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Kommentare: 2 | Lesungen: 1987 | Bewertung: 8.64 | Kategorie: Sex Stories | veröffentlicht: 03.05.2021

Lona VI - Sexuelle Gefälligkeiten

von

Ich sitze hier auf Zypern, am Kai der Limassol Marina auf meiner Jacht und habe keine Ahnung, wie ich hier wieder wegkomme.


Wie ich hier hin und alles das gekommen ist? OK, der Reihe nach.


Zuletzt waren wir auf Kreta, Gerôme und ich. Dort verlebten wir einen wunderbaren Tauchgang nach dem anderen. In der Steilküste verbargen sich unendlich viele Grotten und Unterwasserhöhlen. Es war echt ein Traum. Wir kurvten immer von einer zur nächsten Empfehlung, holten uns Tipps überall und lebten einfach eine tolle Zeit. Gerôme und ich, miteinander und auf der wunderbaren Insel. War echt ein krasser Traum, von mir aus sollte er bis an mein Lebensende dauern.


Bis mein Liebster dann die krassest bekloppte Idee hatte und nach Zypern wollte. Ich wäre mittlerweile so seefest, meinte er dazu, dann sollten wir die östlichste griechische Insel erforschen. Auch für dort hatten wir einige Geheimtipps und andere Empfehlungen erhalten. Es sollte dort tausendmal schöner sein, als bereits auf Kreta.


Wir ließen uns den Floh ins Ohr setzen und eines Tages brachen wir auf nach Zypern. Ich fühlte mich sicher an der Seite des unfehlbaren Käptens, dem nie etwas Schlimmes passieren könnte, nie, nie, niemals.


Die Überfahrt war nicht so schlimm, mittlerweile wusste ich ja, wie mein Schatzi navigiert und dass all die komplizierten Gerätschaften des Schiffes uns mehr oder weniger automatisch zum Ziel brachten. Sobald ich auch nur den Anflug von Unsicherheit bei mir bemerkte, verlängerte ich die normale Lesezeit von zwei Stunden und las laut französische Romane und Erzählungen.


Auf Zypern bekamen wir tatsächlich einige Höhlen zu Gesicht, die unterschieden sich nicht nur kaum von den kretischen, sondern waren auch allesamt von Touristen verseucht. Nirgends gab es auch nur eine ruhige Minute, du konntest hinkommen, wo du wolltest, es war immer schon jemand da. In Deutschland gab es Weihnachtsferien, die Insel war übervölkert von deutschen Touristen, zumindest die Orte, die wir aufsuchten.


Frustriert saßen wir abends auf dem Achterdeck und ließen uns die laue Brise um die Nase wehen, die vom Meer her über den Hafen und hinauf ins Land wehte.


Gerômes Handy habe ich noch nie läuten hören, jetzt erklang eine Art Feuerwehrsirene, die uns beide zusammenschrecken ließ. Er suchte sein Handy und meldete sich. Er hörte nur einen Moment zu.


„Was?“, meinte er erschreckt. „Wie?“


Er hörte weiter zu, was man ihm erzählte, war aschfahl geworden.


„Ich komme!“, sagte er entschlossen und beendete das Gespräch.


„Mein Onkel und meine Tante sind tödlich verunglückt. Das waren unsere allernächsten und allerliebsten Verwandten, sie wohnen mit uns in einem Haus. Tante Helen war meine Patentante, die ‚marraine‘. Ich muss da hin!“


Er war erschüttert und aufgeregt. Er suchte mit zitternden Fingern im Tablet Flugverbindungen nach Frankreich und fand sie. Es gab einen Flug, für den er nicht genügend Geld besaß. Kurz entschlossen und voller Mitleid buchte ich den Flug auf seinen Namen, rief ihm ein Taxi, gab ihm noch Geld und weg war er. Es war klar, er würde in zwei bis drei Wochen wieder da sein. Bis dahin solle ich den Französischunterricht nicht vernachlässigen, gab er mir noch mit, bevor er von Bord ging.


„Geht klar, Käpten!“


Natürlich hielt ich mich an mein Versprechen, logisch. Zusätzlich zum Unterricht putzte ich das Schiff heraus, damit er es krass sauber wieder zu Gesicht bekommen würde. Es glänzte und war sauber bis in den hintersten Winkel, ich hab geputzt und gewienert und mit Polster- und Teppichreiniger gearbeitet, damit alles wieder so aussah wie neu. Dabei habe ich nicht vergessen, mindestens vier Stunden am Tag laut französische Bücher vorzulesen. Es war zwar keiner da, der zuhören und mich verbessern konnte, aber bei Wörtern, die mir nicht so geläufig waren, holte ich mir Rat aus dem Internet.


Alles lief prima, ich zählte bereits die Stunden, bis ich ihn wieder hier begrüßen und in seinen Armen liegen dürfte, bis, ja, bis mir Gerôme mitteilte, dass er die Tochter der Cousine seines Vaters wieder getroffen hatte, eine Jugendfreundin oder besser, eine Jugendliebe. Ganz begeistert erzählte er, dass sofort die große Liebe entbrannt wäre und sie sich mit Heiratsgedanken trügen.


„Du kannst mir glauben, Süße, das habe ich nicht geahnt, dass das so passieren würde!“


Es wäre auf keinen Fall jemals sein Plan gewesen, aber gegen die Liebe wäre er einfach machtlos.


Selbstverständlich wäre ich zur Hochzeit eingeladen.


Zack, Ende des Gesprächs, Ende unserer gemeinsamen Zeit.


Na, das kann ja nicht wahr sein! Ich rief ihn zurück. Er nahm das Gespräch an, ließ mich aber nicht zu Wort kommen.


„Süße, ich habe keine Zeit. Bitte akzeptiere meine Entscheidung, die Liebe ist einfach stärker als ich!“


„Aber ich …“, jedoch bevor ich zu Wort kommen konnte, hatte er mich bereits abgehängt. Alles bitten und betteln verhallte ungehört im Äther, er nahm meine Gespräche einfach nicht mehr an. Bis ich es dann akzeptierte und sauer auf ihn wurde.


Toll, gaanz toll hatte er das hinbekommen! Anstatt mich abzuholen, ließ er mich im Stich, hier in Limassol auf Zypern, auf meinem Boot, das gleichzeitig mein Zuhause war. Er hatte mich her gebracht, ließ mich schmählich im Stich, obwohl er genau wusste, dass ich selbst nicht vom Fleck kommen würde. Ich weiß selbst, wie man sich fühlt wenn man verliebt ist, man vergisst alles andere, sieht nur die Liebe, kenne ich ja aus den Filmen. Dass aber ich zu den Dingen gehörte, die er einfach so links liegen ließ, das wollte mir nicht in den Kopf gehen.


Mittlerweile war er seit mehr als sechs Wochen weg, wahrscheinlich bereits verheiratet und ich saß hier, mutterseelenallein. Da soll man nicht das arme Dier bekommen.


Mit dem Boot in der Fremde liegen zu bleiben, das war eine Suppe, die ich mir nicht selbst eingebrockt hatte, die ich nicht auslöffeln wollte und auch nicht konnte.


Es bestand natürlich die Möglichkeit, das Schiff Schiff sein zu lassen, in den Flieger zu steigen und nach Monaco zurück zu fliegen. Das kam aber für mich nicht infrage, dazu war das Boot zu wertvoll und außerdem war es mein Zuhause, das gibt man nicht so leicht auf.


So saß ich da seit fast sieben Wochen allein, ohne Ausweg und im heulenden Elend, als am Pier ein Mann rief:


„Ahoi, jemand an Bord?“


Der Mann war schon älter, so um die Vierzig oder Fünfzig. Er sah mich und fragte:


„Ist noch jemand an Bord?“


„Nein, sonst ist niemand hier!“ Er rief französisch und ich antwortete auch so. Mittlerweile bereitete es mir keinerlei Schwierigkeiten, gleich französisch zu denken, zu verstehen und zu antworten. Das wurde mir in dem Moment bewusst, deswegen war ich mega stolz auf mich, für den einen Augenblick.


„Richte doch bitte aus, dass wir heute Abend eine Party geben, es kann ein wenig lauter werden.“


Er deutete auf die große Jacht, die ein paar Liegeplätze entfernt lag.


„Wenn es passt, würde ich mich freuen, den Eigner und seine Leute bei mir begrüßen zu dürfen. Es geht um sieben heute Abend los. OK? Wirst du das ausrichten?“


Einerseits beruhigte es mich, dass ich immer noch so jung aussah, dass mich die Leute für ein Kind halten, andererseits beleidigte es mich auch. Allerdings war ich es gewohnt, nicht ganz für voll genommen zu werden, daraus mache ich mir in Normalform nicht allzuviel.


„Ich werde es ausrichten“, antwortete ich.


„Sehr schön, danke“, meinte er nur und zog ab.


In meiner Stimmung fand ich es beinahe zum heulen, dass man mich immer noch nicht ernst nahm. Andererseits, wenn man jetzt an dem heulenden Elend vorbei schaute und es hinter sich ließ, dann kam man unweigerlich zu einem wesentlich wichtigeren Punkt: war ich nun ein Party-Girl oder war ich das nicht? Die ganze Zeit wartete ich auf Gerôme, weil ich ihn für die ganz große Liebe hielt. Seit seiner Entscheidung, lieber eine andere zu lieben und auch noch zu heiraten, hing ich hier in Trauer herum und wartete darauf, dass eine Lösung vom Himmel fiel. Dabei war ich doch das Gegenteil von einem Trauerkloß! Bisher fiel mir in schwierigen Situationen immer etwas ein, wieso sollte sich nicht jetzt auch etwas ergeben? Zuerst einmal musste ich den Trauer-Modus verlassen.


Der größte Teil meiner Garderobe bestand aus Party-Kleidung, seitdem ich denken kann, war ich an jedem Wochenende auf mindestens einer Party. Natürlich war ich ein Party-Girl.


Das hat sich erst geändert, seitdem ich mit Gerôme unterwegs war. Seit der Abreise von der Werft seines Onkels war ich auf keiner Party mehr. Abgesehen jetzt von der bei Raymond. Dabei meine ich, dass das nicht unbedingt als Party gewertet werden konnte, das war eher eine Erotik-Veranstaltung, wenn man es nicht noch wesentlich deftiger bezeichnen wollte.


Als ich bei Erotik angelangt war, fiel mir auf, dass ich jetzt seit wie vielen Wochen nichts mehr hatte? Seit sieben Wochen? So lange war Gerôme weg und seitdem war ich mit keinem Mann mehr zusammen. Seitdem ich vierzehn oder fünfzehn war, ist es nicht mehr zu einer so langen Zeit ohne Sex gekommen. Da ist es ja kein Wunder, dass ich mich im Elend verkrieche. Es war keineswegs ein von mir ausgelöstes Elend, sondern viel eher ein Mangel an Glückshormonen, hervorgerufen durch akuten Sexmangel. Da kam mir eine Party natürlich Recht, selbst wenn nur alte Leute daran teilnehmen.


House-Musik gibt es ja schon lange, die wird auf fast jeder Party gespielt, macht einfach gute Laune. Manchmal, wenn die Leute sehr alt sind, dann kommt auch schon mal der Vorläufer der Housemusik durch die Lautsprecher. Disco nannten sie es damals, aber danach kann man genau so tanzen und die Musik macht genau so gute Laune wie House. Mit Musik kenne ich mich eben aus, ist eines meiner Fachgebiete.


Es war davon auszugehen, dass es auch etwas zu essen geben würde, deswegen erreichte ich die Party-Jacht hungrig. Gerôme hatte sich einige nicht ganz billige Rotweine gewünscht, die lagen im Weinkühler meines Schiffes und gammelten vor sich hin. Aber Rotwein soll ja besser werden, wenn er liegt. Eine der teureren Flaschen überreichte ich als Gastgeschenk dem Typen, der mich heute morgen eingeladen hatte. Er schaute hinter mich, ob noch jemand kommt und sagte:


„Ach du bist es, wo ist denn der Eigner? Ist es dein Vater? Deine Eltern?“


Bin ich dazu auf der Welt, alte Leute aufzuklären? Nein, das bin ich nicht. Stattdessen grinste ich ihn an und erklärte:


„Die kommen nach. Ich heiße übrigens Lona und du?“


Er guckte dämlich, wohl weil ich ihn duzte, aber er hatte damit angefangen, also stand mir das auch zu.


„Hi Lona“, meinte er und musterte mich ausführlich von oben bis unten. Die Party-Klamotten heißen Party-Klamotten, weil man darin besonders sexy herüber kommt. Als er so glotzte, überlegte ich wieder einmal, ob ich mir die Brüste vergrößern lasse, da hätte er dann mehr zu schauen. Dagegen spricht einfach, dass die meisten Frauen, die das an sich haben machen lassen, es wieder rückgängig gemacht haben. Echt fühlt sich wohl anders an, als solch ein Silikonkissen. Über die Länge des Rockes sagte er nichts, er dachte sich sein Teil. Mir war es egal, was er dachte, ich schaute, ob man das Büfett oder etwas in der Art sehen konnte.


„OK Lona“, meinte er dann. Er war kein Franzose, das konnte ich heraushören, später erfuhr ich, dass er Kanadier war. Es war neu für mich, dass man dort französisch sprach, ich dachte, die sprechen da englisch.


„Nimm dir etwas zu trinken, Fruchtsäfte und Sprudel stehen hinter dem Tresen. Zu essen gibts hinten auf dem Tisch. Viel Spaß.“


Auf dem Oberdeck wurde getanzt, wie vermutet, zu House-Musik, aber krass laut und mega geil. Nachdem ich etwas gegessen und zwei Gläser Prosecco geschlürft hatte, warf ich mich ins Getümmel. Es tat mir echt gut, so unter Leuten zu sein. Der Eigner war ganz offensichtlich der Älteste an Bord, die anderen Leute waren alle so um die Dreißig, zumindest die meisten, extrem viele Girls darunter. Ein Typ war jünger, vielleicht vier-fünfundzwanzig, ein echt großer. Ich hab den so auf zwischen einsachtzig und einsneunzig geschätzt, so groß wie Odessa etwa. Das ist für mich eigentlich zu groß, ich bin ja manchmal genau einsfünfzig und manchmal ein paar Zentimeter größer, je nachdem, wer misst. Aber der war der einzige, der vom Alter her für mich infrage kam, außerdem sah der echt gut aus. Dunkle Haare und blaue Augen, darauf stehe ich ja. Nun, der fand auch Interesse an mir, wir tanzten immer in der Nähe, er musste sich anscheinend genau so austoben wie ich. Nach einiger Zeit gingen wir etwas trinken. Er stoppelte mit ein wenig Französisch rum und ich mit ein paar Brocken Griechisch, was man eben so aufschnappt beim Einkaufen und so.


Er verstand ein Wort nicht auf Französisch und ich kannte den griechischen Ausdruck nicht. Es machte mich fuchsig, dass ich mit ihm kein bisschen flirten konnte, weil wir die Sprachen nicht konnten. Flirten kann man natürlich auch mit den Augen, logisch. Es war ganz klar, dass ich ihn für mich gewinnen würde, auch wenn wir keine gemeinsame Sprache fänden. Die Sprachen der Körper miteinander sind auf der ganzen Welt gleich, da gibt es keine Verständigungsschwierigkeiten. Trotzdem regte es mich auf, mich nicht unterhalten zu können. Als ich dann zu allem Überfluss auch noch ein Glas umwarf, das ganz allein auf einem Barhocker stand, rutschte mir ein spontanes: „Ach, verdorri nochmal!“ heraus.


Er sagte voll überrascht:


„Du sprichst deutsch?“


„Eh, du auch?“


Er äußerte sich erstaunt und darüber freute ich mich sehr, denn es war leicht zu erkennen, dass wir aus der gleichen Ecke Deutschlands kamen. Denn er äußerte sein Erstaunen mit den Worten:


„Ja hömma, gibts doch nich! Ne Ruhrpott-Pflanze hier am Arsch der Welt!“


Er fragte mich nach meiner Herkunft, auf meine, auf unsere Art der Muttersprache:


„Eh, wo kommße denn her, Mann?“


„Aus Bochum, und du?“


„Herne, ich studier in Bochum. Gibts doch nicht!“


Wir strahlten uns an. Endlich mal eine positive Überraschung.


„Ich bin Sebastian, hier in Griechenland bin ich Sebastianos und wie heißt du?“


Naja, so kamen wir ins Gespräch, war echt spannend und super überraschend. Wer vermutet schon einen Muttersprachler hier am, äh, Achtersteven der Welt?


Wir tobten uns auf der Tanzfläche auf dem hinteren Deck aus, aßen und tranken noch etwas und kamen uns näher und näher. Erst als wir es mit den Augen bereits trieben, fragte er mich, wo ich denn herkomme, wo ich hier in Limassol wohne. Da zeigte ich es ihm.


„Da drüben, ich wohne auf der ‚Cupidon‘.“


„Wem gehört denn der Kahn? Ist das deiner?“


Ach, diese Ausdrucksweise. Mir wurde erst in diesem Moment klar, wie sehr mir das gefehlt hatte. Vor lauter Sprachwissenschaft hatte ich ganz vergessen, wie saftig, direkt und herzhaft unsere Sprache im Ruhrgebiet ist.


Arm in Arm gingen wir hinüber, um ihm meinen ‚Kahn‘ zu zeigen. Weit kamen wir jedoch nicht, noch auf dem Kai küssten wir uns. Wenn man sich so recken muss, weil der Kerl so groß ist, das soll ja gut für den Rücken sein, aber bequem geht anders. Arm in Arm schlenderten wir durch das Schiff, küssten uns häufig, bis wir zur Masterkabine kamen, da war es dann vorbei. So schnell, wie wir beide uns auszogen, so schnell kamen wir auch zur Sache. Es war mir unmöglich, mich zu beherrschen und meine Gefühle zu kanalisieren, als der Riesenkerl mit all seiner männlichen Dominanz über mich kam und in mich eindrang. Es war ein solcher Gefühleflash, dass ich vollkommen die Kontrolle verlor. Ich bekam einen so heftigen Orgasmus, ich weiß auch nicht, mir kam der so vor, als wäre es die heftigste Entladung, die man so haben kann. Mein Herz raste wie verrückt, mir war es egal, ob ich jetzt an nem Herzkasper sterbe oder nicht, es war sowas von geil, wie man das nicht beschreiben kann.


Als ich wieder so richtig bei Sinnen war, stopfte er sein Gesicht neben meinem Kopf ins Kissen und stöhnte mehr als er sprach, immer wieder: „Meine Fresse, eh! Meine Fresse, eh! Meine Fresse, eh!“


Er schaute mich an und behauptete:


„Das gibts doch nicht, eh!“


Doch, das gab es, ich konnte ihm jedoch nicht antworten, sondern musste ihn anstrahlen und küssen und anstrahlen und küssen. Was war ich glücklich.


Wir liebten uns die ganze Nacht hindurch und gleich nach dem Aufwachen nochmal. Es war unglaublich schön, was wir in dieser Nacht erlebten, ich war so glücklich, wie ein Mädchen nur sein kann.


„Erzähl mal, wie läuft das hier bei dir? Du liegst doch schon ein paar Wochen am selben Fleck.“


„Woher weißt du?“


„Mein Onkel ist der Hafenmeister, daher weiß ich das. Er hat einen Bootsverleih und eine Tauchschule, ich helfe ihm in den Semesterferien, da bekommt er etwas Luft bei seiner Arbeit und ich ein wenig Geld und natürlich geilen Urlaub. Jetzt, im Winter, nach den Weihnachtsferien ist so wenig los, dass er kaum aus seiner Wohnung heraus kommen muss. Ich kümmere mich um den Bootsverleih, die Tauchschule ist über den Winter geschlossen.“


Na, da erzählte ich die Geschichte mit Gerôme und dass er nicht wiederkommt und ich nicht weiß, wie ich hier wegkomme.


„Na, fahr doch einfach, für das Ding hier brauchst du keine Crew, das kannst du auch allein bewältigen.“


„Ja, nee“, mir war das peinlich, was ich ihm jetzt erzählen musste. „Ich hab keinen Führerschein für ein Boot, ich weiß nicht wie es geht und ich trau mich nicht aufs Meer raus. Ich hab schon überlegt das Boot zu verkaufen.“


„Im Winter kriegst du nichts dafür. Außerdem ist es nicht schwer, ein Schiff zu bedienen, du hast doch einen Autoführerschein oder?“


„Naklar, aber …“


„Das bedeutet, dass du ein grundsätzliches Verständnis für Technik besitzt, den Rest bringe ich dir bei, kein Problem.“


„Wie? Du meinst …? Ich kann doch nicht …. Wie soll denn … Es geht doch nicht, dass …“


Er sah amüsiert zu, wie ich mich wand und nicht wusste, was ich wollte.


„Mann, Mädchen, mach dich doch nicht abhängig von so einem Kerl. Du bist ein so taffes und starkes Girl, du kannst alles schaffen was du willst. Ich bringe es dir bei. Es ist sowohl Praxis als auch Theorie nötig, aber das lernst du schon. Wie lange hast du denn Zeit?“


„Du meinst echt, ich soll …?“


„Logisch, um ein Schiff zu fahren brauchst du keine Raketenwissenschaft studiert zu haben, das kriegen wir hin. OK?“


„Wie soll das denn gehen? Wenn mich dann in Monaco jemand nach meinem Führerschein fragt, dann hab ich doch nix …“


„Von wegen!“, meinte meine Zufallsbekanntschaft, ein Grieche mit Wurzeln im Ruhrgebiet. „Mein Onkel ist anerkannter Prüfer, du bekommst einen international gültigen Führerschein, der gilt auf der ganzen Welt. Also, ja oder ja?“


„Was soll der denn kosten?“, mir fielen keine weiteren Einwände ein. Ich konnte schlecht sagen, dass ich einfach Schiss hatte, so ein großes Schiff zu bewegen und dafür die Verantwortung zu tragen. Damit fühlte ich mich überfordert.


