte ich von draußen ein Grummeln. Der Regen musste wieder eingesetzt haben und schien stärker geworden zu sein. Was immer es war, ich würde nicht zulassen, dass es uns hier bedrohte! Erhellte nun das magische Licht den Raum, oder sonst etwas? Neuerlich fiel der Lichtschein genau dorthin, wo ich ihn haben wollte. Auf die Wunden von Arran, als er sich auf das Bett setzte.

„Leg … dich einfach hin“, forderte ich ihn auf, und er folgte wortlos.

Sein leises Stöhnen begann tief und lief zart aus, als ich mit meinen Fingern darüberstrich. Was, wenn ich ihn bei diesem Unfall – oder Angriff – überhaupt nicht auffangen hätte können? Mir war, als würde die Rötung innerhalb von Sekunden zurückgehen. Machte ich das gerade? Ein Schauer lief von meinen Schultern den Rücken hinunter. Sogar dieses verkrustete Blut verschwand praktisch völlig, als ich stärker aufdrückte.

Er hatte die ganze Zeit weggesehen. Nun richtete er den Blick auf sich selbst und strich über diese kaum mehr erkennbaren Stellen.

„Vielen Dank … es ist also tatsächlich wahr“, kommentierte er es.


„Vielleicht habe ich nur … etwas aus diesem Universum darauf gerichtet … in die richtigen Bahnen gelenkt.“


„Die Kräuter können innerhalb weniger Tage ihre Wirkung entfalten. Sogar Stunden. Sie sind auch in der Hauptstadt begehrt. Doch deine Hände …“


„Was ist jetzt mit der Hauptstadt? Und denen dort?“


„Auch die Hüterin dieser Gaststätte stammt von dort. Doch entzog sie sich vor langer Zeit der grausamen Herrschaft.“

Er nahm meine Hand, drehte sie langsam um und strich auch über die Innenseite. Ich sah weg und holte tief Luft.

„Kann ich dir einen Wunsch erfüllen?“, setzte er fort, und ich musste noch tiefer nach Luft schnappen. Ja, da fiel mir wieder der von vorhin ein. Wenn er das nur könnte.

„Ja …“, antwortete ich nach mehreren Sekunden, „… aber das ist momentan nicht möglich. Am liebsten … hätte ich jetzt Traian bei mir. Hoffentlich geht es ihm gut.“


„Mich trifft die Schuld. Ich schickte ihn los, ohne die Gefahr zu bedenken.“


„Aber wenn er erfahren bei solchen Dingen ist und sich auskennt …“


„Dennoch war es ein Fehler. Doch vielleicht … sollte ich seine Aufgaben übernehmen.“

Zwischen seiner nackten, weichen Haut und meinen Fingern sprang nun endgültig ein Funke über. Alles war auf einmal brennend heiß … und ich wollte nicht genau hinsehen, wie es unter seinem Lendentuch aussah.

„Seine Aufgaben … aber das ist ja schrecklich! Ja, vielleicht gibt es diesen Brauch in dieser Welt … aber ich habe hier Aufgaben!“


„Dennoch …“, wiederholte Arran, und seine Stimme wurde leiser.

Er drehte sich zur Seite – und nun sah ich doch genauer hin und merkte, dass sein Tuch gelockert war. Sanft strich ich mit zwei Fingern über seinen muskulösen Oberarm, weiter nach unten – und hörte nur noch dieses leise Stöhnen. Mein Herz pochte, als ich an dem Tuch angelangt war. Meine Hände schwitzten – und ich zog es weg. Sein fester, straffer und leicht von etwas Öl glänzender Rücken setzte sich auf diese Weise fort.

Ich legte mich neben ihn, statt immer noch an der Bettkante zu sitzen. Als meine Hand seine Brustmuskeln erreichte, hörte ich seine tiefen Atemzüge. Oder ich spürte mehr sein Beben und leichtes Zittern, weil das Geräusch des Regens stärker geworden war. Als ich mich weiter nach unten tastete, stöhnte er lauter auf. Dabei hatte ich seine aufgerichteten männlichen Tatsachen nur gestreift. Und die Gedanken an meine die ganze Zeit verdrängt. Bis sich mein Badetuch wohl gelockert hatte. Was machte ich hier? Ich konnte doch nicht …

Immer enger klammerte ich mich an ihn, und meine Härte presste sich an ihn. Ich stöhnte halblaut auf, als ich nur ein kleines Stück entlang seiner glitschigen Haut rutschte. Meine Hände fanden festen Halt an ihm, aber mein …

Ich atmete schwer und geriet ins Schwitzen, als ich ein wenig weiter nach unten gerutscht war. Je mehr ich ihm gefährlich nah kam, desto leichter konnte ich mich an ihm reiben. Er musste ganz genau spüren, wie das Blut in mir kochte und alles pulsierte. Doch er blieb fast ganz ruhig dort liegen – und rückte sich ein wenig zurecht.

Wurde sein Stöhnen zarter – oder tiefer? Ich wusste es nicht, wusste überhaupt nicht, was ich hier machte. Aber er schrie doch laut, dass er mir ein Geschenk anbot und ich es annehmen sollte. Nur sprach er es nicht aus, vollführte nur diese leichten Bewegungen, die mich noch näher an ihn zogen. Dieser Mann mit den Kräutern und Wunderblüten, der Apotheker, hatte doch gesagt, dass ich hier gegen alles immun war. Ich war ohnehin schon etwas weiter gegangen, als ich das in meiner Welt wäre.

Dieses Zittern spürte ich fast nur in meinem Inneren, als ich mich zwischen seinen prallen, runden Formen bewegte und eng an seine glatte Haut gepresst war. Ein kurzes Zucken fuhr durch ihn, als ich mich seiner Verhärtung bemächtigte. Ich war ganz nah, und alles in mir bebte. Nur ein Stück weiter, und …

Das Beben erfasste auch ihn – und den ganzen Raum. Was …? Er drehte den Kopf zu mir – und wandte sich dem Fenster zu. Ein Blitz erhellte für einen Augenblick alles. Da draußen war etwas! Ich spürte es – und wie sich meine Stärke an andere Stellen verlagerte. Alles floss in meine Arme, meine Finger. Als der Donner heranrollte, sprang ich auf und schlug mir schnell wieder das Tuch um. Er folgte mir. Ich bemerkte seine Hand auf meiner Schulter, als er hinter mir stand. Gab es hier nicht noch …?

Ich riss die schmale Tür neben dem Fenster auf und sog den Geruch des Regens ein. Es war kein Sommerregen, sondern mehr wie … verbrannt. Die Plattform ohne Geländer war ein paar Meter breit und lang und unter mir der beginnende Taleinschnitt. Hinter mir sah ich, wie Arran nun ebenfalls hinaustrat, nicht weit vor mir eine Wand aus Regen und Nebel. Und wie zwei große, leuchtende Augen aus der Dunkelheit traten.

Sie schwebten in der Luft, begleitet von einem tiefen Zittern. Oder einem mächtigen Atmen. Alles pflanzte sich bis zu mir fort und kam langsam näher. Ein Umriss begann sich abzuzeichnen. Nur einen Schritt machte ich zurück – und zuckte leicht zusammen, als ich erneut die Hand des Abgesandten an meiner Schulter spürte. Sein Griff war stark, als wollte er mich dort massieren. Den Weg zurück in das Gasthaus blockierte er nicht.

Zuerst zog es mich dorthin. Einfach zurück zu ihm, weg von hier. Aber ich sah wieder nach vorne und konnte mich kaum bewegen. Der kühle Regen prasselte auf mich, doch das wärmende Gefühl aus mir heraus ließ ihn abprallen. Wo war die Wirtin? War sie in Sicherheit? Das Gefühl in mir zog sich bis in meine Fingerspitzen und verband sich mit dem von vorhin. Es war, als würden Funken sprühen.

Zerfledderte … Flügel begannen sich neben den Augen abzuzeichnen. Zwanzig Meter links und rechts oder noch viel mehr. Das tiefe Grummeln wurde zu … einer Stimme? Ich glaubte ein tiefes, langgezogenes Fauchen zu hören, und ein Luftzug schlug in mein Gesicht. Nur für einen Moment schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf dieses Kribbeln und Zittern in mir. Es floss ebenfalls in meine Hände. Die Funken sah ich nicht, aber ich spürte sie. Dafür hörte ich das Fauchen nun klarer. Meine Hände hatten sich zusammengeballt – und fast wie von selbst formten sie sich zu Krallen.

„Ich lasse nicht zu, dass du uns hier terrorisierst! Nein!“, schrie ich. Nun konnte ich die weißen Funken sehen und nicht nur spüren. Sie schossen in die Dunkelheit, und ich wurde zurückgeworfen. Er war noch da, würde mich auffangen, oder? Doch niemand musste mich auffangen. Ich hörte, wie sich die tiefe, unverständliche Stimme veränderte. Merkte, wie ich … einen Widerstand überwand, und das tiefe Zittern plötzlich aufhörte. Wie sich die großen Schwingen entfernten und die Augen erloschen.

Ich atmete scharf aus, atmete schwer und sackte zu Boden. Jemand griff unter meine Arme und zog mich nach oben. Mein Herzklopfen drängte sich in den Vordergrund, und ich drehte mich zu … Arran. Sein Blick war nach oben in Richtung von dem gerichtet, das nicht mehr da war. Dass er etwas sagen wollte, wusste ich. Auch, dass er erkannte, dass er das im Moment nicht musste. Warum stand ich hier in ein aufgeweichtes Badetuch gehüllt im Regen?

Er hielt mir die Tür auf, und ich huschte zurück in mein Zimmer. Arran blickte nur in Richtung des Bettes, und auf dem Weg dorthin löste sich das Tuch, das ihn umhüllte. War ich nun ein Verbündeter des Universums? Sollten wir beide ihm auf unsere Weise huldigen? Der Anblick von straffen männlichen Kurven im Halbdunkel riss mich aus meinen Gedanken. Er war in der Bettwäsche vergraben, atmete tief und ruhig – und rückte sich noch ein wenig zurecht.

