Klassentreffen zu zweit
von GhostWriter
»Auf dem Küchentisch liegt eine Nachricht für dich, Schatz.«
Die Stimme seiner Frau hatte diesen süffisanten Unterton, der unterschwellig nahelegte, keine Umwege einzuschlagen, sondern sich direkt um eben diese Nachricht zu kümmern. Er kam gerade vom Joggen und hatte die Laufschuhe noch in der Hand, um keine hässlichen Spuren auf den hellen Fliesen zu hinterlassen. Der Gewitterregen war so überraschend gekommen, dass er keine Möglichkeit mehr gefunden hatte, seine Runde abzukürzen. Seine Kleider klebten an seinem Körper. Trotzdem hatte es einen Heidenspaß gemacht, durch den warmen Regen zu laufen und seine Laune war dementsprechend.
»Ich geh erst duschen, ich bin tropfnass«, rief er in keine bestimmte Richtung. Im Flur war es dunkel, die Rollläden in den angrenzenden Räumen waren wegen der Hitze draußen fast alle geschlossen. Der kurze Gewitterregen war abgezogen, als hätte er nie stattgefunden. Nur Holgers Klamotten schienen der stumme Beweis dafür zu sein. Seine Frau erschien im Durchgang zum Esszimmer und grinste.
»Schon zum zweiten Mal diese Woche.« Sie schüttelte amüsiert den Kopf, was ihren langen blonden Pferdeschwanz zum Wedeln brachte. Sie trat näher an ihn heran und half ihm aus dem Laufshirt, das ihm hartnäckig am Rücken klebte.
»Es gibt schlimmeres, als bei 30 Grad nass zu werden«, entgegnete Holger gut gelaunt. Das Shirt landete mit lautem Platschen auf den weißen Fliesen. Er fummelte an der Kordel seiner Hose. Als die Fingernägel seiner Frau über seinen Rücken strichen, zuckte er zusammen. Die Nägel glitten bis zum Bund seiner Shorts und sofort breitete sich eine wohlige Gänsehaut über seinen Oberkörper aus. Er spürte wie die Härchen seiner Arme sich aufstellten und die Haut in seinem Nacken zu kribbeln begann. Als er ihre Lippen auf seiner verschwitzen Haut spürte, drehte er sich irritiert zu ihr um. Sofort widmeten die manikürten Nägel sich seiner behaarten Brust. In ihren Augen lag ein verträumter Glanz. Sanft legte er ihr die Hände auf die Oberarme und hielt sie ein wenig auf Abstand, um sie ansehen zu können.
»Wo sind die Kids?«, fragte er.
»Nebenan. Anja hat das Planschbecken aufgestellt. Das Gewitter hat sie kurz nach drinnen vertrieben.«
Als ob seine beiden Kinder die Frage gehört hätten, hörte er durch die geschlossenen Rollläden und die gekippten Fenster seine Tochter kreischen und kurze Zeit später seinen Sohn ausgelassen schreien. Offenbar hatten die beiden ihren Spaß mit den zwei gleichaltrigen Kindern der Nachbarn. Es war nicht zu überhören, dass ihre Aktivitäten sich wieder von drinnen nach draußen verlagerten.
Die Finger seiner Frau hatten inzwischen seine Hände von der Kordel der Shorts verdrängt und entknoteten sie an seiner Stelle. Kaum dass der Zug am Bund geöffnet war, glitten ihre Hände in die Hose.
Sie fanden seinen hart werdenden Schaft und schlossen sich um die feuchte, warme Haut. Fast automatisch bewegte Holger seine Hüfte und ließ sich sanft von den Händen wichsen. Der Griff wurde fester und gerade als er nach unten greifen und die Hose abstreifen wollte, beugte sich Martina nach vorne und flüsterte in sein Ohr:
»Wer ist Silvia?« Jetzt packte sie ordentlich zu, als wolle sie die Tragweite der Frage damit unterstreichen.
»Keine Ahnung. Wie kommst du auf den Namen?«
»Sie hat hier angerufen und nach dir gefragt.« Ihre Nägel bohrten sich in seinen Schaft und Holger hatte alle Mühe sich dem harten Griff zu entziehen. Sie lockerte die Hände etwas, ließ ihn aber nicht los.
»Ich kenne keine Silvia.« Holger nahm die Sache nicht ernst. Er hatte sich nichts vorzuwerfen und an der Stimmlage seiner Frau erkannte er, dass sie die Szene auch nur gespielt dramatisch aufzog. Bis jetzt.
»Bist du dir da ganz sicher?« Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie mehr wusste, als sie preisgab. Ihr auffordernder Augenaufschlag war nur ein Anzeichen.
»Ich habe mit einer Silvia Abitur gemacht. Aber das ist...«, er zögerte und verfiel ins Grübeln.
»25 Jahre her«, half Martina ihm beim Nachrechnen. »Und du hast Glück, es war die richtige Antwort.«
Sie grinste und streichelte seinen Schwanz, als wolle sie ihn belohnen, dass er die Wahrheit gesagt hatte.
»Sie hat angerufen«, war ihre Antwort auf seinen fragenden Blick und sein Stirnrunzeln. »Erst bei deinen Eltern, dann hier, nachdem sie von deiner Mutter die Nummer hatte. Sie trommelt deine alte Klasse zusammen für ein 25-jähriges Klassentreffen.« Die Hand an seinem Schwanz fühlte sich jetzt richtig gut an und just in dem Moment als er ihr eine Hand auf den Busen legte, knallte die Terrassentür.
Ihre zehnjährige Tochter Lena stürmte herein. Gefolgt von Ben, ihrem braunen Labrador, der wild mit dem Schwanz wedelnd um sie herum strich und versuchte sie umzuwerfen.
»Maaaaami«, kreischte Lena durchs Wohnzimmer und hatte schon fast die Diele erreicht, als Holger und Martina endlich voneinander abrückten und sich züchtig, mit Abstand nebeneinander aufstellten. Gerade noch rechtzeitig hatte Martina die Hand aus seiner Hose gezerrt und Holger die nach unten gerutschte Shorts wieder gerade gezogen. Lena hatte nichts bemerkt. Nur Ben schien genau zu wissen wobei er sie überrascht hatte, denn seine treuen Hundeaugen hatten diesen wissenden Glanz. Hätte er gezwinkert, Holger wäre nicht eine Sekunde überrascht gewesen.
Während seine Frau und seine Tochter nach oben gingen, um irgendwelche Spielsachen zu holen, kümmerte er sich um die Nachricht auf dem Küchentisch. Silvia Benz, TO, 25, sowie RR und eine Handynummer standen auf dem Zettel.
TO dachte er melancholisch. Da war doch was. Wie immer, wenn er an die alte Schule dachte, tauchte unweigerlich das Bild von Rosa vor seinem inneren Auge auf. Seiner Lehrerin, mit der er in den letzten Wochen des letzten Schuljahres, so etwas wie ein Verhältnis gehabt hatte. Nicht so etwas wie, korrigierte er sich. Damals war es sehr viel mehr für ihn gewesen, als ein Verhältnis. Und noch heute war er sich sicher, dass es das auch für sie gewesen war. Die letzten Wochen nach dem Abitur und der darauffolgende Sommer, waren noch immer fest in seinem Gedächtnis verankert. Er dachte nicht mehr so oft daran wie früher, aber gerade jetzt, da er den Zettel in Händen hielt und den Namen seiner alten Schule las, waren die Erinnerungen wieder so lebhaft, als wäre es erst gestern gewesen.
Er hatte sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht. Nach seiner Ausbildung und vor der Bundeswehr. Damals, mit neunzehn, auf der Technischen Oberschule in Karlsruhe, war er mit Rosa auf seinem Motorrad durch die Stadt gefahren. Sie hatten sich regelmäßig an einem Baggersee geliebt. An einem stillen Plätzchen, an dem nur abends ein paar Angler auftauchten, nachdem sie längst wieder weg waren.
Am nächsten Tag saß er in ihrem Unterricht und kam sich vor wie in einem billigen Film. Jeden Tag hatte er damit gerechnet, dass der Traum zerplatzte wie eine Seifenblase und vielleicht war deshalb noch so viel von früher in seinen Gedanken präsent. Weil sie jeden Tag ausgekostet hatten, als wäre es der letzte.
Ihr Mann hatte nichts von all dem gewusst. Auch in ihrem Ehebett hatte sie ihm allerhand beigebracht. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen erinnerte er sich an so manchen überraschten Ausruf, den sie ihm entlocken konnte. Er glaubte ihre glatte, verschwitzte Haut auf seiner nackten Brust zu spüren und plötzlich überkam ihn erneut eine Gänsehaut.
Wie alt mochte sie inzwischen sein, dachte er. Er versuchte es im Kopf zu überschlagen. Er war neunzehn gewesen. Sie knapp dreißig. Achtundzwanzig glaubte er sich zu erinnern. Heute war er vierundvierzig. Sie musste also...etwa dreiundfünfzig sein. Wahnsinn. Ob es ihr gut ging? Was sie wohl heute machte? Ob sie noch in den Staaten lebte? Ob sie überhaupt noch lebte?
Er hing seinen Gedanken nach, während er in der Küche stand und den Zettel anstarrte, den seine Frau ihm geschrieben hatte. Seine Augen fixierten die Zahl. 25. Wie die Zeit verging. Verstohlen blickte er über die Schulter. 25 Jahre. Mittlerweile war er seit 15 Jahren verheiratet, hatte zwei Kinder, ein Haus und war aus dem gröbsten heraus. Aus dem gröbsten heraus, lachte er bei dem Gedanken mit sich selbst. Du klingst wie ein alter Mann. Als wolle er sich in seine Gedanken drängen, ließ Ben sich vor seinen Füßen auf den kühlen Fliesenboden fallen und blickte aus seinen braunen Augen zu ihm auf.
»Und einen Hund«, fügte Holger grinsend hinzu und bückte sich, um Ben hinter den Ohren zu kraulen. Der Labrador brummte zufrieden und legte den Kopf auf seine ausgestreckten Vorderbeine.
Holger blieb wo er war, sank mit nacktem Oberkörper und barfuß neben dem Hund auf den Boden und fischte das Handy von der Tischplatte. Silvia nahm beim zweiten Klingeln ab. Er saß noch auf dem Boden und telefonierte mit ihr, als Lena und seine Frau längst drüben bei den Nachbarn waren und im Schwimmbecken planschten. Nur Ben leistete ihm treu Gesellschaft.
Abends, nachdem die Kinder im Bett waren und sie nebeneinander auf der Couch lagen, erzählte er Martina von dem Telefonat. Silvia war seit Wochen dabei die alte Klasse zusammen zu trommeln, um sie zu einem Jubiläumstreffen einzuladen.
»Warst du eigentlich je auf einem Klassentreffen von der Abi-Schule?«, fragte Martina nach einer Weile. Holger schüttelte den Kopf. Er blieb eine Antwort schuldig und nach einer Weile hakte Martina nach:
»Warum nicht?« Holger wusste den Grund ganz genau, aber er wollte ihn nicht verraten. Er hatte sich die Frage schon öfter gestellt. Genauer gesagt schon mindestens vier Mal, alle fünf Jahre, wenn jemand versucht hatte, ihn auf eines der runden Jubiläen einzuladen. Jedes Mal hatte er sich mit einer Ausrede davor gedrückt, weil er vermeiden wollte, Rosa zu begegnen. Obwohl er sich jedes Mal eingeredet hatte, dass sie bestimmt nicht kommen würde, hatte er doch jedes Mal gekniffen und war nicht hingegangen.
Martina sah ihn erwartungsvoll an. Er hatte keine Geheimnisse vor seiner Frau, doch diese eine Beziehung hatte er immer vor ihr verborgen. Obwohl sie lange vor Martinas Zeit lag. Wenn er in der Vergangenheit daran gedacht hatte, es ihr zu erzählen, hatte ihn immer das befremdliche Gefühl beschlichen, dass sich all seine Erinnerungen an dieses Erlebnis in Luft auflösen würden, wenn er jemandem davon erzählte.
»Das waren nur zwei Jahre«, antwortete er lapidar. »Ich treffe mich noch mit denen aus der Realschule, weil die alle noch irgendwo in der Nähe wohnen und mit denen aus der Ausbildung. Mit denen aus dem Abitur hatte ich danach nie mehr richtig Kontakt.«
»Also ich gehe gern auf Klassentreffen.«
»Ich weiß. Du hast es ja auch gut erwischt und hast ordentlich was zum Angeben.« Er gluckste und wurde mit einem Hieb auf den Oberarm belohnt.
