Lona VIII - Unter einer Decke
von EviAngel
Nach zwei Stunden in der wundervollen Unterwasserwelt und der anschließenden Mahlzeit legten wir eine Pause ein, wir hielten Siesta. Jule legte sich in der klimatisierten Kabine ins Bett, mir machte die Wärme am Mittag nichts aus, ich blieb im Bikinihöschen auf der Sonnenliege im Halbschatten unter dem Sonnensegel liegen und schlummerte vor mich hin.
Es herrschte wunderbare Ruhe, das Schiff bewegte sich sanft in der Dünung, es schwojte leicht um die Anker, je nachdem wie stark der Wind blies. Alles war Friede, das Leben herrlich.
Der Friede währte so lange, bis es ganz fürchterlich schepperte und krachte. Das Schiff bekam einen gewaltigen Stoß.
Der Hieb von der Seite war so fest, dass sich das Boot heftig nach Steuerbord neigte und nicht wieder zurück schwang. Ich fiel von der Sonnenliege herunter und war sofort hellwach. Ein riesiger Bug steckte in Höhe der Kombüse halb in meinem Schiff. Das Achterdeck tauchte durch die Schräglage bereits ins Wasser, das sofort und mit Macht ins Schiffsinnere rauschte. Das Boot legte sich mehr und mehr zur Seite, weil der fremde Bug immer weiter drückte. Mir war sofort klar, dass das Schiff kaputt und verloren war und ich um mein und um Jules Leben fürchten musste. Und wir es verlieren würden, wenn ich nicht sofort etwas unternahm.
„Jule!“, zu denken, zu rufen und sofort durch die hintere Tür in die Crew-Unterkunft zu stürzen war eins, denn genau unter der Kombüse lag Jule im Bett und schlief. Ich fand sie bewusstlos in ihrer Kabine neben dem Bett auf dem Boden, sie blutete heftig aus einer Wunde an der Stirn. Der Bug des Schiffes hatte die Bordwand durchstoßen und Jule aus dem Bett geworfen. Wasser kam durch die Tür hinein geschossen. Das Schiff, dem dieser Bug gehörte, machte immer noch Fahrt und drückte uns mehr und mehr unter Wasser.
Mit aller Kraft nahm ich Jule unter den Armen auf und zerrte sie gegen den Wasserstrom hinaus und auf die Badeplattform. Die stand beinahe senkrecht hoch und lag bereits zum größten Teil unter Wasser. Ich riss die Leinen vom Dinghy los und versuchte, Jule dort hinein zu hieven. Das schaffte ich aber nicht, das Schiff sank, das Bord des Dinghys lag bereits in Schulterhöhe und stieg rasend schnell immer weiter. Vor Anstrengung und Verzweiflung laut schreiend, bemühte ich mich vergeblich, den bewusstlosen Körper der Freundin in das Boot zu hieven.
Mir traten die Tränen der Verzweiflung in die Augen, weil ich es nicht schaffte, den bewusstlosen Körper hoch genug zu heben. Plötzlich packten vier Männerhände zu, hoben Jule an und legten sie ins Boot. Sie wollten auch mich packen, ich flitzte jedoch schnell die Treppe hinauf. Überall Wasser, das Schiff lag nun fast vollständig auf der Seite und wurde immer weiter unter Wasser gedrückt. Im Cockpit angelangt, gab ich in Windeseile die Zahlenkombination ein, die Schublade des Bordtresors sprang auf. Auf der Bank neben dem Fahrersitz lag Jules Umhängetasche. Ich stopfte den Inhalt des Tresors, mein Handy und das Tablet in den Beutel. Um aus dem Schiff heraus zu kommen, musste ich beinahe senkrecht hoch zur Kombüsentür klettern. Die war komplett eingedrückt. Ich quetschte mich an dem fremden Bug vorbei und lief auf der Außenseite meines Schiffes zum Heck. Dort hielten die beiden Männer das Schlauchboot fest und warteten auf mich.
Mittlerweile lag mein Schiff so tief im Wasser, dass ich den Beutel über dem Kopf tragen musste, damit er nicht nass wurde. Das Schiff sackte mir nun unter den Füßen weg. Harte Hände packten mich und hoben mich in das Dinghy. Ich schaute mich um. Ein winziges Teil der Flybridge sah ich noch im Wasser verschwinden, mein Zuhause versank blitzschnell in einem Wasserwirbel. Die Korbstühle vom Sonnendeck schwammen auf, zwei Rettungsringe ebenfalls und das war es. Alles weg. Mein Schiff, mein Haus, mein Eigentum, alles weg.
Der Bug, der all das verursacht hatte, ragte strahlend weiß über der Stelle, an der mein ganzer Stolz versunken war. Er gehörte zu einer Jacht, die mindestens hundert Meter lang, breit und stolz dort stand und sich einen Teufel um mein Schiff scherte. An der Brückenreling stand ein leichenblasser Typ, der rief immerzu:
„Meingott, ich hab Sie nicht gesehen! Meingott, ich hab Sie nicht gesehen! Meingott, ich hab Sie nicht gesehen!“
Er hielt sich dran.
Mit uns im Dinghy saßen zwei Männer in einer Art Uniform, ein rostrotes T-Shirt mit dem Schiffsnamen darauf und kurzen, weißen Marinehosen. Einer in der gleichen Uniform und zusätzlich mit einer Kapitänsmütze auf dem Kopf stand an der unteren Reling des Mörderkahns und rief uns durch ein Megafon zu:
„Waren nur Sie beide an Bord? Oder wird noch jemand vermisst?“
Er brüllte ins Megaphon, obwohl wir nur fünf Meter voneinander entfernt waren.
„Nein, wir waren zu zweit!“, rief ich zurück.
Jule bewegte sich, ich eilte hin zu ihr.
„Alles ist gut“, half ich ihr, aufzuwachen. „Alles ist gut.“
Ich streichelte ihren Kopf, die Wunde blutete nach wie vor. Wir wurden an Deck der Jacht gehoben. Einer kam angerannt, ganz in weiß gekleidet und mit einer Arzttasche in der Hand. Jule wurde in einen Raum getragen und auf eine Art OP-Tisch gelegt, der Typ horchte sie mit einem Stethoskop ab. Misstrauisch beobachtete ich ihn dabei, um einzuschreiten, falls er zu viel an ihr herumfummelte. Eine untersetzte Frau, ebenfalls ganz in weiß, kam an und unterstützte den Stethoskopträger. Sie tastete Jule ab, die immer noch benommen da lag, aber anscheinend langsam das Bewusstsein zurück erlangte. Sie wurde sorgfältig untersucht, jeder Arm und jedes Bein, wahrscheinlich um fest zu stellen, ob etwas gebrochen war. Der Stethoskoptyp packte Jule am Oberkörper rechts und links und drückte sie dort, vielleicht um zu testen, ob Rippen gebrochen waren.
„Nichts gebrochen, wahrscheinlich nur die Platzwunde, und, natürlich, Gehirnerschütterung.“
Zu mir gewandt meinte er:
„Das wird wieder, Glück gehabt!“
Glück gehabt! Schiff weg, alles weg, Jule verletzt. Glück gehabt! Ich hielt immer noch ihre Hand und murmelte ständig vor mich hin:
„Alles ist gut, alles ist gut, alles ist gut.“
Dabei war nichts gut. Von einem Moment zum nächsten waren wir mittel- und obdachlos.
Mir wurde erst bewusst, dass ich nach wie vor nur das Bikinihöschen am Leibe trug, als die untersetzte Frau mir eines dieser rostroten Männer-T-shirts reichte, mit dem Namen der Jacht darauf. ‚Happiness‘ stand da, dick und fett. Dass ich nicht lache!
Jule war versorgt, das wurde deutlich, sie brachten sie in einen Röntgenraum. Mir zitterten die Knie, ich musste mich irgendwo abstützen. Der bleiche Typ, der immer noch murmelte: „Meingott, meingott, meingott!“ bekam das wohl mit. Er nahm mich am Ellbogen und führte mich in den Salon des Schiffes. Der war so groß wie ein beliebiger Ballsaal, so kam es mir jedenfalls vor. In der Ecke stand sogar ein schwarz glänzender Konzertflügel.
Er lotste mich zu dem Esstisch dort und pflanzte mich auf einen Stuhl.
„Ist Ihnen auch wirklich nichts passiert? Geht es Ihnen gut? Ihrer Freundin geht es gewiss bald wieder gut, Doktor Bonan und Schwester Smitt kümmern sich um sie. Wir verfügen hier an Bord über eine komplette Krankenstation mit Op-Saal, MRT mit allen Schikanen, Röntgen sowieso, Zahnarzt- und Gynäkologie-Abteilung, alles nur vom Feinsten. Meine Frau ist Hypochonder, wenn Sie verstehen was ich meine. Ohne den ganzen Quatsch und die beiden Mediziner hätte ich sie niemals auf das Schiff bekommen. Gottseidank ist sie heute in Barcelona shoppen, ansonsten hätte sie sich wohl gleich scheiden lassen.“
Er quasselte und quasselte, mir wurde immer schlechter. Ich konnte den Kopf nicht mehr halten, legte ihn auf die Hände, auf einmal war ich weg. Als ich wieder wach wurde, lag ich neben Jule in der Krankenabteilung. Die Schwester hielt mir ein scharf stinkendes Riechfläschchen unter die Nase, in meinem Arm steckte eine Infusionsnadel, nebenan hing ein Plastikbeutel mit der Infusion an einem Gestell wie im Krankenhaus, der gab seinen flüssigen Inhalt in meinen Arm tropfenweise ab. Sah alles aus wie im Film.
„Je, ohje!“, der Typ saß neben mir, hielt meine Hand und betatschte sie dauernd. „Ich rede und rede und denke gar nicht daran, was sie gerade durchgemacht haben, je ohje. Gehts denn wieder?“
Der war etwa sechzig oder älter. Längst nicht so fit wie Raymond letztens in Catania, viel korpulenter. Die weißen Haare schütter und dünn, ein ausgebildeter Bauch, schlabberige Arme und dünne Beinchen, die aus weißer Tenniskleidung heraus schauten. Nicht unsympathisch, aber ein Weichei, so schätzte ich ihn ein. Für die Beurteilung reichte mir ein Blick.
„Ja, lassen Sie uns einfach mal die Sachlage besprechen“, versuchte er, sich sachlich zu geben. Erst jetzt fiel mir auf, dass er die ganze Zeit französisch sprach. Das nicht bemerkt zu haben, machte mich stolz auf meine Sprachkenntnisse.
Danke Gerôme. Der Verräter der! Bei dem Gedanken an ihn fiel mir der Onkel ein, der Parrain von Gerôme, der Patenonkel der treulosen Tomate. Was wird der sagen, wenn er hört, dass irgendein Blödmann das schöne Schiff versenkt hat?
„Wissen Sie“, fuhr der Typ fort. „Achso, mein Name ist Fredrik Japain, meiner Frau gehört die Kosmetik-Firma, die unter anderem die weltberühmten Serien der Marke ‚Favorite‘ herstellt und weltweit vertreibt. Das nur, damit Sie wissen, dass ich für den angerichteten Schaden aufkommen kann und werde. Ich gestehe meine Schuld rückhaltlos ein, ohne jedes Wenn und Aber. Selbstverständlich werde ich Ihnen den angerichteten Schaden ersetzen.“
Er machte eine Pause und seufzte.
„Wissen Sie, wenn meine Frau hört, dass ich Ihre Jacht versenkt habe und sie darüber nachdenkt, was alles hätte passieren können, dann nimmt sie mir wahrscheinlich das Schiff weg. Das wäre mein Tod, von der Blamage mal ganz abgesehen. Sie hat bei uns die Hosen an, da mache ich mir gar keine Illusionen, außerdem hat sie das Geld, wenn Sie verstehen was ich meine.“
Er machte wieder eine Pause und dachte wohl darüber nach, was alles hätte passieren können und was passierte, wenn seine Frau den Unfall mitbekäme.
„Auf die Crew kann ich mich hundertprozentig verlassen, sie würden alle einen sehr gut bezahlten Job verlieren, wenn ich das Schiff abgeben müsste. Jetzt muss ich mir nur noch Ihr Schweigen erkaufen. Meine Frau darf davon auf keinen Fall etwas erfahren.
Wenn Sie mich auch noch anzeigen, dann bin ich komplett geliefert, dann gehe ich wahrscheinlich sogar in den Knast.“
Für Knast sagte er: ‚taule‘, das Wort kannte ich bisher nicht, ich erklärte mir aus dem Zusammenhang und der Art, wie er es aussprach, dass es so etwas bedeutete wie bei uns Knast.
„Das war alles meine Schuld, ich hab allein auf der Brücke gestanden und alle weg geschickt. Dabei habe ich nicht einmal einen Bootsführerschein. Je, oh je, Sie müssen mir glauben, ich habs wirklich nicht gewollt.“
‚Permis bateau‘ sagte er zum Bootsführerschein, ich musste erst überlegen, was das heißt.
Jule kam so langsam wieder bei. Sie erschreckte sich erst, dann sah sie mich und schloss erneut die Augen. Sie fasste sich an den Kopf und stöhnte leise. An der Stirn trug sie ein dickes, längliches Pflaster. Es sah nicht so aus, als würde sie realisieren, was passiert war. Als ich mich anschickte, aufzustehen, zu ihr zu gehen und sie zu beruhigen, hielt der Typ mich davon ab.
„Der Arzt sagt, ich soll darauf achten, dass sie liegen bleiben, bitte, bleiben Sie liegen. Ich mache mir die größten Vorwürfe. Bitte glauben Sie mir, ich war nur einen kurzen Augenblick abgelenkt, wirklich, ich habe Sie nicht gesehen.“
Er seufzte, schaute mich an und seufzte nochmals.
„Wo war ich? Achja, ich will Ihnen einen Deal vorschlagen, also, wir haben unserem Sohn letztens so ein Schiff gekauft, so ein ähnliches, wie Sie es hatten. Das hat zwölf Millionen gekostet. Wenn ich Ihnen jetzt zwölf Millionen gebe, werden Sie dann von einer Anzeige absehen? Und mich bitte auch nicht bei meiner Frau verraten? Ich hole mir das Geld von der Versicherung wieder, keine Sorge. Mir ist es nur sehr viel wert, das Schiff zu haben. Es ist die einzige Freiheit, die sie mir lässt.“
Er sah mich ängstlich an. Für mich war das einfach zu schnell und die Ereignisse zu dicht aufeinander, als dass ich jetzt eine vernünftige Antwort geben könnte. Seitdem ich auf der Sonnenliege lag bis jetzt war etwa eine halbe Stunde vergangen. Die Flut der Ereignisse beraubte mich jeden klaren Gedankens. Hier an Bord hatte ich noch kein einziges Wort gesprochen. Mir war auch nicht danach, mich mit ihm zu unterhalten, ich wollte in meine Kabine, auf mein Schiff und mir die Decke über die Ohren ziehen, am nächsten Morgen aufwachen und alles wäre wieder, wie noch vor dem Einschlafen und das Erlebte nur ein böser Traum.
Das ging nur leider nicht, ich lag immer noch auf der Krankenstation auf dem riesigen Kahn, der mein Schiff versenkt hatte und das lag mittlerweile auf dem Grund des Meeres. Nun kam er mir mit Geld. Ich wollte kein Geld, sondern mein Schiff wieder haben! Das war mein Zuhause, das war ein Ort, an dem ich mich wohl fühlte, mit dem ich umzugehen verstand, ein Fahrzeug, das mir auf den Leib geschneidert war und das einen großen Teil meines Lebensinhalts darstellte.
Und er kam mir mit Geld.
Er sah meinem Gesicht die Unzufriedenheit an, denn er beeilte sich zu sagen:
„OK, Sie haben eine Menge durchgemacht, ich verstehe Sie. Wenn Sie einverstanden sind, dann bringe ich Sie und Ihre Freundin jetzt in Ihre Kabine, Sie erholen sich und später sehen wir weiter, OK?“
Die Kabine, die er eine Vip-Launge nannte, war erheblich größer als die Mastercabin auf meinem Schiff gewesen war. Auf meine Nachfrage hin gab er mir zur Auskunft, dass an der Stelle, an der er mein Schiff versenkt hatte, das Meer etwa sechshundert Meter tief war. Es zu heben oder auch nur danach zu tauchen war illusorisch. Es war weg, einfach weg.
Ich legte mich neben Jule in das riesige Doppelbett und schlief sofort ein. Vom Gefühl her wachte ich nach wenigen Sekunden schweißgebadet wieder auf, hatte aber mehr als zwei Stunden geschlafen. Jule lag da wie bewusstlos, ich ließ sie schlafen.
Immer noch nur mit Bikini-Höschen und dem riesigen, rostbraunen T-Shirt mit dem Namen der Jacht darauf bekleidet, fand ich mich auf der Brücke ein. Monsieur Japain, den Namen hatte ich behalten, saß dort auf einem der Beifahrersitze auf der riesigen Brücke und machte ein kummervolles Gesicht. Als er mich sah, hellten sich seine Gesichtszüge auf, er strahlte mich mit verkrampftem Lächeln an und fragte:
„Mademoiselle, wunderbar, kommen Sie doch bitte her. Konnten Sie sich erholen? Sagen Sie schon, werden Sie die Angelegenheit für sich behalten und von einer Anzeige absehen?“
Wir befanden uns auf langsamer Fahrt, die Küste lag auf der Steuerbordseite, wir fuhren Richtung Barcelona. Ein Mannschaftsmitglied stand am Steuer, der mit der Kapitänsmütze fummelte am Kartenplotter herum. Er tat so, als wenn er arbeiten würde, hörte jedoch gespannt auf das, was wir beredeten.
„OK, Mademoiselle, ich gehe auf fünfzehn Millionen rauf, Sie müssen ja auch noch Schmerzensgeld haben. Was halten Sie davon?“
Mit fünfzehn Millionen hätte ich mir meine Jacht im Neuzustand kaufen können und hätte noch das gleiche Geld übrig.
„Bitte, nicht meine Frau unterrichten, bitte, bitte nicht.“
Na, dann wollen wir mal nicht so sein! Mittlerweile war ich wieder richtig bei Sinnen. Jammern nützte nichts, der Schaden war angerichtet, jetzt sprachen wir über eine Entschädigung und eine Wiedergutmachung. Das schlechte Gewissen des Typen wollte ich nicht überreizen, allerdings darf man sich nie mit dem ersten Angebot zufrieden geben, deswegen erklärte ich:
„Keine Sorge. Wenn Sie noch drei Millionen drauf legen, bin ich mit dem Angebot einverstanden.“
Er machte ein Gesicht, als könne er sich damit anfreunden. Er schob die Unterlippe vor und nickte. Gut gemacht, Lona!
„Ich habe jedoch eine Bedingung.“
Gespannt lauschte er, was das denn für ein Haken sein könnte, den ich ihm da zu Schlucken geben würde.
„Sie bringen uns jetzt nach Cagnes sur Mer. So, wie wir sind, können Sie uns nicht auf die Menschheit loslassen.“
Ich zeigte zum besseren Verständnis auf das T-Shirt.
„Selbstverständlich, Mademoiselle, selbstverständlich, ich bringe Sie hin, wohin Sie wollen. Meingott, was hätte alles passieren können, Meingott. Solange man es mit Geld wieder gut machen kann, ist alles halb so schlimm. Ist es nicht so?“
Naja, halb so schlimm! Mein Zuhause war weg, nicht seins, da hatte er leicht reden. Dem Käpten zeigte ich den Punkt auf dem Kartenplotter, zu dem wir gebracht werden wollten.
Monsieur Japain leitete mich in ein kleines Büro hinter der Brücke, ich würde es einen Kartenraum nennen. Tatsächlich gab es dort eine ganze Wand voller Seekarten, fein säuberlich aufgerollt und in einem speziellen, offenen und sorgfältig beschrifteten Regal übersichtlich geordnet. Am übergroßen Schreibtisch mit mehreren Linealen und Winkeln darauf, füllte er einen Scheck auf meinen Namen aus. Tatsächlich, mit Unterschrift und allen Formalitäten und achtzehn Millionen darauf, in Zahlen und Buchstaben, eine achtzehn mit sechs Nullen.
Das Schiff düste mittlerweile mit Volldampf auf Großer Fahrt in Richtung Frankreich, Richtung Cagnes sur Mer. Dort wollte ich hin, dort stand mein Auto, mit dem war ich beweglich und konnte hin, wohin ich wollte.
„Ganz schön schnell Ihr Schiff“, lobte ich ihn. Mit dem Verlust hatte ich mich soweit arrangiert. Zu ändern gab es nichts, jetzt galt es, nach vorn zu schauen und das Beste aus dem Schlamassel zu machen.
„Ja, auf Geschwindigkeit lege ich großen Wert, es läuft 33 Knoten!“
Männer geben ja immer an, ist so in den Genen verankert. Ich sagte jetzt nicht, dass mein Schiff mit über vierzig Knoten wesentlich schneller gewesen war als das, was er jetzt so anpries.
„Toll!“, lobte ich ihn. Ich ging runter zu Jule.
Es ging ihr gut, sie klagte nur über einen Brummschädel. Sie fragte mich, was überhaupt wie genau passiert war. Ich erklärte es ihr. Ihre Augen leuchteten, als ich erzählte wie ich sie gefunden und an Deck gebracht hatte. Wir waren beide glücklich darüber, dass wir mit leichten Blessuren davon gekommen waren, andererseits auch sehr unglücklich, weil unser Schiff, unsere Freiheit weg war.
„Wir werden in etwa zehn Stunden an meinem Auto sein, dann geht es geradewegs nach Monaco und du bist am Ziel. Ist das was?“
Jule sah an sich hinunter, sie trug eine Badeshorts und eine lose hängende Bluse.
„Naklar!“, ich verstand, was sie meinte. „Sobald wir da sind, gehen wir shoppen. Der Skipper von dem Mörderschiff gibt uns einen aus. OK?“
Wie selbstverständlich schliefen wir gemeinsam in dem großen Bett unter einer Decke. Auf die Idee, mit Jule Sex zu machen, kam ich gar nicht. Ich ließ das T-Shirt an, weil die Bettwäsche aus Baumwolle war und die scheuert an meinen Titties, wenn ich ohne alles schlafe. Jule legte sich ganz nackig ins Bett, ich löschte das Licht, konnte aber nicht einschlafen. Immer wenn ich die Augen schloss, sah ich den riesigen Bug, wie er sich in mein Schiff bohrte, wie er bedrohlich in Jules Kabine hereinschaute und uns immer weiter unter Wasser drückte. Ich hörte das Krachen und Knistern des GFK, das unter dem starken Druck nachgab und brach, roch den eigenartigen, scharfen Geruch von dem zerbrochenen Kunststoff, hörte das Rauschen der eindringenden Wassermassen.
Die irrsinnige Anstrengung, Jule ins Boot zu hieven, ließ mich im Dunkeln nochmals alle Muskeln und die Verzweiflung spüren. Durch den intensiven Wassersport war ich kräftiger als jemals zuvor, trotzdem war ich nicht stark genug, um die bewusstlose Freundin ins Dinghy zu hieven. Die Hilflosigkeit, die ich in jenem Moment empfunden hatte, spürte ich immer noch als tiefe, herzzerreißende Not und ohnmächtige Wut auf wen auch immer.
Es war ein Glücksfall, dass der Skipper seine Schuld anerkannte. Hätte er uns nicht geholfen, dann wären wir beide mit dem Schiff untergegangen.
Als ich erwachte, war es noch dunkel. Jule hatte sich an mich gekuschelt oder ich mich an sie. Wir lagen in Löffelchenstellung aneinander, mit meinem Arm umschlang ich sie. Erst als mein Bewusstsein klarer wurde, bemerkte ich, dass Jule meine Hand festhielt, so, als hätte sie sich selbst den Arm umgelegt. Ich rückte näher zu ihr und ihrer Wärme, und schlief weiter.