Für einen Moment sah ich nach oben zur dunklen Zimmerdecke und durch das Fenster in den stetigen Regen. Nein, da war nichts mehr zu spüren – auch nicht dieses Kribbeln in meinen Fingern. Ich legte endlich das Badetuch ab und kuschelte mich von hinten an ihn. Doch …

„Ich glaube …“, flüsterte ich beinahe, „… ich habe … meine ganze Energie verschleudert. Da … wird nichts mehr gehen.“

Ich lachte kurz und schmiegte mich enger an ihn. Ein leichtes Prickeln erfasste mich, als sich meine Weichheit an ihn drückte. Wie wärmende Sonnenstrahlen an einem kühlen Tag. Es geschah einfach, dass meine Hände ein bisschen über ihn streichelten. Mehr über seine Schultern. Oder sollte ich vielleicht …?

„Glaubst du, es ist weg?“, wandte ich mich nach vielleicht einigen Minuten an ihn.


„Die Kreatur lernte nun endgültig, dass ein neuer Herrscher hier ist. Und dass er mächtig ist.“


„Siehst du ja gerade, wie mächtig.“


Diesmal glaubte ich von ihm ein kurzes Lachen zu vernehmen, fast nicht hörbar. Er unterbrach kaum sein gleichmäßiges, ruhiges Atmen.

„Wie viele gibt es denn davon?“, legte ich ruhiger nach.


„Mehrere … viele … das ist uns nicht genau bekannt.“


„Ja, aber da ist dieses Gefühl in mir. So wie das vor langer Zeit. Was immer das ist … ich kann es kontrollieren. Oder zumindest immer besser.“

Versuchte sich Arran immer noch zurechtzurücken, so dass ich besser halb über ihm liegen konnte? Oder wollte er aufstehen?

„Es ist für mich nun angemessen, den Rückzug anzutreten“, verkündete er. „Auch wenn ich bei dir noch in großer Schuld stehe.“


„Aber … bleib doch noch ein bisschen.“

Er rüttelte sich nun deutlicher los, und ich nahm sofort meine Hände von ihm und rollte mich zur Seite. Sein vom Regen durchnässtes Tuch hielt er nur so vor sich und machte sich zur Zimmertür auf. Ein letztes Mal drehte er sich um. Das schwache Licht fiel genau so auf ihn, dass ich seinen leicht nach oben gerichteten Blick erkennen konnte. Die Tür schloss sich.

Fast von selbst legte sich meine Hand an meine nicht sehr harten Tatsachen und wollte einen prickelnden Abschluss des Tages herbeiführen. Ohnehin nur für einen kurzen Moment. Viele Gedanken drängten sich wieder in den Vordergrund. Was Traian wohl machte, und diese Frau, diese Talassia? Was sich über mich legte, fühlte sich nicht ganz wie Müdigkeit an. Es war … irgendwie anders.

Kapitel 7 – Das Lager

Traian stand etwas vor dem Lager. An dieser Stelle, wo er in fast alle Richtungen blicken konnte. Von der Ersatzstadt war er nun ein schönes Stück entfernt – aber bis in die Hauptstadt konnte es noch lang sein. Alles sah dort für ihn dunkel und grau aus, während der Himmel in der anderen Richtung ein abendliches Farbenspiel zeigt.

Nur, er fragte sich, wo sein neuer Herrscher mit dem Abgesandten und den anderen blieb. Er war nur beauftragt worden, das Lager an diesem Platz einzurichten, und das nur mit knappen Anweisungen. Die Verbindung hatte geklappt, anscheinend war die Nachricht angekommen. Wahrscheinlich dauerte es noch länger, bis die hier auftauchten. Aber dieses Gefühl in seinem Magen mochte er nicht. Sollte er das Universum anrufen? Er wollte doch nur wissen, was los war. Vielleicht würde einfach alles zu ihm kommen, wenn es an der Zeit war.

Ob Talassia bereits schlief? Er wusste ganz genau, was sie gern von ihm hätte – aber da musste sie sich mehr anstrengen. Nur vom neuen Herrscher, der nicht so genannt werden wollte, wollte er sich etwas sagen lassen. Vielleicht nicht alles, aber … dieses Gefühl in seinem Magen erfasste ihn bei dem Gedanken schon wieder. Ein ganz anderes als gerade vorhin.

Seltsam, dass diese dichten Gewitterwolken nur über dem Taleinschnitt gelegen waren. Aber da war er schon längst mir ihr am Lagerplatz gewesen, als das Unwetter durchgezogen war. Vielleicht mitsamt diesen … er wollte nicht daran denken. Nun schien nur noch der Regen dort zu hängen.

Natürlich stand für den Herrscher ein eigenes Zelt bereit. Auch wenn dieser wohl bald wieder weiterzog. Je nachdem, wie die Lage gerade aussah. Ja, er mochte diesen Kult immer noch nicht so sehr. Besonders jetzt, da er diesen Mann schon näher kannte. Wieder dachte er an die Begegnung mit ihm zurück, bei der sämtliche Mächte entfesselt worden waren. Wenn er ohnehin nicht auftauchte, konnte er vielleicht ausprobieren, wie gut es sich dort schlief.

Traian konzentrierte sich und bewegte seine Handfläche nach unten, wodurch das Licht auf dem Lagerplatz beinahe ganz erlosch. Völlig sollte es noch nicht verschwinden. Die Quelle mit dem frischen Wasser zeigte sich nach wie vor ergiebig. Oh, und Talassia hatte einige ihrer Ausrüstungs-Teile abgelegt und schlief tatsächlich schon. Hätte er nachgegeben, wenn sie nochmals eine Andeutung gemacht hätte? Nur ein bisschen, eben sehen, was er bei einer Frau machen konnte. Gut jedoch, wenn sie nicht einmal hier so weit ging.

Er machte sich zum Herrscher-Zelt auf – und erstarrte in seiner Bewegung. Da war jemand – und Marcellus nicht dabei. Das spürte er!

* * *

Ich schreckte auf und schnappte nach Luft. Die irgendwie in Richtung … Nadelbäume ging. Richtig, ich war in diesem Gasthaus – und Arran, der Abgesandte, nicht mehr bei mir in diesem Bett. Viel zu groß für mich allein. Helles Licht, das mir auch nicht mehr nebelig vorkam, fiel durch das Fenster auf mich.

Völlig klar hatte ich diesen Traum vor mir gesehen. Es war doch Traian gewesen, oder? Wer war dann bei ihm aufgetaucht? Hatte ich nur gesehen, was ich sehen hatte wollen? Ging es ihm gut? Ich drehte mich nochmals zur Seite – und sprang einfach so auf. Wo war denn hier …? Ach, richtig.

* * *

Das eine Tuch hatte ich wieder umgebunden, das andere etwas lockerer als sonst über meine Schulter gehängt. Niemand war draußen auf dem Gang – aber weiter vorne hörte ich etwas. Mein Herz wollte zu einem Sprint ansetzen und bremste sich sofort wieder ein. Weil ich gerade daran gedacht hatte? Ein anderer Duft lag nun in der Luft. Nach diesem ein bisschen bitteren und ein bisschen süßen Gebräu, das es auch in der Ersatzstadt gegeben hatte. Und nach diesem Gebäck.

Ich holte tief Luft, als ich Arran auf der Bank beim Fenster sitzen sah. Diese Wirtin stand auf der andern Seite mit einer Kanne in der Hand und versuchte womöglich gerade, ein ohnehin zartes Lächeln zu unterdrücken.

„Einen wundervollen guten Morgen, mein edler Herr!“, kam es von ihr, und ihr Mund blieb kurz offen. „Habt Ihr tatsächlich in der letzten Nacht …?“

Meinte sie nun meinen Umgang mit dieser … Kreatur oder meine privaten Angelegenheiten? Das wahrscheinlich nicht, und sie war ohnehin leiser geworden.

„Ach … da wird viel erzählt. Das ist fast von selbst gegangen. Ach ja, und diese Unterkunft … vermochte meine Vorstellungen von Komfort sehr gut zu erfüllen. Immer noch.“

Diesmal warf sie mir einen deutlicheren Blick zu, bevor sie kurz bei diesem Empfangstisch etwas nachsah und dann verschwand. Arran schob mir zwei von diesen Gebäckstücken zu, wo diesmal anscheinend irgendein Obst enthalten war. Nach einem Bissen erfasste sofort ein Prickeln meinen Mund und ließ mich leicht zittern.

„Wow, das schmeckt immer besser!“


„Dann sind Euch, mein Herr … sind dir die Backwaren aus der Hauptstadt noch nicht geläufig. Wenn sie noch existieren.“

Hatte Arran die ganze Zeit fast gelächelt, so senkte sich nun sein Blick. Er aß einfach weiter und nahm noch einen Schluck.

„Ach ja, und können wir heute zu diesem Lager weiter?“, erwähnte ich nach einer Weile.


„Der Weg sollte über den Höhenrücken führen – so er noch da ist.“

* * *

Bei diesem Gedanken, der wieder bei mir auftauchte, fügte sich sofort das Wort „absurd“ dazu. Der Abgesandte stand beim Empfangstisch und beglich wohl die Rechnung. Oder wie immer das hier üblich war. Dass ich hier was zahlen musste, konnte es garantiert nicht sein. Sie schüttelte ihm die Hand, und er trat zur Seite. Der Blick der Wirtin erfasste mich – und ich streckte ihr meine Hand hin.

„Ja, also danke für alles … und keine Angst, ich werde das schon regeln.“


„Ich bitte Euch, sorgt dafür! Achtet stets auf Euer Gefühl, mein Herr.“


„Ja, werde ich machen. Also dann …“

Sie drückte beinahe fester zu als ich. Wollte sie mir nun Anweisungen geben? Wie hatte sie das mit dem Gefühl genau gemeint? Arran stand schon bei der Tür, und ich drehte mich ebenfalls zu ihm um. Der Boden war längst vom langen Regen getrocknet und das hier womöglich der Weg, den er gemeint hatte. Hatte ich alles da und nichts vergessen? Er nicht seine Kräuter und das Wunderlicht? Zumindest hängte dieser Beutel wieder an seinem Gürtel, als er vorausging.

* * *

„Was gibt es noch alles in der Hauptstadt?“, fragte ich ihn, als der schmale Pfad ein wenig breiter wurde. Er schien beinahe flach oberhalb des bewaldeten Abhangs zu verlaufen.


