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Kommentare: 3 | Lesungen: 1620 | Bewertung: 8.55 | Kategorie: Sex Stories | veröffentlicht: 30.05.2021

Lona VII - Erotik-Party unterm Ätna

von

Das Handy gab einen selten gehörten Laut von sich, es rief jemand Fremdes an. Wir waren gerade im Begriff, den Ort namens Rose zu verlassen, um die Bucht von Kotor zu erobern. Dieser Anruf beendete quasi mein, unser friedliches Leben, denn er kam von niemand Wichtigerem als von meiner Mutter.


„Schatz, bist du immer noch in Monaco? Ja oder?“


Sie hat mich in meinem ganzen Leben noch nie Schatz genannt, immer nur Ilona oder Kind oder einfach Du. Wir hatten nicht wirklich viel miteinander zu tun, aufgewachsen bin ich bei Omama Ilona. Erst als die starb, da war ich dreizehn, da blieb meiner leiblichen Mutter nichts anderes übrig, als sich um mich zu kümmern. Dabei hat sie sich nicht wirklich gekümmert, sie hat mir ein Dach über dem Kopf gegeben und mich ernährt, das war es. Ein inniges Verhältnis zwischen uns kam nicht zustande. Man muss ihr zugute halten, dass sie erst fünfzehn war, als ich geboren wurde.


Bei uns in der Familie waren die Mädchen immer schon frühreif. Omama Ilona starb ganz tragisch mit vierundvierzig, ein paar Tage nach meinem dreizehnten Geburtstag.


Genug von den alten Sachen, meine Mutter nannte mich ‚Schatz‘, das konnte nur ein Versprecher sein, vielleicht nannte sie all ihre Liebschaften ‚Schatz‘ und war es gewohnt, Leute, die sie kannte, mit Schatz anzusprechen.


Meine gefühlte und geliebte mütterliche Bezugsperson war immer meine Omama. Die hat sich um mich gekümmert und mich umsorgt, Mutter habe ich immer nur mit dem Namen angesprochen. Aber jetzt sagte ich:


„Mama! Was ist passiert?“


Sie rückte gleich von dem vertrauten Ton ab und sagte gewohnt kühl:


„Was soll passiert sein? Ich telefoniere mit meiner Tochter, dazu braucht es keinen besonderen Anlass.“


Wann hatten wir zuletzt telefoniert? Doch, ich war schon in Monaco, also war es weniger als zwei Jahre her. Ich hatte sie per Whatsapp-Mail auf dem Laufenden gehalten, zumindest sie darüber informiert, dass ich auf einem Boot lebe. An das letzte Telefonat mit ihr konnte ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern.


„Ja, natürlich, ich freue mich über deinen Anruf“, erwiderte ich, gespannt darauf, was sie von mir wollte.


„So gehört es sich“, meinte sie geziert. Ich sah sie praktisch vor mir, in dem blauen, engen Businesskostüm mit den langen rotbraunen Locken und dem berechnenden Blick aus grünen Katzenaugen. Nein, wir waren uns nicht unbedingt sympathisch.


Sie war zum vierten Mal verheiratet oder zum vierten Mal geschieden, da war ich nicht auf dem Laufenden, interessierte mich auch nicht wirklich. Sie führte etwas im Schilde, das konnte ich durchs Telefon spüren, aber was?


Jule hatte auf meinen Wusch hin bereits die Leinen gelöst, das Boot trieb ganz sachte ohne Antrieb an der Kaimauer entlang. Mit dem Handy am Ohr startete ich die Maschinen und brachte das Boot ein Stück weg von der Mauer, etwas weiter bis ins Fahrwasser hinein. Hier war ganz schöner Betrieb auf dem Wasser, man musste schon aufpassen, dass man freie Fahrt hatte. Der starke Bootsverkehr war darauf zurück zu führen, dass der schnellste Weg auf die andere Seite der Bucht auf jeden Fall der Wasserweg war. Außen herum zu fahren würde bestimmt einen ganzen Tag oder gar längere Zeit in Anspruch nehmen, so tief ragte die Bucht ins Land hinein und so unwegsam war das Gelände. Aus dem Grund war viel Betrieb auf dem Wasser und man musste gut aufpassen, wohin man steuerte.


Nun wusste ich immer noch nicht, was Nadja zu dem Anruf bewogen hatte. Was wollte sie von mir?


„Kind, gib doch mal Antwort, du lebst doch noch in Monaco oder nicht?“


„Ja, Mama, da bin ich immer noch gemeldet, warum fragst du?“


Sie stutzte etwas, weil ich schon zum zweiten Mal ‚Mama‘ gesagt hatte, das kam sehr deutlich übers Telefon.


„Hast du auch das Bötchen noch?“


Bötchen, sie nannte mein Schiff ein Bötchen! Es war ein Grund um aufzubrausen. Wenn Jule nicht neben mir gestanden hätte, wäre ich gewiss ausfallend geworden. So bestätigte ich und fügte an:


„Damit bin ich gerade unterwegs, warum fragst du das alles?“


„Ich will wissen, wie es meiner Tochter geht, das ist der Grund“, meinte sie mit der gewohnten Kühle. Sie rückte nicht mit dem heraus, was sie wirklich wollte.


„Was meinst du, würde es dein Boot bis Mallorca schaffen?“


Wollte sie etwa herkommen? Mir schwante Fürchterliches.


„Leicht“, erklärte ich. „Im Moment bin ich allerdings damit in der Adria unterwegs, Montenegro, wenn dir das etwas sagt.“


„Montenegro? Das ist Ex-Jugoslawien, ist da nicht Krieg?“


„Nein, hier ist kein Krieg, hier ist es sehr friedlich.“


„Das kann täuschen, Kind, sei vorsichtig, es kann immer noch ein paar übrig gebliebene Soldaten geben, die nicht wissen, dass der Krieg zu Ende ist. Hört man ja immer wieder.“


Dass ich mir diesen Unsinn anhören musste, war mir fast zu viel. Sie sollte endlich mit dem herüber kommen, was sie wollte. Die Spannung zwischen uns war groß, in dem Moment. Sie wollte nicht mit dem herausrücken, was sie wollte und ich wollte mich nicht weiter ausfragen lassen, ohne zu wissen, um was es ging. So schwieg ich eisern, ich würde nicht von mir aus sprechen.


Sie erwartete wohl, dass ich etwas sagte, ich aber schwieg und würde weiter schweigen, von mir aus so lange, bis der Handyakku leer wäre.


„Kind“, hob sie endlich an, sich zu erklären. „Würdest du denn mit mir nach Mallorca fahren, mit deinem Boot? Du hast doch da eine Kajüte, in der man auch schlafen kann oder?“


„Sicher, Mama, für dich habe ich sogar eine eigene Außenkabine. Und jeden Abend gibt es ein Käptens-Dinner.“


„Machst du dich über deine arme alte Mutter lustig? Kind?“


Mir platzte der Kragen, etwas zu heftig erwiderte ich:


„Nein, ich mache mich nicht lustig. Derzeit befinde ich mich auf einer Tour in der Adria. Wenn du mich auf meinem Schiff besuchen kommen möchtest, dann bitteschön, du bist willkommen. Wann soll das denn stattfinden?“


„Kind, du hörst dich müde und gereizt an, schläfst du denn genug?“


Alter!


„Mutter!“, so hatte ich sie noch nie genannt. Sie wollte auch nicht Mutter genannt werden, sie käme sich dann so alt vor. „Du bist willkommen, wann soll das denn stattfinden?“


„Du würdest mich aber nach Mallorca bringen?“


In den sauren Apfel würde ich wohl beißen müssen. „Ja, sicher“, brachte ich über die Lippen.


„Gut“, meinte sie zufrieden. „Du hast aber genug Platz für mich und Diego?“


Wer um Himmels Willen war Diego? Als ich noch bei ihr wohnte, hatte sie häufig so einen kleinen Fiffi, den sie überall mit hin schleppte. Zuerst einen weißen, zuletzt einen braunen, mit einer dämlichen rosa Schleife im Haar. Dass man einen so kleinen Köter Diego nannte, hatte natürlich etwas. Aber bittesehr, für die hochwohlgeborene Frau Mutter war mir kein Aufwand zu groß. Es waren zernagte Schuhe und Hundepipi auf dem Teppichboden zu befürchten.


„Dein Diego ist hoffentlich stubenrein?“, wagte ich zu bemerken. Darüber war sie empört.


„Also Kind, dein loses Mundwerk hast du aber noch nicht abgestellt!“


„Sagst du mir jetzt bitte freiwillig, wann und für wie lange du her kommen möchtest?“


„Was bist du denn so gereizt, mein Kind? Hast du wieder Party gemacht und kommst wenig zum Schlafen? Du bist kein gutes Kind, aber das weißt du ja.“


Ich sah sie vor mir, die Empörung schlechthin.


„Mutter, ich fahre und darf nicht telefonieren, bitte rufe mich später nochmal an.“


„Das kommt ja gar nicht infrage. Du wirst doch für deine leibhaftige Mutter ein paar Augenblicke Zeit haben!“


Man konnte sie beinahe schnauben hören vor lauter gerechter Empörung über die schlechte Behandlung. Sie fuhr erst nach einigen Augenblicken fort:


„In einer Woche habe ich Urlaub, da könnte ich kommen. Dann bist du aber wieder in Monaco, nicht wahr? Man fliegt nach Nizza und fährt von da nach Monaco, nicht wahr? Kannst du uns vom Flughafen abholen?“


Das Tablet lag griffbereit, damit suchte ich den nächstgelegenen Flughafen. In einer Woche sagte sie. Bei dem Tempo, das wir vorlegten, wären wir, Jule, das Schiff und ich, in einer Woche in Kroatien.


„In einer Woche können wir uns in Split treffen, Kroatien. Split hat einen eigenen Flug …“


„Das ist Ostblock, Ilona, da bekommen mich keine zehn Pferde hin. Afghanistan, Pakistan, Albanien, Kroatien, alles ehemaliger Ostblock und immer noch im Kriegszustand. Nein.“


„Mutter, Pakistan und Afghanistan ist Asien, Kroatien ist ein friedliches, wunderschönes Land, es ist Europa, hier kannst du überall mit Euro bezahlen.“


Das wusste ich nicht, ob man in Kroatien mit dem Euro bezahlen kann, war aber jetzt auch egal.


„Nein, Kind, auch wenn kein Krieg ist, so will ich deren Armut nicht sehen, nein danke. Nachher bestiehlt man mich oder noch Schlimmeres, nein, wirklich nicht. Du wirst dich doch innerhalb einer Woche in friedliche Gegenden begeben können?“


Irre, echt irre!


„Da bleibt noch Koper, in Slowenien …“


Ihre Ablehnung war durchs Telefon fühlbar, mit der künstlichen Pause jetzt ärgerte ich sie ein wenig. Wie kann man so ignorant sein?


„Slowenien?“ fragte sie entsetzt.


„Oder Triest, das ist Italien“, fügte ich ein wenig schadenfroh hinzu.


„Ja, warum sagst du das nicht gleich? Triest? Italien? Kommt man von da aus nach Venedig? Da muss ich unbedingt nochmal hin. Also, Triest? Wo denn da?“


„Im Hafen, Nadja, im Hafen. Mein Schiff schwimmt auf dem Wasser.“


„Du bist wieder so gereizt, Ilona, du bekommst ganz gewiss zu wenig Schlaf. Eine Mutter spürt so etwas!“


Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Lachen. Von meinen Belangen hatte sie im ganzen Leben noch nichts gespürt, jetzt durchs Telefon fest zu stellen, dass ich übermüdet sei, war ein ganz schlechter Witz.


Wir verblieben so, Triest in einer Woche, und beendeten das Gespräch. Um in einer Woche in Triest zu sein, mussten wir uns durch Kroatien hindurch beeilen und sogar abkürzen. Das fand ich schade, aber vielleicht konnten wir mit Nadja an Bord wieder zurück und uns die kroatische Küste anschauen.


Jule stand die ganze Zeit neben mir. Es sah so aus, als wenn sie dem Gespräch gefolgt wäre und alles mitempfunden hätte, was ich empfand. Sie sah verängstigt aus.


„Kannst du auch Hund zubereiten?“, fragte ich sie, um ihr die Angst zu nehmen. Sie verstand sofort, sie griente schräg und erzählte:


„Ich habe mal auf einem vietnamesischen Dampfer angeheuert, die haben echt alles gegessen, alles. Die hatten Gerichte mit Schlangen, mit Affen, Fledermäusen. Nichts was flog, schwamm, lief oder kroch war vor denen sicher.“


Sie schaute verträumt aus dem Fenster und meinte dann halb im Scherz und halb ernst:


„A Rezept für Aff hob i in meiner Sammlung, das würde wohl auch auf Hund passen. Wia grous is da denn?“


Schau an, die Jule, sie konnte auch Scherze machen.


„Der letzte war so ein kleiner Fiffi, gerade mal zwei Hände voll.“


„Mei, do ko a Rezept für a Brathändl bassen. Konn kommen, des Viech!“


Je ausgelassener sie wurde, desto stärker kam das Bayrische durch. Ich fand sie echt süß, die Jule.


„OK, Jule, jetzt sind wir in der Bucht von Kotor, lass uns mal schauen, was uns hier erwartet.“


Malerisch wäre deutlich untertrieben. Die bewaldeten Berge, in der Ferne gar felsig und mit Schnee bedeckt, die schmale bebaute Fläche gleich am Ufer, es war wirklich malerisch. Wir fuhren erst langsam, an der Küste längs, Richtung Süden. Wir erreichten die Stadt am Rande dieses Armes der Bucht, Tivat. Es lockten uns die zahlreichen Sonnenschirme, die bunt und malerisch Gastronomie verkündeten.


„Brauchen wir etwas?“, fragte ich Jule.


„Jo-mei, bisserl einkaffn würd bassen.“


Es gab ein Lokal, das hieß Red Lobster, es lag direkt am Strand mit einem winzigen Anlegesteg davor. Ganz sachte fuhr ich darauf zu, das Echolot im Blick, ganz, ganz sachte schlich ich mir heran. Wir hatten nur etwa 20 Zentimeter Wasser unter dem Kiel, als wir längsseits gingen. Jule legte das Boot an die Leine. Als wir einigermaßen gesichert waren, sprang ich auf den Steg, rannte zu dem Red Lobster und fragte nach, ob wir dort für zwei Stunden oder etwas länger liegen bleiben durften. Die Verständigung funktionierte auf englisch.


„Der Steg ist für unsere Gäste“, gab der Wirt Bescheid, es dauerte etwas, bis ich verstand, was er sagen wollte.


Ich kramte meine Englischkenntnisse hervor und sagte:


„Wir wollen haben Lunch, später.“


Dabei hoffte ich, dass ‚Lunch’ sowas war wie Mittagessen. Es gibt Lunch-Pakete, bei Pauschalreisen, die sind als Ersatz fürs Mittagessen gedacht oder?


„OK“, erklärte er sich einverstanden. „Wie viele Personen?“


„Zwei Personen“, zur Verstärkung zeigte ich mit den Fingern, zwei.


„OK“, erklärte er sich einverstanden. „Die Küche ist ab zwölf Uhr geöffnet. Wollen Sie hier essen oder mitnehmen?“


Der Bursche konnte viel besser Englisch als ich, das ärgerte mich. Wir einigten uns darauf, dass wir im Restaurant essen wollten.