»Und du hast nichts zum Vorzeigen?«, erwiderte sie brüsk. Ben hob auf der anderen Seite den Kopf und spitzte die Ohren, weil Martina die Stimme erhoben hatte. Vermutlich wollte er sichergehen, dass er nicht gemeint war. Ohne eine Antwort abzuwarten, fügte sie hinzu: »Ich denke du solltest hingehen.«
Das dachte Holger auch, aber der Gedanke an Rosa hielt ihn trotzdem lange wach in dieser Nacht. Aber das Letzte an das er sich danach noch erinnern konnte, war sich vorgenommen zu haben, dieses Mal keinen Rückzieher zu machen.
Diesen Gedanken musste er sich noch mehrmals ins Gedächtnis zurück rufen. Zuletzt am Abend des Klassentreffens. Er stand bereits in Anzug und Krawatte vor dem großen Schlafzimmerspiegel und fragte sich zum wiederholten Mal, ob er wirklich gehen wollte und wie er sich verhalten würde, wenn Rosa tatsächlich erschien. Wie immer war sein nächster Gedanke der, dass Rosa Herzog nur ein halbes Jahr ihre Klassenlehrerin gewesen war. Das wäre in etwa so, als würde der Aushilfs-Sportlehrer, oder die Putzfrau erscheinen. Sie würde bestimmt nicht kommen. Andererseits war sie auch bei seinen Mitschülern sehr beliebt gewesen und das damalige Ereignis hatte sie alle getroffen. Die würden sich bestimmt freuen, wenn sie kommen würde. Und überhaupt, woher konnte er wissen, dass sie nicht an allen vorherigen Treffen teilgenommen hatte? Er selbst war ja nie dort gewesen und hatte auch mit niemandem über die vergangenen Treffen gesprochen.
Er fragte sich, wie er so gedankenverloren gewesen sein konnte, Silvia nicht nach Rosa gefragt zu haben. Vermutlich weil es sich genauso verhielt wie mit seiner Frau. Er konnte einfach mit niemandem über Rosa reden. Es war wie der Geist in der Flasche. Er traute sich nicht den Korken zu öffnen.
Sie waren ein Jahr und vier Monate zusammen gewesen. Zum Beginn des zweiten der beiden Schuljahre, wurde Rosa als Referendarin der Klasse zugewiesen. Sie nahm am Unterricht teil und lernte von den alten Hasen, die vorne ihr Programm abspulten. Die Klasse war dicht gedrängt, es gab nur wenige freie Plätze, meist hielt sie sich im hinteren Teil auf. Dann brach sich Holgers Freund und Banknachbar das Becken während eines Radunfalls über die Herbstferien und in den Wochen vor den Winterferien, rückte Rosa auf den freien Platz neben Holger vor. Sie lernten sich kennen und mögen. Versteckt. Heimlich. Vorsichtig.
Dann wurde ihr Klassenlehrer schwer krank. Innerhalb kürzester Zeit verstarb er an äußerst aggressivem Krebs. Die Schulleitung entschied aufgrund von akutem Personalmangel, dass Rosa die Klasse durchs Abitur führen sollte. Sie löste die Aufgabe mit Bravour. Holger und Rosa musste mehr denn je aufpassen, um die startende Karriere von Rosa Herzog nicht schon im Keim zu ersticken. Was zweifellos der Fall gewesen wäre, nicht nur weil sie sich das als junge Lehrerin mit einem Schüler nicht erlauben durfte, sondern weil sie mit ihren achtundzwanzig Jahren bereits sechs Jahre verheiratet war. Zwar bestand ihre Ehe zum damaligen Zeitpunkt praktisch nur noch auf dem Papier, doch der Skandal wäre trotzdem groß gewesen.
Sie verhielten sich ruhig und blieben vorsichtig. Bis zum Sommer. Als das Schuljahr endete und Holger zur Bundeswehr ging, lebte ihre Beziehung auf. Sie versteckten sich nicht mehr zuhause oder an heimlichen Plätzen. Die drei Monate seiner Grundausbildung, die er in Dillingen an der Donau verbrachte und nur am Wochenende nach Hause durfte, waren eine Qual. Die restlichen neun Monate seiner Dienstzeit verbrachte er in Philippsburg, nur einen Steinwurf von Karlsruhe entfernt. Sie sahen sich jeden Abend und wenn er nicht in der Kaserne schlafen musste, wohnte er bei ihr. Während er seine Grundausbildung absolviert hatte, war sie bei ihrem Ehemann ausgezogen und in eine kleine Zweizimmer Wohnung gezogen. Er hatte Pläne für das Studium, doch das was er studieren wollte, konnte er nicht in Karlsruhe studieren. Sie haderten und überlegten. Er zerbrach sich den Kopf über die Alternativen. Dann bekam sie ein Angebot zu einem Auslandsaufenthalt in den Staaten. Das Kopfzerbrechen wurde doppelt anstrengend. Am Ende entschieden sie sich für die Karrieren. Rosa ging auf eine Privatschule in Boston, Holger begann sein Studium in München. Sie wussten, dass ihre Fernbeziehung nicht bestehen würde. Und doch hatten sie sie offiziell nie für beendet erklärt. Holger lernte seine zukünftige Frau während des Studiums kennen, heiratete, baute ein Haus und bekam die Kinder. Rosa blieb in den Staaten und...verschwand einfach aus seinem Leben.
Er war viel zu früh dort, stand auf dem Parkplatz und war gespannt, wen er überhaupt noch erkennen würde. Fünfundzwanzig Jahre waren eine lange Zeit, um einen Menschen zu verändern. Der Abend war warm. Er stand mit seinem Auto etwas abseits, hatte die Fenster auf beiden Seiten geöffnet und wartete. Es war kurz nach 19 Uhr, die Sonne stand noch am Himmel, zog sich aber langsam hinter die höchsten Häuser zurück und tauchte den Rand des Parkplatzes in sich langsam ausdehnenden, kühlenden Schatten.
Er musste nur ein paar Minuten warten, bis die ersten bekannten Gesichter aus ihren Autos stiegen, sich lachend und johlend gegenseitig erkannten, sich auf die Schultern klopften und wild gestikulierend zu der Gaststätte schlenderten, in der sie sich ab 19:30 Uhr treffen wollten. Seine Unruhe war ihm nur allzu bewusst. Zum wiederholten Male wischte er die feuchten Handflächen an seinen Hosenbeinen ab.
Grob im Kopf überschlagen, müsste seine Klasse aus etwa 20 Männern und vier Frauen bestanden haben.
Die Männer musste er schätzen, an die vier Frauen erinnerte er sich noch. Er rechnete damit, dass mehr als die Hälfte, aber nicht alle erscheinen würden. Also zwölf bis zwanzig Personen. Zehn hatte er bereits gezählt und eben, kurz nach halb acht Uhr, trafen drei weitere beinahe gleichzeitig ein. Bislang waren es nur ehemalige Schüler gewesen. Keine Lehrer. Holger atmete tief durch und zählte von zehn rückwärts. Als wolle er dem Schicksal noch einen Augenblick Zeit geben, um einzuschreiten. Es schritt nicht ein. Er war bei Null angekommen, doch die Welt existierte einfach weiter wie zuvor. Jedenfalls innerhalb seines begrenzten Wahrnehmungsbereichs.
Er drückte die Knöpfe für die Fensterheber. Die Stellmotoren summten. Er blickte nach rechts, um die Scheibe beim hochfahren zu beobachten und schaute plötzlich direkt in Rosas Gesicht. Er zuckte zusammen und sein Finger rutschte von der Taste für den Fensterheber. Die Scheibe blieb halb geöffnet. Rosa stand keine zehn Meter neben seinem Wagen, unter einer weit ausladenden Eiche. Im Halbdunkel des Baumschattens hob sich ihr Gesicht nur undeutlich vom dunklen Hintergrund ab, doch er hatte sie sofort erkannt. Und sie ihn auch, denn es schien, als stünde sie dort schon länger. Als sie bemerkte, dass er auf sie aufmerksam geworden war, lächelte sie verlegen. Ihr Kopf neigte sich ein wenig zur Seite und ihre Arme hoben sich ein wenig. Die Handflächen zeigten nach vorne.
‚Überraschung‘, war die Stumme Aussage der Geste. Sie trug die Haare offen und hatte noch dieselbe wilde Lockenmähne, wie vor fünfundzwanzig Jahren. Und es schien, als wären sie noch immer so tiefschwarz wie damals. Sie trug ein weißes Sommerkleid, das ihr bis knapp über die Knie reichte. Es flatterte luftig um ihren Körper. Dort wo die Scheibe der Beifahrerseite begann, schimmerte es grünlich aufgrund der Thermoverglasung seines Wagens. Oberhalb der Scheibe strahlte es weiß.
Langsam, beinahe zaghaft trat sie aus dem Schatten der Eiche heraus und näherte sich dem Wagen. Sie ging elegant auf schwarzen High-Heels, deren Absätze Holger über den Parkplatz klackern hörte. Sie war noch immer schlank und grazil. Eine Aura von Anmut und Eleganz umgab sie, während sie sich der Beifahrerseite näherte. Sie musste sich bücken um durch die Scheibe zu sehen und lehnte sich dabei weit nach vorne. Das luftige Sommerkleid gab einen tiefen Einblick preis. Sie war sich dessen bewusst, daran bestand für Holger kein Zweifel. Er versuchte es zu vermeiden, ertappte sich aber trotzdem bei einem schnellen Blick auf einen weißen Spitzen-BH. Ein Hauch von Parfüm wehte in das Auto wie eine Wolke, die sie vor sich herschob.
»Hallo Holger«, sagte sie leise.
»Hallo Rosa«, gab er fast genauso leise zurück und wunderte sich im selben Augenblick, über den fremdartigen Klang seiner Stimme. Es entstand eine kleine Pause, in der sie sich in die Augen sahen und nicht recht wussten, wie sie sich verhalten sollten. Holger löste die Situation in dem er sagte:
»Setz dich doch.« Er deutete auf die leere Sitzfläche seines Beifahrersitzes. Rosa nickte, trat von der Scheibe weg, öffnete die Tür und ließ sich in den ledernen Sportsitz mit den hohen Flanken gleiten. Das Kleid rutschte über ihre Knie. In einer automatischen Bewegung klemmte sie den Saum zwischen ihre Beine, stellte die Füße mit den hohen Schuhen dicht nebeneinander und presste sich ein kleines schwarzes Handtäschchen in den Schoß. Während sie sich ihm zuwendete und gleichzeitig die Tür hinter sich zu zog, stieß ihr Knie gegen die hohe Mittelkonsole. Sie lehnte mit der linken Schulter an der Rückenlehne. Hätten sich beide nur ein wenig nach vorne gebeugt, hätten sie sich küssen können, doch keiner der beiden schien sich zu trauen.
Hölzern und unbeholfen streckte Holger seine Hand aus, die Rosa ergriff und schüttelte. Ihre Hand war warm, der Griff fest. Sie lächelte. In ihrem Gesicht las Holger die gleiche Unsicherheit die er selbst verspürte.
»Gut siehst du aus«, sagte er, nachdem sie ihre Hand zurück gezogen hatte. »Richtig gut.« Er nickte, als wolle er seine Aussage damit unterstreichen und kam sich sofort furchtbar dämlich vor. Aber sie sah wirklich verdammt gut aus und er wusste einfach nicht, wie er das anders ausdrücken hätte sollen, außer es noch deutlicher zu sagen.
»Du auch«, sagte sie und nickte ebenfalls. Ihre Mundwinkel umspielten ein Lächeln. Sie war nur dezent geschminkt, trug ein wenig hellroten Lippenstift, der ihre dunkle Haut und die schwarzen Locken betonte und wohl ein klein wenig Rouge. Er musterte ihr Gesicht und es schien ihr peinlich, dass er sie so lange anstarrte.
»Ich bin fünfundzwanzig Jahre älter geworden«, sagte sie und zuckte dabei mit den Schultern. »Schau nicht so genau hin.«
»Du siehst toll aus«, versicherte Holger. »Ich kann kaum glauben, wie schön du bist.« Der zweite Satz kam völlig ungeplant und Holger zuckte leicht zusammen, als er ihn ausgesprochen hatte. Er spürte wie das Blut in seine Wangen schoss und wäre am liebsten tiefer in seinen Sitz gerutscht. Aber nun hatte er ihn ausgesprochen und daran war nicht mehr zu rütteln. Er fühlte sich als wäre er wieder neunzehn und schüchtern. Er wollte tausend Fragen gleichzeitig stellen, doch keine schien ihm über die Lippen kommen zu wollen. Sekundenlang schauten sie sich einfach nur an. Aber das Schweigen war nicht unbehaglich. Es wirkte beruhigend.
