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Kommentare: 6 | Lesungen: 2439 | Bewertung: 8.91 | Kategorie: Lesbisch | veröffentlicht: 03.06.2019

Moppelchen und Pigalle - Die Löwin

von

Teil 1: Im Schwimmbad


Teil 2: Ein Abend zu Dritt


Teil 3: Die Autopanne


Teil 4: Großer Kundenservice


Teil 5

»Hallo Amelie. Lange nichts mehr von dir gehört. Geht’s dir gut?«


»Ich…Nein…nicht wirklich.«


Nicole Baumann straffte sich unwillkürlich bei diesen Worten. Sie wartete, auf einen unbequemen Designerstuhl verbannt, im Vorzimmer eines großen Sportgeräteherstellers auf den Beginn eines wichtigen Termins. Die Sekretärin des Chefs warf ihr einen despektierlichen Blick zu. Der Blick transportierte die unausgesprochene Frage, wie die Besucherin die Nerven haben konnte, in ihrem Vorzimmer nach einem Handy zu greifen. Und wie es überhaupt sein konnte, dass es hier drinnen klingelte.


Nicole beachtete sie nicht. Die einschläfernd langweilige Wartezeit der letzten Minuten, fiel wie ein Mantel von ihr ab. Sofort war sie hellwach.


»Was ist passiert? Brauchst du Hilfe?« Ihre Stimme war ein wenig zu laut geworden, woraufhin die Sekretärin erneut von ihrer klappernden Tastatur aufschaute.


»Ich…Nein, keine Hilfe. Es ist nur…«


»Was?«


»Es…Es war jemand hier im Laden. Und…« Amelies Stimme brach ab. Nicole hörte nur noch den Atem der jungen Frau. Er war schnell und unrhythmisch, als hätte sie Mühe Luft zu bekommen. Nicoles Herz klopfte ihr plötzlich bis in den Hals. Sie spürte wie ihre Handflächen feucht wurden und sie Mühe hatte das klobige Smartphone zu halten.


»Bist du überfallen worden?« Sie sprach jetzt so laut, dass die Sekretärin das Tippen einstellte und sie neugierig musterte. Ihr Mund öffnete sich kurz, als hätte sie eine Frage stellen wollen und es sich im letzten Moment anders überlegt.


»Soll ich die Polizei rufen? Brauchst du einen Arzt?«


»Nein, keine Polizei«, kam Amelies Antwort ein wenig zu schnell zurück. »Und ich bin in Ordnung ich brauche keinen Arzt.«


Nicole spürte die Ungeduld in ihren Fingerspitzen kribbeln. Sie musste sich beherrschen, das scheinbar völlig verstörte Mädchen nicht anzufahren, sich nicht jedes Wort aus der Nase ziehen zu lassen.


Endlich begann Amelie mit leiser Stimme zu erzählen.


»Da war so ein Kerl. Er kommt seit ein paar Tagen jeden Morgen in den Laden. Am Anfang hat er mich nur komisch angeschaut, aber heute ist er vollkommen ausgetickt. Er kam hinter die Theke, hat mich angefasst. Hat mir seine eklige Hand zwischen die Beine gedrückt. Es war…«, Amelies zitternde Stimme brach ab. »Ich habe Angst, dass er nochmal wiederkommt.«

»Bist du alleine?« fragte Nicole jetzt wieder leiser. »Wo sind deine Mama und dein Papa?«


»Die sind heute Morgen weggefahren. Ich mache den Laden heute alleine und fahre erst am Abend wieder nach Heidelberg.«


Nicole wollte gerade etwas sagen als Amelie weitersprach. »Ich glaube der wusste dass meine Eltern weggefahren sind. Warum ist er sonst ausgerechnet heute handgreiflich geworden? Ich habe Angst, dass der da draußen irgendwo auf mich wartet.«


»Hast du jetzt abgeschlossen?«


Nicole stellte sich die kleine Bäckerei in dem verschlafenen Nest irgendwo im Odenwald vor. Der Verkaufsraum, die Theke, das Schaufenster und die schmale Tür mit der Klingel, die jeden Kunden ankündigte. Es lag ein paar Monate zurück, da sie dort selbst um Hilfe bittend eingetreten war. Trotzdem erinnerte sie sich genau an den beschaulichen kleinen Laden, in dem die Zeit vor dreißig Jahren stehen geblieben schien. Sofort hatte sie den Duft von frischem Brot in der Nase. Amelie tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Eine schlanke, großgewachsene junge Frau. Die dunkelrot gefärbten Haare von einem weißen Stirnband hochgehalten. Eine kurze Kittelschürze umgehängt, die den Eindruck vermittelte als würden die langen, braungebrannten Beine niemals enden. So hatte sie sie zum ersten Mal gesehen. Und sich auf diese besondere Art direkt in sie verliebt.

»Ja, ich habe den Laden und die Backstube zu gemacht.« Einen Moment lang blieb sie stumm. »Ist sowieso jetzt Mittagspause.«


Fieberhaft dachte Nicole nach, was sie tun konnte. Sie war hunderte Kilometer weg. Sie wusste, dass Amelie in Heidelberg studierte. Dort waren all ihre Freunde und Bekannten. Aus dem Dorf in dem Amelies Eltern die letzte verbliebene Bäckerei und den kleinen Laden betrieben, war auch keine Hilfe zu erwarten. Vor allem keine Schnelle. Als ob Amelie ihre Gedanken lesen konnte, durchbrach sie ihre Überlegungen.


»Kannst du vorbeikommen?« Sie fragte so leise, als koste es sie eine Menge Mühe die Frage zu stellen.


»Schatz, ich würde sofort kommen, wenn ich könnte, aber ich bin in Köln. Egal wie ich es anstelle, ich brauche Stunden bis ich bei dir bin.«


»Oh. Tut mir leid, das wusste ich nicht.«


»Natürlich nicht. Und das muss dir nicht leidtun. Schatz, hör zu. Du bleibst wo du bist, du lässt die Tür verschlossen, du gehst nicht raus, auch wenn draußen die Welt untergeht. Hast du gehört? Ich schicke dir jemanden vorbei. Sie kümmert sich um dich. Versprochen.«


»Danke. Das ist echt lieb von dir. Ich weiß selber, dass ich vollkommen überreagiere und mich wie ein dummes…«


»Nein«, unterbrach Nicole das verängstigte Mädchen mit fester Stimme. »Davon will ich nichts hören. Du bleibst wo du bist und wartest auf meine Freundin.«


»Danke Nicole.«


»Ich habe dich lieb. Ich komme zu dir, sobald ich fertig bin, ja? Versprochen. Jetzt lege ich auf und kümmere mich um alles Weitere.«

Ohne auf eine Antwort zu warten, drückte sie das Auflegen Symbol auf ihrem Display. Aus den Augenwinkeln sah sie die Sekretärin, die sich von ihrem Platz erhoben hatte. Eben noch hatte sie eine arrogante Miene zur Schau getragen. Jetzt las Nicole sowas wie Besorgnis in ihren Augen.


»Die Herren haben nach Ihnen gerufen. Sie sind jetzt soweit«, sagte sie. Gleichzeitig hob sie abwehrend eine Hand, wie um den erwarteten Protest im Keim zu ersticken. »Ich sage ihnen, dass Sie einen wichtigen Anruf tätigen müssen. Sie werden das verstehen. Fünf Minuten, ok?«


Nicole nickte dankbar. Sie hörte nur mit einem Ohr zu. Ihr Finger tanzte über das Display. Die Nummer die sie suchte, war der oberste Eintrag im Telefonspeicher. Vor einer halben Stunde, unmittelbar bevor sie in das Büro eines der größten deutschen Sportgerätehersteller eingetreten war, hatte sie sie angerufen. Ihre Freundin hatte ihr Glück gewünscht für den Sponsorenvertrag, den sie hoffte hier und heute abschließen zu können.

»Schon fertig? Wie ist es gelaufen?« meldete sich Michaela.


»Bist du noch daheim?« fragte Nicole ohne auf die Fragen ihrer Freundin einzugehen.


»Ja«, kam es zögerlich zurück. »Stimmt was nicht?« Natürlich war ihr der drängende Tonfall selbst nach vier einfachen Wörtern aufgefallen.


»Du erinnerst dich an Amelie. Das Mädchen aus der Bäckerei, bei der ich vor ein paar Wochen gestrandet bin, als ich deinen Audi kaputtgefahren habe.« Sie wartete nicht auf eine Antwort. »Wie schnell kannst du dort sein?«


»Dort? Wo? Bei Amelie?«


»Ja.«


»Hä? Was soll ich dort?«


»Wie schnell kannst du dort sein.« Nicoles schneidende Stimme ließ keinen Spielraum für weitere sinnlose Nachfragen. Und die waren jetzt auch nicht mehr nötig. Michaela hatte erkannt, dass es Nicole mehr als ernst war mit ihrem Anliegen. »Der Ort liegt irgendwo nördlich von Eberbach. Vielleicht zehn Kilometer. Keine Ahnung. Wie schnell bist du dort.« Es war nicht als Frage formuliert.

Michaela überlegte fieberhaft. Sie spielte zwei, drei Möglichkeiten im Kopf durch, soweit sie die Route ohne Landkarte zusammenbauen konnte. »Mindestens eine Stunde.«


»Wie schnell kannst du für MICH dort sein.«


»Herzchen, was ist denn los. Warum bist du so aggressiv?«


»Wie schnell Michi.«


»Fünfzig Minuten vielleicht. Wenn ich mich gleich auf den Weg mache und mir egal ist, ob ich morgen noch einen Führerschein habe.«


»Fahr los. Ich schicke dir die genaue Adresse per WhatsApp.«


»Was…«


»Michaela!«


»OK. Ich bin ja schon unterwegs.«


»Bis später.«


»OK.«


»Michi?«


»Ja?«


»Ich liebe dich.«


»Ich dich auch, Moppelchen.«

Zwei Minuten später erwachte ein misanorotes Audi RS5 Cabrio brüllend zum Leben. Die offenen Auspuffklappen brachten die Tiefgarage, in dem es abgestellt war zum Beben. Als die Schranke am Ausgang sich öffnete und die 450 PS die Reifen zum Durchdrehen brachten, schreckten die Passanten zur Seite. Bis sie sich nach dem infernalisch röhrenden Geschoss umgeschaut hatten, waren nur vier schwarze Streifen auf dem Asphalt und eine Menge blauer Rauch zurückgeblieben.

47 Minuten später hielt das Cabrio vor einer kleinen Bäckerei, etwa 15km nordöstlich von Eberbach. Der Wagen knisterte und knackte, als protestiere er über den rüden Umgang, mit dem er hierher geprügelt worden war. Michaela ließ das Auto noch eine gute Minute laufen, um dem wie wild rotierenden Lüfter die Möglichkeit zu geben, die völlig überhitzten Komponenten wenigstens noch ein wenig herunter zu kühlen, ehe sie ihn abstellte. Sie war mit geschlossenem Verdeck aber offenen Seitenscheiben gefahren. Entsprechend chaotisch präsentierte sich ihr brauner Lockenkopf, den sie im Rückspiegel betrachtete. Während der ganzen Zeit in der sie mit im Leerlauf vor sich hin blubberndem Motor gewartet hatte, behielt sie die Spiegel im Auge. Aber die Dorfstraße hinter ihr blieb ruhig. Keine Streifenwagen mit Blaulicht hatten die Verfolgung aufgenommen. Keine Polizeihubschrauber kamen im Tiefflug über die Baumwipfel angeflogen, um das außer Kontrolle geratene rote Audi Cabrio zu stellen, dass eben noch mit 150km/h durch das Neckartal gerast war.

Die Stille die nach dem Abschalten des Motors herrschte, dröhnte in ihren Ohren. Nur langsam ebbte der Adrenalinschub ab, der sie wachsam und höchst konzentriert hierhergeführt hatte. Als sie ausstieg und die Tür hinter sich ins Schloss warf, vernahm sie eine Bewegung oben am Fenster über der Bäckerei. Ein rotbrauner Bubikopf linste zaghaft hinter dem zur Seite geschobenen Vorhang vor. Auch wenn Michaela Amelie nie persönlich getroffen hatte, wusste sie von Nicoles Erzählungen, dass sie das junge Mädchen vor Augen hatte, wegen der sie gerade Kopf und Kragen riskiert hatte. Von ihrem Führerschein einmal ganz abgesehen.


In dem Moment als sie vor die Treppe trat die hinauf in den Laden führte, klingelte ihr Smartphone. Sie hielt es noch in der Hand, nachdem sie es vom Beifahrersitz gefischt hatte.

»Wo bist du?« meldete sich ihre Freundin kaum dass sie das Handy am Ohr hatte.


»Was soll das heißen, wo bin ich. Du weißt doch wo du mich hingeschickt hast.« Michaela sah, dass Amelie gerade durch den Laden gelaufen kam. Sie schwenkte einen Schlüsselbund. In ihrem Gesicht stand zu lesen, dass sie erkannt hatte, wer dort vor der Tür stand.


»Ich meine, wo du unterwegs bist, du Gurke. Und wie lange du noch brauchst.«


»Schatz, nicht jeder fährt so langsam wie du. Ich bin da. Ich stehe vor der Bäckerei. Amelie schließt gerade die Tür auf.« Die Tür schwang auf, als Michaela den letzten Satz aussprach. Sofort hellte sich das angespannte Gesicht der jungen Frau ein wenig auf.


»Du bist die allerbeste. Ich liebe dich. Habe ich das heute schon gesagt?«


»Vor ein paar Minuten, siebzig Kilometer von hier entfernt, ja.«


»Gib sie mir bitte.«


Michaela streckte Amelie das Smartphone entgegen, die es ihr aus der Hand nahm.