„Paläste, Gärten, den Palast des Herrschers … ob ihn nun ihr Anführer bewohnt?“


„Von denen, die die Stadt besetzt haben?“


„Es ist uns nur wenig über ihn bekannt. Sicherlich sorgt er auch für raue Sitten in den Vergnügungs-Einrichtungen.“


„Vergnügungseinrichtungen?“


„Wenn dir das beliebt, gibt es dort schäumendes Bier und was immer du möchtest. Auch reicht der Blick an den meisten Tagen bis zum Strand des weiten Meeres. Dessen Farben gleichen jenen der Blüten hier.“

Hatte er die ganze Zeit eher starr geradeaus oder ein wenig nach unten gesehen, merkte ich ihm nun ein zartes Lächeln an. Die Gewächse neben dem Weg leuchteten in einem grellen Gelb oder in wie mit einem Leuchtstift gemalten Violett oder Grün. Jedenfalls nicht in Sand- oder Kiesfarben. Ähnlich wie bei der Ersatzstadt säumten sie den Weg und zogen sich ein bisschen in den Wald hinein.

Ich atmete einen Duft ein, der mir nicht vertraut war. Als würde auf der anderen Seite des Taleinschnittes ein ganz anderes Land beginnen. An manchen Stellen war durch die Bäume ein weiter Ausblick zu erahnen.

„Ach ja“, setzte ich fort und berührte mit meiner Handfläche kurz seinen Rücken, „diese … Kreaturen, diese Drachen … können die sprechen?“


„Wie nanntest du sie? Oh, es erschien manchmal so, als seien sie dazu in der Lage. Doch noch niemand vermochte ihre Laute zu verstehen.“


„Mir war nur so … ach, nichts.“

Seine Schritte beschleunigten sich, und über meinen Rücken lief immer noch ein Schauer. Beim Aussprechen dieses Wortes „Drachen“ hatte es begonnen. Was immer ich da gesehen und vertrieben hatte, war an die vierzig Meter lang gewesen und in der Luft geschwebt.

In Richtung des Taleinschnittes schien an manchen Stellen der Hang abgerutscht zu sein. Einige Bäume waren umgeknickt. In der anderen sah es nicht so aus. Und vor uns … befand sich etwas. Arran beschleunigte weiter – und da war etwas aufgebaut. Zwei größere Zelte, einige andere Dinge – und der Apotheker aus der Ersatzstadt! Sein Umhang sah ein wenig abgerissen aus, sonst jedoch schien er es durch diese Sache geschafft zu haben. Durch dieses Unwetter, das keines gewesen war.

„Herrscher ist hier!“, verkündete er und drehte sich um. Arran ging auf ihn zu und ich weiter. Alles erinnerte mich an die Ersatzstadt, auch wenn die Zelte hier nicht ganz so groß waren. Am Rand des Lagers schien es noch einige Meter bergauf zu gehen. Irgendwie … kam mir die Stelle bekannt vor. Exakt wie in dem Traum! Wieder lief dieses Kribbeln über meinen Rücken, sehr schnell. Floss in meine Fingerspitzen weiter, aber … ich kontrollierte es einfach.

Mir blieb kurz die Luft weg, als ich meinen Blick umherschweifen ließ. Der Wald auf dieser Seite lichtete sich – und die Aussicht auf einen Berggrat wurde frei, der flach nach unten abfiel. Er verzweigte sich, alles wurde zu vielen Hügelketten und Höhenrücken. Weit entfernt glaubte ich Wolken, Nebel oder viel höhere Berge zu erkennen. Was war das dort, ein Bauwerk?

Ich bemerkte die Schritte hinter mir – und spielte mein Zusammenzucken, als sich die Hand auf meine Schulter legte. Nicht auf der Seite, wo ich die Stoffbahn umgehängt hatte.

„Ist es mir erlaubt?“, hörte ich die Stimme von Traian. Diesmal schoss das Kribbeln viel stärker durch mich. Es ging ihm gut!


„Aber du hast es dir schon erlaubt“, sagte ich ihm ins Gesicht, als er sich vor mich stellte.


„Ich war besorgt bezüglich deiner Abwesenheit!“, erhob er die Stimme ein wenig.

Wollte sich seine Hand auf meinen Rücken legen? Ich musste bei seinem Gesichtsausdruck fast lächeln. Auch wenn bei ihm das Gegenteil der Fall war. Als hätte ich Blödsinn geredet. Ich schloss einfach meine Arme um ihn und spürte Sekunden später auch seine um mich. Als ich ihn losließ, hatte er wieder dieses zarte Lächeln aufgesetzt.

„Ein schöner Ausblick, ist es nicht?“, meinte er.


„Ja, und dort muss ich dann weiter?“


„Wenn du die Güte hast und die Konstellation der Kräfte günstig ist, ja.“


„Traian!“, erhob sich auf einmal eine Stimme hinter mir. Der Abgesandte.


„Was gedenkt anzustehen?“, meldete sich Traian zurück.


„Möge Er bitte weiterhin den Betrieb des Lagers aufrechterhalten!“

Wortlos machte sich Traian davon und warf mir für einen kurzen Moment etwas wie ein Augenzwinkern zu. Sein Zusammenzucken, als ihn der Blick von Arran nochmals traf, wirkte auf mich nicht gespielt. War dort drüben diese Frau? Und diese paar Leute aus der Ersatzstadt? Ich schloss kurz die Augen und atmete tief durch.

„Musst du ihn so kommandieren?“, wandte ich mich an ihn – und begann irgendwie leicht zu zittern.


„Es gehört zu seinen Aufgaben. Doch gedenke ich stets auch sein Wohlergehen zu sichern.“

Nochmals sah ich ihn an, wie er so vor mir stand. Gegen seine Kleidung trug ich nur ein paar Stofffetzen. Aber deren Farben gefielen mir, und im Gegensatz zu dem mit den Heilkräutern war alles noch intakt. Er musste sich mit seiner Gruppe mit letzter Kraft diesen Hang hinaufgeschleppt haben. Oder … waren einige meiner Kräfte in diese Richtung geflossen? Ob … mein Schlafplatz hier auch so komfortabel war? Wir blieben doch erst einmal hier, oder? Ob … er nun einfach wieder der Abgesandte und überhaupt nichts geschehen war?

Ich folgte ihm, als er sich einem der Zelte zuwandte. Von draußen sah es wie eine kleinere Version von meinem in der Ersatzstadt aus … und drinnen ebenso.

„Seine Arbeit war … sehr sorgfältig. Du hast recht, ich sollte ihn tatsächlich … mehr ehren.“


„Ja, bitte mach das, weil …“

Seine Hand schwebte knapp über mir, als er ebenfalls zu der großen Liegefläche blickte. Sollte das alles für mich allein sein, während die gedrängt dort drüben schliefen? Aber ich musste ja nicht …

„Wir sollten nun das Gleichgewicht des Universums sicherstellen!“, verkündete er und drehte sich um. Seine Finger streiften dabei an meinem umgehängten Tuch und ein bisschen an meiner nackten Haut. Vielleicht meinte er …

* * *

Immer wieder war ich an dem Feuer vorbeigekommen, das kein Feuer war. Die Farben sahen vielleicht manchmal ähnlich aus, aber es strahlte nicht einmal wirklich Hitze ab. Hauptsächlich etwas … das ich anders spüren konnte. Vielleicht nur ich. Ja, wenn etwas existierte, das ich noch nicht verstand, dann musste es irgendwo in diesem Universum existieren. Erneut waren alle Blicke auf mich gerichtet, als ich in das Licht, in den Himmel und in die weite Ferne blickte.

Da war etwas, und es war mächtig, sehr mächtig. Und es wurde von etwas blockiert. Bilder blitzten immer wieder vor meinen Augen auf. Die Hauptstadt? Je mehr ich mich konzentrierte, desto mehr glaubte ich neuerlich diese sehr tiefe Stimme zu hören. Es war, als würde das feine Kribbeln in mir zu Funken, die in den Erdboden flossen. Ich schreckte zurück und schnappte nach Luft.

Arran wollte beinahe einen Sprung in meine Richtung machen, doch ich konnte mich fangen. Wenn es hier ein Gleichgewicht geben sollte, dann war vielleicht noch etwas offen. Etwas, das ich nicht abgeschlossen hatte. Was machte ich hier überhaupt? Der Nachmittag war weit fortgeschritten, und erneut ließ ich meinen Blick umherschweifen. Fast goldenes Licht lag über der Landschaft, irgendwo am Horizont war es rötlich.

Wenigstens sahen mich alle nicht schon wieder so an. Wie vorhin, als der Abgesandte die Ereignisse der letzten Nacht verkündet hatte. „Ich möchte nun von Marcellus berichten“ und so. Was ich auf dieser kleinen Plattform beim Gasthaus nicht alles vollbracht hätte. Dabei sollte ich … endlich stolz darauf sein. Und bei seinen Blicken nicht mehr so sehr wegsehen.

Was war nun mit dieser Talassia? Im Traum hatte ich gespürt, was Traian durch den Kopf gegangen war. Ob sie mit mir auch gerne … was unternehmen würde? War das in manchen Momenten ein Lächeln gewesen? Oder doch mehr in seine Richtung? Dann sollte er doch, und ich würde …

Mein Herz begann stärker zu schlagen, als dieses Knistern zwischen mir und Arran wieder völlig klar in der Luft lag. Er drehte sich um, in Richtung meines Zeltes, erhob sich – und ich auch.

„Ich werde dann noch … mit dem Abgesandten das weitere Vorgehen besprechen!“, wandte ich mich an die Anwesenden und rückte den Stoff auf meinem Oberkörper zurecht. Vielleicht konnte ich eine Schleife dazu haben, und …

Niemand meldete sich zu Wort, als er zu meinem Zelt vorausging und mir die Plane aufhielt. Wir standen beide drinnen bei einer Wand aus dünnem Stoff, und sein Blick wanderte zwischen dem Eingang und dem Bett hin und her. Ich spürte sein feines Zittern genau – und nahm seine Hand.

„Ganz ruhig“, hauchte ich fast. „Ich habe nur das Gefühl …“

Dieses Knistern verstärkte sich – und unter meinem Blick öffnete er dieses Jäckchen. Seinen Gürtel. Mein Herz klopfte schneller, als er mit nacktem Oberkörper vor mir stand. Was vorhin nur ein Zucken unter meinem Lendentuch gewesen war, wurde nun fester. Besonders, als ich mit einem Finger über ihn strich. Seine Haut fühlte sich heiß an – und sein Blick änderte sich, als er seinen Gürtel öffnete.

Schnell zog er diese Schuhe aus, bevor seine Hose zu Boden rutschte. Noch ein Höschen folgte – und meine Atemzüge wurden sehr tief. Ich musste mich an ihn klammern, während ich seine Hand nur sehr zart am mir spürte. Trotzdem fest genug, um das Tuch von meiner Schulter rutschen zu lassen. Entfernte Geräusche lagen in der Luft – sonst nur noch sein und mein Atmen.