Kurz nach sieben Uhr am nächsten Morgen erreichten wir Cagnes sur Mer. Die Werft, die mein Schiff umgebaut hatte und an der mein Auto hoffentlich noch stand, lag tief innerhalb des Jachthafens. Der war zu klein für das Riesenschiff. Nach einem hastigen Frühstück verabschiedeten wir uns von der Mannschaft und Monsieur Japain und legten ab. Sowohl Monsieur Japain als auch wir wollten so rasch wie möglich die Angelegenheit zu Ende bringen. Er wollte nach Barcelona zurück, bevor seine Frau wegen seiner langen Abwesenheit ungeduldig wurde, Jule und ich wollten so rasch wie möglich von dem Mörderschiff hinunter und unser eigenes Leben wieder aufnehmen.
Wir legten den Rest des Weges, in den Jachthafen hinein und bis zur Werft, in unserem eigenen Schlauchboot zurück. Es war das einzige, was von unserem Schiff übrig war. In der Werft war noch niemand, ich vertäute das Dinghy an einem Platz, an dem es niemanden stören würde und machte mich auf die Suche nach dem Auto. Tatsächlich, da stand es. Total verdreckt, das Gras wuchs meterhoch um es herum, aber es sah unbeschädigt aus. Jetzt musste es nur noch anspringen. Die Öffnung der Türen über Funk funktionierte, das gab mir Anlass zur Hoffnung, dass es noch anspringt. Tatsächlich, nach etlichen Umdrehungen das Anlassers sprang der Motor an, wir waren gerettet. In aller Eile machte ich mich auf den Weg nach Monaco. Meine Eile war derartig groß, dass ich mir nicht die Zeit nahm, das Verdeck zu öffnen, ein No-Go für mich, eigentlich.
Wenige Minuten vor der Schalteröffnung fuhr ich in die Tiefgarage der Bank. Wir tobten mit einigen der ersten Kunden gleich nach dem Öffnen der Türen in die Schalterhalle. Der Sachbearbeiter, mit dem ich sonst immer zu tun hatte, war nicht an seinem Platz, ich wandte mich an einen seiner Kollegen. Der sah uns beide abschätzig an, ein Blick auf unsere Garderobe gab ihm die Gewissheit, dass es sich nicht lohnte, uns zuvorkommend zu bedienen. Jule blieb hinter mir stehen, als ich mich auf den Besucherstuhl setzte, wie ein Butler, der auf Befehle wartet um die Herrschaft zu bedienen, oder wie ein Bodyguard.
Die abschätzige Haltung des Bankangestellten änderte sich schlagartig, als er meine Bankkarte durch den Scanner zog und sich mein Konto für ihn öffnete.
„Oh, Comtesse Lona, verzeihen Sie mir. Was darf ich für Sie tun?“
Wie kam der auf Comtesse? Das war ja nur ein erfundener Titel. Aber egal. Ich legte ihm den Scheck vor und bat ihn, zu überprüfen, ob mit dem alles in Ordnung war. Erst als ich ihn dazu drängte, rief er bei der ausstellenden Bank an. Wieder wurde aus seiner überhebliche Art eine devote. Als er die Antwort des Bankkollegen bekam, sprang er sogar vom Stuhl auf und verbeugte sich. Er scannte den Scheck ein, hing dabei immer noch am Telefon.
„Oh, ohja, ja, vielen Dank, jawohl, jawohl!“
Er verneigte sich mit dem Hörer am Ohr.
„Was für ein Schleimer!“, raunte mir Jule ins Ohr, wir kicherten beide vor uns hin.
„Mit dem Scheck ist alles in Ordnung, Mademoi … äh, Comtesse Lona, der Betrag wird in diesen Minuten auf Ihr Konto überwiesen. Wertstellung ist allerdings erst morgen. Darf ich sonst noch etwas für Sie tun? Comtesse?“
„Ja, natürlich“, erwiderte ich und äußerte meine Wünsche. „Bitte legen Sie das Geld bei dem gleichen Fonds an, an dem ich schon beteiligt bin. Bei Bedarf hole ich mir etwas davon.“
„Selbstverständlich, Comtesse Lona, selbstverständlich! Sobald etwas frei wird, werde ich Ihr Geld dort platzieren, ich kümmere mich persönlich darum“, schleimte er.
Auf dem Konto bei dieser Investmentbank lag das Geld von der Wohnung und das, was ich mit Christian, nun, äh, es ist, wie es ist, das Geld, das ich mit Christian erwirtschaftet habe. Von den Anlagen brauchte ich bisher nichts zu nehmen, bis auf das Geld für die Cupidon, den Kaufpreis und die Motoren. Die Anlagen brachten nicht besonders hohe Rendite, dafür waren sie sicher. Die Gewinne wurden mir vierteljährlich auf das Girokonto bei der Caisse d'Epargne überwiesen, die reichten leicht für die normalen Ausgaben. Vor allem, nachdem das Geld für die Wohnung dort angelegt worden war. Bei den Anlagen drehte es sich um Immobilien in Monaco, mehrere Fonds, da gab es praktisch keine Risiken.
Wenn es dem Banker gelang, auch die achtzehn Millionen vom Mörderschiff dort anzulegen, wäre ich für den Rest meines Lebens mehr als gut versorgt.
Um ausführlich und sorglos mit Jule shoppen gehen zu können, holte ich einen ordentlichen Bargeldbetrag von einem Geldautomaten der Caisse d'Epargne ab, in kleinen Scheinen. Wir legten gleich los, ich kaufte nach Herzenslust ein, ließ alle erstandenen Beutestücke gleich in den Club bringen. Jule erwarb als erstes einen ziemlich großen und aufwendig gebauten, riesigen Overmont Backpack. Sie kaufte nur praktische Sachen ein und verstaute sie in dem Rucksack. Ich verstand es so, dass sie unabhängig sein wollte. Unter Umständen würde sie mich verlassen, denn Monaco war ja ihr erklärtes Ziel. Mir machte die Aussicht, dass sie mich allein lassen würde, ein wenig Angst. Obwohl, hier war ich in Monaco, hier hatte ich den Jacht-Club als Ankerpunkt, hier kannte ich tausend Leute, hier pulste das Leben das ich kannte und bisher auch immer geliebt hatte.
Dabei brauchte ich nur an unsere gemeinsame Fahrt durch die Adria entlang der Küste zu denken, da war mir klar, dass das Lotterleben in Monaco nicht unbedingt mein gesamtes Leben war. Es gab auf der Welt noch viel mehr, mehr zu entdecken und mehr zu erleben. Auch Jule in meiner Gesellschaft zu wissen, war mir wichtig.
Als erstes kleideten wir uns ein, logischerweise. Mir stand der Sinn nach etwas Elegantem, ich erwarb ein zitronengelbes Kostüm mit weißer Bluse, gelben Schuhen, hochhackig versteht sich, und einem neckischen Hütchen. Mir war danach.
Jule kleidete sich so, wie ich sie kannte: Eine Shorts aus Jeansstoff, eine karierte, langärmelige Bluse mit Top darunter, Sneakers.
Es dauerte einige Zeit, bis wir unsere Garderobe so weit vervollständigt hatten, dass wir wieder alltagstauglich ausgestattet waren. Denn den Kleinkram zu besorgen, den man so braucht, wie Unterwäsche, Pflegeutensilien, Kämme, Bürsten, Schuhe, Strümpfe, all das, was eine Frau eben so benötigt, das dauerte seine Zeit.
Es war bereits Mittag, bis ich einen Grundstock zusammen hatte. Jules Rucksack war prall gefüllt, sie war offensichtlich mit allem ausgestattet, was sie sich vorstellte und was sie zum Leben brauchte. Es fühlte sich für mich so an, als wollte sie sich von mir lösen. Allein der Gedanke daran machte mich traurig.
Bei all dem Wichtigen, was wir zu erledigen hatten, kam mir eine Idee. Im Moment noch war Jules Umhängetasche unsere gemeinsame Tasche, denn sie enthielt die Dinge aus dem Tresor, genau so, wie Jules Papierkram, in einem komischen, altmodischen Portemonnaie. Als sie in der Umkleide war, um eine zweite Hose anzuprobieren, zupfte ich ihren Perso heraus und steckte ihn ein. Bei nächster Gelegenheit bat ich sie, einen Augenblick zu warten, ich hätte noch in der Bank zu tun.
Dort eröffnete ich für Jule, mit ihrem Perso, ein Konto und überwies darauf fünf Millionen Euro, außerdem den Lohn der vergangenen drei Monate. Sie fertigten eine Bankkarte für sie, die ich gleich in ihr Portemonnaie packte, als ich wieder zu ihr zurückkehrte.
Ich deutete auf die Tasche und erklärte ihr, dass ich ein Konto für ihren Lohn bei der Bank eingerichtet hätte. Von den fünf Millionen sagte ich nichts. Das Geld aus der Wohnung war für mich bereits mehr als genug, es brachte viel mehr Rendite, als ich verbrauchte, wozu noch mehr anhäufen? Jule würde das Geld gebrauchen können, für mich bedeutete mehr Geld nicht mehr Lebensqualität, also war es entbehrlich.
Jule machte ein süßsaures Gesicht. Ob sie das als Abschied deutete? Ich wollte, dass sie unabhängig war, außerdem stand ihr Schmerzensgeld zu, schließlich war sie heftig verletzt worden.
Ich lud sie zum Mittagessen in den Club ein. Dort erfragte ich an der Rezeption als erstes, ob ich ein Apartment haben könnte. Sie freuten sich, mir eins zur Verfügung stellen zu können und sprachen ihr Bedauern aus, als ich vom Verlust des Schiffes berichtete. Auch hier sprachen sie mich mit Comtesse an. Ich rätselte so lange herum, woher die auf den Titel kamen, bis mir einfiel, dass ich der Einfachheit halber eine der goldbedruckten Karten vorgelegt hatte, als ich um meine Handy-Nummer gebeten wurde. Natürlich ohne zu ahnen, was sich daraus entwickeln würde. Von daher stammte die Information und verbreitete sich auf unaufhaltsame Weise.
Der Kellner Jacques freute sich ganz offensichtlich sehr, als er mich sah. Comtesse hier und Comtesse da, er geleitete uns zum besten Tisch am Fenster, rückte mir den Stuhl zurecht und kam alle zehn Sekunden angewetzt, um nach unseren Wünschen zu fragen.
Wir speisten vorzüglich, wie eigentlich immer, Spaß machte es trotzdem nicht. Jule schwieg, wie meistens, aber wie! Sie machte einen äußerst bedrückten Eindruck. Als ich es nicht länger ertragen konnte, nahm ich sie bei der Hand und fragte, was los sei. Mit gesenktem Blick und sehr leise, den Tränen nahe, sagte sie, stockend:
„Du brauchst mich nicht mehr, du-du hast kein Schiff mehr, dann-dann brauchst du auch keine Schiffsköchin und keine Reinmachefrau, dann-dann bin ich nutzlos für dich. Also-also trennen sich hier unsere Wege. Stimmts?“
Wie sie mich anschaute!
„Ach Jule!“, die Trauer und die Mutlosigkeit in ihrem Blick und in ihrer Stimme verschlug mir echt die Sprache, ein Kloß im Hals machte mir das Sprechen schwer.
„Wir, wir sind doch Freundinnen!“, stammelte ich mehr als ich sprach.
Unsicher schaute sie mich an, sie wirkte ein wenig ratlos und ja, auch ein wenig verzweifelt.
„Ja, aber …“, stotterte sie nun ihrerseits.
Da wusste ich, was ich wollte, auf einen Schlag war mir alles klar. Ich brauchte ein neues Schiff, nein, falsch, ich MUSSTE ein neues Schiff haben. Nicht nur, um Jules Arbeitsplatz zu erhalten, sondern auch für mich. Ich brauchte nur an die Küste Kroatiens zu denken, an die große Anzahl an Stellen, an denen wir vorüber gefahren waren, ohne sie zu erforschen. Dann lag die italienische Adriaküste dort und wartete darauf, dass wir sie erkunden. Die Westküsten Korsikas und Sardiniens warteten ebenfalls darauf, von uns entdeckt und unter Wasser erobert zu werden. Ein neues Schiff zu erwerben und damit den Rest der Welt zu erkunden, das war ein lohnenswertes Ziel, das wollte ich sofort in Angriff nehmen.
„Komm!“, sagte ich zu Jule und nahm sie bei der Hand. „Ich weiß einen neuen Job für dich.“
Sie schaute mich ratlos an. Ohne etwas zu verraten, ließ ich unsere Einkäufe, auch Jules Rucksack, hinauf in das Apartment bringen.
„Wir brauchen ein neues Schiff“, erklärte ich ihr und ging zu dem schwarzen Brett, an dem all die Informationen von Skipper zu Skipper auf Zetteln angepinnt waren. Es wurden dort einige Boote angeboten, allerdings viele außerhalb meiner finanziellen Reichweite oder außerhalb dessen, was ich gebrauchen konnte. Ich brauchte ein Schiff, das ich allein bewegen und unterhalten konnte, dazu war ein 35-Meter-Boot nicht geeignet, spätestens alles, was über dreißig Meter hinausging, brauchte eine Crew. Am Besten fände ich ein Schiff in der Größe, wie ich es gehabt hatte, maximal fünfundzwanzig Meter. Das war für mich allein zu bewältigen, damit kannte ich mich aus.
Nur wurde in der Größe leider keines angeboten, nur größer oder wesentlich kleiner. Ich bat Jacques, die Augen offen zu halten, auch den Hafenmeister bat ich darum. Als ich ihm die traurige Geschichte von meinem Schiff erzählte, war er echt betroffen. Ein gesunkenes Schiff ist für jeden, der mit der Seefahrt zu tun hat, ein trauriges Ereignis.
Er würde Augen und Ohren offen halten, meinte er, eventuell wüsste er schon etwas, es wäre ihm etwas zu Ohren gekommen, er würde sich melden. Auch er sprach mich mit Comtesse an. Das verbat ich mir, für ihn war und blieb ich Lona, das andere war ja fake. Das vornehme Getue mit Comtesse von Buchenhain war nur etwas für die Angeber in meiner Umgebung. Einen so vernünftigen und netten Mann wie den Hafenmeister würde ich niemals auch nur im Entferntesten hinter so ein Licht führen wollen.
Mir stand ein schwerer Gang bevor. Obwohl ich fest entschlossen war, den umgehend in Angriff zu nehmen, versuchte ich dennoch, Zeit heraus zu schinden, indem ich das Auto waschen ließ. Jule war nicht davon abzuhalten, den Innenraum zu reinigen.
Letzten Endes saßen wir dann im Auto, bei offenem Verdeck, versteht sich, brachten es in sehr langsamer Fahrt auf den Platz an der Werft zurück, von dem wir es heute Morgen abgeholt hatten und gingen ins Büro. Gerômes Onkel freute sich, dass ich zurückgekommen war. Gleich am Morgen war ihm meine Heimkehr klar geworden, als er bemerkte, dass das Auto nicht mehr auf seinem angestammten Platz stand. Er fragte sofort nach dem Schiff. Als er dann hörte, dass ich nach monatelanger Kreuzfahrt durchs Mittelmeer, inklusive überstandenem Sturm, das Schiff auf so jämmerliche Art verloren hatte, befiel ihn echte Trauer. Seine Miene verdüsterte sich, er sackte zusammen. Aber nur kurz, er richtete sich wieder auf.
„Gut, dass dir nichts passiert ist“, meinte er, sah Jule an und ergänzte: „Gut, dass euch nichts passiert ist. Ein Schiff kann man ersetzen, einen Freund nicht.“
Er griente und war trotzdem traurig. Nach einem Blick auf mich, wechselte er das Thema.
„Gerôme ist übrigens ein dämlicher Trottel, damit du das weißt. Er hat diese hochnäsige Tochter meiner Cousine geheiratet. Muss man sich mal vorstellen. Sie kannten sich vierzehn Tage, da standen sie schon vor dem Traualtar. Selbst schuld, würde ich sagen. Er hat sein Jurastudium geschmissen und arbeitet als ungelernter IT-ler bei einer Firma, die Spielekonsolen herstellt. Madame gibt sein Geld sehr großzügig aus und lässt den armen Jungen am ausgestreckten Arm verhungern. Da hatte er doch mit dir eine Frau von ganz anderem Format im Bett, äh, an der Hand.“
Er schaute zu Jule und meinte zerknirscht, aber mit Zwinkern: „Entschuldigung.“
Zu mir gewandt fuhr er fort: „Ja, was machen wir denn jetzt?“
Er schaute mich abschätzend an, dann sah es so aus, als fasste er den Stier bei den Hörnern.
„Ich hätte da eine Idee, aber du müsstest für das Schiff, das mir vorschwebt, erheblich mehr Geld auf den Tisch legen. Das Schiff ist fast neu.“
Solange es ein Schiff unter dreißig Metern war und einigermaßen im Rahmen blieb mit Zubehör und allem, könnte ich jedes Schiff finanzieren. Vor allem mit dem Geld von Monsieur Japain.
„Ist es das gleiche Schiff wie meins?“, fragte ich hoffnungsvoll.
„Nein, das nicht, aber es ist wohl vom gleichen Hersteller, hat mir zumindest der Eigner berichtet, wobei ich dieses Modell nicht kenne.
Eigentlich kann man zum jetzigen Zeitpunkt keine Boote kaufen, jetzt, im Frühjahr ist die Nachfrage riesig und die Preise sind hoch. Aber das Boot, das mir vorschwebt, ist ein wenig eigenwillig gebaut, deswegen will es niemand haben. Der Eigner ist bereit, es für den halben Neupreis abzugeben, er will es nur schnellstmöglich loswerden.“
Nun war ich wirklich gespannt. Fast neu und nur halber Neupreis? Das hörte sich schon einmal gut an.
„Was ist es, spannen Sie mich nicht auf die Folter.“
„Würdest du sieben Millionen aufbringen wollen?“
Sieben Millionen waren natürlich ein Haufen Geld und das war nur der halbe Neupreis. Was war das für ein Wunderding? Sieben Millionen waren weniger als die Hälfte dessen, was der Inhaber des Mörderschiffs mir als Entschädigung für das Schiffe-Versenken bezahlt hatte.
„Wenn das Schiff für mich passt, nicht zu groß ist, dann könnte ich eine solche Summe aufbringen, ja. Was ist denn so besonders an dem Boot?“
„Es hat unwahrscheinlich viele Extras und etliches an Schickimicki an Bord. Zum Beispiel verfügt es über eine seitlich öffnende Indoorgarage für den Tender (er meinte damit das Beiboot) und zwei Jet-Skis, einen Jacuzzi auf dem Vordeck und allerhand Feinheiten, wie vier komplette Taucherausrüstungen, inklusive einer fest installierten, kompletten Kompressor-Anlage mit Sauerstoff und Helium. Es ist speziell für diesen Kunden konstruiert worden. Es hat einen ganz besonders geformten Rumpf, eine ganz spezielle Form, die habe ich vorher noch nie gesehen. Dadurch ist es ein Verdränger, der ab einer bestimmten Geschwindigkeit zum Gleiter wird. Dazu ist ihm noch der Lürssen-Effekt eingebaut worden, mit drei Rudern, drei Schrauben und, tatsächlich, drei Maschinen, dazu müsste auch die Konstruktion verändert worden sein. Es hat eine irrsinnig hohe Höchstgeschwindigkeit. Dazu ist es in gewissem Maße auch ein Hybrid-Boot, es hat zusätzlich einen Elektroantrieb. Damit habe ich mich noch nicht beschäftigt, meiner Meinung nach ist das unausgereifte Spinnerei. Aber bitte, jeder wie er mag.
Zum Boot gehört ein Tender vom gleichen Konstrukteur und mit ähnlichem Design, aus GFK, mit einem sehr starken Motor, inklusive Wasserski-Vorrichtung. An Bord gibt es goldenes Besteck, goldene Wasserhähne und Türklinken, Boxspringbetten in allen Kabinen und so weiter und so weiter, alles nur vom Feinsten, die Sitzmöbel mit waschbarem Alcantara bezogen, alles mit Alpaka-Wolle gepolstert, von Hand, versteht sich. Das Boot ist einen halben Meter breiter als diese unbekannte Serie, weil er unbedingt den dritten Motor haben musste. Er dachte, je mehr Motorleistung, desto schneller ist das Schiff. Der gesamte Antrieb, inklusive der Ab- und Zuschaltung der Maschinen bei niedriger Geschwindigkeit oder bei hoher Geschwindigkeit ist computergesteuert. Der ganze Technikkram ist kinderleicht zu bedienen, wie an deiner Cupidon, Gott hab sie selig. Die Antriebstechnik allein wird, im Vertrauen gesagt, mehr gekostet haben, als du für dein gesamtes Schiff inklusive der Motoren bezahlt hast.“
Wir legten einige Gedenksekunden ein, in denen wir an mein schönes Schiff dachten. Als in meiner Erinnerung der riesige Bug auftauchte, der Jule aus der Koje geworfen hatte und das Schiff immer weiter unter Wasser drückte, unterbrach ich die Gedenkminute.
„Wo ist denn das Schiff? Wieso ist es fast neu?“
„Sie liegt hier, hinten, da, bei den großen Booten.“ Er deutete auf die vordere Seite des Jachthafens, sicher dreihundert Meter entfernt. Dort lagen einige größere Boote.
„Der Skipper hat eine Probefahrt gemacht und wollte mit seiner Frau ein paar Wochen übers Mittelmeer kreuzen. Dann kam dieser vertrackte Sturm vor zwei Monaten, in dem sind zwei Jachten aus unserer Marina gesunken, sechs Todesopfer. Überall auf dem Mittelmeer hat es tödliche Unfälle und Schiffsverluste gegeben. Als ihr das bekannt wurde, hat seine Frau sich geweigert, den Fuß auf das Schiff zu setzen, sogar jemals auf irgendein Schiff. Dabei wurde es speziell nach ihren Wünschen gebaut.“
„Wieso, was ist an dem Baustil so besonders?“
„Boote der Größenordnung werden eigentlich immer verchartert, es sind auch meist Charterunternehmen, die Boote dieser Größe neu erwerben. Deine Cupidon ist auch fünf Jahre als Charter gelaufen, bevor sie an einen Privatmann veräußert wurde. Das ist bei Serien-Booten dieser Größenklassen üblich.
Nun ist dieses Schiff für zwei Personen konstruiert, es hat nur zwei Gästekabinen, ein reines Eignerboot. Das ist für Charterunternehmen uninteressant, sie brauchen bei Schiffen dieser Größenordnung mindestens vier Gästekabinen, besser sechs.
Den Platz brauchten sie, zum Beispiel für die Tender-Garage, und dann sind die Kabinen auf diesem Schiff extrem groß, die Masterkabine füllt fast das halbe Oberdeck. Wenn du es nicht verchartern willst, sondern mit einem Boot einverstanden bist, das neben dir maximal vier Passagiere aufnehmen kann, dann ist das Schiff für dich ideal. Wenn du mehr Schlafmöglichkeiten brauchst, dann ist es nichts für dich. Achso, ja, es gibt zusätzlich eine Crew-Unterkunft, eine, mit einem vollwertigen Doppelbett. Allerdings nur diese eine Kabine für die Crew, sehr schön, aber deutlich einfacher und kleiner gestaltet.“
Ich schaute kurz zu Jule hin, sie sagte nichts und empfand nichts, so antwortete ich:
„Dann lass uns das Ding mal anschauen.“
Wir quetschten uns zu dritt in einen offenen, elektrischen Wagen, wie er auf Golfplätzen genutzt wird und fuhren den gesamten Pier hinunter, bis wir zu den großen Booten kamen. Die Jacht, die er meinte, war strahlend weiß mit zwei überaus kitschigen, rosafarbenen Streifen an der Seite und hieß ‚Je t‘aime‘. Unter dem Namen, sowohl am Bug als auch am Heck, prangte jeweils ein riesiger Kussmund.
„Ist jetzt nicht wahr!“, meinte ich entgeistert.
