Kuschelwetter - Teil 7
von MarcLelky
Kapitel 1 – Ein kleines Problem
Die morgendlichen Sonnenstrahlen wärmten meine Haut, als ich gerade erwachte. Nicht dass es in der Nacht kalt gewesen wäre, aber das grelle Licht füllte die ganze Umgebung des Sees, die ich von unserem kleinen Lager aus sehen konnte, mit neuem Leben. Die Berghänge waren in kräftige Farben getaucht, intensive grüne, gelbe und erdige Farbtöne.
Alejandro, der sich neben mir einen gemütlichen Schlafplatz zurechtgemacht hatte, dürfte auch gerade aufgewacht sein, und sah sich verschlafen in alle Richtungen um. Wie auch ich hatte er absolut nichts an, nur ein kleines Stück Stoff lag als eher symbolische Decke über ihm. Noch am Abend zuvor hatten wir uns darüber unterhalten, dass man bestimmte morgendliche Erscheinungen doch gleich ausnutzen könnte. Angelina schien auch schon recht munter zu sein und kam mir ohnehin zuvor, nackt, so wie sie war, kniete sich sich über ihn und küsste ihn wach. Natürlich war ihr auch nicht entgangen, dass seine letzte Schlafphase so ihre Spuren hinterlassen hatte, und diese nun noch steiler in die Luft ragten. Er drehte sich komplett auf den Rücken, und ohne dass die beiden ein Wort gesprochen hätten, rückte sie etwas näher, sah ihm, der gerade noch einmal gemütlich beide Arme ausstreckte, in die Augen, tastete herum, nahm das Tuch weg und erfasste ihn mit einer Hand. Ohne Umschweife verleibte sie sich ihn ein und ließ sich mit einem schnellen Ruck auf ihm nieder.
Mit einem Schlag wurde er nun so richtig wach, sie lächelte ihn an, er hielt sich an ihr fest, und sie begannen diesen Tag nun gemeinsam, sie unaufhaltsam über ihm, und er sich auch etwas auf sie zu bewegend. Es schien absolut keine Rolle zu spielen, ob ich neben den beiden lag oder nicht, doch ich sah ihnen einfach gespannt zu, ohne mich einmischen zu wollen. Alejandro war auch nicht mehr so still, winkelte ein Bein an, scharrte damit immer schneller hin und her – und sein Gesicht und sein "Aaah!" verrieten mir, dass sie von ihm bekommen hatte was sie wollte, und er seinen Druck losgeworden war.
Angelina stand auf und ließ ihn ausgelaugt auf dem Boden zurück, und noch als er erleichtert ausatmete, sah sie zu mir hinüber und lockte mich mit ihrem Zeigefinger zu ihr. "Na gut", dachte ich mir, als sie sich nun auf den Rücken legte und die Beine etwas spreizte. Ich kniete mich vor sie, lockte sie etwas mit meiner Zungenspitze, und als sich unsere Zungen berührten und ich mich noch etwas in Richtung ihrer Oberweite hinunterarbeitete, wäre es auch in meiner Unterhose sehr eng geworden, wenn ich eine getragen hätte. Noch kurz fühlte ich mit einem Finger ihre und die von ihm zurückgelassene Feuchtigkeit, um dann mit ihren Beinen auf meinen Schultern direkt hineinzugleiten. Sie verzog das Gesicht und riss ihren Mund auf, während ich mich mit einer Hand an ihr festklammerte, und zwei Finger der anderen an ihrem Körper auf die Reise schickte.
Es war, wir wenn ich den Traum fortsetzte, an den ich mich nur noch schemenhaft erinnern konnte, und es dauerte nicht lange, bis sich ein intensives Gefühl den Weg aus meinem Inneren heraus bahnte. Für einen Moment schloss ich die Augen, und ihr Geschrei durchbrach fast gemeinsam mit meinem die Stille, als sie auch von mir ihren Anteil bekam. Wir lachten alle zwei kurz, und gemeinsam mit Alejandro, der gerade zum Frühstück in ein etwas seltsames Stück Obst biss und mir auch welches reichte, machten wir uns auf zum See.
Wir bespritzten uns gegenseitig mit Wasser, bevor wir etwas hinausschwammen. Wo auch immer wir hingeraten waren, es gab keine Spuren von Besiedelung, keine Flugzeuge am Himmel, nichts, nur die in sattem Grün bewaldeten Berge und Hügel und die Uferlandschaft. Sicher hätten wir versuchen können, durch das Portal wieder zurückzugehen, aber was erwartete mich dort, außer 15 Grad weniger, und womöglich immer noch Typen, die ebenfalls davon wussten und uns etwas anhaben wollten. Dafür gab es beim Klima in dieser Welt kaum gute Vorwände, um sich so richtig aneinanderzukuscheln, aber wer brauchte schon einen?
Wir waren schon wieder in der Sonne getrocknet, als ich mir doch wieder die dünne, kurze, grell-orange Hose anzog, die sie für mich aufbewahrt hatte. Irgendwie kam es mir sinnlos vor, überhaupt etwas anzuziehen, aber dennoch wollte ich ein bisschen die Zivilisation aufrecht erhalten und nicht unbedingt ständig nackt durch die Gegend laufen. Obwohl, die hielten wir hier allein schon dadurch aufrecht, dass wir nicht aggressiv wurden und uns um die einzige Frau hier prügelten. Nötig war das sowieso nicht, weil ich dann lieber noch nur zusammen mit Alejandro meinen Spaß gehabt hätte.
Mit einem Mal sah uns Angelina nach längerem Herumkramen in ihrer kleinen Tasche, wo aber erstaunlich viel drinnen war, etwas besorgt an. Sie stellte sich zwischen uns, legte ihre Hände auf unsere Schultern, und sagte "Es gibt da ein kleines Problem". Sie griff noch einmal in ihre Tasche und hielt eine kleine leere Schachtel in der Hand.
"Du meinst …?", entgegnete ich ihr.
"Keine Angst", sagte sie, "heute geht es noch, aber bald müssen wir uns etwas einfallen lassen. Außer ich will ein Kind von dir, von euch – aber nicht von heute auf morgen, du verstehst."
Wir sahen uns alle drei tief in die Augen, brauchten überhaupt keine Erklärungen mehr, und ich spürte ein komisches Gefühl im Magen. Wenn es ein Paradies gab, dann konnte es nicht viel anders als dieser Ort hier sein – keine Kälte, keine Angst vor Krankheiten, kein Frust und Ärger, meistens – und doch waren manche Sachen nicht anders als in meiner Welt. Ich stand noch etwas so da, um dann in meinen mitgebrachten Sachen herumzuwühlen.
"Hier", sagte ich und drückte Alejandro ein paar Kondome in die Hand, "für dich, für euch".