Ich bewegte mich mit ihm auf das Bett zu – und er rollte sich ab, als wollte er einen Angriff abwehren. Zur Seite gedreht blieb er dort im Halbdunkel liegen, und ich spürte immer noch sein leichtes Zittern. Kurz schloss ich die Augen – und ließ auch mein Lendentuch zu Boden fallen. Sofort kuschelte ich mich von hinten an ihn und klammerte mich an ihm fest. Vielleicht versuchten seine Beine ein wenig, sich um meine zu schlingen.

Verdammt, was machte ich hier? Wieder zuckte ein Bild durch meinen Kopf. Ein dunkler, staubiger Raum? In dem jemand langsam auf und ab ging? Was immer hier geschah, ich war doch gegen alles immun. Konnte alles machen! Auch meine harten Tatsachen an ihn pressen und meine Arme noch enger um ihn schlingen. Bei ihm fühlte es sich ähnlich an, und meine Hand entlockte ihm ein Aufstöhnen und ein schnelles Atmen.

Immer weiter rutschte ich nach unten. Das Öl, das hier bereitstand, musste bereits zum Einsatz gekommen sein. Nur für einen Moment kam ein gewisses Gefühl in meiner Magengegend auf. Ich wollte, dass es verschwand – und es verschwand. Was weiter zunahm, war dieses Knistern an meinen Fingerspitzen.

Ich atmete scharf ein und hielt die Luft an, als ich mich zwischen seinen prallen Rundungen verhakte. Mein Herzklopfen konnte ich hören, und seine Beine begannen zu zappeln. Nur leicht. Die Spitze meiner Lust pulsierte – und gleichzeitig mit meinem Ausatmen schob ich mich weiter. Ganz genau fühlte ich, wie Arran die Zähne zusammenbiss. Erneut sah ich irgendetwas, während ich mich in seine Enge trieb. Meine Hände begannen zu schwitzen – und auf einmal überwand ich die Barriere.

Nur kurz stöhnte er auf, und sein Atmen blieb schnell. So schnell, wie ich mich durch ihn bewegte. Ein Zucken fuhr durch mich, und ich wollte nicht langsamer werden. Oder konnte nicht. Vielleicht konnte ich meine Lust irgendwie kontrollieren – und bei seiner musste ich es. Etwas geschah mit ihm! Ich sollte mich von ihm trennen, sollte … aber dafür hielt er meine Hände viel zu fest.

Tief in mir und tief mit ihm vereint begann es zu brodeln. Schoss der Höhepunkt unserer Begegnung heran. Sein Stöhnen klang nach einem Schmerz, aber es war keiner. Ich wurde viel zu schnell – als wollte etwas, dass ich das war. Meine Hände verloren den Kontakt, waren viel zu verschwitzt. Doch er packte sie und wollte mich enger an sich. Schlang seine Beine noch mehr um meine. Ich musste laut stöhnen – und explodierte.

Während mich das mächtige Kribbeln durchflutete, tauchte nochmals dieses Bild vor mir auf. Ein düsterer Raum, vielleicht eine Wand aus Steinblöcken – und jemand war dort. Völlig mit Arran verschmolzen fühlte ich, wie meine Energie in ihn floss. Als würde ein großer Steinblock gerade an der richtigen Position einrasten. Mein Herzrasen drängte sich in den Vordergrund, genauso sein Pulsieren. Seine Beine hatten sich völlig durchgestreckt, er war in seiner Bewegung erstarrt – und sackte nun zusammen.

Noch mit ihm vereint, streichelte ich langsam über ihn. Er blieb einfach liegen, und sein schnelles Atmen beruhigte sich. Ich spürte noch dieses warme, feine Prickeln, das immer mehr auslief. Wollte er aufstehen?

Mit einem Ruck trennte ich mich von ihm und rollte mich auf den Rücken. Ich blickte nach oben und fühlte mit einer Hand, wie mein Puls weiter zurückging. Es war, als wäre ich völlig ausgelaugt. Mein ganzer Körper fühlte sich schlaff an, nicht nur ein Teil. Ob ich ihn fragen sollte, wie …?

Er lag noch da, blickte so wie ich nach oben und hatte den Mund offen. Plötzlich sprang er auf und suchte wohl nach seiner Kleidung. Auch ohne diese wirkte er so, wie ich ihn meistens gesehen hatte. Ein großer, etwas kühler Mann, der den Kopf vielleicht ein wenig gehoben hatte.

„Ich sollte nun den Rückzug antreten“, verkündete er mit Blick in Richtung Ausgang.


„Ja, dann mach das. Und … wie geht es jetzt weiter?“


„Ich fühle eine große Veränderung. Doch ebensolche Unsicherheit liegt in der Luft.“


„Na, wir werden schon sehen.“

Sein Lächeln blieb sehr kurz und zart, als er sich davonmachte – und ich starrte wieder nach oben. Einfach noch ein bisschen wollte ich hier liegen. Dachte an diese Bilder in meinem Kopf, die nun weit entfernt waren. Die Gedanken daran, dass ich mir sehr bald alles abwaschen sollte, dafür viel näher. Ob es noch was zu essen gab?

Kapitel 8 – Die Fernen Lande

„Mein Herr, bitte …“, glaubte ich leise zu hören. War das noch mein Traum? Nein, und der verschwommene Ausblick auf die herabhängenden Stoffbahnen in unterschiedlichen Farben begann klarer zu werden. Alles wurde plötzlich scharf, als ich Arran erkannte. Er stand halb in meinem Zelt und hielt etwas in seinen Händen. Mein Frühstück?


„Ja?“, warf ich ihm entgegen, bevor ich mich aufraffte.


„Komm dann bitte hinaus. Es ist alles bereit.“


„Ja, aber …“

Er beugte sich rasch nach unten, um diese kleine Platte abzustellen. Anstatt zu antworten, verließ er mich wieder. Fühlte es sich schon länger so an, oder breitete sich gerade Kälte aus? Schon beim Gedanken an dieses Gebäckstück dafür ein Prickeln in meinem Mund.

* * *

An diesem Tag schien das schwebende Licht andere Farben als sonst zu haben. Vielleicht wie jene, die der Sand an diesem sagenhaften Strand haben sollte. Die Umgebung lag dafür in leichtem Dunst, oder die Sichtweite war einfach geringer als am letzten Abend.

Alle waren hier und standen herum. Arran, Traian, Talassia und der mit den Heilkräutern, der kaum etwas redete. Die anderen aus der Ersatzstadt hielten sich im Hintergrund. Eine Art Bank schien nur für mich vorbereitet zu sein. Zumindest zog mich der Blick von Arran dorthin. Nun war er der Abgesandte – und an den letzten beiden Tagen jemand anders gewesen? Die Sitzfläche fühlte sich weicher an, als sie aussah.

Als ich meine Aufmerksamkeit auf Traian richtete, zuckte dieser kurz zusammen und schien mir zuvor in seinen Gedanken verloren gewesen zu sein. Er sah mich nicht ganz direkt an, ohne dabei zu lächeln. Ich fühlte einen leichten Schlag. „Komm schon“, dachte ich mir, und es bildete sich bei mir wohl automatisch ein Lächeln in seine Richtung. Ich konnte doch bestimmen, wer neben mir sitzen durfte?

Arran schien leicht die Augen zu verdrehen, als sich Traian näherte. Mit einem kleinen Abstand setzte er sich neben mich, und zumindest hatte sich sein Blick gelockert. Dieses Kribbeln schlug ein bisschen in eine andere Richtung um, als sich seine Hand fast ganz bis zu mir tastete. Lag es nun an mir, diesen Dunstschleier über der Landschaft zu lichten? Den weiteren Weg freizulegen? Mit einer Macht in Kontakt zu treten, die ich nicht kannte? Ohne dieses Knistern an meinen Fingerspitzen?

Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet, als ich mich ein wenig in Richtung des kaum flackernden Lichtes beugte. Etwas durchzuckte mich – und ich konnte mich kaum noch bewegen! Niemand stürmte auf mich zu – dafür war mir, als spürte ich die Finger von Traian an mich herantasten. Alles wurde klarer, nicht verschwommener. Wenn auch nur dieses Licht direkt vor mir, das mein Blickfeld zusehends einnahm.

Ein Geräusch schien dazuzukommen, mehr ein Brummen oder Summen. Noch immer packte mich etwas sehr fest. Ich wollte schon aufstehen und laut ein „Was?“ rufen. Aber vielleicht hätte es niemand mehr gehört. Die Farben änderten sich in einer schnelleren Abfolge. Ich konnte mich losreißen – dann wurde es still. Irgendetwas spürte ich an mir, während ich schwebte und auf einen weichen Untergrund sank. Nur ein bisschen wollte ich hierbleiben, ganz ruhig durchatmen …

* * *

Als sich mein Gesichtsfeld wieder füllte und klarer wurde, erschien alles in einem satten Grün. Ich lag auf einem weichen Untergrund und in der Luft ein Duft wie von feuchtem Gras an einem Sommermorgen. Das unter mir fühlte sich aber eher wie Moos an.

Eine leicht hügelige Landschaft tat sich vor mir auf, da und dort mit einzelnen Bäumen und Blumen in leuchtenden Farben. Ich stützte mich auf, ließ meinen Blick weiter schweifen – und bemerkte Traian wenige Meter neben mir. Sofort lief ein Schauer über meinen Rücken, der nicht sofort wieder nachließ. Besonders dann nicht, als er mich bemerkte.

Noch immer sah er so aus, als würde er über etwas nachdenken. Langsam stand er auf und kam auf mich zu. Ließ seinen Blick ebenfalls umherschweifen und prüfte vielleicht, ob er verletzt war. Seine Hose sah womöglich etwas mehr eingerissen aus. Toll, wo war das Lager? Meine ganze Ausrüstung? Gerade, dass die Stoffbahnen noch um mich geschlungen waren.

Als ich gerade etwas sagen wollte, begann er zu lächeln. Einigermaßen. Dieser Schauer kehrte für einen Moment zurück. Er trat noch einen Schritt näher.

„Wo sind wir?“, sagte doch zuerst ich etwas.