»Stehst du dort schon lange?«, fragte Holger nach einer Weile. Die Frage kam ihm von den tausend möglichen, wie die allerdümmste vor. Zum einen Stand sie mittlerweile nicht mehr dort, sondern saß hier neben ihm, zum anderen tat es überhaupt nichts zu Sache. Aber Rosa nickte nur und gab verhalten zu:
»Ja, schon eine ganze Weile.« Sie schien noch etwas hinzufügen zu wollen, sagte aber nichts mehr.
»Warst du auf den bisherigen Treffen?«, fragte sie stattdessen nach einem Moment der Stille.
»Nein«, gab er kopfschüttelnd zu. »Ist mein erstes.« Sie nickte als Zeichen, dass es bei ihr genauso war, obwohl die Frage die Antwort ja bereits beinhaltet hatte.
Holger hatte das Gefühl, langsam wieder zu sich selbst zu finden und die erste Überraschung überwunden zu haben. Mit neuem Mut erklärte er:
»Ich hatte Angst du wärst auch da. Ich hatte auf alle vier runden Klassentreffen zugesagt und bin auf alle vier etwa so weit gekommen wie jetzt gerade.« Er grinste verlegen. Mit einem entwaffnenden Lachen nahm sie ihm die Scheu weiter zu sprechen. »Ich habe mir jedes Mal stundenlang zurecht gelegt, was ich sagen würde, wenn ich dich sehe und jedes Mal konnte ich mich an keinen einzigen Satz mehr erinnern, als ich hier stand.« Sie blickten sich nach wie vor in die Augen, während er beichtete. »Also bin ich irgendwann einfach wieder heimgefahren.« Rosa nickte verständnisvoll.
»Ich war nicht auf alle eingeladen, aber mir ging es heute genauso. Nur dass ich aus Frankfurt angereist bin und einfach wieder umzudrehen, wäre irgendwie blöd gewesen.« Sie lachte bei dem Gedanken.
»Aber ich muss zugeben, während ich dort unter dem Baum stand und du noch nicht da warst, da ging mir die Idee durch den Kopf.« Ihr Blick schien sich zu intensivieren als sie hinzufügte:
»Doch dann hast du geparkt und damit war das keine Option mehr.« Sie nahm seine Hand, die er auf dem Wählhebel des Automatikgetriebes liegen hatte. Vorsichtig und zärtlich, als wolle sie ihm unter keinen Umständen wehtun, strich sie über seine Finger.
»Vielleicht sollten wir uns einfach keine Gedanken machen, was wir sagen, oder worüber wir sprechen?« Sie beugte sich ein wenig nach vorne. Ihre Lippen berührten sich beinahe. Er spürte ihren warmen Atem über seine Wangen streichen. Sie hielt noch immer seine Hand und legte sie jetzt auf die Außenseite ihres Oberschenkels. Da sie schräg im Sitz saß, musste er sich nicht mal strecken. Die Haut war warm und glatt und schien Holger zu elektrisieren. Gänsehaut breitete sich auf seinen Armen aus. Mit geschlossenen Augen, als wolle sie die Berührung mit allen Sinnen genießen, führte Rosa seine Hand ein wenig höher. Im Moment in dem seine Finger den Saum des Kleides erreichten, entfuhr ihr ein wohliger Seufzer. Als würde sie sich an etwas Schönes erinnern, an das sie lange nicht gedacht hatte.
Ihre Lippen fanden sich. Für einen kurzen Augenblick schien die Zeit still zu stehen und alles um Holger herum verstummte. Die Welt außerhalb des Autos hörte auf zu existieren und da war nur noch Rosa. Ihre weichen Lippen, der Duft ihrer Haare, das Gefühl ihrer Haut unter seiner Hand. Ihre Zunge, die sich fordernd in seinen Mund schob und ihr Atem, der über seine Wangen strich. Er spürte ihre Hand an seinem Hals. Ihr Daumen strich über sein Ohr, die Finger gruben sich in seine Haare und er war wieder neunzehn. Er glaubte die Hitze der Sommersonne auf seinem Rücken zu spüren. Den Sand, der auf seiner verschwitzten Haut klebte und die plattgedrückten Grashalme an seinen Beinen, die sich durch das Badetuch abzeichneten auf dem sie lagen. Er hatte wieder den Geruch von Sonnencreme und abgestandenem Wasser in der Nase, der so typisch für einen Baggersee im Hochsommer war und er glaubte in der Ferne, das Rufen und Schreien der Kinder zu hören. Sie lagen in ihrer kleinen Bucht, weit ab von all dem Trubel, uneinsehbar für die anderen Badegäste, umgeben von einem breiten Schilfgürtel an der einen Seite und einem dichten Brombeergestrüpp auf der anderen. Oberhalb ihres kleinen privaten Sandstrandes ein kleines Wäldchen, durch den ein kaum sichtbarer Pfad verlief, den nur ein paar Angler kannten und zu ihren Füßen das Wasser, das in seichten Wellen an ihren kleinen Strand gespült wurde.
Er hatte jedes Zeitgefühl verloren und wusste nicht wie lange sie sich in den Armen hielten und küssten. Als er die Augen aufschlug und in die Realität zurück katapultiert wurde, zuckte er zusammen. Rosa erschrak und ruckte etwas von ihm ab. Ihre Lippen lösten sich nach schier endloser Zeit. Sein Kopf ruckte in alle Richtungen, seine Augen versuchten alles in seiner Umgebung gleichzeitig zu erfassen. Er fühlte sich ertappt, überrascht und so seltsam klar im Kopf, als hätte ihm jemand eine Ohrfeige verpasst, um ihn in sein Leben zurück zu versetzen. Sein Blick blieb am Innenspiegel hängen, an dem eine kleine Holzfigur baumelte, mit Engelsflügeln aus Watte am Rücken und kleinen, klobigen Füßen, die an Schnüren direkt aus seinem Bauch wuchsen. Der Glücksbringer, den Lena für ihn gebastelt hatte und den sie ihm geschenkt hatte, nachdem er den Audi gerade neu aus dem Werk in Neckarsulm abgeholt hatte. Das war vor einem Jahr gewesen und in dem Moment, in dem er Paul den Glücksengel, wie Lena ihn getauft hatte, ansah, traf ihn sein schlechtes Gewissen mit solcher Wucht, dass ihm schlecht wurde.
Rosa folgte seinem Blick. Sie nahm den Engel behutsam in die Hand und hielt ihn in ihrer Handfläche.
»Von einem deiner Kinder?«, fragte sie und blickte von Paul dem Glücksengel zu Holger. Er nickte und hatte plötzlich das Gefühl, Rosa verbieten zu müssen, den Engel anzufassen. Als würde das seine Schuld mindern. Aber sie ließ den Engel auch so wieder los, worauf er unschuldig an seiner Schnur pendelte, die ihm aus dem Rücken zu wachsen schien.
»Von meiner Tochter«, erklärte Holger. »Lena. Sie ist zehn. Wir haben noch einen Sohn. Tom. Die beiden sind Zwillinge.«
»Wie lange bist du verheiratet?« fragte Rosa während sie sich in ihren Sitz zurück sinken ließ.
»15 Jahre.« Holgers Blick hing noch immer an Paul. Es dauerte noch einen Augenblick bis er sich davon losreißen konnte und sich wieder an Rosa wandte.
»Und du? Lebst du noch in den Staaten?«
»Ja, ich habe auch wieder geheiratet und habe zwei Töchter. Nancy und Karen. Sie sind 12 und 14. Wir wohnen noch in der Nähe von Boston. Ich bin noch immer an derselben Schule.« Sie nickte als wolle sie unterstreichen, dass es ihr gut ging und sie zufrieden war. »Meine Eltern feiern am Sonntag ihre Goldene Hochzeit. Sie wohnen inzwischen in Frankfurt. Deshalb bin ich überhaupt nur gekommen. Wir sind gestern rüber geflogen und bleiben bis Dienstag. Ich habe mir für heute Nacht ein Hotel genommen und fahre morgen wieder zu ihnen.«
Ein Augenblick des Schweigens folgte auf den kurzen Statusbericht ihrer privaten Situation. Holger war völlig unschlüssig wie es weitergehen sollte und fand keine Worte. Zum Glück sprang Rosa ein.
»Möchtest du jetzt reingehen?« Sie deutete mit dem Finger zu dem Durchgang, durch den alle anderen Klassenkameraden gegangen waren. Fast automatisch warf Holger einen Blick auf die Uhr im Armaturenbrett. 19:46 Uhr.
Er blickte Rosa in die Augen und schüttelte stumm den Kopf. Ihre Mundwinkel umspielten ein Lächeln.
»Ich auch nicht«, sagte sie. »Hast du eine andere Idee?« Sie sagte das in völlig neutralem Ton, ohne doppeldeutig zu klingen. Holger zuckte unschlüssig die Schultern. Sein Blick huschte zu Paul dem Glücksengel, als erhoffe er sich von dort eine Antwort. Rosa nickte verständnisvoll. Ihre schwarzen Augen nahmen einen melancholischen Glanz an. Bestimmt hatte sie sich das Wiedersehen anders vorgestellt, dachte Holger. Aber hatte er das nicht auch? Natürlich hatte er das. Egal wie sehr er sich auf ein neutrales Wiedersehen eingestellt hatte, am Ende seiner Fantasien, die er die letzten Wochen seit der Einladung durchlebt hatte, war er immer mit Rosa im Bett gelandet. Oder am Baggersee. Dort hatte es nie ein Gewissen seiner Familie gegenüber gegeben. Und nie einen Glücksengel der ihn anklagend anstarrte.
»Hast du Hunger?« Holger musste beinahe lachen, nachdem er die Frage gestellt hatte und Rosa schien es ähnlich zu gehen. Vielleicht war es aber auch die Erleichterung die beide verspürten, dass es wenigstens einen akzeptablen Vorschlag gab, wie es weitergehen sollte. Rosa nickte lächelnd.
»Ich könnte tatsächlich etwas vertragen!« Sie griff nach dem Sicherheitsgurt und legte ihn an. Holger nahm das als Zeichen auf, dass sie einverstanden war, dass sie von hier weg fuhren und er als Ortskundiger die Auswahl traf. Andererseits hatte sie lange Jahre selbst in Karlsruhe gelebt.
»Hast du einen besonderen Wunsch?« fragte er deshalb. Sie gab keine Antwort. Stattdessen sah sie ihn nur vielsagend an und zwinkerte. Es dauerte einen Augenblick, doch dann verstand Holger. Er nickte zur Bestätigung.
»Ja, ich glaube den gibt es noch.« Beim Gedanken an den schummrigen Italiener an den sie dachte, musste er schmunzeln. Und er sah aus den Augenwinkeln, dass es ihr ganz genauso ging. Er startete den Audi und rollte langsam vom Parkplatz. Rosa machte keine Anstalten ihre Scheibe hochzufahren, also fuhr er seine auch zur Hälfte herunter und schaltete die Klimaanlage aus. Der Wind der durch die Fenster wehte, war lauwarm und roch nach Abend. Der Thermometer im Armaturenbrett zeigte angenehme 26 Grad Außentemperatur an. Sie rollten langsam durch die Straßen. Der Feierabendverkehr war vorüber, die ersten Nachtschwärmer waren unterwegs. Nicht überraschend an einem Freitagabend kurz vor 20 Uhr.
Rosa rückte im Sitz zurecht. Sie öffnete ein wenig ihre Beine und drückte das Kleid dazwischen auf den Sitz, weil der Fahrtwind es versuchte nach oben zu wehen. Sie behielt die Hand dort. Die neue Haltung gab deutlich mehr Haut an ihren Oberschenkeln preis als vorher. Holger konnte sich nur mit Mühe auf die Straße konzentrieren. Sie näherten sich einer Ampel und während der Audi langsam ans Ende der Autoschlange rollte, gerieten sie unter den Lichtkegel einer Straßenlaterne, die von der Beifahrerseite das Innere des Wagens erhellte. Rosas Schenkel schienen unter dem künstlichen Licht der Laterne zu leuchten. Lichtreflexe spiegelten sich auf der nackten Haut und Holger hatte das schier unmenschliche Verlangen, an den Innenseiten entlang zu streichen, die glatte zarte Haut unter den Fingerspitzen zu spüren und sich ihrem Lustzentrum zu nähern. Er spürte die zarte, mit sommerlicher Bräune belegte Haut beinahe an seinen Fingern. Gleichzeitig spürte er ganz deutlich etwas anderes, nämlich das erneute Aufbegehren seines eigenen Lustzentrums. Dem wurde es langsam zu eng in seiner Anzughose.