Er sah mich kurz wortlos an, um dann "Aber ..." zu sagen.
"Nimm sie, sind für dich", sagte ich noch einmal.
"Das würdest du für mich tun?"
"Ja, das würde ich für dich tun."
Ich glaubte fast eine Träne bei ihm zu sehen, als er mir zögernd zumindest eines zurückgeben wollte, und ich es ihm doch wieder in seine Hand drückte. Wir hätten sie auch einfach aufteilen können, aber vielleicht hatte er sie mehr nötig als ich.
Es war nicht so, dass die Welt deswegen zusammenbrach, aber deutlich anders war die Stimmung nun schon, wie wir herumlagen, schwimmen gingen oder etwas die nähere Umgebung erkundeten. Aber vielleicht sollten die beiden wirklich ein Paar sein, und ich mich nicht allzu sehr dabei einmischen, und es war ja nicht das erste Mal für mich, sie so herumturteln zu sehen. Gerne hätte ich ihn auch wieder einmal für mich allein gehabt, aber ich hatte den Eindruck, wie wenn er doch eher auf sie stand, und es da draußen noch viel mehr für mich zu entdecken gab.
* * *
Ich kam mir fast etwas überflüssig vor, als die beiden Hand in Hand neben mir saßen und in der Abenddämmerung die Aussicht genossen. Nach etwas Zögern wollte er mir doch noch eines von meinen Verhütungsmitteln zurückgeben und streckte es mir entgegen, wahrscheinlich fast eine Minute lang. Ich überlegte noch etwas, wurde etwas unruhiger – und nahm es, gab ihm die Hand, klopfte ihm auf den Rücken, küsste ihn.
Kapitel 2 – Schlafende Schönheit
Ich hatte mir zur der kurzen Hose auch noch wieder mein T-Shirt angezogen, als ich mich auf den Weg entlang des Flusses machte. Es war fast noch wärmer als am Tag zuvor, aber diese brutale Schwüle von mitteleuropäischen Hochsommern fehlte völlig, und wenn es wirklich fast schon zu heiß war, wurde das von einem leichten Lufthauch ausgeglichen. Alejandro war wahrscheinlich zwischen Mitkommen und bei ihr bleiben hin und her gerissen, so wie ich ihn kannte, aber einmal mir ihr um den See herumwandern hätte mich auch sehr gereizt. Dass er diesmal nicht etwas genervt sein musste, weil sie womöglich fast eher auf andere Frauen als auf ihn stand, war natürlich auch ein Argument für ihn, mit ihr allein zu bleiben. Es war am letzten Abend dann auch doch er und nicht ich, der das Kondom gebraucht hat. So hatten wir uns eben einfach ausgemacht, getrennt auf Erkundungstour zu gehen, und uns wieder in diesem improvisierten Lager zu treffen, vielleicht erst in ein paar Tagen. Alle Zeit der Welt hatten wir ja.
Wir hätten wirklich versuchen können, wieder durch das Portal zu gehen, aber die beiden sollten schon eine Weile mit dem Vorrat auskommen, wenn sie es nicht übertrieben und etwas fantasievoll waren. Vielleicht hatte auch sie etwas Angst davor, und womöglich wollte sie auch erst dieses Buch zu Ende lesen. Am interessantesten war ja fast der darin liegende Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1976, wenn auch nur eine kleine Randnotiz, dass angeblich ein paar Leute bei geologischen Untersuchungen verschwunden sind.
Es war kein wirklicher Wanderweg, den ich die sanften Berghänge des Flusstales entlang ging, aber auch kein Fehler, einfach so loszugehen und nur das Notwendigste mitzunehmen. Vielleicht waren es schon Stunden, die ich unterwegs war, aber wann und wie ich wieder zurückkommen würde, bereitete mir im Moment keine Sorgen. Überhaupt war mein Zeitgefühl etwas durcheinander, wie wenn die Tage hier mehr als 24 Stunden hätten.
Nach einer Biegung fiel mein Blick auf etwas, das wie eine befestige ebene Fläche aussah, aber aus der Entfernung gesehen konnte es alles sein. Waren dort etwa auch noch Mauern oder Säulen? Nervosität kam wie aus dem Nichts auf, doch meine Neugier trieb mich an, noch schneller dort hin zu gehen. Wie es kurz davor klar war, dass es von Menschen gebaut worden sein musste, kam ich vorsichtig näher. Hohe Büsche am Rand verströmten einen Duft zwischen Rosen und Flieder – und lag dort in einer Ecke jemand?
Die von einigen großen Säulen und Mauerstücken begrenzte Plattform aus etwas, das wie ein bisschen verstaubte Marmorplatten aussah, erinnerte mich etwas an jene bei dieser Anlegestelle an der Westkante, nur dass sie im Freien war. Auf einer Art Matte lag ein athletisch und sehr muskulös wirkender Mann mit dunkler, tiefbrauner Haut, vielleicht um die 30 – und schlief. Ein dünnes, glänzendes und buntes Tuch lag über ihm, das aber nicht viel von seiner Nacktheit verdeckte, und obwohl er ziemlich kräftig aussah, war es auch nicht unbedingt ein Extrem-Bodybuilder-Typ, sondern jemand, der einfach nur Ruhe und Friedfertigkeit ausstrahle, um nicht gleich zu sagen dass ich ihn in diesem Moment sehr süß und faszinierend zugleich fand. So leise wie möglich machte ich wieder ein paar Schritte zurück, denn ihn zu wecken hielt ich erst einmal für keine so gute Idee.
„Olá belo homem!“, sagte er auf einmal mit einer weichen, verschlafenen Stimme und blickte nach oben zu mir. „Hallo … schön, schöner … Mann?“ reimte ich mir zusammen, musste portugiesisch sein, aber dann verließen mich einstweilen meine Sprach- und Improvisations-Kenntnisse. Sehr überrascht schien er nicht zu sein, dass auf einmal jemand vor ihm stand, eher erfreut, fast wie wenn er die Ewigkeit hier verbringen musste und nun doch Besuch bekam. Ich versuchte ein paar Sprachen, von denen ich zumindest einige Worte kannte, reichte ihm meine Hand, und er drückte fest, aber nicht brutal zu. Doch ich verstand kaum, was er mir sagen wollte, auch wenn es wohl einfach nur ein paar Höflichkeiten waren.