„Tja!“, meinte der Onkel grinsend. „Über Geschmack braucht man nicht zu streiten.“
An Bord war das Schiff einfach Bombe, wirklich wahr. Das Deck war zwei Meter breiter als das meiner Cupidon, das Schiff insgesamt länger, so war mein Eindruck.
„Ein Ozeanriese!“, meinte ich. Jules Augen glänzten, sie fand das Schiff ganz großartig.
„Es ist länger als meins oder kommt mir das nur so vor?“
„Nein, es ist knapp unter dreißig Meter lang, ziemlich genau fünf Meter länger als dein Schiff gewesen ist. Es hat irrsinnig viel Motorleistung. Normalerweise hat so ein Schiff so um die dreitausend PS, maximal, es gibt auch welche in dieser Größe mit zweitausend, bis zweitausendvierhundert PS. Dieses hier hat fast dreimal so viel, sechstausend. Die Leistung brauchst du im ganzen Leben nicht, aber wenn du sie abrufst, wird das Schiff beinahe fünfzig Knoten schnell. Es braucht schon ein Tragflächenboot, um dich damit zu überholen. Die großen Maschinen sind technisch vom allerfeinsten und auf dem neuesten Stand der Technik. Die Elektronik kann ganze Maschinen oder einzelne Zylinderbänke ab- oder zuschalten. Wenn du langsam cruist, um dir die Küste anzuschauen, dann reicht eine Zylinderbank eines einzelnen Motors aus. So etwa fünf-sechs Knoten fährst du damit fast geräuschlos und ohne Anstrengung. Für Fahrten im Hafen und auch sonst, bei diversen Gelegenheiten, verfügt es zusätzlich über diesen komischen Elektroantrieb. Nach Auskunft des Eigners reichen die Batterien für einhundert Seemeilen, dann müssen sie wieder aufgeladen werden. Es ist noch nie elektrisch gefahren worden, über die Leistungsfähigkeit weiß ich nichts. Der dafür benötigte Generator, der auch gleichzeitig der Motor ist, sitzt entweder nur auf der mittleren Schraubenwelle oder es sitzen auf allen drei Schraubenwellen welche. Der oder sie läuft immer mit. Um genau zu wissen, wie diese Technik funktioniert, müsste man im Maschinenraum die Abdeckungen abbauen oder sich intensiv mit den Bauplänen beschäftigen. Dazu bestand bisher keine Veranlassung.“
Der Technikkram war bestimmt wichtig, Jule und mich interessierte viel mehr die Innenausstattung. Es war zu befürchten, dass das Innendrin ebenfalls voller ‚Je t‘aime’ und rosa und Kussmund war. Nein, das war nicht der Fall, das konnte ich zu meiner Beruhigung feststellen. Außer ein paar rosa Sofakissen war nichts weiter so geschmacklos wie das Äußere des Schiffes. Im Gegenteil, der Rest des Interieurs war stilvoll, die verbauten Hölzer cremefarben, die Möbelbezüge weiß, die aufliegenden Kissen in der Hauptsache sandfarben oder braun. Das Helle im und am Schiff überwog, es war wunderschön anzuschauen.
„Schau mal!“, Jule interessierte sich natürlich für die Küche. Sie hielt einen Teller in der Hand, auf dessen Porzellan war ein ‚CL‘ in Goldschrift eingebrannt.
„Die Frau heißt Christine, Christine Laurent. Der Eigner muss seine Frau extrem lieben, denn überall gibt es diese Initialen. Im Geschirr, im Besteck, sogar in der Bettwäsche.
Er sah diesen geschmacklosen rosa Streifen als letzten Weg, seine Frau doch noch für das Boot zu begeistern. Sie aber meinte, wenn er sie tatsächlich liebe, dann solle er sie mit dem lebensgefährlichen Ding verschonen. Der Streifen und die Kussmünder sind nur aufgeklebt. Wenn du dir mit dem Eigner einig wirst, dann entferne ich sie dir, kein Problem.“
Für mich stand nach der Besichtigung der riesigen Kabinen und des wunderbaren Standards an Bord fest, dass ich das Schiff haben wollte. Die Eignerkabine war schlichtweg der Hammer, mit riesiger, verschiebbarer Glaswand zum Vorschiff hin, mit eigener Terrasse und dem erwähnten Jacuzzi-Whirlpool davor. Wahnsinn! Auch die Kleinigkeiten waren bemerkenswert, von den goldenen Türklinken angefangen, bis hin zu dem cremefarbenen Teppich überall. Es verfügte sogar über einen Tresor, dessen Bedienelement in einem Sicherungskasten untergebracht war. Gab man die richtige Zahlenkombination ein, so öffnete sich eine Klappe, die aus zwei Stufen der Treppe hinauf auf die Flybridge bestand. Die doppelt verriegelte Klappe machte den Zugriff auf zwei Schubladen möglich, in denen alle Dokumente und Wertsachen Platz finden würden. Genial.
Bei aller gebotenen Begeisterung durfte man das Geschäftliche nicht außer acht lassen. Wie gesagt, ich gebe nicht gern Geld aus. Wenn es nicht unbedingt sein muss, halte ich es zusammen, deswegen ist für mich bei verschiedenen Dingen der niedrigste Preis der beste Preis. Nicht bei Lebensmitteln, das nicht, da nimmt man nur das Beste, aber Gebrauchsgegenstände waren je billiger desto besser. Das ist so meine Ansicht, muss man ja nicht teilen.
Gebrauchte Dinge kann man immer im Preis herunterhandeln, das wusste ich sehr gut. Kurz entschlossen gab ich meine Entscheidung bekannt.
„Wenn der Eigner mit Sechseinhalb Millionen einverstanden ist, dann können wir das Geschäft sofort, von mir aus heute noch abschließen.“
Gerômes Onkel griente und zwinkerte mir zu.
„Schau mal auf den Betriebsstundenzähler“, empfahl er. „Alle drei Maschinen haben keine zehn Betriebsstunden auf dem Tacho. Die Maschinen müssen praktisch noch eingefahren werden. Ist dein Ernst, ja? Sechseinhalb?“
Ich bejahte mit dem hochgereckten Daumen, sprechen konnte ich nicht, dazu war ich zu aufgeregt. Jule folgte mit roten Wangen unserem Gespräch, sie bekam meine Anspannung mit.
Der Onkel schaute mich an, ob ich wirklich meinte, was ich gesagt hatte. Dazu konnte ich nur nicken, ja, das wollte ich machen, war mein Ernst. Er zückte sein Handy, ein altes, klappbares Ding, und rief den Eigner an. Er übermittelte meine Kaufentscheidung und fügte gleich eine Forderung nach der angeblich üblichen Vermittlungsgebühr von fünf Prozent an. Der Eigner überlegte nicht lang, sondern willigte ein. Der Onkel sollte in seinem Namen einen Kaufvertrag mit mir abschließen, er werde ihn ratifizieren. Sobald das geschehen war, sollte ich das Geld auf des Onkels Konto als von ihm akzeptiertes Treuhandkonto überweisen und der dürfte mir dann die Papiere und das Schiff aushändigen. So verblieben wir und beendeten das Gespräch.
„Übliche fünf Prozent Vermittlungsgebühr?“, fragte ich den Onkel und konnte nicht umhin zu zwinkern. Er griente zur Antwort total schlitzohrig und erklärte:
„Ja, klar, du zweieinhalb und er zweieinhalb, macht zusammen fünf. Soll er doch besser beide Provisionen bezahlen, hat Geld genug, soll froh sein, dass wir sein rosa Prachtstück überhaupt verkauft haben. Er will mit dem Kahn absolut nichts mehr zu tun haben, ihn interessiert nicht einmal, wer das Boot gekauft hat, nur weg, meinte er. Dafür muss er zahlen, ist doch klar. Probefahrt?“
„Aber unbedingt!“
„Wieso sprichst du eigentlich so perfekt französisch? Als wir uns zum letzten Mal sahen, hast du nur so rumgestottert. Was ist passiert?“
„Gerôme hat es mir beigebracht, die treulose Tomate die!“
„Du bist ne Marke!“, meinte er und startete die drei Maschinen. Jule sprang gleich auf den Pier und löste die Leinen. Das Schiff lag im Winkel zwischen dem Pier und einem Bootssteg, mit dem Heck zum Pier, die Steuerbordseite lag längs des Bootsstegs. Es war schwierig, es dort heraus zu fummeln, denn die nächsten Schiffe, vor und neben uns, lagen weniger als einen Meter entfernt vor Anker. Der Onkel ergriff gleich das Ruder, das wollte ich aber lieber selbst machen, um zu sehen, wie das Schiff zu handhaben war. Er gestattete es mir, blieb aber wachsam hinter mir stehen, um im Notfall eingreifen zu können. Die Strahlruder hatten sehr viel mehr Kraft als bei der Cupidon.
„Sind einfach stärker und effizienter als die alte Konstruktion“, erklärte er. Er schaute sehr genau hin, was ich da anstellte. Mit drei Maschinen umzugehen hatte ich noch nicht gelernt, war aber nicht wirklich schwierig, denn auch dieses Schiff hatte ein Getriebe, ganz ähnlich dem der Cupidon, und es verfügte über die erwähnte Computersteuerung aller Komponenten. Ich kam sofort damit klar. Das Schiff legte ganz sanft ab, glitt aus der Lücke hinaus, ohne einem anderen Schiff zu nahe zu kommen oder es gar zu berühren. So sacht wie möglich fuhr ich bis ins Hafenbecken, achtete ganz genau auf die Bojen und die Vorschriften, die mir am Plotter angezeigt wurden. Jule holte, wie selbstverständlich, die Fender herein. War ein Supergefühl, jetzt, hier, in dem viel breiteren und geräumigeren Cockpit.
Als wir die Hafenmole passierten, gab ich etwas mehr Gas, es fühlte sich super an. Das Boot gehorchte auf den kleinsten Gasstoß. Es kam mir vor wie ein Rennpferd, das es nicht erwarten konnte, los zu spurten. Der Onkel zwinkerte, ich warnte Jule, dass sie sich festhalten sollte, und gab Vollgas. Das Boot machte einen regelrechten Satz. Die Anzeige sprang innerhalb weniger Sekunden von drei Knoten auf zwanzig Knoten, von da aus ging es nochmal mit einer Steigerung der Beschleunigung weiter. Der Rumpf hob sich scheinbar in ganzer Länge aus den Wellen, hüpfte von Wellenkamm zu Wellenkamm, ohne dass die Schrauben den Kontakt zum Wasser verloren. Der Vortrieb ging unvermindert weiter, die Geschwindigkeit übersprang die vierzig-Knoten Marke, ohne inne zu halten.
„Alter Schwede!“, meinte ich auf Deutsch.
„Ja leckts am Oarsch!“, gab Jule ihren bayrischen Senf dazu.
Das Schiff beschleunigte oberhalb der achtundvierzig Knoten nur noch langsam, es erreichte als Endgeschwindigkeit sagenhafte neunundvierzig Knoten.
„Das sind mehr als neunzig km/h. Damit hängst du alles ab, was schwimmen kann!“, brüllte der Onkel gegen den Maschinenlärm an, obwohl die Maschinen nicht wirklich ungemütlich laut zu hören waren. Aber ich verstand ihn gut, es war sehr aufregend, die Leistung dieses Schiffes auszuloten. Um zu sehen, was das Schiff für eine Ausdauer besaß, rief ich auf dem Kontrollschirm die Motordaten auf. Die Motortemperatur blieb konstant mitten im grünen Bereich. Sie stieg auch nicht an, als ich das Tempo und die hohe Drehzahl beibehielt.
„Vollgasfest!“, brüllte der Onkel als Erklärung dazu.
Das Boot bei diesem hohen Tempo zu wenden war mir zu gefährlich, ich verlangsamte und wendete bereits, als die Anzeige sich den dreißig Knoten näherte. Es krängte trotz der verringerten Geschwindigkeit stark, stabilisierte sich, als ich wieder auf der eigenen Schaumspur geradeaus zurück fuhr und wieder beschleunigte.
Wir langten am Hafen an, auf des Onkels Bitte hin setzte ich ihn am Golfwagen ab und brachte das Boot zur Werft.
„Den rosa Streifen, die Kussmünder und die rosa Kissen können weg, ist so abgesprochen oder?“ fragte ich ihn, als wir in seinem Büro beim Kaffee saßen.
„Bien sûr, wie besprochen.“
„Können wir es umbenennen?“
„Mais, bien sûr, das mache ich für dich, das Schiffsregister muss dich als Eigentümerin eintragen, da können wir dann auch gleich die Namensänderung bekannt geben, ist ein Abwasch. Wie soll es denn heißen?“
Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Jule tat so, als würde sie nichts verstehen, sie nahm auch nicht an Gesprächen auf Französisch teil, dabei schien sie jedoch alles mit zu bekommen. Sie sagte zu meiner Überraschung, laut und deutlich, wirklich und wahrhaftig auf Französisch, mit unverkennbar bayrischem Akzent, aber in astreinem Französisch:
„Es soll Comtesse Lona heißen!“
„Was?“, fragten der Onkel und ich gleichzeitig. Mir fiel die Kinnlade herunter.
„Wie kommst du jetzt darauf?“, fragte ich sie entgeistert.
„Das passt!“, sagte der Onkel, zwinkerte mir zu und griente. „Da passen dann auch die Initialen im Schiff. Gerôme wird sich schwarz ärgern, der Trottel.“
„Is da beste Nama, den dess Schiff hom ko“, begründete Jule auf bayrisch. Sie sagte es sehr selbstbewusst und machte deutlich, dass das als Begründung auszureichen hatte.
„OK“, gab ich mich der Übermacht geschlagen. „Dann soll es Comtesse Lona heißen. Ist zwar blöder Quatsch, aber originell.“
„Bist du denn eine Comtesse?“, fragte der Onkel zweifelnd.
„Natürlich ist sie das!“, behauptete Jule und reichte dem Onkel eine abgegriffene, goldbedruckte Visitenkarte.
„Du musst wieda neie druckn lossn“, sagte sie zu mir in dem Dialekt, den sie für Deutsch hielt.
„Das mache isch für disch, Comtesse“, ergänzte der Onkel in zerknittertem Deutsch, kaum verständlich, aber eindeutig deutsch, und fuhr auf Französisch fort: „Mit dem Namen und dem Namen deines Schiffes klein gedruckt. Die Rufnummer stimmt noch? Mache ich gern, gehört zum Service!“
„Ihr seid ja bekloppt!“, entfuhr es mir. Dabei musste ich so doll grinsen, denn die Freude war riesig, nicht mehr zu halten und brach sich Bahn.
Wir hatten wieder ein Schiff!
Jule würde bei mir bleiben.
Wir hatten wieder eine schwimmende und fahrende Bleibe, und was für eine.
Die Feinheiten des Bootes, die uns neben all dem Luxus auch noch die Elektronik bescherte, waren lange nicht alle erläutert und ausprobiert. Das war auch einerlei, denn wir hatten wieder eine Perspektive, und eine mehr als goldene.
Mittels meines Tablets überwies ich den vereinbarten Betrag auf das Konto des Onkels, das sowohl der Verkäufer als auch ich als Treuhandkonto anerkannten. Die ganze Zeit musste ich grinsen wie ein Honigkuchenpferd. Der Onkel teilte dem Eigner den Geldeingang mit und der erteilte die Erlaubnis, mir die Schlüssel und Dokumente auszuhändigen, die meinen Eigentumsanspruch belegten. Der Onkel hatte einen Kaufvertrag vorbereitet, er unterschrieb im Auftrag, scannte den Vertrag ein und sandte sie dem Eigner. Der setzte seine Unterschrift unter den Vertrag und schickte ihn umgehend als PDF-File zurück. Dokumentenecht, alles belegt und besiegelt.
„Die Originale liegen in drei Tagen abholbereit hier, OK?“
Wir waren glücklich, Jule und auch ich.
Der Onkel musste seinen Geschäften nachgehen, wir beide waren entlassen. Draußen schnappte Jule mich völlig überraschend und sie und ich tanzten lachend im Kreis und freuten uns wie die Kinder.
Wir aßen noch fürstlich im Clubrestaurant und verzogen uns früh auf die Suite.
Wir standen beide vor den Badezimmerspiegeln, ich bürstete mir die Haare mit den Extensions daran, mit aller Vorsicht und der neuen Bürste, extra für Extensions geeignet, so, wie es Vorschrift war. Über die Extensions musste ich nochmal nachdenken, das nahm ich mir vor. Jule putzte sich die Zähne, betrachtete sich und mich im Spiegel, sie griente mich an mit dem Zahnpastamund. Sie war so aufgeräumt, wie ich sie noch nie erlebt hatte.
„Wir haben ein absolut geiles Schiff und können wieder hin fahren, wohin wir wollen!“, meinte sie, schnappte mich, drückte mich fest und hob mich an.
Ich gab ihr einen gänzlich harmlosen, freundschaftlichen Kuss auf die Stirn. Wir waren uns sehr nah in dem Moment.
„Ja“, bestätigte ich, „wir können da hin, wohin wir wollen. Und, genau so wichtig, wir bleiben zusammen. Wo willst du hin?“
„Kroatien“, sagte sie spontan. „Da ist es so schee! Es gibt da noch so viel zu entdecka, zu tauchen, zu erforschen, zu bestaunen und zu erleben.“
So kannte ich sie nicht, sie ging richtig aus sich heraus. Die Seite an ihr gefiel mir sehr gut.
„Kroatien, ist abgemacht, aber auf dem Weg dahin schauen wir uns alles an, was uns interessiert, OK?“
„Guter Plan!“, meinte sie, vor Glück strahlend und voller Vorfreude.
Ganz selbstverständlich kuschelten wir uns unter der Decke zusammen. Ich hatte mir als Nachthemd ein ganz kurzes Hemdchen zugelegt, es bedeckte die Brust und endete knapp über dem Bachnabel, der Rest blieb der freien Durchlüftung überlassen, Jule schlief genau wie gestern ohne alles.
„Der hat doch gesagt, da sind Taucherausrüstungen an Bord, die müssen wir morgen inspizieren.“
Jule sprach verträumt und sehnsuchtsvoll. Sie drehte sich zu mir und sagte:
„Ich freue mich so irrsinnig, dass ich bei dir bleiben kann und wir wieder so ein geiles Schiff haben werden und hin fahren können wohin wir wollen und machen können was wir wollen und i konn kochn und di vasoagn und du machst mi damit totoi glücklich.“
Ganz spontan umarmte sie mich und küsste mich. Sie schaute ein wenig erschreckt nach, ob ich deswegen verstimmt war oder sie ablehnte. Das fiel mir nicht ein, sondern ich umarmte sie ebenfalls und gab ihr von mir aus einen Kuss.
„Jetzt wird geschlafen!“, verordnete ich und löschte das Licht.
„Magst du Kaninchen? Als Braten moin i?“, fragte sie im Dunkeln.
„Du weißt ja, ich esse nicht so gern Fleisch, aber Geflügel, auch Kaninchen, und Fisch ist mir angenehmer als Rind- oder Schweinefleisch. Davor habe ich einen richtigen Ekel. Man braucht auch kein Fleisch, man kann sich sehr gut von Obst und Gemüse ernähren.“
„Kann man, sogar sehr lecker und sehr gut. Trotzdem, Kaninchenbraten ist eine Delikatesse. Mein Opa hatte eigene Kaninchen. Wenn Oma die zubereitet hat, dann waren die so lecker, dass man nicht genug davon essen konnte. Ich hätte so lange gegessen, bis ich geplatzt wäre, wenn ich gekonnt hätte, aber wir waren fünf Kinder, da war ein Kaninchen rasch verputzt. Das Rezept habe ich noch, achnee, ist ja alles weg. Aber ich weiß es auswendig, ist nicht schwierig, aber kommt auf die Kleinigkeiten an. Also, das geht so, man legt das Kaninchen zwei Tage in einer Marinade ein, die aus Weißwein, Lorbeerblättern und ….“
Weiter weiß ich nichts mehr, da muss ich eingeschlafen sein.
Als ich wach wurde, war es dunkel. Es dauerte nur ein paar Augenblicke bis ich heraus gefunden hatte, was mich geweckt hatte. Ein sehr starker, sexueller Reiz war da, noch im Schlaf musste ich gestöhnt haben. Schlaftrunken und von plötzlicher Geilheit überwältigt wusste ich nicht, was passierte, war mir aber auch egal, denn der Reiz war unglaublich stark. So stark, dass es all meine anderen Sinne dominierte. Obwohl dieser Einfluss so stark war, bekam ich nach und nach mit, dass ich auf dem Rücken im Bett lag und mir Jule die Möse und den Glückspunkt leckte.
Ich wollte das nicht glauben, es war auch nicht in meinem Sinn, aber der Reiz war so intensiv und mein Erregungszustand so weit fortgeschritten, dass ich nicht mehr in der Lage war, inne zu halten oder gar einzuschreiten. Ein heißer Orgasmus brach sich Bahn, er stieg rotglühend vom Unterleib aus auf, brachte den gesamten Körper zum Glühen, stieg bis hinter die Augen auf und raubte mir den Verstand. Ich stöhnte laut und lauter, brüllte endlich den heißen Höhepunkt ungehemmt in die Nacht hinaus.
Jule hielt mir den Mund zu, aber leckte weiterhin meine Möse. Leckte, schleckte, sog, spielte mit meinem Glücksknötchen, führte mir einen Finger ein, führte mir mehrere Finger ein, schob ihre ganze Hand in meine Scheide hinein und fickte mich damit erst zart und lieb, dann fest und unnachgiebig. Ich schrie, kreischte, wand mich, war komplett in grenzenloser Extase. Mein Leib bäumte sich auf, ich verlor den Verstand vollständig, stieg auf ins Lustnirwana.
Schwer atmend kam ich einigermaßen zu mir, ohne mich jedoch sofort frei entscheiden zu können, zu intensiv rauschten die Hormone durch die Blutbahn.
Der Reiz ging weiter, ich entschwand erneut in dem Herzen der Lustsonne. Jule leckte und schleckte und fickte mich ganz sachte mit der Faust in der Scheide. Es gab für mich keinen Ausweg, ich versank im kreischenden Wahnsinn. Es gelang meinem Bewusstsein nur für einen kurzen Moment, klare Gedanken zu formulieren. Jules Bemühungen hinderten mich daran, außer Lust irgendetwas zu empfinden. Dieses stärkste aller Gefühle stieg wieder an, auf das wollte ich nicht verzichten und auf das konnte ich nicht verzichten. Sie reizte und verwöhnte mich in einer Art und Weise, dass ich keinerlei Widerstand aufzubauen in der Lage war. Mich zu widersetzen war aussichtslos, so erwartete ich atemlos den nächsten Orgasmus und den nächsten und den nächsten. Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, geträumt habe ich nichts, jedenfalls nicht dass ich wüsste. Als ich erwachte, war es bereits heller Tag, Jule lag neben mir auf der Seite, war mir ganz nah und schaute mir beim Schlafen und beim Aufwachen zu.
„Guten Morgen“, raunte sie mir ins Gesicht und gab mir ein Begrüßungsküsschen. Irgendwie war das fremd, sie und ich, mit gelebter Lust und im gleichen Bett, gleichzeitig war es jedoch auch so vertraut und so selbstverständlich, wie es nur sein konnte.
„Wie war es für dich heute Nacht?“
Sie fragte extrem vorsichtig, so, als sei sie auf das Schlimmste gefasst. Ich legte meinen Arm um sie und flüsterte zurück:
„Es war wunderschön, wunder-wunderschön. Jetzt lass mich dich verwöhnen.“
Das Vorhaben wollte ich gleich in die Tat umsetzen, sie wehrte ab.
„Was ist los?“ fragte ich. Sex mit einer Freundin zu haben war sehr schön, das wollte ich ihr genau so angedeihen lassen, wie sie es mir besorgt hatte. Nein, sie wollte nicht, das machte sie deutlich.