»Nicole?«


»Hallo Amelie. Das ist Michaela. Meine Freundin. Du kennst sie durchs Telefon. Sie hat den Abschleppwagen organisiert als ich bei dir gestrandet war.« Amelie nickte. Sie hatte Michaela nicht aus den Augen gelassen, während sie zugehört hatte.


»Ja, ich weiß.«


»OK. Sie bleibt bei dir solange wie nötig. Ich bin hier fertig. Mein Zug geht in einer Stunde, ich bin gegen 17 Uhr in Mannheim. Von dort muss ich sehen wie ich zumindest bis Eberbach komme. Ich melde mich wieder. Vielleicht müsst ihr mich dort abholen, vielleicht nehme ich auch ein Taxi.«


»Das ist so lieb von euch, ich weiß gar nicht wie…«


Michaela schüttelte lächelnd den Kopf, obwohl sie nur ahnen konnte was Nicole am anderen Ende zu ihr gesagt hatte. Nicole unterbrach sie im selben Augenblick.


»Du musst Garnichts. Dafür sind Freundinnen da. Deine und meine. Du bist bei Michi sicher. Hast du gehört? Wenn sie da ist, tut dir niemand was. Das verspreche ich dir.«

Tränen traten in Amelies Augen. Michaela streckte die Hand aus und berührte das junge Mädchen sachte am Arm. Behielt die Hand einfach dort ohne ein Wort zu sagen. Amelie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.


»Bis nachher mein Schatz. Gibst du sie mir nochmal?«


»Bis nachher, Nicole. Und danke.« Mit zitternden Fingern reichte sie das Handy zurück.


»Ja?«


»Lass dir erzählen was passiert ist. So genau weiß ich es auch noch nicht. Ich bin irgendwann am späten Abend bei euch. Du passt auf sie auf. Versprich mir das.«


»Natürlich. Uns passiert nichts. Mach dir keine Sorgen. Wir sind große Mädchen.« Sie zwinkerte Amelie aufmunternd zu, die nicht so recht wusste, ob sie dem zustimmen konnte. Es war unschwer zu erkennen, dass die Situation ihr unendlich peinlich war.


»Danke. Bis nachher.«


»Bis nachher.« Sie wollte gerade mit dem Daumen über das Auflegen Icon streichen, als ihr etwas einfiel.


»Halt. Nicole?« rief sie ihrer Freundin hinterher. Sie rechnete damit dass die schon aufgelegt hatte, aber sie war noch dran.


»Hast du ihn?«


»Ja.«


Ein strahlendes Lächeln erschien in Michaelas Gesicht. Einen Moment lang sagte keine von beiden etwas. Michaela konnte spüren, wie das selbe Lächeln sich auf das Gesicht ihrer Freundin legte. Zu hart hatte sie die letzten Wochen für diesen Vertrag gekämpft.


»Hab dich lieb.«


»Ich weiß.«

Als Michaela das Handy sinken ließ, erwartete sie ein fragendes Gesicht. Die Frage ob sie ‚ihn‘ hatte, verwirrte Amelie sichtlich. Aber Michaela wollte von der Straße weg und entschied, die Frage erst später zu klären. Sie drehte sich um, hob theatralisch den Autoschlüssel in Richtung des abgestellten Audis und drückte den Verriegelungsknopf für die Zentralverriegelung, aber der Wagen gab keinen Laut von sich. Nur die Blinker zuckten kurz. Sie hatte ihn bereits verriegelt. Sie zuckte die Schultern und grinste Amelie verlegen an. Das brach das Eis zwischen den beiden, wenn denn je eines vorhanden gewesen war.

Amelie trat einen Schritt zur Seite, ließ Michaela eintreten und schloss hinter ihr ab. Der typische Geruch einer Bäckerei umwehte Michaela. Unwillkürlich nahm sie einen tiefen Atemzug, der würzig nach frischem Mehl, Korn und Getreide schmeckte. Amelie wechselte den Schlüssel von einer zur anderen Hand und streckte Michaela etwas unbeholfen die frei gewordene Hand entgegen. Michaela ergriff sie zwar, fasste Amelie aber gleichzeitig mit der anderen Hand an die Schulter und zog sie in eine enge Umarmung heran. Sie spürte die angespannten Schultern des jungen Mädchens, die nicht ihrer Nähe geschuldet waren. Ihre Wangen berührten sich. Michaela roch das Haarshampoo des Mädchens und einen Hauch Parfüm, das sich schwach über die Gerüche aus der Backstube hinwegsetzte. Sie musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass es Amelie vermutlich gerade genauso ging.

»Meine Freunde nennen mich Michi. Und Nicoles Freunde sind auch meine Freunde, also kannst du mich nennen wie du magst.« Sie löste sich von ihr und schaute tief in die grünen Augen der jungen Frau, die so groß war wie sie selbst.


»Es ist so schön von euch, dass ihr das für mich macht. Ich komme mir vor wie eine dumme Gans, aber ich habe einfach nur Angst.«


Michaela schüttelte den Kopf. »Alles gut«, sagte sie. »Lass uns irgendwo hingehen wo wir uns setzen können. Dann erzählst du mir in aller Ruhe was passiert ist.« Michaela deutete in Richtung der einzigen Tür, die aus dem Verkaufsraum führte. Eine Steintreppe mit wenigen Stufen führte eine halbe Etage tiefer. Sie erkannte einen gefliesten Boden und Regale auf denen Tücher und Körbe lagen. Die Backstube.

Sie folgte Amelie die Treppe hinunter, durch die still daliegende Backstube und eine enge Treppe mit hölzernem Geländer hinauf in den Wohnbereich des Hauses. Nicole hatte ihr von der Treppe, und dem was Amelie und sie hier miteinander angestellt hatten erzählt. Aber sie wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, deshalb verkniff sich einen Kommentar. Aber ein Blick auf den knackigen Hintern, der vor ihr die Treppe hochsteigenden Frau sei ihr erlaubt, entschied sie.


Amelie führte sie in ein gemütlich eingerichtetes Zimmer, das sich unschwer als ihr ehemaliges Kinderzimmer erkennen ließ. Mittlerweile war es das Zimmer einer jungen Frau, die Wert auf die Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit legte, ohne im Zimmer einer dreizehnjährigen zu schlafen. Michaela war kaum eingetreten, als sie einen spitzen Schrei ausstieß, den sie auf der Stelle bereute. Amelie zuckte sichtbar zusammen und stieß denselben, erschrockenen Schrei aus. Sie fuhr herum wie vom Blitz getroffen und suchte Michaelas Blick. Angst loderte in ihren Augen. Noch im selben Moment schlug Michaela die Hand vor den Mund. Abwehrend hob sie die freie Hand um Amelie zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.

Dann führte sie den ausgestreckten Zeigefinger in die Richtung, die sie so in Aufregung versetzt hatte. Amelie folgte dem Finger und entspannte sich, obwohl sie nicht wusste was Michaela daran so erschrocken hatte. Die zwei Frauen blickten auf eine alte Weinkiste, die Amelie weiß angestrichen und im Chabby Look gestaltet hatte. Darin standen ein paar schwarze, auf Hochglanz polierte High-Heels.


»Du hast ein Paar Louboutin ‚So Kate‘«, hauchte Michaela. Ihre Stimme zitterte ein wenig, wie Amelie belustigt feststellte. Da fiel ihr ein, was Nicole gesagt hatte als sie ihr die Schuhe geschenkt hatte. Sofort überzogen sich ihre Wangen mit einem roten Schimmer.

»Die sind von Nicole.« Sie suchte Michaelas Blick. »Ich glaube sie waren ein Geschenk von dir.« Amelie machte ein Gesicht als bitte sie schon mal in Nicoles Namen um Verzeihung.


»Diese Bitch«, raunte Michaela, aber in ihrer Stimme lag ein Lachen. »Mir hat sie gesagt ihr tun die Füße davon weh.« Sie suchte jetzt auch Amelies Blick. »In Louboutins«, fügte sie wichtig hinzu und deutete eine Geste an, mit der sie sich den Zeigefinger an die Stirn tippte. Da musste Amelie zum ersten Mal seit Stunden wieder lachen.


»Und sie hat echt geglaubt, dass du ihr das abnimmst?«


Michaela schüttelte den Kopf. »Ich habe ihr keine Sekunde geglaubt. Ich dachte nur sie hat sie irgendwie ruiniert und nicht getraut es mir zu sagen.«


»Bist du böse, dass sie jetzt bei mir stehen?«, fragte Amelie vorsichtig. Ihre Augen fanden sich wieder und die Antwort bedarf keiner Worte mehr. Amelie senkte verlegen den Blick als schäme sie sich, die Frage überhaupt gestellt zu haben.


»Zieh sie an«, sagte Michaela stattdessen. »Ich möchte sehen wie du darin aussiehst.«

Amelie blickte an sich herunter. Die Leggins die sie anhatte waren nicht gerade dazu gedacht, 500 Euro teure High-Heels dazu zu tragen. Aber sie schlüpfte trotzdem aus den Segeltuch Sneakers und trat an die Kiste, die dorthin drapiert war als wäre sie ein Schrein. Mit einem Lächeln im Gesicht bemerkte Michaela, dass sie sogar eine Leuchte an ihrem Tisch so befestigt hatte, dass sie direkt die Schuhe anstrahlte.

Grazil schlüpfte Amelie in die schwarzen, polierten Stilettos mit den zwölf Zentimeter hohen Absätzen. Die roten Sohlen schienen zu brennen. Als Michaela einen Schritt zurück machte um das Gesamtbild zu erfassen, hatte Amelie ein Déjà-Vu. Sie wusste genau was als nächstes passieren würde. Genau so war ihre erste Begegnung mit Nicole verlaufen. Damals in der Backstube, als sie wie ein sabberndes Mädchen auf eben diese Schuhe gestarrt hatte, die dort noch an Nicoles Füßen waren. Kurzerhand hatte die sie ausgezogen und ihr zum Anprobieren hingestellt. Genau wie Nicole vor einigen Wochen ging auch Michaela jetzt vor ihr auf die Knie, versuchte den Zeigefinger hinter die Ferse und die Fersenkappe zu schieben und scheiterte knapp.


»Perfekt«, sagte Michaela. Amelie spürte Michaelas Atem an ihren Beinen und erschauerte. Wie lange konnte so ein Déjà-Vu eigentlich andauern? Sie wusste noch zu gut, was vor Wochen als nächstes passiert war.

Bis Michaela merkte, dass sie gedankenverloren die Schuhe betrachtend, mit den Fingerkuppen Amelies Waden entlang strich, hatte die bereits eine ausgewachsene Gänsehaut. Ein überraschtes Stöhnen riss Michaela aus ihren Gedanken und sie zog die Finger zurück als hätte sie sich an dem glatten Stoff ihrer Leggins verbrannt.


»Nein, nicht aufhören«, folgte der leise Protest unmittelbar. Aber Michaela ignorierte ihn trotzdem, fasste Amelie bei den Händen während sie aus der Hocke kam, und zog sie auf das Bett. Nur eine dünne Sommerdecke lag über der Matratze. Der Duft nach Waschmittel wehte in Michaelas Nase, als sie sich auf die Kante setzte und Amelie mit sich auf die Matratze zog. Sie stützte sich auf den Ellbogen, während Amelie sich auch den Rücken fallen ließ, die Beine über die Bettkante baumelnd.

»Erzähl mir was passiert ist«, forderte Michaela sie leise auf, während sie ihr zärtlich die Fingerspitzen auf den Arm legte. Amelie atmete einmal tief durch, als müsse sie sich erst mal sammeln, bevor sie zu erzählen begann.

»Da ist ein Kerl, der kommt seit fünf Tagen in die Bäckerei. Seit letzten Donnerstag. Jeden Morgen ziemlich zur gleichen Zeit. Er sucht immer ewig in den Auslagen, kauft am Ende aber immer dasselbe. Wenn andere nach ihm in den Laden kommen, lässt er die vor, weil er sich angeblich noch nicht entschieden hat. In Wahrheit glotzt er mich aber die ganze Zeit nur an. Der Rest ist nur Show. Am Anfang hat mich das noch nicht gestört. Ich meine wir sind hier mitten in der Pampa. Das ist zwar keine Freikarte um mich anzustarren, aber viele junge Frauen gibt es hier nicht, und der ein oder andere Arbeiter der hier reinkommt, schaut mir halt mal in den Ausschnitt. Damit kann ich leben.«


Amelie richtete sich wie Michaela auch auf den Ellbogen auf, bevor sie fortfuhr.


»Der Typ aber hat jedes Mal ganz unverhohlen gestiert. Ich meine du kennst die Sorte wahrscheinlich. Die, bei denen du praktisch den Film der hinter ihrer Stirn abläuft, in den Augen ablesen kannst.«


Michaela nickte ohne sie zu unterbrechen.


»Also am Donnerstag und am Freitag habe ich mir noch nichts weiter dabei gedacht. Der Typ ist definitiv nicht von hier, ich dachte es ist vielleicht ein Monteur oder einer auf Durchreise und am Montag ist der wieder verschwunden. Aber dem war nicht so. Er ist auch am Montag und Gestern wieder aufgetaucht. Immer dasselbe Spiel. Er drückt sich im Laden rum und starrt mich an. Ich wollte eigentlich schon gestern sagen, dass er damit aufhören soll, weil es mich echt genervt hat. Aber dann ist mein Papa in den Laden gekommen um Brötchen aufzufüllen, und da ist der Typ sofort aus dem Laden raus und auch nicht mehr gekommen.«


»Vorher warst du immer alleine im Laden?«


»Ja. Ich habe zwei Wochen frei und bin die ganze Zeit über hier gewesen und nicht in Heidelberg. Das kommt in letzter Zeit sehr selten vor, also nutzen Mama und Papa meistens die Zeit, um hinten Sachen zu erledigen die sonst, wenn sie im Laden sein müssen, liegen bleiben. Es ist meistens so, dass wenn ich hier bin um zu helfen, ich den Laden dann alleine mache. Ist ja nicht so wahnsinnig viel los.«


Michaela nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte.