Erst das Hupen des Wagens hinter ihm, riss ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken trat er ein wenig zu heftig aufs Gaspedal und die 333 Pferdestärken des schweren Audis, machten einen Satz nach vorne. Dort war längst keine Gefahr mehr, denn die Autos vor ihm hatten bereits einen ordentlichen Vorsprung.
Er warf Rosa einen schnellen Blick zu und sah gerade noch, wie sie grinsend das Gesicht abwendete und aus dem Beifahrerfenster blickte. Das Blut schoss ihm ins Gesicht. Zum Glück war es dunkel genug um sein Erröten zu vertuschen. Sie kamen nicht weit. Die berühmte rote Welle, schien sich wieder einmal an allen Karlsruher Ampeln auf ihn eingestellt zu haben. Es war wie ein Wink des Schicksals. Als sollte er den kleinen Italiener gar nicht erreichen, sondern einfach immer weiter mit ihr durch die laue Sommernacht fahren und sich an diesen wunderschönen Beinen ergötzen, die da lang und schlank auf seinem Beifahrersitz lagen. Sie ertrug die Ampelstops mit stoischer Ruhe. Die Stille war nicht unangenehm. Im Gegenteil. Die Luft knisterte regelrecht zwischen ihnen und es schien, als wären sie beide nur einen Funken davon entfernt, ungehemmt übereinander herzufallen.
Holger fragte sich pausenlos, was ihn davon abhielt und selbst Paul der Glücksengel, konnte ihm immer seltener die Antwort geben. Er wollte nicht zwei weitere Stunden mit Rosa vor einer Pizza sitzen. Er wollte sie spüren, sie berühren, sie liebkosen und sie verwöhnen. Er wollte von ihr verwöhnt werden. Spüren und Sehen wie ihr Körper sich verändert hatte und es in seinem Gehirn abspeichern. Vielleicht für die nächsten fünfundzwanzig Jahre, darüber machte er sich im Moment keine Gedanken. Für die nächsten Stunden würde ihm schon reichen. Sein Schwanz drohte in seiner Hose zu platzen. Egal wie unauffällig er auf seinem Sitz hin und her rutschte, er glaubte den Druck nicht mehr länger auszuhalten. Er starrte Paul den Glücksengel an, doch von dem fröhlichen aufgemalten Grinsen der Holzpuppe, war nur eine verzerrte Fratze übrig geblieben, die ihn zu verspotten schien. ‚Du blöder Hund‘ ätzte die Puppe grinsend. ‚Du lässt die Liebe deiner Jugend erneut aus den Händen gleiten bis es zu spät ist. Ein für alle Mal.‘
Das war nicht der anklagende Ton den er von der Puppe kannte. Das war eine Aufforderung.
Dann tauchte Lena vor seinen Augen auf und überreichte ihm mit einer kindlichen Freude, wie nur neunjährige Mädchen sie aufbringen können, die Holzpuppe und er sah sich zusammen mit Tom und Martina die Puppe im Spiegel anbringen. Er hörte Lena nach Ben rufen, der sofort parat stand, in den Kofferraum des Kombis sprang und als erster bereit war, für die Testfahrt mit Paul dem neuen Glücksengel. Sie vollführten eine wilde Fahrt um die Stadt, immerhin musste Paul zeigen was er drauf hat, so Tom und die 333 PS des Audis wurden schon in der Einfahrt zur Freude aller Nachbarn, beinahe vollständig aktiviert.
»Ist alles ok mit dir?« Rosas Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er blickte nach vorne, aber dort war keine Ampel und auch im Rückspiegel war alles in Ordnung. Er rollte einfach auf Autopilot durch die Straße und konnte sich nicht mehr an die letzten zwei Minuten erinnern.
»Ja.« Sagte er. »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.« Er warf ihr einen schnellen Blick zu und konzentrierte sich wieder auf die Straße.
»Du bist keine neunzehn mehr und ich keine achtundzwanzig«, schien sie seine Gedanken zu erraten. »Du bist vierundvierzig und ich...« sie stockte einen Moment. »Achtundvierzig.« Es dauerte eine Sekunde, bis Holger die fünf Jahre, die auf ihrer Seite fehlten bemerkt hatte, dann brachen sie beide in ein befreiendes Lachen aus.
»Du hast recht«, sagte er nickend. »Aber immer wenn ich in den vergangenen Jahren an dich gedacht hatte, dann war ich es noch.« Er zögerte einen Augenblick. »Ich habe dich nie in meinem jetzigen Leben gesehen. Und nie daran gedacht, dass wir nicht einfach dort weitermachen können, wo wir aufgehört hatten. Das klingt bescheuert, oder?«
Rosa schüttelte den Kopf. »Nein, tut es nicht. Weißt du warum?« Sie wartete die Antwort nicht ab. »Weil ich genau weiß was du meinst. Mir geht es nämlich ganz genauso!« Holger dachte einen Augenblick darüber nach, was sie gesagt hatte. »Aber du kannst deine Frau und deine Kinder auch morgen noch lieben«, fügte sie leise hinzu und ließ damit keine Zweifel offen, woran auch sie für diesen Abend gedacht hatte. »Wir könnten doch heute Abend einfach nochmal neunzehn und achtundzwanzig sein«, sagte sie noch leiser. »Dann wäre doch morgen alles noch beim Alten.« Sie schmunzelte selbst ob der lahmen Ausrede, doch in ihren Augen lag ein Glanz, den Holger so noch nie gesehen hatte. Er suchte den Blick von Paul dem Schutzengel. ‚Wer bist du Jungspund‘, fragte Paul. ‚Dich kenne ich erst in fünfundzwanzig Jahren.‘ Pauls Fratze wurde wieder zu seinem sympathischen Grinsen. ‚Also morgen früh.‘
Fast im selben Augenblick nahm Holger den Fuß vom Gas. Er ließ den Wagen in eine hell erleuchtete Bushaltestelle rollen, in der kein Bus stand und auch niemand auf einen wartete. Er trieb den Wählhebel auf ‘P‘ noch während der Wagen rollte und bremste dadurch so stark, dass sie beide in die Gurte gepresst wurden. Er murmelte eine Entschuldigung, doch Rosa nahm davon keine Notiz. Sie schaute ihn erwartungsvoll an und war noch überrascht, über die ruckartige Richtungsänderung und den Nothalt in der Bushaltestelle. Sie schaute sich kurz um, sah aber niemanden in der Nähe und auch keinen Grund für die Reaktion. Holger knüpfte dort an, wo sein Zwiegespräch mit Paul dem Glücksengel geendet hatte.
Aber er tat es nicht mit Worten, sondern schnallte sich wortlos ab und drehte den Oberkörper. Er drückte auf ihrer Seite auf das Gurtschloss und führte den Gurt um sie herum, bis er sie nicht mehr treffen konnte, ehe er ihn zurück schnellen ließ. Rosa rutschte wieder genauso schräg auf den Sitz wie auf dem Parkplatz. Ihre Schenkel öffneten sich ein wenig. Die Deckenbeleuchtung der überdachten Bushaltestelle strahlte noch heller ins Wageninnere, als zuvor die Straßenlaterne.
Ihre Lippen fanden sich schneller als beim ersten Mal, aber dennoch waren sie vorsichtig, fast zaghaft, obwohl Holger das Verlangen nach mehr, beinahe überwältigte. Am liebsten hätte er seine Hände überall gleichzeitig an ihrem Körper gehabt, doch er wollte nicht zu stürmisch auftreten. Er spürte ihr Verlangen an der Intensität, mit der der Kuss sich steigerte. Und wir sind ja wieder fünfundzwanzig Jahre jünger, dachte er. Damals hatte sie es gemocht, wenn er ungestüm über sie hergefallen war. Er führte eine Hand an ihre Schenkel und spürte die warme, weiche Haut.
Er hatte nicht hingeschaut, wodurch seine Hand auf der Innenseite gelandet war. Sie stöhnte wohlig auf, als er sie berührte. Am Rascheln des Kleides und dem sanften Quietschen ihrer blanken Haut auf dem ledernen Sitz bemerkte er, wie sie die Beine öffnete. Sein Sichtfeld war von ihren schwarzen Locken völlig verdeckt. Um ihn herum war es so dunkel, als hätte jemand der Bushaltestelle den Strom abgedreht.
Er tastete sich höher und spürte, wie sie ihm noch mehr Platz machte. Ihre Knie stießen auf der einen Seite an die Mittelkonsole und auf der anderen an die Türverkleidung. Einen Augenblick wollte er sich zurücklehnen, um den Anblick mit den Augen und nicht nur in seiner Fantasie zu sehen, doch dann stießen seine Finger am Stoff ihres Höschens an und seine Gedanken waren wieder woanders.
Ihre Zunge bohrte sich beinahe in seinen Hals. Der Kuss nahm ihnen beiden den Atem. In den Sekundenbruchteilen in denen ihre Lippen sich lösten, schnappten sie beide nach Luft wie Ertrinkende, die an die Wasseroberfläche gelangten. Erst jetzt spürte er ihre Hand an seinem Bein, die längst weiter oben war, als seine Hand bei ihr. Vielleicht hatte sie sie auch gleich mitten ins Zentrum platziert und sich nicht mit der Annäherung beschäftigt. Er hätte es nicht sagen können. Er wusste nur, dass sie jetzt da war und es sich wunderbar anfühlte.
Seine Fingerspitzen tasteten nach dem Stoff zwischen ihren Beinen. Er fühlte sich glatt und dick und irgendwie anders an, als er erwartet hätte, aber er hätte nicht sagen können, was ihn daran irritierte. Rosa lächelte, ihre Lippen entzogen sich den seinen, nachdem sie den Mund verzog. Es war klar, dass das Lächeln etwas mit dem zu tun hatte, was er gerade ertastete. Aber er konnte den Zusammenhang nicht herstellen. Seine Hand wanderte höher, erreichte ihren Venushügel und ein wenig verwundert stellte er fest, dass der Stoff dort schon nicht mehr zu spüren war. Er fühlte nur dichtes, gekräuseltes Schamhaar und fühlte sich plötzlich so überdeutlich an etwas aus der Vergangenheit erinnert, dass ihn Gänsehaut erschauern ließ. Sie musste es gespürt haben, denn sie grinste jetzt breit und löste sich von seinen Lippen. Dann endlich fiel der Groschen bei Holger und schlagartig wurde ihm klar, was ihn an ihrem Höschen so irritiert hatte.
»Du hast ihn noch?«, fragte er überrascht. Sie nickte und zuckte die Schultern.
»Ich hatte ihn nie mehr an, aber ich konnte ihn auch nicht wegwerfen.«
»Woher hast du gewusst, dass du ihn heute anziehen musst?«, fragte Holger. Sie zuckte wieder nur die Schultern. »Ich dachte es kann nicht schaden, vorbereitet zu sein!« Sie zwinkerte ihm zu.
Vor Holgers geistigem Auge formte sich ein Bild, so deutlich als wäre es erst gestern gewesen. Damals hatte er einen Fetisch entwickelt, der ihn noch Jahre später fesseln sollte. Zur damaligen Zeit, im aufkommenden Internetzeitalter, hatte er Bilder von Frauen aus dem Internet geladen, die unglaublich behaart waren. Für die maximale Luststeigerung sorgten die Bilder, auf denen die behaarten Frauen knappe Bikinis trugen. Mit aus heutiger Sicht teils furchterregenden Resultaten. Aber damals war das sowas wie eine Abspritzgarantie für ihn gewesen.
Und so kam es, dass er eines Tages aus einer dieser Fantasien heraus, einen dieser winzigen Bikinis aus dem Internet für Rosa bestellt hatte. Wicked Weasel hieß die Marke. Sie hatte sich für alle Zeit in sein Gedächtnis gebrannt. Die Webseite dieser Marke hätte genauso gut in den Playboy gepasst. Die Models waren allesamt umwerfend und die Bikinis geradezu jugendgefährdend knapp gewesen. Kein Mensch hätte damit in ein Schwimmbad oder einen Baggersee gehen können, ohne Gefahr zu laufen auf der Stelle verhaftet zu werden. Trotzdem hatte er einen dieser winzigen Stofffetzen für Rosa gekauft. In weiß. In schneeweiß. In geradezu leuchtend schneeweiß. Wie viele andere, war sie damals in den frühen 90ern nicht rasiert gewesen. Ihrer spanischen Abstammung war geschuldet, dass sie dichtes schwarzes Schamhaar hatte. Was die einen begannen als unerotisch und unhygienisch aufzufassen, war für Holger der heilige Gral gewesen.