„Warum nicht?“, fragte ich, nicht nur verwundert, sondern auch enttäuscht.
„Ich habe keinen Sex“, antwortete sie, schüchtern und beschämt.
„Wieso nicht? Sparst du dich für jemanden auf?“
„Nein“, antwortete sie, leise und mit gesenkten Augen. „In meiner Jugend ist etwas passiert, glaube ich, es fühlt sich so an. Wenn ich versuche, mich daran zu erinnern, dann wird alles rot, nur Angst und Schmerz, keine Erinnerung. Aber ich weiß, dass ich keinen Sex haben kann, des gäd ned, des städ fest. Mein Sex ist es, dich zum Orgasmus zu bringen und dabei das zu fühlen, was du fühlst.“
Sie schaute mich von unten herauf an. Etwas eifriger führte sie aus:
„Ja, schau nicht so. Ich kann fühlen, was du fühlst, ich kann empfinden, was du empfindest, ich trinke deine Lust. Das ist einfach wunderbar und für mich vollkommen ausreichend.“
Mir blieb nichts anderes übrig, als sie sprachlos anzuschauen. Sie hockte, nackt wie Gott sie geschaffen hatte, vor mir im Bett und erklärte mir, dass und warum sie keinen Sex haben konnte. Ihr Blick war ängstlich auf meine Reaktion gerichtet. Dem ersten Impuls folgend, wollte ich sie einfach anfassen und sie auch gegen den Willen zum Orgasmus streicheln oder schlecken, was auch immer. Sie wich nicht zurück, jedoch schaute sie mich starr vor Angst und Entsetzen mit weit aufgerissenen Augen an, voller Panik vor dem, was ich im Begriff war zu tun. Sie blieb wie erstarrt, wehrte sich nicht, jedoch kamen ihre Gefühle so intensiv zu mir herüber, dass ich sie beinahe körperlich empfand. Es fühlte sich an, wie extrem intensiv empfundene Not, Schmerzen nicht unähnlich.
Selbstverständlich ließ ich von meinem Vorhaben ab, stattdessen nahm ich sie in den Arm und drückte sie. Sie beruhigte sich, wurde sehr zart und weich und nachgiebig. Sie seufzte laut.
„Das ist einfach so“, sprach sie, sie nahm Abstand und schaute mich mit so viel Liebe im Blick an, dass mir ganz anders wurde.
„Siehst du, du kannst auch fühlen, was ich fühle“, sagte sie. Sie verwendete sehr sauberes Hochdeutsch, natürlich immer noch mit dem süßen, gerollten ‚R‘. Durch die verwendete Sorgfalt bei der Sprache kam sie viel, viel ernster herüber, als ich sie kannte. Sie wurde sachlich und erklärte:
„Ich trinke von deiner Lust, ich habe selbst einen Orgasmus, wenn du einen hast, hier oben im Kopf.“
Sie tippte sich dabei an die Stirn. So etwas war mir ganz fremd, damit kannte ich mich nicht aus. Meinen Orgasmus erlebte sie so intensiv mit, dass sie selbst einen bekam? Konnte ich mir nicht vorstellen.
„Doch!“, beantwortete sie meine unausgesprochene Frage. „'s is so, kannst glam. “
Außer sie verständnislos anzublicken, wusste ich nicht, was zu tun war.
„Noch etwas“, hob sie an. Sie senkte den Blick und wusste nicht weiter. Um sie aufzurichten sagte ich unbedacht:
„Na sag schon, ich bins doch nur.“ In meiner Verwirrtheit laberte ich einfach unüberlegt drauflos.
„Nicht ‚nur‘“, berichtigte sie mich vehement, es brach förmlich aus ihr heraus. „Du bist eine echte Comtesse.“
Der Blick, den sie mir dabei zuwarf, war so voller Feuer, sie wirkte so überzeugt, mir wurde es etwas unheimlich. Sie ereiferte sich noch weiter:
„Du bist meine Comtesse, mein Gräfin, ich deine Untertanin, du kannst von mir haben was du willst, ich bin dein.“
„Ist doch Quatsch!“, entfuhr es mir. So etwas kann man doch nicht ernst nehmen!
„Nein“, widersprach sie leise und sehr, sehr schüchtern. Sie öffnete ihre Seele vor mir, sie gab sich vollkommen wehrlos in meine Hände, so empfand ich es. „Es ist Ernst und kein Quatsch. Es ist das, um was ich dich bitte und was ich am meisten brauche.“
Sie bettelte geradezu. Es wurde klar, dass sie mich gänzlich anders wahrnahm, als ich mich selbst sah. Ihr Eifer war mir nicht erklärlich.
„Vom ersten Tag an gibst du und verlangst nichts dafür. Du nimmst nichts, du gibst nur. Du gibst mir deine Achtung, du schenkst mir so viel Aufmerksamkeit und Respekt, wie ich ihn im ganzen Leben noch nicht erhalten habe. Es ist keine zwei Tage her, da hast du mein Leben gerettet und dafür deines riskiert. So viel Fürsorge ist mir noch nie zuteil geworden.“
Sie legte eine Pause ein und betrachtete mich weiterhin mit so viel Liebe und Sympathie, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Ich fand nicht, dass ich das verdient hätte. Für mich war all das, was sie so besonders fand, ganz selbstverständlich. Das wollte ich ihr sagen, sie aber fuhr ganz leise fort:
„Ich will dein sein.“
Sie schaute, wie ich darauf reagierte, dabei konnte ich sie nur sprachlos anschauen. Sie wollte ‚mein sein‘? Ein Mensch will einem anderen gehören? Für mich war das nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel, zumindest konnte ich mir das so für mich nicht vorstellen. Sie sah, dass ich ablehnen wollte. Die Ablehnung galt natürlich nicht ihr, sondern dem Ansinnen, das dahinter steckte, so sah ich es jedenfalls. Sie erklärte, innerlich bereits auf dem Rückzug:
„Es ist für dich keine Verpflichtung. Wenn du mich nicht haben willst, dann gehe ich, wenn du meiner überdrüssig bist, dann verstoße mich. Aber das ändert nichts daran, dass ich dein bin.“
„Gott Mädchen, was erzählst du denn da?“, fragte ich entgeistert. Das, was sie gesagt hatte, entrüstete mich. Für mich war die eigene Freiheit wichtig und sie war bereit, ihre völlig ohne Not vollständig abzugeben. Jedenfalls verstand ich ihre Ausführung so.
Sie sah mich traurig an und stand auf. Sie fühlte sich abgelehnt und wollte gehen, dabei lehnte ich nicht sie ab, sondern nur die alberne Vorstellung, dass sie mir gehörte.
„Jule“, ich hielt sie an der Hand fest und zog sie zurück zu mir aufs Bett. „Jule, kein Mensch gehört einem anderen, es hat niemand das Recht, über einen anderen Menschen zu verfügen.“
Sie hockte sich neben mich, ein Bein noch außerhalb des Bettes.
„Es sei denn“, ergänzte sie meine Ausführung mit weiterhin großem Eifer. „Es sei denn, man bekommt die ausdrückliche Genehmigung dazu. Wenn du mir einen Gefallen tun möchtest, dann nimmst du das Geschenk an. Du machst mich damit zum glücklichen Menschen. Comtesse Lona.“
Sie führte meine Hand an die Stirn und verbeugte sich. Ich dachte noch: ‚Ich glaub es hackt!‘, aber offensichtlich meinte sie es ernst. Der Gedanke, praktisch eine Sklavin zu haben, bereitete mir starkes Unbehagen, darüber wollte ich nicht weiter nachdenken und auch nicht weiter darüber reden, das musste erst einmal verarbeitet werden.
„Ich mache Frühstück, OK?“, fragte sie um Erlaubnis.
„Gute Idee“, gab ich meine Einwilligung. Gab ich meine Einwilligung? War ich tatsächlich bereit, so zu denken und zu handeln? So langsam aber sicher wurde das alles zu viel für mich.
Wir frühstückten schweigend, es gab Müsli und Kakao, das hatten wir uns als Eigenverpflegung ins Apartment mitgebracht.
„War es so richtig?“, fragte sie und stellte die Müslischalen zusammen. Sollte das jetzt meine Rolle sein? Würde sie mich jetzt immerzu und zu allem um Erlaubnis bitten? Der Sex mit ihr war bombastisch, das was sie in der Nacht mit mir gemacht hatte, war grandios. Aber das würde für mich nicht alles sein, ich wollte mich nicht auf sie festlegen, wenn das ihr Ansinnen war, dann musste ich das ablehnen. Mein fester Wille war, dass ich weiterhin nach meinem Traummann suchen wollte, und wenn ich ihm begegnete, würde ich nicht lange mit einer Entscheidung zaudern.
Wie verrückt das war, wie wir beide zusammen tickten, beziehungsweise, wie sie in meinen Gedanken las oder wie sie meine Gefühle mitempfand, wurde mir bewusst, als sie sagte:
„Wenn du einen Mann findest, mit dem du schlafen willst, gerne. Lass mich zusehen und an deinem Orgasmus teilhaben, von deiner Lust trinken. Verstehe mich bitte richtig, ich will und brauche keine Treue, ich brauche eine Möglichkeit, an deiner Seite zu sein, mit dir zu sein und für dich zu sorgen.“
Wiederum konnte ich sie nur sprachlos anschauen. Zu meinem Glück meldete sich das Handy in dem Moment und unterbrach damit das seltsame Gespräch, Gerômes Onkel war dran.
„Bon, Cherie“, meinte er gut gelaunt. „Dein Schiff ist fertig, du kannst es abholen. Neuerdings kann man die Umschreibungen online abwickeln, ist gerade passiert, ich warte noch auf die Bestätigung. Man braucht dazu die Einwilligung des ursprünglichen Eigners und den Kaufvertrag. Beides lag vor, also, kannst kommen, dir dein Schiff holen und das Mittelmeer unsicher machen.“
Das war irre, das war wirklich irre. Ich sprang sofort auf und wusste nicht, was ich als erstes tun sollte. Vor lauter Glück und Freude umarmte ich Jule.
„Komm!“, forderte ich sie auf, schnappte meine Tasche und angelte nach den Schuhen. „Unser Schiff ist fertig, wir können es abholen.“
Sie strahlte gleich, ruckzuck waren wir ausgehfertig, sprangen ins Auto und flitzten los. Meine Vorfreude war riesig, ohne Zweifel war das jetzt einer der glücklichen Momente im Leben. Ich ernannte diesen Tag zu dem glücklichsten meines Lebens, zumindest für heute. Wohl wissend, dass sich die Ansichten mit der zeitlichen Entfernung zu dem auserwählten Ereignis änderten.
Wenn man sich das Schiff vom Pier aus anschaute, dann war das schon ein Riesenkasten. Ohne den rosa Streifen und die Kussmünder sah es sehr viel seriöser aus und wirkte auch größer.
„Guck mal, Comtesse, sogar in Goldschrift!“
Jule stand am Bug und schaute sich den Schiffsnamen an. Tatsächlich, am Bug an beiden Seiten stand in schöner Schrift ‚Comtesse Lona‘, ein komisches Gefühl, den Namen so schön und in Gold geschrieben zu sehen.
Am Heck prangte der Name groß und breit sogar in erhabenen, goldenen Buchstaben.
Gerômes Onkel kam freudestrahlend aus seinem Kabuff gestürzt.
„Gefällts dir?“
Ich deutete auf das Heck.
„Die Buchstaben sehen nach echtem Gold aus, ist es aber nicht oder?“
„Sie sind aus Messing und echt vergoldet. Das Gold wird mit der Zeit verschwinden, aber das bist du mir wert, Comtesse!“
„Ach, jetzt hört schon auf ihr zwei“, Jule kam herbeigeschlendert. „Ich bin keine Comtesse, also, mach mal halblang.“ Die Redewendung gibt es auf französisch auch, heißt: tu pousses un peu. Ich lerne immer noch und jeden Tag dazu.
„Doch, bist du wohl!“, widersprach Jule. Sie sprach immer mehr französisch, fand ich cool. Gerômes Onkel meinte:
„Allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.“
Er reichte mir eine Champagnerflasche, die komisch aussah und sich fremd anfühlte.
„Eine Schiffstaufe muss immer mit Champagner stattfinden. Allerdings ist es nicht geraten, eine stabile Glasflasche gegen einen GFK-Rumpf zu schmettern. Die Flasche ist aus Zucker, wie eine Film-Attrappe, mit der sie sich gegenseitig auf den Kopf hauen, drin ist Sprudelwasser, damit es auch ordentlich spritzt.“
„Toni!“, brüllte er rückwärts in Richtung der Werkstatt.
„Antoine bindet sie eben oben an, dann kannst du sie taufen.“ Ich kramte in meiner Umhängetasche.
„Ich habe einen Clubwimpel hier, der müsste in den Top, und eine monegassische Flagge, die müsste hinten angebracht werden.“
Toni kam an, ein Junge von vielleicht achtzehn-neunzehn Jahren, der mir gleich bekannt vorkam.
„Ist Gerômes Bruder, sieht man oder? Ist der geborene Schiffsbauer und Handwerker.“
Die Ähnlichkeit war eindeutig. Er kletterte aufs Schiff, hängte die Champagnerflasche mit einer Kordel an die Reling.
„Jetzt zerdeppere sie und wünsche allzeit gute Fahrt und glückliche Heimkehr. Ist so Brauch!“
Toni erkletterte die Flybridge mit einer Leiter, deren Füße er vorher in kleine Kunststoffschuhe einpackte, wohl, damit es keine Flecken und Druckstellen auf den Decksplanken gab. Der Onkel sah meinen Blick und erklärte:
„Wenn du mit unserer Kundschaft umgehst, musst du auf so etwas achten. Er hat vorher die Schuhe mit Einmal-Schuhen überzogen, hast du gesehen oder?“
Welche Sorgfalt er auf die Sauberkeit seiner Kundenboote legte, hatte ich ja bei meiner Cupidon schon erleben können, nur war das für mich als Selbstverständlichkeit hingenommen worden. Wie viel Mühe und Überlegung dafür nötig war, wurde mir jetzt bewusst.
Ich sah Toni zu, wie er auf das Dach der Flybridge kletterte und den Wimpel anbrachte. Wenn die Ähnlichkeit mit seinem Bruder nicht nur äußerlich war, sondern er, unter Umständen, vielleicht, einen ebenso großen Pimmel hatte wie mein Gerôme, die treulose Tomate, dann … Ich konnte nichts daran ändern, dass ich an die diversen, wunderschönen und leidenschaftlichen Nümmerchen dachte, die ich erleben durfte, mit Gerôme, der lâcheur, und seinem großen Pimmel.
Jule kam von hinten herangeschlichen, nahm meinen Arm und raunte mir ins Ohr:
„Sollen wir ihn verführen?“
Sie war schon wieder in meinen Gedanken! Ich sah sie erstaunt an, sie zwinkerte mir zu.
„Würde ich gern erleben“, flüsterte sie. Sie wirkte lüstern, schmiegte sich mit der Brust an meinen Arm. So deutlich hatte sie mich noch nie berührt.
„Du bist meine Comtesse“, raunte sie. „Ich liebe dich!“
Alter! Mit solchen Gefühlsäußerungen konnte ich nicht wirklich gut umgehen.
Der Wimpel war am Top angebracht, der Onkel wartete ab, was wir Mädchen uns zuzuflüstern hatten und erklärte dann:
„Oben über der Flybridge ist einmal das obere Radar, das untere, das Kollisionsradar vorne auf dem Dach des Hauptdecks, in den beiden Kuppeln dein Satelliten-Kommunikationssystem. Damit hast du mindestens im gesamten Mittelmeerraum und ganz Europa tadellosen Empfang. Sowohl Seefunk, Internet, Telefon und TV laufen über diese Antennen. Du hast auf dem Boot und im Umkreis ausgezeichnetes W-Lan, mindestens 4G Standard. Mit Radar und Echolot kennst du dich aus, wenn irgendetwas ist, meine Telefonnummer hast du ja.“
„Achso“, fügte er an. „Damit es seiner Alten wirklich nicht schlecht wird, wenn es mal ein paar Wellen gibt, hat er drei Paar Stabilisatoren einbauen lassen. Drei Paar!“
Er zeigte mit den Fingern: Drei, und tippte sich dabei an die Stirn.
Alle warteten darauf, dass ich die Flasche zerdepperte. So sagte ich laut und feierlich:
„Ich taufe dich auf den Namen Comtesse Lona. Allzeit gute Fahrt und stets glückliche Heimkehr!“
Zeitgleich mit dem Zerdeppern der Flasche und dem damit verbundenen dumpfen Klatschen, knallte der Onkel mit einem Champagnerkorken. Er goss drei Gläser voll.
„Comtesse, allzeit glückliche Heimkehr!“ Ob er jetzt mich meinte oder das Schiff, ließ er offen. Ich wollte schauen, ob er sich über mich lustig machte, guckte ihn dabei wohl böse an.
„Ist alles gut Lona, du hast alles richtig gemacht“, beruhigte er mich. „Das Schiff ist große Klasse und wird nur noch von der Klasse der Eigentümerin getopt. Außerdem hast du es so billig geschossen, das darf man gar nicht weiter erzählen. Auf dich, Lona!“
Wir stießen an. Ich war nur halb beruhigt, aber mein neues Schiff wartete auf mich, was spielte dagegen alles andere für eine Rolle?
Da ich vergessen hatte, meine Sneakers mitzunehmen, betrat ich mein neues Schiff barfuß, die Schuhe in der Hand. Wir klappten den Niedergang hoch. Von dem war an diesem Schiff auf jeder Seite einer in die Reling integriert, hinzu gab es vorn und achtern je eine elektrisch ausfahrbare Gangway, der pure Luxus. Jule nahm die Leinen vom Onkel entgegen, er blieb am Pier stehen und winkte uns zu, als sich das Boot langsam löste und in Schleichfahrt den Hafen verließ.
„Kerl ist das geil!“, sagte Jule glücklich. Sie stand hinter mir auf der Flybridge, umarmte mich, drückte mich fest und gab mir einen Kuss auf den Scheitel. Wir waren beide glücklich. Die Fahrt zum Port Hercule war für meinen Geschmack viel zu kurz. Als wir langsam durchs Hafenbecken zu unserem Liegeplatz schlichen, fragte ich sie:
„Fahren wir los?“
„Jo mei!“, antwortete sie. „Wos sonst?“
Beim rückwärts anlanden an meinen Platz war ich sehr vorsichtig, alle Fender waren draußen, es ging in Schleichfahrt Millimeter für Millimeter hinein in die Lücke. Die schien mir sehr viel schmaler zu sein, als ich sie in Erinnerung hatte, die zwei Meter mehr Schiffsbreite machten sich mehr als deutlich bemerkbar. So vorsichtig, wie ich dort hinein manövrierte, konnte nichts schief gehen, ich verfolgte die Annäherung an den Bootssteg auf dem Bildschirm, der die Aufnahmen der schwenkbaren Heckkamera zeigte. Jule fuhr die Gangway aus, um die Leinen festzumachen, da kam der Hafenmeister angerannt. Voller Empörung rief er noch im Rennen:
„Heh, was geht denn hier ab. Der Platz ist belegt!“
Erst musste das Schiff versorgt werden. Ich schaltete die Maschinen aus, fuhr die Cockpit-Elektronik herunter, und erst, als alles in Ordnung war, ging ich aufs Achterdeck.
„Also, hören Sie mal, so geht das ja nicht … Lona? Bist du das? Ist das dein Schiff?“
Er schaute sich den Kahn an, die Länge, die Breite, die Machart. Der Zustand fiel ihm auf, dem Mann mit dem geübten Blick für Boote.
„Hast du dir ein neues Schiff gekauft? Das sieht funkelnagelneu aus. Du gönnst dir aber was! Seit wann kannst du so ein Schiff fahren? Putain de merde ist das ein geiler Dampfer!“
„Hi, Eric, ja, ist meine, willst du sie dir anschauen? Komm rauf auf einen Drink.“
„Chapeau, Lona, da kann man ja neidisch werden. Von einem bereits betagten Schiff auf dieses neue, Chapeau!“
Er kam an Bord, Jule bereitete uns einen Martini, das Wunschgetränk des Hafenmeisters, und setzte sich zu uns. Wie immer hörte sie nur zu.
Eric wies auf den Teppich, der war noch mit der originalen Fabrikfolie ausgelegt. Die sah zwar nicht besonders schön aus, schien aber Jule und mir ideal zu sein, bis wir richtig auf See waren. Jetzt mit der Folie durfte man das Schiff sogar mit Straßenschuhen betreten, das war bei der noch notwendigen Ausrüstung mit der Grundausstattung durch uns praktischer, als sich jedes mal die Schuhe auszuziehen.
„Ganz neu, das Schiff! Super, felicitation!“
Ich erzählte ihm, das mit den zehn Betriebsstunden und dass die Frau es abgelehnt hatte, mit dem Schiff zu fahren und der Mann froh war, es an mich verkaufen zu können. Ich nannte den Kaufpreis nicht, nur, dass ich es wohl günstig bekommen hätte. Verschämt fragte er mich nach meinem Bootsführerschein. Offensichtlich ging er nicht davon aus, dass ich einen hätte, er dachte wohl, Gerôme tauche gleich hier auf und hätte mich nur einparken lassen. Als ich ihm sehr stolz den internationalen Nachweis für die private Hochseeschifffahrt präsentierte, staunte er nochmals.
„Wie du dich entwickelst, Lona, das ist wirklich bemerkenswert. Du bist doch eine wirkliche Comtesse, gib es zu!“
„Achwas, übertreibs nicht!“ Natürlich war ich geschmeichelt, logisch. Er trug das neue Schiff in die Hafenunterlagen ein, wünschte mir allzeit gute Fahrt, stets eine Handbreit Wasser unterm Kiel und verschwand. Jule und ich packten geschwind unsere Sachen im Clubhaus, ich gab die Schlüssel für das Apartment ab und bedankte mich artig.
Nun waren wir endlich komplett mit all unserer Habe auf unserem neuen Schiff. Wunderbar!
„Wunderbar!“, sagte Jule, als wir auf dem Vordeck saßen, den Hafen im Blick, ein Gläschen Prosecco in der Hand und die ganze Welt konnte uns mal.
„Was meinst du, Jule, würdest du mich auch mit kurzen Haaren mögen?“ Ich wollte einfach nur ihre Meinung hören, ob mich kurze Haare kleideten oder ich sie lang lassen sollte. Bei unseren Wassersportaktivitäten waren die langen Haare eher hinderlich. Den Extensions bekam auch das ständige Salzwasser nicht besonders gut. Mein Wunsch war es, ganz ohne Extensions mit meinen Pieselhaaren zufrieden zu sein, die ja so dünn waren, dass ich sie bis maximal zur Schulter lang wachsen lassen konnte.
Sie schaute mich kritisch an und stellte sich vor, wie ich mit kurzen Haaren aussehen würde.
„Aber dann ganz kurz, so, dass nichts hängt. Und vorne müsstest du dir einen Wirbel einföhnen. Oder sitzt da ein natürlicher?“
In mir machte sich das Gefühl breit, dass sie wieder in meinen Gedanken gelesen hatte und mir jetzt nach dem Mund redete.
Sie griente schief, als sie erneut mitbekam, was ich dachte.
„Ich würde es begrüßen. Mit den Extensions und den Locken darin siehst du immer ein wenig aufgebrezelt aus. Eine Kurzhaarfrisur würde besser zu deinem Typ passen.“
Sie begleitete mich zum Friseur, ich ließ mir den Kopf nach ihren Wünschen zurecht stutzen. Es war ein fremdes Gefühl, mit den kurzen Haaren, kühl am Kopf und ganz leicht. Mir fiel nichts mehr in die Augen, der Wind konnte aus einer Richtung kommen wie er wollte, ohne dass es mir die Haare irgendwohin wehte. Praktischer waren kurze Haare auf jeden Fall, aber waren sie auch kleidsam?