„Oh, wir … befinden uns womöglich … in den Fernen Landen.“


„Wo bitte? Warum …?“


„Das Gebiet trägt viele Namen … doch wir benennen es oft so.“


„Ja, und … warum …?“

Ich atmete tief durch – und stellte diese Enge in meinem Hals einfach ab, die aufkommen wollte. Warum nur gewann ich das Gefühl, dass er gar nicht mit diesem Problem zu kämpfen hatte? Langsam drehte er sich im Kreis, mit offenem Mund.

„Es scheint, du öffnetest im Lager ein Portal.“

Diesmal wollte ich den Schauer über meinen Rücken nicht abstellen. Dafür einfach weiter hören, was er zu sagen hatte.

„Wie eines von deiner Welt zu unserem Universum. Doch wir befinden uns lediglich in einem ganz andern Teil.“


„Oh, und wie weit sind wir von der Hauptstadt entfernt? Wo ist das Lager? Wo ist …?“


„Sehr weit“, unterbrach er mich und atmete aus. Fand er das etwa unterhaltsam, so wie er nun das Gesicht verzog, oder wie?


„Und … kennst du dich hier aus?“


„Die Wege sind manchmal unergründlich. Doch gehen wir einmal dorthin.“

Seine Handfläche legte sich zart auf meinen Rücken, aber ich merkte, wir er mich umdrehen wollte. Was er gemeint hatte, war wohl dieser Hügel … mit einer Burg darauf. Oder sonst einem Gemäuer. Vielleicht eine Viertelstunde zu Fuß entfernt? Oh, ich trug ja auch keine Sandalen oder sonst irgendwelche Schuhe, er ohnehin irgendwie nie. Der Boden bestand aber nicht einmal aus grobem Sand und erst recht nicht aus Kies oder großen Steinbrocken.

„Bist du beleidigt?“, sprach ich einfach so aus, als er sich mit mir in Bewegung setzte. „Ich meine, heute …“

Stille lag in der Luft, außer vielleicht einem leisen … Säuseln? Ich spürte mein Herzklopfen und dieses Brodeln in ihm. Nur ein leichtes.

„Ich hätte dir schon gerne an diesem Abend … Vergnügen bereitet!“

Nur kurz setzte er diesen leicht verzerrten Blick auf, um gleich wieder zu lächeln. Augenblicklich blieb ich stehen und stellte mich vor ihn. Dieser Schauer lief nun eher vorne über mich und wollte nicht aufhören. Mein Herz klopfte immer schneller, während mir einige Antworten durch den Kopf gingen. Vielleicht war die einfachste davon, mich mit meinem Kopf zu nähern. „Darf ich dich küssen?“ musste ich nicht aussprechen, wenn er sich bei meinem langsamen Annähern an seine Lippen einfach abwenden konnte. Aber das machte er nicht.

Er streckte mir seine Zungenspitze entgegen, und ich berührte sie kurz. Vielleicht etwas länger musste ich lachen und schloss meine Arme um ihn. Erkundete seinen nackten Oberkörper, der mir schon vertraut sein sollte. Und merkte, dass mein umgebundenes Tuch gerade meine aufkommende Anspannung verbarg. Oder auch nicht. In mir fühlte sich alles an wie wärmende Sonnenstrahlen, als ich neben ihm weiterging. Dabei schienen dichte Wolken aufgekommen zu sein.

„Du hast es ja schon gehört“, begann ich zu erzählen. „Da war dieses Unwetter, unsere Gruppe ist getrennt worden. Er war leicht verletzt, Arran, und in dem Gasthaus dann … dieser Zwischenfall. Ja, und dann … ist es halt passiert. Oder doch nicht passiert. Und er wollte dann …“

Dieses Herzklopfen war ein wenig in den Hintergrund getreten, obwohl ich ständig seine Gesichtszüge beobachtete.

„Oh!“, lachte er kurz auf. „Dann solltest du ebenso wissen …“


„Was, du und er?“


„Nein, es ist interessant, da der Abgesandte sonst eher … dem weiblichen Geschlecht zugeneigt ist. Talassia jedoch … allerdings …“


„Moment, also so ungefähr kenne ich mich aus. Aber …“


„Sie gedenkt mich gelegentlich überreden zu wollen. Doch das möchte ich nicht!“


„Das … musst du auch nicht.“


„Doch möchte ich sie nicht völlig von mir weisen, und …“


„Das heißt?“


„Nur Hände … bisher.“


„Ja, also … ach ja, wenn ich hier gegen alles immun bin, wie sieht das bei dir aus? Ich meine, wenn mehr passiert als …“

Wieder lag diese fast völlig Stille in der Luft, und zu dieser Burg schien es doch noch ein schönes Stück zu sein. Von dort oben konnten wir vielleicht die Lage überblicken. Noch immer fühlte ich mich ein wenig ausgelaugt, auch wenn ich mit Traian wohl noch einige Kilometer weit wandern konnte. Es war auch nicht in meinen Beinen – sondern anders.

„Das kann ganz schön brennen, wenn es zu einer Infektion kommt! Beinahe einen Tag lang.“


„Einen Tag? Das ist alles? Und …?“


„Doch die vorbeugende Anwendung der Heilkräuter verhindert das.“

Ich wollte ihn mit meinem Gesichtsausdruck nicht ansehen, tätschelte lieber kurz auf seinen nackten Rücken. Ein bisschen steinig wurde der Untergrund nun schon, als wir uns dem Burghügel näherten. Ziemlich steil erhob er sich über der nur leicht welligen Landschaft, die ihn direkt umgab. Großteils schien er von Bäumchen, Buschwerk und vielleicht Kletterpflanzen bewachsen zu sein. Wo sollte dort überhaupt ein Weg nach oben sein?

Traian ging nun vor mir und sah für mich so aus, als wäre er ebenfalls zum ersten Mal hier. Vielleicht wusste er zumindest, wo wir hier nach einem Weg suchen sollten. Immer mehr Details des Gemäuers aus große Steinblöcken waren erkennbar. Einer der Türme ragte besonders hoch auf und schien beinahe die Wolken zu berühren. Zogen sie weiter zu? Sie erschienen ein wenig rosa, obwohl es noch lange nicht Abend sein konnte.

Ein bisschen etwas lag mir im Magen, als wir an den Fuß des Hügels gelangten. Wo er nicht von dichtem Bewuchs bedeckt war, zeigten sich mächtige Felsen. Hätte nicht bereits jemand oben an der Mauer stehen und uns beobachten sollen? An dieser Stelle führte kein auch nur schmaler Pfad nach oben. Bei einem weiteren Blick erkannte ich, dass … ein Teil der äußeren Mauer eingestürzt war. Nach innen und nach außen. Vorsichtig berührte ich wieder den Rücken von Traian und lenkte seine Aufmerksamkeit darauf.

„Oh, dann … besuchten sie bereits auch diesen Ort“, kommentierte er, blickte nochmals genauer hin und dann zu Boden.


„Wer, die in der Hauptstadt, und …?“


„Sie haben so einigen Namen. Doch es ist ‚Das andere Volk‘, wie wir sie meist benennen.“

Bei Gedanken daran, was diese Zerstörung verursacht haben mochte, kam wieder dieser Schauer auf. Dieses Mal genügte ein Blick zu ihm, um alles in ein warmes Prickeln zu verwandeln. Vorsichtig legte ich meinen Arm um seine Schulter – und spürte kurz seine Handfläche auf meinem Rücken. Ob ich das Tuch an meinem Oberkörper ablegen sollte?

Einen Weg entdeckte ich immer noch nicht – dafür fiel mir ein leises Plätschern auf. Er schien ebenfalls aufzuhorchen, blieb kurz stehen – und beschleunigte seine Schritte. Ein schmaler Bach aus völlig klarem Wasser floss zwischen dem sattgrünen Gras. Es schien manchmal zu glitzern, obwohl es nun fast geschlossen bewölkt war. Ich ließ meinen Blick schweifen, drehte mich um – und merkte, dass das Wasser von dem Hügel kommen musste.

Auf dieser Seite schienen ebenfalls einige Teile der Außenmauer eingestürzt zu sein. Aber war das nicht …?

„Komm!“, forderte ich Traian auf, der in eine Hocke gegangen war und sich gerade einen Schluck genehmigte.


„Ja … so warte doch!“

Ich spürte auf einmal seine nasse Hand an mir, als ich den Abhang betrachtete. Auf dieser Seite schien er nicht ganz so steil zu sein. Wenn wir an den großen Felsbrocken und Mauerstücken vorbeikamen …

Ja, dort schien ein Durchschlupf zu sein – und dahinter führte ein Weg schräg entlang des Hanges steil nach oben. Womöglich war er einst breiter gewesen und nun großteils von Trümmern und Geröll eingedeckt. Ich biss die Zähne zusammen und atmete scharf ein, als ich auf die spitzen Steine trat. Hinter mir hörte ich ein langgezogenes „Au!“ und drehte mich um.

„Na komm schon!“, meinte ich und reichte ihm meine Hand. „Da vorne ist schon wieder nackte Erde. Und … du weißt wirklich nicht genau, wo wir sind?“


„Es mag möglich sein, eine Verbindung aufzubauen. Doch ohne das Licht …“


„Du meinst dieses magische Licht? Arran … der Abgesandte … hat auch ein kleines gehabt.“


„Das entspricht der Wahrheit. Doch du solltest vielleicht auch so dazu in der Lage sein.“


„Oh, ja, weil ich der Herrscher bin und alles kann. Siehst du ja, was ich kann.“


„Portale öffnen?“


„Das war nicht einmal so geplant, und seither ist alles … wie weg. Oder es muss erst langsam zurückkommen.“

Beim letzten ausgesprochenen Wort tauchte kurz ein Gedanke auf, den ich nicht aussprechen wollte. Momentan zumindest nicht. Immerhin ließ sich Traian von mir nach oben ziehen, und wir schafften es an einem weiteren großen Trümmerteil vorbei. Der Weg schien flacher und weicher zu werden, und er ließ meine Hand los.

Leicht verschwitzt und mein Herzklopfen fühlend sah ich mich neuerlich um. Der Teil der Außenmauer direkt vor uns ragte weit nach unten in den Hang und wirkte nicht bröckelig. Auch nicht wie gerade erst ausgebessert. Wir blickten auf ein großes Tor, nur leicht von Grünzeug verdeckt. Rechts neben uns ragte die Mauer steil auf, links ging es steil abwärts. Entweder fand ich heraus, wie es sich öffnen ließ, oder wir probierten es …

Traian schien etwas an der Mauer entdeckt zu haben. Ein Stein sah heller als die anderen aus. Er legte seine Handfläche auf die ungefähr quadratische Fläche – und sie ließ sich ein Stück nach innen drücken. Sonst geschah nichts. Schneller schweiften meine Blicke nun umher – und an den Bäumen vorbei konnte ich im Hintergrund in einiger Entfernung höhere Berge erahnen. Die Wolken waren beinahe dunkel geworden – und dieses Geräusch hörte sich doch nicht wie ein Donnergrollen an?