Mit einer Handbewegung und einem Lächeln auf den Lippen lud er mich ein, sich doch zu ihm auf die Matte zu setzen, und ich zögerte auch nicht lange. Mit seiner anderen war er bedacht, das Tuch nicht wegrutschen zu lassen. Obwohl wir nur gemeinsam still in die Landschaft vor uns blickten, kam in mir kein Gefühl von Verlegenheit auf. Er sagte wohl etwas wie „Darf ich?“, wie er seine Hand knapp über meinem Oberschenkel hielt. Ganz langsam berührte er mich nach einer zustimmenden Bewegung von mir, und strich mit seinen Fingern über meine Haut. Es war, als ob er meine blasse Haut so sehr bewunderte, wie ich seine dunkle. Fast hätte der leichte Wind seinen Umhang verweht, doch blitzschnell hielt er ihn mit seiner anderen Hand fest.
Wir sahen uns direkt in die Augen, ich kam näher, er kam noch etwas näher – bis er etwas hervorkramte, das wie ein Schachbrett aussah, und vor uns auf die Steinplatten stellte. Er griff noch einmal hinter sich, hielt flache, bunte Spielsteinchen zwischen den Fingern, und setzte eines der Steinchen auf ein Feld. Ich überlegte, ob das ein Dame-Spiel sein sollte, aber da gab es doch nur zwei Farben? Die Steinchen waren hingegen in ein paar verschiedenen Farben, und ich war mir nicht einmal sicher, welche davon seine und meine waren. Er bemängelte es nicht, als ich eine andere Farbe nahm und den Stein in die Nähe seines legte. Sofort nahm er noch einen in seiner Farbe, hielt ihn über seinen ersten, ließ ihn aus ein paar Zentimeter Höhe fallen, er blieb fast exakt darüber liegen – und ich war verwirrt.
Wie ich noch einen Stein in meiner Farbe nahm und ihn auf den ersten legen wollte, verzog er das Gesicht, um dann gleich wieder zu lächeln, und mir diesmal noch tiefer und länger in die Augen zu schauen. Seine Finger berührten von oben meine Hand, und hoben sie mitsamt dem Steinchen etwas in die Höhe. Also war eine der Regeln, die Spielsteine aus fünf Zentimeter Höhe übereinander fallenlassen zu müssen – doch wie er dann eine dritte Farbe nahm, musste ich wieder etwas überlegen, was das bedeuten sollte. Die Farben schienen einen Einfluss aufeinander zu haben, und ich beobachtete und improvisierte. Mein zweiter Turm krachte dann aber sowieso in sich zusammen, ohne seinen mitzureißen, und er stand auf, ballte kurz seine Hände zu Fäusten zusammen, und jubelte leise. Doch gleich darauf schüttelte er mir die Hand und klopfte mir leicht auf den Rücken, als ich auch wieder aufstand. Dass ihm sein buntes Stück Stoff fast entglitten wäre, schien er recht locker zu nehmen, und er band es sich elegant um, ohne dass ich nähere Einblicke bekam.
Ich deutete an, schon recht dringend einmal austreten zu müssen, er verstand es auch und hatte das wohl auch nötig, als er mir in Richtung der Büsche folgte. Am Ende der Steinplattform blieben wir kurz stehen, er ging nach rechts, und ich nach links. Er dürfte noch weiter um die Ecke gegangen sein, hinter mir konnte ich ihn nicht sehen, als ich mich kurz noch einmal umdrehte.
Wieder zurück, wartete ich etwas auf ihn, ein paar Minuten lang. Ich riskierte einen zaghaften Blick in die Richtung, in die er verschwunden war, doch dort war niemand. Ich ging einmal rundherum, durchsuchte die Gegend um dieses Bauwerk, doch er blieb verschwunden. Nur die Matte auf dem Boden lag noch da. Warum auch war mitten im Nichts ein Boden aus Marmor und antike Säulen, wo ein Traumtyp darauf wartete, mit mir ein seltsames Spiel zu spielen? Ja klar, ich hatte verloren, aber ich sollte am besten nicht so lange in der Sonne bleiben. Es war nicht einfach wie ein perfekter Traum, aus dem man gerissen wurde, denn das Gefühl, dass sich nicht nur in meinem Magen ausbreitete, war sehr real.
Ich ging nach unten zum Fluss. Es mochten an die 50 Meter sein, die er breit war, aber selbst wenn es hier ein Floß oder sonst etwas gab, musste ich zu Fuß wieder zurückgehen, weil die Strömung vom See her kam. Nach ein paar Schritten durch das Wasser ging ich zurück und wollte mir schon meine Sachen ausziehen, um etwas zu schwimmen – als ich ihn wieder sah, entlang des Ufers auf mich zukommend. Er stellte sich neben mich, sah auf das Wasser hinaus und interessiert auf mich, der schon das weiße T-Shirt ausgezogen hatte. Das dünne Tuch trug er immer noch um sich gebunden, sah kurz auf meine Badeshorts – um dann mit den Schultern zu zucken und das Stück Stoff abzulegen. Gleich darauf ging er ins Wasser, um sich dann wo es tief genug war fast wie von einem Sprungbrett aus hineinfallen zu lassen, und hinauszuschwimmen. Ich streifte meine Hose ab, versuchte ihm zu folgen, aber er war mir lange voraus.
Kurz vor dem gegenüberliegenden Ufer blieb er im seichten Wasser stehen, fast als ob er sich nicht weiter traute. Er schien sogar etwas überrascht zu sein, dass ich neben ihm war – und noch mehr, dass ich nun auch komplett nackt war. Ich trat an das Ufer, um nun direkt vor ihm zu stehen, und er war fast etwas verlegen, blickte eher zur Seite als zu mir. Langsam näherte ich mich seiner nass in der Sonne glänzenden Haut, und berührte sie zuerst mit einem Finger und dann mit beiden Händen, bis sich sein Blick mir zuwendete. Unsere Beine berührten sich, es war er, der sich noch ein Stück näher an mich wagte und eine Hand auf meinen Rücken legte. Sein Gesicht war direkt vor meinem – und er drehte den Kopf zur Seite, ganz langsam, und küsste mich auf den Mund. Ich presste mich noch näher an ihn, hielt ihn fest und wollte ihn nicht mehr loslassen, bis ich auch die Spitze seiner Zunge spürte.
Er hang sich sein Tuch nur über die Schulter, als wir den Fluss wieder durchschwommen hatten, und ich gab ihm die Hand, als er mit mir nach oben zu der Plattform gehen wollte. Ein bisschen länger als einen kurzen Moment hatte er bei mir einen deutlichen Blick nach unten gewagt, und obwohl ich nur im Durchschnittsbereich lag, klang bei ihm alles doch sehr nach großer Freude. Was bei ihm nun von nichts mehr verdeckt wurde, ging neben seinen kräftigen, festen Schenkeln fast unter, war aber mehr als genug, um mich in Versuchung zu führen. Sicherlich konnte er jeden bekommen, den er wollte, und vielleicht auch jede, das wusste ich ja nicht, aber er war nicht wie andere hier, die mich am liebsten gleich gegen die nächstbeste Wand lehnen wollten.