»Heute Morgen sind die zwei dann weggefahren. Sie sind auf einen Geburtstag eingeladen, irgendwo in der Nähe von München und wollten dort bis morgen Nachmittag bleiben. Also jedenfalls kam der Kerl heute Morgen wieder und irgendwie war er heute anders. Ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll. Sonst hat er sich meist eher verstohlen rumgedrückt, hat kaum ein Wort rausgebracht, wenn er sich endlich mal dazu entschlossen hatte was mitzunehmen und so. Heute kam er rein, hat sich direkt an den Tresen gestellt und seine zwei Brötchen gekauft. Ich dachte schon, damit ist das Thema erledigt und ich bin den Kerl heute schnell wieder los, aber als ich ihm sein Wechselgeld aus der Kasse gezählt habe, da ist er plötzlich wie der Blitz um die Theke herumgerannt. Ich habe schnell die Kasse zugeknallt, weil ich im ersten Moment gedacht habe, er will an das Geld, aber darum ging es ihm gar nicht. Er hat mich gepackt und rückwärts gegen das Regal gedrückt. Eine Hand hat er mir hier oben an die Brust gedrückt.« Sie zeigte mit einer Geste an, wo die Hand des Typen gelegen hatte und erschauerte dabei. »Die andere hatte er mir zwischen die Beine gedrückt. Zum Glück hatte ich die lange Hose an.« Sie deutete auf die schwarzen Leggins, die wie eine zweite Haut an ihren Beinen klebte und verzog das Gesicht zu einer ekel andeutenden Grimasse. Dabei schüttelte sie sich. »Es war furchtbar.«

Michaela wartete bis sie weiter erzählen wollte.


»Ich habe versucht ihn wegzustoßen, aber er hat sich mit seinem ganzen Gewicht gegen mich gelehnt. Schreien bringt hier ja auch nichts, und in den Laden ist auch gerade niemand gekommen.« Sie schüttelte angewidert den Kopf. »Gerade als ich ihn treten, kratzen und beißen wollte, hat er sich abgewandt und ist aus dem Laden raus.«


In ihr Gesicht legte sich ein fragender Ausdruck. »Es war irgendwie komisch. Für einen Moment hat er so ausgesehen, als wäre er aus einem Traum aufgewacht. Ich habe es an den Augen gesehen.«

Michaela schüttelte vehement den Kopf.


»Es muss absolut nicht deine Sorge sein, was im Kopf von dem Arschloch vorgeht.«


Amelie zuckte die Schultern. »Schon klar. Es ging auch so schnell, ich wusste die ersten Sekunden gar nicht wie ich reagieren sollte. Das war so fremdartig, ich brauchte erst ein paar Sekunden um zu merken, dass…«, ihre Stimme versagte. Michaela streichelte ihr den Arm.

»Das ist fast immer so. Man braucht einen Moment um zu realisieren, dass das wirklich gerade passiert, weil man sich nicht vorstellen kann, dass einem selbst sowas passieren könnte. Deshalb lernt man sowas in Kursen.« Wieder zuckte Amelie mit den Schultern als wolle sie sagen, dass sie davon nichts verstand. Eine Träne kullerte ihr aus den Augen und lief ihr über die Wange. Das war der Moment in dem Michaela sich zu ihr hinüber beugte, sie an den Schultern zu sich heranzog und die Arme um sie schlang. Als würden sie sich schon Jahre kennen, schmiegte Amelie sich an ihre Halsbeuge, legte das Gesicht an ihre Schulter und entspannte sich spürbar in der festen Umarmung.


»Wir schnappen uns den Arsch«, sagte Michaela. Ihre Stimme klang fester als ihr zumute war. »Hat Nicole dir erzählt, dass sie gut in sowas ist?« Amelie nickte an ihrer Schulter. »Sie hat einen braunen Gürtel im Jiu-Jitsu«, ergänzte Michaela trotzdem. »Wenn der morgen wiederkommt, machen wir ihn fertig. Und wenn er nicht wiederkommt, gehen wir zur Polizei und erstatten zumindest Anzeige gegen den Deppen.« Amelie regte sich nicht, aber Michaela konnte spüren, dass sie sich ein wenig entspannte. »Wir ziehen das durch. Hab keine Angst mehr.«

Langsam, fast zögerlich löste Amelie sich aus der Umarmung. Sie brachte eine Hand an Michaelas Wange und streichelte mit der Fingerkuppe des Daumens über die Haut. Dann beugte sie sich nach vorne und legte ihre Lippen auf die von Michaela. Ihr Körper versteifte sich einen Wimpernschlag, als ob sie sich gerade darüber bewusst wurde, was sie da tat, doch als Michaela in ihren Kuss hinein atmete, löste sich die Spannung sofort wieder. Ihre Zungen fanden sich zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss, der die beiden Frauen in einen wohligen Schauer einhüllte, und ihre Arme mit Gänsehaut überzog. Als sie sich voneinander lösten, glühten ihre Wangen um die Wette.


Michaela stieß übertrieben laut den Atem aus, als wäre sie vollkommen außer Puste geraten.


»Jetzt weiß ich was Nicole gemeint hat.«


»Womit denn?« Amelie lehnte sich zurück. Sie machte ein Gesicht als fürchte sie etwas falsch gemacht zu haben.


»Dass du nichts für so alte Frauen wie uns bist. Du machst uns fertig.« Sie zwinkerte ihr zu und erntete einen Klaps auf den Oberarm für ihre Bemerkung. Amelie hob den Kopf, suchte nach etwas, das sich hinter Michaelas Kopf befand.


»In einer Stunde sollte ich den Laden wieder aufschließen.« Sie schien zu überlegen ob sie das überhaupt wollte.


»Wie lange macht ihr nachmittags nochmal auf?«


»Von 15 Uhr bis 17 Uhr.«


»Ist der Typ auch schon mal nachmittags gekommen?«


Amelie schüttelte den Kopf. »Immer nur morgens.« Sie schien über etwas nachzudenken. »Aber nachdem er mich vorhin angegrabscht hat, vielleicht ist er jetzt auf den Geschmack gekommen.« Sie verzog angewidert das Gesicht.


»Du bist dir absolut sicher, dass er nicht aus der Gegend ist?«


Amelie schüttelte den Kopf. Sie war überzeugt davon, dass es kein Einheimischer war.


»Gibt es denn hier irgendwelche Unterkünfte in denen er wohnen kann, wenn er seit Tagen regelmäßig erscheint?« griff Michaela den Gedanken auf. »Ein Hotel, eine Pension, Wohnungen die an Monteure oder Handwerker vermietet werden, jemand hier im Ort der eine Wohnung leer stehen hat und sie an so jemand vermietet haben könnte? Für Wochenendheimfahrer und sowas?«

Darauf zuckte Amelie nur die Schultern. »Das nächste wäre in Eberbach. Hier im Ort gibt es keine Übernachtungsmöglichkeiten für Auswärtige. Und wie der Verwandte von jemandem, der hier zu Besuch ist, wirkte sein Aufzug nicht gerade. Er sieht aus wie ein Arbeiter. Keine Latzhose oder so, aber du weißt was ich meine.«


»Nicht wie der typische Tourist eben«, bestätige Michaela Amelies Gedanken mit einem Nicken.


»Hier im Ort wohnen ein paar hundert Leute. Hier weiß jeder schnell, ob jemand beim Nachbarn zu Besuch ist. Und nach fünf Tagen sowieso. Ich glaube nicht, dass er hier im Ort wohnt, oder zu Besuch ist.«


»Wie genau sah er denn überhaupt aus?«


»So groß wie ich.« Sie hielt dazu die Hand waagrecht in Höhe ihres Scheitels, die Handfläche nach unten zeigend. »Also etwa 1.70m. Sehr schlank. Schmächtig könnte man sagen. Braune Haare. Kurz rasiert. Kein Bart. Und grüne Augen.« Sie blickte sich um, als fände sie in ihrem Zimmer weitere Hinweise auf seine Beschreibung. »Die Hose die er anhatte, war immer dieselbe. In etwa der Braunton, den der Teddy da drüben hat.« Sie zeigte dabei auf den mittleren von drei Teddybären, die nebeneinander auf einer kleinen Bank unter dem Fenster saßen. »Eine blaue Windjacke. Auf die T-Shirts darunter habe ich nicht geachtet. Keine Ahnung ob das auch immer dieselben waren.«


»Stand ein Aufdruck auf der Jacke?«


Amelie schüttelte den Kopf. Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen als wolle sie sagen, ‚Meine liebe, wenn da etwas draufgestanden hätte, dann hätte ich das gerade eben erwähnt.‘


Michaela las ihre Miene und zuckte die Schultern. »Du hast eine Prima Beobachtungsgabe.«


»Ich stehe im Laden, seit ich ein kleines Mädchen war und über die Theke schauen konnte. Vermutlich lernt man das mit der Zeit ganz automatisch.« Sie winkte ab, wie um das Thema damit abzuschließen.

»Wenn er nie nachmittags hier war, ist die Chance hoch, dass er auch heute Mittag nicht nochmal kommt. Wenn doch, dann lassen wir uns was einfallen. Mit einem schmächtigen Kerl, werden wir zu zweit fertig. Wir denken uns was aus, wenn wir wieder unten sind. Und wenn er morgen wiederkommt, ist Nicole auch mit dabei. Wir überlegen uns einen Plan und werden dem Arsch gehörig einheizen.« Michaela blickte fragend in Amelies Gesicht. Sie nickte. Zwar etwas zurückhaltend, doch ihrer Miene war anzusehen, dass sie sich das zutraute und Vertrauen in die Gegenwart von Michaela fasste.

»Ich pass auf dich auf«, entkräftete Michaela Amelies letzte Zweifel. »Und wenn du nicht willst dass wir das ganze selbst in die Hand nehmen, dann düsen wir gleich zur Polizei.« Sie nahm dabei wieder Amelies Hand in ihre und drückte sie leicht. Amelie schüttelte den Kopf und legte ihre andere Hand obenauf.


»Ich bin eigentlich gar kein solcher Feigling«, haderte sie mit sich. »Ich weiß gar nicht warum ich mich vor so einem Hanswurst so einschüchtern lasse.«


»Es ist manchmal nicht verkehrt ein Feigling zu sein, und andere um Hilfe zu bitten. Niemand verlangt von dir, dass du dich solchen Kerlen alleine stellst. Im Gegenteil. Wir sollten eigentlich direkt zur Polizei gehen. Das wäre das Vernünftigste.« Michaelas Blick verklärte sich, als ihr bewusst wurde, was sie gerade ausgesprochen hatte. Alleine der Gedanke diesen Typen alleine zu bestrafen war Irrsinn. Plötzlich wurde ihr überhaupt erst bewusst, was sie da vorhatten. Amelies Worte rissen sie aus ihren Gedanken.

»Es wäre bestimmt das Vernünftigste«, stimmte sie zu. »Aber langweilig.« Sie grinste.


»Sieh an«, fiel Michaela in das Lachen ein. »Auf einmal wird das Mädchen zum Draufgänger.«


»Mit so Powerfrauen um mich herum.« Sie verstummte. Jetzt war ihr Blick es, der sich irgendwo durch Michaela hindurch zu verlieren schien.


»Alte Weiber hättest du jetzt auch nicht sagen dürfen.«

Amelies Blick wurde wieder klar. Sie suchte Michaels Augen und blickte sie einen Moment lang stumm an. Dann beugte sie sich nach vorne bis ihre Lippen nur Millimeter voneinander entfernt waren. Sie legte eine Hand an Michaelas Hals, ihr Daumen strich sanft über die zarte Haut unter dem Ohr. Einen schier endlos langen Zeitpunkt atmeten die zwei Frauen sich gegenseitig an. Sie wussten beide, dass sie vor einem einschneidenden Moment standen. Der Kuss vor wenigen Augenblicken war intensiv und leidenschaftlich gewesen. Aber er war spontan gewesen. Aus Dankbarkeit darüber, dass Michaela hier war und sich um sie kümmerte. Aus Freude darüber, der Situation nicht mehr alleine ausgesetzt zu sein. Doch dieser würde anders sein. Er würde nach Zuneigung schmecken, obwohl sie sich erst wenige Minuten kannten. Diese Zuneigung war durch Nicole als Bindeglied entstanden. Sie war im Grunde schon vorhanden gewesen, als Michaela vor etwas mehr als einer Stunde in ihrer Wohnung aufgebrochen war, um einem Mädchen zu helfen, die sie nur aus Erzählungen kannte. Von einem kurzen Telefonat vor Wochen einmal abgesehen.

Dieses Mädchen hatte Nicole, ihrer allerbesten und intimsten Freundin geholfen. Und Nicole hatte Amelie liebgewonnen. Nicht minder schnell als Michaela es gerade getan hatte und noch im Begriff war zu tun. Und deshalb beugte sie sich die wenigen Millimeter die fehlten, damit ihre Lippen sich berühren konnten nach vorne.

