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Kommentare: 5 | Lesungen: 4322 | Bewertung: 8.82 | Kategorie: BDSM | veröffentlicht: 03.05.2004

Dunkle Wolken über Landor (4 - Einsam)

von

Episode 4 – Auf einsamem Posten

Vor dem Sturm

Nachdem Lucius mit der Befragung der Soldaten aus Falibor fertig war, konnten sie sich erst einmal von den Strapazen der Flucht ausruhen. Wenn der Angriff der manitischen Armee begann, waren sie darauf angewiesen, daß jeder verfügbare Soldat in bestmöglicher Verfassung war. Eric und Lucius, der jetzt seinen Helm abgesetzt hatte, blieben betroffen in dem Raum zurück, in den sie sich mit den Soldaten unterhalten hatten. „Wir haben da jetzt ein echtes Problem“, meinte Lucius nachdenklich. „Und das Schlimmste ist“, fuhr er fort, „ich verstehe es nicht. Die Soldaten auf den kritischen Mauerabschnitten sind von einer Waffe angegriffen worden, die man gar nicht bauen kann. Es ist wie verhext.“ Beim letzten Wort bekam Eric große Augen. „Das ist es!“, platzte es aus ihm heraus. „Vielleicht ist es keine Waffe, sondern etwas Magisches.“ Lucius schaute ihn ungläubig an. Und man konnte förmlich zusehen, wie es hinter Erics Stirn arbeitete. „Ich verstehe zwar nichts von Magie, aber ich weiß, wen wir fragen können“, stieß er schließlich hervor. „Melissa wollte einmal Magierin werden und hat sich sicher viel intensiver mit dem Thema beschäftigt als wir.“ „Und warum ist sie dann keine Magierin geworden“, wollte Lucius wissen. „Sie meinte, ihr fehle die entsprechende Begabung. Und auch Fürstin Larissa scheint etwas von der Materie zu verstehen. Zumindest kannte sie sich mit Zauberbögen und ähnlichem Zeug aus.“ „Na gut“, meinte Lucius immer noch zweifelnd, „dann sollten wir jetzt wohl so was wie einen Kriegsrat abhalten. Am besten bei mir in der Höhle. Da brauche ich nicht immer aufzupassen, wer zur Tür hinein kommt, wenn ich meinen Helm abnehme. Und wir werden dort garantiert nicht belauscht.“ Er setzte seinen Helm wieder auf und ging zur Tür. „Führe du die anderen heute Abend zum Hintereingang meiner unterirdischen Behausung, ich hole euch dort dann ab.“ Er verließ Fendrich und lief in den Wald hinein. Es würde bald dämmern und er wollte noch zwei weitere Fallen fertigbekommen.

Melissa und Fürstin Larissa empfanden bei der Idee, sich zu einem Walddämon in die Höhle zu begeben, starkes Unbehagen. Aber schließlich gelang es Eric, sie trotzdem dazu zu überreden. Mit dem Einsetzen der Dämmerung machten sie sich auf den Weg und erreichten schließlich einen der Eingänge zum Höhlensystem, in dem Lucius wohnte. Er kam fast gleichzeitig mit ihnen dort an. Ein kurzes Stück gingen sie mit Fackeln weiter, dann erreichten sie einen Gang, der mit jenen Kristallen erleuchtet war, die Lucius auch in seiner Haupthöhle hatte. Eric kannte diese Lichtquelle ja bereits. Die beiden Frauen waren aber sichtlich erstaunt darüber. Als sie schließlich in der Haupthöhle angekommen waren, trafen sie auch auf Katharina, die bereits damit beschäftigt war, für alle ein schmackhaftes Essen zuzubereiten. Sie begrüßte Eric herzlich und bat auch die anderen, es sich am Tisch gemütlich zu machen. Ihre alltäglichen Handlungen nahmen auch den beiden Frauen etwas die Spannung. Und Lucius begann, unter den ungläubigen Blicken der Frauen, seine Rüstung abzulegen. „Es ist besser für die Moral der Leute, wenn sie nicht wissen, daß es keinen Dämon gibt“, erklärte Lucius dabei. „Und bei unseren Feinden sorgt es ja vielleicht auch für etwas Verwirrung, wenn sie bei uns einen Wanddämon vermuten.“ „Und was ist mit den Geschichten über die unglaublichen Fähigkeiten des Walddämons? Damit, daß er alleine drei Wolfsreiter in Windeseile getötet haben soll?“, fragte Melissa, nicht ohne eine gewisse Mißbilligung in ihrer Stimme. „Die Geschichten sind wahr“, antwortete Lucius schlicht. „Lucius“, sprang Eric ihm zur Seite, „hat wirklich unglaubliche, kämpferische Fähigkeiten. Nur, daß er halt kein Walddämon ist.“ „Gibt es überhaupt Walddämonen“, wollte Larissa wissen. „Ja, hauptsächlich in abgelegenen Gebieten in Manitien. Sie sehen sogar ähnlich aus, wie seine Rüstung“, antwortete Melissa und deutete auf Lucius. „Es gab auch einen hier im Wald“, erklärte Lucius. „Mit dem war ich seinerzeit aneinander geraten, als ich auf dem Weg nach Fendrich war. Und der hatte mich auf diese Idee gebracht.“ „Und was ist aus ihm geworden?“, fragte Katharina, die diese Geschichte auch noch nicht kannte. „Tja, er war nicht an einer friedlichen Lösung unserer Auseinandersetzung interessiert – und ist dann gestorben.“

„Aber ich will mich nicht mit früheren Taten rühmen. Wir haben ein großes Problem und Eric meinte, ihr könntet bei der Lösung helfen.“ Lucius erzählte ihnen von den Schilderungen der Soldaten. Die Verteidiger des Tores und weiterer kritischer Stellen waren von einer Wolke – wie einem Bienenschwarm – angegriffen worden. Und nach diesen Angriffen blieb von jenen Soldaten nur noch das Skelett übrig. Die Wolke hatte gezielt alle Soldaten angegriffen, die auf ihrem Posten geblieben waren. Und es hatte keine Möglichkeit gegeben, diesen Angriff abzuwehren. „Knochenwind“, murmelte Melissa. Die anderen schauten sie fragend an. „Magier der dritten Stufe können leichte Angriffszauber beschwören. Feuerbälle und den Knochenwind, einen kleinen Wirbelsturm, der scharfkantige Knochensplitter in sich trägt und alles zerfetzt, was weicher ist als Knochen.“ „Toll“, meinte Eric sarkastisch. „Und was kann man gegen diesen Zauber machen?“ „Wenn es hier Magier der Stufe 2 gibt, können diese den Angriff abwehren. Allerdings brauchen wir genauso viele Magier der zweiten Stufe, wie es Angreifer der dritten Stufe gibt. Oder halt weniger Magier, die mächtiger sind.“ „Es gibt hier überhaupt keine Magier. Es sei denn, unter den neuen Flüchtlingen aus Falibor“, stellte Lucius nüchtern fest. Larissa schüttelte den Kopf. „Unter meinen Untertanen sind auch keine Magier.“ „Gibt es noch andere Möglichkeiten, sich gegen diesen Zauber zu wehren?“, wollte Eric wissen. Melissa überlegte einen Moment und verneinte dann. „Höchstens, indem die Magier unschädlich gemacht werden. Sie brauchen übrigens direkten Sichtkontakt zu ihrem angegriffenen Ziel. Deshalb stehen sie bei diesem Angriff meistens auf Belagerungstürmen.“

„Wir wissen nicht, wie viele Magier mit diesen Fähigkeiten die Angreifer dabeihaben werden“, meinte Lucius zweifelnd. „Und nachdem, was wir gehört haben, brauchen diese Zauberer nicht lange, um alle Soldaten auf den Barrikaden zu töten. Ich bezweifle, daß wir genug Zeit haben werden, die Magier unschädlich zu machen.“ „Ich könnte mich auf einem hohen Baum auf die Lauer legen und die Magier mit dem Zauberbogen töten“, schlug Melissa vor. „Wenn sie so dumm sind, alle an einer Stelle anzugreifen“, wandte Larissa ein. „Sie haben genug Soldaten, um uns auf mehreren Wegen gleichzeitig anzugreifen. Und wenn sie an einer Stelle bis Fendrich vorgedrungen sind, haben wir keine Chance mehr.“ Die anderen stimmten zu. „Wir müssen verhindern, daß der Knochenwind den Soldaten etwas anhaben kann“, dachte Katharina laut. Und an Lucius gewandt fuhr sie fort: „Du müßtest in deiner Rüstung ja geschützt sein.“ Lucius schaute sie mit großen Augen an. Dann zog er sie zu sich heran und drückte sie kräftig an sich. „Du bist genial“, flüsterte er ihr dabei ins Ohr. Und an die anderen gewandt fuhr er fort: „Wir brauchen Rüstungen für die Soldaten. Melissa, wie groß sind die Knochensplitter in diesem tödlichen Wind? Wir müssen die Visiere der Soldaten klein genug machen, damit sie nicht dort durchkommen.“ Melissa schüttelte den Kopf. „Die Splitter sind etwa so groß wie ein Daumennagel. So klein kannst du die Visiere nicht machen.“ Alle schauten enttäuscht drein. „Doch“, meinte Eric, „wir können die Visieröffnungen größer lassen, damit die Soldaten noch etwas sehen können. Wir müssen allerdings ein Drahtgeflecht in die Visiere schmieden.“ Erleichtert, eine Lösung gefunden zu haben, besprachen sie in gelöster Atmosphäre die Details.

Die nächsten zwei Tage waren für Eric und die anderen Schmiede der Stadt ausgesprochen anstrengend. Es gab zwar glücklicherweise genug Rüstungen für alle Verteidiger der Barrikaden, aber sie mußte alle noch weiter verbessert werden. Alle Zwischenräume wurden mit Kettenhemden abgedeckt und für jedes Visier mußten Drahtgeflechte hergestellt und eingeschmiedet werden. Die Soldaten trainierten das Kämpfen in den neuen Rüstungen, die ihre Bewegung und ihre Sicht stark einschränkten. Melissa und Lucius suchten nach geeigneten Stellen, an denen Melissa die angreifenden Magier mit ihrem Zauberbogen unter Beschuß nehmen konnte. Außerdem fing Melissa an, aus einigen Kräutern ein geheimnisvolles Gebräu herzustellen. Allerdings würde der Sud einige Tage auf kleinem Feuer köcheln müssen. Und schließlich meldeten die Beobachtungsposten, daß die manitische Armee im Anmarsch war. Sie teilte sich in zwei große und einen kleinen Trupp auf. Während die beiden großen Trupps vor weit auseinanderliegenden Waldwegen halt machten, lagerte der kleine Trupp, der aus zehn Trollen und zwanzig Wolfsreitern bestand, etwa in der Mitte zwischen den anderen beiden Einheiten. Vor den Waldwegen wurde jeweils ein Belagerungsturm auf Rollen aus mitgebrachten Einzelteilen aufgebaut. Die Katapulte, die auf den engen Waldwegen nicht sinnvoll einsetzbar waren, hatte der kleine Trupp mitgenommen. Die Soldaten Fendrichs, die zur Verteidigung der Barrikaden abgestellt waren, zogen ihre speziellen Rüstungen an und warteten nervös auf den Angriff. Melissa ging mit einem Soldaten, der ein langes Seil bei sich hatte, in den Wald nahe einer der besonders gefährdeten Barrikaden und suchte sich einen hohen Baum aus. Bei dem Weg dorthin mußte sie darauf achten, keine der dort aufgestellten Fallen auszulösen. Dann erklomm sie behende den Baum. Ihren Zauberbogen hatte sie dabei geschultert. Sie ließ sich auf einem dicken Ast nieder, von dem aus sie freies Schußfeld auf den Belagerungsturm der Angreifer haben würde. Jetzt blieb nur noch das Warten auf den Angriff.

Übrig geblieben

Langsam und mit starken Kopfschmerzen kam Bertram zu sich. Nach einem Moment der Orientierungslosigkeit wußte er wieder, wo er sich befand. Er war in dem Wald, der sich urplötzlich in eine tödliche Hölle verwandelt hatte. Es war völlig überraschend gekommen, nachdem sie vorher bereits einige Tage lang große Waldflächen gerodet hatten. Mit einem Mal hatte der Wald sie angegriffen. Nicht ein wildes Tier, nein, der ganze Wald mit allen seinen Bäumen, Pflanzen und Tieren war über sie hergefallen. Bertram hatte einige seiner Kameraden sterben sehen, bevor er von einem großen Ast gestreift und gegen einen Baum geschleudert wurde. Einen Moment fragte er sich, ob er nur einen furchtbaren Albtraum gehabt hatte. Doch als er sich umschaute, sah er überall getötete Waldarbeiter herumliegen. Keine fünf Meter von ihm entfernt fraß ein Strom von Wanderarmeisen einen seiner getöteten Kameraden in Windeseile auf. Nur dessen Knochen blieben übrig. Der Rest des Waldes war allerdings wieder regungslos, wie er das früher von Wäldern auch gewohnt war. Um den Ameisen zu entgehen, schlich er leise zu den bereits gerodeten Flächen. Für die Ameisen machte es zwar sicher keinen Unterschied, ob er sich laut oder leise bewegte, aber Bertram hatte Angst, durch zu viel Krach den Wald erneut zu wecken. Schließlich kam er am Rand der gerodeten Fläche an. Aber diese Fläche hatte sich völlig verändert. Sie war zu einem roten Sumpf geworden und stank grauenhaft nach Blut. Überall ragten verkohlte Baumstümpfe aus dem Sumpf. Und immer wieder schauten säuberlich abgenagte Knochen und Schädel aus dem roten Morast heraus.

Bertram traute sich nicht zurück in den Wald, konnte sich aber auch nicht überwinden, durch den roten Sumpf zu laufen. Unschlüssig stand er am Rand des Sumpfes und kämpfte gegen den Ekel an, den der Gestank verursachte. Mit seiner Axt in der Hand hätte er sich jetzt deutlich sicherer gefühlt. Aber die hatte er schon vorher irgendwo verloren, als der Wald angriff. Und vielleicht, dachte er sich, würde der Wald sich erneut bedroht fühlen, wenn er eine Axt in die Hand nahm. So widerstand er der Versuchung, sich das Beil eines toten Kameraden zu nehmen, der keine zwei Meter von ihm entfernt in einer unnatürlichen Position lag. Schließlich wandte Bertram sich ab und versuchte, zwischen Wald und Sumpf einen Weg in Sicherheit zu finden. Plötzlich sah er Knochen in hohem Bogen aus dem Wald heraus in den Sumpf fliegen. Bertram war zwar wie die meisten Waldarbeiter recht kräftig, aber er verspürte große Angst, denjenigen kennenzulernen, der diese Albtraumlandschaft mit Knochen „fütterte“. Hier war etwas am Werk, das er mit seiner Körperkraft nicht bekämpfen konnte. So leise wie möglich, kehrte er um und ging trotz seiner Bedenken tiefer in den Wald hinein. Dann sah er unerwartet eine schwarze, große Gestalt auf sich zukommen. Genau konnte er sie zunächst nicht erkennen, aber es war definitiv kein Mensch. Mit einem Entsetzensschrei lief er in die entgegengesetzte Richtung, nur um nach wenigen Metern eine grün schillernde Gestalt auf sich zukommen zu sehen. Beide Gestalten bewegten sich auf ihn zu. Und sie waren ganz offensichtlich schneller als er. Am ganzen Körper zitternd war er nicht mehr in der Lage, auch nur einen einzigen Schritt zu tun. Das schwarze Wesen ergriff ihn mit einer Kraft im Genick, die der seinen weit überlegen war. „Warte, Kratonos“, kam es von der grünen Gestalt, die Bertram jetzt deutlich als Frau erkennen konnte. „Ich möchte ihn erst befragen.“ „Wie du willst“, kam es von Kratonos zurück. Wie ein Kind wurde Bertram hochgehoben und über dessen Schulter geworfen. „Dann laß uns ein nettes Plätzchen für ihn suchen. Oder willst du ihn gleich hier befragen, Satinée?“ „Bringen wir ihn zum hohlen Baumstumpf.“ Bertram konnte nicht viel erkennen, während Kratonos ihn wie einen Kartoffelsack über der Schulter trug. Nach einiger Zeit kamen sie auf einer lichten Stelle im Wald an, aus dessen Mitte ein hohler Baumstumpf herausragte. Kratonos nahm Bertram von der Schulter und stellte ihn mit den Füßen in die Aushöhlung. Die Öffnung des Baumstumpfes war nur so breit, daß Bertram gerade mit seinen Beinen hineinpaßte und bis über die Knie darin verschwand. Kaum hatte er den Boden mit seinen Füßen berührt, schloß sich die Öffnung um seine Beine herum, und er konnte sich nicht mehr befreien. „Nachdem du ihn befragt hast, können wir ihn ja am Spieß braten“, meinte Kratonos. „Laß uns erst mal weiter den Wald aufräumen. Der läuft uns hier ja nicht mehr weg“, antwortete Satinée und verließ die Lichtung wieder. Als sie bereits außer Hörweite von Bertram waren, wandte sich Satinée noch einmal an Kratonos. „Seit wann ißt du denn Fleisch?“ Er grinste breit. „Gar nicht. Aber das muß er ja nicht wissen. Ich denke, wir sollten ihm ordentlich Angst machen, damit er uns alles erzählt, was er weiß.“ Als sie etwas weitergegangen waren, fragte er noch: „Was hast du mit ihm eigentlich vor, wenn er dir alles erzählt hat?“ Satinée schaute ihn irritiert an. „Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Mal sehen.“ Sie fingen wieder an, den Wald von den Leichen der Waldarbeiter zu befreien.