Das Spielbrett bewahrte er wohl in einer Mauerspalte auf, denn er holte es hervor und baute es nun wieder auf. Diesmal schien er nicht ganz so sorgfältig dabei zu sein, seine Steinchen aufzutürmen, und obwohl mein Turm zuerst zusammenfiel, zeigte er auf zwei daneben in anderen Farben, die mir wohl trotzdem zum Sieg verholfen hatten. Er packte meine Hand und hielt sie in die Höhe, ich klopfte ihm auf die Schulter, er strich mir durchs Haar, unsere Lippen trafen sich wieder – und diesmal hatte das mehr Folgen als zuvor am Fluss. Unweigerlich floss das Blut in tiefere Regionen ab, und ich kämpfte auch nicht dagegen an, oder wollte mich schnell bedecken.
Es kümmerte ihn nicht, dass er das Spiel mitsamt den Steinen mit dem Fuß streifte, als er zu mir hinüberrückte, und mich wie zuvor mit einer Hand berührte. Diesmal nahm er sie nicht gleich wieder weg, sondern massierte mich und tastete sich langsam vor. Mit Sicherheit hätte er viel kräftiger zupacken und sich wahrscheinlich ganz gut verteidigen können, wenn ihn jemand angreifen würde, aber seine Finger bewegten sich genauso zart auf mir, wie ich nun mit ein, zwei Fingern über seine glatte Gesichtshaut und durch seine tiefschwarzen Haare strich. Als ich die Umklammerung seiner Finger spürte, rang ich schon etwas nach Luft, legte den Kopf zurück und gab mich ihm hin, ließ es geschehen. Er hatte längst auch Flagge gezeigt, und vollständig aufgerichtet war beim ihm nun doch etwas mehr zu sehen, als ich mir vorgestellt hätte. Ich griff zu ihm hinüber, unsere Arme kreuzten sich, nachdem sich unsere Beine schon ineinander verschlungen hatten, er sagte etwas von dem ich kein Wort verstand und atmete scharf aus.
Als er sich bequem zurücklehnte, der Länge nach auf der Matte, beugte ich mich über ihn, küsste ihn wieder, ohne von ihm Widerstand zu spüren, küsste mich weiter nach unten, und spürte seine schon mit etwas Schweiß bedeckte, glatte und weiche Haut. Ohne zu zögern hatte ich ihn bald zwischen meinen Lippen, während ich noch mit beiden Händen seine Brust massierte, und hörte seinen spitzen Aufschrei. Er lag nun ausgestreckt vor mir, während ich über seinen Beinen kniete und mir seine männlichen Reize durch den Kopf gehen ließ. Der Geschmack änderte sich ein bisschen, und ich wurde dadurch nur noch schneller.
Doch ich stand wieder auf, als er mich etwas zu sich nach oben zog, und legte mich neben ihn auf die weiche Matte, die genug Platz für uns beide bot. Wieder spürte ich seinen Handgriff, er meinen, und als er nach immer kräftigerem Zucken in meiner Hand explodierte, durchschnitt ein lauter, gewaltiger Schrei die Stille, und er musste einige Male tief Luft holen. Fast schon wäre ich ihm gefolgt, und nachdem er wieder zu sich kam und sich seine Hand sofort wieder um mich kümmerte, überschritt ich Sekunden später auch schon die Schwelle und schloss die Augen. Gedanken gingen mir durch den Kopf, ob er noch da sein würde, wenn der Höhepunkt meinen Körper wieder losgelassen hatte.
Er war es, schnappte noch einmal nach Luft, lachte kurz, und streifte seine Hand mit ganz leicht verzerrtem Gesicht an einigen Zweigen ab, die zwischen den Säulen über die Steinplatten ragten. Fast gleichzeitig mussten wir den Wunsch gespürt haben, einen Kuss auszutauschen, und lagen eng aneinandergepresst noch lange so da, bis wir wieder etwas schwimmen gingen. Das Tuch trug er nur noch als Umhang über seine Schultern gelegt.
Ich versuchte es noch einmal mit etwas Fantasie-Spanisch, was er noch am ehesten verstand, als wir etwas weiter oben an einer Stelle mit noch besserer Aussicht standen, und in dem Tal mit seinen grünen und dann wieder sandigen und heißen Stellen in jede Richtung ein paar Kilometer weit sehen konnten. Den See schien er zu kennen, die andere Richtung aber fast aufregender zu finden – und er sagte irgendetwas über den morgigen Tag. Wieder zurück würde ich an diesem Tag kaum mehr gehen, das war mir klar, aber in der anderen Richtung mussten doch noch mehr sein – mucho, más, andere, otros – oder war er hier wirklich allein?
Als es dämmrig wurde, hatte er sogar etwas zu essen für mich, während ich ihm das zu trinken anbot, was noch in meinen Vorräten war. Er sprach mir sogar ein paar deutsche Worte nach, aber wir ließen das Gerede, als wir einfach nur nebeneinander lagen und in den Abendhimmel und die Landschaft schauten. Ich spürte, wie seine Hände über meinen Rücken strichen und mich seine Finger immer kräftiger durchkneteten. Wo auch immer er das Öl aufbewahrte, oder was auch immer es war, aber von einen Moment auf den anderen fühlte es sich feuchter und glitschiger an. Allzu oft hatte ich mich noch nicht massieren lassen, und schon gar nicht professionell, aber ungefähr so musste sich das anfühlen. Immer öfter bewegten sich seine Finger über meinen Rücken hinaus, verschafften sich dabei nur ein bisschen Einlass, und seine beiden Hände strichen auch meine Beine entlang, bis zu den Fußsohlen, immer wieder.
Es war nun sein ganzer Körper, der über mir lag und meinen Rücken entlangglitt, während er sich an meinen Oberarmen festhielt. Unsere Zungen näherten sich noch einmal an, berührten sich einige Male. Seine linke Hand strich massierend über meinen Körper, bis ich realisierte, dass er schon längst in mich geglitten sein musste, sein fest spürbares Begehren für mich zwischen meinen männlichen Rundungen versenkt hatte. Ich spürte überhaupt keine Schmerzen, nur seine zarte Haut, den Duft der noch angenehm warmen Abendluft, ein bisschen den des Öls und den von ihm. Etwas Angst hatte ich schon, dass die Matte unter mir schmutzig werden würde, doch ich wollte in diesem Moment nur ihn spüren, tief in mir. Seine öligen Hände glitten über mich, unsere Füße verhakten sich ineinander, ich vernahm ein leises Stöhnen – doch es wurde langsam immer dünkler, und er rutschte immer noch über meinen Rücken und klammerte sich fest an mich.