Wie ein Stromschlag der ihre Körper kurzschloss durchzuckte er sie, als sie sich fanden. Wie eine Welle rollten die Empfindungen durch sie hindurch. Michaela atmete den Geruch der Frau ein, als wären es die letzten Atemzüge, die ihr noch zustanden. Tief sog sie den Geruch in sich auf, um ihn nie wieder zu vergessen. Eine Woge der Erregung durchströmte sie. Im selben Augenblick spürte sie die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen und die Nippel, die sich empfindlich aufstellten. In Sekundenschnelle drückten sie hart und schmerzhaft gegen die Innenseiten ihres BHs. Plötzlich kam ihr Erscheinungsbild ihr unpassend vor. Sie hatte keine Zeit mehr gehabt, sich umzuziehen. War in Sportschuhen, einer weißen Capri Hose und einem fadenscheinigen roten T-Shirt losgefahren. Erst unterwegs hatte sie einen kurzen Moment über ihren Aufzug nachgedacht, den Gedanken aber wieder vergessen, nachdem der Verkehr ihre ganze Aufmerksamkeit gefordert hatte. Wie gerne wäre sie jetzt in ihren Louboutins hier, einem schönen Rock und einer Bluse, in die Amelie ihre schlanken Hände schieben könnte, während ihre Finger ihre erhitzte Haut streicheln konnten. Als sie erregt aufstöhnte brachen alle Dämme.

Plötzlich waren Amelies Hände überall an ihrem Körper. Wie ein Ameisenvolk schienen sie überall gleichzeitig aufzutauchen. Es dauerte einen Moment bis Michaela begriff, dass hinter diesen scheinbar willkürlichen Berührungen eine Strategie steckte, und Amelie ihr zum einen die Hose aufgeknöpft hatte, und sich danach mit beiden Händen unter ihrem Shirt zu schaffen machte, um es ihr über den Kopf zu streifen. Weil ihre Lippen nicht imstande schienen sich lange genug voneinander zu lösen, brach sie das Vorhaben ab und löste stattdessen den Verschluss an ihrem BH. Es fühlte sich an als hätte sie ein Wirbelsturm erfasst und achtlos zurückgelassen. Die Hose geöffnet, das Shirt bis unter die Achseln hochgeschoben, der BH offen um ihre Brüste baumelnd, lösten Amelies Hände sich von ihr. Mit zitternden Fingern versuchte sie die Kordel am Bund ihrer Leggins zu öffnen.

Keuchend und atemlos hauchten sie sich die Luft gegenseitig in die Lungen. Michaela biss sich an Amelies Unterlippe fest, als Amelies Hände sich in ihre Brüste krallten. Fest presste die junge Frau zu. Michaela spürte die Fingernägel in ihrer Haut und stöhnte auf. Eine Mischung aus Schmerz und Lust durchzuckte sie. Längst stand ihr Körper so unter Strom, dass alle Empfindungen um ein Vielfaches gesteigert schienen. Sie zog und zerrte an Amelies Hose. Die Absätze der Stilettos knallten auf den Boden als die strampelnd mithalf. Sie kamen nur bis zu den Knöcheln, dann verhedderte sich der hautenge, dehnbare Stoff so mit den hohen Absätzen, dass ein einziger Knoten entstanden war. Michaela kümmerte sich nicht darum. Sie schnappte die Beine der jungen Frau mitsamt dem Knäuel zwischen ihren Knöcheln, legte die Hände in ihre Kniekehlen und drückte sie mit dem Rücken in die Kissen. Dabei tauchte sie unter den nach oben schnellenden Beinen hindurch und fand sich mit dem Gesicht nur Zentimeter vor Amelies Muschi wieder.

Feuchtigkeit glitzerte einladend auf ihren Schamlippen. Sie drückte die Hände fester in die Kniekehlen, worauf Amelies Hintern nach oben kam. Ihre Beine ragten ihr über den Kopf, die Knie rechts und links an ihren Brüsten auf die Matratze gedrückt. Ihre Spalte war so weit gespreizt, dass ihre Muschi sich öffnete. Aus den Augenwinkeln sah Michaela, dass Amelie die über ihren Kopf gestreckten Beine aus dem Knäuel an Schuhen und Leggins entwirrte. Schnell aber galt ihre ungeteilte Aufmerksamkeit dem rosa schimmernden Fleisch zwischen Amelies wulstigen Schamlippen.

Im selben Moment indem sie ihre Zunge in die feuchte, heiße Grotte zwischen Amelies Beinen stieß, hatte die sich endlich von dem Chaos an ihren Knöcheln befreit. Die Louboutins landeten links und rechts auf der Matratze, die Leggins zog sie sich bis kurz vor die Zerreißgrenze des Materials über die Füße. Irgendwann gab der Stoff nach und rutschte ihr von den Beinen. Der Druck den Michaela unter ihren Händen spürte, ließ nach, als Amelie die lang ausgestreckten Beine, von sämtlichem Ballast befreit nach außen klappte. Im Spagat, die Fußspitzen in ihre Richtung zeigend, gab sie ihre weit auseinanderklaffende Muschi den Liebkosungen von Michaelas Lippen hin. Wie ein Welpe schlabberte die mit der Zunge durch die Feuchtigkeit zwischen Amelies Beinen, verteilte sie mit den Lippen und förderte neue nach wie eine Ertrinkende. Die Geräuschkulisse mit der sie sich zwischen den Beinen der jungen Frau vergnügte, nahm geradezu groteske Ausmaße an. Die Nässe die Amelie aus ihrer Muschi pumpte war aberwitzig. Nie zuvor hatte Michaela eine Muschi geleckt, die so feucht werden konnte.

Amelie stöhnte etwas Unverständliches. Im selben Moment schien Michaela in der Nässe förmlich zu ertrinken. Es tropfte ihr aus den Haaren und lief ihr über das Gesicht. Spritze ihr gegen die Nase, die Lippen, die Wangen und tropfte von dort auf das Laken, das in Sekundenschnelle durchweicht war. Wieder versuchte Amelie etwas zu sagen, das im Stöhnen ihrer Erregung unterging. Michaela hatte die Hand zu Hilfe genommen hatte, um mit der Handfläche in einem irrsinnigen Tempo über Amelies dick geschwollenen Kitzler zu scheuern. Eine zweite Welle, heißer, klarer Flüssigkeit suchte sich zwischen ihren Fingern einen Weg aus der zuckenden und pumpenden Muschi, deren zartrosa Fleisch kontrahierte als wolle sie auch den letzten Tropfen herauspressen. Unwillkürlich hatte Michaela den Mund geöffnet und ein paar der heißen, fast geschmackslosen Spritzer auf ihren Lippen gesammelt, von wo sie sie gerade langsam ableckte. Aber die wenigen Spritzer waren ihr zu wenig und so bohrte sie erneut die Zunge in das weiche Fleisch zwischen Amelies Schamlippen, bis deren Nässe ihr erneut vom Kinn tropfte. Mit den Zähnen spielte sie an dem erregt hervorstehenden Kitzler und löste jauchzende Schreie aus, wenn sie ein wenig fordernder daran knabberte.

Längst spürte sie die eigene Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen und hätte sie die weiße Hose nicht längst irgendwo in den Kniekehlen hängen, das Zeugnis ihrer eigenen Lust wäre ihr bestimmt als dunkler Fleck dort abzulesen. Den Hintern hatte sie weit nach oben gereckt, während sie im Hohlkreuz zwischen Amelies Beinen lag. Die Luft die kühl an ihre erhitze Muschi strömte, fühlte sich gut an. Und doch wären ihr eine Zunge oder ein paar Finger, die sich auch um ihr Lustzentrum kümmern würden, lieber gewesen als nur ein Hauch von Luft.


Den Gedanken schien sie Amelie direkt über deren akut empfindsamstes Körperteil einzuhauchen. Denn kaum dass Michaela sich gewünscht hatte, jemand würde sich auch um ihre Muschi kümmern, rüttelte Amelie an beiden Seiten ihres Shirts, das sich bis auf die Brüste hochgeschoben hatte und zerrte es ihr über den Lockenkopf. Michaelas BH folgte postwendend und während die sich noch die Sportschuhe von den Füßen streifte, hatte Amelie sich schon unter ihr hervor gewunden, war barfuß um das Bett herumgegangen und bohrte ihr von Hinten die Zunge in die Muschi. Michaela kam nicht mehr dazu sich auch die Capri Hose von den Beinen zu streifen, da spürte sie den heißen Atem in ihrer Spalte und die feuchte Zunge, die mit Nachdruck über ihre Schamlippen schleckte.

Die Luft die Amelie stoßweise aus der Nase entwich strich über ihren Anus. Ihre Zungenspitze war nur wenige haarbreit von ihrem zweiten Eingang entfernt. Geradezu vulgär den Arsch in die Höhe gereckt, präsentierte Michaela ihre intimsten Details vor dem jungen Mädchen, die mit der Zunge und den Lippen regen Gebrauch davon machte.

Amelie hatte die Hände um ihre Hüfte gelegt und wiegte Michaelas Hintern im Rhythmus ihrer eigenen Bewegungen vor und zurück. Michaela fühlte sich mit Amelies Zunge gefickt, die sich mit jedem Stoß tief zwischen ihre Schamlippen bohrte, diese teilte und in ihr heißes Innerstes eintauchte. Je länger Amelie dies tat, desto größer, fleischiger fühlte sich die Zunge an Michaelas Muschi an. Wie ein harter Schwanz schien sie über ihre Schamlippen zu gleiten. Nur viel feuchter. Längst hatte sich Amelies Speichel, der ihr unkontrolliert aus dem weit geöffneten Mund tropfte, mit ihrer eigenen Feuchtigkeit vermischt, die ihr in dichten Bahnen die Innenseiten der Oberschenkel entlanglief. Sie sammelte sich in den Hosenbeinen der weißen Hose auf der sie kniete. So lange bis Amelies Finger an den engen Aufschlägen zu nesteln begannen und sie ihr den leichten Stoff von den Beinen zerrte. Weil sie selbst darauf kniete, drückte Michaela die Beine durch, um die Knie von der Matratze zu heben, was dafür sorgte, dass sie ihren Arsch regelrecht in Amelies Gesicht drückte, die keinen Deut zurückwich. Michaela spürte die Nasenspitze, die sich gegen ihre Rosette drückte und Amelies Zähne die durch die tief in sie hineingebohrte Zunge mit jeder Bewegung über ihre erregten Schamlippen kratzen. Das Gefühl war so intensiv, dass Michaela hätte schreien können.

Sie wusste nicht wie hellhörig das Haus war, wie eng die Nachbarhäuser nach hinten standen und ob irgendwo Fenster offenstanden, die sie bei dem was sie hier taten verraten hätten. Daher hatte sie die Enden der leichten Sommerdecke gepackt, in ihre Hände gerafft und sich beide vor den Mund gepresst. Ihre Schreie erstickten im Stoff der Decke, als sie sich mit zitternden Knien ein letztes Mal aufbäumte und mit Amelies Zunge tief in ihrer Muschi, zuckend und keuchend zu ihrem ersten Orgasmus kam. Ihre Oberschenkel flatterten, während Amelie nicht nachließ, ihr Gesicht sogar noch fester in ihre Spalte zu drücken. Als ihre Nasenspitze kurz davor war in ihre Rosette einzudringen, kam sie ein weiteres Mal. Und nochmal und nochmal. Ihre Orgasmen steigerten sich von Mal zu Mal, obwohl sie das kaum für möglich hielt, weil jeder einzelne ihr den Atem raubte. In heißen Wellen rauschten sie durch ihren Körper, dass sie glaubte, ihre Haarspitzen würden brennen, dort wo die Hitze ihren Körper zu verlassen schien. Ihre Kopfhaut brannte und juckte als hätte sie den Kopf in einen Berg Feuerameisen gesteckt. Der Schmerz war süß und unerträglich zugleich. Als ihre Schreie abgeebbt waren, griff sie sich mit beiden Händen in die Haare und zerrte an den dichten braunen Locken, als wolle sie sie büschelweise ausreißen, nur um das Kribbeln zu beenden. Aber sie wusste nur zu gut, dass es nicht aufhören würde, solange Amelie wie eine Besessene durch ihre Spalte leckte und ihr einen Orgasmus nach dem nächsten bescherte.

Irgendwann, nachdem ihre Haare scheinbar in Flammen standen und ihre Haut so überempfindlich war, dass sie beinahe die wild umhertanzenden Staubkörnchen darauf landen spürte, versagten ihre Beine. Sie knickte in den Knien weg und wurde nur noch durch Amelies Arme gehalten. Die hatte mit dem plötzlich wegbrechenden Widerstand vor ihrer Zunge nicht gerechnet und plumpste mit ihr auf das Laken.


Ihre Zähne und ihre Zunge bohrten sich so tief in sie hinein, dass Michaela ein letzter spitzer Schrei über die Lippen kam, der sich glücklicherweise in der Matratze verlor, in der sie mit dem Gesicht voraus gelandet war. Sämtliche Muskeln und Sehnen in ihrem Körper, schienen spontan den Dienst quittiert zu hatten. Jetzt lag sie zuckend und zitternd auf dem Bauch, hatte die Beine durchgestreckt und spürte, wie ihre wackelnden Beine die Bewegung auf die Matratze übertrugen. Amelie war quer über ihr zum Liegen gekommen. Sie keuchte in einer Mischung aus Lachen und Erschöpfung. Ihren warmen Atem spürte sie am Rücken. Schweiß klebte zwischen ihren beiden Leibern, der nur langsam trocknete und eine wohlige Abkühlung brachte.