Er schaute mir in die Augen und antwortete: „Da fällt mir schon etwas ein, wie wir das abrechnen, verlass dich drauf.“


Naja, da bekam ich natürlich Oberwasser, mit Flirten kenne ich mich aus.


„Huh, sag nicht, du willst sexuelle Gefälligkeiten von mir dafür?“


„Aber Hallo! Genau, Schätzchen, und wir fangen gleich mit der Anzahlung an!“


Er kam über mich wie der Hulk und wir liebten uns noch einmal mit aller Leidenschaft und aller Liebe, die wir füreinander aufbringen konnten. Er besorgte Baguettes und Fladenbrot, dazu fuhr er mit dem Schlauchboot zum Pier, mit dem er gestern Abend zur Party gefahren war.


Wir frühstückten in aller Ruhe und Gemütlichkeit. Danach ging es gleich an die Theorie. Darunter konnte ich mir nichts vorstellen, er erklärte es mir. Das war dann nicht mehr lustig, sondern es musste gepaukt werden. Er gab mir die Titel von drei Fachbüchern, die sollte ich mir runter laden, wenn es geht, aus denen könnte ich die Grundlagen erlernen. Sollten sie nicht herunter geladen werden können, dann sollte ich sie bestellen, eine Postadresse hier hätte ich ja wohl.


„Ja, nee“, sagte ich. Eine Postadresse hatte ich noch nicht, wozu auch? Er half mir eine einzurichten, das war mit seiner Hilfe schnell erledigt. Das Postamt war nicht weit weg, das kannte ich schon, daran kam ich jeden Tag beim Einkaufen vorbei. Er kam mit, übersetzte für mich und alles war im Lot.


Er verließ mich, um nach seinem Bootsverleih zu schauen, ich vertiefte mich in die Theorie der Nautik, eines der empfohlenen Bücher hatte ich herunter laden können. Es war schwierig, mir das einzutrichtern, was er mir aufgetragen hatte zu lernen.


Dass es da so viel zu wissen und zu beachten gab, hätte ich ja nie geahnt. Nachmittags kam er wieder an, wir arbeiteten gemeinsam die ‚zweite Rate‘ ab, um dann in die Praxis einzusteigen. Ich dachte, wir legen ab und fahren gleich los, aber nein, er erklärte mir die Instrumente.


„Wieviel Tiefgang hat dein Schiff?“


„Äh“, das wusste ich nicht.


„Bei vollem Tank knapp einsachtzig“, erklärte er mir, die Spezifikation des Schiffes entnahm er dem vierten großen Monitor auf dem Armaturenbrett. Es gab da noch ein paar kleine, aber zu denen kamen wir später.


Zum Tiefgang konnte ich etwas Senf dazu geben. Die Absicht, die von meiner Seite dahinter stand, war klar. Ich wollte ihn möglichst lange aufhalten, da ich befürchtete, dass er gleich das Boot fahren wollte und davor hatte ich Schiss. Kannte ich seine Fähigkeiten als Käpten? Nein, die kannte ich nicht. Im schlimmsten Fall trieb das Schiff irgendwo herum und wir kamen nicht mehr an den Liegeplatz zurück, weil er nicht so viel Ahnung hatte, wie er vorgab. Also quasselte ich los:


„Wir haben einen zusätzlichen Tank eingebaut, da passen achteinhalb Tonnen Treibstoff zusätzlich hinein. Jetzt sind die Tanks etwa halbvoll, etwas mehr als zwölf Tonnen sind an Bord.“


Klugscheißern kann ich auch und ein bissel was weiß ich über mein Schiff.


„OK, also dann wird der Tiefgang bei vollen Tanks etwas größer sein als serienmäßig angegeben. Wir brauchen also mindestens zwei Meter Wassertiefe, plus Sicherheitsabstand bei Wellengang. Siehst du hier das Echolot?“


So erklärte er mir ein Instrument nach dem anderen, das waren die kleinen Bildschirme, und rief immer wieder die Daten des Schiffes auf dem vierten Bildschirm ab. Da konnte man auch sehen, dass ich Recht hatte, die Tankanzeige zeigte zwölf Komma nochwas Tonnen Treibstoff an.


„Mehr als zwanzig Tonnen Fassungsvermögen! Das ist aber eine Menge, da wirst du eine sehr schöne Reichweite haben. Wieviel verbraucht denn das Bötchen?“


Das Bötchen! Frechheit! Aber typisch Ruhrgebiet.


„Bei zwölf Knoten etwa dreißig Liter pro Stunde“, gab ich schlau zur Auskunft. Das hatte ich bei Gerôme aufgeschnappt. Hab doch eine Menge gelernt bei ihm, das wurde mir in dem Moment bewusst.


„Da hast du eine gute Reichweite. Mit einer Tankfüllung kämst du von hier aus locker bis New-York. Ich würde hier nicht tanken, der Diesel ist an der Tanke da drüben viel zu teuer.“


Er schaute sich die Daten an und überlegte in der Zeit.


„Wer bezahlt denn das alles hier, wem gehört das?“


„Na, wer wohl und wem wohl?“, fragte ich so verführerisch wie möglich und streichelte ihm die breite Brust. Ich wollte ihm lieber noch eine sexuelle Gefälligkeit aufdrängen, als mich in Gefahr zu begeben, das Schiff nicht wieder an den Steg zu bekommen. Darauf ließ er sich jedoch nicht ein.


„Gleich, Schätzeken, gleich. Das hier sind die Strahlruder, siehst du die? Damit kannst du das Schiff seitwärts bewegen, am Bug mit diesem hier, rechts, links, Steuerbord, Backbord, und hiermit hinten, also achtern, genau auf die gleiche Weise.“


Er erklärte mir ein Bedienteil nach dem anderen. Zwischendurch bemerkte er:


„Das werden zu viele Informationen auf einmal sein. Mach dir nichts draus, wenn du nicht alles behalten kannst. Wir üben so lange, bis du es im Schlaf bedienen kannst.“


„So, jetzt starte mal die Maschinen“, befahl er mir, nachdem er mir die anderen Dinge erklärt hatte.


„Äh!“


„Nu mach schon“, ermunterte er mich geduldig. „So ein Schiff beißt nicht.“


Nunja, es brauchte schon einige Überwindung, einen nach dem anderen die Zündschlüssel umzudrehen und die Startknöpfe zu drücken. Der bekannte tiefe Klang der Motoren kam sehr sanft hier im Cockpit an, sie liefen ganz ruhig im Leerlauf, das Schiff tat keinen Mucks.


„Kennst du dich mit den Leinen aus?“


Jetzt wollte er tatsächlich die Verbindung zum Land kappen, das war mir nicht wirklich recht.


„Doch, mach mal, keine Sorge, ich habe das Patent für Große Fahrt. Du lernst auch für den Hochseeschifferschein. Und lass dir eins gesagt sein, es gibt für dich keine Abkürzung, nur weil wir uns kennen, ist logisch oder? Du musst alles lernen und das wissen, was verlangt wird. Klaro? Außerdem will ich, dass du das Schiff perfekt beherrschst, aus dem eff-eff. Ist das klar?“


Ich wollte immer noch nicht.


„Du willst nur möglichst viele sexuellen Gefälligkeiten von mir. Kennt man doch!“


„Pass auf Frollein, dass ich dich nicht gleich übers Knie lege. Jetzt mach bitte die Leinen los.“


Er gab nicht nach. Ich guckte ihn noch weiter an, aber er gab nicht nach.


„Na gut!“


Wie mit Gerôme geübt, löste ich die Leinen. Normalerweise stehe ich dann auf der Badeplattform und schaue zu, wie sich das Heck des Schiffes vom Steg löst. Hier geschah nichts. Seppi stand da und schaute nur. Ich wetzte hin zu ihm.


„Was ist?“


„Na, du bist der Käpten, du musst fahren.“


„Ich? Ich soll fahren?“


„Na logo. Ist ganz einfach, hier sind die Gashebel, dann mach mal.“


„Ich? Ich soll …?“


Es half nichts, ich musste mich damit beschäftigen, das Boot zu steuern. Ich gab ganz vorsichtig Gas, ganz-ganz vorsichtig. Das Schiff setzte sich tatsächlich vorwärts in Bewegung, weg vom Pier.


„Und jetzt?“


„Geradeaus in die Fahrrinne. Schau hin, wohin du fährst, achte darauf ob jemand kommt. Schau weit voraus.“


War wie beim Autofahren, man musste sich in den Verkehr einfädeln. Es kam niemand.


„OK“, meinte mein Fahrlehrer, „einmal wenden bitte.“


Es war nicht schwierig, das Boot fuhr immer noch sehr langsam. Ich drehte an dem Lenkrad, das Boot wendete.


„Sehr schön!“, lobte mich der Fahrlehrer. „Jetzt längsseits anlegen, mit der Backbordseite.“


Er hob dabei den linken Arm, damit klar war, welche Seite Backbord war. Das wusste ich aber auch so. Längsseits anzulegen war schwierig, man durfte nicht zu nah an die Kaimauer heranfahren und musste rechtzeitig stoppen. Das Schiff landete parallel zum Pier, aber viel zu weit weg. Seppi ließ mich, sagte nichts. Zum ersten Mal in meinem Leben benutzte ich die Thruster, wie er die Strahlruder nannte. Es war nicht ganz leicht, den Kahn parallel zu halten, der Bug reagierte leichter auf das Strahlruder als das Heck, aber nach etlichen Minuten hin und her hatte ich es raus. Das Bootfahren war nicht so schwierig, wie ich befürchtet hatte. Seppi ließ mich zwei Stunden üben, ablegen, im Hafen wenden, anlegen. Mal seitwärts, mal rückwärts.


Nunja, danach tranken wir etwas, ich verlockte ihn dazu, eine weitere Runde sexuelle Gefälligkeiten zu fordern, indem ich diese kleine Shorts trug, die ihn so anheizte. Zum Abend hin lud er mich in eines der zahlreichen Restaurants in der Nähe des Hafens ein.


So ganz langsam kapierte ich, dass ich mir selbst helfen, dass ich selbst mit dem Schiff von hier wegkommen und nach Hause fahren konnte. Das war ein mehr als cooles Gefühl, viel mehr als cool.


Wenn einem so viele Steine vom Herzen fallen, wie mir in den nächsten Tagen, dann wird einem ganz leicht ums Herz. Ich dachte teilweise, ich könnte schweben, so leicht kam mir alles vor. Seppi übte mindestens zwei Stunden am Tag mit mir, so lange, bis ich beinahe im Schlaf das Schiff anlanden konnte. Nach und nach brachte er mir jede Menge Knoten bei, die ich üben musste, auch wenn er nicht da war. Ganz großen Wert legte er darauf, mir zu zeigen, wie man ein Schiff richtig verankert. Auf der Hafenseite des Schiffes ließ er mich zwei Anker auswerfen, das Schiff rückwärts fahren, bis die Anker fassten, die Winschen auf Leerlauf stellen, das Schiff rückwärts an den Steg bringen, die Anker festziehen und dann am Pier mit mindestens zwei Leinen befestigen. Besser waren es vier Leinen, um ganz sicher zu gehen, und dann sorgfältig festholen, bis sich die Fender einbeulten.


Dadurch, dass ich mit dem Boot so viel hantierte, wurde mir bewusst, wie schwer es war, es wog beinahe einhundert Tonnen. Das war etwas anderes als ein Auto, zumal das Wasser ein gutes Gleitmittel darstellte, auf dem man nicht einfach eine Vollbremsung hinlegen konnte. Wenn sich das Schiff einmal bewegte, musste man sehr aktiv eingreifen, um es zum Stillstand zu bringen.


Wenn Seppi arbeiten ging, nutzte ich die Zeit, um weiter Französisch zu lernen. Es wird mir keiner glauben, aber das Interesse an Sprachen ging so weit, dass ich mir sogar deutsche Bücher herunter lud.


Beispielsweise Rosamunde Pilcher. Man mag mich auslachen, aber ‚Wolken am Horizont‘ habe ich verschlungen. Was mir beim Lesen nochmals deutlich gemacht wurde, war, wie viel Dialekt und Umgangssprache ich zu sprechen gewohnt war. Normalerweise rede ich so, dass man mich versteht, dass man das hinein interpretieren kann, was ich sagen will. Wenn man auf die Satzstellung achtete und darauf, in ganzen Sätzen zu sprechen, das war deutlich mühsamer, als einfach drauf los zu quasseln, aber es war auch sehr viel schöner. Ich will jetzt nicht sagen ästhetischer, das Wort würde nicht zu mir passen, aber so etwas Ähnliches meine ich.


Französisch lernte ich weiter, obwohl ich den Gerôme mittlerweile zum Teufel wünschte. Monaco sah ich als meine Heimat an, dort sprach man Französisch, also musste ich auch Französisch sprechen, und zwar ordentlich.


Zusätzlich zu den Büchern las ich französische und deutsche Zeitungen. Politik war nicht so uninteressant, wie ich immer dachte. Mich damit zu beschäftigen, verbesserte mein Verständnis für Vieles, sowohl im Weltgeschehen, als auch im privaten Umgang mit Menschen. Zusätzlich blätterte ich noch in einem Wissenschaftsmagazin, da fand ich ebenfalls den einen oder anderen Artikel, der mich interessierte. Alles das geschah online, ist ja logisch.


Seppi legte ein hohes Tempo vor, was das Lernen anbelangte. Er meinte tatsächlich, weil ich so schnell lerne, könnte er sich das leisten. Mich machte das verlegen, denn ich wusste sicher, dass ich nicht besonders klug war. Er kam jeden Tag, ich freute mich immer schon. Für ihn ließ ich mir neue Extensions einbauen, die hatten zwischenzeitlich etwas gelitten und eine Erneuerung war nötig. Mit den neuen sah ich wieder so aus, wie ich es mir vorstellte, Seppi war auch begeistert.


Naja, es war abzusehen, was irgendwann passieren würde. Eines Tages war es dann so weit, er ließ mich aus dem Hafen herausfahren. Viel zu früh, wie ich fand, ich musste noch so viel lernen.


„Keine Angst, Schätzchen, du kannst das. Fahren und anlegen kannst du, das üben wir noch ein bisschen, aber im Prinzip kannst du es und hast es kapiert. Ich bringe dir jetzt das Navigieren bei, dazu brauchen wir freie Sicht. Außerdem haben wir zwei noch etwas vor.“


Was wir noch vorhaben könnten, das verriet er nicht. Mit Sex konnte es nichts zu tun haben, denn den hatten wir gerade hinter uns. Was könnte das sein, was wir noch vor haben? Logisch war ich neugierig darauf zu erfahren, was mich da erwartete. Erst einmal musste ich uns aber aus dem Hafen heraus bringen. So weit war ich bis dahin noch nicht gefahren, es klopfte mir ein wenig das Herz, als wir durch die Hafeneinfahrt schauen und das offene Meer sehen konnten. Seppi schaute stur gerade hinaus, als ich ihn fragend und zweifelnd anblickte und von ihm ein Einlenken erbetteln wollte. Nee, er ließ sich nicht beirren, ich musste wohl weiter machen. Aber er war ja da, es war Unsinn, Angst zu haben.


Trotzdem hatte ich welche, was sollte ich machen?


„Es ist normal, dass du Angst hast“, sagte er, als wenn er wüsste, was mich beschäftigte. „Angst ist gesund, die hütet dich vor unbedachten Handlungen. Die sollte dich nicht am Handeln hindern, sondern sollte sich nach und nach in Respekt vor der See, dem Schiff und dem Wetter verwandeln. An deinen Fähigkeiten brauchst du nicht zu zweifeln. Du hast ein gutes Gespür für das Schiff, du behandelst es mittlerweile wie ein Teil von dir selbst. So ist es ideal, so sollte es sein. OK, jetzt gib mal Gummi!“


Er meinte damit, ich sollte Gas geben, ich sollte schneller fahren, ich schaute zurück. Im Hafen war es so wunderbar, wieso mussten wir jetzt …


„Nu, mach schon!“, meinte er locker. „Ich will doch mal sehen, wie schnell der Kahn ist. Was macht der? Fünfzehn, zwanzig Knoten? Höchstens, oder?“


„Ha, zwanzig Knoten, das wüsste ich aber!“ Jetzt hatte er mich bei der Ehre meines Schiffes gepackt. Entschlossen schob ich die Gashebel bis zum Anschlag. Das Schiff machte den bekannten Satz in die höhere Geschwindigkeit. Er musste sich festhalten und rief gegen den Maschinenlärm:


„Ja leck mich doch am Arsch!“


Es ging voran, das kannte ich ja schon. Die zwanzig-Knoten-Marke überquerten wir wie nichts, es ging rasend schnell vorwärts.


Er hielt sich immer noch krampfhaft fest, ich lehnte am Fahrersitz, ganz gemütlich. Er rief:


„Was … wo geht das denn hin, das Scheißding? Was habt ihr damit gemacht?“


„Sind andere Motoren drin und mir hat der Onkel vom Gerôme sonen komischen Effekt eingebaut, Larsen oder so.“


„Lürssen Effekt? Echt jetzt? Kenn ich, hab ich aber noch nie gesehen. Meine Fresse, wo geht der Kahn denn hin?“


Mittlerweile hatten wir auch die fünfunddreißig überschritten. Es ging weiter bis eben über vierzig.


„Nee, das würde ich nicht glauben, wenn ich es nicht selbst sehen würde.“ Seppi, der Schiffsfachmann bewunderte mein Boot.


Die Maschinen waren deutlich zu hören, sie liefen so lange mit hoher Drehzahl, bis Seppi genug hatte. Das Land war bereits seit einiger Zeit außer Sicht.


„OK“, sagte er, die Fahrt ging runter, die Maschinen wurden leiser. „Wird wohl bei Volllast eine Menge Sprit brauchen. Aber was geht der Kahn ab, leck mich fett!“


„So, Süße“, meinte er. „Jetzt bring uns mal zurück.“


Für mich war es logisch, bei der schnellen Fahrt hatte wir eine breite Spur im Wasser hinterlassen. Angst hatte ich merkwürdigerweise keine. Ich wendete und fuhr auf der gleichen Spur zurück, auf der wir hergekommen waren. Darauf nahm ich die Kompasspeilung und bestimmte so den Kurs, den wir nehmen mussten, um nach Hause zu kommen. War nicht schwierig.


„Clever!“, lobte er mich. „Schau mal hier auf den Karten-Plotter. Hier siehst du Zypern und hier die Marina von Limassol, siehste? Darauf tippst du jetzt, mach mal.“


Ich tippte darauf, ein schwarzer Punkt erschien. „Sehr schön, jetzt schaltest du den Autopiloten ein. Hier, der Hebel.“


Es war nicht schwierig, seinen Anweisungen zu folgen. Das Boot fuhr gerade auf der Spur zurück, die wir auf der Hinfahrt hinterlassen hatten. Der bekannte rote Punkt stellte das Schiff dar. Zwischen den beiden Punkten erschien eine Linie mit der Anzeige der Entfernung in Seemeilen und die Dauer der Fahrt bei der Geschwindigkeit, die wir gerade fuhren. So war das einfach. Er zeigte mir die Funktionen, wie man den Kurs ändert, wie man vor Fahrtantritt die Strecke vermisst und den Kurs festlegt. Man konnte auch ein Gebiet umfahren, beispielsweise, wenn dort eine Sturmwarnung bestand. Das Gerät war ähnlich wie ein Autonavi, nur eben mit freier Routenplanung.


Er zeigte mir auch, wo man über den Seefunk den Wetterbericht laufend durchgesagt bekam.


„Ist eine Menge zu lernen, Schätzchen, aber das kriegen wir hin. Wir üben es so lange, bis du es im Schlaf beherrschst.“


Was ich alles lernte, im Leben hätte ich nie gedacht, dass mich das Verhalten als Käpten eines Schiffes bei Sturm interessieren könnte. Hier musste ich es lernen. Seppi war da unnachgiebig, ich musste den ganzen Theorie-Quatsch lernen.


„Ich hoffe, dass du nie in einen Sturm gerätst. Wobei, das Mittelmeer ist eigentlich eine etwas größere Badewanne. Hier wirst du das Verhalten bei Sturm nicht brauchen, aber wer weiß, vielleicht kommst du ja mal in die Nordsee. Wenn da Sturm ist, dann gute Nacht Marie, da hilft nur beten.“


Wir hatten den Hafen bereits in Sicht, da gab er die Anweisung:


„45 Grad nach Steuerbord, bitteschön“, er fügte den zu steuernden Kompasskurs gleich an: „Ostnordost 67,5 Grad.“


„Aye-aye, Käpten!“


Es ging nicht anders, ich musste ihn glücklich angrinsen. So langsam reifte in mir die Zuversicht, dass ich mein Schiff tatsächlich selbst nach Hause, nach Monaco fahren könnte.


Wir fuhren parallel zur Steilküste, er suchte einen bestimmten Platz.


„Fahr mal langsam und jetzt näher an die Küste. Das hier ist das Echolot, es ist mit dem Kartenplotter verbunden. Wenn das Wasser zu flach wird, dann gibt der Plotter Alarm. Du kannst aber selbst sehen, wie viel Wasser noch unterm Kiel ist, siehst du hier?“


Er suchte einen bestimmten Platz.