Tagelang hatte er der Zustellung des Bikinis aus den USA entgegen gefiebert und nach schier endlosen drei Wochen, war das Teil endlich durch den Zoll und war in einem kleinen DIN-A5 Luftpolsterumschlag Zuhause angeliefert worden. Seine größte Sorge war damals gewesen, dass seine Eltern das Päckchen öffnen würden, weshalb der Gang zum Briefkasten, zu so etwas wie einer Manie geworden war. Als er das winzige, weiße Stückchen Stoff endlich zwischen den Fingern gehalten hatte, war sein Herz gerast wie verrückt. Und es hatte nicht aufgehört zu rasen, bis er Rosa den Bikini überreicht und sie skeptisch lachend, das winzige Stückchen Stoff hoch gehalten hatte.
»Den soll ich anziehen?«, hatte sie skeptisch gefragt. Holger, der nur nicken konnte, hatte gebannt auf das gestarrt, was sich vor ihm aufbaute. Erst der Rock, der auf den Boden gefallen war, dann das Höschen, das sie abgestreift hatte und die dichten Schamhaare die zum Vorschein gekommen waren. Dann das winzige weiße Höschen, das in den Haaren zu verschwinden schien und wäre es nicht strahlend weiß gewesen, wahrscheinlich wirklich darin untergegangen wäre. Sie hatte sich zuerst gesträubt, damit an den Baggersee zu gehen, doch eines Tages hatte sie ihn doch damit überrascht und der folgende Nachmittag, wurde zu einem der Höhepunkte seiner Beziehung mit ihr. Irgendwann hatten sie aufgehört zu zählen, wie oft sie Sex gehabt hatten, doch am Abend und obwohl der Sommer längst fortgeschritten und seine Haut an die Sonne gewöhnt gewesen war, hatte er einen Sonnenbrand auf dem Rücken gehabt und daran erinnerte er sich noch genauso schmerzhaft, als wäre es gestern gewesen – auf den Fußsohlen.
»Der Wicked Weasel.« Holger musste grinsen bei dem Gedanken, dass sie ihn unter dem dünnen Sommerkleid trug. Als hätte sie seine Gedanken gelesen, zog sie das Kleid über die Schenkel, bis Holger ihn sehen konnte. Das winzige Stück Stoff war genau wie vor Jahren, eingebettet in ein dichtes schwarzes Buschwerk aus dicken gekräuselten Schamhaaren.
»Ich habe mich seit der Einladung nicht mehr rasiert«, sagte sie und musste ein Lachen mit aller Macht zurück halten. Ein unterdrücktes Glucksen entfuhr ihr trotzdem. Als Holger ebenfalls zu kichern begann, stimmten sie gleichzeitig in ein lautes Lachen ein, bis sie sich die schmerzenden Bäuche hielten und Holger glaubte, seine Gesichtsmuskeln würden sich nie mehr entkrampfen.
Das befreiende Lachen hatte die knisternde Erotik, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, zurück gedrängt. Als Holger mit dem Daumen über ihren Venushügel streichelte und die Haare und den Stoff fühlte, empfand er die Berührung als erregend, aber nicht mehr so übermenschlich begehrend wie zuvor. Das Gefühl, keine Sekunde länger warten zu können, war plötzlich einer fast melancholischen Vertrautheit gewichen, bei der Zeit keine Rolle zu spielen schien.
Sie dort in ihrem intimsten Bereich zu streicheln, einfach so, in seinem Auto, mitten in der Stadt, an einer hell erleuchteten Bushaltestelle und sie dabei zu beobachten, wie sie nichts weiter tat als zuzulassen und zuzuschauen, wie er sie berührte, verströmte eine so intensive intime Nähe zu Rosa, als hätten die fünfundzwanzig Jahre Unterbrechung niemals existiert. Es war als hätten sie auf dem Weg zu ihrer Wohnung hier angehalten, weil sie es bis dorthin nicht mehr ausgehalten hatten.
Holger hatte nicht bemerkt, wie sie ihn angeschaut hatte, während er einen weiteren Sprung in die Vergangenheit vollführt hatte und eben wieder zurückkehrte. Ihre Augen glänzten und blickten ihn durchdringend an. Sein Daumen strich noch immer über ihre Scham, wie er verwundert bemerkte.
»Ich habe keinen Hunger mehr«, flüsterte sie heiser. Dankbar, dass sie genauso empfand wie er, nickte Holger. »Ich auch nicht. Hatte ich nie.« Seine Hand glitt von ihrer Scham über ihren Bauch an ihre Hüfte und zog sie näher an sich heran. Was durch die hohe Mittelkonsole zwischen den Sitzen kaum möglich war, aber sie spürte was er bezweckte und rückte so nahe an ihn heran, wie die beiden Sportsitze es zuließen. Als er zum weitersprechen ansetzte legte sie schnell den Zeigefinger auf seine Lippen.
»Kaiserhof«, war alles was sie flüsterte. »Wenn du magst.«
Aber der Zusatz war unnötig. Natürlich mochte er.
Der Audi tuckerte noch im Leerlauf, wie Holger verwundert feststellte. Er legte den Gang ein fuhr aus der Bushaltestelle. Das Hotel in dem Rosa abgestiegen war, lag etwa 10 Minuten entfernt. Nachdem sie losgefahren waren hatten sie sich angeschnallt, um dem nervigen Warnton zu entkommen. Dass ihr Kleid noch halb auf ihrem Bauch hing und ihre nackten Oberschenkel, sowie den Ansatz des winzigen Bikinis preisgab, schien sie dagegen nicht zu stören. Holgers Aufmerksamkeit für die Straße war dies jedoch nicht förderlich. Die intime Nähe und melancholische Vertrautheit, hatte längst wieder der rohen Lust auf ihren Körper weichen müssen.
Viel zu langsam für sein Empfinden kamen sie voran. Mittlerweile war es dunkel geworden. Das helle Xenonlicht des Wagens bohrte sich durch die schmalen Straßen, die zu dem großen vier Sterne Hotel in Innenstadtnähe führten. Er hoffte schnell einen Parkplatz zu finden. Würde er noch mehrmals um den Block kreisen müssen, um den Wagen zu parken, würde er es nicht mehr aushalten. Schon jetzt überlegte er pausenlos, einen weiteren Stopp einzulegen. Diesmal würde er Rosa aber auf die hinteren Sitze ziehen und bei einem kurzen Blick unter ihr Kleid würde es auch nicht bleiben. Er rutschte nervös auf seinem Sitz und trommelte bei jedem Stopp auf das Lenkrad, oder den Schalthebel. Rosa blieb seine Unruhe nicht verborgen. Holger war sich sicher sie wolle ihn umbringen, als sie sich zu ihm herüber beugte, ihre Hand auf seinen Schenkel legte und ihm ins Ohr flüsterte: »Ich halte es nicht mehr lange aus. Wie lange brauchen wir noch?«
Holgers Bein, mit dem er die Bremse betätigte um den Wagen nicht auf den Vordermann rollen zu lassen, begann unkontrolliert zu zucken. Mit aller Mühe konnte er den Fuß auf dem Pedal halten. Erleichtert atmete er durch, als die Ampel endlich grün wurde und er den Fuß entlasten durfte.
»Wir sind gleich da«, antwortete er lapidar. »Vorausgesetzt wir finden einen Parkplatz.« Schon die Straße die zum Hotel führte, machte ihm da wenig Hoffnung, obwohl das Hotel selbst noch gar nicht zu sehen war.
Rosas Hand strich durch die Anzughose über seinen Schwanz. Er war sich nun ganz sicher bei seiner Vermutung, dass sie ihn umbringen wolle. »Bitte hör auf«, keuchte er. »Ich spritze in meine Hose, wenn du nicht aufhörst.«
Sie lachte ob seiner derben Ausdrucksweise, doch Holger war es bitterernst. Er vermied jeden Blick nach rechts und nahm billigend in Kauf, dort leere Parkplätze zu übersehen, aber wenn er nur noch einmal die Schenkel und das leuchtende Bikinihöschen sehen würde, wäre es um ihn geschehen. Sein Körper verkrampfte sich, als würde er keinen Parkplatz sondern eine Toilette suchen. Und zwar schon stundenlang.
»Warum tust du mir das an?«, fragte er, als sie nicht aufhörte. Seine Stimme klang schmerzverzerrt und hatte einen wehleidigen, fast weinenden Unterton. Sie grinste süffisant und beugte sich noch näher an ihn heran, indem sie sich auf die Mittelkonsole stützte.
»Erinnerst du dich nicht?«, hauchte sie. Ihre Lippen kitzelten an seiner Ohrmuschel. Ihre Hand streichelte seinen Schaft durch die Hose. Er schüttelte hektisch den Kopf. Seine Augen waren überall gleichzeitig – nur nicht rechts unten – und suchten einen verdammten freien Parkplatz.
Er hasste Karlsruhes Parkplatzsituation. Heute mehr denn je.
»Freitag Morgens nach dem...«, sie stockte und überlegte.
»Kolosseum«, keuchte Holger an ihrer Stelle. Sie lachte und pustete dabei ihren warmen Atem in sein Ohr.
»Ich sehe du erinnerst dich ja doch.« Als wolle sie ihn loben, drückte sie den Schaft. Gleich würde er explodieren. »Du hast bei uns übernachtet, weil ich sturmfrei hatte. Wir sind mit der Straßenbahn zur Schule gefahren.« Sie öffnete den Reißverschluss seiner Hose. »Du bist eine Station später eingestiegen, damit es nicht auffällt und hast hinter mir gestanden. Die Bahn war brechend voll. Wir waren eingepfercht wie aufrecht gestapelte Heringe. Du hast dich von hinten an mich gedrückt.« Sie öffnete den Knopf seiner Hose und faltete sie demonstrativ langsam auf. Mittlerweile waren sie am Hotel vorbeigerollt. Der hoteleigene Parkplatz war voll und war sowieso mit einer Schranke gesichert. In unmittelbarer Nähe war nichts außer einer Feuerwehrzufahrt frei. Die traute er sich nicht zu benutzen. Noch nicht. Er gab Gas und nahm eine erste Runde um den Block in Kauf. Natürlich wimmelte es hier in diesem Stadtviertel nur so von Einbahnstraßen. Er konnte seine Heimatstadt hassen wie keine zweite.
»Links neben mir stand ein Kollege und hat sich mit mir unterhalten. Rechts stand eine Schülerin aus einer unteren Klasse und vor uns saßen genügend Leute die uns kannten. Und trotzdem hast du mir von hinten deine Hand unter den Rock geschoben.« Ihre schmale warme Hand, schob sich unter den Bund seiner Shorts. Holger stöhnte auf. Er litt Höllenqualen. Sie hatten das Ende der Straße erreicht, ohne eine Lücke zu finden. Er bog rechts ab und gab Gas. Ihre Hand schob sich tiefer. Die Fingerspitzen berührten seine Eichel. »Du hast mir zwei Finger reingeschoben, obwohl mein Kollege an meine Schulter gelehnt neben mir stand und das Mädchen rechts meinen Arm berührt hat. Du hast mir jedes Mal in den Nacken gepustet, wenn ich dir auf den Schenkel geschlagen habe, dass du aufhören sollst.« Ihre Finger strichen über seine Eichel und seinen Schaft entlang. Sie lag halb auf ihm drauf und stützte sich mit dem Ellbogen an seiner Sitzflanke ab. »Du hast natürlich nicht aufgehört. Meine Beine haben gezittert wie verrückt und mir lief der Saft die Schenkel entlang, aber du hast trotzdem nicht aufgehört.« Sie begann ihn zu wichsen. Seine Eichel lugte aus den Shorts hervor. Als ihre Hände tiefer glitten und sich weit in seine geöffnete Hose nach seinen Eiern mühten, berührte sein Schwanz beinahe das Lenkrad. »Du wusstest genau, dass ich das unrhythmische Atmen nicht unterdrücken kann, wenn ich komme. Und hast trotzdem nicht aufgehört.«
Ihre Hand war so tief in seiner Hose, dass ihr Unterarm bis über das Handgelenk verschwunden war. Sie knetete seine Eier und schaffte es trotz der beengten Verhältnisse, mit den Fingernägeln über seinen Damm zu streichen. Sie wusste ganz genau, dass ihn das in den Wahnsinn treiben würde. Sie waren eine Ecke abgebogen und auf der Parallelstraße zum Hotel zurück zur nächsten Abbiegemöglichkeit. Noch immer kein freier Parkplatz weit und breit. Wenn sie nicht aufhörte, würde es in wenigen Sekunden zu spät sein. Und sie dachte gar nicht daran aufzuhören.