Michaela hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie hätte nicht sagen können, wie lange sie so dagelegen hatten, beide mit ihren Gedanken und Empfindungen beschäftigt. Michaela spürte wie das klebrig feuchte Laken langsam klamm wurde, weil sich die auf Körpertemperatur erhitzte Flüssigkeit abkühlte. Es war durchgeweicht bis auf die Matratze und schmatzte bei jedem Atemzug unter ihrer Bauchdecke.

Nach einer Weile glitt Amelie langsam mit den Lippen ihre Wirbelsäule entlang, bis sie der Länge nach mit ihrem ganzen Gewicht auf Michaela lag. Sie bahnte sich einen Weg durch die Locken, strich sie mit einer Hand zur Seite und kam mit dem Mund dicht an Michaelas rechtem Ohr zum Liegen. Ihr Atem kitzelte in ihrer Ohrmuschel als sie leise flüsterte:


»Ihr alten Weiber seid einfach Wahnsinn.«


Der gespielt nach hinten ausschlagende Ellbogen verpuffte unter dem Druck ihres Oberkörpers. Er erreichte nie sein Ziel. Michaela spürte wie Amelies Lippen sich zu einem Lächeln verzogen, während sie ihr zärtlich über die knorpelige Ohrmuschel streifte. Sie musste ebenfalls grinsen, ob der Unverfrorenheit die der junge Hüpfer sich erlaubte.


»Wenn ich noch mehr von euch kriege, will ich keine Freundinnen in meinem Alter mehr.« Die Worte waren nur gehaucht. Ein Kuss auf die zarte, dünne Haut unter ihrem Ohrläppchen unterstrich wie ernst es ihr damit war. Mit der Zunge spielte Amelie mit dem Ohrstecker in Michaelas Ohrläppchen. Michaela spürte das Gewicht auf ihrem Rücken und die kleinen festen Brüste, die sich an sie pressten. Sie glaubte auch die harten Brustwarzen zu fühlen, die wie zwei Fremdkörper in der zarten, weichen Masse anmuteten, die ihren Rücken einhüllte.

Langsam drehte sie den Kopf nach rechts, hin zu Amelies Gesicht, das ganz nah über ihr schwebte. Amelie strich ihr die Locken aus dem Gesicht und rutschte ein wenig höher, um das Kinn über Michaelas Schlüsselbein zu bekommen und ihr die Lippen auf den Mund zu drücken. Der Kuss war so zart wie ein Windhauch. Michaela roch den Duft von Amelies verschwitztem Körper, ihren Haaren, der Wimperntusche und der Creme die sie für ihr feines Gesicht verwendet hatte. Der Geruch nahm sie gefangen und spülte eine Welle der Zuneigung für dieses Mädchen über sie hinweg. In diesem Moment wusste sie, dass die Worte, die sie vor ein paar Minuten gesagt hatte, nicht nur Floskeln gewesen waren. Nicoles Freunde waren auch ihre Freunde und dieses Mädchen musste man einfach gernhaben. Nicole hatte es von der ersten Sekunde an getan und Michaela konnte gut nachempfinden warum das so war. Ihr ging es gerade nicht anders.


In diesem Moment schwor sie sich, alles zu tun was in ihrer Macht stand, um sie zu beschützen.

»Danke«, hauchte Amelie ihr in diesem Moment ins Ohr und durchbrach ihre Gedanken.


»Wofür denn?«, sagte sie grinsend. »Du warst mindestens so gut zu mir wie umgekehrt.«


Michaela spürte das leichte Kopfschütteln an der Bewegung ihrer Haare die sich zu einem braunroten Knäuel vermischt hatten.


»Nicht nur für die letzten Minuten. Obwohl die wunderschön waren.« Das Lächeln schwang in Amelies Stimme mit. »Nein, ich meinte für das was ihr beiden für mich tut.« Sie hielt einen Moment inne.


»Und dafür, dass ich euch als Freundinnen haben darf.« Ein warmes Gefühl durchströmte Michaela. Sie hätte sich gerne umgedreht und Amelie in den Arm genommen, aber sie wollte den Augenblick nicht unterbrechen. »Das darf ich doch, oder?« fragte Amelie nämlich in diesem Moment. Und so nickte Michaela einfach nur. Ihre Haare knisterten aneinander.


»Das darfst du. Jederzeit.«


Amelie sagte nichts mehr. Stattdessen schmiegte sie sich wie ein Kätzchen an Michaelas Rücken und hüllte sie mit ihrem Duft und ihrer Wärme ein. So lagen sie bis zu dem Moment in dem Amelies Augen die Uhr fanden, die sie zum Aufbrechen aufforderte.

Mit fünfminütiger Verspätung öffnete sie den Laden. Eine einzelne Frau hatte geduldig vor der Tür gewartet. Michaela war in der Backstube geblieben, hatte den Laden aber im Blick. Ihr Mutterinstinkt loderte wie eine Flamme in ihrer Brust. Sie war bereit Amelie mit Haut und Haaren zu beschützen. Fast schon wünschte sie sich, der Typ würde schon heute Nachmittag wieder auftauchen. Sie würde ihn häuten und in Einzelteile zerlegen, bis Nicole, wenn sie heute Nacht irgendwann kommen würde, nur noch die Brocken entsorgen müsste. Die martialischen Gedanken ließen sie trotz der Gefahr schmunzeln.


»Du hast dich ganz eindeutig mit den Falschen angelegt«, murmelte sie. »Du hast Moppelchen und mich herausgefordert.« Sie ballte die Fäuste und wirbelte sie durch die Luft auf einen imaginären Feind. »Ganz böser Fehler.« Als sie ein Lachen kaum mehr zurückhalten konnte, musste sie auf die Lippen beißen. Der Hall in der weiten Backstube wäre bis in den Laden gedrungen. Ein Fieber von dem sie selbst nicht wusste woher es kam, hatte sie gepackt.

In den zwei Stunden in denen Amelie die Kunden in der Bäckerei versorgte, wurde Michaela zur Aushilfsverkäuferin. Sie holte Nachschub, füllte Mehl in mitgebrachte Behältnisse, schnitt Brot, unterhielt die wartende Kundschaft und bediente die Registrierkasse. Die Zeit verging wie im Flug. Als der Laden einen Moment lang leer war und Amelie an die Eingangstür ging, sie verriegelte und den Rollladen herunterließ, der die Tür und das breite Schaufenster verhüllte, blickte Michaela verwundert auf die Uhr. Nur um festzustellen, dass es 17:15 Uhr war und es tatsächlich Zeit geworden war, den Laden zu schließen. Der Unbekannte war nicht aufgetaucht. Die paar Male die sie Gelegenheit hatte, sich draußen umzuschauen, hatte sie ebenfalls niemanden gesehen. Ob sie ihren Plan, den sie in den freien Minuten in denen sie alleine waren, schon mal in der Rohfassung ausgearbeitet hatte umsetzen mussten, würde sich wohl erst morgen zeigen. Während Amelie die Tür verriegelte, war Michaela dabei die restlichen Backwaren aus der Auslage in einen Korb zusammen zu fassen. Sie hörte wie Amelie sich leise von hinten näherte und spürte im selben Moment ihre Hände an ihrem Bauch. Amelie war von hinten an sie herangetreten, hatte ihr das Kinn auf die Schulter gelegt und sie mit den Armen umschlungen. Ihre warmen Hände glitten wie selbstverständlich unter den Stoff von Michaels Shirt. Streichelten den Bauch und huschten wie Pfauenfedern über ihre Haut. Ein warmer, wohliger Schauer rieselte ihr den Rücken hinunter. Gänsehaut breitete sich auf ihren Armen aus. Die feinen Härchen an in ihren Unterarmen stellten sich auf. Sie lehnte sich zurück, legte ihre Hände auf Amelies und umschloss deren Finger mit ihren Händen. Amelies warmer Atem streifte ihren Hals.

»Danke fürs Mithelfen.«


»Keine Ursache. Ich habe doch gesagt ich passe auf dich auf.«


»Du hast aber nicht einfach nur aufgepasst.«


Michaela zuckte leicht die Schultern. Amelies Kinn lag noch auf ihrem Schlüsselbein. »Und jetzt?«


»Ich habe Hunger«, meinte Amelie, woraufhin Michaela auf die paar wenigen Brötchen und das einzige Brot zeigte, die übriggeblieben waren und in dem Korb lagen. Amelies Kopfschütteln übertrug sich auf ihre Schultern.


»Ich dachte an was Anderes.« Ihre Stimme kratzte und hatte einen heiseren Unterton. Im selben Moment löste sie das Kinn von Michaelas Schultern und bedeutete ihr sich umzudrehen, indem sie sie sanft an der Hüfte drehte. Kaum standen sie sich gegenüber, fanden ihre Lippen sich zu einem langen, zärtlichen Kuss. Wie Schmetterlinge umspielten sich ihre Lippen, neckten sich, tanzten ihre Zungen miteinander. In dem Moment klingelte Michaelas Smartphone, das neben der Registrierkasse auf dem Tresen lag. Nur ein einziger Kontakt war so eingestellt, dass er sich über die Stummschaltung des Handys hinwegsetzen durfte. Nicoles Konterfei strahlte ihnen auf dem Display entgegen. Es war ein Bikinifoto aus dem letzten Photoshooting. Eine für ihre isotonischen Getränke bekannte Firma hatte sie zu einem Shooting gebucht, nachdem sie einen beachtlichen dritten Platz auf der letzten Deutschen Meisterschaft in der Bodyfitness Klasse gewonnen hatte. Jener dritte Platz sollte ihr auch den Sponsorenvertrag sichern, wegen dem sie gerade in Köln war.

Michaela wischte über das Display, schaltete den Lautsprecher ein und ließ das Smartphone liegen wo es war.


»Alles in Ordnung bei euch?« Nicoles Stimme dröhnte ein wenig blechern aus dem Lautsprecher. Im Hintergrund waren viele Stimmen und hektische Betriebsamkeit zu vernehmen. Michaela stellte sich vor, wie ihre Freundin sich mit einem Finger im Ohr, das Handy an die andere Seite gepresst und zerknirschter Miene irgendwie dem Lärm zu entziehen versuchte.


»Ja, alles bestens.«


Amelie hatte den Kopf an ihre Schulter geschmiegt und knabberte an ihrem Ohrläppchen.


»Wie geht es Amelie?«


»Mir geht es gut. Mach dir keine Sorgen«, antwortete sie. Ihre Hände suchten den Weg unter Michaelas Shirt, während sie den Kopf gedreht hatte, um in Richtung des Mikrofons zu sprechen.


»Ihr habt den Laden am Nachmittag nicht wieder aufgemacht?«


»Doch«, antwortete Michaela nach einer kurzen Pause. »Wir haben gerade wieder abgeschlossen. Der Typ war bislang nur morgens hier und er ist auch heute nicht am Nachmittag erschienen.«


»Das war gefährlich«, zischte Nicole am anderen Ende. »Ich wollte dass ihr auf mich wartet.«

Dieser warme, wohlige Schauer erfüllte Michaela wieder. Trotzdem musste sie lächeln und versuchte die Besorgnis ihrer Freundin zu überspielen, indem sie nicht weiter darauf einging. Sie wusste selbst dass es ein Risiko gewesen war. Bei jedem Kunden der durch die Tür gekommen war, hatte sie ein wenig mehr Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen. Aber sie wollte ihre Unsicherheit Amelie gegenüber nicht zeigen. Und sie stand nach wie vor zu ihrem Prinzip, sich nicht von so armseligen Kerlen wie Amelies Grapscher einschüchtern zu lassen. Der würde seine Lektion fürs Leben schon noch erfahren.


»Wo bist du?« fragte sie scheinbar unbeeindruckt von Nicoles Vorwurf. Die kurze Pause die am anderen Ende entstand zeigte ihr, dass Nicole das anders sah.


»Mannheim«, antwortete Nicole nach kurzem Zögern. »Von hier aus geht nur eine S-Bahn nach Mosbach über Eberbach. Ich brauche noch eine Stunde.«


»Lass dir Zeit.« Wieder entstand eine kurze Pause. Das Rauschen aus dem Lautsprecher wurde ein wenig leiser. Anscheinend hatte Nicole im Mannheimer Bahnhof eine Ecke gefunden, in der weniger Trubel herrschte.

»Soso, lass dir Zeit. Lass mir noch was von ihr übrig. Ich habe sie seit einer Weile schon nicht mehr gesehen. Ich bin schon ganz verrückt nach ihr.«


Michaela hob die Arme, weil Amelie ihr just in dem Moment das Shirt über den Kopf zog. Sie kicherte, während sie ihr den Verschluss an ihrem BH löste. Gut, dass sie gerade die Rollläden geschlossen hatte. Zwar kam noch genügend Licht durch die Schlitze und aus der hell erleuchteten Backstube in den Verkaufsraum, aber von draußen war von dem Treiben drinnen nichts zu sehen. Amelie ging vor Michaela in die Hocke. Mit flinken Fingern nestelte sie den Knopf der engen Hose auf und streifte sie nach unten, während Michaela mit wackelnder Hüfte tatkräftig nachhalf.


Nicole konnte das Rascheln des Stoffs nicht entgangen sein. Der entrüstete Ausruf dröhnte prompt durch den Lautsprecher.


»Das glaube ich jetzt nicht, oder?«


Die beiden Frauen in der Bäckerei kicherten wie Schulmädchen.


»Mir hast du vor ein paar Wochen vorgeworfen, dass ich das Mädel schon nach einer Stunde nackig hatte und du hast bestimmt nicht viel weniger Zeit gebraucht, stimmt es nicht?« Die Entrüstung in Nicoles Stimme war nur gespielt. Michaela konnte das Schmunzeln deutlich heraushören.