„Jau, hier sind wir richtig, lass uns hier mal Anker werfen. Die beiden vorderen werden ausreichen.“


Er kroste hinten in einem der Fächer herum, während ich vorschriftsmäßig ankerte. Er kam mit den Taucherausrüstungen angeschleppt, meiner und der von Gerôme.


„Du willst mit mir tauchen?“


„Naklar, keine Sorge, ich bin ausgebildeter Tauchlehrer, mit Diplom!“


„Na, ich weiß ja nicht!“, tat ich so, als wenn ich zögere. War nur Spaß, ehrlich, war nur Spaß. Die Zuversicht, mein Schiff eigenhändig nach Hause bringen zu können, machte mir gute Laune und mich auch übermütig.


„Pass auf, Frollein!“, meinte er. Er verstand den Spaß.


Gerômes Neopren-Anzug war ihm zu klein, da musste die Badehose zum Tauchen reichen. Was mir auffiel war, dass er die Anker nicht kontrollierte. Er vertraute darauf, dass ich sie ordnungsgemäß angebracht und kontrolliert hatte. In dem Moment wurde mir klar, dass ich die Verantwortung hatte, dass ich dafür zuständig war, dass immer alles richtig erledigt wurde. Dass er mir das zutraute, machte mich stolz und gab mir weitere Zuversicht.


Im Wasser führte er mich bis an den steil abfallenden Felsen der Steilküste. Es öffnete sich direkt unter der Wasseroberfläche eine Höhle, in die tauchte er hinein. Es ging nur ein paar Meter weit hinein, da tauchten wir auf und erreichten einen sehr lehmigen und schmierigen Strand. In der Höhle war es nicht dunkel, es waberte ein bläuliches Licht von den Wänden zurück, die Sonne schien durch das Wasser hier hinein. Nein, unheimlich war es nicht, nur sehr seltsam. Und ich hatte meinen Großen hier und war mit ihm allein. Das sah er wohl ähnlich, er beugte sich zu mir runter und küsste mich.


„Das hier ist ein Süßwasserzufluss, wenn es einige Tage regnet, dann kommt hier Oberflächenwasser aus dem Berg und bringt den Lehm mit. Daher der Schlamm. Aber soll ja gut für die Haut sein.“


Sprachs, und begann mich auszuziehen.


„Die Haut muss natürlich da ran kommen, sonst nutzt der Lehm ja nichts!“


Es war schwierig, mich aus dem einteiligen Neoprenanzug zu schälen, ich half ihm nicht dabei. Er wusste ja mittlerweile, dass ich darauf stehe, ausgezogen zu werden.


Nunja, natürlich schaffte er es nicht ganz ohne meine Hilfe, aber er kriegte es hin, dass ich so richtig scharf war, als er dann endlich über mich kam. Himmel, was war das gut ihn zu spüren. Wir allein in der Höhle mit dem flackernden Sonnenlicht, das sich mit den Wellenbewegungen an den Wänden spiegelte und das Licht mehr als diffus hielt, der kühle, weiche Lehm unter mir. Die Lust, der nahende Orgasmus brachte mich so weit, dass ich dachte, meine Schädeldecke hebt ab und fliegt davon. Sein Gefühl für mich, die eigene Hitze und seine obendrauf, das war fast zu viel für mich, es fehlte nicht viel und ich wäre komplett verrückt geworden.


Schwer atmend kamen wir wieder zu Sinnen, mein Orgasmusruf und sein Urschrei hallten noch in der Höhle nach. Schwer atmend legte er sich neben mich.


„Leck mich am Arsch!“, meinte er.


„Du gehst vielleicht ab, Alter!“ Fand ich geil, dass er es geil fand, ich fands auch geil mit ihm.


„Wo nimmst du das nur her? Ich denke jedes Mal, das wäre mein Ende, ich denke immer, du würdest mir den Stift abbrennen, so heiß bist du. Ist ja Wahnsinn!“


Er war mit mir zufrieden, das war cool.


Als wir zurückschwammen, zogen wir eine Spur von Lehmschlamm wie Schleier hinter uns her. Um den Anzug nicht auch noch von innen mit Lehm zu beschmieren, schwamm ich komplett nackig hinter meinem Seppi her. An Bord waren wir sauber, nur der Anzug und seine Hose wiesen noch Lehmspuren auf.


„Du bist echt ne geile Schnecke“, sagte er. „Sowas wie dich gibts eigentlich nicht. Du kannst einen Mann echt fertig machen.“


Ich nahm das als Kompliment, ich finds geil, wenn ein Mann meine Art von Sex zu schätzen weiß.


Wir unternahmen jede Menge Touren miteinander in den nächsten Tagen. Er gab mir Ziele vor und ich musste den Kurs ausbaldowern, das Ziel in Koordinaten angeben und den Autopiloten damit füttern. Um mich auch im Notfall zurecht zu finden, schenkte er mir ein kleines GPS-Gerät, ein batteriebetriebenes Handgerät, und eine Seekarte vom Mittelmeer, die aus sechs großen Blättern bestand. Selbst wenn die Elektronik durch irgendeinen Zufall komplett ausfallen sollte, so könnte ich mit dessen Hilfe immer meinen Standort ermitteln. Von dem Standort aus konnte ich dann mithilfe der Karte zumindest den Kompasskurs, wenn nicht gar die Zielkoordinaten bestimmen und mit dem batteriebetriebenen Gerät von der Schiffselektronik unabhängig manövrieren.


Den Zielort wählte er meist so, dass wir dort tauchen konnten. So lernte ich eine ganze Reihe von sehenswerten Tauchgründen um Zypern herum kennen, wie auch verschwiegene Plätzchen, in denen wir die Gebühren für den Bootsführerschein abarbeiteten. Sex mit ihm war einfach geil, wahrscheinlich hauptsächlich deshalb, weil wir so sehr viel füreinander übrig hatten. Männer reden ja nicht darüber, was sie fühlen und machen sich auch keine Gedanken darüber. Es war aber deutlich zu merken, dass er sehr stark für mich empfand.


Zwei Abende, bevor er wieder nach Bochum fliegen musste um sein Studium fortzusetzen, die Semesterferien neigten sich dem Ende zu, da sagte er so schöne Sachen über mich, dass mir heute noch die Tränen kommen, wenn ich daran denke.


„Du bist einfach ne tolle Frau“, legte er los. „Du bist klein und zierlich, dir nimmt man dein Alter nicht ab und dir sieht man auch nicht an, wie stark und wie klug du bist.“


Ich und klug! Da wusste ich gleich, dass er nur Schmand erzählen würde. Dabei gefiel mir ganz gut, was er erzählte, musste nicht stimmen, aber hörte sich gut an, tat meiner Seele gut.


„Du hast ein so schönes, beinahe noch kindliches, zartes Gesichtchen, so schmal, mit den großen blauen Augen, mit denen du so unschuldig einen Mann anschauen kannst, um ihn in Wahrheit knallhart zu verführen. Das merkt er aber nicht, denn du schaust so unschuldig aus, dir glaubt man alles. Jemand, der dich genau anschaut und deinen wundervoll geschwungenen, extrem sinnlichen Mund sieht und dir beim Sprechen zuschaut, der müsste eigentlich merken, was du für eine Rakete bist.


Dann hast du eine drahtige, beinahe knabenhafte Figur, wunderbar geformt, mit allem dran und an den richtigen Stellen, du bewegst dich so dynamisch, dass man gleich merkt, die Frau ist nicht zu bremsen.


Du wirkst manchmal in den ersten Stunden, in denen man dich kennen lernt, wie besessen nach Sex. Erst später merkt man, dass das nicht die Sehnsucht nach Sex ist, die dich treibt, sondern es ist deine Art zu lieben. Du liebst so intensiv, so selbstlos, dass es jedem Mann mit Grütze im Kopf das Herz öffnet und letztendlich den Verstand raubt. Dich muss man lieben, geht gar nicht anders.


Du bist ein wundervolles und äußerst liebenswertes Girl. Komm, wir fahren mit dem Schiff nach Bochum und du bleibst in meiner Nähe. Ich komme jeden Tag auf dein Schiff, wir leben da zusammen und wenn ich fertig bin mit dem Studium, dann machen wir mit dem Schiff hier eine Weltreise.


Na, was meinst du?“


Es hörte sich fast an wie ein Heiratsantrag. Aber geht ja nicht, ich bin hier und er in Bochum, außerdem bin ich zu jung und dann mit dem Schiff nach Bochum? Wie soll das gehen?


Darauf kann man als Mädchen ja nur eine Antwort geben, ich küsste ihn. Der Kuss wurde immer heißer und heißer, naja, dann haben wir noch einmal Liebe gemacht.


Wunderbare Worte, stimmts? Aber heiraten kommt für mich nicht infrage, in Bochum leben und auf dem Rhein-Herne Kanal auf meinem Schiff wohnen, das war auch nicht das, was ich mir vorstellte.


Mit ihm Liebe zu machen war allerdings einfach genial.


Am nächsten Tag musste ich zum Hafenmeister, der nahm mir die Prüfung ab, Seppi wartete so lange auf dem Schiff auf mich. Ich musste vor dem Hafenmeister, einer Frau, die irgendeinen wichtigen Posten inne hatte und einem Abgeordneten der Stadt eine schriftliche Prüfung ablegen, dann hat mich der Hafenmeister für die mündliche Prüfung ausgefragt. Nichts von dem, was er mich fragte, konnte mich in Verlegenheit bringen. Dank Seppi war ich so gut präpariert, er hatte mir alles beigebracht, dass ich wirklich total cool bleiben konnte. War eigentlich echt super, die Prüfung. Die Frau und der Politiker verabschiedeten sich, ich war mit dem Onkel allein.


„In der Theorie bist du wirklich Spitzenklasse, ne volle Eins mit Sternchen. In der Praxis hat dir Sebastianos alles beigebracht, was du zum Führen eines Schiffes brauchst, das hat er mit mir besprochen. Dein theoretisches Wissen ist exzellent, da gibt es nichts zu meckern. Du bist wirklich die Musterschülerin, wie mein Neffe behauptet hat.


Hier hast du dein internationales Kapitänspatent. Natürlich für Freizeitboote, nicht für die Gewerbeschifffahrt.


Glückwunsch. Allzeit gute Fahrt und stets eine glückliche Heimkehr.“


Er überreichte mir eine Urkunde und einen scheckkartengroßen Ausweis, auf dem die Klassen aufgeführt waren, die ich fahren durfte.


„Für die meisten Binnengewässer brauchst du eine eigene Lizenz, die wollen Geld dafür haben, dass du ihre Wasserstraßen befährst, das ist deren Hauptanliegen.“


Man kann sich ja vorstellen, wie stolz ich darauf war, diesen Ausweis erworben zu haben. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, fragte ich Seppis Onkel ganz dämlich:


„Wieso sprechen Sie eigentlich so gut deutsch?“


„Ich war dreißig Jahre auf’m Pütt, Prosper Haniel. Jetzt haben sie auch den zugemacht. Ein Jammer, echt.“


Achso, Bergmann, dann wusste ich das jetzt auch.


Mit dem Ausweis und der Urkunde in der Hand stellte ich mich freudestrahlend meinem Schatzi. Wir mussten gleich Liebe machen, logisch. Wir verbrachten eine wundervolle letzte Nacht zusammen auf meinem Schiff.


Morgens fuhr ich ihn in sonem ganz alten Renault von seinem Onkel zum Flughafen. Das Auto hatte eine unwahrscheinlich gewöhnungsbedürftige Schaltung, das hatte so eine Art Krückstock im Armaturenbrett stecken, damit wurde geschaltet.


Logisch, dass ich meinen Seppi bis in die Abflughalle begleitete. Der Abschied war dann kurz und sehr, sehr schmerzhaft, wir winkten uns noch zu und weg war er.


Auf der Rückfahrt verbrauchte ich ein ganzes Paket Papiertaschentücher. Die Tränen wollten und wollten nicht versiegen.


Nunja, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.


Am nächsten Morgen wollte ich aufbrechen. Vor lauter Reisefieber war ich so früh wach, dass ich als allererste Kundin beim Bäcker war und frisches Fladenbrot und ein paar Süßigkeiten kaufte. Die hatte ich echt nötig. Als ich zum Hafenbüro kam und meinen Aufenthalt bezahlen wollte, meinte der Onkel, es sei alles bezahlt, Seppi hätte ja mit mir abgerechnet, ich sei nichts schuldig.


Prima. Um kurz nach acht Uhr stach ich in See. Den Kurs nach Kreta hatte ich ausgearbeitet und in den Routenplaner eingegeben, es konnte nichts passieren, der Autopilot würde mich sicher ans Ziel bringen.


Der Wind war gering, nicht ganz Windstärke drei. Es gab eine sanfte Dünung, das Schiff fuhr ruhig mit den eingestellten zwölf Knoten. Ich ließ es entspannt angehen, es lagen etwa sechsunddreißig Stunden Fahrzeit vor mir, in der Zeit würde ich nicht großartig zum Schlafen kommen. Wie jeden Tag nahm ich mir ein französisches Buch vor. Meine Kenntnisse waren so weit fortgeschritten, dass ich sogar Filme auf französisch streamen konnte. Dass ich mal etwas so ausgiebig und umfangreich lernen könnte, hätte ich mir nie träumen lassen und mir auch nicht zugetraut. Es machte mich zufrieden und ich fühlte mich durchaus bedeutend, eine bisher unbekannte Art von Selbstbewusstsein gab mir Rückenwind. Ich, als Kapitänin eines ziemlich großen Bootes, allein auf großer Fahrt, bilde mich in Fremdsprachen, hörte sich super an. Es hatte einen ganz besonderen Klang, Lona und Bildung, bisher passte das nicht zusammen. Jetzt aber, mit den Sprachkenntnissen, dem Bootspatent und alles, jetzt konnte man es zusammen in einem Satz nennen. Diese Erkenntnis gab mir Zuversicht. Jepp, ich würde das schaffen, was ich mir vorgenommen hatte, das stand fest.


Wenn nur die Natur nicht gewesen wäre!


Es begann damit, dass es eine Sturmwarnung für das östliche Mittelmeer gab. Das beunruhigte mich nicht weiter, ich befand mich auf dem Weg in den Westen, was im Osten passierte, konnte mich nichts angehen. Außerdem klangen mir noch die Worte Seppis im Ohr, dass das Mittelmeer eine etwas größere Badewanne sei, in der es keine wirklichen Stürme geben könne.


Zur Vorsicht verstaute ich die Auflagen der Sonnenliegen auf dem Vordeck in das dafür vorgesehenen Schapp, die Korbmöbel auf dem Achterdeck schob ich unter den Tisch, sodass sie fest saßen. Auf der Flybridge zurrte ich die Abdeckungen über die Instrumente und auch als Schutz über die Windschutzscheibe.


Die Persenning über das Dinghy bereitete mir Schwierigkeiten, weil der Wind kräftig zunahm und mir das eine Ende immer wieder durch die Finger flutschte. Letzten Endes siegte meine Zuversicht, alles schaffen zu können. Der Erfolg gab mir recht, die Persenning saß am Ende stramm und fest.


Zur Sicherheit flitzte ich noch durch die Kabinen, ob auch alle Fenster geschlossen waren. Auf dem Weg zurück ins Cockpit nahm ich mir eine lange Hose mit und einen Pulli. Wann hatte ich zum letzten Mal eine lange Hose getragen? Jetzt jedenfalls half sie mir, denn es wurde ganz schön frisch.


Es war schon lange kein freundliches Wetter mehr hier draußen auf See, am Horizont verdunkelte sich der Himmel zusehends. Aber, das Mittelmeer war ja nur eine etwas größere Badewanne. Die Stürme hier waren ja gar kein Vergleich zu denen anderswo, in der Nordsee zum Beispiel. Sollte ich mir Sorgen machen? Kein Mensch auf Gottes weiter Erde hatte weniger Grund, sich Sorgen zu machen als ich, so dachte ich.


Na, dann ging es aber los. Es kam eine Regenbö auf mich zu, die ich schon von Weitem ausmachte. Zur Vorsicht schloss ich die Türen zum Oberdeck achtern, denn es wurde mir wirklich zu ungemütlich. Der Regen kam näher, als er mich erreichte, prasselte er gegen die Fenster, die Scheibenwischer hatten emsig zu tun. Es wurde so dunkel, dass ich nicht mehr sah, wohin wir fuhren. Es gab zwei starke Scheinwerfer auf der Gerätebrücke über der Flybridge. Deren Schalter waren mir nicht geläufig, die musste ich erst suchen. Als sie die anstürmenden Wellenberge beleuchteten, hätte ich sie am liebsten wieder ausgeschaltet, so beängstigend war die Masse Wassers, die da auf mein Schiff und mich zuraste.


Die Höhe der Wellen nahm immer weiter zu. Der Wind und damit die Wellen kam aus West-Südwest, er nahm weiter zu und drehte langsam südwärts, bis er sich bei Süd-Südwest einpendelte. Bei meinem strikten Westkurs nahm das Schiff die Wellen schräg von vorn. Dadurch machte das Boot ganz unangenehme Bewegungen. Durch die schräg aufprallende Welle, die es hinaufklettern musste, krängte es nach Steuerbord, auf dem Kamm angelangt, neutralisierte sich die Krängung und das Schiff stürzte sich schräg ins Wellental, dabei krängte es stark nach Backbord, unten angekommen schoss es in die nachfolgende Welle, schwang über nach Steuerbord, erklomm die nächste Welle, schwang zurück nach Backbord. Dazu ging es heftig rauf und runter. Die Stabilisatoren hatte ich längst schon ausgefahren. Ihre Wirkung war unbestritten, nur gegen die Macht des Sturmes und der Wellen befanden sie sich auf verlorenem Posten. Das Schiff rollte wie verrückt, ich hatte alle Mühe, mich auf meinem Platz am Ruder zu halten.


Wenn so ein Sturm in einer Badewanne aussah, dann wollte ich nicht wissen, wie es bei einem Sturm auf offener See aussah.


Selbstverständlich war ich zuversichtlich, logisch. Meine Jacht war ja kein Ruderboot, sondern ein seetüchtiges Schiff, das sich von einem solchen Stürmchen nicht kleinkriegen ließ. Die Warnung wurde mittlerweile für den gesamten Mittelmeerraum ausgerufen, der Sturm richtete in Italien und Griechenland bereits massive Schäden an.


Der Wind nahm mehr und mehr zu, er heulte um das Schiff herum, der Regen peitschte beinahe waagerecht gegen die Fenster, es war echt unheimlich. Zum Lesen kam ich schon lange nicht mehr, denn wenn das Schiff solche Korkenzieherbewegungen macht, dann ist man voll damit beschäftigt, sich fest zu halten und die Bewegungen so weit wie möglich mit allen Muskeln aufzufangen und auszugleichen. Die Wellen wurden höher, mittlerweile wurden sie alle von weißen Schaumkronen geschmückt. Das Boot krachte immer lauter und lauter in die Wellen hinein. Zusammen mit Gischt und Regen flog beinahe so viel Wasser durch die Luft, wie es unter dem Kiel gab. Ich nahm Fahrt heraus, dadurch wurde das Rollen noch stärker. Ich sah ein, dass man in solch einer Situation nicht stur auf seinem Kurs beharren durfte. Wenn es gegen die See ging, dann war es notwendig, nachzugeben, denn gegen die Naturgewalten kam ich mit dem Schiff nicht an. Ich lenkte ein, wechselte den Kurs und nahm somit die Wellen frontal. Da ging es leichter, das Rollen schaltete ich damit beinahe aus.


Die Haltbarkeit des Rumpfes trat nach und nach in den Mittelpunkt meines Interesses. Ich meinte, lauter und lauter werdendes Knistern zu vernehmen, wenn das Boot in die anstürmenden Wellen krachte, der Rumpf schien an seine Belastungsgrenze zu gelangen. Der Wind und die Wellen machten keinerlei Anstalten, abzuflauen und weicher und freundlicher zu werden, im Gegenteil. Der Windmesser stand auf elf Beaufort, man soll es nicht für möglich halten, Windstärke elf in einer Badewanne. So langsam wurde mir klar, dass auch ein Sturm im Mittelmeer einer war, den man als Skipper zu fürchten hatte.


Im Heck knatterte etwas, ich dachte, dass dort der Rumpf nachgab und wollte gleich hin rennen. Als ich den Scheinwerfer einschaltete, der das Achterdeck beleuchtete, sah ich das brodelnde Wasser dort und die heftigen Bewegungen der Badeplattform. Wenn ich dort hinunter ging, war die Gefahr riesig, dass ich über Bord ging, bei diesen wilden Bewegungen. Um fest zu stellen, woher das Geräusch kam, musste ich mich sichern.


Im Schapp neben der Crewkabine wusste ich einige Seile. Eines davon holte ich von unten herauf, band es am Fahrersessel fest und das andere Ende schlang ich mir um den Leib. Jetzt kamen mir die geübten Knorten zuhilfe, die ich im Hafen als überflüssig empfunden hatte. Am Seil festgeklammert ließ ich mich zu dem Geräusch hinunter. Innerhalb von Sekunden war ich nass bis auf die Haut. Als ich die Quelle des Geräusches erreichte, war es nur die Persenning des Dinghys, von der hatte sich eine Ecke gelöst und knatterte lautstark im Wind. Vom achteren Oberdeck aus nach vorn geschaut, sah ich die anrollenden Wellen, sie waren bedeutend höher, als das Schiff. Es war irre, wie hoch und monströs eine solche Welle sein kann.