Bertram stand alleine auf der Lichtung und versuchte, sich wieder aus dem Baumstumpf zu befreien. Aber es war, als wäre er festgewachsen. Und der Baumstumpf war auch so fest in der Erde verwurzelt, daß es ihm nicht möglich war, mitsamt dem Baumstumpf zu fliehen. Dadurch, daß er bis zu den Knien darin steckte, blieb ihm nichts anderes übrig, als unbequem stehend auf die Rückkehr dieser beiden Waldgeister zu warten. In alten Märchen und Legenden hatte er schon von Nymphen und Waldschraten gehört. Allerdings hatte er nie daran geglaubt, daß sie wirklich existierten. Aber ganz offensichtlich war er jetzt in die Gewalt eben jener Wesen gelangt. Sie waren wohl sehr wütend darüber, daß er und seine Kameraden angefangen hatten, große Teile des Waldes abzuholzen. Und sie würden sicher noch viel wütender werden, wenn er ihnen erzählte, daß sie die Aufgabe gehabt hatten, den ganzen Wald zu roden – und alle anderen Wälder in Landor ebenfalls. Er wußte zwar auch nicht, warum sie das tun sollten, aber einem Auftrag seines Königs widersprach man nicht, zumal die Bezahlung gut war. So fürchtete er, daß sich die Waldgeister an ihm rächen würden, wenn er es ihnen erzählte. Außerdem – sobald sie von ihm wußten, was sie wissen wollten, würde er ohnehin auf ihrem Speisezettel landen. Was sollte er jetzt tun? Fliehen konnte er nicht. Auf Gnade hoffen brauchte er auch nicht. Sollte er um Hilfe rufen? Aber falls wirklich noch Kameraden von ihm dieses Blutbad überlebt hatten und ihn hören könnten, würden sie sich jetzt bestimmt nicht in den Wald trauen, um ihn zu retten. Aber da er verzweifelt war, rief er trotzdem viele Male so laut er konnte um Hilfe. Irgendwann war er so heiser davon, daß er es aufgab.

Später erschienen die beiden Waldgeister wieder auf der kleinen Lichtung. Sie hatten ein paar große Äste und auch Knochen dabei. Nachdem sie sie abgeladen hatten, näherten sie sich Bertram. Kratonos hatte einen kräftigen Oberschenkelknochen in der einen Hand und schlug damit leicht in seine andere. Satinée fragte schließlich: „Warum habt ihr das getan? Warum habt ihr einen Großteil meines Waldes zerstört?“ Bertram wußte nicht, was er antworten sollte. Den Grund kannte er ja auch nicht. Und selbst das, was er wußte, konnte er ihnen nicht erzählen, wenn er sie nicht noch wütender machen wollte. So schaute er sie nur verängstigt an. Kratonos brach ein etwa daumengroßes Stück von dem Knochen ab. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie leicht diese Knochen brechen“, meinte er dabei. „Und in wie viele Teile man sie zerbrechen kann“, fuhr er fort. Dabei brach er eine weitere, daumendicke Scheibe von dem Oberschenkelknochen ab. „Ich habe mir sagen lassen“, mit einem lauten ‚Knack’ brach er die nächste dünne Scheibe ab, „daß solche Knochenbrüche sehr schmerzhaft sein sollen.“ Bertram zuckte jedesmal zusammen, wenn Kratonos die nächste Scheibe abbrach. Er hatte die Drohung von Kratonos genau verstanden. Und bei jedem Knacks glaubte er, bereits bei sich einen Schmerz zu ahnen. „Bei vielen Brüchen“ – knacks – „so habe ich jedenfalls gehört“ – knacks – „wachsen die Knochen auch nicht wieder zusammen“ – knacks – „so daß nur noch eine vollständige“ – knacks – „Amputation hilft. Aber das ist ja“ – knacks – „nicht so tragisch, da du“ – knacks – „zwei Arme und Beine hast.“ Der Knochen bestand jetzt nur noch aus den kleinen Bruchstücken, die sich an dem Baumstumpf angesammelt hatten. „Du kannst dir ja schon mal Gedanken machen, mit welchem Arm oder Bein ich anfangen soll. Ich überlasse dir das gerne.“ Er machte eine Pause und hob ein paar von den Bruchstücken auf. „Ich glaube, es sieht komisch aus, wenn jemand keine Arme und Beine mehr hat.“ Bertram zitterte am ganzen Körper. Dann ergriff Kratonos beide Arme Bertrams und drückte sie hinter dessen Rücken. „Nein, bitte nicht“, flehte Bertram. Satinée nahm eine Schlingpflanze und band damit die Arme zusammen. Dann stellte sie sich wieder vor ihn und schaute ihm in die Augen. „Willst du mir nicht doch lieber erzählen, warum ihr so in meinem Wald gewütet habt?“, fragte sie mit sanfter Stimme. „Ich weiß es doch auch nicht“, stieß Bertram hervor. „Und das soll ich dir jetzt glauben?“ Satinée machte ein verärgertes Gesicht. Dann zog sie ihn an den Schultern nach vorne und ging selbst in die Hocke. Da Bertram die Knie nicht beugen konnte, stand er jetzt mit durchgedrückten Beinen und vorgebeugtem Oberkörper in dem Baumstumpf. Sein Kopf war dabei auf Höhe ihrer Brust. Und Bertram bemerkte erst jetzt wirklich, daß sie völlig nackt war. Trotz seiner Angst spürte er auch Erregung in sich aufsteigen.

Sturmangriff

Von ihrem Baum aus konnte Melissa bereits den heranrollenden Belagerungsturm zwischen den Bäumen herausragen sehen. Allerdings stand noch niemand darauf. Er wurde den Wege entlang zu der ersten Barrieren geschoben. An der letzten Wegbiegung vor der Barrikade erklommen dann doch zwei Personen den heranrumpelnden Turm. Eine davon war ein Magier der 3. Stufe, wie an seiner Kleidung deutlich zu erkennen war. Die zweite Person war ein Bogenschütze mit einem Zauberbogen. Damit hatte Melissa nicht gerechnet. Denn die Rüstungen der Verteidiger würden zwar dem Knochenwind standhalten können, ein Pfeil des Zauberbogen durchdrang allerdings fast jede Rüstung. Sie zielte bereits mit ihrem Bogen und überlegte, auf wen sie zuerst schießen sollte. Schoß sie zuerst auf den Bogenschützen, würde der Magier einen Knochenwind in ihren Baum schicken. Und da sie mit einer Rüstung nicht auf den Baum hätte klettern können, wäre sie dem Angriff schutzlos ausgeliefert und könnte ihre eigentliche Aufgabe nicht mehr erfüllen. Schoß sie dagegen zuerst auf den Magier, könnte der Bogenschütze länger gegen die Verteidiger vorgehen. Aber wahrscheinlich würde er dann eher versuchen, sie zu erschießen. Und sie rechnete sich Chancen aus, dieses Duell zu gewinnen. Also visierte sie den Magier an. Dieser ließ bereits den ersten Knochenwind auf die Soldaten Fendrichs niedergehen. In den Rüstungen mußte das zu einem ohrenbetäubenden Lärm führen. Und einer der Soldaten riß sich tatsächlich deshalb den Helm vom Kopf, was er unmittelbar darauf mit dem Leben bezahlte. In der zweiten Reihe der Verteidiger standen – ebenfalls mit Rüstungen gegen den Knochenwind – Bogenschützen, die versuchten, den Magier im Belagerungsturm zu treffen. Aus ihrer Position heraus war das allerdings fast unmöglich. Melissa konnte jetzt auch erkennen, wer den Belagerungsturm geschoben hatte. 4 Bergtrolle standen an den Seiten des Turms. Sie schützten sich mit Schilden gegen die Pfeile der Verteidiger. Allerdings hatten auch die wenigen Pfeile, die sie trotzdem trafen, keine nennenswerte Wirkung. Auch an den ungepanzerten Stellen der Trolle drangen sie nur wenig in die harte Haut ein und wurden weitgehend ignoriert.

Inzwischen hatte der Zauberbogenschütze damit begonnen, die Verteidiger der Reihe nach abzuschießen. Es wurde höchste Zeit für Melissa, diese beiden gefährlichen Angreifer unschädlich zu machen. Sie hatte den Magier bereits anvisiert und war kurz davor, den Pfeil von der Sehne zu lassen, als sie entsetzte Aufschreie bemerkte und sich das Licht irgendwie änderte. Als sie den Bogen abgesetzt hatte, sah sie, daß sich über dem Wald eine immer größer werdende, schwarze Wolke bildete, aus der Feuer regnete. Melissa fluche leise. Irgendwo mußte es einen Magier der 4. Stufe geben, der diesen Feuerregen heraufbeschwor. Das würde den ganzen Wald mit seinen Fallen verbrennen und damit die Verteidigung Fendrichs zerstören. Mit normalen Mitteln wäre es nicht möglich gewesen, den Wald in Flammen zu setzen. Er war relativ feucht und bestand zum großen Teil aus Bäumen, deren Holz nur sehr schwer Feuer fing. Aber mit einem magischen Feuerregen konnte man ihn trotzdem in Brand setzen. Melissa mußte zuerst diesen Magier unschädlich machen. Er war wesentlich gefährlicher als der ganze Rest der hier versammelten manitischen Streitmacht. Mit bloßem Auge konnte sie ihn nicht finden. Daher begann sie, den Waldrand mit ihrem Zauberbogen abzusuchen. Und vor einem Zelt des kleinen Trupps der Angreifer sah sie den Magier stehen. Er hatte sein ganzes Ornat angelegt und wirkte wie ein herausgeputzter Pfau. Zehn Trolle standen um den Magier herum und würden mit jedem Angreifer fertigwerden. Melissa erinnerte sich, daß Magier dieser Stufe auch einen Schutz vor Zauberbögen beschwören konnten. Und sie hoffte, daß er nicht mit so einem Angriff rechnete. Allerdings würde sie nur eine einmalige Chance haben, diesen gefährlichen Gegner unschädlich zu machen. Wenn ihr erster Versuch fehlschlug, würde er sowohl sich als auch die anderen Magier vor ihrem Zauberbogen schützen können. Und obwohl sie von der nahen Barrikade mitbekam, daß ihre Hilfe dort dringend benötigt wurde, zielte sie so sorgfältig wie noch nie in ihrem Leben.

Lucius war mit acht Soldaten zu der zweiten angegriffenen Barrikade vorgedrungen. Zunächst waren sie mit einem Wagen in die Nähe der Verteidigungsstellung gefahren worden, dann gingen sie auf Pfaden, die nur wenige kannten, zwischen den Fallen des Waldes hindurch. Sie umgingen dabei die Barrikade und kamen direkt neben dem Belagerungsturm auf den Waldweg. Alle waren mit den speziellen Rüstungen ausgestattet, die sie vor dem Knochenwind schützen würden. Während Lucius seine beiden Schwerter aus Damaststahl in den Händen hatte, trugen die Soldaten Eimer mit einer klebrigen, schwarzen Flüssigkeit. Am Wegrand angekommen, warfen sie noch etwas Zunder hinein und steckten den Inhalt der Eimer mit einer kleinen Fackel in Brand. Ein fürchterlicher Gestank breitete sich aus, als das Pech anfing zu brennen. Lucius stürmte auf den Waldweg und griff sofort einen der Bergtrolle an. Da dieser von dem Angriff völlig überrascht war, gelang es Lucius, ihn zu töten. Die anderen drei Trolle waren dadurch allerdings gewarnt und stürmten zu dritt auf Lucius ein. Er mußte sein ganzes Können aufbieten, um nicht sofort von ihnen erschlagen zu werden. Während die Trolle sich auf Lucius konzentrierten, kamen auch die Soldaten aus dem Wald und schütteten von allen Seiten das brennende Pech auf den Belagerungsturm. Dieser fing sofort Feuer. Insbesondere die Rückseite des Turms mit der Leiter brannte lichterloh. Das blieb natürlich auch dem Magier und dem Schützen des Zauberbogens auf dem Turm nicht verborgen.

Sie griffen die Soldaten sofort mit Knochenwind und Zauberbogen an, konnten aber nicht mehr verhindern, daß der Belagerungsturm in hellen Flammen aufging. Zwei der Soldaten starben durch die Zauberpfeile, als sie sich wieder in den Wald zurückzogen. Gegen Lucius konnte auch der Zauberbogenschütze nichts ausrichten, da er ständig zwischen den Trollen herumwirbelte und kein klares Ziel abgab. Als die Trolle den brennenden Turm bemerkten, waren sie wieder für einen Moment abgelenkt, so daß es Lucius gelang, einen weiteren zu töten. Der Magier und sein Bogenschütze versuchten, sich von dem Turm herabzulassen. Die Bogenschützen der Verteidiger nahmen sie dabei allerdings massiv unter Beschuß. Der Magier blieb dabei tödlich getroffen am Turm hängen, während der Bogenschütze verletzt herunterfiel und sich auf dem Boden das Genick brach. Als Lucius sah, daß seine Mission erfüllt war, sprang er mit einem gewaltigen Satz von den Trollen zurück und stürmte an der ihm bekannten Stelle in den Wald. Einer der Trolle folgte ihm und löste bereits nach wenigen Metern eine Falle aus, die ihn auf der Stelle tötete. Der andere Troll flüchtete den Waldweg nach draußen. Lucius kehrte noch einmal um und nahm den Zauberbogen des getöteten Schützen und die entsprechenden Pfeile an sich. Vielleicht ließen sie sich ja noch nutzen. Auf jeden Fall wollte er sie nicht den Feinden überlassen, wenn sie das nächste Mal angriffen.

Melissa schoß den Pfeil ab und schaute gleich darauf mit ihrem Zauberbogen nach, ob sie getroffen hatte. Der Magier der 4. Stufe sah ungläubig auf den Pfeil, der aus seiner Brust ragte, taumelte für einen Moment und brach dann zusammen. Es blieb Melissa allerdings keine Zeit, ihren Triumph auszukosten. Sie mußte den bedrängten Verteidigern der Barrikade dringend helfen. Zunächst zielte sie auf den Magier, der noch immer seinen Knochenwind auf die Barrikaden jagte. Sie ließ den Pfeil von der Sehne schnellen und sah, wie der Magier sofort zusammenbrach. Der Zauberbogenschütze auf dem Belagerungsturm begriff die Gefahr augenblicklich und er schaute suchend in ihre Richtung. Melissa ließ sich am Stamm hinabgleiten und sah unmittelbar über sich einen perlmuttfarbenen Pfeil in den Baum schlagen. Hätte sie noch einen Moment länger gezögert, wäre sie tödlich getroffen worden. Dieser Bogenschütze war wirklich gut. Während über ihr der Pfeil verschwand, wie das alle Zauberpfeile tun, nachdem sie zum Stillstand gekommen sind, erreichte Melissa den Boden. Sie schnappte sich das Seil des dort wartenden Soldaten und kletterte auf einen anderen Baum. Eigentlich hatte sie den Soldaten das Seil mitnehmen lassen, um sich das Erklettern des Baumes zu erleichtern. Das war dann allerdings nicht nötig gewesen. Jetzt brauchte sie es für etwas anderes. Sie ging schnell auf einen anderen Baum zu und hätte dabei fast eine weitere Falle ausgelöst. Der Soldat warnte sie gerade noch rechtzeitig.