Jule und ich holten den Elektroroller hervor und fuhren zu zweit mit dem Ding zum Supermarkt. Das letzte Mal, als der Roller zwei Personen tragen musste, saß Gerôme vorn und ich hinten. Jetzt saß ich vorn und Jule hinten. War nicht ganz einfach, das Gleichgewicht zu halten, aber funktionierte mit einigen Wacklern beim Anfahren, und machte nach einiger Zeit sogar Spaß.


Jule kaufte ein, mir war es egal, ich legte unseren Ernährungsplan in ihre Hände. Auf dem Rückweg vom Supermarkt entdeckte sie ein Fischgeschäft das sinnigerweise Montefisch hieß. So stand es angeschlagen, auf Montenegrinisch und auf International. Jule unterhielt sich mit dem Inhaber auf italienisch, das ging extrem flüssig und war schön anzuhören. Auf dem Rückweg entwickelte ich einen Plan.


„Jule“, hob ich an, als wir, auf dem Schiff angekommen, gemeinsam die Einkäufe verstauten.


„Jule, du bringst mir italienisch bei und ich dir französisch, was hältst du davon?“


„OK“, erklärte sie sich einverstanden. „Miassn mia in der Boazn do essn?“ Sie deutete auf den Red Lobster, damit ich wusste, was mit ‚Boazn‘ gemeint war.


„Ja, hab ich ihm versprochen. Lass mal, wird bestimmt gemütlich.“


Wir fuhren noch eine weitere Runde durch die Stadt, sehenswert, eindeutig. Wir fuhren so lange kreuz und quer, bis der Roller anzeigte, dass die Batterie bald zu Ende sein würde. Erst fand ich den Weg nicht, als dann das Meer an der rechten Seite zu sehen war, da fand ich rasch meine Orientierung wieder. Wir schlossen den Roller an das Ladegerät im Schiff an und gingen den vereinbarten Lunch genießen.


Nach dem wirklich köstlichen Lobster-Gericht, das auch Jule sichtlich genoss, fuhren wir los, um weitere Teile der Bucht zu erkunden. Eine relativ schmale Durchfahrt öffnete sich an Steuerbord, beide Ufer waren dich bebaut, es fuhren Fähren von einer Seite zur anderen.


Die Durchfahrt verengte sich mehr und mehr, bis sich vor uns eine seeartige Bucht öffnete. Wunderschön zwischen den bewaldeten Hügeln und schroffen Bergen gelegen. Montenegro erschien mir als ein höchst lebenswertes Land, ich verliebte mich sogar ein wenig. Die Landschaft war einfach toll.


Wir übernachteten in einer Bucht vor Anker. Von Land wehten Musikfetzen herüber, die auf eine Party hindeuteten. Ich hatte keinerlei Bedarf nach einer Party und dem Lotterleben, das ich in Monaco gelebt hatte. Das, was ich hier erlebte, völlig unabhängig auf dem Schiff, mit Jule als Crew und als Freundin, das war viel mehr, als mir eine Party jetzt bieten könnte. Wir saßen auf dem Vordeck, auf der kleinen Bank direkt bei den Ankerwinschen, schlürften Prosecco, knabberten von Jule selbst hergestelltes Popcorn, betrachteten den klaren Nachthimmel mit den Milliarden Sternen, die sich im Wasser spiegelten, schwiegen sehr freundlich und hatten die Welt im Döschen.


Jule und ich harmonierten ganz wunderbar. Sie stellte sich in extremem Maße auf mich ein. Als ich den Entschluss fasste, zu Bett zu gehen, sagte sie:


„Jo, i bin aa miad“ und stand gleichzeitig mit mir auf. Weder hatte ich etwas gesagt, noch mich bewegt. Wie sie den Entschluss mitbekommen hatte, weiß ich nicht. Zu dem Zeitpunkt ging ich noch davon aus, dass die Gleichzeitigkeit des Entschlusses ein Zufall gewesen wäre.


In den nächsten Tagen erkundeten wir die gesamte Bucht von Kotor, fuhren wieder hinaus und erreichten kroatische Gewässer. Als erste Stadt entdeckten wir Cavtat, eine Stadt aus weißen Häusern mit roten Dächern. Vom Ufer ausgehend ging die Bebauung den Hügel hinauf, wunderschön. Die Stadt lag gleich an zwei Buchten, am Ansatz einer Halbinsel. Die Uferlänge Kroatiens ist gigantisch lang, zerklüftet, voller Abwechslung und sehr, sehr schön. Jule und ich verliebten uns gleichzeitig in diese wunderschöne Gegend und in dieses wundervolle Land. Das Meer, leuchtend blau, kristallklares Wasser, die Natur grün, die Häuser weiß mit roten Dächern und die Menschen nett und ganz besonders gastfreundlich.


Die Gastfreundschaft erlebten wir später erst, jetzt sahen wir die abwechslungsreiche Küste mit den zahlreichen, vorgelagerten, dicht bewaldeten Inseln und die schmucken Siedlungen entlang der Wasserlinie.


Hier konnte man an Land gehen, wo man wollte, alles war gepflegt, auf Gastlichkeit und Fremdenverkehr eingestellt.


In aller Ruhe, mit gebührendem Respekt vor der grandiosen Schönheit, fuhren wir dicht an der Küste entlang und sogen mit allen Sinnen die Eindrücke dieser wundervollen Landschaft auf, und was der Mensch aus ihr gemacht hat.


Der Anblick von See aus auf Dubrovnik war atemberaubend. Wir erreichten die Stadt, indem wir zwischen dem Festland und einer vorgelagerten Insel hindurch auf die Stadt zuhielten. Vor lauter Ehrfurcht vor der Ästhetik stellte ich den Antrieb ab und ließ das Boot mit geringer Fahrt treiben.


Hier atmete alles, jeder Stein, jeder Hügel und jedes Haus Geschichte. Die alte Stadtmauer, die dahinter dicht gepackten weißen Häuser mit den leuchtend roten Dächern, wunderschön.


Jule bemerkte, das es etwas Besonderes gab, sie kam aus der Küche und bestaunte mit mir die Schönheit des Augenblicks. Von der Sonne hell beleuchtet lag die Stadt dort und wartete auf uns.


„Jo, Himmiherrgott …“, stammelte Jule, „Jo, i werd varückt.“


Uns blieb zu unserem grenzenlosen Bedauern keine Zeit mehr, hier an Land zu gehen, wenn wir pünktlich in Triest sein wollten. Auch jetzt schon würde es recht knapp werden. Ich rechnete pro Tag mit zwölf Stunden Fahrt. Es lagen noch sechsundzwanzig Stunden Fahrzeit vor uns. Dafür blieb uns der Rest von heute und der morgige Tag, wenn wir Nadja pünktlich empfangen sollten.


Wir fuhren, bis die Dämmerung so weit fortgeschritten war, dass man nichts mehr sehen konnte. Wir ankerten in einer flachen Bucht vor dem Nationalpark Kornati.


Früh am nächsten Morgen fuhren wir los, immer mit Blickrichtung auf das wunderschöne Land, für dessen Eroberung uns leider keine Zeit blieb. Das bedauerten wir sehr. Dass wir mit Nadja hierher zurückkehren könnten, lag zwar im Bereich des Möglichen, aber war doch sehr unwahrscheinlich. Ich schwor mir, hierher bei erster Gelegenheit zurück zu kommen. Hier war es einfach wunderschön.


Pünktlich um Neun am vereinbarten Tag legten wir in der Marina des Triestina della Vela an, dem Jachtclub von Triest.


Erst als wir angelegt und die Gebühren für einen Tag entrichtet hatten, fiel mir auf, dass der Flughafen nicht in Triest lag, sondern unweit der Stadt Monfalcone, einer Nachbarstadt.


Damit Mutter nicht unwirsch wurde, weil sie Taxifahrten hasste, legten wir wieder ab und landeten eine Stunde später im Jachtclub von Monfalcone. Da war es aber bereits weit nach neun Uhr, Mutter wollte anrufen, wenn sie gelandet war. Es tat sich nichts.


Um zwölf Uhr rief ich sie an.


„Ja, nein, Kind, wir müssen das verschieben, ich kann erst in der nächsten Woche kommen. Dringende Geschäfte, du verstehst.“


„Wie jetzt? Du kommst erst nächste Woche?“


„Ja, Kind, geht nicht anders. Es ist wirklich dringend. Ich habe auch jetzt keine Zeit, also dann.“


„Warum hast du nicht angerufen?“


„Ja, Kind, dafür hatte ich nun wirklich nicht den Kopf. Ich muss los. Bis in einer Woche.“


Zack, weg war sie. Entgeistert berichtete ich Jule, was die Verrückte sich geleistet hatte. Wir bedauerten zutiefst, für so eine launische Diva die Küste Kroatiens sausen gelassen zu haben. Nein, was wir uns ärgerten.


Mir kam eine Idee, wie wir die Wartezeit sehr sinnvoll nutzen konnten.


„Jule, bist du schon mal getaucht?“


Sie verneinte.


„Dann lass uns das mal angehen, Tauchen ist etwas ganz Wunderbares!“


Wir kehrten zurück nach Kroatien, nach zwei Stunden warfen wir Anker, die Bucht, die ich ausgesucht hatte, lag ein wenig abgelegen, eine Steilküste mit vorgelagerten groben Felsblöcken. Hier war es so gut wie irgendwo sonst, um Jule die ersten Schritte unter Wasser beizubringen.


Ich ging bei ihr so ähnlich vor, wie Gerôme das mit mir begonnen hatte. So vorsichtig wie er brauchte ich allerdings nicht vorzugehen, denn Jule hatte keine Angst. Sie vertraute mir blindlings, ohne zu zögern setzte sie alles um, was ich ihr empfahl. Wie Seppi es mir vorexerziert hatte, achtete ich zuallererst auf unsere Sicherheit und forderte auch Jule auf, immer zuerst an die eigene und die Sicherheit der Mittaucher zu achten.


Nach der ersten halben Stunde war sie begeistert. Sie stellte sich viel geschickter an, als ich damals. Ich lobte sie, natürlich, ich wusste von mir, wie sehr Lob dich beflügeln kann.


Wir legten eine Pause von zwei Stunden zur Regeneration ein, in der wir uns einen schöner gelegenen Ankerplatz suchten. Dort tauchten wir wieder. Nach etwa einer Stunde unter Wasser wirkte Jule müde. Wir kletterten an Bord.


„Dass es so schee is, unter Wasser, damit hob i net grechnet. Nee, ist das schee, nee.“


Mit glänzenden Augen berichtete sie, was sie alles gesehen hatte und wie überrascht sie war, dass Tauchen so leicht und so schön sei. Aber jetzt sei sie wirklich KO.


Wir beendeten den seltsamen Tag bei einem fantastischen Abendessen im Restaurant Pergola in dem kroatischen Städtchen Zambratija.


Am nächsten Morgen war Jule kaum zu halten, sie wollte unbedingt die Unterwasserwelt besichtigen.


Wir fuhren weiter, der Küste entlang, südwärts. In einer Bucht direkt an der Steilküste ankerten wir und gingen Jules neuer Passion nach. Sie hörte auf jedes Wort, achtete auf jedes Handzeichen. Mit ihr zu tauchen machte Spaß, obwohl es total befremdlich war, mich in der Führungsrolle zu sehen. Jule vertraute mir ihr Leben an, ohne darüber nachzudenken und ohne sich selbst abzusichern. Es war eine große Verantwortung für mich, unser beider Risiko abzuschätzen und so weit wie möglich zu minimieren. Trotz dieser verantwortungsvollen Aufgabe war genügend Zeit und Emotion übrig, um die Unterwasserwelt zu bestaunen und die Schönheiten und Kuriositäten zu betrachten und zu genießen.


Mittags bereitete uns Jule einen ihrer wundervollen Salate. Sie erzählte ohne Punkt und Komma begeistert von unserem Ausflug unter Wasser. Der Kompressor lief, die Flaschen wurden neu befüllt. Im Schapp befanden sich noch zwei Sätze Tauchausrüstung in Reserve, die mir Seppi über seinen Onkel besorgt hatte, die benutzten wir am Nachmittag.


Wieder ein wunderbares Erlebnis.


Abends dann fragte Jule, wie es sei, in eine Höhle hinein zu tauchen. Auf Zypern und auf Kreta hätte ich Höhlen gekannt, hier an der Küste nicht. In den nächsten Tagen fanden wir keine Höhle, in die man hätte hinein tauchen können, obwohl wir sehr intensiv suchten. Jule war nach wie vor begeisterte Taucherin, sie war ganz intensiv bei der Sache, sog alles auf, was ich über die Taucherei wusste. Es war toll, wie schnell sie lernte. Einerseits bedrückend und andererseits berauschend war das bedingungslose Vertrauen, das sie mir entgegen brachte. Wenn ich sagte: ‚links‘ oder ‚tue dies und niemals das‘, so folgte sie aufs Wort. Es bedeutete natürlich, dass ich bei dem, was ich sagte, sehr genau aufpassen musste, weil sie jedes Wort ohne zu hinterfragen, für bare Münze nahm.


Zur gebotenen Zeit rief ich Nadja wieder an. Darauf reagierte sie sehr unwirsch.


„Natürlich, Kind, was denkst du von mir? Selbstverständlich bleibt es dabei. Ich bin morgen früh um neun Uhr auf deinem Flughafen. Obwohl ich dafür so extrem früh aufstehen muss! Eine Zumutung, das!“


Sich über Nadja und ihre bescheuerte Logik aufzuregen hatte ich mir als Jugendliche abgewöhnt, nun lernte ich sie wieder kennen und musste diesen leidensvollen Weg noch einmal gehen. Sie hatte sich den Flug selbst heraus gesucht, bei wem sie sich jetzt über den frühen Zeitpunkt beklagte, blieb ihr Geheimnis.


„Am Flughafen nimmst du dir ein Taxi, aber bevor du losfährst, rufst du mich an, ich beschreibe dir den Ort, an dem wir zu finden sind.“


Das schien ihr zu kompliziert zu sein oder sie wollte von mir keine Anordnungen annehmen. Mir war es egal, sie drückte mir noch ein: „Du bist kein gutes Kind!“ ins Ohr und beendete das Gespräch. Es tauchten erste Zweifel auf, ob das mit uns beiden auf einem Boot gut gehen könnte.


Jule sah gespannt auf das, was sich in meinem Gesicht abspielte. Zur Beruhigung zwinkerte ich ihr zu. „Wird schon schiefgehen“, beruhigte ich sie und mich.-


Sie fuhr mit dem Taxi vor. Als sie ausstieg, wirkte es, als ob sie es dem Kai übel nahm, dass er da tatenlos herum lag und sich nicht vor ihr verneigte. Majestätisch wie eine Königin schritt sie auf die Gangway zu und schickte sich tatsächlich an, mein Schiff mit ihren hochhackigen Straßenschuhen zu betreten. Ich eilte ihr entgegen.


„Moin Nadja, ziehe bitte die Schuhe aus. Das Schiff nur barfuß oder auf Socken oder Bordschuhen betreten.“


„Was?“ fragte sie empört. Die Königin von Saba empörte sich über ganz normale Alltagsgepflogenheiten auf einem Schiff, weil sie nicht mit dem Plebs gleichgestellt sein wollte.


„Was hast du für eine Schuhgröße?“, fragte ich sie, um ein anders Thema anzuschlagen.