Ich dachte an das Gefühl der sprühenden Funken an meinen Fingern. Auch dann, als ich nun den Stein berührte. Absolut nichts passierte – bis ich meinem Begleiter ans Handgelenk fasste. Das tiefe Grollen schien nun direkt hier seinen Ursprung zu haben. Ganz tief atmete ich ein, umfasste seine Finger – und drückte die andere Hand fester auf den Stein. Als ich mich enger an ihn klammerte, wurde das Rumpeln stärker.

Fast gleichzeitig sprangen wir zurück, als sich das einige Meter hohe Tor in Bewegung setzte. Es schien sich nach oben zu klappen und dabei im Inneren der Burg zu verschwinden. Seine Finger spielten sich ein wenig mit meinen, als er immer noch wortlos neben mir stand und es beobachtete. Der Blick auf einen breiteren Weg wurde frei, der nur noch flach anstieg. Ein Lichtschein fiel auf ihn, ungefähr wie stets in meinen Unterkünften.

„Du vermochtest auch das Portal zur Burg zu öffnen!“, kam es von ihm, als er meine Hand losließ.


„Ich vermochte gar nichts! Nur … wir zusammen. Vielleicht … kommt jetzt was zurück. Weißt du noch, in meinem Zelt in der Ersatzstadt? Das muss schon sehr heftig für dich gewesen sein, und jetzt …“

Traian lächelte mich an, unterdrückte womöglich kurz ein Lachen – und richtete einen ganz anderen Blick nach vorne. Das Dach über uns fehlte zur Hälfte, aber nichts von der Mauer im Inneren. Wortlos schritt er weiter, und ich betrachtete meine Hand genau. Die auf dem Stein und jene, die seine gehalten hatte. Aber da war nichts.

Der breite Gang schlängelte sich weiter und mündete in einem Innenhof. Dem Bewuchs nach war die Burg schon vor einiger Zeit aufgegeben worden. Einige Bäume musste aber jemand angepflanzt haben – und dieser Bach plätscherte an ihnen vorbei. Wo immer er entsprang, aber er verschwand an einer Stelle, wo ein Teil der Mauer eingestürzt war. Mehrere Räume schienen um den Hof gruppiert zu sein.

Mein Begleiter schien sich für einen der Bäume zu interessieren, besonders für das Obst darauf. Er pflückte eine Frucht und biss ab. Hörte sich sehr knackig an.

„Toll“, kommentierte ich, „frisches Wasser, was zu essen … wenigstens alles da. Ist das eine Wunderfrucht?“


„Wie nanntest du es?“, entgegnete er nach einigen Sekunden mit halbvollem Mund. „Hieraus fertigen die auch das Gebäck, durch Rösten von dünnen Scheiben und viel Geschick. Womöglich gibt es das in …“


„Ja?“


„Wenn ich richtig vermute, vermag die Stadt so einen halben Tag zu Fuß von hier zu sein.“


„Was, die Hauptstadt?“


„Nein, diese ist nicht so groß. Wenn …“


„Wenn diese Leute noch nicht dort waren, ich weiß. Aber ich spüre …“

Spürte ich tatsächlich wieder etwas, tief in mir? Dass zumindest in der Ersatzstadt alles in Ordnung war? Im Lager? Sogar bei mir zuhause? An allen Orten, die ich hier besucht hatte? Die Wolken über uns waren dunkel geworden – und ich glaubte wieder dieses tiefe Grollen zu spüren. Und einzelne feine Regentropfen.

„Wir sollten uns einmal hier umsehen“, setzte ich fort. „Besonders dort oben.“

Auch er blickte nun zu diesem großen, eckigen Turm, zu dem am anderen Ende des Hofes ein offener Eingang zu führen schien. Erneut folgte er mir wortlos. Auch die steinerne Treppe hinauf, die sich in dem Gang im Inneren nach oben schlängelte. Meine Beine sollten müde werden, doch das wurden sie nicht. Nur Traian schnaufte schön langsam.

Durch kleine Öffnungen in der Mauer bot sich immer wieder ein kurzer Blick auf die Landschaft. Auf flache, grüne Hügel auf der einen Seite und auf die hohen Berge in größerer Entfernung auf der anderen. War das ein leuchtender, roter Schimmer? Ich marschierte einfach weiter – und irgendwann wurde es heller. Eine Plattform tat sich auf, von einer zackigen Mauer umgeben. In der Mitte ragte ein kleinerer Turm noch einige Meter in die Höhe. Der Wind säuselte ein wenig, sonst war es ruhig. Bis auf dieses Grollen manchmal.

„Dort könnte es sein!“, meinte er und zeigte in Richtung des rötlichen Schimmers ungefähr am Fuß der Berge.


„Du sagst, wir sollten da noch weiter?“


„Ja, doch besser ist es …“

Er sprach den Satz nicht zu Ende, als ich mich von hinten an ihn kuschelte. Wieder kam dieses Herzklopfen auf – und endlich legte ich das Tuch um meinen Oberkörper ab. Ganz langsam atmete ich ein und aus, als ich seine warme Haut auf meiner spürte. Und ein bisschen dieses Knistern an meinen Fingerspitzen. Sehr langsam ließ ich sie über ihn streichen, als er so an der Mauer lehnte. Auch ein bisschen weiter nach unten. Auf einmal fuhr ein Zucken durch ihn, und er stöhnte auf.

„Ist was?“, wandte ich mich an ihn und trat zurück.


„Oh, nein, ich ersuche dich …“

Traian lehnte ohnehin so, dass ich mich ihm nicht wirklich gefährlich nähern konnte. Doch ich spürte dieses Knistern immer mehr, als meine Fingerspitzen über ihm schwebten. Vielleicht das eine oder andere sehr feine Haar gerade so berührten. Sein Atmen wurde schwerer – und er musste langsam spüren, was mein Lendentuch nicht mehr verbergen konnte. War das ein kurzes Lachen von ihm gewesen?

Ich trat ein wenig zurück und setzte die Massage seiner Brustmuskeln fort. Er stützte sich an den höher liegenden Mauerteilen ab und drehte sich langsam zu mir. Wollte er …? Zumindest spielte er diesmal ein bisschen mehr mit der Spitze seiner Zunge, als er mich ansah. Für einen Moment strich er über seinen Unterarm und blieb so stehen – dann trat er näher. Meine Zunge näherte sich seiner – und wir küssten uns. Luft bekam ich kaum, als sich seine Arme langsam um mich schlossen. Ich zog ihn noch ein Stück von der Mauer weg. Seine Lippen waren sehr weich und warm – aber ich musste nach Luft schnappen.

„Ist … etwas?“, kam es von ihm.


„Nein, das war einfach … ein Kuss. Genau so.“

Seine Augen und sein Mund waren ein wenig aufgerissen, als er sich zu mir tastete und meinen Herzschlag fühlte.

„Oh …“, kommentierter er nach einigen Sekunden und schloss den Mund langsam. „Doch gehen wir wieder nach unten.“


„Ja, können wir. Wir sollten uns noch genau umsehen.“

* * *

Noch immer stand Traian neben mir, als ich die riesige Mondsichel betrachtete. Wie düster der Himmel auch sein mochte, sie leuchtete viel heller und nahm einen großen Teil davon ein. Ein paar Lichter am Fuß der Bergkette deuteten auf diese Stadt hin, wenn sie es war. Langsam drehte er sich um und kletterte über den Schutt zurück in Richtung Innenhof.

Es war ein wenig kühl geworden, und müde fühlte ich mich noch nicht. Beim Gedanken daran, hier zu schlafen, kam wieder dieses Gefühl in meinem Magen auf. Ob ich mich einfach eng an ihn kuscheln sollte, damit es verschwand? Räume zum Schlafen schien es genug zu geben. Sogar so etwas wie ein Badezimmer wie in diesem Gasthaus, nicht nur eine mittelalterliche Toilette. Ziemlich lange hatten wir ohne viele Worte herumgesucht und außer den leeren Zimmern, wo da und dort das Dach fehlte, nicht viel gefunden.

Nun setzte er sich zu diesen gefundenen Holzstücken, die er im Innenhof auf den Steinplatten aufgetürmt hatte. Sie waren von Randsteinen begrenzt, und alles war recht geradlinig behauen.

„Vielleicht bist du in der Lage …“, wandte er sich an mich.


„Ich habe geglaubt, du kannst das anzünden. Wenn du das ganze Lager mit dieser Talassia aufgebaut hast …“


„Oh, das gestaltete sich einfach, mit umfassender Ausrüstung. Doch hier …“


„Ich habe keine Ahnung, wie ich das ohne ein Feuerzeug anzünden soll. Vielleicht stundenlang mit Steinen probieren. Oder …“

Dieser Gedanke an das Knistern kam plötzlich wieder in mir auf – und ich formte die Finger einer Hand zu einer Kralle. Ich hielt sie knapp über die Holzstücke – und ein Bild tauchte vor meinen gerade geschlossenen Augen auf! Der neue Herrscher der Hauptstadt? Nein, wer oder was auch immer – ich würde nicht zulassen, dass …

Funken begannen zu sprühen – und ich spürte auch Wärme unter mir. Ich öffnete die Augen und sah das Feuer brennen. Beinahe kippte ich nach hinten – aber die Hände von Traian stützten mich. Er blieb neben mir auf dem Boden sitzen und schien sich auf das Feuer zu konzentrieren. Verschränkte seine Finger auf unterschiedliche Weisen, schloss die Augen und atmete ruhig. Meine Handfläche schwebte über seinem Oberschenkel.

„Es sieht seltsam aus …“, begann er langsam zu sprechen, als er wieder in meine Richtung blickte. „Doch ich konnte eine Verbindung aufbauen … glaube ich.“


„Was sieht seltsam aus? Ja, das ist … ein herkömmliches Feuer und kein Wunderlicht.“


„Wie nanntest du es? Doch ich spüre, dass sie sicher sind.“


„Dann ist es ja gut.“

Ob auch eine Rückmeldung im Lager, in der Ersatzstadt und sonst wo angekommen war? Vielleicht sogar in der Hauptstadt? Ob … ich versuchen sollte, noch eine Wunderfrucht zu pflücken und zu rösten? Toll, ich besaß nicht einmal ein Werkzeug, um sie in Scheiben zu schneiden. Langsam legte sich meine Hand nun doch auf ihn, und ich knetete ein bisschen herum. Es war kein Aufstöhnen bei ihm, eher ein ruhiges, tiefes Ausatmen.