Mit einem Mal wurde sein Atmen heftiger, er schien sich kaum noch kontrollieren zu können – und ich glaubte ein feuchtes, warmes Gefühl in mir zu spüren. Für einige Momente hielt er inne, doch dann ließ ich mich von ihm zur Seite drehen. Es waren nun zwei seiner Finger, die mich ausfüllten, während sich seine andere Hand festen Halt an mir verschaffte. Gemeinsam bewegten wir uns noch einmal durch die Nacht, und als er mich erlöste, verband uns ein Kuss, und wir mussten nebeneinander eingeschlafen sein.
Kapitel 3 – Die unbekannte Stadt
Ich erwachte, sah den im rötlichen Morgenlicht liegenden Hang auf der anderen Seite, die Strahlen der Sonne, die meine Seite des Tals überfluteten, die glitzernden Stellen auf den Marmorplatten – aber ich war allein. Die letzte Nacht hatte ich wirklich noch in mir, und meine Haut fühlte sich wie nach einer Behandlung mit einer Hautcreme an. Er war nicht hier, und auch unten beim Fluss erwartete mich diesmal niemand. War es das, was er gesagt hat, er würde am nächsten Tag weitergehen, anderswo hin? Ja, ich glaubte mich sogar noch an seine Verabschiedung zwischen Traum und Halbschlaf zu erinnern. Vielleicht wollte er auch einfach wieder einmal seine Ruhe haben, die Vorräte mussten ja auch einmal zu Ende sein und nichts als Quellwasser und Obst wäre etwas langweilig. Fast kam mir alles wie der beste Traum seit Jahren vor, aber die Stein-Plattform mit ihren Säulen und Mauerstücken war noch da wie immer. Immerhin hatte ich noch ein paar Kekse, sogar mit Kaffeegeschmack, konnte ja noch ein schöner Tag werden.
Fast eine Stunde später überlegte ich immer noch, ob ich noch etwas hier bleiben, zurück zu Alejandro und Angelina oder einfach weitergehen sollte. Schließlich hatte ich ja gesagt, länger unterwegs zu sein, und sollte ich dem Geturtel der beiden wirklich ewig zuschauen? Vielleicht gab es da draußen auch noch andere Frauen für mich, oder Männer – oder alle zusammen? Ich improvisierte aus ein paar auf dem Boden liegenden Zweigen einen Pfeil, der in die Richtung der nächsten Biegung des Flusses zeigte, versuchte noch etwas in die sandige Erde zu schreiben, und ging los. Kaum einen Kilometer nach der Plattform glaubte ich neben einer Baumgruppe wieder etwas zu erahnen, etwas, das ganz anders und moderner aussah.
Es war ein Gebilde aus abbröckelnden Mauerstücken und Blech, der Lack von der Sonne ausgebleicht, vor dem ich nun stand, an die fünf mal zehn Meter groß und ebenerdig. Einige Kabel führten einen Mast hinauf, von dem ein paar geknickte Gitterstäbe herunterhingen. Diese Installation auf der Insel kam mir wieder in den Sinn, als ich durch die halb offenstehende Tür hineinging. Einige uralte Geräte, ein Bildschirm, offenbar ein Hauptschalter – nichts tat sich. Das in einem Schrank in einer Ecke sah nach einer Reihe von zusammengeschalteten Blei-Akkus aus, die wohl schon lange keine Ladung mehr gesehen hatten, und von diesen weißen Stäben mit unerschöpflicher Energie keine Spur.
In einer Schublade fand ich mehrere Kondome – Ablaufdatum September 1980. Ob das nur übriggebliebene waren, die Leute damals gar keine Zeit gehabt haben, sich näher zu kommen, oder schon wussten, dass man sich an diesem Ort vor kaum etwas zu schützen brauchte? Wobei, sogar in meiner Welt war das zu dieser Zeit ja noch ganz anders als später. Bei einem Stück Papier in einer anderen Lade hielt ich kurz den Atem an. Die mir bekannten Küstenlinien waren eingezeichnet, die Westkante, die Ostküste, andere Stationen, auch die Insel im Westen – und es gab eine Südküste, zumindest auf diesem Plan. Ein schönes Stück südlich vom dem, was Angelina Unbekanntes Südland genannt hatte, musste ich gerade sein, an diesem Fluss, der von einem großen See im Landesinneren ausging und nach Süden ins Meer floss. Maßstab konnte ich keinen erkennen, vielleicht war dieser Punkt quasi um die Ecke, vielleicht noch ein paar Tage zu Fuß entfernt.
Hier gab es sonst nichts mehr, zumindest nichts, das momentan brauchbar aussah, und so umrundete ich noch einmal aufmerksam das Gebäude, und machte mich wieder auf den Weg.
* * *
Eine Stadt aus Stein, aus Holz, was auch immer, manche Bauwerke fast wie kleine Schlösser und Burgen, tat sich vor mir auf. Viele kleine Lichter, manche davon in bunten Farben, verdrängten die langsam hereinbrechende Dunkelheit. Etwas am Rand erinnerte an ein kleines Hafenbecken, und sonst lag da draußen nur noch ein Meer. Ich fühlte mich nicht wirklich müde, als ich an dieser Anhöhe stand und herunterblickte. Das lange, sehr stabil wirkende und als Mast dienende Rohr mit den vielen Antennen etwas neben mir, fast alle auf das Meer hinaus gerichtet, war mir nicht sofort aufgefallen. Ich hielt mich mit einer Hand daran an und ließ meinen Blick noch einmal von links nach rechts schweifen.
„Hallo!“, sagte auf einmal eine Stimme, und ich zuckte zusammen. Ich drehte mich zur Seite und sah, dass sie einer Frau gehörte, die fast so groß wie ich, aber noch schlanker war, mit kastanienbraunen langen Haaren, in einer eher knappen, hellgrauen Hose – und wirklich süß. Sie sah irgendwie schwedisch oder wie aus Dänemark aus, und schien sich zu freuen, hier jemand zu treffen.
„Ähm, hallo, guten … Abend!“, sagte ich.
„Wie hast du das gemacht?“
„Was gemacht?“
Sie drehte sich um, ging ein paar Meter weg, und ich bemerkte das kleine Dach, unter dem sie etwas herumkramte. Nun hörte ich sehr laut und deutlich einen Nachrichtensprecher – „... weiterhin trüb. Tiefstwerte der kommenden Nacht 3 bis 4 Grad, im manchen Lagen ist auch Frost möglich. Morgen ...“.
„Es kommt nur selten etwas durch, aber wie du hier vorbeigekommen bist … so stark ist es nicht oft“, sagte sie, als sie wieder neben mir stand.