In dem Moment sah ich den weizenblonden Riesen in hellgrauem Anzug auftauchen. Er trug zwei Riesenkoffer und sah so aus, als ob er zu Nadja gehören würde. Aus seinem ebenmäßigen, trotzdem blöde wirkenden Gesicht blickten mich ausdruckslose Augen an, von einer Farbe, wie ich sie schon einmal bei einem Huskie gesehen hatte.


„Das ist nicht dein Ernst!“, beschwerte sie sich.


„Doch ist es, Jachten werden nur barfuß, auf Socken oder in Bordschuhen betreten. Was hast du für eine Schuhgröße?“


Mit abschätzigem Blick betrachtete sie die Situation. Ich stand auf der schmalen Gangway, ohne Gewalt anzuwenden kam sie nicht an mir vorbei.


Seufzend ergab sie sich in das Unvermeidliche, zog die Schuhe aus und hielt sie in der Hand.


„Ist dir das so recht?“, fragte sie, als ob es eine von mir erdachte Schikane wäre.


„Willkommen an Bord“, erwiderte ich und ließ sie ein. Der Riese mit den zwei Koffern und den leeren Augen wollte ihr folgen, ich blieb auf der Gangway stehen und blickte auf den Weizenblonden.


„Das ist Diego, mein Begleiter. Wir sprachen darüber, du erinnerst dich?“


So ein Riesenbaby und ich dachte, Diego sei ihr Fiffi. Der Typ war vielleicht fünfundzwanzig, gute zehn Jahre jünger als Nadja. Naja, von mir aus!


„Schuhe!“, sagte ich nur.


Der Typ guckte verständnislos drein. Bei mir machte sich der Verdacht breit, dass sich in der weizenblonden Birne und hinter den leeren Augen nichts befand, was der Rede wert sein könnte. Ein solcher Begleiter sah Nadja ähnlich, der war bestimmt gut im Bett, es heißt ja, dumm fickt gut.


„Schatz, sei so gut!“, nahm ihm Nadja die Entscheidung ab, was zu tun sei.


An Bord begrüßte uns Jule in einer Art, das Nadja sie sofort als Bedienstete identifizierte.


„Holen Sie bitte die Reisetaschen aus dem Taxi. Schatz“, wandte sie sich an mich, „Bezahle doch bitte das Taxi, ich habe kein italienisches Geld dabei.“


„Hier ist die Währung ebenfalls Euro, du kannst ihn mit deinem Bochumer Geld bezahlen. Jule ist meine Freundin und keine Dienstmagd. Lass Diego die Taschen holen.“


Entrüstet schaute sie mich an, sie machte deutlich, dass sie meine Reaktion als ungebührlich empfand. Diego stand da und wartete ab, was passierte. Nadja befahl ihm, das Taxi zu bezahlen und die Taschen zu holen. Während der Anweisung an Diego behielt sie den strafenden Blick auf mich bei. Er wusste erst nicht, was er mit den Koffern tun sollte, setzte sie ab und tat wie befohlen.


Na, das soll etwas werden mit uns hier an Bord. Auf Schwierigkeiten mit Nadja war ich gefasst, dass sie sich allerdings derartig kapriziös gab, damit war nicht zu rechen.


Als alles Gepäck und auch Diego an Bord war, standen wir auf dem Oberdeck herum. Nadja schaute sich um.


„Das ist ja eine richtige Jacht, Kind, davon hast du ja überhaupt nichts erzählt.“


Sie bremste ihre Begeisterung und wurde wieder die Königin von Saba:


„Jetzt zeig uns unsere Kabine, ich will mich frisch machen.“


„OK, ich darf vorgehen?“


„Welche Schuhgröße hast du, Nadja?“, fragte sich sei beim Hinuntergehen über die Schulter. „Vielleicht passen dir Sneakers von Jule.“


„Ich werde doch keine Schuhe von jemand anderem tragen, schon gar nicht von dieser Person!“


Es würde mich interessieren, ob sie diesen Eigensinn und das dämliche Getue irgendwann einmal ablegen würde. Es schien ihr aber wichtig zu sein, für eine Königin gehalten zu werden und sich wie eine zu benehmen.


Wir legten ab und verließen den Jachthafen. Nach einer Viertelstunde kam sie ins Cockpit. Sie trug ein blaues Marinekostüm mit goldenen Knöpfen und weißen Applikationen. Der Rock war meiner Ansicht nach für eine Königin deutlich zu kurz, eine Bemerkung darüber verkniff ich mir. Sieh an, sie trug Sneakers, farblich passend, versteht sich.


„Wer steuert denn?“, fragte sie mich. Ich stand am Ruder und sie fragte, wer steuert.


„Lass uns auf die Flybridge gehen“, schlug ich vor, „von da hat man eine bessere Aussicht.“


Sie folgte mir die Treppe hinauf. Auch dort befand sich ein Ruder, darüber staunte sie nicht schlecht.


„Sag nicht, du bist die einzige, die hier das Schiff steuert!“, sie empörte sich, weil sie es mir nicht zutraute.


„Doch, das siehst du richtig. Jule ist für die Hausarbeit zuständig und ich für das Boot.“


„Du kannst das?“, fragte sie entgeistert.


„Ja, natürlich.“


Sie schaute sich ein paar Minuten auf der Flybridge um, betrachtete die vorbei ziehende Landschaft. Wie gewohnt zuckelten wir gemächlich an der Küste entlang. Wir näherten uns der Stadt Grado, eine historische Stadt auf einer Insel, die wollte ich mir gern anschauen. Dazu fuhr man in die Flussmündung hinein, umrundete die Stadt um hinter ihr anzulegen, dort gab es einen Jachthafen.


Wir fuhren so dicht unter Land, wie es möglich war, das Ufer und die Häuser und andere Bebauung waren gut zu sehen. Jule kam zu uns auf die Flybridge, wir betrachteten die langsam vorbei ziehende Stadt.


Nadja deutete ein anderes Fahrziel an:


„Auf der Karte habe ich gesehen, dass Venedig nicht weit weg ist. Lass uns da hin fahren, da war ich schon mal.“


„Wollen wir nicht erst Grado anschauen?“


„Grado kenne ich nicht, Venedig dagegen, das hat einen ganz anderen Klang. Das lohnt sich bestimmt. Mit der eigenen Jacht nach Venedig, das hätte ich mir nicht träumen lassen.“


Ich gab die Route nach Venedig in den Plotter ein, Jule suchte Venedig auf dem Tablet. Sie kam auf die Marine-Seite, dort stand auf englisch, dass die Lagune wegen Hochwassers gesperrt sei. Auf der Seite der Stadt Venedig wurden Bilder vom überschwemmten Markusplatz gezeigt.


„Schau hier, Mama“, ich zeigte Nadja die Bilder. Sie guckte befremdet, weil ich sie mit ‚Mama‘ angesprochen hatte. Sie schaute zu Jule und wieder zu mir.


„Was ist das für ein Unsinn“, meinte sie empört. „Die Lagune gesperrt. Das willst du mir doch bloß weis machen!“


„Nein, stimmt schon so“, wagte ich zu widersprechen. „Sie haben einen flexiblen Deich gebaut, der die Lagune bei Hochwasser absperrt. Außerdem ist bei diesem Wetter Fahrverbot in der Lagune für Schiffe unserer Größe. Auch motorisierte Gondeln dürfen nicht fahren.“


Jule zeigte mir auf dem Tablet die Lagune und wies auf die Stadt, die am Nächsten lag.


„Wir können dich und, äh, Diego“, der stand mittlerweile in weißer Tenniskleidung mit weißen Sportschuhen bekleidet hinter uns und guckte mit seinen blöden Huskie-Augen dumm aus der Wäsche. „In Lido di Jesolo könnten wir euch absetzen und in drei oder vier Tagen in Chioggia wieder abholen. Ihr fahrt in der Zwischenzeit mit dem Bus oder dem Taxi nach Venedig. Ihr solltet Anglerhosen bereit halten. Darin könnt ihr bequem über den Markusplatz waten. Ist bestimmt ein einmaliges Erlebnis.“


„Es ist eine Unverschämtheit von dir, dich so über mich lustig zu machen!“, beschwerte sie sich.


„Ich mache mich nicht über dich lustig, ich zeige dir nur die sinnvollsten Möglichkeiten auf. Nach Venedig kannst du leicht immer mal hin kommen, aber eine private Kreuzfahrt durch die Adria bekommst du nicht so oft geboten.“


Sie empörte sich über den unverschämten Ton, darüber, dass ich ihr zu widersprechen wagte, darüber, dass sich Venedig die Frechheit ihr gegenüber herausnahm und sich einfach überschwemmen ließ, darüber, dass die Lagune nicht befahrbar war und was weiß ich noch alles, was ihre Empörung hervorrief. Letzten Endes war ich diejenige, die es ausbaden musste:


„Was du dir für einen Ton deiner leiblichen Mutter gegenüber herausnimmst, ist schon mehr als eine Frechheit!“


Draußen zog die wunderbare Landschaft vorüber und sie meckerte und nörgelte und war nicht bereit, die Unbilden der Natur zu akzeptieren.


Wir zuckelten weiter, der Küste längs, mit knapp sieben Knoten. Mit der Geschwindigkeit kam man voran, hatte trotzdem Zeit genug, sich die Gegend anzuschauen.


„Schneller fährt dein Boot nicht, oder?“


„Doch, aber so sieht man sehr viel von der Landschaft. Ist es nicht schön hier?“


„Mir ist das zu langsam. Da dauert es ja ewig bis Mallorca.“


„Musst du denn wirklich nach Mallorca?“


„Natürlich, ist ein Muss! Mit der eigenen Jacht in den Hafen von Palma einlaufen, das ist das Tollste, was man erleben kann!“


Verträumt schaute sie in den Himmel. Sie stellte sich vor, als Königin mit der eigenen, königlichen Jacht in den Jachthafen von Palma einzulaufen, die jubelnde Menge an den Seiten, die bunte Fahnen schwenkten und sie willkommen hießen.


Ganz langsam wagte ich es, am Verstand meiner Erzeugerin zu zweifeln.


„Zeig mal, wie schnell das Boot fahren kann!“, mit den Worten wollte sie mich herausfordern.


„Es braucht dann sehr viel mehr Sprit“, wagte ich einzuwenden.


„Ach, das wird schon nicht so viel sein, Kind, das zahle ich dir.“


Jule und ich wechselten einen Blick, ich beschleunigte das Boot auf die bewährten zwölf Knoten.


„Ja“, begrüßte Nadja den etwas stärkeren Fahrtwind. „Das sieht doch schon viel besser aus!“


Nach einer Viertelstunde, in der sie sich erst am Fahrtwind ergötzte und als sie davon genug hatte, sie mit Diego schmuste, meinte sie:


„Kind, was gibt es zu essen? Du hast nicht nur Fertiggerichte oder?“


Was für eine Frechheit oder?


„Nein, keine Fertiggerichte“, erwiderte ich, so trocken wie möglich. „Jule und ich sind Vegetarier. Wir haben frischen Salat und Nudeln an Bord.“


„Frischen Salat und Nudeln?“, fragte sie entgeistert, um dann der gerechten Empörung Raum zu geben. „Das ist ja wohl nicht dein Ernst! Du lädst Gäste ein und zwingst sie, Salat zu essen?“


„Salat ist gesund, macht satt und setzt nicht an“, gab ich zu bedenken, weiterhin ernsthaft auf die Führung des Schiffes konzentriert. Dabei war der Autopilot eingeschaltet, ich könnte genau so gut in den Salon gehen und fern sehen. Aber ich wollte schon auch meine Wichtigkeit als Kapitänin heraus streichen, deshalb blieb ich konzentriert am Ruder stehen. Jule rührte sich nicht, ich glaube, sie wusste wie zwischen Nadja und mir der Hase lief. Meine Reaktionen auf Nadjas Benehmen waren wirklich kindisch, aber mich gegen Nadja zu behaupten war sehr schwierig. Sie war wie immer kalt und berechnend, dabei allerdings nicht so schlau, wie ich sie in Erinnerung hatte. Natürlich war ich vor ihr auf der Hut und wollte mir keinesfalls die Butter vom Brot nehmen lassen.


„In fünf Stunden sind wir in Chioggia, da können wir in ein Restaurant gehen und etwas essen.“


„In fünf Stunden erst?“, fragte sie in einem Ton, als wenn ich sie mit Hunger foltern wollte. Darauf zu antworten, verkniff ich mir.


Wir passierten die Einfahrt zur Lagune von Venedig, die gelbe Absperrung war deutlich zu sehen, Nadja nahm sie mit einem unwirschen „Hmpf!“ zur Kenntnis.


Mir gefiel nicht, wie Diego Jule betrachtete. Zuerst fragte ich mich, ob da Eifersucht eine Rolle spielen könnte, aber das war natürlich Blödsinn. Streng genommen war Jule Crew und es gingen mich ihre privaten Beziehungen nichts an.


Diego schaute sich Jule an, wie ein Löwe seine Beute, ein Albino-Löwe. Sie war vor einem Übergriff durch ihn nicht sicher, das wurde mir klar. Um mich machte ich mir keine Gedanken, wenn er unbedingt die Tochter seiner Freundin vögeln wollte, so würde ich ihm schon gut Bescheid geben, da war ich selbstbewusst genug, um ihn mir vom Leib zu halten. Außerdem stand mir das Druckmittel zur Verfügung, Nadja alle seine Handlungen petzen zu können. Von mir würde er schon die Finger lassen, aber Jule war nicht sicher vor ihm.


„Fünf Stunden!“, hob Nadja wieder an, in einem Ton, als sei es eine Unverschämtheit von mir, ihr so etwas zuzumuten. „Fünf Stunden, was macht man denn in der Zeit?“


„Frag mal Diego, dem fällt bestimmt etwas ein, mit dem ihr euch die Zeit vertreiben könnt.“


Der Blick, der mich daraufhin traf, hätte mich eigentlich töten müssen. Er prallte ab, den hatte ich bereits in der Kindheit aushalten müssen. Die grünen Katzenaugen werden bei solch einem Blick zu schmalen Schlitzen, aus denen die tödlichen Blitze hervor spritzen wie der Korken aus einer geschüttelten Prosecco-Flasche.


In einem Satz fasste ich die beiden Möglichkeiten zusammen:


„Also, ihr ladet uns in ein Restaurant in Chioggia ein oder wir essen leckeren gemischten Salat mit einer Vinaigrette nach dem Rezept von Jules Oma.“


„Wir sollen euch einladen?“ fragte sie im ersten Augenblick, noch aufgebracht durch meine anzügliche Bemerkung. Sie beruhigte sich und sagte:


„Abgemacht, in fünf Stunden gibts Essen in Dinges, wie heißt das Kaff? OK, wir laden euch ein.“


Sie schaute sich um, was es zu tun gäbe, ich schlug vor:


„Du kannst dich ein wenig in die Sonne legen, entweder auf dem Vorschiff oder hier oben auf der Flybridge. Bist noch ein wenig blass vom Winter oder?“


Den Vorschlag nahm sie an. Sie nahm ihren Albino mit aufs Vorschiff, er in der Badehose und sie im Bikinihöschen, ohne zu fragen, oben ohne. Hatte immer noch eine gute Figur, meine ..., äh, Nadja.