Dann erklomm sie vorsichtig den Baum. Sie wollte auf keinen Fall, daß sich die Äste dabei erkennbar bewegen. Denn ihr Gegner würde dann sofort wissen, wo sie sich befand. Sie schlang das Seil um einen Ast und ließ sich wieder ganz behutsam nach unten gleiten. Dann winkte sie den Soldaten heran, gab ihm das Seil in die Hand und erklärte ihm, was sie vorhatte. Sie ging – diesmal sorgfältiger auf Fallen achtend – zu einem weiteren Baum und bestieg ihn wieder mit aller Vorsicht. Dann ließ sie sich auf einem der großen Äste nieder und suchte nach dem gegnerischen Bogenschützen. Er hatte sich so auf den Belagerungsturm gekauert, daß sie ihn nicht treffen konnte. Für einen kurzen Moment schaute er immer mal wieder aus seiner Deckung. Offenbar rief er den Bergtrollen zu, daß sie ihn mit dem Turm in Sicherheit schieben sollten. Melissa wollte ihn auf keinen Fall entkommen lassen. Kurz entschlossen erschoß sie einen der Trolle, so daß der Turm mit einem heftigen Ruck zum Stehen kam. „Jetzt!“, rief Melissa dem Soldaten zu, der noch immer das Seil in der Hand hielt. Er zog kräftig daran, so daß der Ast, an dem es festgebunden war, leicht schwankte. Der gegnerische Bogenschütze erhob sich kurz aus seiner Deckung und jagte einen Pfeil auf den schwankenden Ast. Melissa schmunzelte, als sie sah, daß ihr Ablenkungsmanöver erfolgreich war. Dieses Schmunzeln gefror ihr allerdings sofort im Gesicht, als sie erkannte, daß der Gegner seinen Irrtum sofort bemerkt hatte und genau sie anvisierte. Beide sahen sich über die Zauberbögen an und erkannten, daß der jeweils andere gerade dabei war zu schießen. Während Melissa kaltblütig den richtigen Moment abwartete, schickte ihr Gegner seinen Pfeil etwas zu früh auf die Reise und streifte dabei Melissas Bein. Es brannte zwar höllisch, aber Melissa schoß ihren Pfeil trotzdem erst ab, als sie sich ganz sicher war. Der gegnerische Bogenschütze blieb tot auf dem Belagerungsturm liegen, während die verbliebenen drei Trolle ihn jetzt zum Waldrand schoben. Mit heftig blutendem Bein kletterte Melissa den Baum hinab. Sie verließ mit dem Soldaten den Wald und erreichte den Weg hinter der Barrikade. Dann stolperte sie und ihr wurde schwindlig. Offenbar verlor sie doch mehr Blut als sie sich eingestehen wollte. Bevor sie bewußtlos wurde, hoffte sie noch, daß es ihnen gelingen würde, den Brand wieder zu löschen, den der Feuerregen verursacht hatte.

Befragungen

Während Bertram auf die nackte Brust Satinées starrte, spürte er einen Schlag gefolgt von einem brennenden Schmerz auf seinem Hintern. Für einen Moment raubte ihm der Schmerz die Luft. Kratonos hatte sich einen flexiblen Ast genommen und schlug ihm erneut hart auf sein Hinterteil. Bertram schrie laut auf. Ausweichen konnte er den Schlägen nicht. Seine Beine steckten noch immer in dem Baumstumpf und sein Oberkörper mit den gefesselten Händen auf dem Rücken wurde von Satinée festgehalten wie von einem Schraubstock. Immer wieder ließ Kratonos den Stock auf Bertrams Hintern sausen. Nach einiger Zeit hielt er inne. Und Satinée fragte Bertram, ob er ihr jetzt endlich sagen wolle, warum er und seine verstorbenen Kameraden große Teile ihres Waldes abgeholzt hatten. „Ich weiß es doch auch nicht“, schrie er unter Tränen. „Du willst mir also erzählen“, fragte Satinée ihn mit sanfter Stimme, „daß du und die anderen einfach so in einen Wald gehen und anfangen, Bäume zu fällen? Ohne daß ihr wißt, warum ihr es tut? Du erwartest doch von mir nicht, daß ich dir das glaube.“ „Ich habe den Befehl dazu bekommen“, preßte Bertram hervor. „Und ich bin dafür bezahlt worden“, fügte er halblaut hinzu. Kratonos holte wieder mit dem Ast aus und schaute Satinée fragend an. Sie überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. Dann ließ sie Bertram los und ging zum Rand der Lichtung. Kratonos folgte ihr. Und Bertram richtete sich wieder auf, wobei ihn der Hintern sehr schmerzte. „Meinst du, er hat die Wahrheit gesagt?“, wollte Kratonos wissen. „Ich weiß nicht“, antwortete Satinée. „Er hat nicht gelogen. Das hätte ich gemerkt. Aber irgendwie ist es auch nicht die Wahrheit.“ „Was machen wir jetzt mit ihm?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Bau erst mal den Holzverschlag, den du vorhattest, ich hole noch ein paar Dornenbüsche.“

Sie verließ die Lichtung und Kratonos begann damit, aus den großen Ästen, die er auf die Lichtung gebracht hatte, einen ziemlich groben Verschlag von zwei Metern Länge, einen Meter Breite und einem Meter Höhe zu bauen. Als Nägel benutzte er Knochenspäne, die er von den mitgebrachten Knochen abspaltete. Dann kam Satinée mit dornenbesetzten Ranken und Büschen zurück und kleidete damit den Verschlag bis zur halben Höhe aus. Bertram betrachtete die Arbeiten mit einem ausgesprochen bangen Gefühl. Er wußte zwar nicht, was die beiden vorhatten, ging aber davon aus, daß es nicht zu seinem Vorteil sein würde. Dann kamen Kratonos und Satinée auf ihn zu. Sie hoben ihn aus dem Baumstumpf, der ihn augenblicklich freigab. Obwohl seine Beine vom langen Stehen etwas steif waren, versuchte er sofort wegzulaufen. Er schaffte allerdings keine zwei Meter, bevor er von Kratonos eingeholt wurde. „Zieh dich aus“, wies Satinée ihn barsch an. Als Bertram keine Anstalten machte, dies zu tun, fügte sie mit drohendem Unterton hinzu: „Oder sollen wir Dir die Kleider mit Dornenranken vom Leib peitschen?“ Sofort begann Bertram, sich auszuziehen. Kratonos nahm ihn anschließend hoch und trug ihn zu dem Verschlag mit den Dornenbüschen. Bertram strampelte wild mit den Beinen und versuchte auch mit den Armen zu verhindern, daß er in den Verschlag gelegt wurde. „Wenn du dich bewegst, werden die Dornen tief in dich eindringen und dich zerstechen und zerkratzen“, erklärte Satinée ihm mit sachlicher Stimme. Nachdem er eingesehen hatte, daß er es nicht verhindern konnte, in den Verschlag gelegt zu werden, stellte er seine Gegenwehr ein. Langsam, fast vorsichtig, legten Kratonos und Satinée ihn auf das dornige Gestrüpp. Bertram spürte, wie überall spitze Stacheln und Dornen gegen seine Haut drückten. Einige drangen ein, die meisten preßten ihre Spitzen aber nur unangenehm gegen die Hautoberfläche. Er wimmerte leise, traute sich jetzt aber nicht mehr, auch nur die geringste Bewegung zu machen. Dann legte Satinée weitere Dornenbüsche auf den liegenden Bertram, wobei sie dafür sorgte, daß sein Gesicht und seine edelsten Teile von Stacheln verschont blieben. Kratonos schloß den Verschlag mit einem Deckel aus dicken Ästen.

Allmählich wurde es dunkel. Bertram lag reglos in dem dornigen Verschlag, während seine Beine von langen Stehen und sein Hintern von den Schlägen Kratonos’ schmerzten. Die Dornen und Stacheln nahm er nur wahr, wenn er sich geringfügig bewegte. Und die Angst davor, sich im Schlaf zu bewegen, hinderte ihn daran, einzuschlafen. So war er dann auch völlig übermüdet, als er die ersten Strahlen der Morgensonne durch die Ritzen des Verschlags fallen sah. Im Laufe der Nacht hatte er es nicht gänzlich verhindern können, sich zu bewegen, so daß er inzwischen an einer Vielzahl von Stellen gestochen oder gekratzt worden war. Er hörte die beiden Waldgeister auf der Lichtung. Aber sie schienen keine Anstalten zu machen, ihn wieder aus seiner mißlichen Lage befreien zu wollen. „Bitte. Holt mich hier raus“, rief er halblaut, dabei bemüht, sich auch beim Rufen nicht zu sehr zu bewegen. Nach einer Zeit, die ihm endlos vorkam, wurde schließlich der Deckel des Verschlages entfernt. Satinée nahm die Büsche über ihm heraus. Dann endlich wurde Bertram von beiden Waldgeistern vorsichtig herausgehoben. Die in ihn eingedrungenen Dornen wollten ihn teilweise gar nicht wieder freigeben, aber letztendlich stand er doch – aus einer Vielzahl winziger Wunden blutend – vor dem Verschlag. Völlig erschöpft sank er in sich zusammen. Dann spürte er, wie Satinée mit ihren Händen über seine Wunden strich, die sich sofort schlossen. Bertram genoß die Streicheleinheiten, auch wenn er sich nicht der Illusion hingab, daß er es jetzt überstanden hätte.

„Willst du uns nicht endlich die ganze Wahrheit erzählen?“, fragte Satinée sanft. Bertram schaute sie unsicher an. Es stand für ihn außer Frage, daß es ihm noch schlimmer ergehen würde, wenn die beiden wüßten, daß sein Auftrag die komplette Abholzung aller Wälder von Landor gewesen war. Andererseits war er sich sicher, daß die beiden ihn schließlich dazu bringen würden, ihnen alles zu erzählen. Er war verzweifelt. Um so mehr verwirrte es ihn, als Satinée damit begann, sein Glied zu streicheln, während sie noch auf seine Antwort wartete. Es richtete sich sofort auf und in Bertram tobte ein Gefühlschaos. Angst und Verzweiflung über seine aussichtslose Situation mischten sich mit Verlangen und dem Wunsch, Satinée möge ihm nicht böse sein. Als er nach einiger Zeit noch immer nicht geantwortet hatte, hörte Satinée auf, ihn zu streicheln. „Wenn du nicht willst, werden wir dich halt weiter quälen müssen“, sagte sie resigniert und nickte Kratonos zu. Dieser hatte bereits angefangen, aus einem Stück Holz eine Röhre zu formen. Innen rauhte er sie so an, daß sich winzige Widerhaken bildeten, die es nur erlauben würden, etwas in eine Richtung durch die Röhre zu schieben. Dann bog er sie relativ stark und ließ sie immer kleiner zusammenschrumpfen. Als er damit fertig war, war die Röhre nur noch eine Handbreite lang. Und auch der Innendurchmesser hatte sich deutlich verkleinert. Plötzlich kniff Satinée Bertram schmerzhaft in die Oberlippe. Er schrie auf und versuchte sich ihrem Griff zu entwinden. Seine Erektion sank dabei schlagartig in sich zusammen. Sie ließ seine Lippe los und er hielt sich den schmerzenden Mund. Dadurch bemerkte er im ersten Moment gar nicht, daß sie die Röhre von Kratonos entgegengenommen und über sein Glied geschoben hatte. Als Kratonos diese Röhre aber gleich darauf noch etwas schrumpfen ließ, wurde Bertram sofort klar, daß etwas nicht stimmte.

Satinée war inzwischen wieder aufgestanden und Bertram schaute auf das, was sich zwischen seinen Beinen verändert hatte. Die Spitze seines Gliedes schaute aus der gekrümmten Röhre heraus, die auf der anderen Seite bis zu seiner Peniswurzel reichte. Reflexartig versuchte er, die Röhre wieder abzustreifen, was ihm aber nicht gelang. Dann bog ihm Kratonos die Arme auf den Rücken, während Satinée erneut damit begann, an seinem Glied herumzuspielen. Bertram spürte, wie sein bestes Stück versuchte, sich trotz der Röhre aufzurichten. Zu sehen war davon allerdings nichts. „Was habt ihr da mit mir gemacht?“, fragte er verzweifelt. „Ich weiß nicht, was wir noch alles mit dir anstellen müssen, damit du uns endlich erzählst, was wir wissen wollen“, antwortete ihm Satinée genervt. „Aber eins weiß ich jetzt schon. Vergnügen wird es für dich keins mehr geben.“ Bertram schaute sie fassungslos an, während sie eine Ranke durch eine Aussparung des Röhrchens führte. Die Ranke wuchs sofort in Form einer Schlaufe zusammen. Und Satinée verließ mit Kratonos die Lichtung. Bertram sah, daß das andere Ende der Ranke an einem der Bäume festgewachsen war. Er versuchte zunächst, die Ranke zu zerreißen. Aber das war ihm unmöglich. Mehr als fünf Meter Bewegungsspielraum hatte er so nicht. Noch einmal versuchte er, sich aus dem Röhrchen zu befreien. Aber auch das gelang ihm nicht. Schließlich lehnte er sich an den Baum, der mit der Ranke verwachsen war, und haderte mit seinem Schicksal.

