Polaroids, die im Feuer verbrennen
von Auden James
Mein Teppich war endlich wieder dreckig.
Ihn zu präparieren hatte mich 4,95 € und 09:37 Minuten Zeit gekostet. (Selbst beim ersten Mal mit Daniela bin ich nicht so schnell gewesen.) Ich duschte und rasierte mich. Auf dem Bett lagen bereit: René-Lezard-Anzug samt Haikragenhemd und Schuhen, Baume-&-Mercier-Hampton-Chronograph, Zündhölzer, Polaroids, Dildo, Cutter, zwei geölte Juteseile ŕ 7 m Länge und 6 mm Durchmesser.
Bevor ich die Sachen anlegte, prüfte ich die Seile ein letztes Mal.
Ich entzündete drei Oboro-kohs mit einem Zündholz, das ich unausgeblasen ins Räuchergefäß aus Gusseisen auf dem mittleren Drehfach des Domino-Regals warf, und drapierte die Polaroids auf dem transluzenten Kunstharz-Estrich.
Ich wartete.
14:59:55 Uhr und :56 und :57 und :58 und :59 und dann:
Aufzugrattern.
Sie kam keine Sekunde zu spät.
Sie trug schwarze Lack-Pumps und Halterlose, die bis zur Mitte ihrer grazilen Schenkel reichten: nackte Haut, der Spitzensaum ihrer ultraknappen Dienstmädchenuniform und ein Halsband, das eine weißbehandschuhte Hand benestelte, während die andere den Staubwedel wie einen Zeremonienstab hielt.
Ich fragte nicht, wie sie heiße.
Sie fragte nicht, was ich wolle.
Ich wies ihr den Weg und sie trat aus dem Käfig und ging weiter.
Jeder ihrer Schritte enthüllte einen Moment lang die kleinen Backen ihres Apfelarschs unter dem Spitzensaum, der im Staccato ihrer aufsetzenden Pfennigabsätze um ihre Hüften hüpfte. Sie schlenkerte sie zum Staubwedel synchronisiert von einer Seite zur anderen – und blieb stehen:
Zu ihren Füßen lagen die Polaroids.
Sie solle sie aufsammeln, sagte ich nach einem regungslosen Augenblick.
Sie bückte sich und die freie Sicht auf ihre Möse versöhnte mich mit ihrem Zögern. Sie wirkte wie der Rest ihres Körpers zierlich und makellos. Alle Haare waren heißem Wachs und glatter Haut gewichen. (Stephanies süße Schreie sind unvergessen.) Auf ihren inneren Lippen lag ein feiner Schimmer.
Ich trat hinter sie und drängte mich gegen ihren Arsch.
Sie gapste, dann fiel der Staubwedel zu Boden.
Ich strich über seidiges Nylon, bis ich zarte Haut traf und der kühle Stoff ihres Rocks meine Hände überdeckte. Sie richtete sich auf. Der steife Schwanz in meiner Hose rieb an ihrem Arsch.
Die Polaroids zitterten in ihren Händen.
Ich zog sie fest an mich heran und vergrub meine Nase in ihrem weißblonden weichen Haar, Duft von Bergamotte und Vanille, und streichelte die glatten Innenseiten ihrer Schenkel, schrappte aufwärts über ihren Leib, unsäglich schmal und zerbrechlich unter meinen Händen, während ich mehr in ihr Ohr hauchte als sprach, wie schön sie sei, dass sogar die Polaroids ihr nicht gerecht würden, ihrem Körper, für den sie schweinehart gearbeitet habe und der kein Sterbenswörtchen über die Anzahl der Tage verrate, die sie von ihrem Dreißigsten trennten, der sich vollkommen verändern und rubeneske Fülle gewinnen würde, ihr flacher Bauch dann viel zu aufgeschwollen wäre, als dass ich sie wie jetzt umarmen könnte, und ihre kleinen festen Brüste würden wachsen und den impertinenten Mund würde ich ihr mit ihnen stopfen, ihren quabbeligen Hängetitten, an deren Warzen zum ersten Mal in ihrem Leben sie saugen könnte, und also in summa eine zweite, wahre Frau-Werdung: die fleischgewordene Abfuhr an das patriarchale Frauenideal und seine tyrannischen Normen, wenn sie nur ja sage, und sie sagte: »Ja, zerstöre meinen Körper, meine Liebe!«
Ich ließ sie los.
Sie gasperte.
Wenn sie es wirklich wolle, sagte ich, dann solle sie die Polaroids verbrennen.