Was sie sich dann erlaubte, war allerdings jenseits dessen, was ich von ihr erwartet hätte. Sie fummelte nach einiger Zeit an Diego herum und er an ihr. Nach einigem Gefummel beging sie die Geschmacklosigkeit und wurschtelte in Diegos Hose herum. Damit noch nicht genug, zog sie ihm die Hose ein Stück herunter, holte den mittlerweile großen Dödel heraus und wichste ihn in aller Ruhe. Sie betrachtete dabei das Gesicht ihres weißhäutigen Albino-Lovers. Schlussendlich blies sie ihm sogar den Schwanz. Ganz öffentlich, hier, vor unseren Augen.


‚Das kann doch wohl nicht wahr sein!‘, dachte ich, aber es war wahr. Sie hielt sich dran, der Weizenblonde wurde nach einiger Zeit unruhig, wenn ich es richtig wusste, dann stand er kurz davor. Nadja zupfte ihm die Hose über den ausgefahrenen Lust-Lümmel und zerrte ihn am Cockpit vorbei in die Kabine.


„Des glabst net!“, meinte Jule, die atemlos dem Frevel zugeschaut hatte.


„Nee, das kann man auch nicht glauben!“


Die Beiden tauchten erst wieder auf, als wir in Chioggia anlegten.


Das anvisierte Restaurant war rasch gefunden. Jule bestellte für mich und sich einen Salat mit Gambas. Nadja suchte vergeblich nach Pizza auf der Karte. Letzten Endes fragte sie Jule und die beriet sie. Der Albino, der einen etwas abgeschlafften Eindruck machte, bekam ein Riesensteak serviert, Nadja nahm eine ausgefallene Pasta mit Putenfleisch.


„Sind Gambas vegetarisch?“, fragte sie mich anzüglich.


„Nein, wir essen aber ganz gern Fisch und andere Meeresfrüchte. Da sind wir nicht konsequent vegetarisch. Aber Rind- und Schweinfleisch gibt es bei uns nicht.“


„Meine Tocher ist Fleischereifachverkäuferin“, unterrichten sie laut ihren Albino. Die Bemerkung war allerdings für Jule gedacht, um mich bei ihr in Misskredit zu bringen. Der Albino reagierte nicht. Ganz offensichtlich hatte er mit seinem Steak genug zu tun. Fleisch essen beanspruchte die paar Hirnzellen anscheinend dermaßen, dass keine Kapazitäten mehr für die Verfolgung der Unterhaltung übrig blieben.


Auf die Provokation musste ich etwas erwidern.


„Wusstest du, dass Nadja überhaupt nichts gelernt hat? Sie tut immer nur so, als ob sie Ahnung von Immobilien hätte, dabei hat sie das niemals gelernt. Nichts hat sie, keinen Schulabschluss, keine Berufsausbildung, nichts.“


Scheinheilig fragte ich Nadja, deren Augen bereits vor Wut beinahe gelblich erschienen:


„Stimmt doch so, Mama, oder?“


Voller Wut knallte sie das Besteck auf den Teller. Sie wollte mich lautstark zurecht weisen, besann sich, wo sie war, warf mir zentnerschwere, absolut tödliche Blicke zu, tätschelte dem Albino die Hand, der verständnislos aufblickte und meinte:


„Das weißt du besser, Schatz, habe ich recht?“


Der Albino schaute sie verständnislos an, nickte dann und aß weiter.


Der hatte ich es gezeigt. Der Triumph hinterließ allerdings einen schalen Geschmack. Wirklich souverän war meine Vorgehensweise nicht, einer Kapitänin eigentlich nicht würdig.


Jule zwinkerte mir zu als ich sie anblickte, so, als wenn sie meine Gedanken gelesen hätte.


Der Abend verlief nicht harmonisch, Jule und ich waren für uns, Nadja und Diego hatten sich im Salon breit gemacht und sahen fern. Um fern zu sehen würde ich nicht durch die Gegend fliegen und mich auf ein Boot begeben, dass durch die Adria kreuzt. Aber es muss jeder wissen was er macht und was für ihn optimal ist, meine Mutter meinte das auf jeden Fall zu wissen. Jule und ich genossen die wunderschöne Adriaküste, sie übte mit mir dabei italienisch. Sie erklärte mir auf italienisch, was sie sah. Viele der Vokabeln und auch die Satzstellung war dem Französischen ähnlich, wurde allerdings deutlich anders ausgesprochen. Wenn ich ein Gesicht zog, aus dem sie schloss, dass ich etwas nicht verstanden hätte, erklärte sie es mir auf bayrisch. So lernte ich zwei Fremdsprachen gleichzeitig.


Am frühen Abend erreichten wir den Hafen von Ravenna, wir machten in dem der Stadt vorgelagerten Fischerei- und Frachthafen fest.


Als wir es uns fest vertäut am zugewiesenen Liegeplatz gemütlich gemacht hatten, war es bereits dunkel. Wir aßen Brot mit diversen Käsesorten und Jules selbstgemachten Obstsalat. Nadja war noch eingeschnappt von meiner Bemerkung am Mittagstisch oder gab uns zu verstehen, dass ein solch einfaches Abendessen ihr als Königin keineswegs angemessen war oder sogar beides. Das Essen verlief schweigend, Jule und ich verstanden uns ohne Worte, wir amüsierten uns über Nadjas Verhalten. Der Albino hatte keinen Gesprächsbedarf oder war mit dem Essen ausreichend beansprucht.


Am nächsten Morgen gingen wir, Jule und ich, sehr früh zum Fischereihafen, dort gab es fangfrischen Fisch, frisch vom Fischerboot, direkt am Großmarkt. Den Tipp hatte sie gestern Abend vom Hafenmeister bekommen.


Jule kannte sich aus und kaufte für uns ein. Mir war nicht bekannt, ob der Königin von Saba Fisch recht sein würde, sie hielt noch ihren Schönheitsschlaf.


Als wir ablegten, war es nicht einmal acht Uhr.


Um neun Uhr kam sie schlaftrunken im Morgenmantel ins Cockpit.


„Du hast schon abgelegt? Wir wollten nach Ravenna, shoppen!“


„Du willst nach Mallorca, da kann man auch shoppen. Sogar besser als in Ravenna.“


„Ich brauche aber neue Sachen!“, quengelte sie wie ein kleines Mädchen.


„Dann musst du früher aufstehen“, meine Ungeduld kam bei der knurrig vorgetragenen Antwort gewiss herüber.


Schmollend verschwand sie. Eine Stunde später kam sie wieder im Strandkleidchen und Höschen darunter. Der Albino trottete hinter ihr her.


„Was gibts zum Frühstück?“, fragte sie in einem Ton, wie Cleopatra ihren Haussklaven gefragt haben musste.


„Kaffeemaschine steht in der Küche, Baguettes und Croissants sind in dem Brotbeutel, Brotbelag und Marmelade im Kühlschrank. Es ist warm genug, ihr könnt auf dem Oberdeck frühstücken.“


„Was bist du denn so unfreundlich? Kann deine Dings, na, deine Dings, wie heißt die noch gleich? Kann die uns nicht das …“


„Jule, sie heißt Jule. Sie ist keine Dienstmagd. Wenn du dich nicht selbst bedienen willst, dann warte bis zum Mittag. Da ankern wir vor Ancona. Da kannst du uns wieder einladen.“


Sie reagierte trotzig wie ein pubertierendes Mädchen, warf den Kopf in den Nacken und verschwand in der Küche.


Solche Auseinandersetzungen waren mir wirklich zu blöd, ich verzog mich auf die Flybridge, Jule kam auch und drückte mir eine Tasse heißen Kakao in die Hand. Wir verstanden uns ohne Worte. Um das Ziel, Ancona, in der Mittagszeit zu erreichen, musste ich etwas schneller als mit unserer Wohlfühlgeschwindigkeit fahren. Mir war jede Abkürzung recht, um sie nicht länger als unbedingt notwendig an Bord zu haben. Unser friedliches Leben wollte ich so schnell wie möglich zurück.


Wir eilten an der sehenswerten Küste entlang. Mir tat es um jede Stadt, um jeden Hafen und um jede Bucht leid, die wir im Geschwindschritt passierten. Hier würde ich mit viel Zeit und viel Muße wieder herkommen und mir all das anschauen, von dem wir jetzt nur einen flüchtigen Eindruck bekamen, das nahm ich mir fest vor.


Einen Vorteil hatte die schnelle Fahrt, für Nadja war es auf dem Vordeck wegen des Fahrtwindes zu zugig. Da konnte sie ihr unmögliches Benehmen hinten auf dem Achterdeck ausleben, da bekamen wir es nicht mit.


In weniger als einer Woche rundeten wir den Stiefelabsatz und erreichten die Bucht von Tarent. Wie lange dauert das denn noch?, fragte sie beinahe jeden Tag. Ohne Tarent in Sicht zu bekommen, querten wir die Bucht und bekamen erst wieder bei Brancaleone-Marina Land zu sehen.


„Was du alles kannst!“, wunderte sich Nadja. Sie gönnte ihrem Albino eine Pause und kam fast nackt hier oben auf die Flybridge, um einen flüchtigen Blick auf die Landschaft zu werfen. Die schien sie nicht sonderlich zu beeindrucken, ihr ganzes Interesse galt nur ihrem Ziel.


„Was meinst du, Kind, wann werden wir in Palma sein?“


Es war davon auszugehen, dass sie wusste oder zumindest ahnte, wie sehr mir diese Frage auf die Nerven ging. Ich habe mir ja geschworen, keinerlei Kraftausdrücke und möglichst wenig Umgangssprache zu benutzen, aber die nervtötende Frau und was sie mit mir machte, war nur mit unflätigen Ausdrücken zu beschreiben.


Kerl, was ging mir die Alte auf den Sack!


Einen Zwischenstopp würde ich mir allerdings nicht entgehen lassen, am Ätna wollte ich nicht einfach nur vorbei fahren. Das ist einer der aktivsten Vulkane der Welt, weiß ich von Wikipedia. Da kann man ja alles nachgucken was es gibt, einfach super.


„Du darfst uns jetzt auf ein schönes Abendbrot in dem einen Fischrestaurant da vorne einladen, das Lido Solaria, da können wir dann alles besprechen.“


Sie erklärte sich einverstanden. Wie sie sich in italienischen Restaurants benahm, war unter aller Kritik. Sie trug einen Bikini mit einem kleinen Strandröckchen darum und benahm sich dem Personal gegenüber, wie die Königin von Saba nicht hätte schlechter auftreten können. Furchtbar, die Frau. Dass sie sich so daneben benahm, war mir früher nicht aufgefallen, jetzt war es mir um so peinlicher.


Der Albino glotzte Jule so auffällig an, dass es selbst mir unangenehm auffiel. Sie hatte mir während der letzten Tage bereits mehrfach berichtet, dass er ihr oft unziemlich nahe kam.


„Noch drei Tage, Jule, dann sind wir die beiden los. Das wird ein Fest!“


Seit Nadja an Bord war, hatten wir keinen wirklich entspannten Moment, wir waren nicht tauchen, hatten nie Gelegenheit, einfach auf dem Achterdeck zu sitzen und den Nachthimmel zu genießen. Immer war irgendein Stress, irgendeine Unstimmigkeit an Bord, immer war etwas da, was den Frieden störte.


„Des werd a Fest!“, bestätigte sie.


Auf dem Weg vom Restaurant zurück nahm mich Nadja zur Seite und meinte in Verschwörermanier zu mir:


„Schatz, wenn wir jetzt Vollgas geben, dann sind wir doch schnell in Mallorca, oder? Morgen schon? So richtig mit Vollgas, volle Pulle? Ich zahl dir auch, was es mehr kostet.“


Süß! Was es mehr kostet! Als wenn ich auf die von Touristen verseuchte Insel freiwillig fahren würde! Das wüsste ich aber! Halligalli habe ich in Monaco satt und genug, und in bessere Qualität als es eine ‚Ballermann‘-Insel mir je bieten könnte. Sie aber wollte nur das bezahlen, was es mehr kostet, wenn wir schneller fahren.


Nee, also nee.


Wir fuhren am nächsten Morgen gleich los, nachdem Jule und ich gefrühstückt hatten. Die Herrschaften blieben bis mindestens neun Uhr in ihren Gemächern. Wir fuhren mit zwanzig Knoten Richtung Ätna, nach Catania. Den wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Einen echten, tätigen Vulkan!


Sie kam hoch, um wieder zu quengeln. Irgendetwas war mit ihrem Albino, sie hatten sich wohl gezankt. Es ging um irgendeine Indiskretion, die er sich erlaubt hatte, dafür durfte er sie nicht vögeln, als Strafe. Dabei war das eine härtere Strafe für sie als für ihn, wie ich so süffisant für mich bemerkte. Außerdem wären wir wieder so früh unterwegs, sie wäre vom Maschinenlärm geweckt worden und konnte nicht mehr einschlafen. Und außerdem, wann wären wir endlich da? Ich sollte mich doch bitte beeilen, sie habe keine Geduld mehr.


Wie sehr diese Frau mich nervte, kann sich kein Mensch vorstellen.


Nach drei Stunden Fahrzeit sah ich den rauchenden Berg am Horizont auftauchen, ich rief Jule, damit sie das Schauspiel mit mir gemeinsam erleben konnte. Es war faszinierend. Ein hoher, schneebedeckter Bergkegel und oben heraus kamen dicke Rauchwolken. Mir wäre das zu unheimlich, direkt neben einem solch gefährlichen Objekt zu leben. Aber die Italiener waren da offensichtlich weniger besorgt.


Die Hafenmeisterei gab mir die Koordinaten meines Liegeplatzes durch, wir mussten tief hinein in den Hafen Catanias, an der Anlegestelle der Fähren vorbei, tief hinein. Wir konnten bequem mit dem Heck anlegen. Ich war noch damit beschäftigt, die vorderen Anker in den Grund zu bringen, da läutete mein Telefon. Dem Hafenmeister hatte ich die Nummer gegeben, so war ich direkter zu erreichen als über den Seefunk. Als ich mich meldete, rief eine bekannte Stimme:


„Ahoi, Cupidon, seid ihr das, Gerôme mit dem ausgeprägten Geschlechtsteil und die entzückende, supergeile, sexy Lona?“


Erst nach ein paar Sekunden wusste ich, wer dran war: Raymond, der alte Typ mit den drei geilen Weibern, unter ihnen die äußerst sinnliche Liane. Sobald ich an die dachte, klopfte mein Herz. Mit der würde ich mich wirklich zu gern mal treffen. Mit ihm war mir eine Begegnung nicht so wichtig, eine mit ihr sogar sehr.


„Hi, Raymond“, meldete ich mich, „wie geht es denn so?“


Jule gab mir Handzeichen, wie weit ich noch zurück musste. Als sie ‚Stop‘ signalisierte, gab ich einen kurzen Gasstoß und das Boot lag felsenfest anderthalb Meter vom Pier entfernt. Die Rattenplage auf Kreta war mir sehr deutlich in Erinnerung, deswegen hielten wir immer anderthalb Meter vom Pier entfernt. Hinzu kam, dass sich Jule dann sicherer fühlte, wenn sie mal allein an Bord war. Sobald das Boot direkt am Pier lag, reichte ein Schritt von der Kaimauer und man war an Bord. Bei einem Wassergraben von anderthalb Metern zwischen Pier und Schiff war es immer noch nicht unmöglich, das Schiff mit einem Sprung zu entern, jedoch bedeutend schwieriger.