Belagerung

Als Melissa wieder zu Bewußtsein kam, lag sie auf einer Pritsche in Lucius’ Höhle. Katharina saß an ihrer Seite und meinte: „Willkommen zurück unter den Lebenden.“ Melissa schaute sich irritiert um. „Wie lange war ich denn bewußtlos“, wollte sie wissen. „Knapp drei Tage“, eröffnete Katharina ihr. „Den ersten Tag war es ziemlich knapp mit dir. Du hattest ziemlich viel Blut verloren.“ „Ich hatte schon gehört, daß du sehr begabt sein sollst, Leute wieder dem Tod zu entreißen“, meinte Melissa nachdenklich, um dann mit einem frechen Grinsen fortzufahren, „und jetzt habe ich einen Bärenhunger.“ Katharina brachte ihr etwas von dem Frühstück, daß Lucius und sie vorhin eingenommen hatten. „Was hat sich denn die letzten Tage getan?“, wollte Melissa wissen, während sie sich gierig über das Essen hermachte. „Die schlimmsten Angriffe mit den Magiern hattet ihr ja abwenden können. Aber jetzt greifen täglich die Trolle an und werden dabei von Wolfsreitern mit ihren vergifteten Pfeilen unterstützt. Zwei Barrikaden mußten schon aufgegeben werden. Eric, der beim ersten Angriff nicht mitmachen konnte, weil es in seiner Größe keine Rüstung gegen den Knochenwind gab, ist jetzt täglich auf einer der Barrikaden. Ohne ihn und Lucius wären schon mehr Verteidigungslinien gefallen. Aber sie können halt auch nicht überall sein.“ „Klingt nicht so richtig gut. Was ist eigentlich mit den Waldbränden, die der Feuerregen verursacht hatte. Habt ihr die wieder unter Kontrolle bekommen?“, warf Melissa ein. „Es ist nicht zu Waldbränden gekommen“, kam die Antwort aus einem der Gänge. Melissa kannte die Stimme zwar, konnte sie im ersten Moment aber nicht zuordnen. Dann sah sie eine grüne Gestalt aus dem Gang kommen. „Korben?“, fragte sie ungläubig. Er grinste breit. „Genau der. Sigourny und ich haben mal ‚vorbeigeschaut’. Bei der Gelegenheit hat sie verhindert, daß der Wald Feuer fangen konnte. Da es ein magischer Angriff war, konnte sie ihn schnell abwehren. Ein paar Fallen sind verbrannt, den Bäumen und Sträuchern ist aber nichts geschehen.“

„Da bin ich ja beruhigt. Ich hatte schon Angst, der ganze Wald um Fendrich würde brennen. Dann hätte die manitische Armee nur noch zuschauen müssen, wie Fendrich vernichtet worden wäre. Aber sag mal ...“ Melissa schaute Korben plötzlich staunend an. „... wie seid ihr eigentlich an der manitischen Armee vorbei hierher gekommen? Und warum bist du so grün?“ Korben strahlte sie an. „Grün bin ich, weil ich dabei bin, mich in so etwas ähnliches wie Sigourny zu verwandeln. Ich habe zwar nicht ihre Kräfte und Fähigkeiten, kann aber jetzt wie sie durch unterirdische Flußläufe reisen, ohne zu ertrinken. So sind wir dann auch hergekommen.“ „Du hast NOCH nicht meine Kräfte und Fähigkeiten“, korrigierte Sigourny, die ebenfalls die Höhle betrat. Jetzt war es Korben, der ein erstauntes Gesicht machte. „Es dauert ein paar Jahrhunderte, bis die Umwandlung komplett ist. Dann kannst auch du die Kräfte der Natur nutzen.“ Sie fuhr Korben zärtlich durch die Haare, während er sie mit offenem Mund anstarrte. „Ich habe dir vorher nichts davon erzählt“, erklärte sie ihm, „weil ich ganz sicher sein wollte, daß du dich meinetwegen verwandeln wolltest – und nicht wegen des langen Lebens oder der besonderen Fähigkeiten.“ Er schaute sie ein wenig traurig an. „Traust du mir denn immer noch nicht?“ „Doch, mein Schatz“, erwiderte sie sanft, „inzwischen traue ich dir voll und ganz.“

„Sag mal“, begann Melissa an Katharina gewandt, „köchelt eigentlich der Sud immer noch, den ich vor dem ersten Angriff aufgesetzt hatte?“ „Ja“, entgegnete Katharina, „es stank allerdings furchtbar, so daß ich den Kessel auf ein Feuer im Innenhof gestellt habe. Wozu ist dieses furchtbare Zeug eigentlich gut?“ „Damit haben wir eine wirkungsvolle Troll-Abwehr. Und inzwischen müßte der Sud auch fertig sein. Hast du einen kleinen Eimer oder so was ähnliches, damit ich etwas davon zu den Barrikaden transportieren kann?“ Nach dem Frühstück fühlte sie sich wieder soweit gestärkt, daß sie schwungvoll vom Bett aufstand – um sich dann erst einmal wieder hinzusetzen, weil ihr schwindelig war. „Übertreib es nicht gleich“, meinte Katharina, „das kann doch auch jemand anderer hinbringen.“ „Nein, ich muß wissen, wie es funktioniert und ob ich an der Konzentration noch etwas ändern muß.“ Sie erhob sich erneut, diesmal allerdings etwas vorsichtiger und ließ sich von Katharina einen kleinen Kessel geben. Dann begab sie sich in den Innenhof und füllte etwas von dem Gebräu in den kleinen Kessel. Der Innenhof stank von dem brodelnden Sud wirklich bestialisch, und Melissa war froh, ihn schnell wieder verlassen zu können. Dann machte sie sich auf den Weg zu einer der Barrikaden. Den Zauberbogen hatte sie dabei geschultert. Gerade begann wieder ein Angriff der Trolle und Wolfsreiter. Und da sowohl Eric als auch Lucius an anderen Stellen kämpften, war diese Verteidigungsstellung sehr bedrängt. Melissa ließ die Bogenschützen der Verteidiger ihre Pfeile in den Sud tauchen und wies sie an, mit diesen Pfeilen nur auf die Trolle zu schießen. Wieder prallten die Pfeile weitgehend wirkungslos von den Trollen ab, nachdem sie nur deren Haut leicht geritzt hatten. Die Bogenschützen schauten sie fragend an, aber Melissa meinte nur, sie müßten noch etwas abwarten. Plötzlich veränderten die Trolle ihr Verhalten. Sie griffen nicht mehr gezielt die Barrikade an, sondern fielen auch über die anderen Trolle und Wolfsreiter her. Schließlich prügelten sie nur noch auf ihre Kameraden ein und richteten dabei viel mehr Schaden an, als es die Verteidiger gekonnt hätten. Die Wolfsreiter flüchteten, soweit ihnen das noch möglich war. Und die Trolle kämpften gegeneinander, bis nur noch einer von ihnen übrig war. Dieser rannte schließlich den Weg aus dem Wald hinaus. „Dieses Zeug“, meinte Melissa und ließ alle Bogenschützen noch einmal ihre Pfeile in den Sud eintauchen, „wirkt zwar nur bei den Trollen, aber die werden rasend vor Wut und greifen alles an, was sich bewegt.“ Grinsend über diesen durchschlagenden Erfolg machte sie sich auf den Weg zu den anderen Barrikaden.

Am Abend lud der Bürgermeister von Fendrich zu einem großen Kriegsrat ein. In einem der Festsäle von Fendrich saßen Fürstin Larissa, der immer noch sehr geschwächten Fürst Willur, Lucius, Melissa, Eric, Katharina, Korben, Sigourny und natürlich der einladende Bürgermeister. Lucius war bereits im Vorfeld – teils offiziell, teils informell – die Befehlsgewalt über alle in Fendrich versammelten Soldaten übertragen worden. Und inzwischen waren auch der Bürgermeister und Fürst Willur in sein Geheimnis eingeweiht worden. Er berichtete zunächst, daß die manitische Armee nach den Amokläufen der Trolle alle Angriffe eingestellt hatte, aber jeden Waldweg bewachte. Fendrich stand somit unter Belagerung. „Die unmittelbare Bedrohung haben wir abgewehrt“, schloß Lucius seinen Lagebericht. „Und ich denke, die Belagerung können wir für sehr lange Zeit überstehen. Wahrscheinlich deutlich länger als die Belagerer.“ Der Bürgermeister nickte zustimmend. „Aber wir sollten uns nichts vormachen. Wir sind noch lange nicht in Sicherheit. Insbesondere magische Angriffe können für uns weiterhin sehr gefährlich werden. Und wir wissen nicht, was Sithar, der Ratgeber und oberste Magier von Manitien noch in der Hinterhand hat.“ Lucius wandte sich an Melissa. „Oder kannst du uns dazu näheres sagen?“ Melissa schüttelte den Kopf. „Sithar ist ein Magier der 6. Stufe. Seine Fähigkeiten sind weitgehend unbekannt. Mit Sicherheit hat er alle Fähigkeiten der niedrigeren Stufen – und die sind beträchtlich. Aber es gibt nur zwei Magier seiner Stufe. Wobei der zweite niemandem bekannt ist. Und soweit ich weiß, sind die Fähigkeiten oberhalb der 5. Stufe nicht mehr klar umrissen.“ „Wieviel magische Stufen gibt es eigentlich?“, wollte Eric wissen. „Sieben“, antwortete Melissa, „Und um es gleich vorwegzunehmen: Es gibt einen Magier der siebten Stufe, der als Einsiedler irgendwo lebt und sich weitgehend aus den Geschicken der Menschheit heraushält.“ „Wenigstens ist er dann nicht auf der Gegenseite“, merkte Korben an.

„Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen“, ergriff Lucius wieder das Wort, „aber wir brauchen Unterstützung. Und zwar magische.“ Einen Moment herrschte betretenes Schweigen. Dann meldete sich Larissa zu Wort. „In Felsfried gibt es eine magische Akademie. Wenn wir deren Oberhaupt, Salar, als Verbündeten gewinnen könnten ...“ „Dazu müßten wir allerdings an den Belagerern vorbei“, merkte Eric an. Alle schauten auf Korben und Sigourny. Diese schüttelte ihre Köpfe. „Wir könnten zwar problemlos an den Belagerern vorbei, aber Felsfried steht in einer ziemlich kargen Gegend. Es gibt keine über- oder unterirdischen Flußläufe dorthin, die mit denen dieser Gegend verbunden sind. Die wenigen Flüsse von dort treffen sich erst im Meer mit unseren. Und Salzwasser ist für Korben und mich eine unüberwindliche Barriere.“ „Die Belagerer können doch nicht den ganzen Wald um Fendrich umstellen, oder?“, wollte Katharina wissen. „Nein“, meinte Lucius, „sie bewachen vor allem die Waldwege.“ Er lächelte Katharina stolz an, weil er bereits ahnte, was sie vorschlagen wollte. „Dann könnte doch jemand, der die Lage der Fallen kennt, den Wald an einer unbewachten Stelle verlassen, um Hilfe zu holen“, fuhr Katharina fort und freute sich über Lucius’ unausgesprochenes Lob. Die anderen waren über diese Idee erleichtert. „Und ich könnte Hilfe aus Kartun holen“, bot Melissa an. „Wir brauchen hier deine Fähigkeiten, mit dem Zauberbogen umzugehen“, wand Lucius ein. „Nicht unbedingt“, meldete sich Fürstin Larissa zu Wort. „Ich bin inzwischen wieder gut genug bei Kräften, um mit einem Zauberbogen umzugehen. Es war nämlich mein Zauberbogen, den Melissa in Falibor gefunden hatte.“ Melissa machte ein etwas unglückliches Gesicht, weil sie fürchtete, den Zauberbogen wieder abgeben zu müssen. „Und da Lucius ja einen der Zauberbögen der Feinde erbeutet hat, kann Melissa den einen Bogen mit auf ihre gefährliche Mission nehmen“, fuhr die Fürstin fort, der Melissas Unbehagen nicht entgangen war. Es wurde entschieden, daß Eric nach Felsfried und Melissa nach Kartun eilen sollten, um dort Hilfe zu erbitten. Sigourny und Korben kündigten an, noch etwas erledigen zu müssen, versprachen aber, so bald wie möglich wieder vorbeizuschauen.

Etwas mehr Klarheit

Satinée und Kratonos kamen wieder auf die Lichtung zurück, die für Bertram zum Ort seiner Qualen geworden war. Dem Gespräch der beiden entnahm Bertram, daß sie noch immer damit beschäftigt waren, den Wald von den Überresten der getöteten Waldarbeiter zu befreien. Und er begann allmählich damit, seine toten Kameraden zu beneiden. Sie hatten ihre Qualen bereits hinter sich. Für ihn schien die Zukunft dagegen noch unzählige weitere Torturen bereitzuhalten. Schließlich kam Satinée zu ihm, während Kratonos auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung blieb. Sie ging direkt auf Bertram zu, der langsam an den Baum zurückwich, dessen Ranke mit dem Rohr zwischen seinen Beinen verbunden war. Er befürchtete, daß sie ihn wieder quälen würde. Und er sollte damit Recht behalten, wenn auch auf eine völlig unerwartete Art und Weise. Schließlich stand er mit dem Rücken zum Baum und konnte sich nicht weiter zurückziehen. Sie stand direkt vor ihm und holte mit ihrer rechten Hand aus. Schützend hob er die Hände vors Gesicht. Dann griff sie blitzschnell mit ihrer Linken zwischen seine Beine und umfaßte seine empfindlichsten Teile. Sie zog ihn daran ein Stück vom Baum weg, während er sie nur sprachlos anstarrte. Dann ging sie in die Knie und zog auch ihn herunter. Wortlos legte sie sich hin, ohne ihn dabei loszulassen. „Los, fang an, mich zu streicheln“, forderte sie ihn auf und verstärkte dabei leicht den Druck auf seine Hoden. Unsicher begann Bertram damit, ihrem Befehl Folge zu leisten. Zunächst glitten seine Hände nur vorsichtig über ihre Schultern. Mit ihrer rechten Hand schob sie Bertrams Hände auf ihre Brüste. Ohne seine Weichteile loszulassen, begann sie dabei, mit ihrem Daumen an der Spitze seines Gliedes zu spielen, das aus dem gebogenen Rohr hinausschaute. Er spürte, wie die Erregung in ihm aufstieg und sich sein Glied aussichtslos gegen das enge Gefängnis preßte.

Doch noch immer traute sich Bertram nicht, sie richtig zu stimulieren. Denn er fürchtete, daß es eine Falle für ihn wäre und sie ihn dafür bestrafen würde, wenn er zu weit ginge. Oder war das jetzt eine weitere, noch perfidere Art der Folter, bei der ihm seine eigenen Beschränkungen deutlich vor Augen geführt werden sollten? Unsicher fuhren seine Hände über ihren grünen Körper. „Gib dir gefälligst mehr Mühe“, wies sie Bertram zurecht, setzte dabei die Stimulation seines Gliedes jedoch unvermindert fort. Allmählich konnte sich Bertram der Wirkung ihrer Stimulation nicht mehr entziehen. Ihr Daumen an seiner Penisspitze brachte ihn um jeden klaren Gedanken. Um seine Aufmerksamkeit für sie nicht abnehmen zu lassen, verstärkte sie leicht den Druck auf seine Hoden. Schnell gab er sich Mühe, ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, was sie mit einer Verminderung des Drucks ihrer Hand quittierte. Überall fuhren jetzt seine Hände über ihren Körper. Und in dem Maße, in dem die Erregung auch von ihm Besitz ergriff, steigerte er seine Bemühungen, ihre Lust anzuheizen. Sie räkelte sich genüßlich, während Bertram ihren ganzen Körper verwöhnte. Dabei setzte er jetzt auch seine Lippen ein, die fordernd ihre Nippel umspielten. Langsam spreizte sie ihre Beine und ließ sich auch dort von ihm verwöhnen. Zu keiner Zeit hörte sie damit auf, Bertrams Penisspitze mit einem Finger zu stimulieren. Und er fühlte dabei sein eigenes Verlangen in einer nie gekannten Intensität aufsteigen. Gleichzeitig war ihm schmerzhaft bewußt, daß sein Verlangen unerfüllt bleiben würde. Das enge Gefängnis um sein Glied würde nichts zulassen, was über die aktuelle Stimulation seiner Sehnsucht hinausginge.

Während Satinée sich lustvoll unter Bertrams erzwungenen Liebkosungen wand, schaute Kratonos mit offensichtlichem Neid und Unbehagen zu den beiden herüber. Auch er war erkennbar erregt und verspürte ein unbändiges Verlangen nach Satinée. Und er erinnerte sich noch schmerzhaft daran, wie sie ihn mit seinem letzten, allerdings auch ziemlich ungeschickten Versuch hatte abblitzen lassen. Er hatte nicht vor, diese Schmach noch einmal zu riskieren. Andererseits war seine Erregung für ihn kaum auszuhalten. Also beschloß er, die Lichtung zu verlassen, um nicht weiter zusehen zu müssen. Satinée waren Kratonos’ sehnsüchtige Blicke nicht entgangen. Und sie genoß es, ihn zappeln zu lassen. Es hatte sie damals sehr verärgert, als er versucht hatte, sie zu Liebesdiensten zu nötigen. Jetzt hatte sie ihre Revanche. Nicht, daß sie kein Interesse daran gehabt hätte, sich mit Kratonos zu vergnügen. Aber sein Versuch, es ihr für einen Gefallen aufzuzwingen, hatte sie ihm lange nicht verziehen. Als sie jedoch sah, wie Kratonos sich erhob, um die Lichtung zu verlassen, richtete sie sich kurz auf. „Kratonos“, rief sie ihn, kurz bevor er von der Lichtung verschwunden war. Er drehte sich zu ihr um, und sie konnte sehen, wie es ihm zu schaffen machte, was er sah. „Ich erinnere mich, daß du früher einmal ein spezielles Interesse an mir hattest“, fuhr sie mit einem verheißungsvollen Lächeln fort. Es war Kratonos anzusehen, wie es in ihm arbeitete. Einerseits keimte in ihm eine geringe Hoffnung auf, daß er doch noch auf seine Kosten käme, andererseits befürchtete er, daß sie die Gelegenheit nur dazu nutzen wollte, es ihm richtig heimzuzahlen. Er nickte daher nur kurz. „Bist du immer noch interessiert?“, bohrte sie weiter. Es war nicht zu übersehen, wie er nur mühsam die Fassung bewahrte. Er wollte sich allerdings nicht die Blöße geben, sich erneut von ihr zurückweisen zu lassen. „Ja“, antwortete er kurz mit belegter Stimme. „Nun“, antwortete sie lächelnd nach einer kleinen Pause, „jetzt hätte ich auch Interesse.“ Sie stand auf und ging auf Kratonos zu. Bertram ließ sie dabei völlig verstört zurück. Kratonos kam ihr jetzt schnell entgegen. Als sie schließlich voreinander standen, begannen sie damit, einander wild zu liebkosen, um sich schließlich auf das Gras der Lichtung sinken zu lassen. Ihr grüner und sein schwarzer Körper waren ineinander verschlungen. Sie lachten und alberten wild miteinander herum. Schließlich wälzten sie sich im Gras und preßten ihre Körper gegeneinander. Bertram war an ‚seinen’ Baum zurückgekrochen und schaute ihnen sehnsüchtig und gequält zu. Das immer lauter werdende Stöhnen der beiden drang unüberhörbar zu ihm herüber. Einerseits litt er sehr darunter, in seinem eigenen, aussichtslosen Verlangen gefangen zu sein, andererseits war er nicht in der Lage, den Blick von den beiden, sich ekstatisch vergnügenden Waldgeistern zu nehmen. Er zitterte vor Frustration und Wut, während Tränen über sein Gesicht liefen. Und seine Hände krallten sich in den Waldboden am Fuß des Baumes.