»Ich denke ich war um einiges schneller als du, ja. Eifersüchtig?«


»Und wie.«


Amelie war vor Michaela in die Hocke gegangen und begann nun mit den Fingernägeln an den Rückseiten ihrer Beine nach oben zu streifen. Michaela erschauerte unter den zarten Berührungen, die sanft und kratzend zugleich waren.

»Es muss an ihr liegen, dass das immer so schnell geht«, sagte Nicole in diesem Moment.


»Da hast du Recht. Wer weiß was hier sonst so abgeht.«


»Hey«, brauste Amelie in derselben gespielten Entrüstung auf, mit der die zwei sich gerade am Necken waren. »Geht’s noch? Ihr braucht nicht so zu tun als könnte ich euch nicht hören.«


»Meine S-Bahn kommt.« Nicole war wieder ernst geworden. »Ihr braucht mich nicht abholen, ich nehme mir ein Taxi. Ihr klingt nicht so als würdet ihr heute Abend noch das Bett verlassen wollen.«


»Wir sind noch nicht mal im Bett«, raunte Michaela heiser. Amelie streichelte mit den Fingernägeln über ihren Po. Ihre Nägel verirrten sich wie zufällig mehr und mehr an die Innenseiten ihrer Schenkel, streiften ihre Schamlippen und ihre Rosette. Dass sie mit der Nase nur Zentimeter von Michaela entfernt hockte und ihr warmer Atem ihren Kitzler streifte, gehörte ebenfalls zu ihrem Plan. Michaela spürte ein Klopfen in ihrem Unterleib, das ihren Körper in Vibrationen zu versetzen schien.

»Sie kann ganz verrückte Sachen auf der Treppe anstellen.« Sie hörten wie Nicole den Bahnsteig entlang lief. Ihre Stimme klang ein wenig abgehackt und gehetzt. »Bis später.«


Michaela wollte noch etwas sagen, doch die Hintergrundgeräusche brachen abrupt ab, das Handy wurde still und Nicoles Bild verschwand vom Display. Sie hatte aufgelegt.

Michaela hatte die Augen geschlossen, eine Hand an Amelies Hinterkopf gelegt und leichten Druck ausgeübt, hin zu ihrer feuchter werdenden Muschi. Amelie ließ sich nicht lange bitten, sie begann mit flinker Zunge Michaelas Kitzler zu stimulieren. Sie wirbelte mit der Zungenspitze um den immer größer werdenden Knubbel. Michaela warf den Kopf in den Nacken und stöhnte auf. Unbewusst drückte sie Amelies Kopf stärker auf ihre Muschi. Ihre Lippen knabberten an ihren Schamlippen. Die Zunge umspielte den Kitzler und immer öfter glitt sie durch ihre Spalte, die sich bereitwillig geöffnet hatte. Michaelas Knie begannen zu zittern. Ihre Oberschenkel flatterten wie die berühmte Nähmaschine bei den Biathleten. Sie musste sich am Tresen festhalten um nicht umzufallen.

Als Amelie mit einem Grinsen im Gesicht von ihr abließ, hätte sie beinahe gebettelt, dass sie weitermachen solle. Aber sie konnte nicht mehr stehen und war insgeheim froh über die Unterbrechung.


»Komm lass uns nach oben gehen«, sagte Amelie leise, woraufhin Michaela dankbar nickte. »Ich gehe auch voraus«, fügte sie grinsend hinzu und spielte damit auf Nicoles Bemerkung wegen der Treppe an.

Schon einmal waren sie heute dort oben in ihrem Zimmer gewesen. Schon einmal war Michaela dem knackigen Po die Treppe hinauf gefolgt. Amelie wackelte besonders koket mit dem Hintern, während sie die Stufen vorausging und lachte lauf auf, als sie spielerisch einen Klaps auf den Po dafür erntete. Dieses heimelige Gefühl das Michaela daraufhin umhüllte wie eine Wolke, fühlte sich einfach großartig an. Sie kam nicht umhin, dieses Mädchen ein ums andere Mal dafür zu bewundern, wie einnehmend ihr Wesen war, wie vertraut man sich mit ihr beschäftigen konnte, obwohl sie sich erst wenige Stunden kannten. Man sah Amelie und musste sie einfach gernhaben. Ihre natürliche, authentische Art nahm einen einfach in Besitz.

In ihrem Zimmer angekommen landete die beiden Frauen sofort auf dem Bett. Als wären sie sexuell ausgehungert fielen sie übereinander her. Nackt war Michaela schon von unten heraufgekommen. Amelie in den selben Zustand zu versetzen dauerte nur wenige Sekunden. Die Anspannung des Nachmittags fiel wie ein schwerer Umhang von ihnen ab. Die Gedanken an die Gefahr, der sie sich freiwillig ausgesetzt hatten, rückte für eine Zeitlang in den Hintergrund. Bald würde Nicole erscheinen. Dann wären sie schon zu dritt. Wäre doch gelacht, wenn sie morgen nicht in der Lage wären, den Hanswurst in seine Schranken zu verweisen.

Eng ineinander verschlungen liebten sie sich wie nur zwei Frauen das konnten. Während Amelie auf dem Rücken lag, sich ein wenig zur Seite gedreht und die Beine geöffnet hatte, kam Michaela über sie, hockte sich über das eine ausgestreckte Bein und lehnte sich mit der Brust an das andere, das nach oben zur Decke zeigte. Auf diese Weise berührten sich ihre Kitzler. Während Michaela ihre Schamlippen an Amelies ausgestrecktem Bein reiben konnte, tat Amelie dies an Michaelas kniendem. Mit kreisenden Hüften erregten sie ihre intimsten Stellen bis ein Höhepunkt den nächsten ablöste.

Trotz der angenehmen Temperaturen brach ihnen der Schweiß aus. Schnell vermischte er sich mit ihren Säften, die sie auf Schenkel, Bauch und Bett verteilt hatten, noch ehe sie überhaupt das erste Mal die Stellung wechselten. Es musste gut eine halbe Stunde gewesen sein, in der sie sich in dieser Haltung, die sie in der Zeit nur um Nuancen verändert hatten, gegenseitig von einem Orgasmus zum nächsten trieben. Mittlerweile hatte Michaela erfahren, dass das Haus weder zu den Nachbarn hin, noch sonst irgendwie hellhörig war, und so ließen die zwei Frauen ihrer Lust freien Lauf. Vor allem Michaela genoss die jugendliche Unbeschwertheit und den Elan, den Amelie verströmte. Nicht dass sie sich mit ihren 42 Jahren alt vorkam. Aber wie alt mochte Amelie sein? 20, vielleicht 21 Jahre alt. Halb so alt empfand sie schon als Hausnummer, die sich durchaus in solchen Situationen bemerkbar machen durfte.

Gerade wirbelte Amelie sie herum, warf sie auf den Rücken und revanchierte sich in annähernd derselben Haltung, nur mit umgedrehten Rollen. Michaela musste lachen, schien Amelie doch ihre Gedanken gelesen zu haben. Ihre Knie hatten rebelliert und ein Krampf in der Wade hatte sich angedeutet. So wie sie jetzt lag, musste sie nur dem Druck von Amelies Hüfte standhalten, die sie so vehement gegen ihre presste, dass sie tief in die Matratze gedrückt wurde. Weit lehnte Amelie sich nach vorne. Zum Glück war Michaela beweglich genug um mit dem gegen ihre Brust gedrückten Bein soweit nachzugeben. Als sich ihre Lippen trafen, lag Michaelas Bein irgendwo neben ihrem Kopf. Wo das andere war wollte sie gar nicht wissen. Ihr Kitzler war so erregt, dass es schon fast schmerzte. Mittlerweile fühlte es sich an als wäre sie wundgescheuert. Trotz der Nässe die sich zwischen ihren Beinen ausgebreitet hatte. Es war ein süßer Schmerz, den sie um nichts auf der Welt abstellen wollte. Amelie trieb sie von einem Orgasmus zum nächsten. Dabei kam sie selbst immer wieder, wie sie mit einem neuerlichen Schwall aus ihrer überlaufenden Muschi ein ums andere Mal deutlich zeigte. Sie hatten sich vollkommen fallen lassen, waren nur noch ein Spielball ihrer Lust. Sie trieben von einer Welle zur nächsten, trudelten, taumelten, schaukelten von einem Höhepunkt zum nächsten.

Jedes Zeitgefühl war ihnen abhandengekommen. Der Kontakt zur Welt außerhalb ihrer vier Wände schien unterbrochen. Sie existierte nur noch hier drinnen. War auf sämtliche Gerüche und Geräusche hier drinnen beschränkt. Michaelas Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie atmete schwer. Ihre Schleimhäute schienen allesamt angeschwollen, die Nase so verstopft, dass sie durch den Mund atmen musste. Wieder kam Amelie zuckend zwischen ihren Schenkeln und riss sie selbst in einen neuerlichen Orgasmus mit. Das Gefühl war schlicht atemberaubend. Längst hatte sie keine Stimme mehr, um ihrer Lust ein Ventil zu geben. Sie zuckte und wand sich unter Amelies zarten Stößen.

Kein Schwanz der Welt hätte sie besser ficken können. Dabei war sie dem männlichen Geschlecht bei Leibe nicht abgeneigt. Es war noch keine 24 Stunden her da Lukas, ihr ganz privater Automechaniker, ihre Wohnung verlassen hatte. Und dabei war ihr Audi gar nicht kaputt gewesen. Es waren eher andere kleinere Reparaturen, die sie aneinander ausgeführt hatten. Bei dem Gedanken daran musste sie schmunzeln. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte Lukas Holzer nun schon seit vielen Wochen seinen ganz persönlichen Servicevertrag mit ihr abgeschlossen, und kümmerte sich mit viel Engagement und demselben jugendlichen Elan wie Amelie um ihr Sexleben. Wenn sie nicht gerade mit Nicole im Bett lag.

Die Blase in der sie sich befanden platzte jäh durch ein Geräusch, das nicht zu dem ruhig daliegenden Haus außerhalb ihres Zimmers passte. Auch Amelie hatte es gehört, denn sie stockte, war von einer Sekunde auf die nächste vollkommen still und horchte mit mitten in der Bewegung erstarrtem Körper. Die Frage zur jeweiligen anderen, ob sie das Geräusch auch gehört hatte, erübrigte sich. In beiden Gesichtern war der Schreck zu lesen.


»Nicole?«, flüsterte Amelie fast lautlos. Auch Michaela hatte als erstes daran gedacht. Ihr Smartphone lag im Laden unten. Sie hatte es vergessen. Innerlich schlug sie sich gegen die Stirn. Wie dämlich konnte man denn sein? Aber warum sollte Nicole durch das Haus schleichen, wenn sie Michaela nicht erreichen würde. Sie fand eine Uhr neben der Kommode. Es war noch zu früh für Nicole. Sie konnte noch nicht hier sein, wenn ihre S-Bahn gegen 18:30 Uhr in Eberbach eintraf. Die Uhr zeigte 18:15 Uhr. Selbst wenn die Bahn schneller wäre als geplant, müsste sie erst noch mit dem Taxi die 15km von Eberbach bis hier her zurücklegen. Michaela schüttelte den Kopf. Nicole konnte das nicht sein.


»Deine Eltern?«, fragte sie genauso leise. Jetzt war es an Amelie den Kopf zu schütteln.


»Haben über Mittag, kurz bevor du gekommen bist angerufen, dass sie in München angekommen sind.« Zeitlich würde eine sofortige Rückfahrt zwar auch in das Zeitfenster passen, aber Amelie schien sich sicher, dass das nicht der Fall gewesen war. Warum auch. Sie wollten an diesem Abend dort einen Geburtstag feiern.

Das Geräusch war wieder zu vernehmen. Diesmal leiser. Als würde jemand auf Holz klopfen.


»Ist jemand an der Tür?«, fragte Michaela. »Du hast doch beide abgeschlossen, oder? Laden und Backstube.« Die Blicke der beiden trafen sich. Amelie nickte. Sie machte nicht den Eindruck als wäre sie sich unsicher.


»Gibt es noch einen Zugang?«


»Durch den Keller.« Amelie zögerte einen Moment. »Aber der ist immer abgeschlossen. Den benutzt nur der Müller, wenn er Mehl bringt.« Wieder ertönte das Geräusch. Es war eindeutig Holz und dieses Mal schien etwas zu brechen. Das Geräusch war alles andere als ein vertrauensvoller Ton. Es schrie förmlich nach Gefahr.


»Hat der einen eigenen Schlüssel?«


Amelie nickte. »Der kommt zu allen möglichen Zeiten. Aber der kommt schon vierzig Jahre hier her. Der ist schon fast siebzig. Der ist in Ordnung«, flüsterte sie.


Und sein Lehrling, oder die Aushilfe? dachte Michaela, sprach es aber nicht aus. Draußen knarzte es als würde jemand leise eine verrostete Tür öffnen. Das Geräusch war noch weit weg, aber durch das leere Haus übertrug es sich als wäre es direkt vor der Tür passiert. Michaela erinnerte sich an die Glocke über der Ladentür. Müsste die nicht losgehen, sobald jemand die Tür aufdrückte? Nicht wenn jemand schon fünf mal hier war und wusste wie sie funktionierte. Michaela fühlte eine eiskalte Hand die sie im Nacken packte. Er schaut sich ewig im Laden um, hallte Amelies Stimme in ihrem Kopf.

»Wo ist dein Handy?«, raunte Michaela Amelie zu und schob sie nachdrücklich von sich herunter. In Schockstarre waren sie bislang aufeinandergesessen, ihre Muschis immer noch fest gegeneinandergepresst.