„Ja, also ...“, sagte ich und nahm die Hand vom Mast weg – plötzlich war Rauschen zu hören. Sie sah mich an, wie wenn ich fliegen könnte und gerade vor ihr gelandet war, sah auf den Antennenmast, meine Hand, und mir kurz direkt in die Augen. Ich berührte das Stahlrohr wieder – und der Sprecher war wieder da.
Sie überlegte kurz, nahm meine Hand weg, berührte das Rohr selber, doch nichts veränderte sich.
„Wow!“, sagte sie nur, und ich berührte es wieder. Das Programm blendete sich in Musik über, klang wie Moonlight Serenade oder so. Die Frau machte ein paar kleine Schritte seitwärts, bis sie direkt neben mir stand. Zögerlich streckte ich ihr meine Hand entgegen.
„Marcello.“
„Ina“, sagte sie und drückte halbfest zu.
Wir standen wortlos nebeneinander und sahen auf die kleine Stadt und das Meer. Ich glaubte ihre Hand auf meiner Schulter und auf meinem Rücken zu spüren, doch als ich sie ansah, zog sie sie schnell wieder weg. Zart griff ich nach ihrer Hand und legte sie wieder auf meine Schulter, und diesmal blieb sie dort liegen.
„Wollt ihr wirklich wissen, was da draußen los ist, oder nur die neuesten Hits hören?“, sagte ich.
„Beides.“
„Draußen auf dem Meer ist ein Wurmloch, eine durchlässige Grenzschicht oder so?“
„Jedenfalls kommt es aus dieser Richtung am stärksten. Und du bist …?“
„Ja, ich komme von drüben, aus der Eiswüste“, sagte ich und kurzes Schweigen lag in der Luft.
„Es muss schon über ein Jahr her sein, wie zuletzt jemand durchgekommen ist, aber ich kann mich nicht erinnern, dass einmal jemand den Empfang in Ordnung gebracht hat.“
„Ich habe noch ganz andere Sachen in Ordnung gebracht, auch wenn ich nicht genau weiß wie.“
Ihre Hand drückte sich etwas fester an mich, und fast glaubte ich, dass sie sich ein bisschen unter mein T-Shirt vortasten wollte. Das Rauschen registrierte ich kaum noch, als ich beide Hände in ihre legte, noch etwas näher kam und sie zögerlich umarmte. Es war sie, die sich fester an mich drückte, um mir dann tief in die Augen zu blicken. Für einige Sekunden waren unsere Lippen nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt, ich berührte ihr ärmelloses Shirt und fühlte ihren Rücken, und mein Kinn ruhte auf ihrer Schulter. Ich hätte mich wieder einmal rasieren sollen, doch sie bewegte sie fast noch ein bisschen hin und her.
Noch einmal berührte ich den Antennenmast, die Musik kam wieder – doch ein Schaben und Kratzen lag nun immer mehr darüber, blechern, metallisch, bis darunter nur noch leise etwas herauszuhören war.
„Siehst du, alles kann ich auch nicht, aber ich schätze, die Übergangsstelle ist dabei, sich wieder zu schließen.“
„Wir können auch später noch drüber reden“, sagte Ina, nahm mich kurz an der Hand, und ging in Richtung des Weges, der nach unten zur Stadt führte, neben uns der Fluss, der an dieser Stelle eine Art Wasserfall bildete.
Wir gingen durch etwas, das mich an einen orientalischen Bazar erinnerte, mit ein paar Meter breiten, teilweise überdachten Gassen und einem geschäftigen Treiben aus sehr leicht bekleideten Menschen. Bei manchen Geschäften und Ständen konnte man sich nicht ganz sicher sein, ob das jetzt verführerische Kuchen oder doch farbige Seifenstücke waren, doch es war kein Weihnachtsmarkt, wo sich wenige Meter neben der Glitzerwelt die kalte, graue Wüste ausbreitete, sondern fühlte sich wie ein perfekter Sommerabend an. Die Gasse mündete in einen mittelgroßen Platz mit ein paar Bäumen, Lichtschlangen, lauter Musik aus einer Richtung, voll tobendem Leben – und mir war, als hätte ich den Mann wieder gesehen, den ich von dieser Stelle mit den Marmorplatten kannte.
„Kennst du ihn?“, fragte ich sie und zeigte dezent hinüber.
„Der ist soo süß! Ist mir in letzter Zeit ein paar Mal aufgefallen, muss aus Südamerika sein. Aber ich fürchte, ich müsste schon ein Mann sein, um ihn näher kennenzulernen.“
„Na zum Glück bin ich einer – und ich habe ihn sogar schon näher kennengelernt.“
Ina blieb sofort stehen, sah mich an, doch ihre Mimik wandelte sich innerhalb von Sekunden von erstaunt zu erfreut. Es schien ja auch in dieser Stadt nicht ungewöhnlich zu sein, dass einem manchmal zwei Händchen haltende Männer begegneten. Wir setzten uns zu einer Art Freiluft-Bar, ungefähr gegenüber jener, wo er saß, stießen mit einem Getränk an, das an roten Sekt erinnerte, und beobachteten in Ruhe die Szene. Ja, er hatte mich nun auch bemerkt, und ging quer über den Platz langsam auf uns zu. Neben so etwas wie einem dünnen Umhang trug er ein sehr kurzes Höschen und warf mir ein Lächeln zu, wirkte gar nicht überrascht, mich hier zu sehen, und ohne Umschweife trafen unsere Lippen aufeinander. Ich bot ihm etwas von mir zu trinken an, doch Ina drehte sich um und bekam sofort noch etwas vom Schanktisch hinter uns. Zu dritt stießen wir an, obwohl sie auch kaum verstand, was er sagen wollte. Diesmal gab ich ihr, nachdem unsere Lippen wieder kurz voreinander gestoppt waren, und sie sich aber noch weiter zu mir bewegte, ein Küsschen – und als sie ihm näher kam, erstarrte die Stimmung, die Zeit schien langsamer abzulaufen. Wie ein Kunstwerk bewunderte sie seinen Körper, sein Gesicht, rückte weiter an ihn heran – doch er zierte sich, wich zurück, ohne dabei sein freundliches Lächeln aufzugeben. Ich fühlte ihren Frust, dass ich erleben konnte, was ihr verwehrt blieb, aber trotzdem sah er aufmerksam zu, als sie in Richtung einer Seitengasse zeigte und etwas andeutete. Wenigstens nahm er von mir den Kuss an, den sie kurz zuvor noch an mich weitergegeben hatte, während meine linke Hand auf ihrer und meine rechte auf seiner Schulter ruhte.