Mein treues Boot stampfte, hob sich hoch in den dunkelgrauen Himmel, stürzte in das nächste Tal, um sehr tief in die anstürmenden Wogen einzutauchen. Der gesamte Rumpf ächzte und stöhnte, allein die Geräusche waren beängstigend. Wenn man sich die Wellen anschaute, die im Halbdunkel auf uns zurasten, dann rutschte einem bereits bei dem Anblick der vom Gischt weißen Monster das Herz in die Hose. Das Schiff bewegte sich so heftig, dass ich fast zehn Minuten brauchte, um mich von dem Achterdeck gegen das Schlingern und Stampfen zurück zum Fahrersessel am Seil zurück zu arbeiten. Mich hier zu behaupten, verlangte alle Kraft von mir. Wenn es nicht so beängstigend gewesen wäre, dann wäre es ein gewaltiges Schauspiel, vor dem man sich demütig und respektvoll verneigte. Zum Verneigen fehlte mir allerdings die Zeit, ich fürchtete mich wie verrückt, musste jedoch trotzdem die Verantwortung für mein Schiff tragen. Mit Mühen zerrte ich mir die nasse Kleidung vom Körper und schlang mich in die Decke, die auf der gepolsterten Sitzbank neben dem Cockpit lag.


Es stand für mich fest, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis sich wegen der Dauer der extremen Belastung mein Schiff in die Einzelteile auflösen würde. Wenn irgendetwas brechen würde oder der Rumpf an irgendeiner Stelle nachgäbe, dann wäre ich verloren, das stand für mich fest.


Badewanne, das Mittelmeer nur eine etwas größere Badewanne! Seppi, komm du mir unter die Finger!


Wenn das Schiff sich in einem Wellental befand, dann verschwand es komplett darin. Mir erschienen die Wellen höher zu sein als das Schiff. Das Maß, wie hoch das Schiff aus dem Wasser ragte, konnte man in den Spezifikationen nicht nachlesen, so konnte ich nicht genau bestimmen, wie hoch die Wellen waren. Das war mir auch egal, denn ich musste zusehen, dass und wie ich mein nacktes Leben erhielt.


Das Radar war einigermaßen unbrauchbar, denn die Wellen reflektierten teilweise die Radarstrahlen oder ließen sie nicht hindurch, jedenfalls war der ganze Apparat sinnlos. Nach einiger Zeit weckte der Karten-Plotter, des GPS-Gerät, meine Aufmerksamkeit. Der rote Punkt, der meinen Standort bezeichnete, wurde langsam aber sicher in Richtung der türkischen Küste abgetrieben. So langsam nun auch wieder nicht, wir machten fünf Knoten Fahrt über Grund, rückwärts, mit Wind und Wellen, auf die türkische Küste zu. Im ersten Moment war ich versucht, mehr Gas zu geben, das wäre aber bei diesen Wellen Selbstmord. Also musste ich es treiben lassen und hoffen, dass der Sturm in absehbarer Zeit abflauen würde.


Der unternahm jedoch keinerlei Anstalten dazu. Das Gegenteil schien mir der Fall zu sein, die Wellenhöhe nahm noch zu, der Windmesser gab den Geist auf.


Wie war das noch? Das richtige Verhalten bei Sturm?


In einem der Bücher war das Beidrehen behandelt worden. Im Gedächtnis kramend kam ich nicht weiter, dazu stressten mich die Umstände zu sehr. In meiner Erinnerung schien es mir so, als hätte ich es in dem Buch gelesen, das ich mir aufs Tablet heruntergeladen hatte. Das Tablet lag auf der Sitzbank neben mir. Um dort hin zu gelangen, vom Fahrersitz aufzustehen, die drei Meter herüber zu torkeln, das Tablet zu fassen und zum Fahrersessel zurück zu gelangen, dauerte geschlagene zehn Minuten.


Da stand es. Man wendete, kehrte den Wellen das Heck zu, bei kleiner Fahrt rückwärts. Wenn ich bei diesen Wellen, bei diesem Sturm wenden würde, dann würden mich die Wellen kentern lassen oder erschlagen. Quer zu diesen Wellen? Keine Chance. Ich würde nicht einmal einen Versuch starten.


Was nun, Lona?


Wenn man sich die Wellen so ansah und sie mal nüchtern betrachtete, ohne die Angstbrille, dann beobachtete ich, dass sich ab und zu eine Welle brach. Wenn sie sich genau vor oder gar über dem Schiff brach, dann war sekundenlang nicht zu sehen, ob wir noch schwammen oder bereits unter Wasser gedrückt worden waren. Immer jedoch kämpfte sich mein tapferes Boot an die Oberfläche zurück. Sekunden danach ergab sich anstelle der Welle eine weiß schäumende, in sich brodelnde, aber im Grunde genommen ebene Fläche. Sie blieb lange genug eben, um darauf ein Wendemanöver einleiten zu können. Es müsste sehr schnell gehen. Um optimal schnell drehen zu können, müsste ich Bug- und Heckstrahlruder benutzen und gleichzeitig die Drehung mit voller Maschinenkraft unterstützen. Es müsste die eine äußere Schraube vorwärts und die innere rückwärts laufen und zwar mit voller Kraft.


Den Plan hatte ich rasch gefasst, jetzt musste ich nur noch darauf warten, dass sich ein solcher Brecher in meiner Nachbarschaft ereignete. Dabei schaute ich in der Hauptsache nach links, einen Brecher auf der Steuerbordseite bekam ich dadurch nicht mit. Egal, der nächste kommt bestimmt. Dann sah ich die sich brechende Welle backbord voraus, zehn Meter seitlich. Mit aller Kraft steuerte ich auf die Fläche zu, die gleich eben werden würde. Da, der Brecher überschlug sich, die erhoffte Fläche entstand. Das Boot drehte sich unter voller Maschinenkraft leichtfüßig wie eine Ballerina auf der Stelle. Rechtzeitig zur nächsten Welle fuhr ich geradeaus, im rechten Winkel zu den Wellen. Die kamen nun von hinten. Der Beschreibung im Fachbuch folgend, stellte ich beide Maschinen auf kleine Fahrt zurück.


Das Ergebnis war verblüffend. Die Wellen besaßen immer noch die gleiche Höhe und die gleiche Wucht. Anstatt sich dagegen an zu stemmen, ritt sie mein schönes Boot ganz gelassen ab. Ließ sich hinten anheben, die Welle rauschte unter ihm hindurch, es senkte sich gelassen in das nächste Tal hinab und ließ sich von der folgenden Welle wieder hinaufheben. Alle Bewegungen verliefen geschmeidig und beinahe sanft ab. Wunderbar.


Dass das Boot nun noch stärker abtrieb, Richtung türkischer Küste, das vernachlässigte ich in meinem überanstrengten Hirn.


Durch die starke Schaukelei über die letzten Stunden war ich wirklich erschöpft. Dagegen besaß dieses gleichmäßige Auf und Ab etwas Einschläferndes, Beruhigendes, wie eine Wiege. Die Gefahr des sofortigen und brutalen Scheiterns und damit die Lebensgefahr war vorüber, es machte sich Müdigkeit bei mir bemerkbar, die nicht mehr zu beherrschen war. Wirklich und wahrhaftig, ich legte mich auf die Sitzbank neben dem Cockpit und schlief beinahe sofort ein.


Trotz des Höllenlärms, den der Sturm verursachte, wachte ich erst nach zirka zwei Stunden tiefen und erholsamen Schlafes wieder auf. Dank der Umstände, der immer noch heftig heulende Sturm und die starken Schaukelbewegungen, war ich sofort wach. Laut Kartenplotter war die türkische Küste ein erhebliches Stück näher gerückt. Die Nähe war noch nicht beunruhigend, jedoch musste ich sie im Auge behalten. Am Liebsten hätte ich jetzt einen heißen Kakao getrunken, aber in dem Moment, bei dieser Schaukelei ein Heißgetränk bereiten zu wollen, war aussichtslos. Erst einmal kämpfte ich mich in meine Kabine, um mir etwas Warmes anzuziehen. Von da aus bis zum Kühlschrank, holte mir die Flasche mit dem Fruchtsaft und torkelte damit zurück zum Cockpit.


Die Wettervorhersage über Seefunk verkündete Sturm bis zwölf Beaufort, Süd-Südwest.


Was Sie nicht sagen!


Erst nach acht Uhr morgens setzte die Dämmerung ein. Niedrig fliegende Wolken sausten mit einem Affenzahn über den Himmel, Gischt und Regen flogen durch die Luft. Mich ängstigte das alles nicht, auch die nach wie vor schiffshohen Wellen hatten ihren Schrecken für mich verloren. Mein Schiff wurde nun nicht mehr über Gebühr beansprucht, wir trotzten dem Sturm und der Natur nicht, sondern nutzten ihre Kraft, um uns sanft schaukeln zu lassen. In dem Zustand, in dem wir uns nun befanden, Heck voraus, kleine Fahrt rückwärts, konnte uns die See nicht schockieren, ihre Kraft verlief ins Leere.


Gegen Mittag, nach knapp vierundzwanzig Stunden heftigen Sturmes, schien es mir, als flaue er ab. Ich traute der Ruhe so lange nicht, bis es sich wirklich aufhellte, das Heulen nachließ, nach und nach die Wellenhöhe deutlich abnahm. Die See schien nicht mehr so wütend, sondern besänftigt zu sein.


Die Karte zeigte mir, dass wir viel näher an Rhodos getrieben worden waren, als wir Boden in Richtung Kreta gut gemacht hatten. Der türkischen Küste waren wir bis auf wenige Kilometer nahe gekommen, aber Rhodos war sehr gut erreichbar. Ich stellte es mir schrecklich vor, als kleines blondes Mädchen in einen türkischen Fischereihafen einzulaufen, deswegen wollte ich unbedingt Rhodos ansteuern.


Bei nächster Gelegenheit wendete ich das Schiff. Unmittelbar danach, sofort als wir Fahrt in Richtung Rhodos aufgenommen hatten, traf mich ein Sonnenstrahl. Er kam durch die immer noch mit ziemlichem Tempo dahineilenden Wolken und verschwand eben so schnell, wie er gekommen war. Für mich war es ein Zeichen, dass jetzt alles gut werden würde.


Der Wellengang wurde sehr schnell ruhiger bis moderat. So war die Seefahrt auf der Badewanne Mittelmeer wieder angenehm. Bis Rhodos waren es zweieinhalb Stunden, die gaben mir Gelegenheit, das Schiff zu inspizieren. Die Reling am Bug war stark verbogen und das Schapp auf der Steuerbordseite, das, in dem sich die Auflagen für die Sonnenliegen befanden, war eingedrückt, die Auflagen fand ich wasserdurchtränkt dort vor. Ich legte sie zum Trocknen auf die Liegefläche. Das Boot musste wieder in seinen Ursprungszustand gebracht werden, die Schäden mussten repariert und das Schiff einmal komplett durchgesehen werden. Ich war nicht Fachfrau genug, um eventuelle Schäden in der Struktur fest zu stellen. Um das fachmännisch durchführen zu lassen, suchte ich im Internet eine Niederlassung des Bootsherstellers. Auf Kreta fand ich eine Werft, die Schiffe dieses Herstellers betreute. Man gab mir dort einen Termin in drei Tagen, ich möchte doch bitte Fotos der Schäden übermitteln, damit man sich ein Bild machen und unter Umständen Ersatzteile bestellen könne.


Prima, das waren gute Aussichten! Ich persönlich würde mich auf Rhodos restaurieren, richtig ausschlafen, frisches Obst und Gebäck kaufen, mich erholen und dann auf die Reise von sechs Stunden nach Souda auf Kreta machen.


Guter Plan.


Als ich dann Land in Sicht bekam, war es mir, als würden mir etliche Steine vom Herzen fallen. Man kann sich meine Erleichterung und meine Vorfreude wahrscheinlich nicht vorstellen. Ich kam mir vor wie einer der alten Seefahrer, Magellan oder James Cook, als das Land näher und näher kam.


Der Anblick der Hügel über der Stadt Rhodos, der Duft von Land, von Pflanzen und Erde wurde von mir beinahe als berauschend empfunden.


Der Hafenmeister der Rhodes Marina wies mir über Funk einen Liegeplatz zu, machte mich auf die Geschwindigkeitsbeschränkung im Hafen aufmerksam und wünschte mir eine gute Fahrt. Im Hafen langsam zu fahren war mir durch Seppi millionenfach eingetrichtert worden. Ich kam nicht auf die Idee, innerhalb eines Hafens schneller als zwei, maximal drei Knoten zu fahren. Das macht man einfach nicht.


Ich legte an, zwei Anker vorn, zwei Leinen zum Pier, verschloss die Tür und legte mich in die Masterkabine unter meine wundervolle Bettdecke. Es roch dort immer noch nach meinem Seppi und nach unserem Sex. Den Duft in der Nase, das Gefühl der Sicherheit, den Sturm überstanden, sicher im Hafen angelangt zu sein und die Müdigkeit ließen mich sofort in tiefen und traumlosen Schlaf fallen.


Als ich wach wurde, wusste ich erst einmal nicht wo ich war und welchen Tag wir hatten. Erst nach und nach kam ich so weit zu mir, dass ich realisierte, mehr als vierzehn Stunden geschlafen zu haben.


Wunderbar, alles war wunderbar.


Es war immer noch kühl, morgens um sieben, nach dem Sturm. Ich kleidete mich in die inzwischen trockene, lange Hose von gestern, marschierte am Büro des Hafenmeisters vorbei, es war noch geschlossen. Die Beleuchtung einer Bäckerei lockte mich. Ich erwarb zwei backfrische Croissants, und einen Ballen heimischen Frischkäses aus Schafsmilch, hockte mich aufs Achterdeck, trank heißen Kakao und aß dieses köstliche Croissant mit diesem ebenso köstlichen Frischkäse.


So gehörte sich das, mein Leben auf dem Mittelmeer, so war es richtig. Die Gefahren des Sturms verblassten bereits. Die Sonne schien, die Luft erwärmte sich zusehends, alles war wunderbar, ich, Kapitänin Lona, hatte einen lebensgefährlichen Sturm gut überstanden.


Ausgelassen wie ich war, wollte ich eine Stadtrundfahrt mit einem Taxi unternehmen. Wie schon einmal erwähnt, ich gebe nicht gern Geld aus, trotzdem wollte ich mir das zur Feier des Tages gönnen. Mittlerweile war das Büro des Hafenmeisters besetzt, er betrieb nebenher noch ein Versicherungs- und ein Maklerbüro. Wir rechneten ab, ich wollte bis morgen bleiben, den Versorgungsdienst brauchte ich nicht, vom Treibstoff waren noch mehr als zehn Tonnen im Vorrat, Frischwassertank noch beinahe voll, der Fäkalientank leer. Nein, einen Stromanschluss brauchte ich auch nicht, vielen Dank und eine schöne Zeit.


Mich so weit auf englisch zu unterhalten, hatte ich mittlerweile gelernt. Meine Englischkenntnisse waren jedoch meilenweit von dem entfernt, was ich inzwischen auf Französisch beherrschte.


Der Hafenmeister war so nett, mir ein Taxi zu rufen. Während ich darauf wartete, fragte er mich, wo ich während des Sturms gewesen wäre, in welchem Hafen ich das Ende dieses furchtbaren Sturmes abgewartet hätte. Mit Gesten bedeutete ich ihm, dass ich den Sturm draußen, auf See überstanden hatte. Das wollte er nicht glauben, es würden in griechischen Gewässern mindestens sechs Boote vermisst, drei weitere waren wohl definitiv verloren, sie wurden gekentert und/oder gestrandet aufgefunden, von den Besatzungen keine Spur. Wo ich denn her gekommen wäre? Ich zeigte ihm meinen Kurs auf der Seekarte an der Wand. Er meinte, ich sei direkt ins Sturmzentrum gefahren und schadlos durchgekommen. Er zweifelte immer noch, dass meine Schilderung der Wahrheit entsprach. Das war mir egal, das Taxi fuhr vor und ich begann mit meiner Sightseeingtour.


Am nächsten Morgen saß ich auf dem Achterdeck beim Frühstück. In Gedanken hatte ich bereits abgelegt und befand mich auf dem Weg nach Souda auf Kreta, der Ort, an dem die Werft lag, mit der ich am nächsten Tag einen Termin hatte.


Es rief mich eine Frauenstimme vom Pier.


„Ahoi Cupidon!“


Eine Rucksacktouristin stand dort mit einer Papiertüte in der Hand und winkte damit. Wenn ich es richtig sah, war das eine Tüte der Bäckerei, deren Croissant ich gerade verspeiste.


Sie rief in holperigem Französisch mit unverkennbar deutschem Akzent, ob ich sie mit nach Kreta nehmen könnte.


„Sprichst du deutsch?“, fragte ich zurück.


„Ja, sicher“, rief sie zurück, von der Sprache her eine Schweizerin.


„Ich fahre nach Souda, willst du dahin mit?“


„Ist mir recht, irgendwo auf Kreta, egal wohin.“


„OK“, winkte ich sie zu mir. „Herzlich willkommen. Ich will gleich ablegen, OK?“


„Sehr gut“, meinte sie und stellte sich mit Ursel vor. Sie trug eine abgeschnittene Jeans, derbe Springerstiefel, ein Top mit einem karierten Männerhemd darüber und einen grünen, verschossenen und prall gefüllten Rucksack mit einer Trinkflasche in der Seitentasche.


„Ursel“, stellte sie sich vor und gab mir die Hand. „Ich habe einen Bootsführerschein, ich kann dich ablösen.“


„Sehr schön, vielen Dank. Du kannst die Schuhe und das Gepäck in den Salon stellen. Hast du schon gefrühstückt?“


Sie verneinte, ich leistete ihr Gesellschaft, bot ihr einen Kaffee an und war gespannt darauf, was sie für eine Geschichte zu erzählen hatte. Aber erst wollte ich mich auf die Reise begeben, zum Plaudern hatten wir mehr als sechs Stunden Zeit. Weil ich eine wildfremde Person an Bord nahm, wollte ich sicher gehen, sie nicht zum Diebstahl zu verführen. Aus dem Grund legte ich alle wichtigen Papiere, mein Portemonnaie mit allen Bank- und Kreditkarten und alles was ich an echtem Schmuck besaß, in den bordeigenen Tresor. Das war eine Schublade, die etwa die Größe von zwei Schuhkartons aufwies. Sie öffnete sich seitlich in den Gang zur Masterkabine, wenn man in das Tastenfeld auf dem Armaturenbrett die richtige Zahlenkombination eingab.


Ursel half mir mit den Leinen, löste sie am Pier und schoss sie sauber an Deck auf. Die Frau kannte sich tatsächlich in der Seefahrt aus.


Wir tuckerten langsam aus dem Hafen heraus, sie kam zu mir ins Cockpit, nahm an dem kleinen Tisch Platz und schaute zu, wie ich das Schiff durch die Hafeneinfahrt manövrierte.


„In der Bäckerei haben sie mir erzählt, dass du nach Kreta fährst. Danke, dass du mich mitnimmst.“


„Gerne doch. Wo kommst du her?“


Sie begann zu erzählen. Ich schaute ihr zu, wie sie erzählte. Es handelte sich bei ihr um eine Berner Studentin, die sich ein Jahr Auszeit gönnte und einmal rum ums Mittelmeer trampen wollte. In der Türkei sei sie jedoch umgekehrt, das Leben als allein reisende blonde Frau unter Muslimen sei ihr zu gefährlich erschienen. Ihr neues Ziel war es, sämtliche Mittelmeerinseln zu bereisen, Rhodos sei bereits die vierte Insel auf ihrer Route. Nach Kreta werde sie weiter daran arbeiten, alle griechischen Inseln zu besuchen, zumindest alle die, die mit öffentlichen Fähren erreichbar wären.


Sie erzählte lebhaft, mit viel Körpersprache. Ihr Haar war aschblond, lang und strähnig. Es schien mir so, als hätte sie bereits längere Zeit nicht geduscht.


Als wir die Cruisegeschwindigkeit erreicht hatten, schaltete ich den Autopiloten ein. Das Wetter war traumhaft, die Dünung sanft und die See machte einen freundlichen Eindruck.


„Wenn du willst, dann gehst du in die Crew-Kabine im Heck, dort kannst du duschen und in der Waschmaschine das waschen, was gewaschen werden muss. Ein Trockner ist auch noch da.“


Das Angebot nahm sie gern an. Sie folgte mir auf den Weg hinunter, ich zeigte ihr die Kabine und die Dusche, die Waschmaschine und den Trockner, und stieg wieder hinauf ins Cockpit. Ich ging davon aus, dass sie gleich nach dem Duschen wieder hinauf kommt, sie blieb jedoch über vier Stunden unten. Als sie wieder kam, waren die Haare sauber und trocken, ihre Kleidung gereinigt. Sie stellte den fertig gepackten Rucksack ab.


„Ich habe eine Mütze Schlaf gebraucht, danke fürs Angebot. Ist alles OK?“


Während sie ‚eine Mütze Schlaf’ genommen hatte, war ich meinen Pflichten nachgekommen. So sah ich es. Französisch zu lernen und auch meine deutsche Grammatik zu verbessern, sah ich als eine wichtige Aufgabe an.