»Nicht weit weg von deinem.« Sie schüttelte den Kopf. Wo hatten sie nur ihre Gedanken gehabt, als sie vorhin fluchtartig den Laden verlassen und nach hier oben gestürmt waren? Verflucht sollte sie sein für ihre Nachlässigkeit, dachte Michaela in diesem Moment.


»Festnetz?«


Amelie schüttelte den Kopf. »Ich habe unten mit meiner Mama telefoniert. Das Mobilteil liegt noch in der Backstube.« Sie sah zerknirscht drein.


»Shit«, fluchte Michaela mit Nachdruck. »Ich sehe nach. Du bleibst hier.« Nackt wie sie war, schlich sie auf Zehenspitzen zur Tür.


»Kommt nicht in Frage.« Amelie war dicht hinter ihr geblieben. Als ihre Augen sich trafen wusste Michaela, dass es zwecklos wäre darüber zu diskutieren.


»Gut, aber du bleibst hinter mir. Und sieh dich nach einer Waffe um.«


Die Löwin war erwacht.

So geräuschlos wie möglich öffnete Michaela die Tür. Der Flur draußen lag still und leer vor ihnen. Auch die Treppe, soweit sie sie einsehen konnten war leer. Dass sich hier oben jemand aufhalten würde, war nahezu ausgeschlossen. Dass sie sich täuschten und das Geräusch harmlos war auch. Das hier war Amelies Elternhaus. Hier was sie aufgewachsen. Sie war bei dem Geräusch genauso aufgeschreckt wie Michaela auch. Also war es eindeutig zu den unbekannten Geräuschen zu zählen. Und selbst wenn es sich als harmlos herausstellen sollte…in Anbetracht der Vorkommnisse heute Morgen, mussten sie einfach vorsichtig sein. Nachlässig genug waren sie wegen ihrer Telefone schon jetzt gewesen.


»Sobald wir unten sind und niemanden sehen, holst du das Handy. Du gehst hier rein und schließt die Tür ab.« Michaela deutete auf die Tür aus der sie gerade gekommen waren. »Dann rufst du die Polizei.« Sie blickte sie eindringlich an. Amelie nickte. Keine Spielchen mehr.


»Und wenn jemand da ist?«


»Vertreiben wir ihn«, sagte Michaela mit mehr Ruhe in der Stimme als ihr zumute war. Sie schaute an sich herunter und konnte ein Schmunzeln nicht verhindern. Zwei nackte Frauen auf Einbrecherjagd. Total bescheuert. Nicole würde sie vierteilen und ihre Einzelteile hinterm Haus verschachern, wenn sie das erfährt.

Vorsichtig erreichten sie die Treppe. Niemand war zu sehen. Auch von unten blieb es ruhig. Seit sie Amelies Zimmer verlassen hatten, war es still geblieben.


»Du rechts ich links«, flüsterte Michaela und deutete auf die ausgetretenen Stufen der alten Holztreppe. Vielleicht würden sie der Treppe so die wenigsten Geräusche entlocken. Dass es lautlos gehen würde, hatte Michaela wenig Hoffnung. Wie zwei Katzen schlichen sie nach unten. Nackte Katzen wohlgemerkt. Auf jeden Tritt achtend und so vorsichtig wie möglich auftretend. Michaela rechnete mit einer dunklen Gestalt die auf sie zustürmen würde. Vor ihrem geistigen Auge wappnete sie sich bereits gegen den Schreck und merkte wie sie die Schultern anspannte und den Kopf einzog. Sie schärfte sich ein, locker zu bleiben. Als erstes brauchten sie etwas zur Verteidigung. Der Besen, der an der Wand in Griffreichweite lehnte erschien ihr am besten. Als sie ihn aufnahm und sich vorstellte wie sie aussehen musste, nackt, auf Zehenspitzen, mit einem Besenstiel in der Hand, erhoben wie eine Lanze, hätte sie beinahe gelacht. Trotz der angespannten Situation. Hinter ihr gluckste Amelie. Da war es um sie geschehen. Mit erhobenen Händen, den Besen von sich gestreckt, in Verteidigungsposition stehend, musste sie in ihren Unterarm beißen um nicht lauthals loszulachen. Es dauerte einige Sekunden bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte und sich einschärfte, das Ganze nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Noch wussten sie nicht das geringste, wer oder was die Geräusche verursacht hatte.

Die Backstube lag dunkel und verlassen vor ihnen. Die Treppe die hinauf in den Laden führte war noch nicht zu erkennen, aber auch von dort schien kein Licht und kein Geräusch zu kommen. Hatten sie sich das beide nur eingebildet? Michaela kannte nicht alle Räumlichkeiten. Nur den Laden und den direkten Weg von dort, durch die Backstube nach oben. Alleine vom Gefühl über die Größe des Hauses, musste es hier unten noch angeschlossene Räume geben. Vorratslager, Kühltruhen, und solche Dinge mussten hier noch sein. Dann war wieder das Geräusch. Die beiden zuckten zusammen. Während Michaela stumm erschrak, entfuhr Amelie ein kleiner, spitzer Ausruf, den sie scheinbar nicht hatte unterdrücken können.

Das Geräusch kam eindeutig aus dem Laden. Ausgerechnet von dort wo sie hinwollte. Denn dort lag ihr Smartphone. Sie sah es vor ihrem geistigen Auge auf dem Tresen liegen. Amelie huschte plötzlich an ihr vorbei durch die dunkle Backstube. Michaela wollte sie an der Schulter zurückhalten, doch sie entwischte ihr schneller als sie nach ihr greifen konnte. Sie lief nicht weit. An der Seitenwand, wo die Regale angebracht waren auf der die Backwaren auskühlen konnten, stand ein Tisch. Die Platte alt und von unzähligen Messerschnitten zerkratzt. Auf ihr lag das Mobilteil des Festnetztelefons. Michaela sah wie das Display Amelies Gesicht erhellte und sie schnell drei Nummern eintippte. Sie winkte sie zu sich heran, damit ihre Stimme beim Telefonieren im Laden nicht zu hören war, aber es war zu spät.

Schritte erklangen auf der Treppe. Schwere Stiefel polterten nach unten in die Backstube.


»Hallo mein Täubchen«, sagte eine Männerstimme. Amelie erschrak so sehr, dass sie beim Herumfahren das Telefon verlor. Es knallte auf den Steinboden der Backstube und machte ein Geräusch als zersplitterte es in seine Einzelteile. Das Display erlosch auf der Stelle.


»Du bist ja schon nackt, hast du auf mich gewartet?« Die Stimme war leise, aber Michaela konnte die Erregung ihres Besitzers darin hören. Die Stimme zitterte ein wenig. Sag ja, dachte Michaela. Spiel mit ihm. Lenke ihn ab. Lass ihn unvorsichtig werden. So leise wie möglich zog sie sich in den Schatten der Holztreppe zurück. Kopflos in die Backstube zu stürmen wäre nicht sinnvoll. Nachdem das Telefon offensichtlich kaputtgegangen war, musste sie an ihr Smartphone kommen. Bevor sie sich um den Typen kümmern konnte, musste unbedingt Hilfe herbeigerufen werden. Amelie reagierte geistesgegenwärtig und genau so wie Michaela es erhofft hatte. Das Mädchen war auf Zack. Trotz dem Schrecken der sie gepackt hatte.

»Du hast dir Zeit gelassen«, flötete sie. »Ich dachte du kommst schon heute Nachmittag wieder.« Sie legte eine Verzweiflung in die Stimme, die selbst Michaela eine Gänsehaut bescherte. Der Unbekannte musste auf der Stelle ein schlechtes Gewissen bekommen, nicht schon früher gekommen zu sein. Er gab keine Antwort. Die Schritte kamen näher. Michaela konnte den Mann jetzt sehen. Er war nur noch ein paar Schritte von Amelie entfernt stehen geblieben. Sie umfasste den Besenstiel fester und machte sich bereit, zur Not wie eine Furie aus ihrem Versteck zu stürmen, um mit dem Stiel auf den Mann einzudreschen, sollte der Amelie auch nur mit einem Finger berühren. Er sah aus wie Amelie ihn beschrieben hatte. Braune Hose, blaue Windjacke. Nicht größer als sie selbst, dafür sehr schlaksig. Insgesamt machte er nicht den Eindruck als wäre er besonders gefährlich. Als sie ihn sah hatte sie das drängende Gefühl, einfach aus dem Schatten zu treten und dem Kerl die Stirn zu bieten. So schmächtig wie er war, gab er nun wirklich kein einschüchterndes Bild ab. Aber in der Jacke könnte ein Messer oder gar schlimmeres verborgen sein, also wollte Michaela vorsichtig sein. Sie würde einen Teufel tun und den Kerl nur wegen seiner Statur zu unterschätzen.

Eine Welle der Zuneigung flutete Michaelas Herz als Amelie sich langsam, mit dem Rücken die Regale entlang von dem Mann wegbewegte und gleichzeitig die Hand nach ihm ausstreckte. Für ihn musste es so aussehen als wolle sie, dass er ihr an die Eckbank folgte, die neben den Regalen das Ende der Backstube darstellte. Aber Michaela sah was sie bezweckte. Sie wollte dass er sich von der Treppe abwandte. Ihr folgte und so für sie den Weg in den Laden freimachte. Es funktionierte tatsächlich. Sie sah nur den Hinterkopf des Kerls, der Amelie langsam folgte. Es waren nur wenige Schritte bis zu der Eckbank und dem Tisch, an dessen Platte sich Amelie lasziv lehnte, nachdem sie mit dem Po dagegen gestoßen war. Sie stellte die Beine ein wenig auseinander und stützte sich mit den Händen am Tisch ab. Drückte den Oberkörper durch und legte den Kopf schief. Ihre Haltung drückte eine stumme Einladung aus. Komm her und nimm mich. Michaela konnte sehen, wie der Kopf des Mannes nach unten ruckte. Selbst von hier aus konnte Michaela Amelies Muschi sehen. Für den Kerl musste es wie eine Offenbarung wirken, was Amelie da tat. Wie Amelie gerade empfand wollte sich Michaela lieber nicht vorstellen. Es wurde Zeit in die Offensive zu gehen.

Leise löste sie sich aus dem Schatten der Holztreppe und war gerade dabei die gegenüberliegende Wand entlang zu schleichen, um so leise wie möglich den Laden zu erreichen. Ihre größte Sorge war, dass sie mit dem Besenstiel irgendwo hängen bleiben würde, ihre nackten Füße auf dem Steinboden quietschten, oder ihr Schatten ihn irgendwie ablenken könnte. Aber der Kerl schien all seine Sinne auf Amelie gerichtet zu haben. Er bewegte sich keinen Millimeter während sie in den Laden huschte. Einen Moment lang starrte sie den Tresen an, als könne sie nicht glauben was sie sah. Er war leer. Das Smartphone lag nicht dort, wo sie es zuletzt hatte liegen lassen. Hatte der Kerl es etwa eingesteckt? Ihr Blick huschte umher. Suchte das silberne Gerät, fand es aber nirgends. Wo auch immer es war, es war nicht hier. Punkt. Aus.

Also gut, dachte sie. Dann eben nicht. Dann hauen wir den Typen eben alleine aus den Schuhen. Sie spürte wie die Erregung ihr bis in die Haarspitzen kribbelte und drehte sich zur Backstube hin um. Unten fragte Amelie gerade:


»Gefalle ich dir nicht, wenn ich nackt bin? Warum kommst du nicht zu mir?«


Übertreib es nicht, mahnte Michaela, als könne sie Amelie durch reine Gedankenübertragung beschwören.

Sie nahm einen tiefen Atemzug um sich zu wappnen und huschte dann so leise wie sie heraufgekommen war wieder in die Backstube hinunter. Der Typ stand immer noch mit dem Rücken zu ihr, zwei Armlängen vor Amelie. Er starrte sie offensichtlich nur an. Vermutlich konnte er nicht glauben was er sah. Wie einfach Amelie es ihm machte. Er musste sie sich nur nehmen. Dass Amelie nackt war und ihn so ablenkte, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, war vermutlich ihre Rettung. Auch wenn es sie sichtlich Überwindung kostete, so vor ihm zu posieren. Aber sie hatte den Typen so fest im Griff, dass der seine Umgebung völlig vergessen zu haben schien. Er fühlte sich sicher. Scheinbar alleine mit ihr. Einer nackten Frau, die mit dem Rücken an den Tisch lehnte, sich ihm anbot. Mit dem Körper und mit der Stimme. Sogar mit den Blicken. Michaelas Bewunderung vor Amelies Mut wuchs mit jedem Schritt. Mit keiner Miene verriet sie sie und sich. Während Michaela einen winzigen Schritt nach dem anderen von hinten an den Mann heran trat, hatte Amelie nur Augen für ihn. Kein noch so schneller Blick um ihn herum verriet ihm, was in seinem Rücken passierte. Amelie schien so kalt wie eine Hundeschnauze.

Michaela war nur noch zwei Schritte hinter dem Kerl. Sie spannte sämtliche Muskeln an und machte einen langen Ausfallschritt. Mit dem einen Bein ging sie in die Knie, das andere machte sie lang und holte aus wie eine Sense. Führte das Bein knapp über dem Boden in einem Halbkreis und trat dem Kerl die Beine weg. Als ihr Schienbein seine Waden traf und ihn von den Beinen holte, schrie sie auf. Nicht nur wegen dem Schmerz der wie Feuer in ihrem Schienbein aufloderte. Ihre ganze Wut und Anspannung steckte in diesem Schrei. Noch bevor der Mann reagieren konnte, knallte er mit der Hüfte auf den Steinboden. Auf dem Boden kniend zog sie ihm den Besenstiel über die Schulter. Das Ende brach ab und flog durch die Backstube. Amelie stieß eine spitzen Schrei aus und zog sich bis an die Wand zurück. Aber nur für einen kurzen Moment.