Ich hielt ihr die Zündholzer hin.
Ein Finger nach dem anderen entwirrte sich von den zerknickten Polaroids. Sie wandte den Kopf zur Seite. Ihre Schneidezähne krallten an ihrer Unterlippe. Mit der freien Hand zwackte sie ihre Brustwarze steif durch den schwarzen Stoff.
Ich schnappte das Briefchen auf, atmete aus.
Sie senkte ihre Hand, langsam, dann brach sie ein Zündholz heraus, Wimpernzucken, und schurrte es über den Zündstreifen und die erste Flamme flackerte auf, Schaudern, sie spiegelte sich in den Hochglanzoberflächen der Polaroids, küsste sie und zeugte eine zweite Flamme, die in Sekundenschnelle schwarze Narben in den weißen Rahmen schlug, dann die Farben zerschmolz, und kurz bevor das Feuer das Bild ihrer selbst ganz auffraß, warf sie es zusammen mit dem Rest der Polaroids ins Räuchergefäß.
Leises Knistern, Rauch, und ihre Hand zwischen ihren Beinen. Ich konnte nicht länger an mich halten.
Ich nahm den Cutter aus meiner Hosentasche, flüsterte, dass ich sie auf den Namen Schweinchen taufe, sagte, das Schweinchen solle sich umdrehen, Hände auf den Rücken, und es drehte sich um wie geheißen, dann setzte ich das Messer an und begann, das Uniformkleidchen aufzutrennen.
Zwei große grüne Augen folgten jeder Bewegung, die das Messer tat, bis der Stoff in Fetzen lautlos zu Boden fiel.
Die freigelegten Bauchmuskeln zuckten, die Warzen standen steif, die inneren Lippen ragten geschwollen aus den äußeren heraus, die Schenkelinnenseite entlang lief ein klarer Tropfen.
Ich sagte, das sei das Ende der Maskerade, und das Schweinchen beim Halsband nehmend ging ich weiter mit ihm.
Vor meinem Teppich blieben wir stehen:
Zu unseren Füßen lag eine 3110 Kilokalorien schwere Spirale aus 195 Yoghurt-Gums ohne tierische Gelatine. (Ich würde das Schweinchen schon noch zur Allesfresserin erziehen, später.)
Ich hob die Juteseile auf vom Flux-Origami-Stuhl und dirigierte das Schweinchen in Futterposition, kniend, drückte seine Hände und verschränkte sie auf seinem Rücken, wo ich sie im Boola-Boola verknotete. Ich legte die erste Windung um seinen schmalen Körper und fesselte ihn im Ushiro-Takatekote mit beiden Seilen.
Den Körper zu fesseln, flüsterte ich, befreie die Seele, und die Seele, sagte ich, solle jetzt ihren Hunger stillen.
Ich hob das Schweinchen hoch, das viel zu leicht in meinen Händen lag, hielt es bei der Hüfte und den Seilen, den Kopf voran auf Teppichhöhe, die Beine um mein Kreuz geschlungen und die Möse gegen meinen Schritt gepresst; sie lief aus.
Ich schob das Schweinchen vorwärts. Es futterte. Es schmatzte. Es rülpste. Es schüttelte den Kopf. Ich fühlte seinen Bauch. Er spannte. Wie mein Schritt. Die Spirale war zur Hälfte getilgt. Das Schweinchen grunzte satt.
Ich gönnte ihm eine prandiale (und mir eine muskuläre) Verschnaufpause. An mir klebte das schweißgetränkte Sakko. Ich warf es von mir. Ich löste den Gürtel meiner Hose; sie war von unseren Säften vollkommen versaut. Ich öffnete den glitschigen Reißverschluss. Viel zu groß, dachte ich, als ich den schwergewichtigen Schwanz, den ich mir umgeschnallt hatte, in der Hand wiegte: eine 23 cm lange und 5,5 cm dicke phallische Bestrafung für mein kostverächterisches Schweinchen. Ich schmierte die Unterseite des Dildos ein im Saft seiner triefenden Ritze. Mein Schweinchen stöhnte, aber blieb flach liegen ohne sich zu rühren. Erst als ich das stumpfe Kopfstück in seine wartende Möse zwängte und darunter die kleinen Lippen im Inneren verschwanden, begann es, seinen Arsch hin und her zu winden. Aber das Gezappel spornte mich bloß an.
Ich würde mein Schweinchen erst erlösen, keuchte ich seinem interjektionellen Flehen um Erbarmen entgegen, wenn es alles aufgefuttert habe.