„Raymond, lass uns später telefonieren ich lege gerade …“


„Das seid doch ihr, die ihr hier gerade in Catania festmacht, oder?“


„Ja, wieso fragst …“


„Ich habe euch gerade vorbeifahren sehen. Was für eine glückliche Fügung. Ihr müsst heute Abend unbedingt zu einer kleinen Feier herüber kommen. Ihr müsst einfach.“


„Wo, äh, wo liegst du denn?“


„Wenn du aus dem Cockpit schaust, bei dir ungefähr auf elf Uhr, da siehst du meinen stolzen Dampfer.“


Tatsächlich, da lag das Schiff mit dem blauen Rumpf und den weißen Aufbauten.


„Ohja, ich sehe euch.“


„Um neunzehn Uhr, es gibt was zu feiern. Seid pünktlich, bringt nichts mit, es gibt lecker etwas zu essen.“


„Gerôme ist nicht mehr mit an Bord.“


„Oh, nein? Auch gut, aber du kommst, abgesprochen? Ich rechne fest mit dir, OK?“


Na, das wusste ich aber noch nicht.


„Wir machen gerade fest, ich melde mich später.“


„Ich rechne fest mit dir, bis später.“


Jule hatte die Leinen fest geholt, ich zog sie mit den vorderen Ankerwinschen fest. Wir lagen gut und sicher. Diese Anlegemanöver funktionierten bei uns, Jule und mir, einwandfrei.


Nadja kam ins Cockpit und was machte sie? Sie nörgelte.


„Was ist denn los, warum legst du an? Es ist doch erst Mittag, wir könnten noch gut weiter fahren.“


„Könnten wir. Hast du den Ätna gesehen?“


„Den wen?“


„Einen der aktivsten Vulkane der Erde, der liegt direkt hier neben der Stadt.“


„Das sollte mich jetzt genau weswegen interessieren?“


Was für eine Ignoranz, unglaublich!


„Wir bleiben hier“, stellte ich fest. „Nicht weit von hier gibt es einen sehr berühmten Platz, den schauen wir uns an. Anschließend werden wir in einem Fischrestaurant zu Mittag essen. Wenn ihr mitwollt, dann dürft ihr bezahlen.“


„Du hast eine ganz schlechte Moral, Ilona! Du bist kein gutes Kind!“


So einen Mist musste ich mir tatsächlich anhören! Wir würden so schnell wie möglich nach Mallorca düsen, um diesen Quälgeist los zu werden. Wie sehr ich die Frau satt hatte, kann sich kein Mensch vorstellen.


Sie kam mit. Sie blieb zuerst auf Distanz zu dem beschränkten Diego. Auf dem Rückweg vom Restaurant waren sie bereits wieder ein Herz und eine Seele. Kaum an Bord angekommen, verschwanden sie sofort wieder in der Kabine. Jule und ich fuhren mit dem Roller umher, um die Stadt zu erkunden. Jede Gasse, jedes Haus hier atmete Geschichte. Wie beschränkt musste man sein, um sich durch diese Besichtigung nicht bereichert zu fühlen?


Über allem thronte der Ätna mit seinem schneebedeckten, rauchenden Gipfel. Wenn Nadja nicht da wäre, wir hätten uns einer Führung den Berg hinauf angeschlossen. So zollten wir der quengelnden und nörgelnden und ätzenden Nadja den Tribut. Nicht zum ersten Mal schwor ich mir, wenn wir sie von Bord verabschiedet hatten, sie nie mehr mitzunehmen. Nie mehr!


Am späten Nachmittag meldete sich Raymond noch einmal.


„Du kommst doch, oder? Wen hast du denn noch mit an Bord?“


„Niemanden, der für dich interessant sein könnte“, antwortete ich spontan. Das kam etwas zu unfreundlich herüber, ich nahm der Bemerkung die Spitze, indem ich zusagte, heute Abend bei ihm zu erscheinen.


„Aber ich komme gern. Bleibt es bei neunzehn Uhr?“


„Neunzehn Uhr“, bestätigte er. „Du machst mir damit eine große Freude. Wir werden zu acht sein. Sei bitte pünktlich, es gibt leckeres Essen.“


Zu acht? Er, die drei Mädels und ich, das waren fünf. Wen würde er noch erwarten?


Jule stand neben mir.


„Gehst du weg?“


„Ja, für ein paar Stunden, einen alten Bekannten zu besuchen.“


Sie fragte nicht, ob sie mitkommen könnte. Das, was Raymond an Bord mit mir anstellen würde, wäre gewiss nichts für Jule, da war ich sicher. Diese absolut freie Liebe war nichts für die schüchterne Jule.


Wenn ich an die sinnliche Liane dachte, wurde mir ganz anders. Wir würden grenzenlosen Sex haben, uns beide gegenseitig bis beinahe zur Bewusstlosigkeit fertig machen.


Jule stand neben mir. Sie grinste anzüglich, als sie mir: „Na dann, vui Gaudi!“ wünschte. Sie ahnte, wohin ich mich auf den Weg machte, nicht zuletzt mit Blick auf die Kleidung, in der ich mich verabschiedet. Nadja war noch nicht wieder aus ihrer Kemenate hervorgekommen. Sie schien ausführlich Versöhnung gefeiert zu haben mit ihrem Albino. Da lag ich allerdings falsch, aber das ahnte ich nicht.


Pünktlich um neunzehn Uhr, gut, es können ein paar Minuten später gewesen sein, der Weg außen rum über den Pier war länger als gedacht. In Erwartung dessen, was ich vermutete, trug ich unter dem durchscheinenden Strandkleidchen diese winzige weiße Shorts und ein großes Maß an geiler Erwartung, als ich am Schiff ankam.


Den Weg zur Gangway versperrte ein weißer Kleinbus mit einem riesigen roten Kreuz darauf, an der Seite, vorne und hinten. ‚Oh, jemand ist krank!‘, vermutete ich. Drinnen saß die heiße Liane, sie begrüßte mich mit extrem breitem Lächeln, sie freute sich genau so, mich zu sehen, wie ich mich freute, sie zu sehen. Sie war gekleidet wie ich sie kannte: in einem mehr als winzigen Bikini.


„Hi Lona, ik hou van je!“, begrüßte sie mich und gab mir einen richtigen, saftigen Kuss. Sie saß an einem Klapptisch in dem Bus zusammen mit einem Weißkittel. Sie sah absolut heiß aus, die Flut der roten Locken, die strahlenden, moosgrünen Augen, der überaus sinnliche Mund. Mit dem küsste sie mich. Das war kein Küsschen unter Freundinnen, sondern das war heftig und deftig mit Zunge und allem Gefühl, das man sich unter einem Kuss von Liane vorstellte, wie bei einem Liebespaar kurz vor dem Akt. Und ein Liebespaar würden wir gleich auch wieder sein, davon ging ich aus.


„Wir haben alle einen Test gemacht, damit wir einen sorgenfreien Abend haben. Er hier nimmt dir Blut ab, hinten drin nimmt sie einen Abstrich. Du bist doch einverstanden?“


Mittlerweile war ich so heiß darauf, mit ihr und den anderen zusammen zu sein, dass ich nicht überlegen musste, ich war mit jeder Bedingung einverstanden.


Die Untersuchung ging rasch vonstatten, mit einem Pflaster am Ohrläppchen betrat ich gemeinsam mit Liane das Schiff.


„Gott, siehst du gut aus!“, begrüßte mich Raymond. Er nahm mich gleich in Besitz, küsste mich beinahe ebenso heiß wie Liane und rieb mir dabei über das Höschen. Ich war bereit und zeigte ihm die Bereitschaft, indem ich den Druck der streichelnden Hand erwiderte.


„Du bist richtig!“, meinte er nach ein paar Minuten wilder Knutscherei etwas außer Atem. „Ich freue mich, dass du gekommen bist. Wir werden eine Menge Spaß haben.“


Wann hatte ich zum letzten Mal Sex? Das war doch wohl der Amerikaner auf Korfu, bei der Partnermarina. Wie lange war das her? Drei, vier Wochen? Da war es kein Wunder, dass ich auf alles, was Sex anging, vor allem auf jede Berührung, sofort positiv reagierte.


Selbst dass Raymond mich so unverblümt und indiskret sofort geil zu machen versuchte, war in meinem Sinne. Ich konnte es nicht erwarten, nackt zu sein und gevögelt zu werden. Mir klopfte das Herz, denn ganz offensichtlich würde es gleich hier zur Sache gehen.


Na, das sollte etwas geben.


„Liane hast du bereits begrüßt, Barbara kennst du schon, das hier sind Dick und Tracy, ein Ehepaar aus Connecticut und das hier Bob und Maike aus Kopenhagen.“


Er stellte sie mir nacheinander vor. Alle vier waren etwa um die dreißig, Dick und Tracy etwas darüber, Bob und Maike etwas darunter, würde ich sagen.


„Das hier, liebe Freunde, das ist die bezaubernde Lona. Sexy, freundlich, temperamentvoll, ein nicht zu überbietendes Feuerwerk an Einfällen und voller überquellender Lebensfreude. Sie befindet sich in ständiger Bereitschaft für alle Spielarten der Lust und ist absolut hemmungslos. Ihr werdet sie im Laufe des Abends gewiss erleben.“


War mir der Vortrag und die Vorstellung peinlich? Ja, war sie, sie war aber auch erleichternd, denn ich konnte von nun an machen was ich wollte, mit dieser Vorstellung war alles legitimiert. Raymond fuhr fort:


„Zuerst lasst uns jedoch den Gaumenfreuden frönen. Ich würde mich freuen, wenn die Damen sich ihrer Oberteile entledigen würden, um uns den ungehinderten Ausblick auf ihre wunderbaren Brüste zu gewähren.“


Das ließ sich so an, wie es zu vermuten war. Ohne zu murren, im Gegenteil, teils mit lüsternem Lächeln entledigten wir Frauen uns unserer Oberteile. Lianes Brüste kannte ich ja, hatte sie bereits in Händen und daran ausführlich geschmeckt. Barbara entblößte eine sehr, sehr knackige und große Oberweite. Bei der Größe müssten sie eigentlich mehr hängen, dachte ich mir, sie wird wohl operativ nachgeholfen haben. Sah sehr gut aus, wenn man auf so große Brüste steht.


Tracy zeigte uns kleine Brüste, klein und fest, kaum größer als meine, Maike hatte da viel mehr zu bieten. Es war wirklich verführerisch, wie die großen, birnenförmigen Brüste jeder Bewegung ihrer Besitzerin folgten, wie sie schwangen und bebten.


Es machte sich in der Runde eine heiße Stimmung breit.


„Sehr schön“, Raymond rieb sich vor Begeisterung die Hände. „Bitte nehmt Platz.“


Liane hatte sich den Platz neben mir gesichert, sie und Barbara waren für die Speisen und den Service zuständig. Als alles auf dem Tisch stand, begann die Schlemmerei. Es gab Hummer, Garnelen, geräucherten Fisch, Oktopussalat, gegrillten Tintenfisch, Lammkoteletts und Rindersteaks, sehr viele Sorten Antipasti, gegrillte Gemüse in Marinade, Oliven, gefüllte und nicht gefüllte. Zu trinken gab es Sekt, Prosecco, etliche Sorten Wein aller Farben und Herkunftsländer, Wasser und Säfte.


Es wurden alle möglichen Sorten Brot gereicht, Fladenbrot, Baguettes, dunkles Bauernbrot, sehr scharf gebackenes, beinahe verbrannt aussehendes Brot, das überraschend gut schmeckte. Wir schlemmten hauptsächlich mit den Fingern. Liane war die erste, die jemand anderen fütterte und ihm dabei den Mund ringsum verschmierte.


Der andere Mensch, das war ich. Da ließ ich mich nicht lumpen und fütterte sie ebenfalls. Den Mund richtig zu treffen, ohne etwas zu verkleckern, war nicht so einfach und auch nicht gewünscht. Was darüber hinaus ging, wurde abgeküsst, bis es wieder einigermaßen gereinigt war.


Ein sinnlicher und verschwenderischer Umgang mit den Köstlichkeiten griff um sich. Raymond saß vor Kopf, neben mir. Er betrachtete sich das mehr und mehr hemmungslose Geschehen mit Amüsement im Blick. Er nahm sich eine Auster und träufelte Zitrone darauf. Die Auster zog sich zusammen, das Viech lebte noch! Er schlürfte sie aus der Schale und verschluckte sie ganz. Ein lebendes Tier! Woran die Leute alles Spaß haben!


Die Runde löste sich nach und nach auf, die erwachsenen Menschen wurden zu kichernden, herum sauenden Kleinkindern. Omama hat mir beigebracht, dass man mit Essensachen nicht spielt, hier wurde es erwartet. Es war äußert lustvoll, von der herzhaften Knoblauchcréme zu naschen, wenn man sie von Lianes Brüsten leckte. Oliven waren noch einmal so lecker, wenn man sie aus Lianes Lippen gereicht bekam.


Nach etwa einer Stunde der hemmungslosen Schlemmerei kam der Weißkittel mit einigen Papieren daher. Er flüsterte mit Raymond, der nahm die Papiere entgegen, reichte sie Liane, die legte sie auf ein Tischchen am Rande des Raumes.


„Das sind die Testergebnisse aller Teilnehmer“, hob Raymond die Stimme, nachdem er an seinen Teller geklopft und damit für Aufmerksamkeit gesorgt hatte.


„Alle Ergebnisse sind negativ, wir alle sind gesund, jeder kann jedes Ergebnis einsehen. Bitte sehr, einen lustvollen Abend für uns alle.“


Irgendwie hatte Raymond auf den Augenblick gewartet, denn er trat gleich in Aktion.


„Legt sie auf den Tisch“, befahl er mehr als er bat. Liane und Barbara sprangen auf, Dick half ihnen. Wer sollte wohl auf den Tisch gelegt werden? Genau, sie vergriffen sich an mir, der Kleinsten.


Sie hoben mich an, legten mich auf den Tisch und beschmierten mich mit allerhand Leckereien, Süßkram, wie ich feststellen musste. Pudding, Wackelpeter, alle möglichen Cremes, Marmeladen und was weiß ich alles. Schon dadurch, von so vielen Händen beschmiert und bestrichen zu werden, wurde ich absolut geil. Völlig passiv zu sein und sich nicht wehren zu wollen und zu können, gab mir den besonderen Kick. Raymond ließ es sich nicht nehmen, fast feierlich zog er mir das Höschen aus.


Ganz nackt lag ich da auf dem Tisch, alle Hände machten sich an mir zu schaffen, ich war der Mittelpunkt des Geschehens. Allein bei dem Gedanken daran bekam ich heftigste Gefühle.


Raymond nahm die Sprühsahne und sprühte sie mir auf die Musch, die heiße. Er legte sich meine Beine über die Schulter und schlürfte die Sahne von meiner Musch herunter, wie die Auster vorhin.


Der Reiz war irre. Alle sechs streichelten und verrieben die cremigen Süßigkeiten auf meiner Haut, schleckten sie von all meinen Körperteilen wieder herunter und Raymond die Sahne von meiner Möse.


Dass ich dabei verrückt wurde, kann man sich ja vorstellen. Ich stöhnte, jammerte, atmete laut, vermittelte die steigende Lust an meine Umgebung.


Ein Glied, ein großer Pimmel wurde mir auf den Mund gelegt, ein heißer Männerschwanz. Sie beschmierten auch dauernd mein Gesicht und meine Augen, aus dem Grund sah ich nichts, aber ich spürte, ich schmeckte den heißen Schwanz, der mit Schokocreme eingestrichen war. Gierig, ohne zu zaudern, leckte ich, lutschte ich daran, versuchte, ihn in den Mund zu nehmen.