Immer noch unsicher ging ich mit Jule in den Club, um etwas zu essen. Außerdem wollte ich mich von den Vertrauten darin begutachten lassen. Der Kellner Jacques bemerkte es als erster.
„Comtesse! Wundervoll, diese Frisur steht Ihnen wundervoll! Passt genau zu ihrem sportlichen Typ. Perfekt, einfach perfekt.“ Er kriegte sich kaum ein vor Begeisterung. Mir erschien sie nicht geheuchelt, diese Euphorie, kam ganz natürlich.
Nun, ab da war ich beruhigt. Wir speisten und verabschiedeten uns gleich nach dem Essen. Zum ersten Mal schliefen wir an Bord. Wie selbstverständlich legten wir uns zusammen in die Masterkabine in das große Bett mit dieser übertrieben voluminösen Boxspringmatratze. Trotzdem schliefen wir tief und fest, bis wir morgens um sieben Uhr beinahe gleichzeitig aufwachten. An Sex hatten wir beide nicht gedacht, auch als wir aufgewacht waren nicht. Jule lief, um einen Vorrat an Croissants und Baguettes zu holen. Wir wollten sie einfrieren, um vom Land so weit wie möglich unabhängig zu sein und trotzdem dieses leckere Backwerk genießen zu können.
Weit vor acht Uhr waren wir fertig mit dem Frühstück, wir beide konnten es kaum erwarten, endlich loszufahren und waren extrem zappelig, um endlich, endlich von hier weg zu kommen und die weite Welt zu erkunden.
Jule hängte ein Klemmbrett mit einem leeren Blatt Papier an die Kühlschranktür.
„Einkaufszettel!“, erklärte sie. Es gab eine ganze Reihe von Utensilien, die wir für das Alltagsgeschäft noch benötigten. Geschirr und Töpfe waren reichlich vorhanden, alle mit dem Logo CL versehen. Wir überlegten, ob wir das Goldbesteck nicht für besondere Anlässe zurückhalten und uns für den Alltag ein einfacheres Besteck zulegen sollten. Nach einiger Zeit kamen wir darauf, dass für uns jeder Tag an Bord ein besonderer Anlass war und benutzten es immer.
Endlich war es so weit, wir brachen auf. Wie verrückt juckte es uns in den Fingern, die Enge des Hafens zu verlassen, um uns frei auf offener See dorthin zu bewegen, wohin uns die Neugier und das Fernweh trieben.
Das war die Freiheit, die wir meinten! Wir strahlten uns an, es ging los! Endlich!
Nachdem wir die offene See erreicht hatten, legte ich eine Abdeckung auf den Kartenplotter. Mithilfe der GPS-Daten ermittelte der die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit. Es war mir wichtig, die für uns ideale Cruisegeschwindigkeit heraus zu finden, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Bei der Cupidon waren es etwas über zwölf Knoten, mal sehen, bei welcher Geschwindigkeit wir uns bei diesem großen Boot am wohlsten fühlten. Ohne die genaue Geschwindigkeit zu kennen, beschleunigte ich von beinahe Null langsam immer weiter, bis mir die Bewegungen des Bootes unangenehm, weil zu hart wurden und nahm dann so lange Geschwindigkeit heraus, bis mir die Fahrt und die Bewegungen wunderbar geschmeidig vorkamen. Bei dieser Idealgeschwindigkeit schaltete ich den Autopiloten ein und schaute erst dann, wie schnell wir fuhren. Vierzehn Knoten, das war die angenehmste Geschwindigkeit. Ich gab den Kurs nach Calvi ein.
„Wieso Calvi?“, fragte Jule, die mich die ganze Zeit beobachtete und mitempfand, was ich fühlte.
„Ich will dir die Zitadelle zeigen, die wird dich begeistern.“
Das Boot hielt seinen Kurs, wir waren unterwegs.
„Goil!“, sagte Jule mit breitem Grinsen.
„Lass uns die Tauchutensilien begutachten“, schlug ich vor. Die Taucheranzüge, zwei große schwarze und zwei kleinere, rote, hingen an der Wand der Tender-Garage. Die kleinere rote passte Jule, ich ertrank darin, da mussten wir in Calvi auf jeden Fall nachrüsten. Ich trauerte kurz dem sexy-Tauchanzug nach, der mit meiner Cupidon auf dem Meeresgrund lag.
„Du wirst schon wieder etwas Passendes finden“, meinte Jule. Sie nahm wieder Teil an meinen Gedanken. Es war wirklich unheimlich, aber auch irgendwie total vertraut und sehr angenehm. Vor ihr brauchte ich nichts zu verheimlichen, sie wusste sowieso alles, mit ihr konnte ich alles teilen. Sie war der einzige Mensch auf der Welt, der alles wissen durfte.
Irre, war das, echt irre, als wenn man eine Zwillingsschwester hätte.
Als ich die Zitadelle von Calvi dann nach sechseinhalb Stunden in der Ferne auftauchen sah, fand ich sie noch beeindruckender als beim ersten Mal mit Gerôme als Käpten und ich als Angsthase und Schietbüx. Jule und ich standen auf der Flybridge, als wir uns der Insel näherten, sie hinter mir, mit den Armen um mich herum. Sie sah, was ich sah, sie empfand was ich empfand. Ihre Körperwärme strahlte auf mich ab, ihre Nähe war unmittelbar, ohne mich einzuengen. Es war ein seltsames Zusammenspiel zweier Menschen, ganz, ganz seltsam. Extrem vertraut, trotzdem zwei unterschiedliche Persönlichkeiten. Sie strahlte ihre Angst an mich ab, die überlagert wurde von dem grenzenlosen Vertrauen, das sie mir bedingungslos entgegen brachte. Es erfüllte mich mit Stolz, dass mir jemand so viel Vertrauen entgegenbrachte, dass sie mir bedenkenlos ihr Leben anvertraute.
Ich schaute sie über die Schulter an. Beim Blick in die dunkelblauen Augen wurde mir klar, dass ich noch nie einem Menschen so nah gewesen bin, wie ihr. Wenn ich es richtig interpretierte, dann empfand sie das gleiche wie ich, auch sie hatte sich noch nie einem Menschen so weit geöffnet, wie sie das als selbstverständlich bei mir sah. Das war echt irre, nie im Leben hätte ich gedacht, dass man mit einem Menschen so vertraut sein könnte. Wenn ich es richtig empfand, dann würde Jule eher sterben, als dass mir irgendwoher Schaden angetan würde. Wenn das nicht irre ist, dann weiß ich es nicht.
Sie dachte wohl, dass ich genau so gedacht hätte, als ich sie aus dem sinkenden Schiff rettete. Das war es aber nicht, ich habe einfach nicht daran gedacht, dass es für mich gefährlich sein könnte.
Als wir die Môle von Calvi, unterhalb der Zitadelle, rundeten, mussten wir beide immer wieder hinauf schauen, um das Bauwerk zu bewundern.
„Geil!“, meinte Jule immer wieder. „Echt geil.“
So ein wenig hatte sie die Ruhrgebietssprache von mir übernommen. Man muss sich das mal vorstellen, es nimmt jemand mich und meine Sprechweise zum Vorbild!
Dann lag die Stadt vor uns mit den kleinen Häusern und den roten Dächern. Angeschmiegt an die Hügel der Landschaft wartete sie darauf, von uns erkundet zu werden. Mit dem Hafenmeister ging alles glatt, er wies uns gleich einen Liegeplatz zu, nachdem er uns über die Spezifikation des Bootes ausgefragt hatte.
Mit dem Liegeplatz waren wir ganz nah an allem was wir brauchten, ein Supermarkt war gleich um die Ecke, Restaurants en masse direkt hier am Quai Adolphe Landry, fünfzig Meter vom Schiff entfernt.
Wir speisten in einem der Restaurants, in dem, das ich beim letzten Mal kennen gelernt hatte. Die schwarzhaarige Kellnerin mit dem freizügigen Dekolletee war auch heute da und unterhielt die Gäste mit ihren schlagfertigen Antworten, den frechen Bemerkungen und der herzlichen Lache.
Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, musste ich erst einmal mit Jule einkaufen. Es war für sie das Wichtigste, ausreichend Vorräte zu bunkern. Unser Einkaufswagen war bereits überfüllt, die Vorräte würden gewiss ausreichen, um eine zehnköpfige Crew während einer Non-Stop-Erdumrundung ausreichend zu versorgen, so groß kam mir die Menge an Lebensmitteln vor. Genau in dem Moment, als ich überlegte, wie wir den Berg Ware zum Boot schaffen könnten, gab mein Handy einen Ton ab, den ich erst einmal gar nicht zuordnen konnte. Er war mir sehr vertraut, mein Herz tobte gleich los und klopfte bis in den Hals hinein. Im ersten Augenblick realisierte ich nicht, zu wem er gehörte. Als es mir dann einfiel, überschwemmte mich eine heiße Welle, von Kopf bis Fuß glühte ich auf einen Schlag.
„Seppi!“, meldete ich mich atemlos. Wir hielten unregelmäßigen Kontakt, unser letztes Gespräch fand vor knapp zwei Wochen statt, als wir uns auf dem Weg von Mallorca nach Barcelona befanden.
Er freute sich, dass er mich immer wieder sprachlos machte. Aber er schien ebenfalls Sehnsucht nach mir zu haben, denn er fragte, ob es mir gut geht und es mir an nichts fehle.
„Doch“, sagte ich, unverblümt und ohne nachzudenken. „Du fehlst mir.“
„Du fehlst mir auch, Süße, ich denke jeden Tag an dich. Ab morgen habe ich Semesterferien, soll ich dich besuchen kommen?“
„Mu-mu-musst du denn nicht zu deinem Onkel?“, ich stotterte vor Aufregung. Jule hielt in jeder Hand zwei Pakete Nudeln und schaute mit offenem Mund zu, wie ich auf das Telefonat reagierte. Sie las mir die Gedanken vom Gesicht ab und fühlte meine Gefühle.
„Der hat selbst zwei Söhne, die sind jetzt alt genug, um ihm während der Sommerferien in der Marina zu helfen. Was nach den Sommerferien der beiden passiert, weiß ich noch nicht, aber bis dahin habe ich Zeit. Wo bist du denn gerade? Schon wieder in Monaco?“
„N-n-nein, ich bin auf Korsika, in Calvi.“
„Echt, schon wieder unterwegs? Was meinst du, soll ich dich besuchen kommen?“
„Ja, ja, natürlich, ja-ja gerne.“ Ich war immer noch nicht in der Lage, vernünftig zu sprechen. Es war mir peinlich, vor Jule und Seppi so rum zu stottern, aber eigentlich war es mir egal. Er würde herkommen! Mein Seppi! Dieser wunderbare Mann!
Er machte eine Pause, es war deutlich zu hören, dass er an einem Computer arbeitete. Nach ein paar Sekunden vermeldete er triumphierend:
„Calvi hat einen Flugplatz, von Düsseldorf aus geht ein Direktflug dahin, ich wäre morgen früh um halbneun da. Passt dir das?“
„Oh-oh-ohja!“, stammelte ich. „Du-du-du kommst echt her? Mo-mo-morgen früh schon?“
„Oh, ist dir das zu früh? Soll ich später kommen?“
„Später kommen?“, wiederholte ich wie ein Schwachkopf.
Dann aber riss ich mich zusammen und gab ihm Hilfestellung, was nach halbneun zu tun war, ich sah es klar vor mir:
„Nein, auf keinen Fall später, morgen früh ist ideal.“
Ich überlegte, wie er am besten herkommen und mich am leichtesten finden könnte, er kannte ja mein neues Schiff nicht und wusste auch noch nichts von unserem Schiffbruch. Ob er von Jules Existenz wusste und ich ihm von ihr erzählt hatte, war ich mir nicht sicher.
„Also“, erklärte ich ihm den Weg. „Du nimmst dir am besten ein Taxi am Flughafen, wir liegen direkt in der Stadtmitte am Quai Adolphe Landry. Wir treffen uns dort. Es gibt jede Menge Restaurants mit Außengastronomie und Schirmen vor der Tür. Aber es gibt nur ein Restaurant mit weißen Schirmen, da treffen wir uns, OK?“
„Ganz Kapitänin Lona! Jawoll, Käptn!“, er lachte und ich lachte. Wir verabschiedeten uns schweren Herzens. Jule schaute mich an, wie ich da stand, wie blöd in das Handy schaute und auf das nachklingende Gefühl lauschte, das mich regelrecht beseelte. Wunderbar, mein Seppi würde uns besuchen kommen. Mein Traummann, mein Ein und Alles.
Glücklich strahlend sah ich Jule zu. Die legte die Nudelpakete, die sie immer noch in der Hand hielt, auf den Haufen Einkaufsware in unserem Wagen und umarmte mich.
„Er kommt morgen, wir bekommen einen richtigen Käpten!“, erklärte ich ihr, vor Freude war ich ganz jeck.
„Du bist ein richtiger Kapitän“, widersprach sie. „Oan bessern werd ma ned findn!“
Man lieh uns im Geschäft einen Handkarren, mit dem wir den Einkauf zum Schiff brachten. Jule hatte sich genau überlegt, wo sie was unterbringen wollte, daher passte alles wunderbar, die Vorratsschränke füllten sich.
„Des warn de Troggenwaren, 'etz braan mia no Feuchts“, erklärte mir Jule mit einem Zwinkern. „Es kommt ein Mann daher, für den muss noch Fleisch an Bord. Zusätzlich brauchen wir ein wenig Obst und Gemies, als Schmankerl nehme ich zwei tiefgefrorene Kaninchen mit, die werden uns schmecka.“
Als wir all das zum Schiff gebracht und verstaut hatten, war es bereits Mittag. Wir ließen uns in unserem Restaurant verwöhnen. Für die Speiseauswahl ließen wir uns von der Kellnerin beraten, die uns half, ein wirklich exzellentes Menü zusammen zu stellen. Wir zelebrierten regelrecht die französische Esskultur und schnabulierten wie die Königinnen. Wunderbar gesättigt und die Gaumenbedürfnisse befriedigt, machten wir uns auf, um die Zitadelle zu besichtigen.
Vielleicht hätten wir nach dem Essen noch warten sollen, bis wir den Aufstieg angingen, denn es war echt sauschwer, mit vollem Magen durch die steilen Gassen hinauf zu klettern. Das Pflaster sah aus, als würde es aus großen Kieselsteinen bestehen, ganz runde Köpfe und sehr unbequem zu begehen. In Schuhen mit Absätzen wäre eine Frau dort rettungslos verloren.
Die verwinkelten, schmalen Gassen waren auf jeden Fall sehenswert. Man sah der Zitadelle die sechshundert Jahre an, die sie bereits auf dem Felsen stand und den Hafen bewachte. Die Häuser dicht an dicht, schmal und hoch, die Gassen eng und verwinkelt, mit einem Auto großteils unbefahrbar.
Die Aussicht von der Festung aus hinunter auf die See, den Hafen und die Stadt war grandios. Mit den fest eingebauten Ferngläsern, die dort zur Benutzung für jedermann angebracht waren, konnte man für fünfzig Cent unser Boot sehr gut sehen, beinahe als Draufsicht.
„Schau mal“, raunte mir Jule verschwörerisch zu und kuschelte sich an. „Von hier kann man deutlich das Vordeck sehen. Wenn wir gleich darauf Sex machen, dann kann man von hier aus deinen Orgasmus beobachten. Na? Was meinst du?“
„Na, Jule!“, empörte ich mich, ich wusste echt nicht was ich sagen sollte. Woher wusste sie das? Erzählt hatte ich ihr das nicht oder doch? Oder hatte sie wirklich meine Gedanken gelesen? Geht das überhaupt? Im Moment fiel mir nichts anderes ein, als sie staunend anzublicken.
Statt einer Antwort legte sie einen Arm um meine Schultern, gab mir einen mütterlich wirkenden Kuss auf die Stirn und sagte:
„Komm.“
Nichts sonst.
Wenn wir beide Sneakers trugen, dann war sie deutlich größer als ich. Mit dem Arm auf meinen Schultern leitete sie mich, wir gingen langsam einen anderen Weg hinunter, als wir hinauf gestiegen waren.
Wie lange schon hatte ich nicht mehr an Sex gedacht? Heute Morgen, als Seppi angerufen hat, da habe ich natürlich an Sex mit ihm gedacht, selbstverständlich. Er war und ist ein ganz ausgezeichneter Liebhaber, dabei ein lieber und gefühlvoller Mann. Außerdem einer, der weiß was er will und das einfach so umsetzt. Wir werden sofort Sex haben, wenn er da ist, logisch. Aber jetzt und mit Ansage, Sex mit Jule auf dem gut einsehbaren Vordeck?
Wobei, als ich in Monaco war, da war ich sehr viel lockerer drauf als jetzt und hier, da verging kaum ein Tag ohne Sex. Seitdem ich mit Gerôme unterwegs war und praktisch monogam gelebt habe, ja, ich weiß, das mit Raymond war nicht, also, das war eigentlich ein Ausrutscher. Naja, und auf Kreta, mit Ursel und den Jungs auch, ja klar, aber eigentlich war ich nicht mehr ganz so wild und locker drauf. In Catania mit Raymond und Konsorten, das zählte nicht, da musste ich mir den Frust mit meiner Erzeugerin von der Seele vögeln lassen.
Früher hätte ich zu Jule: „Ja, geil!“, gesagt, heute zauderte ich rum wie sone alte Jungfer.
Nee, also, ich weiß ja nicht.
Wir erreichten das Schiff und waren echt platt. Durchs Tauchen und Schwimmen waren wir beide bei guter Kondition, aber bergauf und bergab zu gehen beanspruchte ganz andere Muskeln als im Wasser. Ich war jedenfalls ziemlich erledigt, als wir nach dem Tag das Boot erreichten. Wir tranken Kakao, auf dem Vorschiff, wie Jule sich das gewünscht hatte. Wie stets in der Sonne und wenn wir einigermaßen unbeobachtet waren, trug ich nur das Bikinihöschen. So lagen wir faul in der Sonne, tranken unseren Kakao und ich wurde immer geiler. Denn, unbeobachtet waren wir ganz gewiss nicht. Man würde uns mit ziemlicher Sicherheit von der Zitadelle aus beobachten, jetzt schon. Man konnte uns mit dem bloßen Auge gut sehen und mit dem Fernrohr sogar sehr deutlich und nah. Mit geschlossenen Augen stellte ich mir vor, wie sie dort oben standen und mich angafften.
Wahnsinn!
Es blieb so lange eine Träumerei, bis Jule mich anfasste. Ich freute mich jedes Mal, wenn ich erlebte, dass sie aus sich heraus ging. Aber ob es mir derzeit so angenehm war, konnte ich noch nicht genau sagen. Nur, als sie meine Brust auf die Art zwirbelte, wie ich es gern hab, da kam bei mir wieder das alte Party-Luder durch. Ich würde sie nicht bremsen wollen, auf keinen Fall, im Gegenteil. Auf jeden Fall würde ich ihr das Bikinioberteil ausziehen. Da griff ich aber mit immer noch geschlossenen Augen nur in warmes, festes Fleisch. Sie war schon nackt. Was soll man davon halten? Stellte sie sich ebenso gern zur Schau wie ich?
Jule küsste mich und raunte:
„Und? Macht es dich an, meine Brust anzufassen?“
Es machte mich an, logisch machte es das. Am Nacken zog ich sie zu mir und drückte ihr all meine heißen Gefühle mit einem Kuss aus. Sie erwiderte mit einem mir bisher unbekannten Feuer. Dieses Feuer entzündete etwas in mir, die Glut breitete sich ungehindert aus, innerhalb kürzester Zeit stand ich in hellen Flammen. Ich musste ihr nah sein, ich musste sie berühren und ihr alle Liebe und Zärtlichkeiten schenken, die mir möglich waren. Es gelang mir nicht, sie machte mich handlungsunfähig, indem sie in mir diese starken Gefühle weckte, damit die Macht übernahm und mich zur passiv Nehmenden degradierte.
Ich ergab mich ihrer Übermacht, die sie mit ihren Zuwendungen immer weiter ausbaute. Sie entzog mir ihre Brust, arbeitete sich küssenderweise den Hals hinunter, bearbeitete meine Brüste mit Mund und Händen, bis sie glühten. Es wurde mir unmöglich gemacht, etwas anderes zu tun, als ihr meinen Leib zu überlassen.
Sie bewegte sich zum Südpol, der heißesten Stelle meines Körpers, streichelte den Slip, fand genau den Punkt, strich durch das Tal erneut auf den Punkt. Es war mir nicht möglich, irgendetwas anderes zu tun, als das zu nehmen was sie mir gab, zu sehr war ich in der Lust gefangen. Sie streichelte und küsste mich, streichelte, walkte meine Brüste, fasste genau auf den Punkt und ließ die Hand vibrieren. Immer noch mit dem Höschen bekleidet brachte sie mich zum ersten Höhepunkt.
Es gelang mir nur mit Mühe, ihn leise zu erleben. Sie hielt danach aber nicht inne, sie fuhr fort, meinen Körper zu reizen, zu verwöhnen, zu stimulieren. Mein Höschen verschwand, nackt und gefangen in der Lust lag ich gut sichtbar auf dem Vordeck. Es standen gewiss tausend Leute oben auf der Zitadelle und beobachteten, wie Jule mich hier verarbeitete.
Ich knallte vollkommen durch, als sie mein Lustknötchen mit dem Mund bearbeitete und mir die Hand in die Scheide schob. Sie fickte mich damit sehr, sehr gefühlvoll, bearbeitete meine Klit mit Mund und Zähnen. Ich verlor vollständig die Beherrschung und den Verstand. Ich wand mich auf dem Deck unter ihren Händen, stöhnte, ächzte, zwirbelte mir selbst die Brüste, jammerte, lobte sie, gab unanständige Bemerkungen von mir, ermunterte sie, es härter mit mir zu treiben oder etwas zärtlicher zu sein, je nachdem, wie ich es gerade mochte.
Ich weiß nicht zu sagen, wie lange diese Orgie auf dem Vordeck in aller Öffentlichkeit gedauert hat, es war jedenfalls sehr, sehr lang. Als ich echt nicht mehr konnte, bekam sie das mit, gab mir einen Kuss und legte sich neben mich.
„Du bist so sexy“, raunte sie, immer noch etwas atemlos. „Dia zuazuseng is oafach irre, ma is 's mindestens zehnmoi kema.“
„Komm, wie gehen unter Deck“, schlug ich vor. „Nicht dass einer den Weg von der Balustrade oben bis hier hinunter macht und denkt, er könnte bei der Vorstellung mitwirken.“
Wir legten uns auf die Couch im Salon, schmusten noch ein wenig miteinander und hielten Siesta.
Später dann bat ich Jule um ihre Begleitung, ich wollte mir einen Neopren-Anzug kaufen, einen der mir auch passte. Sofort, bereits nach den ersten Metern zu Fuß den Pier entlang, vermisste ich den Elektroroller. Was nutzt einem der beste Roller, wenn er auf dem Meeresgrund liegt? Also brauchten wir nicht nur einen Neoprenanzug für mich, sondern auch einen Roller. Jule meinte zu meiner Idee, jetzt und hier einen zu kaufen: „Bist narrisch worn?“
Wir hatten Schadenersatz bekommen vom Mörderschiff, wir wollten unseren alten Ausrüstungsstandard wieder haben, daran war nichts Verkehrtes zu entdecken. Einen Jungen, der gerade mit seinem Roller losknattern wollte, hier am Quai Adolphe Landry, fragte ich, wo er den Roller gekauft hätte. Er wies mir den Weg und knatterte davon.
Tatsächlich fanden wir eine Vespa-Vertretung, dort boten sie uns einen Elektroroller an, der sogar in der gleichen Farbe war wie der, den wir verloren hatten. Der Händler gab uns für die Barzahlung als Rabatt zwei Helme obendrauf, plus die Versicherung für ein Jahr. Jule und ich fuhren gleich lautlos davon, zu einem Sportartikelgeschäft, von dem ich im Internet gelesen hatte. Sie wies mir den Weg vom Rücksitz aus mit Hilfe ihrer Smartphone-Navi-App.