»Ich bin gekommen wie verrückt. Ich habe geglaubt ich werde ohnmächtig. Du hast nicht aufgehört und ich konnte mich nicht mehr beherrschen. Um nicht zu schreien, habe ich mir auf die Backen gebissen. So lange bis mir das Blut aus dem Mundwinkel lief und eine Schülerin vor mir aufgeschrien hat. Ich war so blass und mir stand so der Schweiß im Gesicht, dass der Kollege beinahe den Nothalt gedrückt hätte, um mir einen Notarzt zu rufen.« Er bog in die Straße zurück zum Hotel. Knapp hundert Meter vor ihnen auf der linken Seite, leuchteten Bremslichter und danach eine Rückfahrleuchte auf. Jemand hatte den Rückwärtsgang eingelegt und war am Ausparken. Holger gab Vollgas. Der PS-starke Kombi schoss auf der engen Straße nach vorne, als hätte eine unsichtbare Hand ihn gepackt und sie fünfzig Meter weiter vorne wieder abgesetzt.
»Ich konnte zwei Tage nichts Essen, weil mein Mund total wund und zerbissen war.« Sie erzählte ihm das alles in einer nüchternen Sachlichkeit, als würde sie ihm den Einkaufszettel ihres nächsten Supermarktbesuchs vorlesen. Mit einem herausfordernden funkeln in den Augen und einem schelmischen Lächeln auf den Lippen. Während sie ihn immer schneller wichste. Sie hatten die frei werdende Parklücke erreicht, Holger setzte den Blinker als Zeichen, dass sie ihm als nächstes gehörte, aber wer auch immer dort ausparkte, hatte es nicht eilig. Ganz im Gegenteil. Er war versucht die Hupe zu betätigen, um der Schnecke Beine zu machen. Gerade gingen die Rückfahrleuchten aus und die Schnecke wechselte in den Vorwärtsgang, da war es passiert. Holger spürte, wie seine Eier sich zusammen zogen und sein Sperma sich den Weg nach draußen bahnte. Er schauderte und zitterte beim Versuch es zurück zu halten, doch nichts auf der Welt würde es jetzt noch aufhalten können. Er stieß einen langgezogenen, unartikulierten Seufzer aus, der eine Mischung aus Anspannung, Enttäuschung und Erleichterung zugleich war und spritzte von unten nach oben auf sein Hemd. Er versuchte es nach dem ersten Schub abzubrechen, doch auch das gelang ihm nicht einmal unter Schmerzen. Er ließ seinem Orgasmus freien Lauf. Er hatte keine andere Wahl mehr. Ein, zwei, drei Schübe Sperma pumpte er auf sein hellblaues Hemd, auf die Krawatte und fast bis hoch zu den Aufschlägen seines Jacketts.
Noch während sein Orgasmus ihn schüttelte, brach Rosa in schallendes Gelächter aus. Sie zog die Hand aus seiner Hose und ließ sich in ihren Sitz zurück fallen. Sie lachte wie verrückt und schlug die Hand, die eben noch an seinem Schwanz war vor den Mund, als sie die Sauerei bemerkte, die er auf seinem Hemd angerichtet hatte. Mittlerweile war der Parkplatz frei. Holger blickte an sich herunter und stimmte in ihr entwaffnendes Lachen ein. Mit Mühe schaffte er es, den Audi ohne anzuecken in die Lücke zu bugsieren, stellte den Motor ab und sah Rosa an. Das steigerte ihren Lachkrampf sogar noch. Hinter vorgehaltener Hand und völlig außer Atem, versuchte sie ein: »Es tut mir Leid«, zu sagen, aber selbst nach mehrmaligen Anläufen kam nur ein unartikuliertes Stammeln dabei heraus.
Nachdem sie wieder einigermaßen Frau über sich selbst war, griff sie in ihre Handtasche und reichte ihm ein Reinigungstuch, was den Lachkrampf ein weiteres Mal anfachte.
Bis sie sich beruhigt hatten und Holger eine grobe Grundreinigung an sich und seinem Hemd durchgeführt hatte, zeigte die Uhr am Armaturenbrett 20:54 Uhr an. Er fuhr auf beiden Seiten die Scheiben hoch und drehte sich zu ihr hin. Sie sah ihn fragend an, als wisse sie nicht was als nächstes käme, sagte aber nichts.
Holger nickte. Rosa nickte. Sie griff nach ihrer Handtasche und eilte nach draußen. Sie trafen sich am Kühlergrill, wo Rosa Holgers Hand nahm, als wäre es selbstverständlich, dass sie Händchen haltend in ihr Hotel gingen. Holger ließ es zu. Er hoffte ganz einfach, dass das Glück auf seiner Seite war und ihn heute Abend hier niemand erkennen würde. Wenn er im Nachhinein an diese Szene dachte, kam er zu dem Ergebnis, dass das nur die halbe Wahrheit war. Richtig wäre gewesen, dass er nicht mal ansatzweise daran gedacht hatte, mit der falschen Frau am Arm über die Straße zu schlendern. Seine Gedanken waren so auf die nächsten Stunden fixiert, dass er sämtliche Vorsicht vergessen hatte.
Ihre hohen Schuhe knirschten auf dem Kiesweg, der von der Seitenstraße zum Haupteingang des Hotels führte. Eine hochgewachsene Frau mit blonden, hochgesteckten Haaren und kerzengerader Haltung, nahm sie hinter dem Tresen in Empfang.
»Rose Collins«, sagte Rosa der Dame. »Zimmer 443.« Der Name klang fremd in Holgers Ohren. Ihr neuer Nachname war ihm bis dato nicht bekannt gewesen und dass sie ihren Vornamen dem amerikanischen angenähert hatte und mit e statt a am Ende aussprach, irritierte ihn zunächst.
Aber auch der Name stand ihr, wie er fand.
»Hallo Rose Collins«, sagte er im Scherz, nachdem die Fahrstuhltür sich hinter ihnen geschlossen hatte. »Schön Sie kennen zu lernen.« Er grinste, doch sie schüttelte nur den Kopf. »Rosa. Hier und jetzt bin ich Rosa.« Holger war sein kleiner, als unverfänglicher Scherz geplanter Spruch sofort peinlich. Natürlich wollte sie nicht Rose Collins sein, wenn sie mit ihm den Fahrstuhl zu ihrem Zimmer bestieg, um dort ihren Mann und ihre Kinder mit ihm zu betrügen. Sein eigener Kampf mit Paul dem Glücksengel lag auch erst Minuten zurück. Wie konnte er so dämlich sein.
»Tut mir leid«, flüsterte er entschuldigend und war über das Rumpeln des Fahrstuhls kaum zu vernehmen. »Das war dumm von mir.« Er schaute betreten zu Boden.
»Ist ok«, wiegelte sie ab, doch ihre Miene verriet sie. Nichts war ok. Holger schalt sich einen Vollidioten.
Wenn er sich in den letzten Wochen Gedanken über ein mögliches Wiedersehen mit Rosa gemacht hatte, war ein Fahrstuhl immer Teil des Tagtraumes gewesen. Jedes Mal waren sie liebeshungrig schon in der engen Kabine übereinander her gefallen, hatten sich nur mit Mühe bis zu ihrem Zimmer zurückhalten können und waren schon unter der Tür, nackt und ineinander verschlungen auf dem Boden gelegen. Er fragte sich gerade, warum er sie in seinen Tagträumen immer in einem Hotel getroffen hatte. Was ihn aber viel schmerzlicher berührte war die Tatsache, dass sie fast peinlich berührt nebeneinander standen und darauf warteten, dass der Fahrstuhl im vierten Stock ankam. Von Leidenschaft und Verlangen war gerade nicht viel zu spüren. Er war zwar per Befehl wieder neunzehn, sein Körper aber trotzdem über vierzig. Nach der Nummer im Auto würde er einen Moment brauchen, bis er wieder seinen Mann stehen konnte, aber ein wenig mehr Erregung als in diesem Augenblick, hätte er durchaus schon wieder zu Wege gebracht. Er hoffte das würde sich schnell ändern. Er hoffte, auch Rosa würde das nach seinem misslungenen Spruch so sehen.
Dann endlich öffnete sich die Tür und entließ sie aus der engen Kabine in einen weitläufigen Flur.
Rosas Zimmer war gleich die zweite Tür. Sie öffnete mit der Schlüsselkarte, die die hochgewachsene Blondine ihr am Empfang überreicht hatte und trat vor. Sie knipste das Licht im Flur an. Holger schloss die Tür hinter sich und blieb mit dem Rücken nahe bei der Tür stehen. Gleich rechts zweigte ein kleines Badezimmer ab, dessen Tür nur angelehnt war. Hinter Rosa, die sich zu ihm umgedreht hatte, erkannte er ein Doppelbett, einen kleinen Tisch mit einem ziemlich ungemütlich wirkenden Stuhl davor und einer kleinen Couch mit Beistelltischchen an der Wand. Die dicken hellen Vorhänge waren zugezogen. Der Raum wurde schwach vom Licht aus dem Flur erhellt. Die wenigen Details die er erkannte, wirkten aufgeräumt und stimmig. Auf dem Bett lag ein Trolley dessen Deckel aufgeklappt war.
Rosa trat an ihn heran. Das Licht des Flurs schimmerte auf ihrem Gesicht. Die Deckenleuchte spiegelte sich in ihren Augen. Auf Armlänge entfernt blieb sie stehen und schaute ihn an. Nach seinem Fauxpas im Fahrstuhl, wusste er nicht recht wie er sich verhalten sollte und wartete einfach ab. Sie trat noch ein wenig näher und zog die Aufschläge seines Jacketts zur Seite. Es glitt ihm von den Schultern, doch sie fing es auf, bevor es auf den Boden rutschte. Sie erreichte die Garderobenhaken mit ausgestrecktem Arm und hängte es an eine der Ösen, ohne genauer hinzusehen. Schnell waren ihre Hände an seiner Krawatte und lösten den Knoten. Sie fiel wie eine tote Schlange auf den Boden und wickelte sich über seinen Schuhen auf. Ihre Finger suchten den obersten Knopf seines Hemdes. Ihre Fingernägel piekten ihn am Hals. Einen nach dem anderen öffnete sie mit flinken Fingern, zog das Hemd aus seiner Hose und streifte es von seinen Schultern. Es war kurzärmlig und rutsche schneller auf den Boden als die Krawatte. Sie betrachtete seinen nackten Oberkörper. Sein Bauch wölbte sich ein klein wenig mehr über den Gürtel als das letzte Mal, da sie ihn nackt gesehen hatte und der Gedanke war ihm peinlich. Aber es war zu spät ihn einzuziehen, das hätte die Lage nur verschlimmert.
Sie zog den Gürtel aus der Schleife und löste den Haken. Dabei zog sie ihn unwillkürlich näher an sich heran. Für den Knopf und den Reißverschluss, brauchten ihre begabten Hände nicht länger als für das Hemd oder die Krawatte. Die lockere Sommerhose rutschte über seine Schenkel und blieb als Knäuel zwischen seinen Füßen hängen. Die weißen Boxershorts die zum Vorschein kamen, zeigten eine leichte Beule wie er verwundert feststellte und erst nachdem er selbst hingesehen hatte spürte er, dass seine Erregung doch schneller zurückgekommen war als befürchtet. Er nahm es mit Stolz und Zuversicht auf und beides sorgte dafür, dass sein Schwanz sich immer weiter aufrichtete.
Ihre warmen Finger schoben sich unter den Bund der Shorts und beförderten sie auf das Knäuel unter seinen Knien. Sein Schwanz sprang ins Freie und pendelte halbsteif zwischen ihnen. Er zuckte und war dabei sich mehr und mehr aufzurichten. Einen Augenblick standen sie sich gegenüber und beobachteten beide, wie sich die Schwellkörper mit Blut füllten, als wäre es ein seltenes Naturschauspiel. Holger glaubte aus Rosas Miene herauszulesen, dass sie sich geschmeichelt fühlte, für all das verantwortlich zu sein. Aber sie hatte ja auch Recht. Sie war ganz alleine dafür verantwortlich.