Man drehte mich quer zum Tisch, mein Kopf hing an der Tischkante herunter, der Schwanz wurde mir in den Mund bis in den Hals geschoben, es fickte jemand meinen Kopf.


Irre, absolut irre. Atemholen war nicht mehr wichtig, ein Orgasmus raste durch meinen Körper, mein Kitzler, meine Möse wurden von Raymond weiterhin intensiv gereizt, ich schrie, kreischte in den Schwanz hinein, der tief in meinen Rachen geschoben wurde, wieder hinausgezogen, wieder hinein, wieder hinaus. Ein Atemzug und ein Orgasmusschrei wurde mir ermöglicht, der Schwanz wurde wieder hinein geschoben, heraus, hinein, heraus, hinein, Atem holen, schreien, noch ein Orgasmus.


Ein Schwanz drang in meine Möse, noch mehr Orgasmus. Schwanz im Kopf, Schwanz in der Möse, tausend Hände, die sich an meinem Körper delektierten, ihn verwöhnten und mir keine Chance gaben.


Der Schwanz wurde mir aus dem Mund gezogen, ich atmete wie wild. Schrie, wand mich, völlig außer mir. Sperma spritzte mir ins Gesicht, der vögelnde Schwanz geriet in Raserei, ich ebenfalls, das Sperma wurde mir aus dem Gesicht geleckt, sehen konnte ich nichts, brauchte ich nicht, wollte ich nicht.


Ein Frauenkopf, vom Geräusch her nahm ich an, Barbaras, lag auf meinem Bauch und stöhnte. So, wie sie sich bewegte, wurde sie von hinten gefickt, während sie versuchte, die Creme von meinem Bauch abzulecken.


Jemand schleckte das auf, was mir der vögelnde Schwanz in die Möse geschossen hatte. Eine Frauenmöse hockte sich über mein Gesicht, bot sich mir zur Speise an. Wie wild leckte, schleckte ich daran. Liane schob mir Finger in die Möse, ich erkannte sie im Rausch der Gefühle. Sie öffnete meine Beine weit, schob mir ihre Hand in die Möse, komplett, langsam, mit Gefühl, aber unnachgiebig. Sie ballte die Faust in meinem Inneren, ich dachte, ich werde jetzt komplett verrückt.


Vor Lust schluchzend und jammernd musste ich die Möse in meinem Gesicht weiter lecken, das harte Knötchen, der geile Geschmack, die würzige Creme, geil, wunderbar geil. Die Möse wurde mir durchs Gesicht gerieben, sie begann zu moussieren, der Geschmack wurde schärfer, der Frau ging einer ab. Mir kam es erneut und erneut und erneut, Liane fickte mich mit der Faust in der Möse, bis ich nicht mehr konnte und sie fest hielt.


Sie kam zu mir und küsste mich, auf den schleimverschmierten Mund, in das klebrige Gesicht hinein.


„Komm!“, sagte sie, half mir vom Tisch hinunter, sehen konnte ich nichts, die Augen waren verklebt. Sie leitete mich, führte mich Richtung Vorschiff, durch eine Tür, ins Freie, über einen Rand, eine Treppe hinunter, in sprudelndes Wasser hinein. Ich tauchte unter, wusch mir das Gesicht, konnte wieder sehen. Alle acht hockten wir im Whirlpool, alle acht Gesichter gezeichnet von der Lust. Liane drückte mir ein Glas Prosecco in die Hand, das ich durstig austrank.


„Geil!“, sagte Raymond und hob das Glas in meine Richtung. „Das war die erste Runde, ich freue mich, dass ihr da seid!“


Dick setzte sich neben mich, er sagte:


„I’ve fucked your face, now I’ll fuck your ass!“


Er war anscheinend derjenige, der mich bis in den Hals gefickt hatte und wollte mich jetzt wohl in mein Hinterfötzchen ficken. Hatte ich etwas dagegen einzuwenden? In keinster Weise!


Dick lenkte meine Hand an seinen Dick, der war nicht dick, sondern maximal halbweich. Er drückte mein Gesicht in Richtung Wasser, er meinte wohl, ich sollte ihm den Dick wieder hart lutschen. Es waren sechs Tauchgänge nötig, um ihn so weit wieder aufzurichten, danach konnte ich ihn mit der Hand wichsen. Liane lutschte an meinem Hals herum, arbeitete sich vor, bis sie mich küsste. Bob vögelte derweil Barbara, Maike und Tracy verzogen sich auf die Liegemöglichkeit hier auf dem Vorschiff. Tracy befahl Maike in Bauchlage und besorgte es ihr mit der Hand von hinten.


Ich wichste derweil den Schwanz von Dick, bis der davon genug hatte. Er hob mich hoch, in dem sprudelnden Wasser nicht so schwierig, und stopfte mich mit dem Poloch auf seinen harten Dödel, den Rücken zu ihm. Ich kam mir vor wie ein Hotdogbrötchen, das auf den Heizstab geschoben wird. Nicht gerade gefühlvoll bahnte sich der heiße Dick vom Dick den Weg in mein Hinterfötzchen. Liane sah, dass das für mich nicht so angenehm war, kam her und rubbelte mir die Klit, mit Gefühl, sehr kräftig, jedoch so gefühlvoll, dass es immer noch schön war.


Klar, dass ich abging und der harte Schwanz flutschte viel leichter ins Poloch hinein, wenn ich so gezielt und gut gereizt wurde. Liane rubbelte und küsste mich, Dick hob mich an und pflanzte mich wieder auf seinen Harten. Ich habs gern, in den Arsch gefickt zu werden, wenn er erst einmal geweitet ist. Man bekommt da keinen Orgasmus, ich jedenfalls nicht, trotzdem ist es extrem geil. Die Anderen schauten zu, wie es mir besorgt wurde, Maike quiekte und stöhnte und jammerte unter Tracys Händen. Ich nahm Dicks Beine zwischen meine Schenkel, stützte mich darauf ab und wippte auf seinem Schwanz. Mein Poloch war jetzt schön geweitet, er passte schmerzfrei hinein. Mit meinen Beckenmuskeln molk ich ihn.


Raymond trat vor mich, verscheuchte Liane, die weiterhin meine Klit rubbelte, dass mir gleich schon wieder einer deftig abgehen würde, und stopfte mir seinen harten Dödel in den Mund. Hatte ich dagegen etwas einzuwenden? Aber nein!


Mit Hingabe lutschte ich daran, Schwanz im Arsch, Schwanz im Mund, Liane bearbeitete weiter die Klit, ich ging ab.


Raymond hatte nun wohl nicht die Erfahrung wie Dick oder mein Wohlergehen war ihm egal, jedenfalls packte er meinen Hinterkopf und drückte mir seinen harten Schwanz in voller Länge in den Rachen. Er fickte mich auf die Art und mit viel Kraft, drückte mich immer wieder fest auf seinen Dödel. War echt supergeil, er ließ mir nur keine Gelegenheit, ab und zu zu atmen. Dass ich bei der Äktschen sofort und ohne Unterlass kam, dürfte klar sein, Klit gerubbelt, Arsch gefickt, Sauerstoffmangel durch den fickenden Schwanz im Mund. Das ging allerdings nur kurze Zeit gut, ohne Luft hält man die größte Lust nicht lange durch, ich kam so lange, bis ich auf einmal weg war. Ganz weg.


Als ich wieder zu mir kam, wusste ich nicht, was passiert war. Sie alle standen um mich herum, wir waren immer noch auf dem Vorschiff, ich lag auf der Sonnenliege, Liane machte Mund zu Mund Beatmung bei mir. Ich musste kurz husten, dann aber sofort weiter diese wunderbare Mund-zu-Mund Beatmung haben. Liane lächelte und küsste und knutschte und streichelte.


Da ich die gesamte Zeit gekommen war, hatte ich den Atemaussetzer nicht wirklich mitbekommen, deswegen hat er mir auch nichts ausgemacht, ich war sofort wieder im Lust-Modus.


Wir hatten die ganze Nacht hindurch Sex. Wenn es diese Stimmung gibt, diese Hemmungslosigkeit, jeder durfte das an Lust ausleben, was ihm in den Sinn kam, dann sind die Männer und Frauen von irrsinnig großer Potenz. Das wusste ich von den Partys, zum Beispiel bei denen von Odessa. Die Männer produzieren viel mehr Sperma, so war mein Eindruck, viel besser war allerdings, dass ihre Schwänze bei all der Erotik immerzu hart und einsatzbereit waren. Es war der Wahnsinn, zu welchen Leistungen ein Mann in solch einer Nacht fähig ist.


Es war sieben Uhr durch, und bereits schon eine ganze Zeit lang hell, als ich auf mein Schiff zurückkehrte. Jule saß bedrückt im Cockpit und wartete auf mich. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie mich sah. Für Erklärungen und eine ausführliche Begrüßung sah ich mich nicht in der Lage. Ich winkte ihr zu und verzog mich so schnell wie möglich in meine Kabine, warf mich aufs Bett und schlief sofort ein.


Nach viel zu kurzen drei Stunden rüttelte mich jemand wach. Innerlich verfluchte ich Himmel und Hölle, wer könnte das sein? Es fühlte sich für mich so an, als sei ich gerade erst eingeschlafen. Welcher Tropf störte mich jetzt?


Nadja, es war Nadja, die mich wach rüttelte.


„Kind, was ist mit dir? Bist du krank? Was machen wir heute? Was ist geplant? Wir wollen weiter fahren.“


Man kann sich meine Wut nicht vorstellen. Nicht nur, dass mich die Frau nervte wie verrückt, sie ließ mich sogar in meiner eigenen Kabine nicht in Ruhe.


„Raus!“, sagte ich und wies die Richtung auf die Tür. „Aber sofort raus!“


„Höre, Kind, was ist geplant? Wann fahren wir weiter?“


„Schau dir die Stadt an, verschwinde, geh mir aus den Augen!“, sie stand mir echt bis hier!


Mit allem Gift das ich aufbringen konnte, starrte ich sie an. Sie ließ sich tatsächlich einschüchtern und wagte es noch, im Hinausgehen zu behaupten:


„Kein Grund so unfreundlich zu sein, ich habe mir nur Sorgen gemacht! Du bist kein gutes Kind!“


Die Erlebnisse heute Nacht waren so geil und so heiß, ich brauchte nur daran zu denken, da hatte ich die Störung ruckzuck vergessen und schlief lächelnd wieder ein.


Es war schon fast Abend, als ich wach wurde. Ich duschte ausführlich, pflegte meine Haare und auch mich und betrat hungrig das Oberdeck. Nadja und Diego lümmelten sich in den Korbsesseln und schickten Jule: „Hol mir dies, bring mal das, leg das jetzt da hin.“


Mir lief bei dem Anblick sofort die Galle über. Zu der Schikane kam hinzu, dass Diego die Jule praktisch mit den Augen auszog und sie beinahe mit den Augen fickte.


„Bedient euch gefälligst selber!“, platzte ich heraus. „Jule ist kein Dienstmädchen.“


„Sie benimmt sich aber so!“, wagte Nadja zu behaupten. „Es scheint ihr Spaß zu machen. Jetzt hab dich nicht so! Sie ist als Dienstmagd geboren.“


„Jule, komm mal bitte mit“, bat ich die Freundin. Sie kam, sichtlich eingeschüchtert, zu mir her getrottet. Wir gingen in die Kombüse.


„Was war denn los, was haben die den ganzen Tag gemacht?“


Ich suchte Brot, um mir ein Butterbrot zu bereiten.


„Soll ich dir rasch einen Salat mit Shrimps machen?“, fragte Jule. Sie sprach Hochdeutsch, so sehr war sie eingeschüchtert. Aber das ‚R‘ rollte sie trotzdem. Ich fand das süß.


„Kann ich auch Rührei mit Shrimps und ein Bröt … eine Semmel haben?“


Begeistert machte sie sich gleich an die Arbeit.


„Sie san den ganzn Dog an Boad gebliabn und hom si bediane lossn.“ Sie war wieder Bayerin, so gefiel sie mir besser. Es empörte mich, wie Nadja mit meinen Wünschen und mit Jule umging. Ich gab Palma als Zielort in den Karten-Plotter ein, gewünschte Abfahrt und gewünschte Ankunftzeit. Da stand die Entfernung und die zu fahrende Geschwindigkeit.


„Weißt du was, Jule?“ Ich setzte mich wieder zu Jule an die Frühstücksbar und schaute ihr bei den Hantierungen zu. Man sah ihr an, dass sie die Arbeit liebte und dass sie es mochte, für mich zu sorgen.


„Wir fahren morgen früh um neun Uhr los, geben Gas und sind übermorgen um neun Uhr in Palma. Da laden wir das Gesocks ab und haben das Schiff wieder für uns, was hältst du davon?“


So verblieben wir. Obwohl ich den Tag verschlafen hatte, war ich um zehn Uhr, nach einigen Prosecco mit Jule auf der Flybridge, wieder müde, wir gingen zu Bett.


Morgens um acht waren wir bereits auf den Beinen, wir kauften noch einigen Proviant ein, Jule etliche italienische Spezialitäten, haltbare, in Marinade liegende Gemüse und Fischspezialitäten.


Tatsächlich fuhren wir um neun Uhr, wie geplant, aus dem Hafen von Catania hinaus auf die offene See, Richtung Palma. Die Herrschaften schliefen noch. Sie würden gleich geweckt werden, denn um Palma am nächsten Tag zu erreichen, mussten wir beinahe dreißig Knoten schnell fahren. Da war dann die Gemütlichkeit am Ende. Ich schaltete den Autopiloten ein und bestätigte die Route, die ich gestern ausgearbeitet hatte. Das Schiff beschleunigte. Es war nun nicht mehr das gemütliche Schaukeln mit den Wellen, sondern es hüpfte mehr von einer Welle in die nächste. Das ging nicht sanft ab, sondern das Boot klatschte ruppig immer wieder in die Wellen.


Nach zehn Minuten kam Nadja verstrubbelt und verschlafen auf die Flybridge.


„Muss das denn sein? Musst du so unsanft fahren?“


„Ja, muss ich. Morgen früh um neun Uhr sind wir in Palma“, antwortete ich und drehte ihr unmissverständlich den Rücken zu.


Sie verzog sich, nicht ohne irgendetwas zu murmeln, das ich nicht verstand. Wir fuhren den ganzen Tag in dem Tempo. Nach kurzer Zeit bereits wurde es mir auf der Flybridge zu ungemütlich, ich zog ins Cockpit um. Selbst unter diesen schwierigen Bedingungen brachte Jule es fertig, leckeres Essen zu bereiten.


Die Herrschaften, mittlerweile schlecht gelaunt und unausgeschlafen an Deck, wollten sich wieder so wie gestern von Jule bedienen lassen. Die leeren Huskie-Augen des Albinos folgten Jule auf Schritt und Tritt.


„Ihr bedient euch bitte selber, hier gibt es keinen Service!“, wies ich Nadja zurecht. Sie stand mir wirklich im Hals, ich musste mich bei jedem Wort, das ich an sie richtete, beherrschen, um sie nicht anzuschreien.