Wir fanden einen sehr schönen Anzug, tatsächlich in Kindergröße, in leuchtendem Rot, wie gehabt, mit angesetztem Bein, nur leider nicht zweifarbig. Gerade das wirkte an dem versunkenen Anzug so aufreizend für Seppi. Nunja, man kann nicht alles haben.
Der Roller mit Ladegerät passte zusätzlich zu den anderen Fahrzeugen in die Tender-Garage. Es gab dort Steckdosen in ausreichender Zahl, an eine davon schlossen wir ihn gleich an.
Abends dann bereitete Jule einen Salat, wir gingen früh schlafen, kuschelten uns aneinander und schliefen tief und fest bis zum Morgen.
Gleich als er am nächsten Morgen aus dem Taxi stieg und sich suchend umschaute, entdeckte ich ihn. Der große Mann sah beeindruckend aus. In Jeans, T-Shirt unter dem Lederblouson, die hoch aufgerichtete Gestalt mit einem Seesack über der Schulter, die dunklen Haare und die leuchtend blauen Augen, Wahnsinn, zum Verlieben! Er wirkte, wie aus einer Fernsehreklame für Abenteuerreisen entlaufen. Ein überaus beeindruckender Mann, der unter den weißen Schirmen nach mir suchte.
Ohne zu zögern, ohne mich zu besinnen, rannte ich auf ihn zu. Er sah mich, sein Gesicht verwandelte sich in eine einzige Freude, er strahlte mit der Sonne um die Wette und gewann mühelos. Er ließ den Seesack fallen, den er an einem Riemen über der Schulter trug, öffnete die Arme für mich, umfing mich, hob mich an und schwenkte mich im Kreis. Ich nahm sein Gesicht in beide Hände, schaute ihn an, ihm in die blauen Augen, und sah darin Liebe und Freude. Es war nicht auszuhalten, wie wunderbar es war, in seinen Armen zu sein, ihn anzuschauen, zu fühlen, seinen typischen Duft wahrzunehmen, seine Stärke zu spüren und sich in seiner Gegenwart sicher und geborgen zu fühlen. Wir küssten uns, als wenn wir uns aufessen wollten. Es war unmöglich, damit aufzuhören, wir küssten und küssten und küssten.
„Gott im Himmel, was bist du schön, die Frisur ist ja der Hammer!“, sprudelte es aus ihm heraus, ganz spontan und ehrlich. „Wie sehr habe ich dich vermisst, wie schön ist es, bei dir zu sein, dich zu sehen und zu fühlen!“
Es half nichts, ich musste ihn anhimmeln und küssen und anhimmeln und küssen.
„Komm!“, sprach ich das erste Wort nach seiner Ankunft und zog ihn in Richtung Schiff, in Richtung Jule, in Richtung Zuhause.
Der Kai war übersichtlich, unser Boot lag etwas abseits, von hier aus klar zu sehen.
„Wo ist sie denn?“ fragte er und schaute sich um.
„Überraschung!“, meinte ich und wies auf mein stolzes Schiff.
„Watt? Watt is denn hier los? Comtesse Lona? Häh? Was ist mit Cupidon?“
„Komm an Bord, ich erzähle dir alles.“
Jule erwartete uns und fuhr die Gangway aus. Wenn sie allein an Bord war, dann zog sie sie immer ein. Aus dem Grund, das Schiff nicht ganz so leicht erreichbar zu machen, sowohl für menschliches, als auch für tierisches Ungeziefer, parkte ich immer in einem Abstand von etwa anderthalb bis zwei Metern zum Pier. Jule hatte Angst überfallen zu werden, mir war eine solche Angst fremd, aber wenn sie sich besser fühlte, wieso nicht?
Auf dem Oberdeck war der Tisch gedeckt, Jule stand da in ihrem typischen Outfit, kurze Jeans und karierte Bluse. Sie benahm sich wie eine Dienerin, schaute Seppi nicht einmal an.
„Watt is denn hier los?“, wiederholte er sich und schaute mich ratlos an.
„Das ist Jule, Jule, das ist Sebastian, ich habe dir von ihm erzählt.“
Schüchtern und ängstlich reichte sie Seppi die Hand, immer noch ohne Augenkontakt herzustellen. Der stand ratlos herum und sagte:
„Sag schon, was ist hier los?“
„Setz dich, ich erkläre es dir. Kaffee oder Kakao?“
„Kaffee bitte.“
Er nahm Platz und wartete gespannt auf die Erklärung. Jule brachte den Kaffee, für uns den Kakao und setzte sich auf meine Aufforderung hin zu uns. Sie wählte für sich den Platz, der am weitesten von Seppi entfernt war.
Dann erzählte ich die ganze Geschichte, von unserem Schiffbruch, der Rettung durch die Mannschaft des Mörderschiffes und die Angst von Monsieur Japain vor seiner Frau, vor einer Anzeige und sein Angebot.
Gespannt folgte er meinen Ausführungen. Als ich das mit der verletzten Jule erzählte, wollte er es kaum glauben. Anstatt etwas zu sagen, schob sie die Haare beiseite und zeigte ihm das lange Pflaster auf der Stirn.
„Sieben Stiche“, erklärte ich und fuhr mit der Erzählung fort.
Als ich dann zum Angebot für dieses Schiff kam, da konnte er es wieder kaum glauben.
„Und nun sind wir hier und und du bist bei mir, ist das nicht megageil?“
„Was du alles, was ihr alles durchgemacht habt, ist ja Hammer, das ist ja alles erst ein paar Tage her. Trotzdem seid ihr so quietschvergnügt?“
Jule und ich schauten uns an.
„Wir haben überlebt, besitzen ein geiles Schiff, wir haben uns, das Wetter ist mega, die Zukunftsaussichten sind oberkrass, du bist hier, wir fahren gleich los, was wollen wir mehr?“
„Wahnsinn!“ meinte Seppi und spachtelte sich mit gutem Appetit ein Croissant hinein.
„Bah, lecker“, meinte er mit vollem Mund. „In der Qualität bekommt man sie bei uns nicht, keine Chance.“
Nach dem Frühstück zeigte ich ihm das Schiff. Jule räumte den Tisch ab, sie wusste genau, was als nächstes passieren würde, sie las es in meinen Gedanken.
Er bestaunte das Cockpit, ich erklärte ihm die Sache mit den drei Maschinen, der irre großen Leistung und das mit dem komplizierten Antrieb.
„Die Maschinen schauen wir uns gleich aber auch noch an oder?“, fragte er. Er sah vom Cockpit aus den Gang zur Mastercabin und reagierte exakt so, wie ich es mir gewünscht hatte. Hinter mir stehend umfasste er mich, küsste meinen Nacken. Ich drehte mich zu ihm und gab mich vollständig in seine Hände. Er schob mich in die Kabine, verschwendete keinen Blick auf das Ambiente, sondern schenkte seine gesamte Aufmerksamkeit mir. Meine Pulli, mein Röckchen, mein Höschen verschwanden wie von Zauberhand unter seinen streichelnden Händen, die mir auf gleichem Wege seine Hitze mitteilten und mich vollständig in Brand setzten.
Er bettete mich, wir hielten ständig Augenkontakt, ich klammerte mich an ihm fest. Nie mehr würde ich ihn loslassen, nie, nie, nie mehr!
Als er in mich eindrang, verlor ich den Kontakt zur Realität. Die Englein sangen im Chor, der Teufel entzündete das Feuer in meinem Unterleib, Himmel und Hölle setzte mein Süßer in Bewegung, um mir seine Zuneigung und Liebe zu beweisen. Der Verstand und alles Zeitgefühl gingen mir verloren. Zwischendurch meinte ich, Jule in der Tür stehen zu sehen und uns beobachten. Diesen zusätzlichen Kick brauchte ich nicht, um abzuheben und die höheren Weihen der Lust zu empfangen. Mein Seppi besorgte es mir, dass ich sicher war, im siebten Himmel zu schweben.
Nach Seppis Raserei, die ihn in der Endphase manchmal überfiel, lagen wir schwer atmend, immer noch ineinander, unsere Gliedmaßen miteinander verwoben und atmeten uns ins Gesicht. Das Glück umhüllte uns beide, Jule bekam alles mit, sie verschwand aus der Tür, als sich unsere Blicke trafen.
„Irre!“, sagte mein Süßer. „Du bist so ein Hammer im Bett, äh, ich mein, sowohl im Bett, als auch so, als Frau und als Mensch. Dass sowas wie du überhaupt frei rumläuft kann man sich gar nicht vorstellen. Du müsstest doch eine Million Männer um dich schwirren haben.“
Wir lagen ein paar Augenblicke nebeneinander, ich war aus dem siebten Himmel noch nicht wieder gelandet, da wurde mein Großer schon ungeduldig und schlug vor:
„Jetzt zeig mir die Maschinen. Können wir denn gleich los oder müsst ihr noch was einkaufen?“
So sindse, die Männer. Romantik gut und schön, aber wenn sie den Saft losgeworden sind, dann muss Action her oder sie schlafen ein. Wir machten uns gleich auf, als Bekleidung fand ich in der Verwirrung durch seine Anwesenheit und das gerade Erlebte, nur ein kurzes Strandkleidchen. Seppi beobachtete interessiert, dass ich mir das über den nackten Leib zog. Das Kleidchen machte ihn an, das kam deutlich herüber. Am liebsten würde ich ihn durchgehend reizen, damit wir uns andauernd lieben. Es tat beinahe weh, ihn nicht zu berühren, ihn nicht zu küssen und ihn nicht in mir zu haben. Sein Duft umwehte ihn, auch der Duft unserer Liebe war deutlich zu vernehmen.
Verliebt hängte ich mich an ihn, leitete ihn an der Hand hinunter zur Badeplattform, von da aus war der Maschinenraum, das Mannschaftslogis am leichtesten zu erreichen. Auch die Waschmaschine, der Trockner und die zentrale Staubsaugeranlage befanden sich hier. Die interessierten ihn nicht die Bohne, er stürzte zum Maschinenraum, riss die Verschlusshebel des Schotts auf und stürzte hinein.
„Nee!“, gab er sich sprachlos nach dem ersten Rundumblick. „Boh eh!“
Er registrierte die Technik natürlich mit einem Blick und gab mir eine Livereportage:
„MTU 2000er, 20 Zylinder mit Aufladung, drei Stück, hab ich noch nie zusammen in einem Maschinenraum gesehen, boh eh, leck mir die Socken! Wieviel PS haben die Scheißdinger? Zweitausend jeweils?“
„Sechstausend zusammen, angeblich.“
„Meine Fresse, was für ein Wunderkahn! Jetzt guck mal hier die Werkstatt“, er zeigte auf eine Werkbank, unter der alles mögliche Werkzeug in Schubladen untergebracht war, über der Bank hingen auch allerhand Werkzeuge und Maschinen. Nebenan gab es ebenfalls fest eingebaute Maschinen, eine davon erkannte ich, eine senkrecht stehende Bohrmaschine. Die restlichen Gerätschaften waren mir gänzlich unbekannt, interessierten mich auch nicht. Was mich interessierte, rannte entzückt zwischen den Maschinen hin und her und kriegte sich nicht mehr ein vor Begeisterung. Als er genug geschaut hatte, wandte er sich mit glänzenden Augen an mich:
„Das Ding muss ich fahren, das muss ich erleben, da will ich dabei sein. Leck mich am Arsch Marie, was hast du für eine heiße Kiste gekauft.“
In seiner Begeisterung schnappte er mich und drehte mich im Kreis.
Jule huschte vor uns aus dem Gang, sie hatte die ganze Zeit miterlebt, wie sehr sich Seppi begeisterte und wie sehr ich mich an seiner Gegenwart ergötzte. Sie flitzte vor uns die Treppe zum Oberdeck hinauf, ganz dicht vor uns in einer engen, sehr kleinen Badehose mit angesetztem Bein und einem eng anliegenden, bauchfreien Oberteil in dem sich ihre Oberweite sehr deutlich abzeichnete.
So richtig wurde ich nicht schlau aus ihrem Verhalten. Dass sie geil war, war offensichtlich, das kam ganz deutlich bei mir an, wahrscheinlich auch bei Seppi. Aber dass sie nicht angefasst werden wollte, stand für mich fest. Die Übergriffe Diegos und wie sie darauf reagiert hatte, waren mir in bester Erinnerung. Was trieb sie jetzt dazu, so aufreizend und offensichtlich geil und sexy dicht vor uns herum zu laufen?
Seppi zappelte bereits ungeduldig auf dem Achterdeck herum.
„Du weißt, dass du das Boot auch vom Achterdeck aus manövrieren kannst?“
Nein, das wusste ich nicht. Er öffnete eine Klappe an der hinteren Umrandung des Hauptdecks, es erschienen Bedienelemente für die Maschinen und die Strahlruder. Damit war es natürlich sehr einfach, das Schiff rückwärts zu bugsieren, da brauchte man die Heckkamera nicht.
„Müssten an den Seiten ebenfalls welche sein, kenne ich von einem Kahn ähnlicher Größe. Aber jetzt komm, Leinen los!“
Jule sprang gleich auf den Pier, dabei achtete sie verschämt darauf, dass man ihr nicht auf den strammen Po schauen konnte, zumindest nicht vom Pier aus. Von hier unten aus bot sie einen reizvollen Anblick, sie stellte sich ganz offen zur Schau.
„Was ist mit ihr?“, fragte Seppi, der die Chance ausgiebig nutzte und Jule bestaunte.
„Sie will keinen Sex, keine Ahnung warum nicht. Kommst du?“
Mit Mühe nur riss er sich von dem sexy-Anblick los und folgte mir ins Cockpit. Mit der Elektropower fuhren wir lautlos aus dem Hafen hinaus, Seppi schaute sich währenddessen auf dem fünften großen Monitor den Bauplan des Schiffes an.
„Ich muss mal eben etwas nachschauen“, meinte er. Erst dachte ich, er wollte sich Jules Po nochmal ansehen, aber er ging an der Küche vorüber, in der Jule hantierte, und stieg hinunter auf die Badeplattform. Die Heckkamera war, wie die anderen sechs Kameras an Bord ebenfalls, schwenkbar, ich folgte ihm bis hinunter auf die Badeplattform. Er öffnete das Schapp, in dem ich die Reinigungsutensilien mit Schläuchen, den Tankstutzen und die Wasserzapfstelle wusste. Er kramte darin herum und entdeckte dort etwas. Er schaute zur Kamera hoch, er ahnte wohl, dass ich ihn beobachtete, und winkte mir, ich solle zu ihm kommen.
Der Autopilot steuerte, der Elektroantrieb trieb das Schiff geräuschlos weiter aus dem Hafen hinaus, in gerader Linie in Richtung Cap Revellata und daran vorbei, ich war für einen Augenblick abkömmlich.
Er zeigte mir in einem Verschlag neben dem Tankstutzen einen zweiten Elektroanschluss. Was hatte der für eine Bedeutung? Der Anschlusskasten für den Landstrom befand sich Steuerbord am Heck, wofür war der zweite?
„Wenn ich den Bauplan richtig gelesen habe“, erklärte mir mein Süßer, den ich am liebsten schon wieder angeschmachtet hätte. „Wenn ich es richtig weiß, dann hat man die Bilge genutzt, um eine zusätzlichen Batterie einzubauen, anstatt Ballast, wenn ich das richtig sehe. Die fasst mehrere tausend Kilowattstunden. Habe ich noch nie gesehen, sowas. Als Bilge haben sie einen sehr kleinen Pumpensumpf von oben in den Akku eingelassen. Genial und mir bisher völlig unbekannt. Du müsstest für den Akku eine separate Anzeige auf dem Schiffsmonitor haben. Der schwere Akku bietet zusätzliche Stabilität gegen das Rollen. Der zweite Anschluss ermöglicht es, die Akkus getrennt und damit sehr viel schneller aufzuladen. Falls sie mal leer gefahren sind.“
Zurück im Cockpit zeigte er mir auf dem Monitor den Zusatzakku an.
„Randvoll!“, stellte er fest. „Sobald die regulären Akkus im Bug bis auf zwei Prozent geleert sind, erfolgt die Energiezufuhr aus der unteren Batterie. Genial, würde ich sagen. Wo ist denn der Kahn gebaut worden?“
Er fand die Werft verzeichnet, eine Werft in Bremen, wie er herausfand.
„Lürssen-Werft, ja dann ist doch alles klar! Da hast du aber einen exklusiven Kahn geschossen, Herzchen, das ist mal klar! Himmel-Arsch und ich darf ihn fahren, den Kahn!“
Er blätterte im Tablet und schaute sich dazu die Unterlagen und Daten auf dem fünften der großen Monitore an. Zusätzlich suchte er auf dem Tablet irgendwelche Daten im Internet.
„Von wegen, geändertes Großserienmodell. Das ist ein ganz exklusiver Individual-Bau, Schätzchen, darauf kannst du dir echt etwas einbilden. Das ist ein wirklich exklusives Design-Modell. Davon gibt es nur dieses eine Schiff!“
„Heiß, Alter!“
Er war begeistert, das hörte ich heraus. Er schaute sich den Bauplan auf dem Tablet genau an.
„Weißt du, dass diese seitlich ausfahrbare Tendergarage auch ein Sitzplatz ist? Mit Kühlschrank und alles? Du kannst da ganz gemütlich in Höhe der Wasserlinie sitzen und einen picheln.“
Die Tendergarage hatte ich kurz von innen aus besichtigt, als wir die Taucherausrüstungen inspiziert hatten und wir gestern die Elektro-Vespa eingelagert und angeschlossen hatten, ansonsten war uns nichts Besonderes aufgefallen.
„Nöh, weiß ich nicht. Ist das besonders?“
Er sah mich mit einem Blick an, als wenn ich ihn veräppeln wollte.
„Du hast den Kahn echt für nur sechseinhalb geschossen? Mit zehn Betriebsstunden auf dem Tacho? Wahnsinn, solche Deals kennt man ja nur vom Hörensagen, als wenn es ein Märchen wäre.“
Er blätterte weiter durch die Unterlagen.
„Wenn das Schiff hier auch nur einen Cent unter zwanzig Mios gekostet hat, dann heiße ich Hemul, da kannst du aber einen drauf lassen! Das ist ja alles hochexklusiv. Die schwarzen Streifen an den Seiten, dass sind Sonnenkollektoren. Auch die Dächer, alles Sonnenkollektoren. Die Batterien im Bugbereich allein sind schon der Hammer. Von wegen, hundert Meilen mit Elektro, du kommst mit der Elektro-Kacke weiter als mit dem Dieselvorrat. Vorausgesetzt die Sonne scheint und du fährst nicht zu schnell. Toll, einfach toll, was du da für ein Schiff hast, Schätzchen. Aber jetzt lass uns mal schauen, wie schnell das Dingen tatsächlich ist. Was sagst du, wie viel Knoten wollt ihr gefahren sein?“
Es verunsicherte mich, was er da sagte. Das hier schien ja ein Wunderwerk der Technik zu sein. Wie kam Gerômes Onkel denn darauf, dass es ein abgeändertes Großserienboot wäre?
Es stellte sich später heraus, dass sich der ursprüngliche Eigner nicht bloßstellen und zugeben wollte, wie exklusiv die Jacht war, die seine Frau so rundweg ablehnte. Wenn Seppis Schätzung stimmte, dann hätte er bei seinem Jacht-Abenteuer mindestens vierzehn Millionen verloren. Wahnsinn. Aber der Wahnsinn kam jetzt uns hier zugute.
Ich warnte Jule, sie brauchte einige Minuten, um all ihre Arbeitsutensilien in Sicherheit zu bringen, dann gab Seppi Gas.
„Meine Fresse!“, schrie er, obwohl die Motoren nicht so laut waren, dass man schreien musste.
„Ich glaub das nicht! Ich glaub das einfach nicht!“, rief er aufgeregt und starrte auf den Speedometer. Er verglich die Angaben dort immer mit der Anzeige auf dem GPS-Plotter. Der Speedometer zeigte die Geschwindigkeit im Wasser an und das GPS-Ding die über Grund.
„Das gibts nicht, fast fünfzig Knoten! Son kleines Schiff. Sag mal, hat das Tragflächen?“
„Nee, weiß nicht, glaub nicht. Soll alles dieser Lürssen-Effekt sein, keine Ahnung.“
„Echt, Wahnsinn!“
Ruckzuck waren wir am Kap Revellata, ich reduzierte die Geschwindigkeit wieder auf die Wohlfühl-Geschwindigkeit von vierzehn Knoten.
Seppi stand hinter mir und umarmte mich von da. Er beugte sich über mich, gab mir einen Kuss auf den Scheitel.
„Ein echt geiles Schiff hast du da, man könnte neidisch werden.“
„Bleib hier bei mir, dann kannst du es jeden Tag haben“, schlug ich vor.
„Mein restliches Leben Ferien, das wäre was. Lässt sich nur nicht verwirklichen.“
„Wieso nicht?“
Wir rundeten das Kap, ich reduzierte die Geschwindigkeit weiter, schließlich wollten wir die Landschaft genießen. Den Elektroantrieb einzuschalten, daran musste ich mich erst noch erinnern, bevor ich auf die Idee kam. Aber das war schon sehr komfortabel, die Geräuschlosigkeit und die Gewissheit, umweltneutral zu fahren und trotzdem diesen hohen Komfort zu genießen.
Jule schaute sich aus dem Küchenfenster die Landschaft an, weil sie uns nicht stören wollte. Seppi und ich verzogen uns auf die Flybridge, er berichtete:
„Hier soll es irgendwo eine Grotte geben, in die man mit kleineren Booten hinein fahren kann, hab ich auf dem Flug im Internet gefunden. Wie heißt das Scheißding doch gleich?“
Er sah im Tablet nach.
„Grotte des Veaux Marins, genau, muss hier irgendwo sein.“
„Ich weiß auch wo!“, rief ich klagend aus und zeigte auf eine ganze Armada von Booten, die Schlange standen, um Touristen in die Grotte zu schiffen.
„Ja, hab ich gelesen, wird als Teil einer Rundfahrt angeboten. Man kann an der einen Seite rein, um einen Felsen rum und auf der anderen Seite wieder raus, Kreisverkehr. Das Licht soll wohl einmalig sein, weil der Boden darunter weiß ist. Heißt auch blaue Grotte, glaube ich.“
„Sonen Stunt wie auf Zypern können wir bei den vielen Touris aber vergessen“, bemerkte ich. Obwohl ich es nicht wollte, so klang es ein wenig sehnsuchtsvoll. Ich werde das Gefühl nicht vergessen, seine Kraft auf und in mir und der Rücken in dem kühlen Lehm, unsere Lustrufe, die von den Wänden nachhallten. Allein die Erinnerung daran machte mich wieder spitz.
Wir näherten uns der Armada. Wir gingen wieder hinunter, vom Cockpit aus war es leichter zu manövrieren, das war bei dem starken Verkehr wichtig.
Unser Schiff war eh zu groß, wir hätten höchstens mit dem Beiboot hinein fahren können. Jedoch bei der Menge an Booten, die alle hinein wollten, gaben wir auf, ohne einen Versucht zu starten.
Jule schaute über die Frühstücksbar zu uns herüber:
„Wenns tief genug ist, dann können wir hinein tauchen.“
„Eh, Superidee!“, meinte Seppi begeistert. Die Einschätzung teilte ich, sehr gute Idee von Jule. Wir ankerten hundertfünfzig Meter von dem Trubel entfernt, warfen uns in die Tauchanzüge. Jule wollte erst nicht mit, weil sie nicht stören wollte, sie zierte sich so lange, bis Seppi ein Machtwort sprach. Zehn Minuten später waren wir zu dritt im Wasser und tauchten unter den wartenden Booten hindurch in die Höhle hinein. Seppi hatte darauf bestanden, dass wir unsere Unterwasser-Lampen mitnehmen. Wenn man in eine Höhle tauchte, meinte er, da wäre die Lampe eine Frage der Sicherheit.