Die klassische französische Literatur ging ich an. Voltaire im Original zu lesen, hatte ich aufgegeben, stattdessen machte ich mich mittels Sekundärliteratur über ihn kundig. Als deutschen Philosophen fand ich Kant spannend, aber schwierig zu lesen. Schiller und Goethe waren großteils einfach zu lesen und zu verstehen, wobei Goethe teilweise ziemlich verschrobenen Gedanken Raum verlieh.


Die großen deutschsprachigen Pessimisten wie Borchert, Lenz, Böll und Kafka konnte ich nur in homöopathischen Dosen ertragen. Die modernen deutschen Literaten versuchen teilweise, die Dramatik der alten Pessimisten noch zu übertreffen. War teilweise gruselig zu lesen.


Ich las Romane sowohl in französischer als auch in deutscher Fassung. Es war spannend zu sehen, dass und wie schnell sich mein Horizont erweiterte. Das bemerkte ich daran, dass mich Dinge interessierten, die ich früher links liegen gelassen hatte, auch deshalb, weil ich sie wohl nicht verstand. Wirklich, lernen war unglaublich spannend. Im Netz fand ich YouTube-Videos, in denen Wissen vermittelt wurde, auf deutsch und französisch. Was man da alles lernen konnte war echt voll krass.


Der Wissensdurst nahm durch mehr Wissen nicht ab, sondern, im Gegenteil, er nahm zu. Wenn ich etwas gelernt hatte, dann ergaben sich fast immer wieder neue Fragen. Warum dies und jenes so war, wie geschildert, was es bewirkte und wer es heraus gefunden hatte. Wie dies und wie jenes zu bewerten war, wer das entdeckt und welche weiteren Erkenntnisse er oder sie daraus gezogen hatte.


Die Stunden allein auf See gaben mir die Muße und Entspannung, die ich zum Lernen schätzte.


Ursel erzählte etliche spannende und lustige Geschichten von ihrer Reise. Wir saßen auf dem Sofa neben dem Cockpit, tranken Kakao und quatschten. Fast automatisch schaute ich immer wieder nach dem Rechten, das Schiff zog seine schnurgerade Bahn, auf dem Radar war nichts zu sehen, das Echolot zeigte bis über einhundertfünfzig Meter Tiefe keinen Grund, der Autopilot hatte alles im Griff.


Nach etwas mehr als sechs Stunden bekamen wir Kreta beinahe in Sichtweite. Mittlerweile saß ich am Ruder oben auf der Flybridge, beobachtete den roten Punkt und wie er sich Souda näherte. Ursel hatte es sich auf der Sonnenliege hinter mir bequem gemacht, lag dort nur mit dem Slip bekleidet in der Sonne.


Von hier würde als erstes Land zu sehen sein, für mich nach Rhodos erst die zweite Landsicht, die ich auf meiner Solofahrt erlebte. Da, da war es. Im Fernglas nur ein schmaler Strich über dem Horizont.


„Land!“, rief ich und kam mir beinahe vor wie Kolumbus bei der Entdeckung Amerikas.


Etwa drei Kilometer vor der Küste rief ich bei der Werft an, ob es bei dem Termin morgen bliebe. Ja, da war wohl alles klar, ich könnte, wenn ich wollte, jetzt bereits neben dem Dock festmachen. Ob ich schon ein Quartier hätte für die Zeit der Reparatur? Man hätte Verbindung zu einer Pension, die einem Familienangehörigen gehörte.


Die wollte ich auf jeden Fall in Augenschein nehmen. Das Anlegemanöver am zugewiesenen Pier war für mich eine leichte Übung. Ich nahm mir ein Beispiel an den Booten in der Nachbarschaft, keines davon lag direkt am Pier, sondern sie hielten alle deutlichen Abstand. Auch ich platzierte mein Schiff mehr als einen Meter vor dem Pier. Später hörte ich, dass es im Hafen eine Rattenplage gab, deswegen lagen alle Schiffe etwas vom Pier entfernt. Wenn ich mir vorstellte, ich würde Ratten auf meinem Schiff entdecken und müsste sie bekämpfen oder sie würden an mir rumknabbern, da wurde mir schlecht.


„Das kannst du aber, sackstarke Vorstellung!“, meldete sich Ursel in ihrem Schweizer Dialekt, als ich das Schiff genau anderthalb Meter vom Pier fest verankert hatte.


„Das traut man dir kleinen Persönchen wirklich nicht zu“, ergänzte sie.


„Das kleine Persönchen zeigt es dir gleich!“, meinte ich ausgelassen und wedelte ihr mit der Faust vor dem Gesicht herum. Ich fand es absolut krass geil, dass ich ein Schiff tatsächlich so beherrschte, wie mir Seppi das prophezeit und auch bescheinigt hatte.


Ursel lachte und nahm meine Faust in die Hand. Ihre Hände waren sicher anderthalb mal so groß wie meine. Sie gab mir wirklich und wahrhaftig einen kleinen Kuss und sagte:


„Danke für die Überfahrt.“


Das Küsschen war selbstverständlich, nichts Besonderes.


„Weißt du schon wohin du willst und wo du unterkommst?“


Es war mittlerweile sieben Uhr abends.


„Nein, das weiß ich nicht“, antwortete sie.


„Heute Nacht können wir ja noch auf dem Schiff bleiben, morgen früh sehen wir weiter. Vielleicht brauche ich dich noch zum Manövrieren, innerhalb des Docks oder wo sie mein Schiff brauchen.“


„OK, gerne, dann bleib ich unten in meiner Kabine.“


„OK, ich will noch etwas essen gehen und mir vorher die empfohlene Pension anschauen, möchtest du mitkommen?“


Sie strahlte.


„Ja, gerne, ich könnte auch etwas essen.“


Die Pension war annehmbar, die Dame, die sie führte, sprach kein Wort deutsch, kein französisch und kein englisch. Die Verständigung funktionierte dennoch, mit Zeichensprache und nach dem Tonfall des Gesagten. Die Pension verfügte nur über Doppelzimmer, der Preis war zwar nicht niedrig, aber soweit OK, ich nahm ein Zimmer.


Eine Empfehlung für ein Restaurant hat die Pensionswirtin trotz der Verständigungsschwierigkeit gegeben, man ging der Strandpromenade entlang, das dritte Restaurant. Es war so zu verstehen, dass es ihrem Neffen gehörte, dem Sohn ihrer Schwester.


Das Restaurant nannte sich sinnigerweise Taverna und war auf deutsche und englische Gäste spezialisiert. Eine deutsche Kellnerin fragte uns nach unseren Wünschen. Das Essen war toll, wirklich. Es wurden nur Zutaten aus Kreta verwendet, inklusive des Fisches. Wir, Ursel und ich, teilten uns eine Dorade, fangfrisch, sehr lecker zubereitet, ohne Schicki-Micki, einfach köstlich. Die Kellnerin bedankte sich für das wohlverdiente Trinkgeld und gab noch eine Empfehlung für einen Club ab. Ich war allerdings bereits müde, die Stunden im Sturm saßen mir noch in den Knochen, die verlangten danach, weg geschlafen zu werden, Ursel schloss sich an, obwohl sie bereits auf der Herfahrt geschlafen hatte.


Am nächsten Morgen erwachte ich frisch und tatendurstig erst um zehn Uhr, als jemand von außen ans Schiff klopfte.


Draußen stand ein Werftarbeiter und bat mit Gesten, wir möchten doch bitte das Boot verlassen oder es in die Werft hinein fahren. Da ich nicht gewillt war, mein Schiff in fremde Hände zu geben, machte ich mit Gesten deutlich, dass ich in einer Viertelstunde das Boot in der Werft abliefern würde.


Die Zähne waren rasch geputzt, die Utensilien, die ich für eine Woche an Land benötigte, standen seit gestern Abend in meiner kleinen Reisetasche bereit. Ursel musste ich wecken, die hatte noch nicht gepackt.


Sehr langsam und vorsichtig fuhr ich in das Dock der Werft ein. An der Seite stand ein Schwimm-Kran, der an einem Gestell drei Schlaufen ins Wasser hielt. Der Werftarbeiter von vorhin machte mir deutlich, dass ich dort hinein fahren sollte, aber bitte, bitte langsam. Das war nun wirklich keine Kunst, ganz sachte steuerte ich das Schiff so, dass es in Flucht mit den Schlaufen nur geradeaus treiben musste. Als das Boot über genügend Geschwindigkeit verfügte, nahm ich den Antrieb vollends heraus und ließ es treiben. Ohne es korrigieren zu müssen, trieb es sanft wie eine Daunenfeder genau in die Schlaufen hinein. Als der Werftarbeiter anzeigte, dass ich noch einen Meter fahren sollte, gab ich einen kurzen Gasstoß rückwärts, der Bremsweg betrug exakt den Meter, der verlangt worden war.


Sobald das Schiff in der richtigen Position angekommen war, zog der Kran die Schlaufen straff, das Schiff war gefangen. Sie warteten, bis Ursel und ich mit dem Schlauchboot von Bord gegangen waren und hoben es langsam aus dem Wasser. Immerhin wog mein Schiff etwa einhundert Tonnen, ich hätte nicht gedacht, dass eine solch große Masse überhaupt mit einem Kran zu heben wäre. Ganz sacht hob sich der Rumpf aus dem Wasser.


Unterhalb der Wasserlinie war das Schiff nicht weiß, sondern grün. Die Struktur zu überprüfen ging logischerweise nur außerhalb des Wassers. Um eventuelle Veränderungen am Rumpf zu entdecken, war die Reinigung des Rumpfes unbedingt notwendig. Eine Erneuerung des Antifouling-Anstrichs eine logische Verbundarbeit, deshalb war sie auf Anraten des Werftinhabers in dem erteilten Auftrag enthalten. Dass das Boot jedoch so stark bewachsen war, wie ich es jetzt sehen musste, das war mir nicht klar gewesen. Da hatte wohl die lange Liegezeit in Limassol einiges dazu beigetragen.


Das Boot wurde in eine Halle gefahren und dort auf vorbereiteten Böcken abgestellt. Außerhalb des Wassers wirkte es riesig, ein Auto, das daran vorbei fuhr, erschien winzig im Größenvergleich.


Der Inhaber der Werft kam und wollte mit mir die Details der Reparatur besprechen. Dazu reichten meine Englischkenntnisse nicht aus, französisch konnte der nicht. So mussten wir so lange auf Englisch radebrechen, bis ich, in Ermangelung der korrekten Vokabel, ein deutsches Wort einflocht.


„Sie sprechen deutsch?“, fragte er erstaunt, mit starkem Akzent.


Das Boot führte die monegassische Flagge und als Heimathafen war Monaco angegeben, daher war die Annahme richtig, dass ich französisch sprach.


„Oh“, meinte ich. „Sie auch? Das erleichtert einiges.“


Ich wollte unbedingt das Boot wieder in den Originalzustand versetzen, dazu musste die Reling ganz oder zum Teil erneuert und das eingedrückte Schapp repariert werden. Wegen der Belastung des Rumpfes durch den Sturm konnte er mich beruhigen, da sei bei diesem Bootstyp so viel Sicherheit eingebaut, dass die Gefahr einer Ermüdung der Struktur nicht bestünde. Ich erzählte ihm von den knisternden Geräuschen, die ich gehört hatte, er versprach, genau zu prüfen, aber zeigte sich zuversichtlich, dass nichts beschädigt sei.


„Auch ein GFK-Rumpf arbeitet unter Belastung, die Befestigung der Zwischenwände muss bei Belastung nachgeben, daher wird das Knistern gekommen sein. Machen Sie sich keine Sorgen.“


Nun gut, wir vereinbarten, dass er mich anruft, wenn abzusehen ist, dass das Schiff fertig wird, so verblieben wir.


Ursel machte außerhalb des Schiffes einen verlorenen Eindruck, ganz offensichtlich wusste sie nicht wohin. Wir waren uns nichts schuldig, deswegen konnte es mir eigentlich egal sein, was sie vorhatte. Trotzdem lud ich sie zum Frühstück ein, das wir in einem der zahlreichen Cafés in der Nähe des Hafens einnehmen wollten. Sie wirkte immer noch so verloren, sie wusste offensichtlich nicht, wo sie bleiben sollte. Auf Rhodos hatte sie auf mich den Eindruck gemacht, als sei sie eine erfahrene Weltenbummlerin, die sich überall zurecht fand, hier nun wirkte sie verloren. Solch unsichere Stimmung kenne ich von mir, ich konnte mitfühlen, was sie bewegte. So lud ich sie ein, das Doppelzimmer mit mir zu teilen, bis sie wüsste, wohin sie gehen wollte. Das nahm sie dankbar an.


Wir brachten unser Gepäck in die Pension. Unterwegs überlegte sie laut, ob ich sie wohl auch weiterhin mitnehmen würde, die nächste Insel sei dann ihre. Für die Weiterfahrt hatte ich bisher keine konkreten Pläne. Mit Kreta verbanden mich etliche wunderbare Tauchgänge mit Gerôme, dem Treulosen, ein wenig würde ich mich in diesem Taucherparadies schon aufhalten wollen. Davon erzählte ich nichts, auch zu ihrem weiteren Verbleib auf dem Schiff äußerte ich mich nicht.


In einem sehr schön gelegenen Café frühstückten wir, Ursel war eingeladen. Über ihre Finanzen wusste ich nichts, ich ging davon aus, dass sie knapp bei Kasse war.


Wir vertrieben uns den Tag damit, dass wir die sehr schöne Umgebung und eben die Stadt anschauten. Erst nach dem Mittag erfuhr ich von dem alten venezianischen Hafen in der Stadt Chania, von der auch der Ort Souda, in dem die Werft lag, ein Teil war.


Ich ließ mich mit einem Taxi dort hin bringen, Ursel schloss sich ohne Kommentar an. Es gab ein Museum und eben die alte Hafenanlage mit stark von der Zeit gezeichneten Lagerhäusern. Interessant, fand ich.


Nach dem Abendbrot in einem Restaurant am Hafen von Chania besuchten wir einen Club. Ursel rührte keinen Finger, um sich an den Kosten zu beteiligen. Im Club war wenig los, die Musik mehr Folklore, als etwas zum Tanzen. Noch vor zehn Uhr bestellte ich ein Taxi und wir fuhren zur Pension.


Nach dem Zähneputzen ging ich gleich zu Bett, ohne ein Wort schloss sich Ursel an. Sie benutzte ein ausgeleiertes Herren-T-Shirt als Nachthemd, ich schützte meine Brüste vor der kratzigen Bettwäsche mit einem sehr kurzen, anliegenden Hemdchen, der Rest blieb frei, um ausführlich atmen zu können.


Das passive Verhalten Ursels hatte so lange Bestand, bis ich das Licht löschte. Ich lag auf meiner Schlafseite, als sich Ursel an mich heran kuschelte. Mir war es nicht recht, dass sie so nah kam, einen anderen Menschen zu berühren, seine Haut und Wärme zu spüren, fand ich angenehm, aber Ursel? Entscheiden konnte ich nicht mehr, denn den Schlaf spürte ich bereits herankommen, die ersten Traumfetzen durchzogen mein Hirn, wie Nordlicht den Nachthimmel von Norwegen.


Ob ich die Berührungen träumte oder sie tatsächlich stattfanden, unterschied ich nicht mehr, ich ergab mich meiner Traumwelt. Ich träumte, es würde jemand meine Brüste streicheln, sanft und zart und sehr erregend. Im Traum erschien es mir, es streichle mich jemand unter dem Hemdchen, intensiv, die Brustwarzen betonend und leicht drehend. So etwas mag ich, sogar sehr. Mir träumte, es würde jemand meine Klit streicheln, mein heißes Knötchen, das sich gleich aufrichtete und festigte und sehr sachkundig gerubbelt wurde. Selbst im Traum hörte ich mich leise stöhnen.


Intensive Träume war ich gewohnt, Träume, von denen ich selbst nach dem Aufwachen nicht unterscheiden konnte, ob ich all das nur geträumt oder ob die Begebenheit tatsächlich stattgefunden hatte, zumindest während der ersten paar Sekunden nach dem Aufwachen. Hier jetzt, das war schon sehr realistisch und ich freute mich darüber, eigentlich war ich, wie immer im Traum, machtlose Zuschauerin. Der Reiz setzte sich fort, meine Erregung nahm zu und zu und zu. Einen Orgasmus im Traum hatte ich bis dahin nicht, aber dagegen einzuwenden hatte ich ebenfalls nicht wirklich etwas. Es war kaum zu glauben, was mir geschah, ich beobachtete mich aus unterschiedlichen Perspektiven, in der Traumwelt ist so etwas möglich, zumindest in meiner. Mehr und mehr näherte sich mir diese Welle, mehr und mehr versank ich darin, näher und näher rückte der Höhepunkt. Mit einem lauten Stöhnen, das ich nicht in der Lage war zu unterdrücken, leitete ich den Orgasmus ein. Völlig machtlos durchlebte ich den Rausch der Gefühle, die eigene Entzückung weckte mich vollends auf.


Schwer atmend lag ich da, Ursel streichelte sanft meine Klit, um den Nachklang des Orgasmus’ zu begleiten. Der Abgang war gewaltig, halb Traum, halb Wirklichkeit. Eigentlich mag ich es, im Halbschlaf zum Höhepunkt gebracht zu werden, gegen Ursel hatte ich jedoch so meine Ressentiments. So gut konnte ich sie nicht leiden, dass ich mit ihr sexuellen Kontakt haben wollte. Jetzt war es allerdings passiert. Ich taumelte immer noch durch die machtvollen Gefühle, als sie mich küsste, heiß küsste.


Sie hatte die Lustmacht auf ihrer Seite, ich küsste sie zurück, küsste sie intensiv, so, wie mir von der Lust befohlen wurde. Beinahe selbstverständlich nahm ich nun von ihrem Körper Besitz, streichelte sie unter dem T-Shirt, zwirbelte sie dort, wie es auch mir gefiele. Sie stöhnte verhalten, ließ sich passiv meine Streicheleinheiten gefallen.


Einmal begonnen, würde ich nicht innehalten, bevor ich sie nicht ebenfalls befriedigt hätte. Sie lag auf dem Rücken und ließ sich widerstandslos erregen.


Diese passive Frau zu verwöhnen, wurde mir zum Vergnügen. Mal sehen, wie sie wird, wenn sie vor Lust nicht mehr weiß, was sie ist, Männlein oder Weiblein.


Ihre Klit war leicht zu finden, logisch, sie ging richtig ab, als ich sie da berührte. Mittlerweile hockte ich zwischen ihren Schenkeln. Im schwachen Mondlicht sah ich ihr hochgerecktes Kinn und die geschlossenen Augen. Als ich die Klit mehr und mehr bearbeitete, ballte sie die Fäuste, bohrte sie krampfhaft ins Bettlaken, stöhnte verhalten mit ganz tiefer Stimme. Es war echt geil zu sehen, wie sie abging, zu sehen, zu hören und zu fühlen.


Ihre Musch duftete nach Erregung, nach Sex, nach unverhohlener Geilheit. Schnuppern allein reichte mir nicht, das wollte ich probieren, denn ihre Geilheit duftete extrem, stark, süßlich, der Duft törnte mich total an. Mit Lippen, Zunge und ganz zart mit den Zähnen verwöhnte ich ihren winzigen Minipenis, lutschte daran. Sie ging ab wie eine Rakete, wölbte mir den Leib entgegen. Beinahe automatisch streichelte ich ihre Lippen, teilte sie, versenkte einen Finger in ihr Löchlein. Den schob ich hinein und hinaus, hinein, hinaus, sie reagierte darauf mit durchgehendem Stöhnen, beim Ein- und beim Ausatmen. Das hörte sich extrem sexy an, ich nahm einen zweiten Finger dazu, dann kam sie, aber wie. Ich fuhr fort, ihr Stöhnen wurde lauter und lauter. Plötzlich verkrampfte sie, schnellte mir den Leib entgegen, hielt die Luft an, um mit lautem Geräusch auszuatmen und sich gleichzeitig zu entspannen. Schwer atmend streichelte sie mir den Kopf, ich begleitete sie mit einem Finger durch den Nachhall des Orgasmus’, bis sie wieder zu Atem gekommen war.


„Gute Nacht“, wünschte ich ihr und legte mich wieder auf meine Schlafseite.


Am nächsten Morgen verloren wir kein Wort über das Erlebnis in der Nacht, wir nahmen das Frühstück in der Pension wahr, obwohl es nur aus zwei Scheiben Toast und etwas Marmelade bestand.


Mein Plan war es, mich weiter in der Altstadt von Chania umzuschauen, es interessierte mich halt. Die Bauten und die Hafenanlage gab es seit dem 14. Jahrhundert, das fand ich beeindruckend. Auch die Zeile der gastronomischen Betriebe längs der Mole war beeindruckend. Verhungern und verdursten würden wir hier nicht.


Ursel erzählte nichts, sie wirkte so, als sauge sie die Eindrücke auf.


„Weißt du“, bemerkte sie nach einigen Stunden Besichtigung, während derer wir auch das Marinemuseum besuchten, „so genau und intensiv habe ich mir noch keine Stadt agschaut, echt net.“


„Echt spannend“, ergänzte sie noch.


Verträumt blickte sie auf den sehr alten Leuchtturm, offensichtlich das Wahrzeichen der Stadt.


Mittags lud ich sie in ein Restaurant ein, spät abends tranken wir etwas, nahmen noch einen Salat und schauten uns dann nach Nachtleben um. Mir war so ein wenig nach anderen Menschen, nach Trubel und Party.