Als Sigourny mit Korben am nächsten Tag die Lichtung betraten, war Bertram an einem Baum festgebunden. Satinée hatte mehrere lange Stacheln in der Hand und fuhr damit über Betrams Oberkörper, während sie ihn aufforderte, endlich alles zu sagen, was er wußte. Rote Streifen bildeten sich dort, wo sie mit den Stacheln entlanggefahren war. Korben erstarrte. Diese Szene weckte bei ihm Erinnerungen an Folterungen, die er in Falibor zur Regierungszeit des Thronräubers Atan hatte miterleben müssen. „Sie sollen sofort damit aufhören“, sagte er mit erstickter Stimme zu Sigourny. „Bitte sorg dafür, daß sie damit aufhören.“ Sigourny schaute ihn zunächst verständnislos an, sah aber dann das Entsetzen und den Schmerz in seinem Blick. Und sie erinnerte sich, was er ihr über seine Erlebnisse der jüngeren Vergangenheit erzählt hatte. „Es ist aber wichtig, daß wir alles erfahren, was mit der Rodung in diesem Wald zusammenhängt. Der Wald und seine Gesundheit ist für uns – jetzt auch für dich – überlebenswichtig.“ Korben schaute sie gequält an. „Aber nicht so! Vielleicht kann ich ihn überreden, alles zu sagen, was er weiß. Bitte!“ „Ich versuche, mit Satinée zu reden“, antwortete Sigourny und strich Korben durchs Haar. „Aber bleib du erst mal hier.“ Sie ging auf Satinée zu und rief: „Hallo Satinée. Wir sind jetzt angekommen.“ „Moment noch“, gab Satinée zurück, „ich bin gerade beschäftigt.“ „Kannst du das nicht unterbrechen? Ich hätte dir etwas Wichtiges zu sagen.“ „Na gut“, meinte sie und wandte sich von Bertram ab. „Ich kann ja weitermachen“, meinte Kratonos. „Dich bräuchte ich auch gleich mal“, antwortete Sigourny auf Kratonos’ Angebot. Sie gingen außer Hörweite von Bertram auf Korben zu. Und Sigourny überredete Satinée und Kratonos, erst einmal Korben eine Chance zu geben, die Informationen zu bekommen. Sie hatten erhebliche Zweifel, ob das gelingen könnte, akzeptierten aber schließlich, daß der Versuch ja nichts schaden würde. „Was hat er euch denn bisher erzählt?“, wollte Korben wissen. „Daß er die Bäume gefällt hatte, weil ihm irgendwer etwas dafür gegeben hatte“, antwortete Kratonos. Korben schaute ihn irritiert an. Er hatte den Eindruck, daß Kratonos und Satinée nicht wirklich verstanden hatten, was der bedauernswerte Waldarbeiter ihnen erzählt hatte. Nun, er würde es gleich erfahren.

Korben ging zu dem noch immer am Baum gefesselten Bertram. Und er sah nicht nur die Kratzspuren der Stacheln, sondern auch das Rohr zwischen Bertrams Beinen. Es tat ihm in der Seele weh, den gequälten Waldarbeiter zu sehen. „Wie heißt du?“, wollte Korben wissen. Bertram war erstaunt, daß sich einer der Waldgeister für seinen Namen interessierte. Er betrachtete diesen Waldgeist genauer. Irgendwie schien er sich von den anderen zu unterscheiden. Zwar hatte auch er die grüne Hautfarbe der beiden Nymphen, aber ansonsten wirkte er irgendwie weniger makellos – menschlicher. Bertram nannte ihm seinen Namen. „Ich heiße Korben“, antwortete dieser und setzte sich vor Bertram ins Gras. „Dir ist klar“, fuhr Korben fort, „daß wir unbedingt alles wissen müssen, was du weißt?“ Bertram nickte. „Und daß du es früher oder später auch verraten wirst?“ Diesmal machte Bertram ein sehr unglückliches Gesicht, nickte aber erneut. „Warum erzählst du es dann nicht gleich?“, wollte Korben wissen. „Weil ihr mir dann noch schrecklicheres antut“, brach es aus Bertram heraus. Unmittelbar danach bereute er, was er gesagt hatte. Denn jetzt war klar, daß sie ihn erst recht mit allen Mitteln foltern würden, um herauszubekommen, was er wußte. Korben schaute ihn nachdenklich an. „Ich kann dir nichts versprechen, aber ich werde mich dafür einsetzen, daß dir niemand mehr etwas tut, wenn du alles erzählst.“ Bertram fragte sich, ob er das glauben könnte. Allerdings schien es seine einzige Hoffnung zu sein. „Sag mir doch zuerst mal, was du den anderen schon erzählt hast“, forderte Korben ihn auf. „Ich hatte den Eindruck, daß es nicht so ganz verstanden wurde.“ „Sie wollten wissen, warum wir den Wald abgeholzt haben. Es war der Befehl des Königs.“ „König Kronos von Manitien?“, wollte Korben wissen. „Ja. Und er hat uns auch dafür bezahlt“, ergänzte Bertram. Korben dachte an die Bemerkung von Kratonos. Offenbar konnte dieser sich unter einem König nichts vorstellen. „Und jetzt erzähl mir, was du sonst noch alles weißt. Warum solltet ihr die Bäume in dieser großen Fläche roden? Was solltet ihr sonst noch tun?“ Bertram schluckte. Aber was hatte er schon zu verlieren? Früher oder später würden sie es ohnehin aus ihm herausholen. Und wenn sie ihn dann weiter foltern oder umbringen würden? Aber dann hätte er es wenigstens schneller hinter sich. Ein lebenswertes Leben würde es für ihn mit dem Rohr über seinem Glied ohnehin nicht mehr geben.

„Ich weiß wirklich nicht, warum wir den Wald abholzen sollten“, begann Bertram. „Aber wir sollten den ganzen Wald zerstören. Und jeden anderen in Landor auch.“ Er schaute Korben ängstlich an. „Mehr weiß ich wirklich nicht.“ Korben glaubte ihm. „Die anderen werden dich nachher bestimmt noch mal fragen. Und sie merken, wenn du ihnen etwas verschweigst. Wenn da noch mehr ist, werde ich dir nicht mehr helfen können.“ Bertram nickte. Und Korben ging zu den anderen zurück. Zunächst erklärte er ihnen, was ein König ist und was passiert, wenn man dem Befehl seines Königs nicht gehorcht. „Was er getan hat, war nicht sein Wille, sondern der seines Königs. So wie ein Baum hier mit seinen Ästen um sich schlägt, weil ihr es wollt, nicht weil der Baum es will.“ Die anderen begannen, es zu verstehen. Dann versuchte Korben, ihnen das Versprechen abzunehmen, dem Waldarbeiter nichts mehr zu tun, wenn er die Wahrheit gesagt hatte. Sie einigten sich schließlich darauf, ihm zumindest heute nichts mehr zu tun. Danach erzählte er ihnen, was die ganze Aufgabe der Waldarbeiter gewesen war. Alle drei Waldgeister tobten vor Wut. Bertram betrachtete es aus der Entfernung mit bangem Blick. Korben mußte sie mehrfach an ihr Versprechen erinnern, dem Waldarbeiter zumindest heute nichts mehr anzutun. Schließlich beruhigten sie sich wieder. Und nachdem sich ihre Wut einigermaßen gelegt hatte, sahen sie auch ein, daß ihr Ärger sich nicht wirklich gegen den überlebenden Waldarbeiter richtete, sondern gegen den König von Manitien. Eigentlich wollten sich Satinée und Kratonos aus dem Krieg zwischen Landor und Manitien heraushalten. Allerdings sahen sie ein, daß das nicht mehr möglich war. Sicherheitshalber befragen sie Bertram noch einmal, stellten aber nur erwartungsgemäß fest, daß er ihnen die ganze Wahrheit – soweit er sie kannte – erzählt hatte. Anschließend saßen sie noch zusammen und berieten, was sie mit Bertram tun sollten.

Hilfe aus Felsfried?

Vorsichtig näherten sich Eric und Melissa abseits der Wege dem Waldrand. Sie wurden von Soldaten begleitet, die die Lage der Fallen im Wald genau kannten. Nachdem sie sich vergewissert hatten, daß keine feindlichen Soldaten in Sichtweite waren, schwangen sich beide auf ihre Pferde und verließen die Wälder Fendrichs im Galopp. Sie erreichten unbemerkt von den manitischen Truppen eine entfernte Baumgruppe. Dann trennten sich ihre Wege. Eric ritt zunächst zwei Tage in Richtung Falibor, um sich dann der immer karger werdenden Landschaft um Felsfried zuzuwenden. Es war eine rauhe und unwirtliche Gegend, durch die er ritt. Viele Felsen und riesige Steinblöcke versperrten ihm den Blick in die Weite, verhinderten aber gleichzeitig, daß man ihn bereits aus großer Entfernung sehen konnte. Der steinige Boden zwang ihm auch ein immer geringer werdendes Tempo auf, wollte er nicht riskieren, daß sein Pferd stürzte und sich verletzte. Außerdem konnte er seine Verpflegung nicht mehr unterwegs besorgen, sondern mußte sich auf die wenigen, mitgeführten Vorräte beschränken. Schließlich sah er in großer Entfernung die spitzen Türme von Felsfried aufragen. Bei dieser unwegsamen Landschaft würde er allerdings noch mindestens zwei Tage brauchen, bis er dort ankäme. Als er von einer exponierten Stelle aus einen Blick auf das Umland von Felsfried werfen konnte, stockte ihm allerdings der Atem. Die manitische Armee hatte bereits mit der Belagerung der Festung begonnen. Soweit Eric es erkennen konnte, waren offenbar schon einige Versuche der Angreifer gescheitert, Felsfried zu stürmen. Die verheerenden, magischen Angriffe, mit denen die manitische Armee bisher mühelos die Fürstentümer überrannt hatte, schienen bei Felsfried nicht zu funktionieren. Das würde dieses Fürstentum zu einem idealen Verbündeten gegen die Angreifer machen. Eric fragte sich allerdings, wie er an den Belagerern vorbei in die Festung kommen sollte. Und ob es überhaupt einen Sinn hätte, da Felsfried allem Anschein nach im Moment genug damit zu tun hatte, sich selbst vor den feindlichen Horden zu schützen.

Während er sich darüber den Kopf zerbrach, hörte er plötzlich Kampflärm in seiner unmittelbaren Nähe. Er stieg von seinem Pferd und ging mit gezogenem Schwert und Schild vorsichtig auf die Quelle des Kampflärms zu. Als er um einen der großen Felsblöcke blickte, sah er, wie mehrere Soldaten in ihm unbekannten Uniformen gegen 7 Wolfsreiter kämpften. Sie standen allerdings weitgehend auf verlorenem Posten. Einer der Soldaten hatte einen hellblauen Umhang an und schien sich nicht direkt in die Kämpfe einzumischen. Zuerst dachte Eric, es sei ein Offizier, der zu feige wäre, sich selbst am Kampf zu beteiligen. Und er empfand vor allem Verachtung für ihn, da seine Soldaten jede Hilfe brauchten. Dann fiel ihm jedoch auf, daß der Umhangträger durchaus etwas tat, auch wenn Eric nicht verstand, wozu es gut war. Dieser spezielle Soldat murmelte permanent vor sich hin und machte seltsame Handbewegungen. Gleichzeitig sah Eric, wie sich eine der Wunden bei einem der fünf kämpfenden Soldaten auf wundersame Weise schloß. Und er begriff, daß er einen Magier vor sich hatte, der seine Soldaten durch Heilzauber unterstützte. Allerdings würden die Soldaten diesem Angriff trotzdem nicht mehr lange standhalten können. Die Wolfsreiter waren ihnen nicht nur zahlenmäßig, sondern auch kämpferisch deutlich überlegen. Eric spannte seine Muskeln an und sprang hinter seiner Deckung hervor. Mit einem Kampfschrei, der alle kurz zu ihm schauen ließ, stürzte er sich ins Kampfgetümmel. Und da er inzwischen schon reichlich Erfahrung mit den Wolfsreitern gemacht hatte, wußte er, daß sie zwar gefährliche, aber keineswegs unüberwindliche Gegner waren. Der Elan und auch das Geschick, mit dem er sich in den Kampf gegen die Wolfsreiter stürzte, gab auch den bedrängten Soldaten wieder Auftrieb. Und nachdem es Eric gelungen war, drei der Feinde zu töten, ergriffen die restlichen die Flucht.