Und mein Schweinchen quiekte laut, als ich den monströsen Phallus zur Hälfte in seinen nicht mehr ganz so schmalen Leib trieb und über seinen Kopf hinweg mit einer ausgestreckten Hand durch die Semi-Spirale auf dem Teppich fuhrwerkte, was den Dildo tiefer im widerständigen Innern meines Schweinchens einsinken ließ und Druckwellen bestechender Lustgefühle mir in Kitzler Brüste Hirn jagte, und in dieser Stellung ich mein stöhnendes Schweinchen faust- und stoßweise selbst mästete, wieder und wieder, bis ich nurmehr zuckersüßen klebrigen Speichel in Händen hielt.
Ich erlöste das Schweinchen.
Der Riesendildo ploppte ins Freie, als ich mich aufraffte und die Fesseln losband, ablegte, fortwarf.
Seichtes Seufzen.
Und das Mark meiner Lippen, die Nässe meiner Zunge setzte ich auf den salzigen Nacken unter mir, in die Vertiefungen der Grübchen, hinter die Knie, zwischen die Arschbacken, ich trug meinen Mund wie einen Balsam in die über und über von rotblauen Striemen durchpflügte Haut ein, den Rücken, die Arme, Schultern und, nachdem ich den trägen Leib herum gewuchtet hatte, über und unter die geschwollenen Brüste, und mein Herz pupperte, als ich ihren zuvor so flachen Bauch berührte, der jetzt aufgebläht war wie im vierten Monat einer Schwangerschaft und mich kirre machte.
Ich senkte meine Zunge auf ihre Möse und sie schlang ihre schlanken Beine um meine Schultern. Ich leckte sie von ihrem geweiteten Loch bis zu ihrem Kitzler, gleichmäßig, meinen Mund an ihre äußeren Lippen geheftet. Sie bog ihren Rücken durch und ich drückte ihre krampfenden Hände. Ihr Leib erstarrte, vollkommen ausgefüllt, zuckte in Krämpfen und ergoss flüssige Kaskaden ihrer Lust, eine nach der anderen, immerfort.
Ich küsste ihren erschlafften Mund, der süß wie ihre Möse schmeckte. Sie schien nicht länger zu wissen, wozu Worte gut sein könnten, gleichwie ich selbst, aber ich wusste eins:
Mein Teppich war viel zu schnell wieder sauber.
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(AutorIn)
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Toll beschrieben ist die Betrachtung des/der Erzählenden, diese Empfindung, ja, ich glaube, man kann sagen die Obsession, kommt sehr deutlich bei mir an. Der zweite Part bleibt dagegen eher blaß.
Der Text könnte für mich flüssiger sein, stellenweise wirken die Sätze lediglich aneinandergereiht, aber ohne Verbindung. Einzeln betrachtet finde ich wunderschöne Formulierungen, die aber in der Gesamtheit leider oft ein bisschen "leer" wirken oder ein, zwei Mal auch zu überladen.«
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Gruß Evi«
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Ich werde sie vielleicht morgen noch einmal lesen«
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Wie AJ so schön postete, hat die geschichte wenig Füllwörter, aber vielleicht ist genau dies das Manko. Essen ohne die richtige Menge an Salz und Gewürzen schmeckt eben auch nicht.«
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Ja das ist ein Werk. Das ist nicht einfach eine SevacGeschichte. Das hier ist mehr. Deutlich mehr. Ich müsste diese Geschichte mehrfach lesen, um eine Besprechung hinzubekommen, die dieser Geschichte angemessen ist.
Meine eigene SevacLese- und schreibkultur steht diesem mehrfach lesen und dann erst zu schreiben entgegen.
Sollte es so was wie einen Wettbewerb geben, wird diese Geschichte vermutlich untergehen. Warum?
Weil diese Geschichte Avantgarde ist. Keine normale Sevacgeschichte. Sondern ein KunstWERK. reich an Bildern. Reich an Sprachbildern.
Lyrik? Da muss ich nochmals nachdenken.
Aber eines steht fest: Vielen Dank für diesen Genuss.«
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lg
F«
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die stimmung selbst, das geheimnisvolle, geflüsterte, auch das teils rätselhafte gefällt mir gut - mehr als kunst vielleicht, denn als erotikon (und das ist hier natürlich völliger antimainstream) -aber warum auch nicht?!
längerfristig fände ich allerdings den stil auch zu anstrengend - so, in dieser knappheit, macht es aber durchaus sinn.
danke also für diesen "brocken"...«
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