Wir fanden einen Club, in dem wirklich geile Housemusic gespielt wurde, der DJ war genial. Die Musik war echt laut, das eine Stück dauerte mindestens eine halbe Stunde, praktisch nur Rhythmus, mit starkem Bass, der im Magen vibrierte. Bei sowas gehe ich ab wie ein Zäpfchen, dann verliere ich den Bodenkontakt und schwebe durch die Musik. Zu Beginn schaute Ursel nur, nach einiger Zeit ergab auch sie sich dem Rhythmus, wir tanzten im dichten Gewühl der anderen Rhythmus-Verrückten. Geil, es war einfach geil. Wenn ich so ganz losgelöst tanze, dann bin ich rein auf das Gefühl und den Körper fixiert, alles andere interessiert nicht.


Wahrscheinlich geht das allen so, hat noch nie jemand mit mir darüber gesprochen, ich mein, dass man sexuelle Gefühle bekommt, wenn man so tanzt. Ich weiß von mir, dass ich nicht nur von Schweiß feucht werde und dass ich heiß darauf werde, mit anderen in Kontakt zu treten, um den sexuellen Gefühlen nachkommen zu können. Dass die Männer immer sehen können, was mit mir los ist und wozu ich bereit bin, hängt vielleicht damit zusammen, dass ich einfach sinnlicher herüber komme, wenn es bei mir so weit ist.


In dem Club mit Ursel, da war ich auch so weit. Etwas außer Atem von der Toberei ging ich zum Tresen, holte mir etwas zu trinken und stellte mich an einen runden Stehtisch, beobachtete die Tanzenden und trank durstig das kühle Sprudelwasser. Ursel sah mich stehen und kam hinzu. Wenn ich es richtig sah, dann wurde sie von drei Burschen beobachtet, die sich in Richtung auf unseren Tisch bewegten. Und richtig, sie sprachen uns an. Es handelte sich um einen Engländer und zwei Griechen, die sich offensichtlich schon länger untereinander kannten. Mit meinem Englisch steht es nicht zum Besten, darin war Ursel deutlich besser, sie übernahm die Gesprächsführung. Die Jungs brachten etwas zu trinken, ich hatte mir Prosecco gewünscht und bekam ihn auch. Die Jungs machten Spaß mit Ursel, ich ging lieber wieder tanzen, denn der DJ legte echt geile Mucke auf.


Nach einiger Zeit tanzten Ursel und die drei Jungs um mich herum, wir tobten etwa eine Stunde auf der Tanzfläche zwischen den anderen Gästen des Clubs. Mir war mehr und mehr nach menschlicher Nähe, genauer gesagt, nach männlicher Nähe.


Wir standen mal wieder an unserem Tisch, tranken und alberten herum. Ursel raunte mir zu:


„Der Cristos hat eine Hütte oben in den Bergen, sie fragen, ob wir Lust haben, mit hinauf zu fahren?“


Das Angebot überraschte nicht wirklich. Die Berghütte war ungewöhnlich, aber sich nach der erregenden Tanzerei zurück zu ziehen, damit hatte ich bereits gerechnet, sogar darauf gehofft. Ursel nickte, sie war mit dem Ausflug in die Berge einverstanden.


„OK!“, sagte ich und grinste in die Runde. Wir brachen gleich auf, Ursel saß vorn mit dem ortskundigen Griechen, ich hinten zwischen den beiden, dem Engländer und dem anderen Griechen. Naja, dass es nicht nur beim Herumsitzen blieb, war ja klar. Der Engländer küsste kühl, der Grieche heiß, erregend, mit Zunge und allem Feuer, das man sich von einem Südländer wünscht. Der Engländer, Tom hieß der, der zog mir den Slip über die Beine und massierte meine Musch. Dazu musste ich ihm natürlich die Beine etwas öffnen. Hatte ich etwas dagegen, dass er mich da massierte? Aber nein.


„Full wet!“, erkärte er den Kollegen den Zustand meiner Möse. Der Grieche überprüfte es, hörte dabei leider auf, mich zu küssen. Der Kollege am Steuer versuchte ebenfalls, sich davon zu überzeugen, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Sein Arm war lang genug, auch er überzeugte sich. Ursel kniete sich auf ihren Sitz und zeigte den Burschen, wie man mit meinen Titties richtig umgeht. Sie lernten schnell, mit einem Satz, innerhalb allerkürzester Zeit war ich so heiß, dass ich die Welle bereits heraneilen spürte.


Das Top wurde mir über den Kopf gezogen, die Beine wurden weit gespreizt über die Beine der Nachbarn gelegt, sie berührten, streichelten, rieben, zwirbelten an meinem Körper. Es war so extrem geil in dem Auto, ich, im Mittelpunkt des Interesses, wusste nach einiger Zeit nicht mehr, was ich alles tat, was ich sagte und was ich fühlte, außer dem Reiz und der herannahenden Welle.


Ursel sagte etwas auf englisch, wenn ich es richtig verstand und interpretierte, sagte sie so etwas wie:


„Bringt sie zum Orgasmus, das ist so geil, nur vom Anblick bekomme ich einen Abgang.“ Irgend so etwas wird es gewesen sein, denn die Jungs rechts und links arbeiteten intensiv darauf zu. Ich wurde weiter geküsst, gestreichelt, Ursel zwirbelte mir die Titties. Es geschah beinahe automatisch, dass ich ihnen meine Musch entgegenstreckte, sie sollten sie haben, nehmen, berühren, es mir besorgen.


Es blieb nicht aus, dass ich voll abging. Volles Rohr, volle Kanüle, voll krass geil, nicht zu beeinflussen, vollkommen ungebremst raste ich in die Welle hinein, auf der Fahrt über die kurvenreiche Straße hinauf zur Berghütte.


Der Abend ließ sich geil an, laut stöhnend und mich windend lebte ich ihnen das vor, was ich empfand.


Es dauerte nicht lang, bis wir die Hütte erreichten. Immer noch von allen befingert, wurde ich aus dem Auto geleitet, nur noch mit dem Rock und den Schuhen bekleidet. Mit einem flüchtigen Blick sah ich die dunkle Hütte und die hell erleuchtete Stadt unterhalb. Man bugsierte mich auf einen Tisch vor der Hütte, mein Rock verschwand. Ausgebreitet lag ich dort, man betrachtete mich im Mondlicht, Ursel stürzte sich auf meine Titties, küsste mich intensiv. Ein heißer Schwanz bahnte sich den Weg in meine bestens vorbereitete Musch. Es war geil, so geil, wie verrückt!


Ich wurde gefickt, es war der Engländer, wie ich im Mondlicht sah, die anderen standen um den Tisch herum und schauten zu. Ursel zwirbelte immer noch meine heißen Titties, die Welle kam schon wieder an. Einer stand hinter Ursel, ihr Rock wurde hinauf geschoben, ihr Höschen bis an die Knie hinuntergezogen. Sie beugte sich zu mir hinab und wurde von hinten mit einem griechischen Schwanz beglückt.


Das bekam ich nur so am Rande mit, als Ausdruck der geilen Stimmung in der wir uns alle fünf befanden. Die Welle hatte mich im Griff, ich kam dauernd, Ursel küsste mich, tanzte Zungenballett mit mir. Es hört sich blöd an, aber ich kam wirklich dauernd, es gab keine Ruhepause. Alle drei wollten das erleben, wie es ist, wenn sie mich ficken und die anderen sehen zu. Zwischendurch beglückten sie auch immer wieder Ursel, die neben mir auf dem Tisch landete. Sie nahmen uns beide dazwischen. Es war ganz normale Fickerei, nichts Verwegenes oder besonders ausgefallen, wir lagen einfach da, Ursel und ich, befingerten uns gegenseitig, halfen den Jungs, uns fertig zu machen und wurden dauernd gefickt.


War ziemlich geil.


Letztlich landeten wir doch in der Hütte, es gab nur eine Gaslaterne im Innern, und lauwarmen Wein. Aber auch der schmeckte, wenn man das hinter sich hat, was wir erlebt hatten.


Die Jungs setzten sich um einen Tisch herum und tranken griechischen Rotwein, ich machte mich auf einer Art Couch lang, die war eigentlich nur ein etwas breiterer Sessel, Ursel gesellte sich zu den Jungs, nackt wie Gott sie geschaffen hatte.


Na, ich war echt noch im Rausch der Gefühle. Nach Seppi hatte ich keinen Sex mehr mit einem Mann und seit Odessa, in alten Zeiten, keinen Sex mit mehr als einem Mann. Mich hatte das echt fertig und sehr zufrieden gemacht. Mit den Dreien würde ich gern noch eine oder mehrere Runden drehen. Es war nie das Gefühl von Liebe oder Zuneigung aufgekommen, sondern nur Begehren und nackte, ungezügelte Gier nach Sex, gepaart mit der Bereitschaft, für einen Orgasmus alles zu geben.


Ursel kam nach einiger Zeit zu mir und weckte mich aus meinen Träumereien, in denen ich die ganze Nacht von den Dreien gevögelt wurde.


Ihre Augen glänzten und die Pupillen waren ganz klein. Dafür fand ich erst keine Erklärung, bis sie mich fragte, ob ich mir ebenfalls eine Line reinziehen wollte. Sofort als ich realisierte, woher die glänzenden Augen kamen, tauchte vor mir das Bild von der Schulkollegin auf, das, wie sie mit einer Spritze im Arm auf dem Bahnhofsklo tot aufgefunden worden war.


„Danke, nein“, lehnte ich ab. Plötzlich war ich nüchtern und klar. Es saß nur noch ein Grieche und der Engländer am Tisch. Beide hatten die Stirn auf die Hände gelegt, sie schliefen. Ursel kuschelte sich zu mir auf den Couchsessel, wir schliefen ein.


Als ich erwachte, stand ich auf, Ursel brummte ungehalten, schlief aber weiter. Meine Sachen waren zum Teil noch im Auto, den Rock fand ich hier im Raum, die Schuhe draußen unter dem Tisch. Das Auto war weg und mit ihm meine Tasche, das Oberteil und der Slip.


Mist, mit blankem Oberkörper könnte ich mich nirgends blicken lassen. In dem Täschchen befand sich etwas Geld, eine Farbkopie von meinem Perso und, das war das Schlimme, der Schlüssel von der Pension.


Der Engländer kam aus der Hütte, mit blankem Oberkörper, trat hinter mich, umarmte mich, fasste meine Titties an. Er beugte sich vor zu mir hinunter, ich lehnte mich an ihn, er küsste meine Halsbeuge. Naja, dann ging es zur Sache. Der Rock war für ihn kein Hindernis, sein Großer war bereits wieder erstarkt. Mit Gefühl und mit Nachdruck eroberte er mit seinem Harten meine heiße Kleine. Dass ich sie ihm zur freien Verwendung hinstreckte, dürfte klar sein. Hier oben, auf der Hütte mit den heißen Jungs und der geilen Ursel befand ich mich in dem alten und wohlbekannten Party-Modus.


Dann sah ich das Auto den Berg hinauf kommen, der Engländer und ich näherten uns dem Finale. Wir ließen uns durch nichts stören. Was uns ereilte, war nun nicht der riesige Orgasmus, aber ein geiles Nümmerchen war es auf jeden Fall. Kurz bevor uns das Auto erreichte, war es soweit, er gab mir seinen Saft.


Das Auto fuhr vor, ich strich den Rock glatt, der Engländer Tom stand völlig nackt da, mit gerötetem, immer noch großem Penis, aus dem es tropfte.


Wir sahen dem Griechen entgegen, ich mein, das wäre jetzt der Cristos gewesen, jedenfalls winkte der mit einer Tüte von der Bäckerei, er war unterwegs gewesen, um Frühstück zu besorgen. Als erstes klaubte ich meine Sachen aus dem Auto, Gottseidank, alles da. Nur das Höschen blieb verschwunden.


Wir frühstückten, Ursel machte dem Cristos schöne Augen, sie zogen sich noch vor dem Ende des Frühstücks zurück, der zweite Grieche, dessen Namen ich nicht wusste, folgte ihnen. Es hörte sich so an, als wenn sich alle drei hinten vergnügten. Tom und ich schauten uns an und zwinkerten uns zu.


Ursel kam als erste zurück, sie machte einen leicht derangierten, jedoch zufriedenen Eindruck.


„Lass uns in die Stadt fahren und schauen, was wir fünf da erleben können“, sprach sie mit neuem Selbstbewusstsein. So verfuhren wir, wir schauten uns eine Menge von der Stadt an, hatten Spaß, alle fünf. Die Nähe der drei Freunde war uns, Ursel und mir, sehr angenehm. Abends dann luden wir sie in unsere Pension ein.


Da ging es noch einmal hoch her, der Alkohol, den wir uns mitgebracht hatten, machte uns alle fünf sehr locker. Wir waren mittlerweile vertraut miteinander. Was mich störte war, dass sowohl die Jungs als auch Ursel sich immer wieder ‚eine Line reinzogen‘ wie Ursel es nannte. Die Männer waren dadurch sehr viel leistungsfähiger als ich es kannte und mir bisher vorgestellt hatte. Auf mich wirkte das ein wenig künstlich. Aber bei dem Prosecco, den ich im Laufe des Tages getrunken hatte, fiel mir das nicht weiter unangenehm auf.


Am nächsten Morgen wollten wir alle fünf in der Pension frühstücken, den Verzehr der Männer wollten wir selbstverständlich separat bezahlen. Anstatt uns zu bewirten, warf die Wirtin uns hinaus. Sie war mit unserer Session von gestern Abend und der Nacht wohl nicht einverstanden. Das war unangenehm, aber wohl nicht zu ändern. Ursel und ich packten unsere Sachen, ich zahlte und wir waren jetzt für den Moment obdachlos. Das machte uns nicht besonders viel aus, die Jungs lachten darüber, zur Not würden wir eben in der Hütte übernachten. Wir suchten ein Café am Hafen auf und frühstückten dort. Das zog sich bis zum Mittag hin.


Die Jungs und Ursel waren schon wieder mit dem Ziehen von Lines beschäftigt und bei guter Laune. Es war notwendig, dass ich einen klaren Kopf behielt, mir wurde die Stimmung mittlerweile etwas zu ausgelassen. Nachmittags um drei rief die Werft an, das Schiff war fertig. Das war eine tolle Nachricht. Ich packte gleich meine Tasche und forderte Ursel auf, mit zu kommen. Sie überraschte mich damit, dass sie bei den Jungs bleiben wollte. Ihre Augen glänzten schon wieder so übertrieben.


OK, Drogen sind nichts für mich, ich habe mit meinem Leben andere Pläne. Leicht verärgert verabschiedete ich mich von der Runde. Die Männer versuchten, mich zum Bleiben zu überreden, aber mein Entschluss war gefasst.


Das Schiff sah wieder aus wie vor dem Sturm, es schwamm auch bereits wieder im Wasser.


„Kleines Fräulein“, meinte der Werftinhaber. „Entschuldigung, Comtesse Lona.“


Woher wusste der das? War mir peinlich, mit dem Fake-Titel angesprochen zu werden.


„Ihre Begleiterin hat uns aufgeklärt. Also, das Schiff ist in sehr gutem Zustand. Es ist das erste Mal, dass ich einen Umbau auf den Lürssen-Effekt gesehen habe. Wie schnell ist es denn?“


„Das freut mich zu hören, an der Struktur ist nichts kaputt gegangen?“


Zu meiner Erleichterung bestätigte er, dass alles in Ordnung sei. Die Reling hätte nicht mehr repariert werden können, das Stück am Bug hätte er komplett ersetzt. Das eingedrückte Schapp war repariert und eine neue Tür eingesetzt worden. Der Antifouling-Belag sei komplett erneuert worden, alles sei jetzt in bester Ordnung.


„Sie haben ein sehr schönes und sehr starkes Schiff, Comtesse Lona. Wie schnell ist es denn?“


„Wir hatten es auf vierzigeinhalb Knoten, nach GPS-Messung.“


Darüber zeigte er sich sehr erstaunt, das hätte er nicht für möglich gehalten. Ich bot ihm an, mit mir eine Probefahrt zu unternehmen, er meinte aber, er habe keine Zeit, seine Anwesenheit in der Werft sei dringend nötig.


Ich bezahlte und war wieder unabhängig und auf meinem schwimmenden Zuhause.


So schnell wie möglich legte ich ab und fuhr hinaus, neuen Abenteuern entgegen.


Die Insel wies an dieser Seite eine teilweise bizarr aussehende Steilküste auf, die meine Neugier als Taucherin weckte. In einer der zahllosen Buchten warf ich Anker, fühlte mich aber auf einen Schlag zu müde um zu tauchen. Ich aß einen Apfel und eine Banane und legte mich schlafen. Die vergangenen beiden Nächte waren nicht spurlos an mir vorüber gegangen. In meinem gewohnten Zuhause in meinem wunderbaren Bett schlief ich tief und fest und traumlos, bis in die frühen Morgenstunden.


Da ich so früh schlafen gegangen war, erwachte ich kurz nach sechs Uhr. Die Bucht war menschenleer, auch oberhalb der Steilküste war niemand zu sehen. Nur mit der Nasenklammer bekleidet nahm ich ein Morgenbad im Mittelmeer.


Wundervoll.


Wie immer vor dem Tauchgang trank ich etwas und aß eine Banane. Hinein in den Neoprenanzug, die Tauchausrüstung und die Schwimmflossen angelegt, schon konnte es losgehen. Von der Badeplattform aus ließ ich mich ins Wasser gleiten. Kristallklares Wasser.


Erst einmal die Anker checken, alle vier saßen fest im Grund, wunderbar. Sorgenfrei und schwerelos nahm ich die Steilküste unter Wasser in Augenschein. Auf Anhieb entdeckte ich drei Unterwassergrotten. Ich blieb allerdings außen vor und versuchte, hinein zu schauen. Allein in so ein dunkles Loch zu tauchen war mir zu gefährlich. Überhaupt, das einsame Tauchen brachte nicht den erhofften Spaß.


Auf der Badeplattform befand sich eine Süßwasserdusche, damit spülte ich mir das Salzwasser von Haut und Haar.


Der Tauchgang, so ganz allein, war nicht so erhebend wie erhofft. Leicht frustriert startete ich die Maschinen, um weiter an der Küste entlang zu tuckern. Im Internet warb eine Diving Ranch, die sich nur ein paar Kilometer weiter östlich die Küste hinunter befand, die steuerte ich an. Der winzige Hafen der Taucher-Ranch war zu klein für mein Schiff, so ankerte ich außerhalb und fuhr mit dem Schlauchboot hinein. Ein privates Café befand sich in Strandnähe, eine blondierte Griechin hantierte emsig hinter dem Tresen. Ich bestellte einen Fruchtsaft, dafür reichte mein Griechisch.


„Deutsch?“, fragte sie, ich bejahte, so kamen wir ins Gespräch, sie konnte etwas deutsch, auch ein paar Brocken englisch und französisch und ich ein paar Worte griechisch. Es war eine spannende und lustige Unterhaltung, wir musste häufig lachen und kichern. Sie bot an, mich einer Gruppe anzuschließen, die in einer halben Stunde zur Steilküste hin aufbrechen wollte. Das Angebot nahm ich dankend an. Die Gruppe bestand aus vier Tauchern, inklusive Tauchlehrer. Die verrückte und ausgelassene Bande, zwei Deutsche, ein Engländer und der österreichische Tauchlehrer versprachen, einen fröhlichen Tag zu verleben, darauf freute ich mich sehr. Es stellte sich heraus, dass nur ein kleines Schlauchboot zur Verfügung stand, da bot ich mein Schiff als Tauchbasis an. Davon waren alle begeistert. Der Tauchlehrer stellte sich mit mir auf die Flybridge, um mich zu den besten Tauchgründen zu leiten. Bevor wir losfuhren, zeigte ich den Mitgliedern der Truppe, wo sie sich mit Getränken versorgen konnten. Anschließend fand sich die gesamte Mannschaft auf der Flybridge ein, wir düsten los.


„Fährst du das Schiff ganz allein?“, fragte der Tauchlehrer. Es traut mir einfach niemand zu. Es war immer wieder eine Überraschung für die Leute, dass ich ganz allein mit dem großen Schiff umging.


Der Tauchlehrer schlug vor, dass wir etwas weiter die Küste hinunter fahren sollten, dort wüsste er eine sehr schöne Stelle zum Tauchen, die sei nur mit dem langsamen Schlauchboot wegen der Entfernung nicht gut zu erreichen. Wie schnell denn mein Schiff wäre?


Nunja, ich bat alle, sich gut fest zu halten, und beschleunigte mit voller Kraft. Wie schon beschrieben ging das Schiff ab wie eine Rakete. Bei dreißig Knoten ließ ich es gut sein, es würde ansonsten zu ungemütlich werden.


„Wie schnell ist denn der Kahn?“, fragte einer aus der Gruppe in wundervollem Ruhrgebietsdeutsch, geradeaus und direkt, wie wir im Ruhrgebiet eben so sind.


„Wir hatten ihn auf vierzigeinhalb Knoten. Dann wird es aber sehr ungemütlich“, rief ich ihm gegen den Fahrtwind zu.


Innerhalb von zwanzig Minuten erreichten wir die Stelle, eine Bucht in der Steilküste. Sie halfen mir beim Ankern. Als das Schiff fest vor vier Ankern lag, entspannte ich mich und freute mich auf den Tauchgang.


„Du hast ja sogar einen Kompressor an Bord!“, staunte der Ruhrgebietsmensch, Achim hieß er. „Willst du mich heiraten?“ Alle lachten.