* * *
Es war eine etwas ruhigere Stelle, von der aus sie mit mir vorbei an ein paar herabhängenden Stoffbahnen in einen halbdunklen Innenraum ging. Wie war schnell noch sein Name gewesen, Leandro? Ob er uns heute noch folgen würde, oder ich ihn dort am nächsten Tag beim Frühstück treffen konnte? Ina ging eine kurze Treppe aus Steinblöcken hinab, bis wir in einem großen, verwinkelten Raum standen. Farbiger Stoff hing von den Wänden herab, außer uns war niemand zu sehen und nur ein paar entfernte Geräusche zu hören, und ich sah eine große, sehr weich und plüschig aussehende Sitzgelegenheit. Ich ließ mich darauf fallen und lehnte mich weit zurück, doch sie ging weiter und ich sprang wieder auf und folgte ihr.
Wir standen in einem Innenhof, am Rand eines Wasserbeckens, wobei das Wasser scheinbar immer in Bewegung war und über eine kleinere Verbindung um die Ecke weiterfloss. Etwas Licht drang vom Durchgang her zu uns, gerade so viel um genug zu sehen. Sie warf mir kurz einen Blick zu, um dann sogleich ihr dunkelgelbes, ärmelloses Shirt auszuziehen, das vorher schon nicht allzu viel verborgen hatte. Während ich kurz mit einer Hand die Temperatur prüfte – das Wasser musste über 30 Grad haben und die Luft an die 25, hielt sie mit beiden Händen den Bund ihrer kurzen Hose fest.
„Das hättest du gern, oder?“, sagte sie.
„Du meinst etwas schwimmen? Natürlich!“
„Aber du schwimmst zuerst!“
Sie beobachtete genau, wie ich mein T-Shirt auszog, es mit einer Hand in eine Ecke warf und bei meiner Hose innehielt, an sich waren es ja Schwimm-Shorts. Doch wir zogen uns fast im gleichen Moment komplett aus, und stiegen in das Wasser. Ich schwamm das Becken entlang, hielt mich am Ende mit ausgestreckten Armen am Rand fest – als sie auf mich zukam und direkt über mich fiel. Den Rand loslassend, klammerte ich mich an sie, drückte sie fest an mich, mein Mund traf auf ihren und unsere Zungen berührten sich. Ich drehte mich mit ihr um, drückte sie an den Rand des Beckens, und sie sah kurz nach unten.
„Das hättest du wohl gern“, sagte ich.
Gerade so einigermaßen an der Luft getrocknet, hatte ich mich mit ihr auf das große Plüschsofa geworfen und ihre Hände begannen damit, mich komplett zu erkunden. Als ich kurz aufblickte, glaubte ich etwas zu hören, Schritte. Es war Leandro, der am Eingang stand, sein dunkelbrauner, kräftiger Körper zeichnete sich vor einem orangen Vorhang ab. Zwar hatte er mich erkannt, wagte sich aber nicht weiter, wie er uns so sah. Doch Ina bedeckte sich und ihre sanften Rundungen mit einem großen Tuch neben sich, und er kam näher. Ruhig setzte er sich neben mich und schüttelte zögernd aber doch die Hand, die sie ihm reichte. Sogar das Streicheln seiner ausgestreckten Hand, die auf meinem Oberschenkel ruhte, duldete er noch von ihr. Ich spürte ihre Aufregung, bildete aber für ihn immer noch eine schützende Barriere zu ihr.
Entschlossen sprang sie auf und kam mit einem Spielbrett mit einem Haufen Steinchen zurück, das mir bekannt vorkam.
„Was ist das jetzt genau für ein Spiel?“, fragte ich sie.
„Ganz einfach, wer gewinnt, darf sich etwas wünschen, und wenn alle Lust haben, kann man es auch spielen bis alle gewonnen haben.“
Leicht böse sahen sich die beiden an, und er begann mit dem ersten Zug. Sie hatte das Brett auf meine Oberschenkel gestellt, und ich versuchte es halbwegs ruhig und gerade zu halten. Meine Beine hatte ich ja noch unter Kontrolle, aber ansonsten konnte es langsam etwas schwierig werden. Dezent machte ich sie darauf aufmerksam, einen Stein in einer anderen Farbe neben ihren Turm zu setzen, uns sie wusste wohl auch, dass sich das positiv auf die Punkte auswirken konnte. Als wieder ein Spielstein bei seinem zweiten Turm danebenfiel und einige darunter mitriss, war ich mir nicht ganz sicher ob es vielleicht doch an meinem Wackeln gelegen ist, aber sie jubelte und er musste sich geschlagen geben.
„Unbedingt musst du nicht … te no tiene que“, sagte sie in seine Richtung und hielt seine Hand, doch er antwortete nichts, lehnte sich bequem zurück und schloss die Augen. Langsam stand ich auf, strich mit meinen Händen über seine Schenkel, setzte mich über ihn, nahm ihm seinen Stoff-Umhang ab und legte ihn zur Seite. Auf dem Boden vor ihm kniend, massierte ich durch den dünnen Stoff seiner Hose, um sie dann Stück für Stück nach unten zu ziehen und zu Gesicht zu bekommen, was mir nicht mehr fremd war. Ina hatte sich neben mich gekniet und berührte nun mit ihren Händen seine voluminösen, festen Oberschenkel und, zuerst nur mit ein, zwei Fingern, nicht nur diese. Für einen Moment kam mir die Aktion gar nicht richtig vor, aber er hätte ja auch nein sagen können. Sicherlich konnte er ihre zarten, weiblichen Hände von meinen etwas raueren blind unterscheiden, aber auch wenn er nicht wirklich auf Frauen stand, so hätte ich das in diesem Moment genauso vor ihm sein können.
Doch es war wohl nötig, unterstützend einzugreifen, und so rückte sie zur Seite, und ich konnte seine nur langsam aufstrebende Männlichkeit mit meiner Zungenspitze berühren und in meinem Mund verschwinden lassen. Er quittierte das sofort mit einem deutlichen Lächeln in seinem Gesicht, und nach dem Spiel meiner Zunge versuchte ich, ihn wieder ihr zu überlassen. Beim Einsatz ihrer Lippen räkelte er sich fast mehr hin und her als bei mir, aber ob sie wirklich etwas erreichen würde?
Mit einem Mal riss er die Augen auf, sah zu ihr hinunter, ihre Blicke trafen sich, und sie stand langsam auf. Genauso gemächlich setzte sie sich über seine Oberschenkel, näherte sich seinem Gesicht, sah nach unten und er auch. Als ich bei ihm eine „mach es doch“-Geste zu erkennen glaubte, stützte sie sich an ihm ab, ging etwas in die Höhe und ein Stück weiter nach vorne. Zumindest sah es bei ihm in diesem Moment nicht so schlecht aus, und sie nahm eine Hand, spielte noch etwas mit ihm, um dann seine blanke Haut auf ihre weibliche Feuchtigkeit treffen zu lassen und ihn in ihren Körper hinein zu dirigieren. Er musste ja schon wissen, dass es nichts für ihn sein würde, aber sie hatte immerhin ihre halbe Minute mit ihm, bis er gequält das Gesicht verzog, sie sich neben ihn setzte, und bei ihm sichtlich erst einmal nichts mehr ging.