Wir schwammen unter den Booten her in die Höhle hinein. Die Boote fuhren über uns im Kreis um den Mittelfelsen herum und wieder aus der Höhle hinaus, dabei ging sie ziemlich gerade in den Berg hinein, allerdings unter Wasser. Wir folgten der Höhle in immer größere Tiefen, bis sich, groß und hoch wie ein Dom, ein unüberschaubar großer Saal öffnete, eine riesige Unterwasserhöhle. Seppi veranlasste Jule, dass sie ihre Lampe eingeschaltet auf den Grund legte, wohl damit wir den Ausgang aus dem Dom nicht suchen mussten. Wir nahmen die unbeleuchtete Jule in die Mitte und erkundeten diesen riesigen Raum, dessen Ende die Strahlen der Scheinwerfer nicht erreichten. Es war offensichtlich, dass die Höhle früher über dem Wasserspiegel gelegen hatte, denn wir fanden etliche Tropfsteine, die von der Decke herab und vom Boden hinauf reichten. Wir schwammen weiter und weiter, der Dom, diese große Erweiterung der Höhle nahm und nahm kein Ende und ging immer weiter hinab. Seppi schaute immer wieder auf den Kompass, den Tiefenmesser und die Uhr, nach einiger Zeit befahl er die Rückkehr. Mit dem Kompass im Blick führte er uns zurück. Es dauerte einige Zeit, bis wir das Licht von Jules Lampe wieder sahen. Wir waren leicht seitlich vom Kurs abgekommen, dort befand sich eine weitere Höhle, die man leicht für den Ausgang hätte halten können, aber dank Jules Lampe fanden wir den richtigen Weg auf Anhieb. Eine Viertelstunde später kletterten wir die Badeleiter hinauf an Bord.
„Geil!“, äußerte ich mich begeistert, kaum dass wir die Taucherbrillen abgelegt hatten. „Echt geil!“
Jule nickte dazu, Seppi grinste selbstgefällig, als wenn er die Höhle selbst gebaut und extra für uns angelegt hätte.
Wir aßen Salat mit Meeresfrüchten, Seppi bekam ein Steak mit geschmortem Gemüse serviert. Er war begeistert von Jules Kochkünsten und hielt damit nicht hinterm Berg. Nach dem Essen verständigten sich Seppi und ich, er wollte mit mir in die Kabine, ich zierte mich da nicht allzu lange. Jule bekam unsere Blicke mit, sie räusperte sich, sie wollte zugucken.
„Jule möchte zugucken, was meinst du?“, fragte ich Seppi. Heimlichtuerei hatten wir nicht nötig, weder Seppi und ich, noch Jule und ich.
„Hat sie ja auch heute Morgen schon“, bemerkte Seppi, Jule wurde rot. „Wenn du nichts dagegen hast, von mir aus.“
„Nöh, ich hab nichts dagegen.“
„Sie kann zu uns ans Bett, von mir aus auch mit uns aufs Bett, ist ja breit genug. Du musst dich allerdings komplett ausziehen.“
Jule wurde ganz rot, ihr Kopf leuchtete wie eine Laterne.
„Ich, äh?“
Gnadenlos bestätigte Seppi: „Ja, du, äh!“
Jule schaute unsicher, sie warf mir mit dem roten Gesicht einen Blick zu, sie hatte Angst. Seppi, mein empathischer Seppi bekam das mit. Er sagte:
„Jule, ich schwöre den Eid der Veaux Marins, ich werde dich niemals anfassen, nicht ohne, dass du mich ausdrücklich dazu aufforderst, ich schwöre. Es wird niemals passieren, dass ich dich zu etwas nötige oder dränge, das du nicht ausdrücklich willst. Beim Barte des Propheten, OK?“
Jule war nicht beruhigt, sie schwankte. Einerseits war sie geil darauf, uns oder mir zuzusehen, andererseits wog ihre Angst mindestens genau so schwer wie ihr Verlangen. Seppi fügte eine Begründung hinzu:
„Jule, ich liebe Lona, das weißt du, genau so wie du spürst, dass Lona dich liebt. Wenn ich dir näher komme als du es willst, wird Lona mich nicht mehr lieben. Das Risiko gehe ich nicht ein. Außerdem, du bist ohne Zweifel eine sehr attraktive Frau, sexy, hübsch und wirklich ein freundlicher Mensch, begehrenswert. Jedoch, ein Mann, der mit Lona zusammen ist, wird keine Zeit und Lust haben, sich noch anderweitig umzusehen. Jedenfalls nicht, wenn er bei Verstand ist.
Ich schwöre bei allem was mir heilig ist, du bist bei mir sicher, egal in welchem Bekleidungszustand. OK?“
Jule war beeindruckt von der Rede. Seppi fuhr fort:
„Wir beide, Lona und ich, sind nackig, du willst uns zugucken und uns im nackigen Zustand sehen. Da ist es doch wohl nur gerecht, wenn du ebenfalls deine Sachen ausziehst oder? Außerdem, ich will dich nackig sehen, siehst geil aus. Deal?“
Jule hörte aufmerksam zu, die rote Gesichtsfarbe verblasste, mein Süßer hatte sie überzeugt, jedenfalls so weit beruhigt, dass das Verlangen die Angst überwog. Auf die für sie typische Art schaute sie von Seppi zu mir, zuckte letztendlich mit der Schulter und sagte: „Jo-mei!“
„Na, siehste, geht doch“, bestätigte Seppi und zog mich an der Hand in die Mastercabin. Er war zu mir, wie nur er auftreten kann, bestimmt, aber zärtlich, lieb, darauf bedacht, dass es auch mir gut ging, aber zielstrebig. In der Kabine angekommen, zupfte er mir den Bikini vom Leib, wir küssten uns dauernd, er streichelte mich, überall.
Nur Augenblicke nach uns kam Jule herein, splitternackt. Verklemmt war sie nicht und auch offensichtlich geil. Wieso bestand sie darauf, keinen Sex haben zu können?
Um darüber nachzudenken, fehlten mir die Kapazitäten. All mein Sinnen und Trachten wurde von Seppi gefangen genommen. Er schenkte mir seine Liebe, seine Aufmerksamkeit, alles, was ihn ausmachte, all das schenkte er mir. Wir vereinigten uns in aller Liebe, gebündelt durch die Lust, verausgabten uns vollständig, gaben dem anderen alles, über das wir verfügten, alles. Jede Faser, jedes Gefühl, jede Emotion, jede Gemütsregung. Alle Leidenschaft, alle Liebe, alles was uns ausmachte, schenkten wir dem anderen, bedingungslos, rückhaltlos, die reine Liebe.
Nach dem wunderbaren, gemeinsamen Höhepunkt lagen wir schweißüberströmt nebeneinander, atmeten noch schwer. Ich musste ihm nahe sein, legte mich ein wenig auf ihn und himmelte ihn an.
„Du hast gesagt, dass du mich liebst.“
„Mh, stimmt ja.“
„Jule hats gehört.“
„Jetzt tu mal nicht so, du weißt doch Bescheid. Du kennst mich doch!“ Dann musste er grinsen und presste mich an sich.
Außer ihn anzuhimmeln blieb mir nichts. Ich kuschelte mich noch weiter an, legte das Ohr auf seine Brust und lauschte dem Herzschlag.
Nach der anschließenden Siesta tranken wir Kakao, kamen wieder in den Alltag zurück. Wir heißten Anker und fuhren ein ganzes Stück weiter, bis wir ein Naturschutzgebiet erreichten. Dort gab es sehr stille Buchten, in einer davon ankerten wir und hofften, damit die Natur nicht zu stören.
Seppi saß in der Badehose am Tisch auf dem Achterdeck. Er sah toll aus, sogar von hinten. Sein breites Kreuz, der dunkle Schopf darüber und die schmale Hüfte darunter, ein Bild von einem Mann. Ich kuschelte mich von hinten an, drückte ihm einen Kuss auf die Schulter. Er arbeitete an einem wertvoll aussehenden Tablet mit angesetzter Tastatur.
„Was arbeitest du?“, fragte ich und setzte mich neben ihn.
„Zwei Kommilitonen haben ein Konzept erarbeitet und ein Computerprogramm entwickelt, das es Kommunen ermöglichen würde, rationeller zu arbeiten und gleichzeitig enthält es ein intelligentes Mobilitätskonzept. Hiermit bekommst du, mit sehr geringen Einbußen, den größten Teil der Fahrzeuge des Individualverkehrs aus der Innenstadt heraus. Mit dem Konzept sparst du zusätzlich Arbeitsplätze in der Verwaltung und arbeitest insgesamt effektiver. Ich finde es genial, jetzt müssten wir es nur noch an den Mann bringen. Dazu muss es in einen verkehrsfähigen Zustand gebracht werden, bedeutet, die Komponenten müssen als zwei getrennt funktionierende Programme aus dem Gesamtpaket ausgelöst werden. Sie müssen einzeln, jedoch auch gemeinsam funktionieren können. So wie es jetzt ist, ist es das Ergebnis der Arbeit von zwei Nerds, das außer ihnen niemand versteht.“
Ich war so verliebt in den Mann, ich würde am Liebsten in ihn hinein kriechen, eins mit ihm sein und ihn immer in mir tragen. Er war einfach toll und ich so verliebt, wie nie im Leben.
„Süße, wenn du weiter so schaust, dann muss ich dich gleich nochmal lieben.“
Was willst du machen, als wehrloses Mädchen gegen einen so großen und starken Mann?
„Süße, ich sags dir im Guten!“, mit gespieltem Ernst sprach er es wie eine Drohung. Er tat weiterhin so, als wenn er mich bedrohen würde, dabei war das, was er nun in Angriff nahm, mein sehnlichster Wunsch.
„Du hast es so gewollt!“, meinte er grimmig, schnappte mich und zerrte mich in die Kabine. Ihn zu lieben, mit ihm zu lieben, von ihm geliebt zu werden, war einfach der Gipfel. Konnte ich davon genug bekommen? Nein, das konnte ich nicht.
Jule kam wieder hinzu. Während wir uns liebten, nahm ich sie kaum wahr. Nur die heißen Gefühle, die mich von ihr erreichten, die empfand ich als zusätzliche Stimulanz, ansonsten war ich bei meinem Liebsten. Seppi zu lieben und von ihm geliebt zu werden, berauschte mich in einem Maße, wie es nur mit ihm zu erreichen war. Wir gaben uns wieder vollkommen hin und vollständig aus. Es war irre, unsere Harmonie, die Zuneigung und Liebe, die wir füreinander empfanden, versetzten mich, versetzten uns in einen Rausch, der uns abheben und schweben ließ. Die Landung aus diesem Schwebezustand war sehr sanft und freundlich. Ich lag halb auf meinem Seppi, er streichelte mir zärtlich den Rücken, Jule lag daneben und sandte ihre Liebe herüber. So durfte es bleiben bis an mein Lebensende.
Über Nacht blieben wir in der Bucht vor Anker. Als ich morgens wach wurde, war das Bett neben mir leer. Auf der Suche nach Seppi kam ich an der Küche vorbei, in der Jule bereits emsig zugange war. Der Duft von gebratenem Ei, Pfannkuchen, Kaffee und Kakao ließ mir das Wasser im Mund zusammen laufen.
Mein Seppi saß auf dem Achterdeck, wandte mir den nackten Rücken zu. Was für ein schöner Mann! Die Muskeln im Rücken bewegten sich, wunderschön unter der gebräunten Haut. Er saß am Tisch und arbeitete an seinem Tablet, das aussah, wie ein Notebook. Man konnte das Keyboard abbauen, dann war es ein simples Tablet.
Ich umarmte ihn von hinten, er fasste über seine Schulter und streichelte mir den Kopf. Ein wunderbarer Mann.
„Guten Morgen!“, begrüßte er mich, wir gaben uns ein Küsschen.
„Was machst du, Lieber, arbeitest du?“
„Ja, mir ist in der Nacht eine Idee gekommen, daran arbeite ich.“
Jule kam mit dem Frühstück auf einem Tablett daher, wir deckten auf und ließen uns nieder.
„Jule“, sagte mein Liebster mit vollem Mund, „was du kochen und lecker zubereiten kannst, ist absolut geil. Alles was du auf den Tisch zauberst, schmeckt wunderbar. Danke für das leckere Frühstück!“
Jule freute sich wie verrückt über das Kompliment, mein Süßer hatte erkannt, was Jule brauchte. Musste ich eifersüchtig sein? Nein, oder?
Wir beschlossen, nach dem opulenten Frühstück noch ein wenig zu ruhen und erst dann zu tauchen, wenn wir die Mahlzeit einigermaßen verdaut hatten. Wir wollten in dieser Bucht bleiben und noch ein wenig ruhen. Man wird es nicht glauben, aber ich las ein Buch, eines aus Papier.
Jule gab sich an die Hausarbeit, sie hätte sich genau so gut zu uns setzen oder legen können. Sie summte und sang während der Arbeit, ganz offensichtlich war sie glücklich.
Das Buch fesselte mich sofort, bereits als ich die ersten Sätze las, war ich begeistert. Mark Twain in der deutschen Übersetzung fand ich echt witzig zu lesen. Das war ein toller Mann, ganz bestimmt. Ich las und kicherte, Seppi saß dort und arbeitete.
„Was ist dir für eine Idee gekommen?“, fragte ich nach einiger Zeit.
Er drehte sich zu mir, ganz offensichtlich war er froh, dass ich ihn fragte und er über sein Projekt oder was das war, sprechen konnte. Er wollte ganz offensichtlich meine Meinung hören. Das war ein fremdes Gefühl für mich, die meisten Leute behandeln mich nach wie vor, als wäre ich ein Kind. Nicht so Seppi, er nahm mich für voll und ließ mich an seinen Gedanken teilhaben:
„Nur zur Information: Ich stehe jetzt unmittelbar vor dem Abschluss Master-BwL, dieses Semester noch und dann bin ich fertig. Die Masterarbeit steht in groben Zügen, ich muss sie noch ausschmücken und in Reinform bringen, aber das schaffe ich schon.
Die beiden Kommilitonen, von denen ich geredet habe, sind IT-ler, ein wenig weltfremde Fachidioten, wenn du verstehst was ich meine. Ihre Idee ist grandios, kein Zweifel, aber es fehlt ihnen die Übersetzung in die reale Welt.
Die beiden sind mit mir in der gleichen MMA-Kämpfer-Gruppe, daher kennen wir uns. Sie haben mich um kaufmännische Unterstützung gebeten. Das sind Nerds, echte, nervtötende Klugscheißer, aber genial. Von der Sorte gibt es noch mehr bei uns, ich meine, geniale Entwickler mit ganz frischen und neuen Ideen, die so ein wenig abgehoben irgendwelche Konzepte ins Leere hinein entwickeln und dann nicht weiter wissen. Letzten Endes gehen die Innovationen verloren, weil sich niemand um die Umsetzung kümmert.
Was ist denn, wenn ich so etwas hauptberuflich mache? Die vorhandenen Ideen sammle, sie gegebenenfalls umbaue oder anrege, wie sie umgebaut werden müssen, um sie alltagstauglich zu machen, und anschließend in die Tat umsetze? Mich würde das total interessieren, ich hätte auch ein Konzept, wie ich davon auf Dauer existieren und wie ich meinen Nektar daraus ziehen könnte.
An dem Konzept dazu bastele ich gerade. Papa möchte, dass ich die Leitung unserer Restaurants übernehme, aber dazu sehe ich mich nicht imstande. Das können meine beiden Schwestern viel besser und die machen das auch lieber.“
Er machte eine Pause und strich sich in einer für ihn typischen Geste von der Stirn aus durch die Haare.
„Ja, gut“, sprach er. „Das ist es, was ich gerade so durchdenke.“
Alles, was ihn interessierte, interessierte auch mich, logisch. Da er mich so ernst nahm und mich tatsächlich an seinen Gedanken teilhaben ließ, strengte ich mich an, seine Gefährtin zu sein und ihn in seinen Gedanken zu unterstützen.
„Hört sich doch super an. Was ist denn eine MMA-Kämpfer-Gruppe? Ist das asiatisch? Boxt ihr mit Stäbchen oder wie?“
Er schaute so, als wenn er mich auffressen wollte:
„Mixed-Martial-Arts ist so anerkannt als die härteste Kampfsportart, die es gibt. Ich war vier Jahre beim Bund, da habe ich das gelernt, gehörte zur Ausbildung. In der Gruppe jetzt an der Uni bilden wir uns fort und halten uns fit.“
„Du bildest dich im Kämpfen aus?“
„Nein, ich bin im Kämpfen ausgebildet. Intensiver und umfangreicher, als selbst Thai- und Kickboxen, eben, MMA, professionell kämpfen, beim Bund eben, Sonderkommando. Mit dem Kämpfen in der Gruppe halte ich mich fit und schule mich darin, mich an Regeln zu halten.“
Er sprach so ein wenig abwesend, er dachte wohl mehr an seine Idee, als darauf zu achten, was er mir erklären wollte.
Um mehr auf ihn einzugehen, fragte ich:
„Wo ist denn das Hauptproblem?“
„Beim Fithalten? Man muss seine Gelenkigkeit und die Schnelligkeit dauernd üben, sonst verschwindet ….“
„Nee, ich meine, bei deiner Idee? Was bereitet dir Schwierigkeiten?“
„Achso, ja, nee. Also, wenn ich es richtig sehe, dann wird die Finanzierung das Hauptproblem. Wir müssen Wagniskapital finden. Einen oder mehrere Geldgeber, die bereit sind, Geld in ein Unternehmen zu stecken, von dem man nicht sicher sein kann, dass es zum Erfolg wird. Einem solchen Geldgeber müsste man natürlich das Risiko mit entsprechender Vergütung vergelten, im Falle eines Erfolges. Der Gewinn ist bei einem Erfolg entsprechend groß, aber es gibt eben das Verlustrisiko zu beachten.
Papa kann ich nicht nach Geld fragen, der hat gerade drei Restaurants einer Kette übernommen, die bisher nicht gerade profitabel gearbeitet haben. Er saniert sie, damit kennt er sich aus, aber dafür braucht er jeden Euro selber. Ich will es mal mit Crowd-fundig versuchen, mal sehen, wie das funktioniert.“
In mir ratterten die Gedanken. Wenn ich dem Seppi bei seinem Vorhaben helfen würde, dann hätte ich ihn immer in meiner Nähe. Mir kamen gleich die sechs Millionen in den Sinn, die noch von der Entschädigung für die Cupidon auf dem Anlagenkonto schlummerten und darauf warteten, irgendwo angelegt und nutzbringend verwendet zu werden.
„Wie würde das denn laufen?“, fragte ich meinen großen Schmusebär.
„Ja, ich werde dafür eine Gesellschaft gründen, die das Wagniskapital zur Verfügung stellt. Das Kapital kann man nur frei geben, wenn eine Idee vielversprechend ist, das Gesamtkonzept, inklusive Vermarktung, schlüssig ist und die Entwickler fleißig und zuverlässig sind. Sie müssen sich mit Haut und Haar mit dem Projekt identifizieren, ansonsten macht es keinen Sinn. Das muss man prüfen und sehr genau unter die Lupe nehmen.“
Er sprach ins Unreine, wie ich bemerkte, er entwickelte jetzt erst die Grundvoraussetzungen.
„Das Kapital und meine Arbeit an dem Projekt muss mit der Hälfte des zu erwartenden Gewinns vergütet werden. Sobald die Investition zurückgeführt ist, ist die Gewinnbeteiligung an dem Unternehmen für den Geldgeber und mich als Entwickler mindestens fünfundzwanzig Prozent, bis ans Lebensende.“
„Ach, interessant. Wie viel würdest du denn brauchen? Wie viel muss da zusammen kommen?“
„Das wird das Problem werden. Für dieses Verkehrsprojekt kommst du wahrscheinlich nicht einmal mit einer halben Million hin, da brauchst du mehr. Dazu noch das Verwaltungs-Dingen, wird auch etliche Hunderttausend brauchen. Die Zahlen rechne ich gerade. Natürlich immer eins nach dem anderen, aber ich würde die beiden Programme gern gemeinsam anbieten können.“
Mein Großer war intensiv bei der Sache. Wenn man ihn so sah, wie er seine Machereigenschaften hier so offen darlegte, da brannte die Liebe in meinem Herzen wie ein Freudenfeuer. So stark, wie ich in dem Moment für ihn empfand, habe ich noch nie etwas empfunden. Er sah meinen Blick und drohte:
„Süße, wenn du so schaust, dann bist du gleich wieder fällig, das sage ich dir!“
Davon ließ ich mich nicht ablenken, natürlich schaute ich ihn weiter so liebevoll an, wie es ihm zustand, aber ich verfolgte auch die Idee, die mir gekommen war. Die sprach ich jetzt aus:
„Vom Schiffsuntergang ist noch Geld übrig, das könnte ich investieren. Zumindest einen Teil davon.“
„Du meinst ….“, hob er an, sehr überrascht.
„Du meinst, du ….?“
„Ich meine, wir ….“, erwiderte ich und zeigte von ihm zu mir und wieder zu ihm.
„Näh!“, sagte er, sprachlos. Er straffte sich und schaute intensiv her.
„Du meinst, du ….? Äh, wir?“
Er sah mir an, dass ich es ernst meinte.
„Könntest du denn, äh, ne dreiviertel Million, äh ….?“
Mein Herz klopfte wie doll, wir stellten hier gerade die Weichen für ein ganz anderes Leben, als das bisher. Sowohl mein Leben, als auch seines würden sich von Grund auf verändern.
„Du hast doch davon gesprochen, dass es mehrere solcher Ideen gibt, erfolgversprechende Ideen. Wie viel Wagniskapital brauchst du denn?“
„Pfff!“, er strich sich wieder über den Kopf. Er musste nicht erst überlegen, bis er erklärte:
„Man muss die Ideen prüfen, man muss sich die Leute anschauen, man muss sehen, was dahinter steckt und wer was entwickelt. Man muss die Projekte durchrechnen und das Risiko abwägen. Ist ein richtiger Job, macht aber garantiert Spaß.“
Er wandte sich ein wenig ab, es machte auf mich den Eindruck, als ginge er mir von der Fahne, als plane er ohne mich, als würde er mein Engagement nicht für real halten. Die Finanzierung war wohl auch auf einem anderen Weg möglich oder er traute es mir nicht zu. Das musste ich richtig stellen und beim Thema bleiben.
„Du würdest eine Gesellschaft gründen?“
„Ja“, sagte er. „Um das Wagniskapital einzusetzen und selbst aus der Haftung zu sein.“
Ich überlegte angestrengt. Auch wenn es sich vielleicht so anfühlen sollte, als wollte ich mir einen Mann kaufen, würde ich gern mit ihm zusammen eine solche Gesellschaft gründen.
„OK“, sagte ich, als ich mich entschlossen hatte. In der Zeit grübelte er vor sich hin und schaute dauernd zu mir herüber.
„Wir beide gründen die Gesellschaft“, schlug ich vor. „Ich kriege mehr als fünfzig Prozent und gebe das Kapital, du wirst Geschäftsführer.“
Erst jetzt sah ich Jule da stehen, sie trug einen Lappen in der Hand, mit dem sie den Tisch abwischen wollte, stand da wie erstarrt und hörte uns mit offenem Mund zu.
„Aha“, sagte mein Süßer dazu. „Über wie viel Kapital reden wir da?“
„Zuerst einmal, würde ich sagen, drei Millionen. Danach sehen wir weiter.“
„Watt?“ sprach mein Liebster entgeistert. „Drei? Millionen? Euro?“
„De Gsejschoft werd Cupidon hoassn“, meldete sich Jule, trat vor und wischte den Tisch ab.
Mir kam eine Idee.