„Vielen Dank für die Hilfe. Wir hatten sie bitter nötig“, begrüßte der Umhangträger Eric. „Mein Name ist Darius“, fuhr er fort, „und wir sind ein Spähtrupp aus Felsfried, dem durch den Angriff der manitischen Armee der Rückweg in die Festung abgeschnitten wurde.“ „Ich bin Eric. Eigentlich hatte ich die Aufgabe, Felsfried vor der manitischen Gefahr zu warnen und ein Bündnis mit Fendrich vorzuschlagen. Aber so wie es aussieht, komme ich für die Warnung zu spät. Und ein Bündnis wird sich so wohl auch nicht mehr aushandeln lassen.“ Man sah Eric die Enttäuschung deutlich an. „Aushandeln vielleicht. Nur mit der Umsetzung wird es schwierig“, antwortete Darius. „Du siehst ja, daß Felsfried alle Hände voll zu tun hat, sich selbst vor den Angreifern zu schützen.“ Dabei deutete Darius auf die Belagerungsarmee vor der Festung. „Mist“, entfuhr es Eric, „jedes Mal komme ich zu spät.“ „Sind denn noch mehr Fürstentümer angegriffen worden?“, wollte Darius wissen. „Westhoven ist überrannt worden, bevor ich von der Bedrohung erfahren hatte. Und Falibor fiel kurz nach meiner Ankunft. Dort wollte man nicht an die Gefahr glauben, da der Thronräuber von Falibor, Fürst Atan, einen Pakt mit dem manitischen König hatte.“ „Von Fürst Atan hatte ich schon gehört. Nichts Gutes allerdings. Was ist Westhoven und Falibor geworden?“, fragte Darius weiter. „Sind beides jetzt manitische Außenposten?“ Eric schüttelte den Kopf. „Westhoven wurde völlig zerstört. Wenige konnten fliehen, der Rest wurde getötet.“ Darius schaute ihn ungläubig und entsetzt an. „Und Falibor?“, hakte er in böser Vorahnung nach. „Etwa 500 konnten fliehen, unter ihnen die Fürstin Larissa, die wir aus der Gefangenschaft des Thronräubers befreien konnten. Was mit Falibor weiter passiert ist, weiß ich nicht. Aber ich vermute, es wird das Schicksal Westhovens geteilt haben.“

Für einen Moment herrschte betretenes Schweigen. Dann fuhr Darius mit seinen Fragen fort. „Du sagtest, du kommst von Fendrich. Ist das denn bisher verschont geblieben? Und wohin sind eigentlich die Überlebenden von Westhoven und Falibor geflohen? Ach ja, und wen meintest du mit ‚wir’, als du von der Befreiung der Fürstin sprachst?“ „Dir entgeht wohl nichts“, meinte Eric mit einem dünnen Grinsen. Dann erzählte er Darius von den Flüchtlingen, dem Angriff auf Fendrich und davon, daß er zusammen mit einer Kampfgefährtin in Falibor war, die jetzt an anderer Stelle um Unterstützung bittet. „Ich nehme an, in Kartun“, warf Darius ein. Eric schaute ihn erstaunt an. Diesmal grinste Darius. „Wenn ihr magische Unterstützung braucht, sind Kartun und Felsfried die besten Adressen. Und von Fendrich aus gesehen auch die nächstgelegenen.“ Eric staunte. So allmählich wurde dieser Darius ihm unheimlich. Die Geschwindigkeit, mit der dieser Magier die Zusammenhänge begriff und die richtigen Schlüsse daraus zog, war schon fast furchteinflößend. „Laß uns erst mal von hier verschwinden“, überspielte Eric seine aufkeimende Unsicherheit Darius gegenüber. „Bisher habe ich die Wolfsreiter nicht als Feiglinge erlebt. Sie haben sich bestimmt nur zurückgezogen, um Alarm zu schlagen und Verstärkung zu holen.“ Darius nickte und sie zogen sich weiter in das Gewirr von Felsblöcken zurück, das diese Hochebene auszeichnete. Außer Eric waren sie alle zu Fuß unterwegs. „Die Pferde haben wir – zusammen mit fünf unserer Kameraden – beim ersten Angriff der Wolfsreiter verloren“, erklärte er. Sie verwischten ihre Spuren so gut es ging, während sie in dem Labyrinth aus Felsblöcken einen sicheren Unterschlupf suchten. Darius streute dabei mehrfach ein graues Pulver aus, das, wie er sagte, die Witterung der Wölfe verwirrte.

Mehrfach hörten sie in der Nähe, wie Wolfsreiter nach ihnen suchten. Allerdings blieben sie unentdeckt. Gegen Abend gaben die Wolfsreiter dann offenbar auf. Im Schutz der Dunkelheit zog sich die kleine Gruppe weiter von Felsfried zurück. Als sie schließlich rasteten, waren alle außer Eric sehr erschöpft. Auf ein Feuer mußten sie verzichten, da es in der kargen Gegend nicht genügend Feuerholz gab. Aber es wäre ohnehin zu gefährlich gewesen. Während die Soldaten sich erschöpft zusammenrollten, meinte Darius, er müsse noch Bericht erstatten. Eric schaute ihn irritiert an. Lächelnd setzte sich Darius auf den Boden, zwinkerte Eric zu und schloß dann die Augen. „Erledigt“, meinte er nach einiger Zeit und öffnete die Augen wieder. „Ich kann mit anderen Magiern in Felsfried Kontakt aufnehmen“, erklärte er dem fragend schauenden Eric. „Deswegen bin ich auch bei dem Spähtrupp dabei gewesen. So kann ich Beobachtungen schnell weitermelden und Anweisungen für das weitere Vorgehen einholen. Wir werden morgen in Richtung Falibor aufbrechen. Ich wäre natürlich froh, wenn du uns begleiten würdest.“ „Du sollst überprüfen, ob meine Angaben dazu stimmen“, mutmaßte Eric. Darius grinste ihn nur an. „Sag mal“, fuhr Eric fort, „kann ich so vielleicht auch über ein Bündnis mit Felsfried verhandeln? Im Moment würde das zwar wahrscheinlich noch nicht so viel bringen, aber wenn ihr in Felsfried mit den Angreifern fertig würdet, könnten wir die Unterstützung gut gebrauchen.“ Das Grinsen von Darius wurde noch breiter. „Ich habe dein Anliegen schon weitergeleitet. Und wenn wir – was ich annehme – in Falibor das sehen, was du beschrieben hast, wird einem Bündnis voraussichtlich nicht viel im Wege stehen. Allerdings wird es noch etwas dauern, bis wir es in Felsfried mit den Angreifern aufnehmen können. Vor dem Angriff gab es einen Anschlag auf unseren obersten Magier. Er hat ihn zwar überlebt, braucht aber noch etwas, bevor er wieder genug bei Kräften ist, um die Belagerer wirksam anzugreifen. Außerdem muß es dann schnell gehen, damit Sithar seinen Truppen nicht zu Hilfe kommt. Bis jetzt glaubt er ja noch, unser oberster Magier sei bei dem Anschlag getötet worden.“

Am nächsten Tag brachen sie früh auf und erreichten gegen Abend die Waldgebiete um Falibor. Hier sahen sie immer wieder Patrouillen der manitischen Armee die Wege entlang reiten. Und Eric hatte einen Plan, wie sie zu Pferden kommen könnten. Der schmächtigste der Soldaten mußte seine Uniform ausziehen und nur mit ein paar Lumpen bekleidet hinter einem Baum warten, bis die nächste manisische Streife vorbeiritt. Dann warf er einen angespitzten Ast auf einen der drei feindlichen Reiter und rannte in den Wald hinein. Für die Patrouille mußte es so ausgesehen haben, als wären sie von einem versprengten Überlebenden ohne richtige Waffen angegriffen worden. Sie preschten hinter den Flüchtenden her in den Wald. Dort warteten Eric und die anderen Soldaten, um sie gebührend zu empfangen. Danach hatten sie drei Pferde erbeutet. Nachdem sie das noch einmal wiederholt hatten, waren sie wieder zu Pferde unterwegs und kamen schnell in Sichtweite von Falibor. Der Anblick war erschreckend. Die Stadt war bis auf die Grundmauern niedergerissen. Und auch die innere Festung war geschleift worden. Eine kleine Gruppe von berittenen Soldaten und Wolfsreitern waren an der Ruine stationiert und patrouillierten durch die Wälder. Überlebende aus Falibor schien es hier nicht mehr zu geben. Eric hatte diesen Anblick ja bereits in Westhoven aus der Nähe gesehen. Die anderen waren aber sehr geschockt. So grauenhaft hatten sie es sich nicht vorgestellt. Darius erstattete wieder Bericht und meinte dann, daß es nur noch einige organisatorische Fragen bezüglich eines Bündnisses zwischen Felsfried und Fendrich gäbe. Diese sollten sinnvoller Weise in Fendrich mit dem Bürgermeister erörtert werden. Vorsichtig zogen sie sich wieder aus den Wäldern von Falibor zurück. Allerdings entging ihnen dabei, daß sie bereits von einer Gruppe Wolfsreiter beobachtet wurden.

Ende zweier Missionen

Alle Waldgeister waren sich schließlich einig, daß die persönliche Schuld von Bertram an dem Raubbau in Satinées Wald eher gering war und sie ihn nach seinen Qualen der Befragungen nicht mehr bestrafen wollten. „Wenn er jetzt mithilft, meinen Wald von den Überresten der Waldschänder zu befreien, kann er meinetwegen danach gehen, wohin er will“, meinte Satinée. „Vielleicht sollten wir ihn nach Fendrich bringen“, meinte Korben. „Da er aus Manitien kommt, weiß er vielleicht Dinge, die im Kampf gegen König Kronos wichtig sind.“ Sie wußten zwar noch nicht, wie sie Bertram dorthin bringen wollten, da sie ihn ja nicht durch die unterirdischen Flußläufe mitnehmen konnten, aber grundsätzlich wurde Korbens Vorschlag angenommen. Bertram bekam von dieser Beratung allerdings nichts mit. Er durfte sich seine Kleidung wieder anziehen und wurde von Satinée in einen bestimmten Teil des Waldes geschickt, um dort die Ausrüstung und die Knochen seiner getöteten Kameraden aufzusammeln. Er gehorchte, schien aber seltsam abwesend zu sein. Das Rohr, das sein Glied so gnadenlos gefangen hielt, nahm ihm jede Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft. Mit abwesendem Blick trug er die Gebeine seiner toten Schicksalsgenossen zu dem roten Sumpf und warf sie hinein. Dabei hatte er das Gefühl, ihnen bereits sehr nahe zu sein. Die Äxte und sonstigen Ausrüstungsgegenstände legte er weisungsgemäß auf einen großen Haufen. Dabei nahm er auch das Kurzschwert eines gefallenen Soldaten in der Hand. Unschlüssig betrachtete er es. Schließlich hielt er es mit der Spitze auf sein Herz und ließ sich nach vorne fallen. Satinée, die zufällig sah was er tat, sprang in einem mächtigen Satz nach vorne und riß das Schwert weg, bevor Bertram sich hineinstürzen konnte. „Was soll das denn?“, fuhr sie ihn an. Bertram schaute sie traurig an. „Was steht mir denn schon für ein Leben bevor“, antwortete er. „Für den Rest meines Lebens bei euch gefangen und meiner Männlichkeit beraubt zu sein.“ „Ist das mit dem Rohr um dein Glied so schlimm?“, wollte Satinée von ihm wissen. Sein Blick beantwortete ihr die Frage deutlicher als alle Worte. „Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn der Wald aufgeräumt ist, bitte ich Kratonos, dir das Rohr zu entfernen. Danach wirst du nach Fendrich geschickt, um im Kampf gegen Kronos zu helfen.“ Ganz langsam wich die tiefe Traurigkeit und Verzweiflung aus seinem Blick. Die aufkeimende Hoffnung eroberte sich immer mehr Raum in seinem Gesicht. Er nickte, nahm das Schwert wieder vom Boden auf und warf es auf den Haufen mit den anderen Gegenständen. Er war sich noch nicht sicher, ob er dem Angebot trauen konnte. Aber es gab jedenfalls wieder einen Hoffnungsschimmer für ihn. Mit Elan machte er sich daran, den ihm zugeteilten Abschnitt des Waldes zu räumen.

Einige Tage später war der verbliebene Teil des Waldes mit vereinten Kräften endlich wieder in dem Zustand, den er vor dem Kampf mit den Waldarbeitern hatte. Nur der große, rote Sumpf, der die gesamte gerodete Fläche bedeckte, ließ mit seinen schwarzen, verbrannten Baumstümpfen und den weißen Knochen und Schädeln der toten Waldarbeiter erahnen, welche grauenvollen Szenen sich hier abgespielt hatten. Während die Waldgeister froh waren, diese deprimierende Arbeit endlich hinter sich zu haben, wartete Bertram mit bangem Sehnen auf die Einlösung Satinées Versprechens. Sigourny und Korben wollten sich gerade verabschieden und wieder in Fendrich vorbeischauen, als alle das Nahen einer großen Anzahl von Menschen und Tieren hörten. Satinée und Kratonos bekamen bereits einen grimmigen Gesichtsausdruck, da sie mit einem weiteren Angriff auf den Wald rechneten. Dann sahen sie, wie sich eine große Armee näherte. Hunderte von Reitern, zahllose Fußsoldaten und an die hundert Kriegselefanten. Als die Armee näher kam, wurde Korben plötzlich sehr aufgeregt. „Schau doch mal“, meinte er zu Sigourny, „die Gruppe von Reitern da hinten sind genauso gekleidet wie Melissa.“ In der Tat kamen mehrere Gruppen von berittenen Amazonen immer näher an den Wald heran. Eine einzelne ritt neben einem Mann mit wallendem Umhang in dunkel-violett. „Und da ist Melissa“, meinte Korben und deutete auf die einzelne Reiterin. „Stimmt“, meinte Sigourny und wunderte sich etwas über die Begeisterung Korbens. „Dann hat Melissa Verstärkung aus Kartun bekommen und Fendrich ist außer Gefahr“, freute sich Korben. Und auch auf Sigournys Gesicht zeichnete sich jetzt verhaltene Freude ab.

„Dann können wir den Waldarbeiter ja gleich mit ihnen schicken“, meinte sie zu den anderen. „Sie werden wohl in einer Stunde hier vorbeikommen“, schätzte Korben. Satinée erinnerte sich an ihr Versprechen. Sie bat Bertram und Kratonos, sie auf die Lichtung zu begleiten, die für Bertram mit so vielen unangenehmen Erinnerungen verbunden war. „Zieh dich aus“, forderte sie Bertram auf. Er tat es und stand jetzt erwartungsvoll vor ihr. Kratonos ergriff das Rohr, das sich daraufhin langsam ausdehnte. Dann ließ er es los und es rutschte von Bertrams Glied herunter. Satinée begann, dieses zu streicheln. Es zeigte aber keine Reaktion. Und auf Bertrams Gesicht kehrte die Verzweiflung zurück. „Moment mal“, meinte Satinée und holte rasch ein paar Blätter von einem Busch. Sie zerrieb diese zwischen ihren Fingern und hielt sie Bertram unter die Nase. Es roch deutlich nach Kräutern. Dann begann sie wieder, sein Glied zu streicheln. Und diesmal richtete es sich sofort auf. „Brauche ich jetzt jedesmal diese Blätter?“, kam die bange Frage von Bertram. Satinée lächelte. „Nein. Die waren nur zur Entspannung. Du warst vorher nur zu aufgeregt.“ Unvermindert streichelte sie Bertram weiter an seiner empfindsamsten Stelle, während Kratonos sich diskret zurückzog. Bertrams Atem wurde schwerer und er mußte sich mit dem Rücken an einen Baum lehnen. Satinée grinste ihn frech an und fuhr fort, ihn mit ihrer Hand zu verwöhnen. Bertram schloß die Augen und atmete nur noch stoßweise. Schließlich kam er mit einem lauten Stöhnen. „Ruh dich aus und zieh dich dann an. Wenn die Soldaten kommen, wirst du sie nach Fendrich begleiten.“ Bertram lehnte immer noch an dem Baum und lächelte matt. Er war froh, daß sie Wort gehalten hatte und er offenbar keine bleibenden Schäden davontrug.

Als Melissa in näher kam, trat Korben aus dem Wald heraus und winkte ihr zu. Sie sagte etwas zu dem Mann im violetten Umhang und galoppierte auf Korben zu. Kurz vor ihm sprang sie gekonnt vom Pferd und begrüßte ihn. Sie erzählte ihm, daß sie die kartunische Armee bereits an der Grenze zu Kartun getroffen hatte. Die Entwicklung in Landor war dort mit großer Sorge verfolgt worden, und ihre Berichte hatten den Ausschlag für ein Eingreifen gegeben. Korben erzählte ihr auch von Bertram und der Absicht von König Kronos, alle Wälder Landors roden zu lassen. „Das muß ich sofort Haytar sagen“, meinte sie erregt. „Das ist der Reiter mit dem violetten Umhang. Er befehligt diese Armee und steht auch direkt mit Kartun in Verbindung.“ „Ein Magier?“, wollte Korben wissen. Melissa nickte. „Ein ziemlich hoher sogar.“ Gerade, als sich Melissa wieder auf ihr Pferd schwingen wollte, kam Sigourny aus dem Wald auf Korben zu. „Es dringt schon wieder jemand in den Wald ein. Ist das jemand von euch?“, wollte sie von Melissa wissen. Diese dachte einen Moment nach und verneinte dann. „Wieviel Eindringlinge sind es denn?“, wollte sie wissen. „Bislang nur sieben. Satinée schaut gerade nach.“ Einen Moment blickte Sigourny abwesend. Dann ergänzte sie: „Sieben Männer auf Pferden, alle offenbar schwer verletzt und einer außergewöhnlich muskulös.“ „Das klingt nach Eric“, sagten Korben und Melissa gleichzeitig. Sie winkte eine der Amazonen heran, die gerade am Wald vorbeiritten und teilte ihr die neueste Entwicklung mit, über die sie Haytar informieren sollte. Bertram, der inzwischen auch aus dem Wald herausgetreten war, wurde von einer Gruppe Soldaten in die Mitte genommen. „Du wirst doch nicht versuchen zu fliehen“, sprach Melissa ihn an. „Wohin denn?“, wollte er von ihr wissen. „Wenn ich nach Manitien zurückgehe und erwischt werde, wartet dort nur der Tod auf mich. Wenn ich Glück habe, als Versager. Wenn ich Pech habe, als Verräter. Keine Angst, ich werde nicht versuchen zu fliehen.“ Die Soldaten entfernten sich mit Bertram. Und Melissa schwang sich auf ihr Pferd. „Wo sind denn die sieben verletzten Eindringlinge?“, erkundigte sie sich bei Sigourny. „Folge mir einfach. Ich führe Dich hin.“ Und sie begann, mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit durch den Wald zu laufen. Melissa war froh, ihr zu Pferd folgen zu können.