Leandro sah sich etwas um, verschwand in Richtung des Durchgangs zum Pool, und ließ Ina mit gespreizten Beinen auf dem Sofa zurück. „Dann mach du bitte weiter“, deutete sie ohne Worte an, und ich drehte mich zu ihr hinüber, um direkt vor ihr zu stehen. Mit zwei Fingern und meiner Zunge fühlte ich noch, was mich erwarten würde, bemerkte auch mit den Fingern meiner anderen Hand, dass wenigstens für sie die die Dinge immer noch sehr verhärtet waren, und ich fühlte, dass sie das Spielchen mit ihm mehr als genossen hatte und mich nur noch so bald wie möglich spüren wollte. Dass sie noch ihre Hand an mich legte, wäre fast nicht mehr nötig oder sogar schon zuviel für mich gewesen. Meine Haut traf auf ihre, wir rutschten ineinander, meine Schwellung zwischen ihren Anschwellungen, und ich musste mich etwas zurückhalten, wie sie ihre Beine noch etwas mehr spreizte.
Ina beugte sich nach vorne, klammerte sich um meine Schultern – und ich packte ihre Beine und stand mit ihr auf. Eine extrem zierliche Frau war sie ja nicht, aber trotzdem war sie mir nicht zu schwer, und ich versank weiter in ihr, in der leichten Schwüle um uns und den Schweiß auf unserer Haut. Mit einem Mal verkrampften sich ihre Finger, drückten sich fest in mich, ihr Wimmern wurde zu einem Schreien, und Sekunden später schoss meine männliche Feuchtigkeit zu ihrer weiblichen und bildete tief in ihr ein warmes Meer.
Ich ließ mich mit ihr zurückfallen, sie atmete schwer, krampfte sich noch einmal zusammen, während meine Hände sie massierten und ich mir den Schweiß von der Stirn wischte. Einen Kuss später schaute ich hinaus zum Wasserbecken und sah ihn etwas lustlos im Wasser planschen. Seine Stimmung schien sich zu ändern, als er mich sah und ich zu ihm stieg.
„Ich kümmere mich schon darum, keine Angst“, sagte ich, strich ihm über seine Schultern, kam näher zu ihm, küsste ihn. Vorsichtig tasteten sich seine Hände über meinen Rücken, meine wanderten an seinem Körper hinab und machten so weiter, als ob nichts gewesen wäre. Wir standen am Beckenrand, eine leichte Strömung zog an uns vorbei, und er holte Luft und atmete schneller, als ich ihn fest in meinem Griff hatte. Ich spürte das Zittern, das durch ihn ging, sein schnelles, scharfes Einatmen, seinen Fuß an meinem – und dann war es auch schon geschehen. Sein tiefer Kuss genügte mir, denn für mich war es das an diesem Tag wirklich gewesen.
* * *
Helle Lichtstrahlen drangen durch hohe Fenster, ein paar Staubteilchen tanzten durch die Luft, und ich fand mich allein zwischen den Betttüchern wieder. Ich hatte von einem Abgrund aus glühend heißer, dunkelroter Lava geträumt, draußen auf dem Meer, aber er verschwand einfach, nur durch die Kraft meiner Gedanken und ein bisschen Liebe und Aneinanderkuscheln. Nur, an wen überhaupt? Noch etwas verschlafen, aber schon zu wach und neugierig, um noch länger hier herumzuliegen, sprang ich auf, spritzte mir klares Wasser ins Gesicht und machte mich etwas frisch, fand auch meine Hose wieder und stand nun auf einer schon etwas belebten Gasse, nachdem ich den Vorhang zur Seite geschoben hatte und die Treppe wieder nach oben gegangen war.
„Ich bin schon einmal voraus gegangen, du hast so gut geschlafen“, sagte Ina nach einer kräftigen Umarmung und einem Küsschen, als ich sie auf dem Platz von gestern bei dieser Bar entdeckte, die bei Tageslicht ganz anders wirkte. Sie strahlte immer noch ihr freundliches Lächeln aus, wirkte aber etwas aufgeregt, weil sie mir etwas zeigen wollte. Nicht weit von hier gingen wir in ein Gebäude und in einen Raum mit Geräten, der ein bisschen moderner wirkte als das, was ich von den Funkstationen kannte.
„Es ist nur eine leere Trägerfrequenz, aber es kommt aus Norden, wo du hergekommen bist, seit 15 Minuten. Dort war einmal ein Außenposten, aber ...“
Ein Geräusch war zu hören, ich zuckte zusammen, klammerte mich an Ina. Es war die Stimme von Angelina, und ihr Gesicht tauchte auf einem Monitor auf, den Ina gerade eingeschaltet hatte. Alejandro stand hinter ihr, seine Arme um sie gelegt.
„Marcello, bist du das?“
„Ja … ich bin … es gibt eine Südküste, ich bin an der Südküste, wo der Fluss ins Meer mündet.“
„So ungefähr haben wir uns das schon gedacht. Ich sehe, du hast jemand kennengelernt?“
„Ja, das war so … Seid ihr bei dieser Station am Flussufer, in diesem Tal?“
„Genau dort, war ziemlich kaputt, aber nicht unmöglich, die Technik wieder zum Laufen zu bringen“, sagte Alejandro.
Fast war mir so, wie wenn das Signal viel klarer und stabiler wurde, als ich meine Hand auf ein Gerät mit einigen leuchtenden Lämpchen legte.
„Ich habe eine Stelle in dem Buch gefunden, die etwas mit dir zu tun haben könnte – aber reden wir später weiter, gut?“
* * *
Ich wusste nicht genau, wie ich mich fühlen sollte, weil Angelina und Alejandro jetzt wohl wirklich ein Paar waren, und ob ich mich dann eben freuen sollte, Ina für mich gewonnen zu haben. Wie sähe wohl alles aus, wenn ich mit den beiden durch die Landschaft bei diesem See gegangen wäre? War kurz danach wirklich ein breiter Streifen trockener Wüste, den noch kaum jemand durchquert hat? Würden wir alle einfach hierbleiben, so lange wir Lust dazu hatten? Doch erst einmal ging ich mit Ina in Ruhe den Strand entlang, und hatte bald auch Leandro an der anderen Hand, der uns unterwegs begegnet war.
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