Also ob sie sich nicht trauen würde an der Stelle weiter zu machen und ihn zu berühren, kümmerte sie sich nun um ihre Kleider. Mehr als drei Stücke konnten es ja nicht sein. Sie griff nach hinten und löste einen Reißverschluss, der das Kleid auf ihren Schultern hielt. Als es auseinander klaffte und sie es mit einer schnellen Bewegung von den Schultern rutschen ließ, kam der weiße Spitzen-BH zum Vorschein, auf den er auf dem Parkplatz einen kurzen Blick erhaschen durfte. Sie behielt die Hände hinter dem Rücken und löste die Haken. Mit derselben Bewegung die das Kleid nach unten befördert hatte, folgte der BH. Den Wicked Weasel löste sie, indem sie kurzerhand an den Schlaufen rechts und links der Hüfte zog. Er fiel zu Boden als würde er abgestoßen. Nun hatte sie ein ähnliches Knäuel Stoff zwischen den hohen Schuhen wie er selbst. Das kleine schwarze Handtäschchen war neben den Schuhen umgekippt. Auch seine Augen folgten den Konturen ihres Körpers, doch bevor sie nach unten wanderten, las er aus ihrer Miene dasselbe, das ihn vorhin dazu veranlasst hatte, über das Einziehen des Bauches nachzudenken. Bitte sei nicht so kritisch, drückte sie aus und auf ihren Mundwinkeln lag ein leicht verlegenes Lächeln.
Ihre Brüste hingen ein wenig mehr als früher und auch über ihrer Hüfte wölbte sich ein kleines Bäuchlein, während ihre Beine noch so schlank waren wie früher. Im schlimmsten Fall hatte sie eine Konfektionsgröße zugelegt und passte nicht mehr ganz in eine sechsunddreißig. Aber wahrscheinlich würde sie ihre alten Kleider von früher noch immer tragen können. Sie war wunderschön. Noch immer. An den dicht behaarten Busch musste er sich allerdings erst wieder gewöhnen - den hatte er in der Form seit vielen Jahren nicht mehr vor Augen gehabt. Er wunderte sich darüber, hatte ihn dieser Fetisch doch seine halbe Jugend begleitet. Irgendwann war das wohl verblasst. Seine Frau...er schob den Gedanken beiseite.
Was er sah erregte ihn aber zusehends und zu seiner vollsten Zufriedenheit. Sein Schwanz stand steinhart von ihm ab.
Ihre Haut war sonnengebräunt und zeigte bereits verblassende Bikinistreifen an den Brüsten, auf den Schultern und an den Hüften. Als hätte sie vor einigen Wochen eine noch intensivere Bräune gehabt.
Sie schob einen Fuß ein Stück nach vorne, um nicht auf ihr Kleid zu treten und berührte sanft seinen Schwanz am Schaft. Sie drückte ihn nach oben, presste ihren Unterleib dagegen und lehnte sich an ihn. Fast automatisch legte Holger seine Arme um sie und seine Hände auf ihre Pobacken. Er drückte zu und sie noch fester an sich heran. Ihre Lippen fanden sich zu einem intensiven und innigen Kuss, der sie schwer atmen ließ.
»Brauchen wir Kondome?«, flüsterte sie, als sich ihre Lippen irgendwann lösten. Die Frage überraschte ihn an dieser Stelle. Unwillkürlich schüttelte er den Kopf ohne nachzudenken. Er hatte nur Sex mit seiner Frau und war sich ziemlich sicher, dass sie ihm treu war. Andererseits was wusste er schon. Immerhin war er selbst gerade dabei... Er verdrängte auch diesen Gedanken schnell. »Von meiner Seite nicht«, fügte er hinzu. »Von meiner auch nicht«, sagte sie noch immer flüsternd. »Dann nimm mich. Weißt du noch, als mein Bett damals geliefert wurde und nicht richtig zusammengebaut war?« Sie mussten beide Lachen bei dem Gedanken, aber Holger verstand schnell worauf sie hinaus wollte. Sie hatten damals kein Bett gebraucht. In ihrer Wohnung waren genügend Möbel gestanden.
Sie nahm seinen Schwanz am Schaft und führte ihn zwischen ihre Beine.
»Warte!«, bat er. Er schlüpfte aus den Schuhen und dem Knäuel zwischen seinen Füßen. Schnell streifte er die Socken ab, trat wieder mit leicht gebeugten Knien vor sie und führte seinen Schwanz in ihre Muschi. Sie war heiß und nass und fühlte sich eng an. Beinahe so wie früher. Er hob sie an den Pobacken hoch und hievte sie auf seine Hüfte. Sie schwang die Beine um ihn und überkreuzte sie in seinem Rücken. Die Schuhe behielt sie an. Mit den Händen packte sie seinen Hals und hielt sich fest. Er hoffte, nicht sehr viel schneller als früher in dieser Position schlapp zu machen. Sie wog fünf Kilo mehr und er hatte länger nichts mehr für seine Arme getan. Aber noch hielt er sie sicher und fest auf seinen Armen und begann sachte in sie zu stoßen.
Erregt stöhnte sie ihm ins Ohr. Ihre Haare hingen ihm ins Gesicht und kitzelten ihn an der Wange. Er hatte sie fest unter den Pobacken und führte ihren Hintern. Ihre Schenkel klatschten gegen seine Hüfte. Wenn ihre nackten Körper gegeneinander prallten, entstand ein Geräusch, als würde ihnen jemand applaudieren.
Und der Applaus wurde immer schneller.
»Oh Gott ja, ist das gut«, keuchte sie zwischen zwei Atemzügen. Fast hätte er damit gerechnet, dass sie etwas wie ‚du hast nichts verlernt‘, oder ‚genau das habe ich vermisst‘, angehängt hätte, aber diesen Gedanken sprach sie nicht aus. Wenn sie ihn denn gehabt hatte. Holger jedenfalls hatte ihn gehabt.
Seine Arme wurden schwerer und schwerer. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ging er die paar Schritte bis zu dem kleinen, an der Wand stehenden Tisch und setzte Rosa auf die Kante. Seine Schritte waren ganz schön wacklig gewesen - er hoffte sie hatte es nicht bemerkt. Sie behielten die Stellung bei, außer dass Holger sich auf die Tischkante abstützen konnte und Rosa nicht mehr an seinen Schultern hing. Das kleine Tischchen knallte bei jedem Stoß gegen die Wand. Es dauerte nicht lange bis Holger befürchtete, die Zimmernachbarn – so sie denn existierten, würden sich bald beschweren. Rosa sah wohl, wie er sich nach der nächsten Alternative umsah, bevor sie mit dem Tisch durch die Wand brachen und hielt ihn zurück.
»Nicht aufhören. Bitte nicht. Ich komme gleich. Stoß mich weiter. Nicht aufhören.« Ihr Atem ging stoßweise, auf die so typische Art, die er niemals vergessen würde. Sie hechelte wie ein Hund und schien nur einzuatmen, aber nie auszuatmen. Es war ihr untrügliches Zeichen, dass ihr Orgasmus bevor stand. Es war das Zeichen, das sie damals, in der Straßenbahn so vehement verhindern wollte, dass sie sich die Backen wund biss. Heute musste sie es nicht verbergen. Heute durfte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen und es dauerte nur noch Sekunden, bis sie das tat. Ihre Hände krallten sich in seine Schulterblätter, bis die Fingernägel sich in seine Haut bohrten. Sie umklammerte ihn fester mit den Beinen und presste ihm die Luft aus der Lunge. Ihre bereits verschwitzen Körper rieben fest aneinander.
Als er spürte dass sie kam, drückte er ihren Unterleib so fest er nur konnte auf seinen Schwanz, um ihn so tief wie irgend möglich in ihre Muschi zu schieben. In seinen Ohren rauschte das Blut. Die Pause die er ihr gönnte, um wieder zu sich zu kommen, war nicht ganz selbstlos. Er konnte die kurze Unterbrechung auch gebrauchen. Er wusste nur zu gut, dass nach dem schnellen Abspritzen im Auto, sein nächster Orgasmus länger dauern würde, als er diese Sportnummer hier körperlich durchhalten würde. Lägen sie im Bett und würden sich eng umschlungen und zärtlich lieben, wäre das anders. Aber im Stehen, mit einer knapp sechzig Kilogramm schweren und gut einmetersiebzig großen Frau auf den Armen, kam er bei seinem heutigen Fitnessstand arg an seine Grenzen. Er nahm sich vor, das schleunigst zu ändern.
Er blieb in ihr, sein Schwanz ließ ihn heute nicht im Stich. Nicht dass er das oft tat, aber hin und wieder, kam das vor. In letzter Zeit öfter als früher. Aber nicht heute. Er stand noch immer steinhart. Während er Rosa wieder aufnahm, um sie vom Tisch zu heben, spürte er die Anstrengung in seinen Armen. Sie waren schwer und brannten. Er biss die Zähne zusammen und trug sie auf die kleine Couch. Weil er seitwärts mit ihr ging und mit dem Rücken zur Couch ankam, ließ er sich rücklings auf den hellgrünen Stoff sinken. Er streckte die Beine weit von sich, sie kniete auf dem Polster, stützte sich auf seiner Brust ab und verschenkte keine Zeit, um gleich wieder langsam aber rhythmisch, das Becken zu heben und sich auf ihn fallen zu lassen. Das Klatschen nahm einen dumpferen, fast schon vulgären Ton an, mit der die Luft zwischen ihren Beinen und seinem Bauch verdrängt wurde.
Er packte sie an den Fesseln und hielt ihre Beine fest. Er spürte das warme Leder der High-Heels an seinen Schenkeln und den spitzen Absatz, der über seine Haut kratzte. Rosa lehnte sich zuerst nach vorne, um sich auf seiner Brust abzulegen und den Kopf an seinen Hals zu legen. Ihre Lippen knabberten an seinem Ohr. Wieder lagen ihre schwarzen Haare in seinem Gesicht und verdeckten ihm die Sicht. Aber mehr als die Decke würde er sowieso nicht sehen, also schloss er die Augen, atmete den Duft ihrer Haare ein und ließ sich reiten. Eine Weile blieb sie auf ihm liegen, presste ihren Busen an seine Brust und hob und senkte nur das Becken, um sich seinen Schwanz einzuverleiben. Holger verlor jedes Zeitgefühl. Er ließ sich treiben, erfreute sich an einem knallhart und ausdauernd stehenden Schwanz und genoss das Gewicht auf seinem Körper. Rosas Bewegungen blieben gleich schnell, aber ihre Atmung legte schon wieder an Tempo zu. Es fühlte sich gut an, sie so erregt zu erleben und zu wissen, dass man daran mitverantwortlich war. Schon zum zweiten Mal in wenigen Minuten. Sie kam keuchend und schnaufend auf seiner Brust, ohne ihre Bewegungen zu verlangsamen oder zu beschleunigen und machte danach einfach weiter, als wäre nichts geschehen.
Als sie sich aufrichtete und wieder auf seiner Brust abstützte, standen ihre Nippel hart und erregt. Er hob den Kopf, um sie nacheinander mit den Lippen, der Zunge und den Zähnen zu liebkosen. Lustvoll stöhnte sie auf, wenn er mit den Zähnen etwas mehr Druck ausübte. Aus ihren Auf- und Abwärts Bewegungen, wurden vermehrt rotierende Bewegungen ihrer Hüfte. Ihre verschwitzte Haut rutschte aufeinander, als wäre sie eingeölt. Nach einer Weile lehnte sie sich weit zurück, rutschte etwas nach vorne und stützte sich mit den Händen auf seinen Oberschenkeln ab. Zu sehen, wie sein Schwanz in ihrem dichten schwarzen Busch verschwand und in ihre Muschi eintauchte erregte zusätzlich, obwohl er eine Steigerung kaum für möglich gehalten hatte. Ihr war wohl aufgefallen, wie er das dunkle Dreieck zwischen ihren Beinen angeiferte und musste grinsen, ob seines Gesichtsausdrucks.
Sie ritt ihn weiter weit zurück gelehnt, mit den Händen auf seinen Schenkeln und meinte:
»Mir sind schon langsam die Ausreden ausgegangen, dafür.« Mit dem Kinn deutete sie nach unten.
»Kann ich mir denken«, antwortete er lapidar, ohne den Blick davon abzuwenden. Er fuhr mit den Fingerspitzen durch das dichte Haar, packte einen Wuschel und zog leicht daran. Die gekräuselten Haare zogen sich beachtlich in die Länge. »Der wächst aber nicht erst seit der Einladung«, meinte er gedankenverloren.