Hoffentlich hält Darius bis Fendrich durch, dachte Eric, während er hinter sich auf Darius blickte, der sich kaum noch auf dem Pferd halten konnte. Auch die anderen Soldaten waren am Ende ihrer Kräfte. Als sie sich von den Ruinen Falibors zurückgezogen hatten, waren sie überraschend von Wolfsreitern angegriffen worden. Eric wußte nicht genau, wie viele es gewesen waren, aber er hatte wohl fünf von ihnen erschlagen, bevor sie sich zurückgezogen hatten. Dieser Kampf hatte selbst ihn an die Grenze seiner Kräfte gebracht, zumal die Soldaten keine besonders große Hilfe gewesen waren. Sie waren schon vor dem Angriff erschöpft gewesen und hatten auch noch nicht gelernt, wie man erfolgversprechend gegen die Wolfsreiter kämpft. Jedenfalls waren sie alle mit den vergifteten Waffen der Angreifer in Berührung gekommen. Besonders fatal war es bei Darius gewesen, weil das Gift seine magischen Fähigkeiten blockierte und er damit weder sich noch den anderen helfen konnte. Plötzlich scheuten die Pferde, und Darius sowie zwei seiner Soldaten stürzten zu Boden. Fluchend und nicht ohne Schmerzen stieg Eric von seinem Pferd, um nach den Gestürzten zu sehen. Dabei bemerkte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung zwischen den Bäumen. Alarmiert umfaßte er den Griff seines Schwertes. Waren ihnen die verbliebenen Wolfsreiter bis hierher gefolgt? Er hatte gehofft, daß sie zwischenzeitlich abgeschüttelt zu haben. Das wäre zumindest eine Erklärung für die scheuenden Pferde. Allerdings glaubte er nicht ernsthaft, eine weitere Begegnung mit ihnen überstehen zu können. Dann hörte er ein einzelnes Pferd heranreiten. Was er anschließend sah, glaubte er allerdings zuerst nicht. Begleitet von drei grünen Gestalten sah er Melissa auf sich zureiten. Er erkannte auch zwei der grünen Gestalten. Korben und Sigourny. Für einen Moment überlegte er noch, ob das jetzt ein Fiebertraum war, der ihm seine Wünsche vorgaukelte.

„Du siehst ja grauenhaft aus“, begrüßte Melissa ihn. „Du solltest erst mal die sehen, die uns angegriffen hatten“, gab Eric mit einem dünnen Lächeln die unkonventionelle Begrüßung zurück. Dann verließen aber auch ihn die Kräfte und er brach in die Knie. Melissa schwang sich vom Pferd und kam auf ihn zu. „Kümmere dich erst um die anderen. Die hat es noch schlimmer erwischt. Die vergifteten Waffen der Wolfsreiter ...“, stieß er noch hervor, bevor er sich erschöpft auf den Waldboden sinken ließ. Melissa ging schnell zurück zu ihrem Pferd und holte einige Kräuter aus der Satteltasche. Dann begann sie, diese zu zermahlen und mit Wasser aus ihrer Feldflasche zu einem dickflüssigen Brei zu verrühren. Diesen strich sie allen Verletzten in die offenen Wunden. Eric hatte recht. Die Verletzung der anderen waren noch viel schlimmer als seine. Vor allem der Magier – Melissa erkannte es sofort an dem hellblauen Umhang – war von Pfeilen regelrecht durchlöchert worden. Die Wunden waren zwar halbwegs versorgt, aber die Giftmengen in seinem Körper mußten erheblich sein. Als sie ihn versorgte, schlug er die Augen auf und schaute sie mit fiebrigem Blick an. „Wenn du ein Engel des Todes bist“, sagte er leise und mit einem Lächeln, „komme ich gerne mit.“ Einen Moment wußte Melissa nicht, was sie sagen sollte. Er lag im Sterben und machte ihr noch ein Kompliment. „Untersteh’ dich“, sagte sie schließlich mit gespielter Empörung. „Wenn ich mir schon die Mühe mache, dich zu versorgen, dann überlebst du auch gefälligst.“ Hinter sich hörte sie weitere Hufschläge. Haytar kam mit einem kleinen Gefolge angeritten. Er schwang sich vom Pferd und kam auf die Verletzten zu. „Ich nehme an, du hast ihnen schon etwas gegen das Gift gegeben“, wandte er sich an Melissa. Sie nickte und wunderte sich, woher er wußte, daß sie überhaupt vergiftet waren. Offenbar bemerkte er ihre Verwunderung, denn er meinte beiläufig, während er letzte Vorbereitungen für einen Heilzauber traf: „Ohne Gift hätte er ihnen selbst helfen können.“ Dabei deutete er auf den Magier, der in Melissas Armen inzwischen das Bewußtsein verloren hatte.

Der Heilzauber wirkte augenblicklich. Mit geradezu gespenstischer Geschwindigkeit schlossen sich alle offenen Wunden. Eric kam wackelig wieder auf die Beine. Er war allerdings noch immer sehr erschöpft. Und auch die Wirkung des Giftes ließ erst langsam bei ihm nach. „Du könntest dich mal waschen“, meinte Haytar trocken zu Eric. „Oder trägst du das Blut als Trophäe?“ Auf Melissas fragenden Blick erklärte er: „Das meiste Blut an ihm stammt von Wolfsreitern.“ Und erneut an Eric gewandt deutete er hinter sich. „Nur wenige Meter weiter ist ein kleiner Bach.“ Eric schleppte sich dort hin und ließ sich einfach hineinfallen. Das kühle Wasser tat ihm gut. Und er war froh, das verkrustete Blut endlich wieder von seinem Körper zu bekommen. In den vergangenen Tagen der anstrengenden Flucht hatte er allerdings genug andere Sorgen gehabt. Als er schließlich wieder zurückkam, sah er beinahe wieder normal aus und fühlte sich auch deutlich besser. Er war sogar wieder genug bei Kräften, um den noch sehr mitgenommenen Soldaten auf ihre Pferde zu helfen. Um Darius kümmerte sich allerdings bereits Melissa. So, wie es aussah, hatte es zwischen den beiden gefunkt. Für einen Moment spürte Eric etwas Eifersucht. Aber eigentlich waren seine Gefühle für Melissa eher geschwisterlicher Natur gewesen. Und er gönnte ihr das Glück, das sich gerade anzubahnen schien. Nach einem kurzen Abschied von den Waldgeistern und Korbens Zusage, demnächst wieder in Fendrich vorbeizuschauen, schlossen sie sich alle der Armee von Kartun an, die sich weiter in Richtung Fendrich bewegte.

Schlacht um Felsfried

„Dürfen wir dich etwas fragen, Meister?“, fragten zwei junge Adepten der magischen Akademie Felsfrieds ihren Lehrer. „Was gibt es denn?“, wollte dieser freundlich von ihnen wissen. „Wir machen uns Sorgen wegen der Belagerung“, leitete einer der beiden das Gespräch ein. „Warum wehren wir uns gegen die Belagerer nicht mit magischen Mitteln?“ „Das tun wir bereits“, erklärte der Magier der zweiten Stufe seinen Schülern. „Man sieht nur nicht so viel davon. Wir wehren täglich magische Angriffe ab. Deswegen sind alle Versuche der Belagerer, Felsfried im Sturm zu nehmen, kläglich gescheitert.“ Den Adepten schien das allerdings nicht zu genügen. „Kann man die Belagerer denn nicht mit einem Feuerregen oder schlimmeren vertreiben oder besiegen?“ „Das Problem ist“, führte ihr Lehrer aus, „daß auch die andere Seite Magie einsetzt. Jeder Magier kann Angriffszauber der nächst höheren Stufe abwehren. Ein Mager der vierten Stufe kann beispielsweise einen Feuerregen heraufbeschwören. Um ihn zu verhindern, braucht man nur einen Magier der dritten Stufe.“ Die Schüler schauten ihn enttäuscht an. „Dann kann man mit Magie ja gar nichts anfangen“, meinte einer der beiden. „Wenn es um magische Angriffe geht, ist tatsächlich der Verteidiger immer im Vorteil“, erläuterte der Lehrer. „Das ist auch gut so. Dadurch läßt sich Magie nur selten zum Angriff einsetzen. Andernfalls hätte es sicher schon zahllose Machtkämpfe unter Magiern gegeben.“

„Wie viele Magier gibt es eigentlich?“, wollte der andere Adept wissen. „Das kannst du dir selbst ausrechnen. Die siebte Stufe ist die höchste. Es gibt einen Magier der siebten Stufe, zwei Magier der sechsten Stufe, vier der fünften und so weiter. In jeder nächst-niedrigeren Stufe sind doppelt so viele Magier.“ „Das ist ja eine komische Regel. Und was passiert, wenn es noch einen dritten Magier der sechsten Stufe gibt? Oder einen zweiten der siebten Stufe?“ „Das kann nicht passieren, da nicht genug Magie vorhanden ist. Und um es vorwegzunehmen, es kann auch nicht passieren, daß es statt einem Magier der 6. Stufe zwei zusätzliche der 5. gibt.“ „Und wieso ist das so?“ Der Lehrer seufzte. „Einige glauben, Yandar, der Magier der 7. Stufe habe sich das ausgedacht, um ein Gleichgewicht unter den Magiern zu wahren. Aber das ist nicht mehr als eine Theorie. Andere glauben, daß es einfach schon immer so war.“ „Auf welcher Seite steht dieser Yandar eigentlich? Auf unserer? Oder auf der von Manitien?“ „Soweit ich weiß, auf gar keiner. Er lebt angeblich irgendwo als Einsiedler und hält sich aus den Geschicken der Menschen heraus.“ Noch eine Frage lag ihnen auf der Seele. „Stimmt es eigentlich, daß ein Anschlag auf den obersten Magier unserer Akademie verübt worden ist?“ „Die Gerüchte habe ich zwar auch gehört, aber ich glaube nicht, daß ihm etwas passiert ist. Denn sonst hätte uns der oberste Magier Manitiens sicher schon angegriffen.“ „Das ist doch ein Magier der sechsten Stufe“, warf einer der Schüler ein. „So ist es. Und Salar, das Oberhaupt unserer Akademie, ist ein Magier der fünften Stufe.“ Während die beiden Adepten sich beruhigt zurückzogen, ging der Lehrer nachdenklich wieder an seine Arbeit. Es wurde höchste Zeit, daß die Akademieleitung etwas gegen diese Gerüchte unternahm. Oder war vielleicht doch mehr Wahres daran als er wußte?

Salar erhob sich mühsam von seinem Bett. Es hatte schon viel zu lange gedauert, sich von diesem Anschlag zu erholen. Und es wurde höchste Zeit, den Belagerern von Felsfried das Fürchten zu lehren. Mit magischen Mitteln allein war das zwar nicht möglich, da es bei den Angreifern mindestens zwei Magier der vierten Stufe gab und Sithar jederzeit zu ihrer Unterstützung auftauchen konnte. Aber Felsfried hatte glücklicherweise noch eine Überraschung auf Lager, die den Angreifern kaum bekannt sein dürfte. Allerdings konnte nur er über diese zerstörerische Kraft gebieten. Er ließ sich von einem Diener beim Ankleiden helfen und stützte sich auch auf diesen, als er den Rat der Magier aufsuchte. Die anderen erhoben sich sofort, als sie ihn in seiner purpurroten Robe eintreten sahen. In aller Kürze ließ Salar sich berichten, was in den letzten Tagen passiert war, seit er nach dem Anschlag mit dem Tod gerungen hatte. Dann machte er den Vorschlag, die wirkungsvollste Verteidigungswaffe einzusetzen, über die Felsfried verfügte. Angesichts der Lage gab es nur wenig Widerspruch im Rat. Und nach eingehender Beratung waren sich alle einig. Es mußte nur noch der richtige Moment abgewartet werden. Als Felsfried dann zur Mittagszeit bei nur schwacher Bewölkung im fahlen Sonnenlicht lag, schritten die Magier zur Tat. Alle Bewohner wurden aufgefordert, Türen und Fenster zu schließen und sich nur innerhalb der Räumlichkeiten aufzuhalten. Auch alle Fensterläden wurden geschlossen. Die Verteidiger der Tore und Mauern hatten sich ebenfalls in geschlossene Räume ohne Fenster zurückzuziehen. Diese Maßnahmen hatten einerseits den Zweck, die Bevölkerung vor der Wirkung der Waffe zu schützen, die sie gleich einsetzen wollten. Andererseits sollte das Wesen dieser Waffe auf diese Weise auch in der Bevölkerung so wenig Leuten wie möglich bekannt sein. Denn für den Einsatz – auch in der Zukunft – war es wichtig, daß die Feinde nicht wußten, welcher Art diese Waffe war.

Salar und einige weitere, hohe Magier der Akademie versammelten sich in glänzenden Rüstungen mit einem fast undurchsichtigen Visier aus schwarz gefärbten Glas. In einem speziellen Raum begannen sie, bestimmte Beschwörungsformeln von sich zu geben. Der Himmel über Felsfried klarte schlagartig auf. Die Bergspitzen des umliegenden Gebirges begannen in der Sonne zu glitzern und warfen schließlich das reflektierte Sonnenlicht gezielt auf den größten der Türme Felsfrieds. Dort wurde das Licht gebündelt und über ein System aus Spiegeln auf die Belagerer umgeleitet. Ein gleißender, etwa zehn Meter dicker Finger aus Licht zeigte mitten in die manitische Armee. Alles, was dieser Finger traf, verbrannte in Sekundenbruchteilen zu einer Rauchwolke. Zuerst traf dieser zerstörerische Lichtstrahl direkt auf die Zelte der manitischen Magier. Danach schwenkte er mit schnellen Bewegungen über die Reihen der Belagerer. Nur wenigen Angreifern gelang die Flucht aus dem Aktionsradius des gleißenden Fingers. Und bereits wenige Minuten nach Beginn dieser Gegenoffensive Felsfrieds gab es keine belagernde Armee aus Manitien mehr. Es gab nur noch vereinzelte, flüchtende Soldaten. Dann verblaßte der Lichtstrahl und die Bergspitzen hörten auf, das Sonnenlicht in Richtung Felsfried zu reflektieren. Die Verteidiger kehrten wieder auf ihre Plätze an den Mauern und Toren Felsfrieds zurück, während das Haupttor geöffnet wurde und eine Hundertschaft von Panzerreitern den flüchtenden manitischen Soldaten hinterherjagte. Sie hatten den Auftrag, keinen der Angreifer entkommen zu lassen.