„Eine Million gibt Jule noch dazu, da sind wir drei Gesellschafter.“
„Na logo!“, meinte Jule sarkastisch. „Jule gibt a Million dazua, logisch!“
Mit dem Tablet rief ich Jules Zugangsdaten für ihr Bankkonto auf, scrollte zum Kontostand.
„Komm mal her, Süße, ich zeig dir was.“
Jule kam unsicher an und schaute auf den Bildschirm.
„Ja? Und?“, fragte sie verständnislos. „Na, eintausendfimffhundert für drei Monate, und?“
„Schau mal die Zahlen, die vor den einsfünf stehen.“
„Das ist die Iban auf monacisch, oder? Kontonummer?“
„Hihi, nee, schau mal genau hin!“
„Fünf … äh, fimwe? Wie etzat, fimwe?“
„Genau, dein Schmerzensgeld, fünf Millionen, hat das Mörderschiff bezahlt. Davon investierst du eine in die Gesellschaft Cupidon.“
„Hä?“
„Also, Gesellschaft mit drei Gesellschaftern, heißt Cupidon und investiert Wagniskapital. Grundkapital sind vier Millionen Euro.“
Ganz deutlich sah ich die Zukunft vor mir, wir drei würden für immer zusammen bleiben.
„Wenn man mehrere solcher Projekte finanziert, dann wird doch die Möglichkeit eines Fehlschlags kleiner, oder denke ich da falsch?“
„Das glaub ich jetzt aber nicht!“, mein Süßer war von der Rolle. Jule stand da und bekam den Mund nicht zu.
Plötzlich straffte sie sich, zog einen Stuhl vom Tisch ab, pflanzte sich darauf, legte die Füße auf die Reling und tat so, als wenn sie eine dicke Zigarre rauchen würde.
„Schampus!“, rief sie, „I bin a Millionärin, wo bleibt de Bedeanung?“
Sie sprang auf und sagte zu mir:
„Is Quatsch oda? Du vaschoasserst mi oda?“
„Nein, kein Qutasch, die Zahlen lügen nicht. Die Frage ist, ob du mitmachen willst.“
„Willst du mitmachen?“, fragte ich den sprachlos dreinschauenden Seppi.
„Vier Millionen Grundkapital für eine Gesellschaft, die Wagniskapital investiert? Und ich der Geschäftsführer? Ich müsste ja Tinte gesoffen haben, wenn ich das nicht machen würde. Vier Millionen?“
„Wenn Jule mitmacht, vier, wenn nicht, dann drei.“
In Jule arbeitete es.
„Vier!“, sagte sie und streckte die Hand aus. Seppi griff zu und ich auch.
Mit gänzlich neuen Gefühlen und Gedanken gingen wir tauchen. Wir entdeckten eine Grotte, die nicht allzu tief in den Steilhang hinein ging. Jule stieß mich an und schüttelte den Kopf. Sie konnte es nicht glauben, ich zeigte ihr den hochgereckten Daumen.
Wir lagen schweigend in den Sonnenliegen, nach dem Tauchgang und einem von Jules leckeren Salaten.
„Unfassbar!“, meinte Seppi nach einiger Zeit, stand auf, nahm meine Hand, verneigte sich und forderte uns auf:
„Meine Damen!“
Es ging in die Masterkabine, dort zog er mich genüsslich aus, in aller Ruhe, mit aller Zeit der Welt. Jule stand daneben und sah zu.
Dass ich sofort in Brand geriet war ja sonnenklar. Mit der Zukunftsaussicht, mit den beiden liebsten Menschen auf der Welt? Ich brannte lichterloh vor Glück.
Seppi streichelte mich, bearbeitete meinen Körper, dass ich flimmerte vor lauter Hitze. Als er über mich kam, war ich bereits komplett aufgelöst, als er in mich eindrang, als er mich mit dem heißesten Penis des gesamten Universums beglückte, hob ich unmittelbar ab in den Himmel der Lust. Dort trieb ich zwischen den Glückssternen umher, angetrieben von dem glühenden Lustkolben, der mich in die rotglühende Welle verbrachte, der mir die Sinne raubte und mich ins Glücksparadies hinein katapultierte. Vollkommen von Sinnen tobte ich unter dem Süßen daher, kratzte seinen Rücken, bohrte die Nägel tief ein, wand mich wie eine Schlange, molk den Heißen mit allem, was mir zur Verfügung stand.
Er vögelte mich mit aller Kraft, mit der gesamten Macho-Stärke brachte er mir Glück und Befriedigung. Zum Ende hin, zugleich mit meinem X-ten Abgang und dem gewaltigsten Lust-flash, kam die Raserei über ihn, über uns. Mit aller Kraft schenkten wir uns einander, gaben uns vollständig aus, schenkten uns dem anderen.
Wundervoll, ganz, ganz wundervoll.
Schwer atmend lag er auf mir, ich küsste ihn, liebte ihn, wollte ihn für immer in mir behalten. Es dauerte eine ganze Zeit, bis ich meine Umgebung wieder richtig wahr nahm.
Jule schaute zu mir herüber, zwischen uns lag Seppi und ruhte. Jule sah nicht nur mich an, sondern auch Seppi. Mehr in dessen Mitte, als in sein Gesicht. Sein Penis war noch nicht ganz klein, er lag auf seinem Unterkörper, ragte zwischen dem dunklen Busch der Schambehaarung hinaus auf den Bauch, an dem er eine kleine, feuchte Stelle gebildet hatte.
Ich war glücklich, kann man ja sicher nachvollziehen. Was Jule empfunden hatte und jetzt empfand, konnte ich mir nicht so recht vorstellen. Sie war geil, das sah man ihr an, und sie betrachtete Seppis Prachtexemplar.
„Willst du ihn mal anfassen?“, fragte ich sie und erlaubte es ihr damit.
Sie schaute erschreckt auf Seppi, der hielt die Augen geschlossen, er ruhte, kein Wunder nach der Leistung.
Sie schielte auf den ruhenden Pimmel, führte zwei Finger ganz vorsichtig in die Richtung, berührte ihn ganz zart mit spitzen Fingern, zog die Hand gleich darauf zurück.
„Da is feicht!“, flüsterte sie, mit einem gewissen Entsetzen in der Stimme.
„Logisch! Du weißt doch, wo er herkommt.“
Das leuchtete ihr ein, sie fasste ihn noch einmal an, befingerte ihn, betastete ihn. Seppi blinzelte unter den geschlossenen Augenlidern, er rührte sich nicht.
Jule nahm ihn in die Hand, wusste nicht recht, was sie tun sollte.
„Nimm ihn in den Mund“, schlug ich vor.
„Wie?“, fragte sie, schaute von mir auf den Pimmel und wieder zu mir.
„Du meinst?“
„Ja, dann wird er am schnellsten groß.“
„Öh“, sagte sie, beugte sich über das saftglänzende Teil, überwand sich und nahm ihn zwischen die Lippen.
„Nicht mit den Zähnen“, gab ich weiterhin ungefragt Tipps. „Die Eichel nicht mit den Zähnen berühren. Mit der Zunge die Eichel lutschen, die Unterkante ist besonders empfindlich.“
Als sie sich einmal überwunden hatte, da ging es. Das Schwänzchen war immer noch klein.
„Lutsch mal richtig dran, dann wird er gleich wieder groß.“
Man sah ihn wachsen, Jule behielt ihn im Mund, zeigte darauf und nickte.
Was für ne Dolle! Sie war begeistert, obwohl die Angst und Vorbehalte offensichtlich waren.
Sie lutschte weiter.
„Den Schaft mit der Hand, rauf und runter.“
Wie beim Tauchen folgte sie auch hier aufs Wort. Man sah den Pimmel weiter wachsen, bis er die ganz normale, gebrauchsfähige Form angenommen hatte.
Es war geil, die nackte Jule zu beobachten, zu wissen, dass Seppi alles mitbekam, zu sehen, wie seine Erregung wuchs und mitzubekommen, wie geil und wie neugierig Jule war. Ich hätte ihn gern jetzt drinnen, den geilen Pimmel dort, ohja, obwohl unser Nümmerchen keine zehn Minuten her war.
Nun war er hart und groß und betriebsbereit, so schnell nach dem letzten Erguss.
„Willst du ihn dir rein schieben?“, fragte ich sie.
„Äh“, antwortete sie. Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte wohl, ihre Geilheit war nicht zu übersehen, aber den Mut brachte sie wohl nicht auf.
„Steig mal drüber.“
„Du meinst?“, sie war sehr unsicher und traute sich nicht.
„Denk an den Eid der Veaux Marins“, brummelte Seppi mit seiner tiefen Stimme. „Ich halte mich dran.“
Erschreckt schaute Jule zu Seppi. Der öffnete die Augen, verschränkte demonstrativ die Hände hinter den Kopf. Klar hatte der Schlickefänger an der Aktion seinen Spaß, logisch! Der Schlawiner der. Aber er würde sich an den Eid halten, er würde sie nicht anrühren, darauf war Verlass. Sie brauchte sich an keinen Eid zu halten und das tat sie auch nicht.
Tatsache, ich hielt die Luft an! Sie stieg über den liegenden Liebsten. Wenn sie den Pimmel loslies, ragte er schräg über den Bauch. Sie berührte ihn, mit den Schamlippen, sie gab ihm damit praktisch einen Kuss. Es erregte mich, keine Frage, war ich eifersüchtig?
Seltsamerweise nicht. Es war so ähnlich, als würde ich ihn selbst berühren, ich wusste genau, was Jule in dem Moment empfand.
Sie führte ihn sich nicht ein, sondern drückte ihn mit ihrer Musch auf den Bauch. Sie schielte erst auf das, was sie da tat, nach ein paar Augenblicken bewegte sie sich mit geschlossenen Augen auf dem Pimmel hin und her, vor und zurück. Das sah irre geil aus. Sie schubbelte sich mithilfe des Penis die Möse, echt, hab ich noch nie gesehen. Es schien ihr Spaß zu machen. Den Schlawiner brauchte ich nicht zu fragen, der genoss mit geschlossenen Augen diese zarten Berührungen an seinem heißen Stück. Ich glaubte nicht daran, dass einer der Beiden durch diesen Reiz zum Höhepunkt kommen würde, wobei ich mir da nicht so ganz sicher war.
Da ich keinen Eid geleistet hatte, brauchte ich mich nicht zurück zu halten. Ohne lange nachzudenken zwirbelte ich Jules Brust. Sie riss erschreckt die Augen auf, sah, dass ich es war, die sie berührte und schloss die Augen wieder. Ihr Mund öffnete sich, sie bekam Gefühle. Sie erhöhte das Tempo und rubbelte schneller mit der Musch über den Penis, und anscheinend auch fester. Ohne Vorwarnung bekam sie einen Höhepunkt, sie keuchte zwei-dreimal und kam. Klein aber fein, würde ich sagen.
Sie schaute mich an, ich kniff ihr in die Brust und zwinkerte ihr zu.
Sie nickte, als wenn sie sich selbst über die Richtigkeit ihrer Handlung bestätigen wollte und allen Mut zusammenreißen müsste. Mit zitternder Hand richtete sie den liegenden Penis auf und schob ihn vor ihr Döschen.
Alter, war das geil dabei zuzuschauen!
Sie schaute mich an und senkte sich ein paar Millimeter ab, der Penis drang kaum ein. Ihr Mund öffnete sich. Man sah ihr die Angst an, aber auch die Geilheit. Sie senkte sich noch ein paar Millimeter, ihr Mund formte sich zu einem ‚O‘, geräuschlos. Sie hielt sich an meiner Schulter fest, schloss die Augen und senkte sich vollständig auf den heißen Pimmel meines Liebsten. Ihre kahlrasierte Musch berührte den stark behaarten Schambereich meines Süßen. Ihre Hand, die Fingernägel bohrten sich in meine Schulter.
„Ja, krutzi….!“, brach es aus ihr heraus.
Es war ihr unheimlich, ein fremdes, heißes Stück Fleisch in ihrer Musch zu haben, andererseits war es so geil für sie, dass sie dahinschmolz. Sie teilte mir auf der Gefühlsebene genau das mit. Es war beinahe unheimlich, so intensiv mit einem anderen Menschen Gefühle auszutauschen und das Gleiche zu empfinden wie sie.
Mein Schlickefänger lag da mit einem Gesicht wie ‚Welt im Döschen‘. Dass er seine Freude hatte, kann man sich ja gut vorstellen. Er lag da, breit und bräsig, die Hände im Nacken und ließ sich den Schwanz bearbeiten.
Tatsächlich begann Jule nach kurzer Zeit, sich mit dem heißen Pimmel zu ficken. Es sah irre geil aus, auch weil man ihr ansah, dass sie so etwas noch nie gemacht hatte. Die Hitze flimmerte über ihr, es trat Schweiß auf die Oberlippe, der Atem wurde laut und lauter. Sie ritt in gleichmäßigem Tempo, die Hitze nahm zu und zu. Seppi sagte: „Boh, eh!“
Jules Bewegungen wurden heftiger, man sah, dass sie emotional voll aufgeladen war. Sie bewegte sich immer eckiger, abgehackter, ihre Fingernägel bohrten sich tief in meine Schulter. Sie warf den Kopf in den Nacken. „Oh!“, sagte sie, „Oh!“
Man sah ihr an, dass sie gleich kommen würde, ich zwirbelte ihr mittlerweile beide Brüste. Von ganz tief unten stöhnte sie, höher und höher, lauter und lauter, dann kam sie, keuchte, stöhnte, jammerte. Als sie ganz oben angekommen war, keuchte sie extrem und stöhnte, dann hob sie ab. Seppi begleitete sie, er rief: „Umpf! Umpf! Umpf!“
Jule stöhnte immer noch laut, stützte sich auf Seppi ab und atmete ihm wie wild ins Gesicht, mit geschlossenen Augen. Sie sackte zu meiner Seite von ihm herunter. Ich fing sie auf, sie umarmte mich und ließ mich nicht mehr los. Sie atmete weiter heftig, hielt sich an mir fest, die Augen geschlossen.
Seppi drehte sich auf die Seite, er hatte erst einmal genug, kann man sich ja vorstellen.
Jule kuschelte sich an mich, sie glühte, war schweißnass.
„Puh!“, flüsterte sie mir ins Ohr. „Des is fei ostrengend!“
„Geil war das!“
„Jo, sicha. 'etz woass i wia 's gäd, 'etz woass i, wos du empfindest, jetz is 's aa guad.“
Was damit gemeint war, konnte ich mir nicht vorstellen. Jule schloss die Augen und lehnte sich an mich. Seppi schlief.
„Komm, mia gengan tachan!“
Aus Jule wurde ich nicht schlau, nein.
Wir zogen Badesachen an, schnallten die Tauchausrüstung um, ließen Seppi den wohlverdienten Schlaf nehmen, glitten ins Wasser und waren schwerelos in dieser wunderbaren Unterwasserwelt.
Eine Stunde später saßen wir auf dem Achterdeck, hatten uns notdürftig abgetrocknet und ließen den Rest die Sonne erledigen. Jule sprach Hochdeutsch, also war es ihr ernst:
„Mir ist es sehr recht, das jetzt einmal erfahren zu haben. Das reicht mir aber auch. Einen Orgasmus mit dir mit zu erleben, ist ungefähr zehnmal stärker, als das, was ich mit Seppi gefühlt habe.“
„Was?“, fragte ich ungläubig.
„Des hoasst ned wos, sondern wia bitte!“, berichtigte sie mich, breit grinsend. Sie wurde wieder ernst und sprach Hochdeutsch:
„Ich weiß jetzt, was du fühlst und empfindest. Wenn das heiße Ding so weit oben drin ist, das ist schon irre. Aber auch unheimlich oder? Logisch, ist es geil, aber noch geiler ist es, dir zuzuschauen.“
„Quatsch!“, behauptete ich. „Zuschauen ist geil, keine Frage, aber gegen das reale Leben ist das doch nichts!“
Jule griente schief.
„Fia de oan jo, fia de andern na!“
„Dein Ernst?“
„Obsolut! I werd ned mehr mid am Mo schlafa, mid deim schonmoi goar ned. I woass wia 's gäd, des reicht ma.“
„Ach, komm!“, ich wollte das nicht recht glauben. Ihr Gesicht blieb ernst, sie meinte es tatsächlich so.
„Ach, das überlegst du dir sicher nochmal. Aber lass die Finger weg von meinem!“, drohte ich ihr mit dem Finger.
„Koa Soage, da is safe!“
„Ich habe Hunger!“, meldete ich mich an.
„I a!“, betonte Jule und machte sich gleich an die Arbeit. Zum mindestens hundertsten Mal fragte ich mich: Verstehe ich diese Frau? „Gewiss nicht!“, sagte ich laut.
Seppi kam, ganz verstrubbelt und zerknittert, gab mir ein Begrüßungsküsschen und ließ sich auf einen der Korbstühle fallen.
„Boh, eh, hab ich das geträumt oder war das echt mit ihr?“, er wies mit dem Daumen über die Schulter.
„Nee, war schon echt. Wie war es denn?“
Er schaute vorsichtig auf meine Reaktion.
„Naja, wie soll es schon gewesen sein? Ich hatte einen Abgang.“
„Sie sagt, sie weiß jetzt wie es geht und das reicht ihr. Sie ist immer noch der Meinung, dass sie keinen realen Sex braucht.“
Unbedacht aber aus voller Überzeugung stieß Seppi aus:
„Weiber! Versteh einer die Weiber!“
Jule kam mit Geschirr, ich nahm es ihr ab und deckte den Tisch.
Als wir den ersten Hunger gestillt hatten, kamen wir auf das Vorhaben ‚Cupidon‘ zu sprechen.
„Jetzt sag mal echt“, begann Seppi und schnitt sich ein großes Stück von seinem Steak ab. Zwischen ihm und Jule schien sich kaum etwas verändert zu haben, Jule reagierte auf ihn mit weniger Scheu, doch ja, sie saß nun neben ihm und zuckte nicht mehr zurück, wenn er sie berührte. Es gab aber keine sexuelle Spannung zwischen ihnen, zumindest nahm ich keine wahr.
„Hast du echt Interesse daran, da einzusteigen? Kannst du wirklich drei Mios locker machen?“
Das fragte er mich. Mit vollen Backen kauend schaute er, wie ich darauf reagiere.
„Ja, das kann ich. Ich habs mir auch genau überlegt, so genau, wie das anhand der mageren Informationen möglich ist. Ja, ich habe von der Entschädigung für den Schiffbruch drei Mio übrig behalten über die ich frei verfügen kann.“
Jule hörte zu, ohne vom Teller aufzuschauen. Seppi säbelte an einem neuen Stück vom Steak und erklärte mir:
„Du weißt, was Wagniskapital bedeutet? Es ist ein Wagnis, es besteht das Risiko, dass das Geld verloren geht.“
Der Ton insgesamt war mir zu ernst, ich versuchte, ihn aufzulockern:
„Du hast wohl Angst, dass du hier kein Steak mehr bekommst? Keine Sorge, dafür wird immer genug Geld bleiben.“
Seppi blieb ernst, er legte seine Hand auf meine und schaute mich in einer Art an, dass es mir durch Mark und Bein ging.
„Jo, und i?“, mischte sich Jule ein, der es ebenfalls zu ernst wurde. Sie hatte gewiss noch nicht realisiert, welche Menge Geld sie besaß und damit, wie unabhängig sie dadurch wurde. Es schien ihr wichtig zu sein, bei uns oder bei mir zu bleiben. Mein Herz klopfte schon wieder so doll.
Seppi schaute mich weiterhin so forschend an.
„Weißt du, was du da tust?“
War ich hier unter Freunden oder nicht? Ich war bereit, oder besser, ich wäre bereit, den beiden mein Leben anzuvertrauen, ich war der Meinung, dass ich mit den beiden offen reden konnte. Jule wusste eh Bescheid, so erklärte ich die neuere Geschichte und einen Teil meines Geldes. Jonas und die Wohnung und das Geld aus deren Verkauf ließ ich weg, geht keinen etwas an.
„Die Cupidon habe ich von dem Geld gekauft, das ich gemeinsam mit einem Geschäftspartner aus Deutschland vor Jahren erwirtschaftet habe.“
Den genauen Hergang bei der Sache mit Christian brauchte ich nicht zu erklären, das würde auch zu weit führen.
„Davon haben wir die ganze Zeit gelebt und können auch noch weiter davon leben, jahrelang, sogar Jahrzehnte. Dann hat mir der Idiot die Cupidon versenkt und ich habe ihn dafür bluten lassen. Letzten Endes hat er zwanzig Mal soviel dafür bezahlt, wie sie gekostet hat. Er hat uns achtzehn Millionen gezahlt. Die Comtesse hier hat sechseinhalb gekostet, die weitere Ausrüstung und unser Shopping, dazu das nächste halbe Jahr, da kommen etwa hundertfünfzig- zweihundert zusammen, Tausend meine ich.
Jule hat fünf Mios Schmerzensgeld bekommen, das bedeutet, es sind noch mehr als sechs Mios übrig. Davon werde ich die Hälfte investieren und die andere Hälfte im Laufe der nächsten zwanzig Jahre verjubeln.
Spätestens in drei bis fünf Jahren werden die drei Mios wieder zurückgeflossen sein, darauf kann ich, glaube ich, bauen, und ab da läuft die Rendite von ganz allein. In der Zeit werde ich mit den beiden liebsten Menschen des Universums die sieben Weltmeere unsicher machen.
Hat der Plan einen Haken? Bekommt er deine Genehmigung, Herr Geschäftsführer?“
Seppi grinste, er wandte sich an Jule und zeigte auf mich.
„Da, schau dir das an! So klein und so zart wie sie ist, meint man, dass sie noch ein Kind ist, eines, das vielleicht noch am Daumen lutscht, mindestens aber mit Puppen spielt. Und was ist sie? Eine knallharte Geschäftsfrau, die in kurzer Zeit komplexe Sachverhalte erkennt und zu ihrem Vorteil nutzt, was sagst du dazu?“
Jule sagte das, was sie in den unmöglichsten Situationen sagt:
„Jo-mei!“
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Ein weiteres Erlebnis von Lona gibt es in Episode IX. Es gibt darin natürlich Erotik, jedoch auch sehr viel Crime.
Die Übersetzungen vom Ruhrgebietshochdeutsch ins Bayrische habe ich von dieser APP:
https://www.respekt-empire.de/Translator/?page=translateEngine
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Ich muss gestehen, der Umfang deiner Geschichten hat mich immer wieder abgeschreckt. Du schreibst eben nicht den Quickie für zwischendurch. Bei der Lona-Reihe bin ich aber irgendwie hängen geblieben. Vielleicht weil mir -auch ein Kind des Ruhrgebiets- die Sprache vertraut war.
Zu der Geschichte selber kann ich nur sagen, dass ich die Wandlung der Protagonistin von einem Girlie-Exemplar des Klischees Dumm bumst gut zu einer selbstbewussten, erwachsenen Frau sehr gelungen finde. Du hast hier einen sehr interessanten und sympathischen Charakter erschaffen, den man (ich) gerne kennen lernen würde.
Die Szenen mit der schönsten Nebensache der Welt sind toll beschrieben und passen immer irgendwie ins Gesamtbild.
Aber auch die Rahmenhandlung ist insgesamt eine runde Sache. Egal ob Reiseroute, Sehenswürdigkeiten, Sportbootführerschein. Man hat immer den Eindruck, dass die Fakten gut recherchiert sind und stimmen.
Sprachlich ist das ganze nahe an der Perfektion.
Nachdem ich nun in kürzester Zeit alle verfügbaren Teile der Geschichte gelesen habe, muss ich nun auf eine Fortsetzung warten. Hoffentlich nicht allzu lange; und wenn ich dann die Infos in deinem Profil richtig interpretiere erwartet uns ein Action Finale. Und dann ist Schluss. Das ist doch Mist ;-)
Aber zum Glück gibt es noch andere Geschichten von dir. Mal sehen wie die so sind.
Danke, dass du uns an deinen Geschichten teilhaben lässt«
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