Mitgefühl - Wie sich die Bilder gleichen
von Hassels
Endlich Wochenende. Franka hatte ich noch schnell zur ihrer Frauenrunde, die sich einmal im Monat traf, gebracht. Tim, unser sechzehnjähriger Sohn, war bestimmt schon auf dem Weg zu seinen Freunden um in der Disco abzuhängen, wie sie es so schön nannten. Also was mit dem freien Freitagabend machen? Das Fernsehprogramm war nicht nach meinem Geschmack, die Kneipe um die Ecke war aber auch schon lange nicht mehr der Treff meiner Generation. Also entschloss ich mich die Sauna im Keller mal wieder zu nutzen.
Auf 90° eingestellt verließ ich den Keller wieder, zog mein Laufdress an um mal wieder zu Joggen. Da war ich schon länger nicht zu gekommen weil die Arbeitstage im Winter immer länger wurden. Ständig ging etwas kaputt, Heizung oder Durchlauferhitzer, und man konnte die Kundschaft ja nicht tagelang im Kalten sitzen lassen. Nach 45 Minuten hatte ich meine übliche Strecke geschafft, nur drei Minuten länger als zur intensiven Trainingszeit.
Die Sauna war eingeheizt, die grüne Lampe signalisierte dass die gewählte Temperatur erreicht war. Der Klamotten entledigt und mit dem Aufguss Wintermärchen bewaffnet, ich liebe den Geruch von Zimt speziell zur kalten Jahreszeit, setzte ich mich auf die lange Bank neben dem Ofen. Rasch bildeten sich die ersten Schweißperlen und ein angenehmes Gefühl der Entspannung machte sich in mir breit. Ein paar Spritzer genügten um die Luft in eine Zimt- und Apfel-Landschaft zu verwandeln.
Mit geschlossenen Augen genoss ich das Schwitzen, da hörte ich dass die Tür der Sauna geöffnet wurde. Blinzelnd sah ich Tim der sich sonst nie mit in die Sauna setzte, ihm war es bislang zu obszön gewesen.
„Du Papa, können wir mal von Mann zu Mann reden?“, setzte er sich nun neben mich.
Tim war immer ein Mamakind gewesen, daher überraschte es mich umso mehr dass er jetzt zu mir kam. Das Sensible hatte er von mir, aber einen echten Draht zu einander hatten wir nie gehabt.
„Was hast du auf dem Herzen?“, alles was ich sonst noch gerne gefragt hätte schluckte ich erst mal runter.
„Mama hat mir mal erzählt dass ihr euch mal als Teenager aus den Augen verloren hättet und dann erst nach vielen Jahren durch Zufall wieder zusammengekommen seid. Aber es waren nur Bruchstücke, keine zusammenhängende Geschichte.
Meine Freundin, ja ich habe eine Freundin von der ihr nichts wisst, kann ich nicht mehr erreichen. Bei der Handynummer kommt nur ein dass die Nummer nicht vergeben sei. Bei Facebook und Twitter war sie seit Montag nicht mehr On.“, liefen jetzt bei Tim die ersten Tränen.
„Komm mal her.“, dabei rückte ich gleichermaßen an Tim ran und nahm ihn in den Arm. „Bist du denn schon bei deiner Freundin zuhause gewesen oder wohnt sie in einer anderen Stadt?“
„Jasmin wohnt eigentlich fast um die Ecke, aber als ich gestern da vorbei bin war die Wohnung leer und die Klingelschilder weg. Ich versteh das nicht. Montag in der Schule war noch alles in Ordnung, Dienstag war sie krank gemeldet.“, heulte Tim jetzt auf meine Schulter. Ich erwischte mich dabei es zu Genießen, endlich war ich nicht nur zweite Wahl bei meinem Sohn.
Nüchtern betrachtet wollte ich ihm aber helfen, sonst wäre ich auch nicht besser als mein mir verhasster Vater. Ich wägte ab ob und was ich erzählen konnte, am Ende entschloss ich mich aber nichts weglassen zu wollen. Tim war ja kein kleines Kind mehr.
„Vielleicht macht dir ja unsere Geschichte Mut.“, räusperte ich mich bevor ich ausholte.
„Wir waren damals fast so alt wie du jetzt. Frankas Vater war ein angesehener Bauunternehmer der damals Pleite machte. Über Nacht war das gesamte Haus in dem sie gewohnt hatten leergeräumt und von Franka habe ich nichts mehr gesehen oder gehört. Handys gab es damals noch nicht und auf Festnetz war sie ja nicht mehr erreichbar. Da sie sich wegen ihres Vaters schämte hat sie mir auch nicht gleich geschrieben. Zwei Monate später sind wir dann in ein Haus am anderen Ende der Stadt gezogen, das war zufällig frei geworden und so hatten es meine Eltern nicht mehr so weit zur Arbeit. Deine Mutter hat mir die von ihr geschriebenen Briefe gezeigt als wir wieder zusammen waren. Leider hatte sie sich erst nach vier Monaten getraut mir zu schreiben. Mit dem Stempel ‚Unbekannt verzogen‘ hatte sie die beiden Briefe zurückbekommen.“, ich holte erst mal Luft und sah Tim an.
Noch nie zuvor hatte er so mit den Augen an meinen Lippen geklebt wie jetzt.