Jule blieb immer in meiner Nähe. Ich bat sie, auf die Instrumente zu achten und lehrte sie dabei, die Instrumente abzulesen und zu erkennen, was das Normalverhalten des Bootes war. In der Nacht würde ich wahrscheinlich die eine und die andere Mütze Schlaf nehmen müssen, zu dem Zeitpunkt würde ich sie brauchen, damit sie hier im Cockpit Wache ging.


Nadja bekam das wohl mit, denn sie bot an, dass mich der Albino jetzt gerne ablösen könnte, er sei schließlich ein Mann und deswegen besser geeignet ‚als so eine‘, wie sie Jule abschätzig titulierte. Ich kriegte schon wieder die rote Wut. Ich brauchte Nadja nur anzuschauen, da kuschte sie. Sie zuckte die Schulter und maulte: „Ich wollte nur helfen, aber Undank ist der Welt Lohn!“


Gottseidank verzog sie sich in den Salon, sie schaute dort mit dem Albino fern, Jule blieb hier bei mir auf dem Beifahrersitz hocken.


In der Nacht, etwa gegen Eins, nahm ich mir die gewünschte Mütze voll Schlaf. Jule überwachte die Instrumente, ich legte mich auf die Couch neben dem Cockpit, deckte mich zu und schlief ein. Es war nicht wirklich gemütlich bei der schnellen Fahrt, nach zwei Stunden erwachte ich und fühlte mich wieder einsatzbereit.


Jule holte etwas aus ihrer Kabine, ich bewachte die Instrumente und geilte mich mit den Gedanken an die vorige Nacht auf. Was die alles mit mir und miteinander angestellt hatte, das war schon ziemlich krass gewesen, lieber Himmel! Alle vier Damen, Maike, Tracy, Barbara und Liane bildeten ein agierendes, stöhnendes und jauchzendes Knäuel, während Bob mit mir fickte. Raymond und Dick saßen im Jacuzzi, schauten zu und spielten sich dabei gegenseitig am Dödel.


Mit solchen Gedanken hielt ich mich wach. Jule war noch nicht wieder herauf gekommen. Mich verwunderte das, außerdem befiel mich ein komisches Gefühl, als würde etwas Schlimmes gerade passieren. Die Treppe ins Untergeschoss zum Maschinenraum und den Crew-Kabinen ging vom Gang zwischen Cockpit und Salon hinunter. Vom oberen Ende der Treppe sah ich die Bescherung. Der Albino hatte Jule unten in eine Ecke gedrängt, befummelte ihre Brust, machte sich in ihrer Shorts zu schaffen und versuchte, sie zu küssen. Jule stand mit den Händen in Schulterhöhe, die Handflächen nach außen, starr vor Schreck und Angst mit weit aufgerissenen Augen da und wehrte sich nicht. Mehr stürzend als rennend raste ich die Treppe hinunter und traf den Idioten mit der Schulter in die Rippen, volles Rohr, mit allem Schwung und der Wut, die sich bei mir angesammelt hatte. Vom Angriff überrascht wurde er von Jule weggerissen und knallte unsanft gegen das Ende des Ganges. Er blieb da einige Sekunden benommen auf der Erde sitzen.


Ich nahm Jule in den Arm, sagte: „Komm!“ und nahm sie mit hinauf. Sie ließ sich auf die Sitzbank neben dem Cockpit leiten, ich kümmerte mich kurz ums Schiff, fand alles in Ordnung vor, und nahm Jule nochmals in den Arm. Sie weinte, tonlos liefen ihr die Tränen die Wangen hinunter.


Zu meiner und zu Jules Beruhigung bereitete ich uns beiden einen Kakao, das Schiff hielt währenddessen völlig unbeeindruckt seinen Kurs. Ich drückte Jule die Tasse heißen Kakaos in die Hand.


„Wir machen dem so schnell wie möglich ein Ende!“, versprach ich ihr, schob die Gashebel bis zum Anschlag hoch. Das Schiff beschleunigte bis auf vierzig Knoten. Es nahm die Wellen mit aller Kraft, die Fahrt wurde zunehmend ungemütlich. Mir war das egal, ich saß auf dem gut gefederten und gepolsterten Rudersessel, Jule setzte ich nach einiger Zeit auf den ebenfalls gefederten Beifahrersitz.


Nach ein paar Minuten kam Nadja im Nachthemd ins Cockpit.


„Was ist los?“, beschwerte sie sich. „Was hast du mit Diego gemacht?“


„Er hat sich an Jule rangemacht, der Idiot.“ Vergeblich versuchte ich, meine Stimme im Zaum zu halten, es gelang mir mit nur mäßigem Erfolg.


„Sag ihm, er soll in der Kabine bleiben, bis wir in Palma sind, sag ihm, falls er heraus kommt, werfe ich ihn eigenhändig bei nächster Gelegenheit außenbords. Darauf könnt ihr beide euch verlassen!“


Nadja schaute mich ungläubig an.


„Wie weit du in deiner Eifersucht gehst, ist wirklich ungeheuerlich!“, wagte sie zu bemerken. Es fehlte nicht viel und ich wäre ihr an die Gurgel gegangen. Sie sah meinen Blick, hob beide Hände, sagte: „Ist ja schon gut!“, und verdrückte sich.


Jule lachte. „Du bisd jo grod a Zwergerl, aba wenn du narrisch bisd, dann siehst du aus, ois wenn du drei Meta grous wärst.“


Ganz offensichtlich hatte der Übergriff des Idioten sie nicht weiter beeindruckt, oder ich hatte sie mehr beeindruckt, als der Idiot. Mir egal, wir fuhren Volldampf und ich hoffte, dass ich meine Drohung nicht wahr machen musste. Mittels der Beschleunigung des Schiffes könnte ich den Bekloppten aus dem Gleichgewicht bringen, damit wäre es tatsächlich möglich, ihn über Bord gehen zu lassen. Ich erzählte Jule von meinem Plan und der festen Absicht, mich gegen den Penner durchzusetzen und ihn notfalls außenbords gehen zu lassen. Ob ich ihn wieder aufnehmen würde, ließ ich offen. Sie schaute mich dabei so verliebt an, dass mir ganz anders wurde.


Gottseidank brauchte ich den Plan nicht in die Tat umzusetzen, denn er bleib da, wohin er gehörte. Morgens um sechs fuhren wir in den Hafen von Palma ein. Die Hafenmeisterei war Tag und Nacht besetzt, wie ich hörte, als ich sie über Seefunk rief. Sie fragten nach der Spezifikation des Schiffes, Länge, Tiefgang, wie viele Menschen an Bord, und wiesen mir einen Liegeplatz zu.


„Wir setzen nur zwei Leute ab“, radebrechte ich auf englisch. Wie lange wir blieben, war dem Mann am anderen Ende der Funkline egal, ich hatte an dem Platz anzulegen, den er uns genannt hatte. OK, die werden hier regen Verkehr haben, dachte ich mir und folgte den Anweisungen. Wir legten an, zwei Leinen hinten reichten aus, wir wollten gleich wieder los.


„Das ist jetzt nicht dein Ernst!“, beschwerte sich Nadja, als ich sie aus dem Bett klopfte. Man muss sich das vorstellen, die hatten die Kabine abgesperrt.


Sie öffnete die Tür nur einen Spalt und wollte mich so abfertigen.


„Dein Diego verlässt das Boot auf der Stelle, jetzt sofort!“


„Quatsch!“, widersprach Nadja. „Es ist mitten in der Nacht, wir gehen nirgendwo hin.“


„Du kannst gerne bleiben, der Diego geht sofort, jetzt!“


„Komm jetzt, spinn nicht rum und blas dich nicht so auf. Deiner Jule ist nichts passiert, Diego ist von dir grün und blau geschlagen worden. Wir gehen später, nicht jetzt.“


„Wenn er nicht in fünf Minuten mit Gepäck auf dem Pier steht, lasse ich ihn mit der Polizei entfernen. Die sind auf solche Strolche spezialisiert!“


„Übertreib es nicht!“, wagte sie zu sagen, dann sah sie meinen Blick. Tatsächlich kuschte sie, hätte ich ja nicht gedacht. Jules Spruch kam mir in den Sinn, der mit den drei Metern, da musste ich fast lachen. Ich sprach kein weiteres Wort, sondern schaute sie nur an.


„Ist ja gut, er kommt gleich!“, sprach sie und klatschte mir die Tür vor der Nase zu. Ich hätte es durchgezogen, ich hätte die Polizei gerufen.


Wenig später stand der linke Vogel mit verstrubbelten Haaren auf dem Pier und guckte mich mit seinen leeren Huskie-Augen dämlich an. Nadja verließ das Schiff eine halbe Stunde später, beziehungsweise, sie wollte verlassen.


„Moment!“, ich hielt sie auf. „Du wolltest dich an den Spritkosten beteiligen, darauf habe ich mich verlassen, also?“


„Selbstverständlich!“, meinte sie hochnäsig. „Ich stehe zu meinem Wort!“


Na, bitte. Über den Hafenmeister fragte ich, ob ich hier irgendwo tanken könnte.


„Sie wollen tatsächlich gleich wieder ablegen?“


„Ja, so schnell wie möglich.“


Man bot mir an, im Frachthafen zollfrei zu tanken. Dort würde der Diesel für vierundfünfzig Cent der Liter angeboten, ich müsste nur Palma innerhalb der nächsten Stunde verlassen. Nadja hörte das mit und meinte, ganz die Königin von Saba:


„Bei dem Preis bezahle ich dir sogar eine ganze Tankfüllung, Schatz. Das hättest du nicht gedacht, nicht wahr?“


Ganze Tankfüllung? Wir hatten weniger als eine halbe Tonne Sprit im Tank, das bedeutete, dass eine Tankfüllung mehr als 24.000 Liter waren. Das war wirklich eine gute Idee von Nadja, eine sehr gute. Damit rechnete sie ganz bestimmt nicht. Ich verholte das Schiff in den Frachthafen und legte an der Bunkerstelle an. Sie verbanden einen dicken Schlauch mit meinem Tankstutzen, die Anschlüsse schienen genormt zu sein. Der Sprit lief, Nadja machte sich in ihrer Kabine noch zurecht. Ich war gespannt, ob sie ihr Wort halten und was sie zu dem Betrag sagen würde. Diebische Schadenfreude machte sich bei mir breit. Das geschah ihr recht, und ob!


Der Sprit lief und lief und lief.


Der Tankwart löste den Schlauch, nachdem der Tank nun wirklich bis zur Halskrause gefüllt war und bat mich ins Büro. Ich nahm Nadja mit, die auch dem Tankwart gegenüber auftrat wie die Königin von Saba und ihn behandelte, als gehöre er zum Personal. Ohne auf den Betrag zu gucken, reichte sie dem Tankwart mit königlicher Geste die Kreditkarte. Der zog sie durch den Kartenscanner. Gespannt wartete ich auf die Bestätigung, ob der Betrag akzeptiert würde. Es war nicht sicher, dass Nadja so viel Geld auf dem Konto hatte, denn der Betrag, der da stand, lautete auf 12.957€ und 16 Cent. Das Gerät akzeptierte und spuckte eine ellenlange Quittung aus, Nadja unterschrieb mit hochgezogenen Augenbrauen, als sei es eine Zumutung, sie zu solch niederen Diensten zu nötigen.


Sie bekam die Quittung und warf einen Blick darauf. Sie blickte hektisch ein zweites Mal und machte ein Gesicht, wie ich es nicht besser beschreiben kann als mit den Worten: ihr fiel der Kitt aus der Brille. Es war extrem komisch, sie so zu sehen. Erst noch die hohe Majestät, jetzt total derangiert, von einem Moment zum anderen.


„Zwölf-… zwölf- … zwölf-…“, stammelte sie fassungslos.


„Danke, Nadja!“, schloss ich unseren Trip ab. „Noch angenehmen Aufenthalt auf der Insel. Viele Grüße!“ Ich patschte ihr vertraulich an den Oberarm, verabschiedete mich vom Tankwart und machte mich von dannen. In Windeseile lösten wir die Leinen und dampften aus dem Hafen hinaus. Brühwarm erzählte ich Jule von Nadjas Gesicht und wie sie fassungslos auf die Quittung gestarrt und wie sie gestammelt hatte. Wir amüsierten uns ganz prächtig.


Mittlerweile war es hell, ich spürte große Erleichterung, dass wir endlich wieder unter uns waren. Die Tatsache, dass wir jetzt wieder Herr über uns und unser Schiff waren, führte bei mir zu tiefer Entspannung und es entstand alsbald eine bleierne Müdigkeit, die mich beinahe am Ruder stehend zum Einschlafen brachte. Wir fuhren an der Küste entlang, die erste kleinere Bucht mit Steilküste und ohne Bademöglichkeit vom Ufer her war unsere. Wir warfen alle vier Anker, unmittelbar danach lag ich in meinem wunderschönen, weichen, heimeligen, kuscheligen Bett und schlief sofort ein.


Als ich wach wurde, empfand ich Frieden um mich herum. Was mir als erstes einfiel war die Session mit Liane im Whirlpool. Wir beide hatten uns gerade fertig gemacht, ich durfte meine Taucherqualitäten unter Beweis stellen und sie unter Wasser lecken. Wir zwei saßen nun entspannt nebeneinander, Liane legte ihren Arm um mich, ich kuschelte mich an.


„Was ist eigentlich mit Marie passiert?“, fragte ich. Es war schön und kuschelig, das Wasser war warm, die liebste Freundin lag mehr als sie saß an meiner Seite und war mir sehr zugetan.


„Marie hat gezickt. Jeder Mensch hat das Anrecht auf seine Tage, sagt Raymond immer. Für ihn ist das der Ausdruck für schlechte Stimmung, kann man mal haben, meint er. Hat man eine solch schlechte Stimmung, dann zieht man sich zurück und nervt die anderen nicht damit. Dafür gibt es eine Kabine am Vorschiff, da geht man hin, wenn man seine Tage hat. Bei Marie dauerte die mehr als fünf Tage, die schlechte Stimmung. Sie kam wieder zu uns und zickte immer noch herum. Sie fühlte sich als fünftes Rad am Wagen, sie war mit der Konstellation nicht mehr einverstanden. Da hat sich Raymond von ihr getrennt. Er hofft ja, dass du uns begleitest, an ihrer Stelle.“


Sie schaute mich dabei erwartungsvoll an. Es kam für mich nicht infrage, kein Gedanke. Das Angebot ehrte mich, das gab ich auch zu verstehen, aber nein, ich habe mein eigenes Leben.


Und das hatten wir jetzt wieder, unser eigenes Leben, Jule und ich, darüber freute ich mich wie verrückt.


Kaum aufgewacht sprang ich aus dem Bett, rannte nur mit dem Höschen bekleidet durch den Salon, an Jule vorbei, die auf dem Sonnendeck auf einer Liege lag und las, runter zur Badeplattform und mit einem Kopfsprung ins Wasser.


Das war die Freiheit, die wir brauchten, das machen zu können, wonach uns der Sinn stand.


Ich kletterte wieder an Bord, ging nass, wie ich war zu Jule und schüttelte ihr mit den nassen Haaren einen Sprühregen über den Körper.


„Bah!“, sie sprang auf. Grinsend schimpfte sie: „Saupreiß, damischer!“


„Gibt es etwas zu essen oder gehen wir erst tauchen?“


„East tachan, dann essn, dann ausruhn, dann wieda tachan.“


„OK, wer als erste fertig ist!“


Jule zerrte sich die Kleidung vom Körper, wir rannten beide hinunter zum Schapp, ich hatte einen kleinen Vorsprung. Es war warm genug, ich sparte mir den Neoprenanzug, blieb im Höschen, Flossen an, die Taucherbrille auf, die Flaschen umgeschnallt, alles in fliegender Eile. Jule sparte sich ebenfalls den Neopren, schnallte sich die Flaschen um, Flossen an, da war ich aber bereits fertig.