Michaela sah alles wie in Zeitlupe. Wie sie ausgeholt hatte und die Beine des Mannes zur Seite geschleudert wurden. Wie er umgefallen und auf den Boden geprallt war. Wie sie den Besenstiel über seiner Schulter abgebrochen hatte. Wie Amelie scheinbar vor Schreck zurückgezuckt war, in Wahrheit aber nur dorthin eilte, wo der abgebrochene Rest des Besenstiels lag. Sie schnappte ihn vom Boden auf und stürzte mit dem spitzen Ende voran auf den Kerl zu. Noch bevor Michaela sich wieder aufgerichtet hatte, hatte der den gefährlich scharfen Splitter, der aus dem abgebrochenen Ende ragte an seiner Kehle. Er drehte sich auf den Rücken, weg von dem Splitter, doch dadurch besiegelte er nur sein noch schnelleres Aus. Der Splitter folgte seiner Bewegung. Auf dem Rücken liegend nagelte das scharfe Ende seinen Hals auf den Boden. Amelie ragte hoch über ihm auf. Ihr Gesicht eine starre Maske. Michaela rappelte sich auf und stellte den nackten Fuß in seinen Schritt. Verlagerte das Gewicht auf das Bein und stellte sich auf seinen Schwanz. Er stöhnte auf, wollte sich aufrichten um dem Schmerz zwischen seinen Beinen zu entgehen, aber der Splitter vor seiner Kehle verhinderte jede Bewegung. Amelie machte nicht den Eindruck als würde sie zögern, den abgebrochenen Besenstiel auch zu benutzen. Aber das täuschte. Michaela sah wie sie zitterte.

»Hol ein Seil. Eine Schnur. Eine Wäscheleine. Irgendwas.« Michaela sprach leise und ruhig. »Und du bewegst dich keinen Millimeter.« Der letzte Teil war an den Kerl gerichtet, der, wenn sich der Splitter von seinem Hals lösen würde, bloß nicht auf dumme Gedanken kommen sollte. Wie zur Bestätigung ihrer Drohung streckte sie die Hand nach dem Besenstiel aus. Amelie reichte ihn weiter ohne dass der Splitter sich von seinem Hals löste und eilte davon. Sie musste nicht lange suchen und kam mit einer Handvoll langen Kabelbindern zurück mit denen sie sonst offene Säcke verschloss.


»Perfekt«, sagte Michaela nicht ohne Stolz über die Wahl. »Umdrehen.« Der Typ rollte ergeben auf die Seite und danach auf den Bauch. Keine Silbe war über seine Lippen gekommen. Er schien vollkommen neben sich zu stehen. Offenbar hatte er nicht mit dieser Gegenwehr gerechnet. Als er wie ein Paket verschnürt auf dem Boden lag, die Arme auf den Rücken gebunden, die Handgelenke mit einem Kabelbinder fixiert, die Beine an den Knöcheln zusammengebunden, meldete er sich zum ersten Mal zu Wort.

»Das werdet ihr bereuen, ihr Schlampen«, zischte er. Er sprach direkt mit dem Steinboden. Seine Stimme klang entsprechend gedämpft. Amelie verpasste ihm einen Tritt in die Seite, zuckte aber sofort zurück. Ihre Gewaltbereitschaft schien sie selbst zu schockieren. Sie schlug die Hand vor den Mund und wurde sich wohl erst da bewusst, was sie hier gemacht hatten. Der Kerl versuchte sich auf die Seite zu drehen und blickte von unten zu ihnen herauf. Michaela kickte den Besenstiel und die restlichen Kabelbinder weg. Dann trat sie aus der Reichweite seiner Beine. Im selben Moment klingelte ihr Smartphone. Die Melodie signalisierte einen Anruf von Nicole. Der Ton kam vom Boden. Sie bückte sich, fischte das Smartphone aus der Tasche des Kerls und verpasste ihm eine Ohrfeige. »Arschloch«, war ihr einziger Kommentar.

»Ich bin noch fünf Minuten von euch entfernt«, meldete sich ihre Freundin ohne Begrüßung.


»Ok. Wir sind hier noch einen Moment beschäftigt und warten dann auf dich.«


Nicole hörte die Anspannung aus Michaelas Stimme natürlich sofort heraus.


»Ist irgendwas?«


»Nein«, antwortete die. »Alles unter Kontrolle.« Ihr Blick fiel dabei auf das verschnürte Paket auf dem Boden, das sie mit wutverzerrtem Gesicht anstarrte. »Aber du könntest vielleicht noch die Polizei anrufen. Hier in der Bäckerei gab es einen Einbruch.« Als Nicole erschrocken am anderen Ende die Luft einsog fügte sie mit einem Grinsen hinzu: »Aber der Einbrecher wurde von zwei nackten Mädchen überwältigt und liegt zur Abholung bereit.« Einen Moment war nur Rauschen in der Leitung. Dann war die Leitung tot. Michaela konnte Nicole förmlich vor sich sehen, wie sie den Taxifahrer anschnauzte gefälligst Vollgas zu geben.

Sie legte das Telefon auf den verkratzten Tisch weit aus der Reichweite des Kerls und winkte Amelie zu sich. »Komm her, Schatz.« Die nackte Frau kam zitternd zu ihr und kuschelte sich in ihre geöffneten Arme. Es war nicht klar auszumachen wer wen damit am meisten tröstete und beruhigte. Michaela strich Amelie durch die Haare. Sie zitterte nicht weniger als das Mädchen. Das Adrenalin baute sich nur langsam ab. Ganz langsam begann sie ihre Umwelt wieder bewusst wahrzunehmen. Spürte das kalte Mädchen in ihrem Arm, den kalten Steinboden unter ihren Füßen, den warmen Atem an ihrem Schlüsselbein. Die Haare die an ihrer Wange kitzelten.


»Gut gemacht«, sagte sie leise zu ihr. Amelie nickte nur leicht. »Danke.« Über Amelies Schultern sah sie zu dem Mann am Boden, der sie nicht aus den Augen gelassen hatte. Sie reckte ihm den ausgestreckten Mittelfinger entgegen, woraufhin er auf dem Boden ruckte. Die Kabelbinder aber saßen bombenfest.

Nur zwei oder drei Minuten später hielt draußen ein Auto mit quietschenden Reifen. Eine Autotür knallte. Jemand rüttelte an der Ladentür. Sie schnappte auf, als Nicole dagegen drückte. Offenbar hatte der Typ das Schloss aufgebrochen. Sie stürmte in den Laden, fand ihn leer vor.


»Michi« rief sie und kam im selben Moment die Backstube heruntergerannt. Den Kerl am Boden sah sie als erstes. Er zuckte zusammen als er ihren Gesichtsausdruck sah. Dann ruckte sie herum, sah die beiden nackten Freundinnen, die sich in den Armen hielten. Schon hob Michaela die Hand in Amelies Rücken, streckte ihr die Handfläche entgegen und signalisierte ihr, dass alles in Ordnung war. Den Rest las sie aus Michaelas Augen. Ihr Kopf ruckte zu dem Mann am Boden herum.

»Ist das der Kerl?« Ihre Stimme war so kalt wie ein Grab. Niemand antwortete ihr. Sie trat auf ihn zu und sah aus als wolle sie sich auf ihn stürzen.


»Nicht.« Ihr Kopf ruckte zu Michaela herum, die gerufen hatte. »Lass ihn.« Wiederholte die. »Bei uns war es Notwehr, bei dir ist es Vorsatz«, fügte sie leise hinzu. Amelie drehte sich aus ihren Armen und stürmte auf Nicole zu. Mit drei langen Schritten war sie bei ihr und fiel auch ihr in die geöffneten Arme. Nicole hielt sie so fest wie sie konnte. Über ihre Schulter hinweg fand sie Michaelas Blick, die sie mit einem verklärten Lächeln anschaute und fast unmerklich nickte. Dann tappte auch die mit nackten Füßen auf sie zu, lehnte sich in Amelies Rücken und umschlang beide Frauen mit den Armen. Amelie streckte einen Arm aus, fasste nach hinten und hielt sie an der Hüfte fest. Über ihre zwischen ihnen eingeklemmte Schulter sahen Nicole und Michaela sich an. Ihre Augen waren nur eine Handbreit voneinander entfernt.

»Schön dich zu sehen«, sagte Michaela.


»Man kann dich nicht alleine lassen.«


»Du hast mich hergeschickt, schon vergessen.«


»Das war gefährlich. Was habt ihr euch nur dabei gedacht.«


Michaela zuckte die Schultern. »Glaub mir, ganz so war es nicht geplant.«


»Bist du ok?« Sie flüsterte direkt in Amelies Ohr. Die beiden Frauen spürten wie Amelie nickte. Ihre Haare kitzelten an ihren Schultern. Sie hatte sich in Nicoles Halsbeuge geschmiegt.


»Die Polizei kommt gleich.«


»Das dauert«, sagte Amelie. Ihre Stimme durch die beiden Leiber die sie umschlossen gedämpft. »Mindestens eine halbe Stunde.«


»Ihr seid beide eiskalt«, merkte Nicole an.


»Wärme uns auf«, flüsterte Michaela.

»Verfluchtes Lesbenpack«, kam da plötzlich von hinten. Ein würgendes Geräusch folgte. Ohne sich umzudrehen und mit müder Stimme sagte Michaela.


»Man sollte wissen wann man geschlagen ist.«


»Leck mich, Fotze«, war die Antwort. Keine der drei Frauen drehte sich zu ihm um oder entgegnete irgendwas.


»Können wir woanders hingehen, bis die Polizei da ist?« Es war Amelie die ausdrückte was alle dachten.


»Wäre auch nicht schlecht, wenn wir bis dahin ein paar Klamotten anhätten.«

Die drei lösten sich voneinander. Alle Augenpaare waren auf den Kerl am Boden gerichtet, während sie langsam an ihm vorbeigingen. Er starrte ihnen stumm hinterher.


»Können wir ihn einfach so liegenlassen?«, fragte Amelie.


»Willst du ihn mit nach oben nehmen?« Nicole war stehengeblieben und blickte sich zu ihm um.


»Nein, ich meinte ob es sicher ist ihn unbeobachtet liegen zu lassen.«


»Glaub mir, der geht nirgendwohin«, sagte Michaela. Auch sie drehte sich zu ihm um. Er spuckte ihnen entgegen blieb aber zu kurz und hatte danach Spucke am Kinn hängen.


»Du bist eine armselige Wurst«, sagte Michaela nur. Daraufhin wandte sie sich angeekelt ab und tappte als erste die Treppe hinauf. Amelie folgte auf dem Fuß. Als Nicole ihnen folgen wollte, musste sie einen Moment innehalten und ihre zwei Freundinnen beobachten, wie sie nackt die Treppe hinaufstiegen.

»Könnt ihr ein wenig schneller gehen? Der Anblick raubt mir den Atem.« Wie abgesprochen wackelten beide daraufhin keck mit dem Hintern.

»Verfluchtes Lesbenpack«, murmelte Nicole und folgte dem Lachen, das durch das Treppenhaus brandete. Bis die Polizei da war, wollte sie alles tun was sie konnte, um ihre zwei Freundinnen warm zu bekommen.

Kommentare


GhostWriter
(AutorIn)
dabei seit: Feb '04
Kommentare: 29
GhostWriter
schrieb am 30.06.2019:
»Lieben Dank an alle für das Feedback.
Freut mich dass die Serie ihre Fans hat.«

wohltat
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 64
schrieb am 04.06.2019:
»klasse geschrieben«

TC
dabei seit: Jun '01
Kommentare: 23
schrieb am 04.06.2019:
»Hi Ghostwriter,
vielen Dank für diese Fortsetzung!
Wieder äußerst anregend und gut geschrieben - nun hoffe ich, dass du uns bis zum nächsten Teil dieser Story nicht "wieder soooo lange" warten lässt. Danke!!

Update (25.04.2020):
Hi Ghostwriter,
ich warte sehnsüchtig auf die Fortsetzung dieser tollen Geschichte - bitte bitte schenke uns deinen Fans den nchsten Teil. DANKE!«

doris-23
dabei seit: Feb '04
Kommentare: 25
schrieb am 06.06.2019:
»Wo ist diese Bäckerei?
Da bekomme ich auch Hunger, so eine Semmel zu (ver)naschen«

LadyAllista
dabei seit: Jun '07
Kommentare: 44
Lady Allista
schrieb am 08.06.2019:
»Einfach nur Klasse. Wie immer. Ich bin jedesmal so froh, wenn eine neue Geschichte von Dir online ist!«

Abendrot
dabei seit: Jun '01
Kommentare: 7
schrieb am 08.08.2019:
»Ich "oute" mich ebenfalls als Fan dieser Serie.
Vielen Dank für die tollen Geschichten.
Es passt einfach alles: Die Erotik, der Humor , das detailliert beschriebene "Drumherum" (.. von der Geografie angefangen....).
Man "verliebt" sich mit der Zeit ein kleines bisschen in die Protagonisten.
Eine Frage bzw. Wunsch an @GhostWriter: Was ist mit Torsten passiert, mit dem die Serie in Folge 1 - Im Schwimmbad - startete? Ich würde mich freuen, wenn er mal wieder "ins Spiel" käme ;-)
Er , Micheala, Nicole und Amelie - der Gedanke hat was ... :-))«


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