Wir führten drei Tauchgänge durch, erkundeten eine Grotte und eine Höhle und hatten zwischendurch an Bord viel Spaß. Von Gerôme war noch sehr viel tiefgefrorenes Fleisch an Bord, das ließ ich sie zubereiten. Wie das bei Männern so üblich ist, sah die Küche hinterher aus wie ein Schlachtfeld. Alle Mann räumten allerdings nach dem Essen alles wieder picobello auf.


Ein schöner Tag, kann man nicht anders sagen. Ich brachte die Gruppe wieder zurück zu ihrer ‚Diving-Ranch‘, wo wir einen sehr netten Abend verbrachten. Den Achim nahm ich mit auf mein Boot, um mit mir zu übernachten. Er beglückte mich mehrmals im Laufe des Abends und der Nacht. Einen Mann im Bett zu haben ist etwas ganz Wunderbares.


Auch am nächsten Tag fuhren wir zur Steilküste um zu tauchen, der Tauchlehrer wusste noch eine weitere Stelle, an der es sich zu tauchen lohnte.


Insgesamt verbrachte ich drei wundervolle und abwechslungsreiche Tage mit der Bande und zwei wundervolle Nächte mit Achim, dem Ruhrgebietsmenschen. Am Morgen des vierten Tages brach ich in aller Frühe auf, um den Rest der Insel zu erkunden.


Die weitere Küste war touristisch sehr intensiv erschlossen, es gab kaum eine abgelegene Bucht, in der man in Ruhe ankern und für sich sein konnte. Eine ganze Reihe kleinerer Städte besuchte ich auf der Reise rund um die Insel, jede Anlaufstelle strotzte von Geschichte und Kultur.


Die wirklich schroffe Südseite der Insel reizte mich nach dem umfassenden kulturellen Angebot der Nordseite ganz besonders. Ganze vier Wochen nahm ich mir für Kreta Zeit. Eine Reihe von Tauchschulen fand und besuchte ich, etliche Ausflüge auf meinem Boot bot ich an. Es waren immer interessante Menschen, Leute aller Couleur, die ich kennen lernte.


Ab und zu, wenn mir danach war, nahm ich mal einen über Nacht an Bord. Darunter keine weltbewegenden Supermänner. Meistens gab es soliden, normalen Sex und nette Unterhaltung. Böse Überraschungen erlebte ich nicht.


Keine der Gruppen, keiner der Gäste über Nacht hielt mich davon ab, die Welt ums Mittelmeer weiter zu erkunden, das Neue, Unentdeckte lockte zu stark. Nach den vier Wochen bedauerte ich einerseits, die Insel zu verlassen, andererseits war ich froh, dass mir die gesamte Welt offen stand. So löste ich mich leichten Herzens von der erlebnisreichen Insel und machte mich auf, um weiteres Terrain zu erobern.


An meinem Tageslauf hielt ich so weit fest, wie es die Umstände zuließen. Vier Stunden französisch und möglichst noch zwei Stunden deutsch. Mittlerweile war ich so fit im Französischen, dass ich mühelos zwischen deutsch und französisch hin und her springen konnte. Manchmal fielen mir die französischen Wörter eher ein, als die deutschen, ungelogen. Es machte Spaß, sich zu bilden, wirklich wahr. Mein Ehrgeiz brachte mich zu dem Ziel, Französisch so gut zu beherrschen, dass man keinen Akzent mehr bei mir bemerkte. Ich las weiterhin laut und ließ mich im Zweifel durch eine App aus dem Internet berichtigen. Es gibt echt coole Hilfsmittel um zu lernen, hätte ich früher nie gedacht.


Als nächstes Ziel hatte ich mir Santorin ausgesucht. Das soll doch der Supervulkan sein, der bei einem Ausbruch Atlantis versenkt hatte. Es war mir unheimlich, über einen ruhenden Vulkan zu fahren, das wollte ich unbedingt erleben.


Für die knapp neun Stunden Fahrt brach ich sehr früh morgens auf und bekam die Insel gegen vier Uhr nachmittags in Sicht. Sag mir mal einer den Grund, warum man auf einem ruhenden Vulkan ein Haus oder gar eine ganze Stadt baut!


Ich ließ es mir nicht nehmen und fuhr, mit unheimlichem Gefühl im Magen, durch den Krater, an dem Vulkankegel, dem aufgetürmten Lavadom vorbei und auf der anderen Seite wieder hinaus. Zum Ende hin wurde mein Schiff anscheinend von selbst schneller und schneller. Ich war darauf gefasst, dass der Vulkan in jedem Moment explodieren könnte.


Keine zehn Pferde würden mich dazu bringen, hier an Land zu gehen, no way! Als nächsten Punkt nahm ich mir die Insel Milos vor. Nur Steilküste und Industrie, ungastlich und nicht gerade einladend. Ich ankerte dort um zehn am Abend und brach am nächsten Morgen um Sieben wieder auf, Richtung Kithira, einer Insel, dem Festland vorgelagert.


Die Insel erreichte ich nach knapp sieben Stunden. Ebenfalls Steilküste, kaum Leben an Land.


Als ich weiter zum Festland wollte, stellte ich fest, dass das eine Halbinsel und noch lange nicht das Festland war. Über Peloponnes wurde im Netz viel geschwärmt, ich war gespannt, was mich dort erwartete.


Mittlerweile las ich Bücher über die griechische Geschichte. Die Stadtstaaten von damals waren unter den heutigen Verhältnissen kaum vorstellbar. Sie führten untereinander endlose Kriege, die nur einmal alle paar Jahre vom Olympischen Frieden unterbrochen wurden, um die besten Krieger zu ermitteln und zu küren. Hätte ich ja nie gedacht, dass die Olympiade einen solchen Ursprung hat.


Die Spartaner waren mir echt suspekt, zumindest das, was ich darüber las. Mit dem spartanischen Einrichtungsstil konnte ich mich noch nie anfreunden, es muss immer alles gemütlich sein und dazu braucht es eine Frauenhand und Deko-Artikel. Aber die Spartaner lebten auch so, spartanisch meine ich, und kasteiten sich ihr Leben lang.


Nichts für mich, aber es war interessant darüber zu lesen.


Von Khitira aus steuerte ich die Stadt Gýtheio an, sie sollte wohl sehr malerisch und typisch griechisch sein. Ich war gespannt.


Nach dreieinhalb Stunden erreichte ich die Stadt und den Hafen. Ich bekam einen Liegeplatz direkt an der Restaurantmeile längs der Mole zugewiesen, das war praktisch. Leider lag der Platz auch direkt an der Straße, hier würde ich garantiert nicht lange bleiben. Ein Supermarkt war nicht all zu weit weg, jetzt kam mir der Elektroroller zugute, den Gerôme unbedingt haben wollte. Die kleine Vespa war mit dem Bordkran leicht auf die Mole zu heben, sie besaß einen relativ großen Kofferraum unter der Sitzbank, zusätzlich hatte sich Gerôme Packtaschen gewünscht. Mit dem kleinen Flitzer war es mir möglich, die Einkäufe für eine Person leicht zu transportieren.


Eine tatsächlich malerische Stadt, ich fuhr erst einmal ein wenig mit dem Roller umher, bevor ich einkaufte. Sehr schön gelegen, mit neuen und alten Häusern den Berghang hinunter bis zum Meer. Es schien mir eine reiche Gegend zu sein. Wenn man sich die schönen und zum größten Teil gepflegten Häuser betrachtete, dann war das naheliegend. Es war Montag, außerhalb der Saison, hier war nichts los, ich fuhr am nächsten Tag weiter, hielt mich an die Küste, fuhr südwestwärts. Die Absicht war es, der Küste entlang die Adria zu erkunden.


Mittlerweile esse ich ganz gerne Fisch. Es ist nicht so, dass ich nun unbedingt tierisches Eiweiß zu mir nehmen musste, aber ein-zweimal pro Woche gönnte ich mir eine solche Delikatesse. Und, ganz im Ernst, ich suchte mir die Zielpunkte teilweise nach einem Restaurantführer aus.


Dabei trödelte ich immer der Küste längs. Es war mir nie bewusst gewesen, wie gebirgig Griechenland ist. Entlang meiner Route gab es kaum bebaute Flächen am Meer, Orte gab es nahezu ausschließlich hoch oben über der Steilküste und weit landeinwärts. Von See aus wirkte das Land unwirtlich und karg.


In Gerolimenas aß ich sehr lecker und frisch zu Mittag, von dort fuhr ich gleich rüber nach Metonis. Dort wollte ich nicht anlegen, ich fuhr gleich weiter, weil ich den Drang verspürte, endlich etwas anderes zu sehen als immer diese unwirtliche Steilküste mit den wenigen Buchten und den kleinen Dörfern darin.


Als Ziel nahm ich mir Korfu vor, bis dahin war es aber eine gewisse Strecke.


Nach zehn Stunden, kurz nach zehn Uhr abends, fühlte ich mich so müde, dass ich vor dem schmalen und kurzen Sandstrand in der Bucht von Arkoli ankerte und übernachtete. Mit dem Dinghy fuhr ich morgens an den Sandstrand vor das dortige Café, kaufte frisches Gebäck und etwas Obst, fuhr nach dem Frühstück weiter an der Felsenküste entlang, immer entspannt mit zwölf Knoten. Ich genoss das Mittelmeer ausgiebig, die wundervolle Frühlingssonne, die Fahrt, mein schönes Schiff. Hinzu kam zur Vervollständigung meines Glücksgefühls die Bereicherung, die mir durch die französische Kultur und damit meine Wissenserweiterung auch der deutschen Sprachkultur ermöglichte. Dabei genoss ich mich und dieses Selbstbewusstsein, das den erbrachten Leistungen und der geänderten Weltsicht entsprang. Mein Leben jetzt war einfach wunderschön, das einzige, was mir fehlte, war Seppi, mein Seppi, ein Partner, der mit mir Tauchen und Schwimmen ging.


Der Nautical Club auf Korfu, in Korfu – Stadt, war ein Partnerclub von meinem Club am Port Hercule. Als der Hafenmeister den Wimpel des Clubs an meinem Schiff sah, war er ganz begeistert und kriegte sich gar nicht mehr ein vor lauter Eifer, mich zuvorkommend zu bedienen. Ich bekam einen besonders günstig gelegenen Platz, einen Landanschluss für Frischwasser, Strom und Internet, der ‚Schwarzwassertank‘ wurde kostenlos geleert, ich bekam eine VIP-Card für das Clubrestaurant. Überhaupt überschlugen sich alle, um mir den Aufenthalt so positiv wie möglich zu gestalten. Sie telefonierten anscheinend mit meinem Club, denn plötzlich redeten mich alle mit Comtesse an. Comtesse hier, Comtesse da, ich kam mir bald selbst wie eine Prinzessin vor.


Der Sinn stand mir nicht so sehr danach, hofiert zu werden, sondern danach, etwas anderes zu erleben als Griechenland. Mein nächstes Etappenziel war Albanien, meines Wissens nach ein muslimisches Land. Um dort nicht unangenehm aufzufallen, kaufte ich mir auf Korfu einige Kopftücher und ein langes, weißes Gewand. Darin kam ich mir vor wie die Prinzessin auf der Erbse. Mir war es wichtig, den Muslimen keine Chance zu geben, mich steinigen zu wollen.


Wobei, Korfu, als Stadt, das war schon ziemlich ein Hammer, mal abgesehen von griechisch und genug davon zu haben. Die Altstadt und die alten Festungsgebäude waren sehenswerte Orte. Wobei sie zwischen einer alten und einer neuen Festung unterschieden, dabei datierte die neue Festung schon von 1650. Die Altstadt mit den engen, verwinkelten Gassen, die Basaren ähnlich sahen mit den zahlreichen Geschäften und der Masse an Touristen, die waren auf jeden Fall sehenswert. Für mich, die das freie Leben auf dem Schiff gewohnt war, auf die Dauer definitiv zu eng und zu stressig.


Am zweiten Abend in Korfu-Stadt ging ich in einen Club, war nicht weit weg, mit dem Roller leicht zu erreichen. Da war es mir nicht zu eng, tanzen in einem Club ist einfach geil, Leute, die einem beim Tanzen zusehen und wenn man sich dabei näher kommt, das ist schön-stressig. Von da aus nahm ich mir einen mit, ein Amerikaner, ich glaube, das war mein erster Amerikaner. Meine Englischkenntnisse beschränkten sich auf das, was man in Verbindung mit der Seefahrt und die Kenntnisse, die man für das Internet benötigte, er konnte weder französisch, noch griechisch, noch deutsch. Verstanden haben wir uns trotzdem gut. Der war nicht besonders phantasie-, aber sehr kraftvoll und ausdauernd. Wir vögelten bis es hell war. Hat wirklich gut getan, ich mag es oftmals, wenn du als Mädchen einfach genommen und ohne großes Tamtam stundenlang in die Matratze genagelt wirst.


Erst am Tag danach brach ich auf, um das erste muslimische Land auf meiner Reise zu besuchen.


Kamil, der ersten albanischen Stadt der ich begegnete, verfügte nicht über einen separaten Yachthafen, demgemäß gab es auch keinen Hafenmeister und niemanden, der aufpasste oder um Erlaubnis gefragt werden musste. In der Bucht vor dem langgezogenen Badestrand mit zahlreichen gastronomischen Betrieben, ankerten etliche kleinere Boote oder hatten an den vorhandenen Festmacherbojen, auch Moorings genannt, festgemacht, allerdings gab es kein Boot in vergleichbarer Größe zu meinem Schiff. Man weiß ja nie, wie alt diese Moorings und wie gut sie verankert sind, ich verließ mich lieber auf die eigenen Anker. Als sie alle vier fest saßen, warf ich mich in meinen Dress, muslimtauglich lang bis zum Boden, das Kopftuch verbarg die Haare. So war es ungefährlich, wie ich annahm. Dabei war ich mir nicht sicher, ob Frauen auch einen Schleier vor dem Gesicht tragen mussten. Jedenfalls landete ich mit meinem Schlauchboot am Strand, unweit eines Restaurants mit einer ausladenden Terrasse. Das erste, was ich sah, waren Mädchen in Bikinis, die dort saßen und aßen und tranken. Mit dem langen Gewand und dem Kopftuch kam ich mir total overdressed vor. Ich machte kehrt, fuhr zurück und kleidete mich um. Ein kurzes Kleidchen über dem Bikini und Sneakers an den Füßen sollten ausreichen, fand ich. Wieder zurück am Strand, der offensichtlich zu dem Restaurant gehörte, zog ich das Boot in den Sand, verankerte es mit dem kleinen Anker und ließ mich im Restaurant nieder.


Die ebenfalls leicht bekleidete Bedienung brachte mir eine Speisekarte auf italienisch, englisch und albanisch. Natürlich trieb mich der Hunger, aber ebenfalls die albanische Küche, ich konnte mir darunter nichts vorstellen. Wer beschreibt mein Erstaunen, als ich entdeckte, dass sich die griechische nur unwesentlich von der albanischen Küche unterschied?


Es gab köstlich gegrillten Fisch, gegrilltes Gemüse und ebenfalls gegrillte Kartoffelschnitze. Wunderbar mit würzigem Olivenöl und zarten Gewürzen zubereitet, ein echtes Schlemmermenu. Die Preise auf der Karte waren übrigens neben der albanischen Währung in Euro angegeben. Dabei war Albanien überhaupt nicht in der EU, geschweige denn Teil der Eurozone. Für mich war es praktisch, ich hatte erst befürchtet, ich müsste Geld in Albanien-Dollars umtauschen oder wie immer die albanische Währung hieß oder dass ich beim Geldwechsel im Restaurant übers Ohr gehauen würde. Jedoch, Albanien lehnt sich an den Euro an, er ist dort teiloffizielles Zahlungsmittel.


Als ich zum Schlauchboot zurückkehrte, stand dort eine sehr junge Frau, eine Rucksacktouristin und wartete auf mich. Sie erinnerte mich sofort an Ursel, dabei war ihr Auftreten ein ganz anderes. Sie war schüchtern, beinahe scheu, sah mir kaum in die Augen, als sie mich ansprach. Sie sprach holperiges Französisch mit unüberhörbarem, deutschem Akzent, sie fragte, ob ich zu dem Schiff dort gehörte?


„Sprichst du deutsch?“, fragte ich sie.


„Oh-oh, jo mei“, antwortete sie überrascht, eine Bayerin!


„Ja, das ist mein Schiff, warum fragst du?“


Sie war etwa so alt wie ich, einen Kopf größer, trug eine abgeschnittene Jeans und ein kariertes Herrenhemd mit abgeschnittenen Ärmeln. An dem prall gefüllten, total ausgebleichten Rucksack baumelte eine Trinkflasche, obendrauf war ein Schlafrolle angebunden.


„I bin a Schiffsköchin und kann kochen, putzen und den Haushalt führen. Haben Sie Arbeit für mi?“


Sie war wirklich extrem schüchtern, spontan reichte ich ihr die Hand und stellte mich vor:


„Lona“, sie schlug ein und stellte sich ihrerseits vor: „Juliane, man nennt mi aba Jule.“


Als ich das Boot von der Werft auf Kreta abgeholt hatte, war mir aufgefallen, dass es nicht wirklich sauber war. Wenn ich an Bord war, dann war ich entweder unterwegs, oder schlief, zum Putzen kam ich sehr selten. Es ist klar, dass man das, was man häufig benutzt, auch sauber hält, logisch. Die Küche entsprach vielleicht nicht den Standards, die man bei einem Sternerestaurant erwartete, aber sie war sauber und auch aufgeräumt. Auch meine Kabine war so weit OK, aber dem Rest des Schiffes würde eine gründliche Reinigung sehr gut tun. Außerdem war ich nicht gern allein, jemanden dabei zu haben fände ich schon prima. Von Monaco wusste ich, wie teuer es sein kann, mit einer Crew zu fahren. Für mich wäre das zu viel Geld, wenn ich ihr dreitausend oder mehr Euros monatlich bezahlen müsste, bei freier Kost und Logis versteht sich, das würde ich nicht machen.


Auf blauen Dunst hin sagte ich:


„Ja, Arbeit hätte ich, ich kann aber nicht viel bezahlen, fünfhundert Euro im Monat wären drin.“


Mit dem Betrag kann man keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken, ich klopfte einfach nur auf den Busch, mal schauen, was heraus kommt.


Ein Hoffnungsschimmer machte sich auf ihrem beinahe melancholisch wirkenden Gesicht breit, sie fragte ganz schüchtern:


„Ist ein Mann an Bord?“


Die Frage fand ich seltsam, die Antwort darauf schien ihr sehr wichtig zu sein.


„Nein, bisher bin ich ganz allein an Bord.“


Ein Lächeln trat auf ihr Gesicht, was den Ausdruck stark veränderte, sie strahlte regelrecht, ihre Haltung straffte sich. Sie bot mir die Hand und willigte in meinen Vorschlag ein:


„Obgmacht! Dein Ziel is Monaco, stimmts?“


Was für eine Überraschung. Ich war davon ausgegangen, dass sie verhandeln würde, aber sie war mit dem geringen Betrag einverstanden. Prima. Bevor ich einschlug schränkte ich ein:


„Bevor ich nach Monaco komme, möchte ich allerdings die gesamte Adriaküste abgrasen, bis Monaco werde ich sicher noch zwei-drei Monate unterwegs sein.“


Ihr Strahlen wurde noch breiter, sie hielt mir weiterhin die Hand hin.


„Wunderboar!“


„OK, Jule!“, schlug ich ein. „Dann komm gleich mit.“


An Bord verstauten wir erst das Dinghy auf der Badeplattform, von da aus gab es eine Tür, die zum Maschinenraum und zu den Crew-Räumen führte.


Erst wollte ich ihr die Mannschaftsunterkunft mit den beiden Einzelbetten anbieten, da, wo Ursel geschlafen hatte, entschied mich aber anders und wies ihr die Kapitänskajüte zu, die mit eigenem Duschbad und einem breiten Doppelbett etwas luxuriöser ausgestattet war. Sie strahlte, als sie die Unterkunft sah, sie schien ihr zu gefallen.


„Hier ist gleich Waschmaschine und Trockner, stell dein Gepäck ab, ich zeige dir das Schiff.“


Seitdem Ursel an Bord gewesen war, befanden sich all meine Wertsachen und die Papiere in dem Schubladentresor. Den Reisepass und die Schiffspapiere hatte ich herausgelegt, weil ich damit rechnete, sie vorweisen zu müssen. Die verstaute ich in dem Tresor und verriegelte ihn gleich, als ich das Cockpit betrat. Bei dem Anblick des Obstes in der Küche schaute sie gierig auf die Bananen.


„Hast du schon etwas gegessen?“, fragte ich sie.


„Heit no niet“, erwiderte sie schüchtern.


„Greif zu“, bot ich ihr an, „die Küche ist ja ab jetzt dein Reich.“


Sie öffnete eine Banane und aß sie in Windeseile auf. Die Schale entsorgte sie gleich im Mülleimer, dessen Versteck sie mit einem Blick als solches erkannte.


Ich führte sie durchs Schiff, zeigte ihr die Master- und auch die anderen Kabinen. Erst jetzt sah ich, wie staubig alles war. Den zentralen Staubsauger nahm sie mit einem zufriedenen Lächeln zur Kenntnis.


„Kannst du ein Boot steuern?“, fragte ich sie.


„Noi, bisher bin i auf Frachtschiffen gfahren. I koh die moasten Deckarbeiten erledgen, steuern konn i net.“


„OK, nicht tragisch. Aber mit Leinen und Ankern kannst du umgehen?“


„Ohja!“


Die Begeisterung für ihre neue Aufgabe sah ich ihr an.