Ich breitete mein zweites Tuch aus und lehnte mich zurück. Sterne konnte ich auf dem immer dunkler werdenden Himmel nicht erkennen. Nur diese riesige Mondsichel stand dort – und hatte sich in Richtung eines vollen Mondes gewandelt? Vielleicht raschelten Blätter dann und wann in einem leichten Windstoß, doch sonst war es still. Auch dieses tiefe Grollen schien verschwunden zu sein. Als ich zwei weiche, warme Hände an meinen Beinen spürte, zuckte ich zusammen.

Traian kniete auf dem Tuch und war dabei, sich weiter nach unten zu beugen. Seine Hände strichen über mich – bis zu meinem umgebundenen Tuch. Jedes Haar stellte sich bei mir auf, und dieses feine Prickeln erfasste mich. Vermischte sich mit dieser leichten Kühle einer Sommernacht und der abgestrahlten Wärme des Feuers. Oder war es mehr seine?

„Du musst das nicht machen“, durchbrach ich die Stille, und seine Hände verharrten in ihrer Position.


„Doch …“


„Ich weiß nicht … welchen Ärger du so allgemein mit ihm hast. Und ich habe dich auch noch enttäuscht. Auch wenn es … na gut. Aber … ich sollte das für dich machen.“


„Oh!“

Mir war, als wurde sein Blick finster – aber wollte er eher lächeln? Sekunden später sah es für mich so aus, auch wenn er immer noch eher geradeaus anstatt zu mir blickte.

„Komm schon! Du bist einfach… also ich würde das jetzt wirklich gern für dich machen.“

Nun entwickelte sich in seinem Gesicht ein Lächeln, auch wenn er es verzerrte. Mit einem Finger kratzte er bei einem Auge herum.

„Doch du bist … der Herrscher, und das kann ich dir nicht abverlangen.“


„Ich bitte dich, lass mich das machen. Außer, es ist wirklich nichts für dich.“


„Ist es durchaus, aber …“


„Stell dir vor, Talassia würde. Dann lieber von mir, oder?“

Er lachte kurz, während er nach oben blickte. Seine Hände arbeiteten sich doch ein wenig unter mein Lendentuch. Auch ohne, dass ich ihm direkt in die Augen sah, nahm er sie plötzlich weg. Dafür stützte er sich mit einer Hand an mir ab und rollte sich neben mich. Er blieb auf dem halbwegs weichen Untergrund liegen und starrte nach oben. Ein bisschen lächelte er, und bei seinen Beinen wusste er nicht so recht, ob er sie spreizen oder das doch nicht machen sollte.

Ich kniete mich über ihn und erkundete den Stoff seiner Hose. Besonders die eingerissene Stelle. Ob ihm ein großes Lendentuch besser stehen würde? Wie war das genau in meinem Zelt in der Ersatzstadt mit ihm gewesen? Mehr von der Dunkelheit geschützt als hier. Ein Bild tauchte vor meinen Gedanken auf, dass diese Frau sich nun ihm widmen und ich zuschauen würde. Oder genügte der Anblick seiner straffen Bauchmuskeln, damit sich bei mir alles anspannte?

Wieder lachte er ein bisschen, als ich seine Anspannung durch den Stoff ertastete. Wenn ein Kuss einfach ein Kuss sein konnte, würde er meinen Mund auch an anderer Stelle genießen können. Ohne, dass ich das ganze Universum erschütterte. Egal, wer oder was ich hier war – ich wollte seinen Hosenbund packen und mich weiter nach unten beugen.

Ihm entkam ein Stöhnen und etwas wie ein Husten, als seine prall aufgerichtete Männlichkeit ins Freie sprang. Zum ersten Mal in beinahe hellem Licht. War es von der Länge her ein wenig mehr, als ich bei bester Stimmung bieten konnte? Etwas zwischen dem Schnappen nach Luft und ein bisschen Herumkichern entkam ihm, als ich mit einem Finger entlang seiner Härte strich. Und einige Male ein kurzes, starkes Zucken.

Ich strich mit einem Finger entlang seines Oberkörpers und verfolgte seine Gesichtszüge. Arbeitete mich mit zwei Fingern bis zu seinen Oberschenkeln, um mich dort festzuhalten. Machte er das absichtlich, die Muskeln dort immer wieder anzuspannen? Meine Zungenspitze befeuchtete meine Lippen, und ich beugte mich zur Spitze seiner Lust. Sein Aufstöhnen war laut und das Zucken durch seinen ganzen Körper stark, als meine Zunge nur ein bisschen Kontakt mit ihm aufnahm. Sofort wich ich zurück.

„Ist das … zu heftig für dich?“


„Ich … bitte dich, setze fort“, kam es sofort von ihm.


„Sehr gern!“

Als ich seinem Wunsch nachkam, fuhr erneut dieses Zucken durch ihn. Doch es schien mehr auf seine Ausstattung begrenzt zu sein. Auch sein Stöhnen war mehr ein Einatmen. Langsam ließ ich seine Härte in meinen Mund gleiten und erkundete das starke Pulsieren mit meiner Zunge. Ein verdächtiger Geschmack begann sich auszubreiten, so als hätte ich nicht mehr viel Arbeit vor mir.

Ich sah ihn auf einmal so vor mir, wie er auf dem Turm an der Mauer gestanden war. Nur komplett nackt. Mein eigenes Zucken fühlte sich fast stärker als seines an. Irgendwann würde ich ihn fragen, ihn bitten … aber das konnte ich diesem Geschöpf nicht antun! Seine Hände suchten nach meinen, wollten sich festklammern, sehr fest. Er stöhnte wieder lauter auf, wollte vielleicht etwas sagen. Diesmal war es zu spät.

Ganz fest klammerten sich seine Finger um meine, als ich sein Pulsieren in meinem Mund spürte. Ein beinahe salziger Geschmack füllte ihn auf einmal aus – und das Zucken erfasste wieder seinen ganzen Körper. Noch ein Schub folgte, und ich machte einfach weiter, hielt ihn fest. Bis sein Stöhnen in ein gleichmäßiges Atmen auslief.

Seine Beine waren nicht ganz ruhig, und er lag da, als wäre er verletzt. Aber das war er nicht. Er starrte in den nicht ganz dunklen Himmel und atmete doch wieder tiefer. Ich raffte mich auf, blieb über seine Beine gekniet – und schluckte. Sofort riss ich mein Tuch weg, hielt mich mit einer Hand an Traian fest – und legte mit der anderen an mir selbst los. So wie vorhin sah ich mich eng an ihn gedrängt – und es kam mir!

Eine mächtige Gewalt rollte auf mich zu, ließ mich keinen Halt an ihm finden. Alles in mir krampfte sich zusammen – und ich ergoss mich über ihm. Es nahm kein Ende, während ich ein wenig seine Finger an mir zu spüren glaubte. Nur langsam wurde das mächtige Gefühl zu einem warmen Kribbeln – und ich bemerkte sein Herantasten nun deutlicher. Er hatte sich aufgestützt und sah mich an. Was war so witzig?

„Tut mir leid“, brachte ich hervor, „aber du warst gerade zu heiß für mich. Und … war es zu heftig für dich?“


„Nein“, entgegnete er nach einigen Sekunden, „doch ein wenig schnell.“

Ich rollte mich neben ihn, ganz eng, und erkundete mit einem Finger die Konturen seiner Muskulatur. Auch wenn sie nun recht nass waren. Ein eher warmer als kühler Luftzug strich über mich, während meine Beine irgendwie zwischen seine und mein Lendentuch verwickelt waren. Mein Kopf streckte sich durch, nach hinten, und ich warf nochmals einen Blick auf den hohen Turm. Nichts lag mir im Magen, und nichts würde so schnell über den Himmel ziehen. An diesem Tag … aber am morgigen?

Wie fern diese Fernen Lande wohl wirklich waren? Ich sollte … mich enger an ihn kuscheln. Das Feuer knisterte immer noch dann und wann, auch wenn nicht mehr viel davon übrig war. Ein feines Prickeln zog sich durch mich, als ich einen Platz an seiner Schulter fand. Noch mehr, als ich seine Fingerspitzen über mich streichen fühlte.

Kapitel 9 – Aus heiterem Himmel

Er blickte zu jener Stelle, wo bereits ein Lichtschein in den Raum fiel. Ein leichter Nebel schien über der Stadt zu liegen. Auch über dem Meer, das sich weit vor ihr erstreckte. Bald würden wieder diese unterschiedlichen Farben auf dem Strand zu sehen sein. Er sollte was dagegen unternehmen! Ob er wieder einmal nach unten sehen sollte, was der alte Herrscher machte?

Da war schon wieder dieses Gefühl, dass sich etwas der Hauptstadt näherte. Ob die noch einen Anlauf wagten? Von hier aus konnte er selbst alles überblicken, ohne auf Berichte angewiesen zu sein. Er sollte es endlich abstellen, dass sich seine Leute hier nur mit Bier volllaufen ließen. Ja, den Vergnügungen, den anderen ebenfalls, gab er sich selbst auch gerne hin. Aber es ging doch nicht …

* * *

Goldenes Licht erhellte die Umgebung, als ich die Augen öffnete. Die Luft war ein wenig kühl, dafür trafen mich auf einer Seite Sonnenstrahlen. Mit einer Hand fühlte ich die Körperwärme von Traian. Er schien tief und fest zu schlafen und ein wenig zu lächeln. Das Zwitschern einiger Vögel lag da und dort in der Luft, manchmal das Rauschen von Blättern im leichten Wind. Die Grenze zwischen Licht und Schatten verlief quer über den Innenhof der Burg.