„Erste!“


Jule schubste mich einfach von der Badeplattform hinunter und ins Wasser hinein, stand dann lachend auf der Plattform, ganz nah am Rand und lachte sich scheckig.


Mithilfe der Flossen schnellte ich mich so weit aus dem Wasser wie es ging, schnappte mir ihre Hand und zerrte sie ins Wasser. Das hatte sie nun davon, Rache ist Blutwurst! Prustend kam sie wieder an die Oberfläche, lachte breit und spritzte mich mit Wasser. Logisch, dass ich zurück spritzte. Ausgelassen tobten wir herum.


So war es richtig.


Der anschließende Tauchgang gestaltete sich sehr erfreulich. Nicht nur, dass wir eine Menge sahen und erlebten, sondern wir waren einfach sehr viel vertrauter miteinander.


Zwischen dem ersten Tauchgang und dem zweiten fuhren wir in unserem ganz normalen Tempo, mit dem wir die Küsten erforschten, mit vier, fünf, manchmal sieben Knoten, an der Küste entlang. Wir fanden eine tiefe Bucht in der Steilküste, in die bei Niederschlag anscheinend ein Bachlauf mündete, die jetzt allerdings nur trockene, karge Gegend enthielt. Hier zu tauchen war genial. Nach dem zweiten Tauchgang aßen wir zu Abend, einen sehr leckeren Salat mit Tomaten, Paprika, einer Art Feldsalat, mit marinierten Meeresfrüchten aus Catania.


Es herrschte eine himmlische Ruhe und tiefer Frieden an Bord, Jule und ich saßen auf der kleinen Bank im Vorschiff, süffelten unseren Prosecco, sahen der Sonne beim Zubettgehen zu und waren glücklich. Das war unser Leben.


Am nächsten Morgen gingen wir als erstes tauchen, logisch. Der Aufenthalt im Wasser erfrischte uns, weckte die Lebensgeister, brachte uns Routine und erfreute uns.


Nach dem Frühstück gingen wir an Land, wir wollten die urtümliche Insel betrachten, hinter der Steilküste. Hier sah das Land aus, als sei es vom Tourismus unberührt. Für diese Forschungsreise kraxelten wir den ausgetrockneten Bachlauf hinauf. Wir wollten sehen, wie Mallorca vor der Durchseuchung mit Touristen ausgeschaut hatte. Der Blick über das Meer war toll. Unser Schiff dort unten liegen zu sehen, wie es ruhig auf dem blauen Meer lag, alle vier Anker von sich gestreckt, das sah sehr friedlich aus, aber auch nach gespannter Erwartung.


Als wir die obere Kante der Steilküste erreichten und wir einen Blick auf die Landschaft erhaschen wollten, versperrte uns eine übermannshohe Kirschlorbeerhecke hinter einem Jägerzaun den Blick. Hinter der Hecke wehte, ich wollte es nicht glauben, eine Schalke-Fahne.


Von wegen urtümliche, mallorquinische Natur.


Enttäuscht machten wir uns auf den Rückweg.


„Wenn 's wengstens a Fahne vo Bayern Minga gwen waarad“, meinte Jule. Die brachte mich immer öfter zum Lachen. Wie die sich entwickelte, das hätte ich damals am Schlauchboot in Albanien nicht für möglich gehalten.


Wir verbrachten, trotz unserer Vorbehalte gegen den extensiven Touristen Andrang, mehr als vierzehn Tage rund um die Insel. Wir fanden sehr schöne Tauchgründe, genau wie auch überfüllte Badestrände, Geschäfte in denen Einheimische kauften und Supermärkte, die rein auf deutsche und englische Touristen ausgerichtet waren.


Spanisch war nicht schwierig zu verstehen, weder für Jule mit ihren Italienischkenntnissen noch für mich, die sich mittlerweile ziemlich fit mit der französischen Sprache auskannte.


Nach knapp drei Wochen verabschiedeten wir uns ohne Bedauern von Mallorca. Nach unseren Erfahrungen reizten uns weder Menorca, noch Ibiza, sie zu erforschen. Jule schlug vor, diese exotische Kirche in Barcelona zu besichtigen, „wenn mia scho oamoi in da Nähe san“.


Im Internet machten wir uns schlau über die Sagrada Família, die Unvollendete. Ja, das schien mir ein lohnendes Ziel zu sein.


Jules Engagement, wie sie sich in die Reisepläne einbrachte und nach und nach immer mehr zur Freundin wurde, das empfand ich als große Bereicherung. Ihre und meine Gedanken schienen sich immer mehr anzugleichen. Oder sie las meine Gedanken, das konnte ich mir jedoch nicht vorstellen, denn das geht ja nicht, das gibt es ja nicht wirklich.


Wir brachen früh um sieben auf, umrundeten die Touri-Insel, winkten aus großer Entfernung dem Hafen von Palma zu und tourten mit unserer Wohlfühlgeschwindigkeit zehn Stunden bis zur Moll de Mestral, einem der zahlreichen Jachthäfen Barcelonas. Dieser Hafen lag direkt an der breiten Hauptverkehrsstraße zwischen dem Meer und dem Viertel, in dem die Basilica Sagrada Família lag.


Am nächsten Morgen, nach einer unruhigen Nacht in dem lauten Jachthafen, fuhren wir nach dem Frühstück mit dem Elektroroller bis zur Basilika. Jule führte mich mit dem Navi auf dem Smartphone durch die letzten Straßen, kreuz und quer, bis wir vor dem beeindruckenden, verrückt wirkenden Bau standen. Wenn man bedenkt, dass der Baubeginn bereits 1882 war und sie immer noch nicht fertiggestellt ist, so kommt einem die Bauzeit vom Berliner Flughafen nicht mehr so lang vor. Jule kam darauf, die beiden Bauten in Relation zu setzen, ich lachte mich echt schief über den Vergleich.


Ein Tourismusmagnet war sie nun wirklich. Wenn man bedenkt, dass sie den Bau nur mit Spenden und aus den Eintrittsgeldern finanzieren, so sind die dreiundzwanzig Euro für ein Ticket ganz gut zu verstehen.


Interessant war die Besichtigung auf jeden Fall, lohnenswert auch. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand Interesse an der Errichtung eines solchen Riesenbaus mit dieser verrückten Architektur haben könnte.


Aber bitte, die Geschmäcker und Interessen sind halt verschieden. Auf dem Rückweg kamen wir an einer Stierkampfarena vorbei, Jule schüttelte sich bei dem Gedanken an einen Stierkampf, den sie mal besucht hatte.


„Na, des war so a unappetittliche Gschicht, bah.“


Am Schiff angekommen, sprach uns einer an, den ich als typischen Surfer einordnete. Jung, mit ausgebleichten langen Haaren, sportlich-drahtig, mit sonnengebräunter Haut und wasserklaren blauen Augen. Einer von der Sorte, den keine Frau von der Bettkante schubsen würde, aber ganz offensichtlich ein Filou.


Der sprach nur zu Jule, ich interessierte ihn überhaupt nicht. Jule war geschmeichelt, aber auch vorsichtig und auf Distanz bedacht. Ich habe sie noch nie flirten sehen.


„Hi, Mädels“, sprach der uns gleich auf deutsch an. Wie kam der auf die Idee, davon auszugehen, dass wir ihn verstehen, wenn er deutsch spricht?


Er deutete auf die beiden Neoprenanzüge, die wir auf dem Oberdeck immer zum Trocknen aufhängten. Mittlerweile legten wir sie gar nicht mehr ins Schapp zurück, weil wir sie eh jeden Tag brauchten.


„Taucher oder Surfer?“, fragte er.


Jule lächelte verhalten, ich hakte ein und fragte den Burschen: „Wie kommst du darauf, dass wir Deutsch sprechen?“


„Heute Morgen im Supermarkt haben wir uns schon mal getroffen, da hab ich es gehört.“


„Also, Taucher oder Surfer?“, fragte er Jule und grinste sie dabei an.


„Taucher!“, sagte sie mit einem gewissen Stolz.


„Magst einen Kakao mit uns trinken?“, fragte ich ihn und wir verzogen uns aufs Oberdeck.


Jule kam mit einer Thermoskanne mit dem Kakao und Tassen auf dem Tablett aus der Küche, noch bevor wir Platz genommen hatten. Sie kochte morgens routinemäßig eine große Kanne Kakao, den wir dann im Laufe des Tages tranken.


Gero, wie er sich vorstellte, besah sich die Anzüge und fragte mich aus. Dass wir auch einen Kompressor an Bord hatten, verwunderte ihn. Als ich ihm erzählte, dass wir zweimal täglich tauchten, da leuchtete ihm die Notwendigkeit ein.


„Ich bin Tauch- und Surflehrer“, erklärte er Jule auf meine Nachfrage. Jule war sichtlich geschmeichelt, dass er sie so direkt ansprach und mit ihr zu flirten versuchte.


„Auch Kite-Surfen?“, fragte sie mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen.


„Auch Kite-surfen. Surfst du?“


Irgendwie empfand ich mich als überflüssig, die beiden unterhielten sich, als säße ich nicht mit am Tisch. Interessant fand ich es zu beobachten, wie Jule so ganz langsam aus ihrer Deckung kam und sich dem Typen mehr und mehr öffnete.


„Ach, du kommst jetzt aus Mallorca?“, fragte er, als sie davon sprachen, wo sie schon überall getaucht hatten.


„Jo, aba zwischn den zoireichn Tourisdn fuidn mia uns ned besonders wohl“, berichtete sie. Sobald sie sich wohler fühlte und nicht mehr so angespannt war, brach sich das Bayrische bei ihr Bahn. Der Typ sagte, er käme aus Hamburg, er verstand den Dialekt nicht. Er musste dreimal nachfragen, was der Satz zu bedeuten hätte. Ich mischte mich nicht ein, Jule amüsierte sich, aber sprach danach mehr oder weniger Hochdeutsch.


„Ihr ward nur auf Mallorca? Und nicht auf Cabrera?“, fragte Gero ungläubig, „Mensch, da habt ihr aber etwas verpasst. Mallorca ist gegen Cabrera ein Fliegenschiss, jetzt, so, aus Tauchersicht. Geniale Grotten und Höhlen en masse, wunderschöne, menschenleere Strände. Mit so einem Schiff wie ihr es habt, eigentlich ein Muss.“


Tja, war eben so. Jetzt waren wir in Barcelona und würden gewiss nicht umkehren um dieses angebliche Taucherparadies zu entdecken. Die Tipps, die wir auf Kreta zu Zypern bekommen hatten, die sich alle als Reinfall heraus gestellt hatten, waren mir dazu noch in bester Erinnerung.


Er blieb noch zum Abendbrot, er äußerte sich entzückt über Jules Kreation des heutigen Abends, einen speziellen Salat mit einer Sauce vom Feinsten, dazu frisch gegrilltes Gemüse, das sie auf dem Gasgrill auf dem Flydeck vor unseren Augen zubereitete. Er versuchte, für heute Nacht bei Jule zu landen. Ich hätte ihn mitgenommen, wenn er mich gefragt hätte, aber bei Jule biss er auf Granit, obwohl er sich wirklich sehr charmant bemühte.


Ohne Landung verabschiedete er sich, wir gingen schlafen. Jule war froh, sich mit einem interessierten Mann so stressfrei unterhalten zu können. Sie dankte mir in vollem Ernst dafür, dass ich sie die gesamte Zeit beschützt und auf sie aufgepasst hätte. Empfand ich nicht so, ich hatte nicht das Gefühl, dass sie meine Anwesenheit wahr genommen oder gar meine Hilfe gebraucht hätte, aber es war so, dass sie meine pure Gegenwart als Beschützen interpretierte.


Aus der Frau schlau zu werden, schien ein schwieriger Prozess zu sein.


Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir eine ruhige Stelle fanden. Barcelona war noch zu nah, hier am Ufer gab es unendlich viele Hotels mit unendlich vielen Touristen, die alle, dicht an dicht, die Strände bevölkerten. Es dauerte mehr als eine Stunde Fahrt, bis wir eine Stelle fanden, an der wir ankern konnten, ohne dass uns jemand beobachtete oder uns mit einem Jet-Ski über den Haufen fuhr. Es mussten die beiden Anker am Bug genügen, denn an dieser Stelle fiel der Meeresboden rapide ab, für die Wassertiefe unter dem Heck waren die Ankerketten nicht lang genug.


Jule und ich gingen tauchen, ein Tauchgang an jedem Morgen und jedem Nachmittag war für uns mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Es kam mir in den Sinn, dass es eine extreme Bereicherung meines Lebens war, dass Gerôme mir die Unterwasserwelt zugänglich gemacht hat, damals, vor mehr als vier Monaten auf Korsika. Seppi auf Zypern steht der Verdienst zu, mir die Höhlen- und Steilküstentaucherei schmackhaft gemacht und mir das richtige Verhalten unter Wasser beigebracht zu haben. Die Wichtigkeit der Eigensicherung zu erkennen und dass man immer auch seinen Mittaucher im Blick zu behalten hatte, verdankte ich ihm und seinem guten Beispiel. Damals hat er mir das Verhalten unter Wasser so lange und intensiv vorgelebt und immer wieder eingetrichtert, dass ich hier und jetzt selbstverständlich auch immer Jule im Blick behielt. Ganz automatisch achtete ich darauf, was um mich geschah und wo eventuell Gefahren auf mich und meine Mittaucherin lauern konnten.


Nach zwei Stunden in der wundervollen Unterwasserwelt und der anschließenden Mahlzeit legten wir eine Pause ein, wir hielten Siesta. Jule legte sich in der klimatisierten Kabine ins Bett, mir machte die Wärme am Mittag nichts aus, ich blieb im Bikinihöschen auf der Sonnenliege im Halbschatten unter dem Sonnensegel liegen und schlummerte vor mich hin.


Es herrschte wunderbare Ruhe, das Schiff bewegte sich sanft in der Dünung, es schwojte leicht um die Anker, je nachdem wie stark der Wind blies. Alles war Friede, das Leben herrlich.


Der Friede währte so lange, bis es ganz fürchterlich schepperte und krachte. Das Schiff bekam einen gewaltigen Stoß.

Kommentare


kiramaus
dabei seit: Okt '02
Kommentare: 29
schrieb am 04.06.2021:
»Es ist ein wirklich großes Lesevergnügen mit dieser Geschichte! Das ist von dir alles so lebendig, witzig und nachvollziehbar geschildert, dass ich in der ganzen Reihe von Lona immer wieder voll eingetaucht bin. Danke!«

pjean
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 76
schrieb am 07.06.2021:
»So eine Zeitverschwendung. Das Wort ficken musste ich suchen...irgendwo in der Mitte. Ich habe nie Menschen beneidet, die so viel schreiben können. In der Kürze liegt bekanntlich die Würze...«

rainer44
dabei seit: Feb '03
Kommentare: 27
schrieb am 08.06.2021:
»Wie die komplette Serie: Klasse geschrieben und SUPER "zwischendurch" zu lesen! Pjean kann ich nicht verstehen, aber bitte: jedem das Seine.«


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