„OK, dann wollen wir mal Anker-auf gehen. Die Winschen kann ich vom Cockpit aus bedienen, sie müssten nur klariert werden.“


Um zu sehen, wie es mit ihrer Sachkunde aussah, verwendete ich die Ausdrücke in der Marinesprache, wie Seppi sie mir beigebracht hatte. Ohne zu zögern ging sie zum Bug, zu den Ankern. Die Bedienung war denkbar einfach, die brauchte ich ihr nicht zu zeigen, damit kannte sie sich aus.


Als die Anker auf waren, wartete sie im Cockpit neben mir, ob ich noch Anweisungen für sie hätte, beobachtete, wie ich das Schiff in Gang setzte. Als wir fuhren, lächelte sie mich an und verschwand. Ich war wirklich gespannt, wie sie sich verhielt und ob ich mit ihr klar kommen könnte.


Nach zehn Minuten kam sie aus der Küche und fragte:


„Bist Vegetarierin?“


„Nein, nein, ich esse nur kein Rind und kein Schwein, davor ekle ich mich. Fisch esse ich gern, Geflügel manchmal. Und du? Bist du Vegetarierin?“


„Jo mei, wäre bei der Handelsschifffahrt an Bord kaum meglich. Ka Rind und ka Schwein? OK, hört sich guat o.“


Sie sah aus, als würde sie bestimmte Rezepte gedanklich ausschließen.


„Salat?“, fragte sie.


„In allen Variationen, mit Essig-Öl, mit Sahne, Joghurt, Honig, Senf, mit irgendeiner Vinaigrette, da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ich lass mich da gern von dir überraschen.“


„Um wie viel Uhr werd gessen?“


„Da gibt es nicht so wirklich feste Zeiten. Wenn ich unterwegs bin, dann kann ich mir selten etwas Zeitaufwändiges zubereiten. Da wird gegessen, wenn der Hunger drängt und Zeit dafür ist. Jetzt, wo wir zu zweit sind, können wir gern regelmäßige Mahlzeiten abhalten. Zu welchen Zeiten pflegst du zu essen?“


„Auf einem Handelsschiff werd in zwoa bis drei Schichten garbeit, da bist als Köchin ebenfalls zu allen Tages- und Nachtzeiten gefrogt.“


„Von wo kommst du jetzt?“, fragte sie. ‚Von wo kimmst du jetzat?‘, so ähnlich hörte sich die Frage auf bayrisch an. Ich fand den Dialekt und das gerollte ‚R‘ bei diesem schlanken und zarten Girl einfach süß.


„Vor nicht ganz sechs Wochen bin ich in Zypern los gefahren, meiner ersten Reise als Kapitänin.“


„Die ganze Zeit allein?“ ‚Alloa‘, sagte sie auf ihrem Bayrisch.


„Ja, mehr oder weniger. Von Rhodos nach Kreta hatte ich eine Passagierin, aber ansonsten allein, ja.“


Sie schaute sich das Schiff an, sie sah, genau wie ich in diesem Augenblick, die Ecken, in denen deutlich der Staub lag. Obwohl immer eine frische Brise wehte, so lag doch deutlich sichtbar der Staub herum.


„Ganz schee stramm für oane Frau, oder?“


„Ich liebe es, unabhängig zu sein, das hat seinen Preis.“


„Aber das ist es mir wert“, fügte ich an. Sie nickte dazu, als würde sie das verstehen.


„Und du? Bist du auch die ganze Zeit allein unterwegs?“


„Jo-mei, ist halt so. Ist ein rauer Umgang in der Seefahrt. A Zeitlang gehts und dann muss man wechseln. Aber ist eigentlich leicht, man find immer a Job. Aber was Fests wär mir scho recht. Mal schaung!“, sagte sie mit einem prüfenden Blick in meine Richtung und verabschiedete sich in die Küche. Sie hantierte herum, ich führte das Schiff an der dicht bebauten Küste entlang, mit den kargen Hügeln hinter der Bebauung und den schneebedeckten Bergen in der Ferne. Dass es hier auf dem Balkan so gebirgig war, hatte ich mir vorher nicht vorstellen können, hier sah ich es.


Der Bucht mit der Stadt Saranda folgend, setzte sich die Felsenküste fort, an der ich mich bereits in Griechenland satt gesehen hatte. Um nicht zu viel und zu lange triste und menschenleere Landschaften sehen zu müssen, beschleunigte ich von der Sightseeing-Geschwindigkeit auf die normale Reisegeschwindigkeit. Das Maschinengeräusch war immer noch sehr leise, jedoch durch die Steigerung etwas deutlicher zu hören. Jule kam aus der Küche und schaute, was sich verändert hatte.


„Öde, oder?“, fragte sie mit Blick auf die Landschaft und verschwand wieder in der Küche. Nach ein paar Minuten kam sie an und fragte:


„Können wir etwas einkaufen?“ ‚Könna mia wos einkaffa‘ sagte sie.


Auf dem GPS schaute ich nach, wie weit die nächste Stadt entfernt war, die sich in Ufernähe befand.


„In etwas mehr als einer Stunde sind wir an der nächsten Stadt. Brauchst du was?“


„Jo-mei“, antwortete sie und verschwand wieder.


Die Stadt, der wir uns näherten, hieß Qazim Pali, dort befand sich laut Google-Maps ein Supermarkt. Wir ankerten, denn auch hier gab es keinen festen Anlegesteg und auch keine Hafenaufsicht. Jule war fix beim Ankern, wir arbeiteten Hand in Hand, sie wusste genau, was zu tun war. Da wir nur kurz anlegen wollten, beließ ich es bei den beiden Bugankern. Mit dem Schlauchboot erreichten wir nach ein paar Metern den Strand, zogen es auf den Schotter, der hier den Strand darstellte. Der Supermarkt befand sich an der bezeichneten Stelle, nur waren die Fenster mit Zeitungspapier zugeklebt, offensichtlich gab es den Supermarkt nicht mehr oder er war außerhalb der Saison geschlossen.


Mit dem Schlauchboot fuhren wir an der Küste entlang, bis wir einen Laden entdeckten, der eine breite Auslage auf der Straßenseite bot, die gefüllt war mit allen erdenklichen, mediterranen und exotischen Früchten und Gemüsesorten. Die Stiegen, auf denen die Waren angeboten wurden, bogen sich unter der Last der Früchte.


Jule sprach den Verkäufer auf italienisch an, das verstand der. Zielstrebig suchte sie aus, was sie haben wollte, fragte dieses und jenes, wog Obst und Gemüse in der Hand, betrachtete und befühlte jedes einzelne Stück kritisch. Letzten Endes lagen dort zwei prall gefüllte Gemüse-Einkaufstüten mit der Ware die sie brauchte. Als sie mit prüfendem Rundumblick nichts mehr fand, was sie interessierte, begann sie, mit dem Verkäufer um den Preis zu feilschen.


Mir liegt so etwas nicht. Wir Deutschen zahlen den Preis der dran steht, meistens, zumindest bei Neuware. Jule nicht, die feilschte mit dem Mann in rasendem italienisch, der feilschte ebenso hartnäckig. Ganz offensichtlich erfreuten sich beide an dem Streitgespräch. Beide waren zufrieden, als sie endlich den Preis ausgehandelt hatten.


„Gib ihm fünf Euro fünfzig“, sagte sie zu mir.


„Wegen so einem Kleckerbetrag so ein Aufwand?“, erstaunte ich mich.


„Jo-mei“, antwortete sie schulterzuckend.


„Du sprichst aber gut italienisch“, lobte ich sie auf dem Rückweg zum Boot.


„Jo-mei“, wiederholte sie.


„Wo hast du das gelernt?“


„Mama hatte einen italienischen Freund. Der war zwar ein blödes Arschloch, der sprach aber fast nur italienisch, der hat uns immer auf italienisch beschimpft und geflucht. Von daher können wir Geschwister alle italienisch. Vor allem schimpfen und fluchen.“


Das ist die Übersetzung von dem, was sie sagte. Der Originalton ging so:


‚Mama hod oan italienischn Freind ghobt. Da war zwar a bleds Oaschloch, da sprach aba fast grod italienisch, da hod uns oiwei auf italienisch beschimpft und geflucht. Vo daha könna mia Gschwista olle italienisch. Voa oiem schimpfa und fluchn.‘


Sie sprach ungern über früher und ihre Familie, das wurde deutlich, deswegen fragte ich nicht weiter. Wir heißten Anker und fuhren los.


„Sogst Bscheid, wenn du an Hunga hosd“, meinte sie. Zwischenzeitlich war ich auf die Flybridge umgezogen, von hier besaß man den besseren Rundumblick. Außerdem war die Luft wie Samt, hier in Küstennähe. Die Landschaft blieb öde und karg.


Jule verschwand, ich war gespannt, was sie dort unten anstellte. Wenn ich sie richtig einschätzte, dann arbeitete sie, wenn ich mich täuschte, würde ich sie im nächsten Hafen absetzen.


Die Landschaft blieb karg, sie war dünn besiedelt, überall, wo die Steilküste etwas Strand zuließ, gab es Badestellen oder Hotels oder kleine Ortschaften.


Für mich sah es alles ziemlich trist aus, auch weil ich immer noch befürchtete, mich in einem muslimischen Land nicht zurecht zu finden und da auch nicht sicher zu sein.


Nach drei Stunden etwa erreichten wir die Bucht von Vlora. Dort lag die Stadt malerisch in der Bucht mit enger Einfahrt zwischen der begrenzenden Halbinsel und einer vorgelagerten Insel. Die Bucht öffnete sich überraschend weit und schön. Hier gab es die erste Marina, die ich in Albanien zu Gesicht bekam, in der gab es sogar eine Hafenmeisterei, die über Funk erreichbar war. Hier sprach man das in der Seefahrt gebräuchliche Englisch. Man wies mir einen Liegeplatz zu und überließ es mir, ob ich längsseits oder Heck voraus anlegen wollte.


Als ich hinunter ins Cockpit wechselte, sah ich sofort, dass ich mich in Jule nicht getäuscht hatte. Hier blitzte und blinkte alles fein sauber. Als ich Jule rief, damit sie mir beim Ankern und Anlegen half, kam sie verschwitzt und etwas außer Atem aus der Masterkabine angerannt. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, eine Strähne ihrer weizenblonden Haare war aus dem Knötchen auf dem Hinterkopf gerutscht und hing ihr vor den Augen. Sie sah aus, wie man sich eine arbeitende Frau vorstellt.


Mit einem Blick erfasste sie, was zu tun war, lief zum Bug, klarierte die Anker, entfernte die Sicherungsbolzen, wartete bis sie sich im Grund verankert hatten, eilte anschließend nach achtern, um die Fender auszubringen und die Leinen fest zu machen. Mit der Frau konnte man arbeiten. Ich beglückwünschte mich dazu, sie mitgenommen zu haben.


Im Hafenbüro erklärte ich, was zu erklären war, entrichtete die sehr geringe Gebühr. Als ich zum Schiff zurückkehrte, war die Masterkabine picobello aufgeräumt und sauber. Super, ich fand das super. Jule stand in der Küche und hantierte mit Salat und Paprika und Zitronen.


„Salat mit Krabben?“, fragte sie über die Schulter.


„Gerne, lass uns auf dem Achterdeck essen.“


Sie wollte gleich losspringen, um den Tisch zu decken, das nahm ich ihr ab. Ich deckte für zwei und freute mich schon aufs gemeinsame Essen.


„Bah, ist das lecker!“, entfuhr es mir spontan, als ich den ersten Bissen gekostet hatte. Jule freute sich über meine spontane Begeisterung.


„Was hast du daran getan?“


Hier ihre Antwort auf Hochdeutsch:


„Ein Rezept von meiner Oma, etwas verfeinert. Man kann über die Oma reden wie man will, das Schlechteste trifft meistens zu, aber kochen konnte die, das steht fest. Ich habs ein bissel verfeinert und auf die Garnelen abgeschmeckt, aber das Grundrezept ist von Oma.“


„Irre!“, äußerte ich mich begeistert. „Echt irre lecker!“


Das war ganz ehrlich mein Eindruck. Es knallte voll am Gaumen, eine solche Geschmacksexplosion hatte ich bis dato noch nicht erlebt.


Wir verbrachten einen sehr ruhigen Abend. Jule und ich saßen auf dem Sonnenteil der Flybridge, hoch über dem Trubel auf der Mole, und genossen den Abend. Jule machte einen entspannten und gelösten Eindruck, es war klar, dass sie sich wohl fühlte. Wir schlürften Prosecco und schwiegen, echt wahr, zwei Mädels saßen zusammen und schwiegen. Es war nicht so, dass wir nichts zu sagen gewusst hätten, aber es war so eine Harmonie hier auf dem Sonnendeck der Flybridge, so ein friedliches Miteinander, wie man es eigentlich nie erlebt.


Wir waren beide vollständig entspannt, es kam keine Hektik und kein Zwang auf, irgendetwas zu unternehmen. So konnte ich mir Friede-Freude-Eierkuchen vorstellen. Es war kein bisschen langweilig. Wir saßen sicher mehr als eine Stunde dort, ließen die Welt auf uns einwirken. Die Umgebung und wir mit ihr in Harmonie, strahlten Frieden und Ruhe aus allen Poren aus und nahmen die Eindrücke mit allen Sinnen wahr.


„Ich würde gern morgen bis Montenegro kommen, hier die Landschaft ist mir echt zu öde und zu trist. Man bekommt ja beinahe Depis, wenn man hier zu lange ist. In Durres möchte ich Station machen, da könnten wir entweder an Bord essen oder uns ein Restaurant suchen, das entscheiden wir dann. Wir sollten früh los fahren, es sind etwa sechs Stunden bis dahin.


Ich gehe jetzt schlafen, gute Nacht.“


Sie stand ebenfalls auf, nahm ihr Glas und die Flasche mit, ich wollte mein Glas nehmen, da hatte sie es bereits in der Hand.


„I mach des scho!“


Sie folgte mir die Treppe hinab, sie ging in die Küche, ich fuhr die Gangway ein und schaute vorn und achtern, ob alles in Ordnung war. Jule kam mit einem Putzlappen in der Hand von der Flybridge herunter, als ich die Kabine aufsuchte.


Das kann etwas werden, wir zwei auf einem Schiff, so schien es mir.


Am nächsten Morgen hörte ich Jule bereits vor sieben Uhr rumoren. Ich war rasch fertig, hüpfte schnell ins Wasser, draußen an der Mole war noch niemand, so hüpfte ich rasch blank ins Wasser, duschte mich in der Kabine ab. Als ich hinauf kam, stand das Frühstück bereit. Es gab Müsli und Kakao und Brot und Käse und Rührei.


„Moin Jule“, begrüßte ich sie. „Du kannst zaubern oder?“


„Guadn Moang“, grüßte sie zurück, sie lächelte geschmeichelt. Es war nur für mich an der Frühstücksbar gedeckt.


„Setzt du dich nicht zu mir?“, entfuhr es mir, als ich es registrierte.


Sie lächelte verlegen.


„I wusste ned ob …“


„Wir zwei sind die Mannschaft, selbstverständlich essen wir zusammen. Abends gibts dann immer Käptens-Dinner, ist doch logisch“, scherzte ich.


Sie griente schief und setzte sich zu mir an die Bar.


Kurz nach sieben Uhr fuhren wir los.


Wir erreichten die Marina von Durres gegen dreizehn Uhr. Innerhalb der Marina war kein Raum für unser Schiff, man wies uns einen Platz am Eingang des Fährhafens zu. Dort verursachten die herein brausenden Fähren einen starken Schwell, der jede halbe Stunde das Boot tanzen ließ. Auf die Dauer war das nicht gut zu ertragen. Durres ist eine Großstadt mit jeder Menge Hochhäusern und dicht gestaffelten Büro- und Lagergebäuden, dazu die Schaukelei des Bootes. Es war uns innerhalb einer halben Stunde klar, dass wir hier nicht bleiben wollten. Meine Idee war es, uns in der Stadt ein Restaurant zu suchen, aber der Liegeplatz war einfach zu schlecht und die Stadt unangenehm. Wir beschlossen, ohne Verzug weiter zu fahren und möglichst bis Montenegro zu kommen.


Jule zauberte uns eine Kleinigkeit, kleine Pfannkuchen nach amerikanischem Vorbild. Sie schmeckte sie herzhaft ab, sie reichte dazu Oliven, Tomatensaft und Rotwein.


Ich kann mich nicht erinnern, jemals so verwöhnt worden zu sein. Ich brauchte keinen Handschlag zu tun, aufdecken, Essen bereiten, abdecken und spülen, all das erledigte Jule reibungslos mit wunderschönen, glatten Bewegungen, viel geübt und gern ausgeführt.


„Danke, Jule“, bedankte ich mich nach dem Essen. Während wir speisten, fuhr das Schiff mit Autopilot und Kollisionsradar selbständig weiter. Natürlich schaute ich immer wieder hinaus, das Cockpitfenster war von der Frühstücksbar aus gut zu sehen und das offene Meer dahinter ebenfalls.


Wir erreichten mit Ulcinj montenegrinische Gewässer, damit hatten wir Albanien hinter uns gelassen und fühlten uns gleich wohler, ich zumindest.


Es war erst vier Uhr am Nachmittag, wir hielten nicht in Ulcinj, sahen nur den beschriebenen langen Sandstrand im Vorbeifahren vom Meer aus.


Wir hielten uns ran und erreichten vier Stunden später, es war schon fast vollständig dunkel, die Einfahrt zur Bucht von Kotor. Diese Bucht stellte ich mir sehr, sehr schön vor, nach den Fotos im Internet zu urteilen. Die wollte ich unbedingt bei Tageslicht erleben.


Während der Fahrt hörte ich Jule unten im Schiff arbeiten. Es war toll, dass sie so fleißig und arbeitsam war. Ich kann es vorweg nehmen, das Boot sah nach zwei Tagen aus wie neu. Sauber geputzt, nirgends auch nur ein Staubkörnchen, alles picobello aufgeräumt. Am dritten Tag nahm sie sich die Badeplattform und das Schlauchboot vor und arbeitete sich auf der Außenseite von hinten nach vorne vor.


„Gute Jule!“, sagte ich nach dem späten Abendbrot. Eine Marina wollte ich zu so später Stunde nicht mehr aufsuchen. Wir steuerten die erste Bucht an die wir erreichten, ich tastete mich unter Radar und dem Echolot bis an den Strand vor und wir warfen dort die Anker. Es gab zum Abendbrot einen kleinen Tomatensalat mit einer ganz anderen Soße als gestern.


„Köstlich, Jule, wirklich köstlich!“


Sie strahlte wegen des Lobes. Es machte mir Freude, sie zum Strahlen zu bringen, sie machte einen herzensguten Eindruck auf mich. Jule war, nach meiner vorsichtigen ersten Einschätzung, ein Mensch zum Gernhaben.


Um sechs am nächsten Morgen war ich bereits wach, es war noch nicht ganz hell. Leise-leise lichtete ich die Anker. Um die gute Jule nicht aufzuwecken, war ich mit ganz kleiner Fahrt unterwegs zu einem Ort, der Rose hieß. Ein Örtchen nur, ein paar Häuser am Berghang verstreut, zwei-drei Hotels am Ufer und eine dünne Häuserzeile mit Gastronomie und auch einem Laden. Hier gab es zum Anlegen Platz und Gelegenheit genug, ich machte längsseits an einer Mole fest, die aussah, als sei sie ein Überbleibsel aus einem Krieg. In dem Laden gab es Obst und Gemüse, aber auch frische Backwaren. Mit Croissants und einem langen Baguette beladen schlich ich mich leise an Bord. Dort fand ich den Tisch auf dem Achterdeck bereits gedeckt vor, Jule kam mit der Thermoskanne mit Kakao in der Hand strahlend aus dem Salon.


„Guten Morgen!“, sagte sie, immer noch strahlend.


„Moin, Jule, was machst du schon so früh auf den Beinen?“


„Is 's ned a wunderscheea Dog?“, fragte sie.


„Ist es, ja, lass uns frühstücken, ich habe einen Bärenhunger.“


Die Bucht, in die wir im Begriff waren, hinein zu fahren, sah ähnlich aus, wie ich mir einen norwegischen Fjord vorstelle, eine gewundene Wasserstraße zwischen Bergen. Hier ließen die Berge eine sehr schmale Bebauung längs des Ufers zu, sie ragten auch nicht steil aus dem Wasser, sondern stiegen einigermaßen sanft an. Ihre Höhe allerdings war beeindruckend. Was sehr angenehm auffiel war, dass die Berge hier bewaldet waren, anders als in Griechenland und Albanien. Zumindest war der erste Eindruck so.


Aus dem Internet wusste ich, dass in Montenegro der Euro offizielles Zahlungsmittel war, sehr angenehm, so eine einheitliche Währung in ganz Europa.


Wir waren gerade mit dem Frühstück fertig, wollten ablegen, da gab mein Handy einen ungewohnten Laut von sich, es rief jemand Fremdes an. Dieser Anruf stellte sich als schicksalhaft heraus, er veränderte mein Leben.

Kommentare


red-sam
dabei seit: Mai '01
Kommentare: 27
schrieb am 05.05.2021:
»... so ein Cliffhanger ...
Wann kommt der nächste Teil?«

bb75
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 2
schrieb am 09.06.2021:
»Hab alle Teile bis hier verschlungen. Sehr schön zu sehen, wie sich die Geschichte entwickelt. Freue mich schon auf den nächsten Teil.«


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