Ich streckte mich ein bisschen und verwendete eines meiner Tücher als Umhang. Das andere, auf dem er zur Hälfte lag, schlug ich über ihn. Dieser Traum fiel mir ein und mir war, als wäre ich direkt dabei gewesen und hätte alles berühren können. Hatte gefühlt, was … dieser Herrscher des anderen Volkes fühlte. Wer sollte es sonst sein? Ich musste es Traian erzählen, alles. Doch zuerst einmal …

In diesem Raum, wo sich jemand … hinstellen konnte, war durch die Öffnung in der Mauer nun die Landschaft bei hellem Tageslicht zu sehen. Dieses warme Licht und der Dunstschleier lagen vollständig über ihr. Bis zur hohen Bergkette. Ich versuchte mich auf Einzelheiten zu konzentrieren und bemerkte einige kreisende Vögel in der Luft. Irgendwie fühlte es sich bereits wärmer an.

Bei meiner Rückkehr stand Traian gerade irgendwie auf und lächelte mir zu. Als ich mich näherte, zog er schnell seine abgerissene Hose nach oben und rollte sich von meinem Tuch. Toll, es sah ein bisschen staubig aus. Bevor er sich davonmachte, schüttelte er es aus, faltete es zusammen und lächelte mir zu. Ich pflückte ein Stück von diesem komischen Obst – das an diesem Tag anders zu schmecken schien. Vielleicht sollte ich mich langsam um meinen Bart kümmern. War aber irgendwie weniger gewachsen als sonst. Sogar meine Zähne fühlten sich seit Tagen frisch an, obwohl ich nicht immer einen Ersatz für eine Zahnbürste gefunden hatte.

„Guten Morgen!“, sprach ich ihn nun direkt an, als er wieder auftauchte. Was trug er da in der Hand?


„Hier, probiere das hier!“

Ich nahm den kleinen Metallbecher – und das Getränk war mir bereits vertraut, warm und nussig.

„Hast du vielleicht auch was von diesem Gebäck?“


„Dieses ist leider nicht vorhanden. Ich könnte einen Versuch wagen, es aus dem Obst herzustellen. Es stünde dir zu, doch …“


„Nein, lass es lieber, ist schon in Ordnung. Aber …“


„Ja?“


„Möchtest du noch einmal auf den Turm, bevor wir weitergehen? Nur einmal so die Lage überblicken?“

Er warf mir sein Lächeln zu, drehte sich um und ging voraus. Dieses Gefühl in meinem Magen begann sich auszubreiten. Aber ob ich es ihm jetzt sagte oder dort oben? Ich sollte nicht so sehr auf seinen Hintern starren. Auch wenn ich womöglich ohnehin mehr auf die Konturen an seinem Rücken achtete. Nichts bedeckte dort seine Haut. Es reichte, wenn er vorne diese Tätowierung hatte.

Knapp vor mir erreichte er den oberen Ausgang, und das grelle Licht blendete mich für einen Moment. War es so schnell heller geworden? Fast lehnte er sich wieder an diese Ausnehmung in der Mauer. Vorsichtig strich ich mit einem Finger von seinem Hals abwärts. Ich holte tief Luft.

„Ich muss dir was erzählen“, sagte ich, und es schwang wohl ein gewisses Zittern mit. Er drehte sich um und sah mich mit leicht geöffnetem Mund an.


„Letzte Nacht … also ich habe von der Hauptstadt geträumt. Vom Anführer von diesem anderen Volk … glaube ich.“


„Es ist möglich …“, entgegnete Traian nicht gleich sofort und zögerte etwas, „… dass dich Visionen erreichen. Wie stellte er sich denn dar?“


„Ist nur in einem dunklen Raum gestanden und hat sich Gedanken gemacht, dass was auf die Hauptstadt zukommen könnte. Das habe ich vorher auch schon … gesehen, aber nicht so deutlich. Ach ja, und … ich habe auch dich einmal im Traum gesehen. Im Lager mit Talassia, bevor ich aufgetaucht bin. Wie du … an mich gedacht hast.“

Sein Lächeln wurde intensiver, und ich merkte, wie er seine Hände auf mich legen wollte.

„Du kannst ruhig“, sagte ich ihm direkt ins Gesicht. „Ich bin hier der Herrscher, aber ich hätte gern, dass … du noch lockerer wirst. Und kannst … du dich bitte wieder wie vorhin an die Mauer stellen?“

Sein Gesicht verzerrte sich ein wenig, und er drehte sich langsam um. Ich trat einen Schritt näher und legte meine Arme um ihn. Ganz eng stand ich nun hinter ihm und spürte, wie sich seine Finger etwas zögerlich um meine schlossen. Und mir wurde bewusst, dass ich nur einen Umhang trug und nichts umgebunden hatte. Erneut holte ich tief Luft und ließ meinen Blick kurz über die Landschaft schweifen.

Außer einem feinen Prickeln geschah nichts mit mir. Würde es die Grundfesten der Welt erschüttern, wenn mehr passierte? Sollte ich es aussprechen? Mein Herz begann zu rasen.

„Traian, ich … du bist da so gestanden, und es war sehr verlockend für mich, und ich …“

Mit sanftem Drück löste er sich von mir und stellte sich vor mich.

„Ich sollte das nicht so sagen …“, holte er aus, „… doch … das mag ich nicht! Könnte zu sehr brennen, und …“

„Nein“, lachte ich kurz, „dann lass es bitte. Vergiss, dass ich das gefragt habe und so.“


„Ich könnte schon einen Versuch wagen, ob ich …“


„Nein, mach das bitte nicht!“


„Doch es … beliebte dir?“


„Natürlich würde mir das belieben, aber …“

Dieser Gedanke kam in mir auf, ob ich mich nicht um seine Beine klammern und ihn bitten sollte. Ich würde ganz zart sein und so. Er schien nicht ganz zu wissen, ob er das Gesicht verzerren oder lächeln sollte. Ach, wir sollten endlich von hier weg und in diese Kleinstadt, die ich von hier aus erahnen konnte. Das war sie doch, oder? Aber was war das?

Die kreisenden Vögel wichen zur Seite, als sich ein anderer näherte. Er schien von diesem Gebirge her zu kommen – und wurde immer größer. Mein Mund blieb offen, und ich klammerte mich an Traian fest. Ein Kribbeln erfasste mich, und ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich wollte ihn packen, zu den Stufen nach unten zerren – und die Kreatur mit den riesigen Schwingen näherte sich rasant. Ein sehr tiefes Brummen lag in der Luft. Als sprach jemand ein langgezogenes „Was?“ aus.

Ich bemerkte ein Zittern bei Traian, wie alles kalt zu werden schien. Meine Hände wurden beinahe von selbst zu Krallen, als ich in die großen Augen blickte. Ein heißer Wind traf mich im Gesicht – und dieser verbrannte Geruch. Die Kreatur öffnete ihr Maul, und ich blickte auf die Reihen von spitzen Zähnen. Obwohl sie nur leicht die schwarzen, zerfledderten Schwingen bewegte, hielt sie sich konstant in der Luft.

„Was?“, schrie ich laut, spürte nur noch dieses kalte Zittern – und glaubte eine Antwort zu hören. Traian klammerte sich auf einmal fest an mich – und das Biest kam näher. Ein tiefes Fauchen lag in der Luft. Ein Schauer lief schnell über meinen Rücken, als ich den Luftzug spürte. Noch einer, als es seine Krallen ausstreckte.


„Nein!“, schrie ich, doch es hatte Traian gepackt! Die Krallen schlossen sich um ihn, hielten ihn fest, streiften mich – drückten mich weg.


„Nein!“, brüllte ich nochmals. „Ich lasse nicht zu …“

Erneut schlug mir dieses langsame, tiefe Fauchen entgegen. Er musste völlig erstarrt sein, konnte nichts sagen. Ein wenig spürte ich wieder diese Funken an meinen Fingerspitzen. Doch es war, als … würden sie abgeleitet. Ich versuchte ihn festzuhalten, wollte mich um ihn schlingen – und wurde zurückgeworfen. Die riesigen Schwingen setzten sich in Bewegung, ließen einen Sturm aufkommen. Als ich aufblickte, machte sich das Biest mit ihm davon.

Ich stürmte zur Mauer, sah ihm nach. Er wurde fest umschlossen gehalten, schien sich etwas zu bewegen. Der Flügelschlag beschleunigte sich – und die Kreatur verschwand rasch in Richtung der Berge. Wieder erfasste mich dieser schnelle Schauer, und ich realisierte dieses Brennen in meinem Hals. Noch einmal formte ich meine Finger – nichts.

Ganz schrecklich versagt hatte ich! Warum überhaupt er und nicht ich? Sollte nicht ich der neue Herrscher sein, der es bis in die Hauptstadt schaffte? Überhaupt nichts würde ich schaffen!

Ich sank auf den Boden, wollte mich einfach nur einrollen … nein! Wieder stellte ich mich dort vorne hin, klammerte mich an der Mauer fest – und spürte es nun stärker! Noch mehr, als ich nach unten rannte und mir das Lendentuch umschlang. Ich suchte herum – aber außer noch dem anderen Tuch, das mein Umhang war, besaß ich hier nichts.

Sollte ich ein Feuer entzünden? Genau, das musste es sein! Aber wahrscheinlich schaffte ich nicht einmal mehr das. So wie die dunklen Wolken nun zugezogen waren, würde es vielleicht ohnehin bald im Regen verlöschen. Wann waren sie das überhaupt? Nein, ich musste weiter zu dieser Stadt.

Zum Glück war das große Tor noch offen, denn das hätte wahrscheinlich auch nicht mehr auf mich reagiert. Als ich schon den Weg nach unten klettern wollte, blieb ich stehen. Was, wen das wieder Arran eingefädelt hatte? War er der Abgesandte des alten Herrschers – oder des Herrschers des anderen Volkes? Augen schließen, tief durchatmen – half doch immer.

Ich spürte etwas auf mir, das sich wie erste Regentropfen anfühlte. Na komm schon, dachte ich mir, da geht doch noch mehr! Warum nicht gleich ein Gewitter? Die Richtung wusste ich ungefähr, und ich suchte nach etwas, das wie ein Weg aussah. Es war kühler geworden, gleichzeitig spürte ich eine innere Wärme. Vielleicht nur, weil ich so schnell marschierte, wie ich konnte? Etwas zuckte durch mich, kein klares Bild, aber … es ging Traian gut. Halbwegs. Ich spürte es auf einmal. Sogar das Brennen in meinem Hals war milder geworden.

Kommentare


tralalo
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 96
schrieb am 16.04.2022:
»Faszinierende Fantasie, sowohl erotisch wie auch von der Handlung gut, mit feiner Balance, erzählt. Mich stören die vielen abgebrochenen Andeutungen als Stilmittel, sie nehmen der Geschichte aber nicht die Qualität.«


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