Salar ließ sich aus der glühend heiß gewordenen Rüstung helfen und war dankbar, daß bereits seine Vorgänger entschieden hatten, sich bei der Verteidigung Felsfrieds nicht nur auf Magie oder dicke Mauern zu verlassen. Nachdem die unmittelbare Gefahr für Felsfried abgewandt war, wurde es Zeit, sich um ein Bündnis gegen Manitien zu kümmern. Erste Kontakte zu Fendrich schienen ja bereits angebahnt worden zu sein, auch wenn es seit einigen Tagen keine Neuigkeiten mehr aus dieser Richtung gegeben hatte. Aber auch die anderen Fürstentümer Landors, die nach der Zerstörung Westhovens und Falibors übriggeblieben waren, wollte er wegen einer Allianz kontaktieren lassen. Und vielleicht würde er sogar ein Bündnis mit Kartun in Betracht ziehen müssen. Nicht, daß die Beziehungen zwischen Kartun und Felsfried getrübt gewesen wären, aber ein Bündnis mit einem weit überlegenen Partner – und Kartun war mächtiger als alle Fürstentümer von Landor zusammen – war immer eine heikle Angelegenheit. Schnell wurde man von einem Junior-Partner zu einem Vasallen. Andererseits beruhte die Eigenständigkeit der Fürstentümer und der freien Handelsstadt Fendrich hauptsächlich darauf, daß die beiden großen und mächtigen Nachbarn Landors, Kartun und Manitien, sich seit Jahrzehnten in einem schwelenden Konflikt befanden. Und nachdem Manitien mit dem Angriff auf Landors Fürsten den Konflikt auf sie ausgeweitet hatte, war eine neutrale Haltung nicht mehr möglich. Salar seufzte. Es würde schwer sein, die Eigenständigkeit Landors zu wahren. Selbst wenn alle verbliebenen Fürsten diesmal zusammenarbeiten würden.

Das Bündnis

Fendrich hatte sich an den Belagerungsalltag gewöhnt. Eine Umstellung war diese Situation ohnehin nur für die Händler gewesen, die Waren von oder nach Fendrich verkauften. Für alle anderen ging das Leben ganz normal weiter, wenn man einmal davon absah, daß der Wald mit seinen tödlichen Fallen für jeden tabu war, der keine Selbstmordabsichten hatte. Die manitischen Belagerer hatten seit dem Amoklauf ihrer Bergtrolle keinen Versuch mehr unternommen, Fendrich anzugreifen. Daher war Lucius sehr überrascht, als er darüber informiert wurde, daß bei den Belagerern hektische Betriebsamkeit ausgebrochen war. Sofort wurden alle Verteidiger der Barrikaden in Alarmbereitschaft versetzt. Lucius spurtete zu dem besonders hohen Baum, von dem aus Larissa mit ihrem Zauberbogen die Feinde beobachtete. „Bei den Feinden herrscht eine fieberhafte Aktivität“, erklärte sie Lucius vom Baum herab. Dabei beobachtete sie die Belagerer unverwandt über ihren Zauberbogen hinweg. „Es scheint fast, als würden sie fliehen.“ „Hoffentlich schickt uns Sithar nicht eine Teufelei, vor der sie sich in Sicherheit bringen“, sinnierte Lucius. „Kaum“, kam es von dem Baum herab. „Dann bekämen seine eigenen Truppen sicher vorher genug Zeit, um ihre Ausrüstung abzutransportieren. Sie scheinen ziemlich kopflos zu fliehen. Katapulte und Belagerungstürme lassen sie einfach stehen.“ Für einen Moment verstummte Larissa. „Das gibt es doch gar nicht“, meinte sie halblaut. Etwas lauter fuhr sie fort: „Es scheint eine Wolke auf die Armee herabzurieseln. Nein, das ist gar keine Wolke. Das sind Pfeile. Meine Güte.“ Sie war sprachlos. „Was gibt es denn nun zu sehen“, wollte Lucius ungeduldig wissen. „Eine riesige Armee. So viele Soldaten habe ich noch nie gesehen. Auch viele Reiter. Und – was ist denn das? Große, graue Tiere, die fast doppelt so groß sind, wie Pferde. Das scheinen Kriegselefanten zu sein.“ Als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, fuhr sie sachlich fort: „Die Armee trägt die Farben Kartuns. Jetzt kann ich auch einzelne Leute erkennen. Melissa scheint mit ihnen zu reiten. Und – Eric.“ Sie schaute noch einmal nach den Belagerern. „Die manitische Armee hat offenbar den Rückweg abgeschnitten bekommen. Es gibt ziemlich heftige Kämpfe, aber der Ausgang steht eigentlich schon fest. Die Armee Kartuns ist zahlenmäßig haushoch überlegen. Und sie kämpft routiniert und effizient.“ Wenig später waren die Kampfhandlungen vor den Wäldern Fendrichs zuende.

Eine Abordnung der zu Hilfe geeilten Armee Kartuns ritt langsam in einen der Waldwege hinein. Auch Melissa und Eric waren dabei. Sie wurden durch die Barrikaden gelassen und direkt zum Bürgermeister Fendrichs geleitet. Die Nachricht vom Ende der Belagerung und der riesigen Armee Kartuns machte sofort die Runde. Überall standen Menschen und schauten der Delegation mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie waren froh, daß die Belagerung vorbei war, hatten aber auch ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken an die riesige Armee, die jetzt vor den Wäldern Fendrichs lagerte. Sollte Kartun nicht in friedlicher Absicht gekommen sein, wäre die Bedrohung jetzt noch viel größer als vorher. Die Tatsache, daß Eric und Melissa bei der Abordnung waren, beruhigte die meisten Bewohner allerdings etwas. Denn diese beiden wurden wegen ihres heldenhaften Einsatzes während der Sturmangriffe bereits als Retter Fendrichs bewundert. Die Bedeutung der Umhänge, die zwei Mitglieder der Delegation trugen, war den meisten Beobachtern dagegen unbekannt, da Magier bisher kaum in Fendrich gewesen waren. Schließlich erreichte die Abordnung das Rathaus. Bis auf Bertram, der mit vier kartunischen Soldaten bei den Pferden blieb, wurden alle in einen der Festsäle geführt. Der Kriegsrat von Fendrich war komplett versammelt. Eric und Melissa wurden insbesondere von Lucius, Katharina und Larissa herzlich begrüßt. Bei den anderen liefen die Begrüßungen formell und höflich ab. Haytar, der Befehlshaber der angerückten Armee, Berater seiner Königin Stephania und Magier der fünften Stufe wurde ebenso begrüßt, wie Darius, Magier der zweiten Stufe aus Felsfried. Korben und Sigourny waren ebenfalls anwesend und hatten ihre grünen Körper in weiße Togen gehüllt, um die anderen nicht durch ihre Nacktheit zu verunsichern.

Zunächst erzählte jeder seine Erlebnisse der letzten Tage und seine Sicht auf die Invasion Manitiens. Darius informierte die überraschten Anwesenden, daß es Felsfried gelungen war, die Belagerung zu beenden und die angreifende Armee vollständig zu vernichten. Details über den Hergang gab Darius allerdings mit Hinweis auf militärische Geheimnisse nicht preis. „Wann ist das denn passiert?“, wollte Eric von ihm wissen. „Gestern. Ich habe die Nachricht erst auf unserem Ritt zum Rathaus erhalten.“ Es herrschte schnell Einigkeit darüber, daß die Reste der manitischen Armee, die sich noch in Falibor und Westhoven aufhielten, so schnell wie möglich vertrieben werden sollten. Außerdem mußte sichergestellt werden, daß nicht bereits nachrückende Truppen der Feinde in Landor eindrangen. Darius teilte den anderen mit, daß die verbliebenen Fürstentümer Landors bereits einen Beistandspakt verhandelten. Haytar bot an, daß seine Armee bei der Säuberung Landors von manitischen Truppen hilft. „Was ist eigentlich das Interesse Kartuns an diesem Konflikt?“, fragte Fürstin Larissa. „Ich möchte nicht undankbar erscheinen und bin froh über die militärische Unterstützung Kartuns, aber ich würde mich wohler fühlen, wenn ich die Motive kennen würde.“ Haytar lächelte anerkennend. „Unsere Motive sind denkbar einfach“, antwortete er. „Wir gehen davon aus, daß jede Ausdehnung des manitischen Machtbereichs unsere Sicherheit gefährdet. Zwar wissen wir noch nicht, welchen Sinn der Angriff auf Landor hat, aber unsere Erfahrung lehrt uns, daß die Aktivitäten Manitiens selten grundlos sind. Von daher ist es in unserem eigenen Interesse, wenn Landor frei von manitischen Truppen ist.“

„Ich kann mir keinen vernünftigen Grund vorstellen, warum Manitien alle Wälder Landors abholzen will“, warf Korben ein. Insbesondere Haytar wurde hellhörig. „Wer hat das denn gesagt?“, wollte er wissen. Und Korben erzählte ihm von den Aussagen Bertrams. „Meine Königin“, sagte Haytar anschließend, „hatte versucht, mit Yandar Kontakt aufzunehmen.“ „Das ist der mächtigste aller Magier“, warf Melissa ein, als sie die verständnislosen Blicke einiger Anwesenden sah. „Genau der“, fuhr Haytar fort. „Sie bekam allerdings nur eine rätselhafte Antwort von ihm: ‚Die Wurzeln des Windes liegen in den Wäldern.’ Den Sinn dieser Antwort haben wir leider noch nicht herausgefunden.“ „Das ist doch ganz einfach“, platzte es aus Sigourny heraus. Alle schauten gespannt auf sie. „Ohne die Wälder würde ein ständiger Sturm durch Landor wehen. Die vielen Bäume der Wälder bändigen den Wind. Ohne sie würde ihn nichts mehr aufhalten.“ Einen Moment herrschte Stille. Man konnte insbesondere Haytar und Darius ansehen, wie sie versuchten, das gesagte einzuschätzen. „Aus welcher Richtung würde dieser Sturm denn kommen?“, wollte Darius wissen. „Er würde – so wie der Wind, der sich jetzt in den Bäumen fängt – von den Bergen in der Nähe von Felsfried kommen und direkt auf Kartun zuwehen“, erklärte Sigourny. Haytar nickte. „Und er würde natürlich nicht an der Grenze zu Kartun stoppen.“ Einige nickten, andere schaute noch etwas verwirrt drein. „Es wäre ein permanenter Angriff auf Kartun“, erläuterte Haytar. „Ganze Regionen Kartuns würden unbewohnbar werden. Wir hätten ständig mit den Folgen zu kämpfen und unsere Verteidigung gegen Manitien würde geschwächt werden.“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist wieder eine typische Teufelei von Sithar.“ „Nicht nur Teile von Kartun würden unbewohnbar werden“, merkte Fürst Willur an. Er hatte sich seit dem Angriff auf Westhoven wieder einigermaßen erholt. „Ganz Landor würde zu einer stürmischen Steinwüste.“ „Ich denke“, faßte Lucius die Situation zusammen, „daß es für uns keine Alternative dazu gibt, uns gegen Manitien zu verbünden. Und ich glaube nicht, daß König Kronos oder sein Berater Sithar ihren Plan so einfach aufgeben werden. Denn er ist so genial, wie er skrupellos ist.“

Der Armee von Kartun wurde zugestanden, Stützpunkte nahe der Grenze zu Manitien zu errichten. Außerdem würde sie gemeinsam mit Truppen der verbliebenen Fürstentümer nach Einheiten der Angreifer in Landor suchen. Fürst Willur und Fürstin Larissa verständigten sich darauf, Westhoven gemeinsam wieder aufzubauen. Falibor wurde als Standort für eine Stadt aufgegeben, da Westhoven günstiger an den Handelswegen lag und es zu wenig Überlebende für den Aufbau von zwei Städten gab. Sie würden das neue Fürstentum gemeinsam regieren. Da Haytar zugesagt hatte, auch einige Truppen für die Verteidigung Fendrichs zurückzulassen, begannen die Verteidiger, Fendrichs Wälder wieder von Fallen zu befreien. Bertram wurde über Manitien ausgefragt, konnte aber nur wenig hilfreiche Informationen liefern, obwohl er nichts zurückhielt. Schließlich bekam er die Erlaubnis, sich in Landor niederzulassen, wo er es wünschte. Ihm war in der Freizeit zwischen seinen Befragungen mehrfach eine Frau aufgefallen, die einen Ausdruck in ihren Augen hatte, der ihm irgendwie vertraut war. Es schien, als habe sie furchtbare Qualen durchlitten. Er fühlte sich entfernt an seine Zeit bei den Waldgeistern erinnert. Eines Tages sprach er sie an. Sie hieß Marijan und hatte bei dem Angriff auf Westhoven zusehen müssen, wie ihre gesamte Familie starb. Sie war zwar inzwischen über die schlimmsten Folgen dieses Traumas hinweg, litt aber immer noch unter den Erinnerungen. Bertram konnte sehr gut nachvollziehen, wie sie sich fühlte. Seine Erlebnisse, als der Wald zu einer mörderischen Falle wurde und alle seine Kameraden tötete, sowie die anschließenden Qualen bei den Waldgeistern verfolgten auch ihn noch immer. Bald hatte sich zwischen Marijan und Bertram ein tiefes Vertrauen aufgebaut. Und zusammen mit den Bekannten von Marijan, Julius und Helena, die ihr in ihrer schlimmsten Zeit beigestanden hatten, beschlossen sie, nach Westhoven zu gehen und sich dort eine gemeinsame Existenz aufzubauen.

Während viele Bewohner Landors erleichtert waren, daß die Gefahr gebannt worden war und sich dem Wiederaufbau widmeten, machte Lucius sich ernste Sorgen um die Zukunft. Er bezweifelte noch immer, daß König Kronos und Sithar sich so schnell mit dem Scheitern ihres perfiden Plans abfinden würden. Auch Katharina teilte seine Besorgnis, wußte aber nicht, was man dagegen tun konnte. Eric war so mit dem Abbau der Fallen beschäftigt, daß er keine Zeit für düstere Gedanken hatte. Er war froh, sich körperlich so richtig verausgaben zu können. Und Melissa hatte nur noch Augen für ihren Darius. Jede freie Minute verbrachten die beiden miteinander. Schließlich besuchte Lucius Haytar und sprach ihn auf seine Bedenken an. Zu seiner Überraschung hegte Haytar genau die gleichen Befürchtungen. „Wir werden überlegen müssen, was wir weiter tun wollen. Es scheint mir nicht sinnvoll zu sein, Sithar die Initiative zu überlassen und einfach auf sein nächstes heimtückisches Vorhaben zu warten.“ „Aber was können wir tun?“, fragte Lucius. „Durch das Bündnis mit Landor hat Kartun sicher nicht derart an militärischer Stärke gewonnen, daß es aktiv gegen Manitien vorgehen kann.“ Haytar lächelte und machte Lucius einen verblüffenden Vorschlag.


Kommentare


Sir-M
dabei seit: Feb '01
Kommentare: 47
schrieb am 04.05.2004:
»Spannung pur... s c h ö ö ö n!!!!

Aber vielleicht sollte die Story in die Rubrik Sonstiges oder eine eigene Rubrik Fantasy-Abenteuer übersiedelt werden. Denn eine mögliche Erwartungshaltung nach Sex und BDSM wird nicht erfüllt.

Aber es ist eine richtig tolle Fantasy-Abenteuer-Geschichte!
Und somit eine willkomene Abwechslung für eingefleischte Leser der "herkömmlichen" Erwachsenengeschichten mit deutlich mehr Sex, Crime und BDSM! Ich jedenfalls genieße diese "sexlose" Zeit.

Danke und weiter so!

V L G
Michael«

taiga
dabei seit: Sep '02
Kommentare: 10
schrieb am 04.05.2004:
»für alle die meinen, die geschichte wäre besser bei sonstiges oder woanders besser aufgehoben, von wegen sex und so, ich glaube ja fast, dass der sex in der beziehung zw. autor und leser vorhanden ist, es ist nämlich eine qual, doch relativ lange auf die restlichen teile zu warten!!!
also bitte verehrter meister why-not, ich warte sehnsüchtig ;-) auf die beiden restlichen teile, und andere super storys von dir!!!

lg miguel (DOM)

«

speaker
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 39
schrieb am 06.05.2004:
»Eine super gute und fesselnde Geschichte. Alle Teile habe regelrecht verschlungen.«

Bondviewer
dabei seit: Apr '03
Kommentare: 9
schrieb am 28.05.2004:
»Bei allen Bergtrollen und Wolfsreiter.

Wie geht es weiter ? ...

Die Geschichte ist einfach nur supergeil. Sie passt meines Erachtens nicht wirklich in den Bereich erotischer Geschichten, aber das ist mir egal, sie ist einfach nur klasse!

Why-Not laß uns nicht hängen, wie geht es weiter?«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 23.07.2005:
»Spannend!!! Gut, dass ich sofort bei Teil 4 weiterlesen kann.. ;-))
«


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