»Doch«, widersprach sie. »Da kommt ganz schnell die Spanierin in mir durch.«
Er wusste um ihre spanischen Wurzeln mütterlicherseits, die ihr nicht nur den Vornamen, sondern auch die dichten schwarzen Haare – nicht nur auf dem Kopf, beschert hatten. Der Anblick ihres Bärs war in diesem Moment das entscheidendste, das ihn an die Vergangenheit erinnerte. All seine Tagträume und all seine feuchten Nachtträume, hatten sich damals um dieses gekräuselte Haar gedrängt und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr längst vergessen geglaubte Erinnerungen kamen hoch. Es war als würde er eine Umgebung betreten, die er lange Zeit nicht gesehen hatte. Man erinnerte sich an das meiste, aber manche Details waren verblasst. Nach und nach kamen all diese kleinen Details wieder an die Oberfläche seines Gedächtnisses und blitzten wie Funken durch seine Gedanken.
Er suchte ihren Kitzler in dem dichten Urwald und sah, dass er hart und erregt war. Mit dem Daumen strich er zuerst sanft, dann immer fordernder darüber und ihr Stöhnen intensivierte sich wieder. Seine Beine, auf der sie den Großteil ihres Gewichts abstützte, begannen erst zu zittern und dann immer stärker zu wackeln, was sich auf ihren Oberkörper übertrug. Er musste die Lage wechseln, sonst würde sie von seinen Schenkeln rutschen. Sie kam ihm zuvor, indem sie sich wieder nach vorne legte. Er musste zwar den Daumen von ihrem Kitzler nehmen, doch sie kompensierte das, indem sie weit ins Hohlkreuz ging und ihn sich selbst an seinem Schambein rieb. Es dauerte nur Augenblicke, dann hob und senkte sich ihr Brustkorb wieder in der typischen Art, die an ein hyperventilieren erinnerte. Genau genommen war es das auch, nur dass es keine negativen Einflüsse auf sie hatte. Vorausgesetzt der Orgasmus ebbte irgendwann wieder ab.
Es lag ein Glanz in ihren Augen und ein verwirrter Ausdruck auf ihrem Gesicht, den Holger durchaus mit Stolz zur Kenntnis nahm. Man musste nicht jeden Blick kennen, den sie auflegen konnte, um zu erkennen, dass sie sichtbar überrascht war über sein Stehvermögen. Es befeuerte seine Energie und weckte neuen Ehrgeiz, das Verhältnis von drei zu null Orgasmen seit sie das Hotelzimmer betreten hatten, noch auszubauen. So aufopfernd gab er sich nicht immer. Er hob sie hoch, was mit den schmerzenden Armen und auf wackligen Beinen nicht so einfach war und drehte sie auf den Rücken. Sie rutschte ein wenig schräg an die Rückenlehne und gab sich ihm mit weit gespreizten Beinen hin. Die Einladung nahm er halb kniend auf dem Polster, halb stehend vor der Couch dankbar an. Mit weit über sie gebeugtem Körper, stieß er fordernd und tief seinen Schwanz in ihre heiße Muschi. Die Haltung forderte ihn mehr als er vermutete hatte und sein Ehrgeiz, etwas für das Orgasmus Verhältnis zu tun, wich schnell der Realität. Diese Haltung würde er weder lange durchhalten, noch würde er seinen Orgasmus noch viel länger hinauszögern können. Er war sogar ein klein wenig enttäuscht, wie schnell sich das Gefühl verändert hatte, nachdem er die Stellung gewechselt hatte. Aber er befand sich ja auch nicht in einem Wettbewerb mit ihr und die Nacht war noch jung. Dreimal pro Abend würde allerdings schwierig werden, das wusste er nur zu gut und so kämpfte er seinen privaten Kampf mit dem Für und Wider, sich seinem Orgasmus hinzugeben, was ihn ungewollt wieder etwas weiter davon entfernte. Auch gut. Rosa war wohl ganz seiner Meinung, denn sie sorgte mit der Hand an ihrem Kitzler dafür, dass vor ihrem eventuell gemeinsamen Orgasmus, keine allzu große Lücke entstand.
Die roten Flecken in ihrem Gesicht und die abgehackte Atmung, die ihn warm im Gesicht traf, brachten seine Mundwinkel zu einem leisen Lächeln, das nicht unentdeckt blieb.
»Grins nicht so überheblich«, fauchte sie scherzhaft. »Ich weiß genau was du denkst.« Er stellte sich sichtlich dumm und verzog das Gesicht dabei zu einer gekränkten Fratze.
»Ich habe keine Ahnung was du meinst«, sprach er sorgfältig artikuliert mit Betonung auf jeder Silbe.
»Nein, Natürlich nicht. Du denkst nicht, der ausgehungerten alten Frau besorg ichs heute aber richtig.«
Er schüttelte vehement den Kopf. »Niemals.« Sie mussten beide Lachen, ob seiner gespielten Kränkung.
Er wurde ohne Übergang wieder ernst, beugte sich zu ihr herunter und flüsterte in ihr Ohr, als wären sie inmitten einer Menschenmenge, die sie belauschte. »Ich komme gleich«, hauchte er. »Es ist so wunderschön mit dir, aber ich kann es nicht mehr halten.« Sie nickte sachte und nahm seinen Kopf zwischen ihre Hände. Ihre Finger legten sich auf seine Ohren und er vernahm dumpf wie sie sagte:
»Ich komme mit dir, wenn du es mir sagst. Sag mir wenn du kommst, ok?« Er nickte in ihren Händen und schloss die Augen. Gab sich ganz dem Gefühl hin, seinen harten Schwanz in ihrer feuchten Muschi zu spüren. Wie die Luft kühl um seinen nassen Schaft strich, wenn er ihn herauszog und sich Augenblicke später die warme, enge Scheidenwand um ihn legte.
»Gleich!«, keuchte er.
»Ja. Ich auch. Sags mir!«
»Gleich!«
»Ja. Ich komme auch, wenn du kommst. Sags mir!«
»Jetzt. Ich komme! Ich komme!«
Er pumpte sein Sperma in sie hinein, während ein Kribbeln seinen ganzen Körper zu erfassen schien, als läge er in einem Ameisenhaufen.
»Ich spüre es«, keuchte sie. »Ich komme auch. Spritz alles in mich hinein.« Sie keuchte und kämpfte um Luft zwischen ihren Worten.
Es schien keine Ende zu nehmen. Es begann schon weh zu tun, so oft zuckte seine Muskulatur die Schub um Schub in ihre Muschi pumpte. Er glaubte sie müsse bereits überlaufen, so viel fühlte es sich an. Vermutlich war es das gar nicht, aber der Gedanke daran verhinderte, dass er schnell erschlaffte.
Mit zitternden Muskeln an Armen und Beinen, rutschte er neben sie auf die Couch. Die Sitzfläche war nicht breit genug um nebeneinander liegen zu können, daher lag er halb über ihr. Er hatte Angst ihr weh zu tun, wenn er seine knapp achtzig Kilo auf ihren Körper verteilte. Er überlegte kurz aufs Bett mit ihr zu wechseln, doch da lag der aufgeklappte Trolley und er wollte auf keinen Fall die Nähe und die intime Stimmung kurz nach ihrem gemeinsamen Orgasmus ruinieren, indem er aufstand und das Bett abräumte. Er rutschte so gut es ging neben sie und zog sie auf ihn, damit sie auf ihm lag anstatt umgekehrt. Es funktionierte. Ihre Brüste lagen auf seiner Brust und er schlang die Arme um sie, um ihr Halt zu geben, damit sie nicht herunter rutschte. Ihr Atem kitzelte an seinem Hals. Minutenlang lagen sie einfach nur so da.
Keiner sprach – Ihr sich langsam beruhigender Herzschlag und die angestrengte Atmung sagte mehr, als Worte es vermocht hätten.
Er wollte es nicht, aber er konnte es nicht verhindern, dass er, als er die Lage etwas korrigierte, weil sein Ellbogen tief in die Spalte zwischen Sitzfläche und Rückenlehne eingedrungen war, auf die Uhr sah.
23:05 Uhr.
Rosa schien es bemerkt zu haben und rückte sich ebenfalls etwas bequemer hin. Ihr Kopf lag danach auf seiner Brust, ihr Körper halb auf seinem Bauch und zwischen seinen Beinen. Ein Bein hatte er auf den Boden gestellt, das andere lag ausgestreckt auf der Couch. Sein Rücken lag an der Armlehne, sein Kopf an der Rückenlehne. Seine Arme waren um ihren Rücken geschlungen.
»Ich vermute du kannst nicht über Nacht bleiben«, sprach sie an seine Brust. Ihre Lippen kitzelten sein Brusthaar. Er schüttelte nur den Kopf. Die Bewegung übertrug sich auf seine Schultern. Sie spürte die Antwort praktisch.
»Wann wärst du normal wohl nach Hause gegangen?« Er zuckte die Schultern. Auch diese Antwort spürte sie. Er wollte die Antwort nicht geben. Wollte sie nicht loslassen, nicht aufstehen und nicht weggehen. Wollte den Augenblick so lange wie möglich hinaus zögern und ihre Nähe und die Wärme ihres Körpers genießen. Aber er wusste, dass die Zeit gegen ihn arbeiten würde. Und Rosa wusste es auch.
»Es war wunderschön heute Abend.« Er lag da und lauschte ihren Worten. »Ich habe jede Minute genossen. Es war genauso wie früher, aber gleichzeitig auch völlig anders. Wir sind halt nun mal nicht mehr dieselben wie früher. Ich wünschte manchmal wir...«
»Schhhh«, unterbrach er sie. Er wollte nicht dass sie es aussprach. Es würde nichts ändern. Sie hatten sich damals so entschieden und die Zeit war nicht zurück zu drehen. Sie hatten beide ihr Leben und waren glücklich darin. Ihre gemeinsame Zeit war nur noch Erinnerung. Und dieser Abend. Sie lagen minutenlang einfach nur da und hielten sich in den Armen. Holger brauchte unzählige Anläufe um es endlich laut auszusprechen:
»Ich sollte gehen.« Rosa nickte an seiner Brust. »Keine sentimentale Verabschiedung, bitte«, flüsterte sie und eine feuchte Träne tropfte in sein Brusthaar. Sie rutschte von ihm herunter und setzte sich auf die Bettkante. Während er nach und nach in seine Kleider schlüpfte, saß sie da und schaute ihm zu.
Als er fertig angezogen war, die Krawatte hatte er in eine der Jackettaschen gestopft, stand er unschlüssig mitten im Raum. Sie stand auf und griff in eine Seitentasche ihres Trolleys. Er versuchte jede Bewegung und jede Faser ihres nackten Körpers in seinem Gedächtnis abzuspeichern. Sie sah umwerfend aus - nackt in den schwarzen High-Heels. Eine Visitenkarte zwischen den Fingern, streckte sie ihm die Hand entgegen. Ihr Arm war so weit ausgestreckt, als fürchte sie jede weitere Umarmung oder gar Berührung. Er nahm die Karte und blickte ihr in die Augen.
»Wenn wir in fünfundzwanzig Jahren noch leben, treffen wir uns hier.« Tränen tropften von seiner Wange auf die Jackenaufschläge. Sie nickte und weinte genauso. »Versprochen«, sagte sie.
Er drehte sich um und ging zur Tür.
»Holger?«
Er blieb stehen ohne sich umzudrehen.
»Halte auf dem Heimweg irgendwo an und iss etwas. Deine Frau wird merken, wenn du nicht nach Essen riechst. Und dusche bevor du zu ihr gehst.«
Er nickte und hielt die Tür offen als zögere er hindurch zu gehen.
»Und wirf das Hemd und die Krawatte weg.«
Er nickte abermals und trat durch die Tür.
Als er um 23:55 Uhr die Haustür aufschloss, wartete Ben mit wedelndem Schwanz, leise winselnd hinter der Tür. Wie immer.
»Leise«, flüsterte er und sofort war der Labrador still. Er sah ihn aus seinen braunen Hundeaugen an und wusste alles. Holger was sich dessen absolut sicher.
Er konnte nur hoffen, der Hund würde der einzige bleiben.
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Kompliment. Du triffst den Ton meiner Zeit und schreibst eine Geschichte, die ich selbst erlebt haben könnte.
Fünf Sterne«
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Dem Autor ein Kompliment für seine Detail-Treue sowohl in physischer wie psychicher Art.«
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Da finden sich viele Menschen drin wieder und würden sich auf das Treffen in 25 Jahren unbändig freuen.LG«
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Eine schön erzählte Geschichte.«