„Jetzt weißt du wie es sich anfühlt wenn man aus Liebe verzweifelt. Franka war damals ein richtiger Wildfang, kurze Haare wie ein Junge und auch so draufgängerisch. Bei mir war noch nicht angekommen dass die Hippiezeit schon fast zwei Jahrzehnte vorbei war, ich hatte lange Haare die bis tief in den Rücken fielen. Aber diese Gegensätze zogen sich magisch an. Außerdem konnten wir uns stundenlang unterhalten ohne Langeweile zu haben. Ich war ähnlich schüchtern wie ich dich bisher kenne, daher blieb es damals bei Händchenhalten und ein wenig Knutschen.
Das Wichtigste war aber, wir hatten uns einander versprochen. Obwohl wir uns dann acht Jahre nicht gesehen haben hat jeder sein Versprechen gehalten. Darauf sind wir heute noch besonders stolz.“, langsam wurde die Saunatemperatur unangenehm. Unsere Körper glänzten, Zeit zu Duschen.
„Mir reicht es jetzt mit der Sauna, lass uns erst mal frisch machen dann werde ich dir im Wohnzimmer den Rest der Geschichte erzählen.“, dabei stand ich langsam auf und Tim nickte nur.
Nach der Dusche kleidete ich mich ganz leger mit Jeans und T-Shirt. Tim hatte einen Trainingsanzug an und erwartete mich schon. Gemeinsam setzten wir uns auf die Couch.
„Du Papa, ich sag jetzt einfach Bernd. Mama nennst du in deiner Geschichte ja auch immer Franka. Ist das in Ordnung?“, schaute er mich jetzt etwas verlegen an.
„Überhaupt kein Problem, du bist ja bald erwachsen. Außerdem bin ich froh auch mal von dir gebraucht zu werden. Schade nur dass der Anlass nicht so schön ist.“
Langsam legte Tim sich lang auf die Couch und legte seinen Kopf auf meinen Schoß.
„Bernd, ich wusste immer dass ich mich auf meinen Vater verlassen kann. Nur wollte ich kein Weichei sein, daher habe ich mich sonst immer an Mama gewandt. Auch wenn du es nicht glaubst, aber ich hab dich ganz doll lieb!“, der letzte Satz trieb mir jetzt Tränen in die Augen.
„Wie schön dass Du auch so ein Weichei bist!“, strich Tim mir jetzt die Tränen weg und gab mir einen Kuss, quasi zur Bestätigung, auf die Wange.
„Ja Tim, wir haben mehr gemeinsam als du ahnst!“, untermauerte ich das Ganze.
„Dann will ich mal die Geschichte fortsetzen, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, - also nachdem ich Franka verloren glaubte habe ich mich nur auf meine Ausbildung konzentriert und mich anschließend bei der Bundeswehr für vier Jahre verpflichtet. Da konnte ich dann ganz in Ruhe meinen Meister machen. Und nur dadurch habe ich Franka wiedergefunden. Sie arbeitete in Koblenz im Bundeswehrkrankenhaus als Masseuse. Nach meinem Unfall hatte ich unter anderem Massagen verschrieben bekommen. Beim ersten Termin wurde ich von einem Mann massiert. Ich fragte ob ich beim nächsten mal meinen Workman mitbringen durfte, was bejaht wurde. Also hatte ich zum nächsten Termin schon die Kopfhörer auf und lag auf der Massagebank als die Hände auf meinem Rücken elektrische Impulse auslösten.“
„Was ist denn ein Workman?“, fragte Tim.
„Ein Relikt aus den siebziger und achtziger Jahren. Quasi ein X-mal so großer MP-3 Player mit einer eingelegten Kassette. Also wie gesagt hatte ich die Kopfhörer auf als es mich durchzuckte. Ich nahm die Kopfhörer ab und ein „Franka“ kam mir über die Lippen. Den Kopf hatte ich noch nicht ganz gedreht da hauchte sie mir ein „Bernd“ entgegen und unsere Münder trafen sich. Wir hatten uns wieder.
Nach Dienstschluss holte ich Franka ab und wir gingen zu ihr. Wir erzählten uns gegenseitig wie traurig wir gewesen waren und dass niemand anderes bei uns eine Chance gehabt hatte. Es wurde ein langer Abend und eine kurze Nacht. Die Nacht in der du entstanden bist.“, endete meine Geschichte – so dachte ich.
„Ich weiß dass es mich nichts angeht, aber Pornos sind für mich nur gefühlloses Rammeln. Was habt ihr denn alles gemacht?“, schaute Tim mich jetzt neugierig an.
Auf dem Wohnzimmertisch lag das Telefon, ich wählte im Kurzwahlspeicher Franka`s Handynummer und ging mal kurz in die Küche. Geschlagene fünf Minuten brauchte ich um Franka die Lage zu erklären, dann gab sie ihr O.K.
„Für mich ist das kein Problem, Tim. Aber ich würde deine Mutter nie hintergehen und habe mir ihr Einverständnis geholt. Sexuelle Handlungen zu beschreiben ist ja gar nicht so schwer. Aber die Emotionen dahinter sind etwas sehr persönliches.“, dabei sah ich wieder Tränen in Tim`s Augen.
„Ihr seid ganz tolle Eltern, ich habe es ohne dass du etwas erzählt hast wie ein 3D Film vor Augen. Du brauchst gar nicht mehr zu Erzählen. Ich habe mich immer gefragt wie weit man bei der Liebe gehen darf, die Antwort hast du mir gerade gegeben. Solange es beide wollen ist alles erlaubt! Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll!“, kam jetzt sogar eine gewisse Art von Beschwingtheit in Tim`s Gesicht.
Das war einer der schönsten Tage für mich als Vater. Tim hatte mehr Glück als Franka und ich, seine Jasmin konnte sich schon nach drei Wochen wieder melden. Ihre Eltern waren vor der türkischen Mafia geflohen weil Jasmin`s Vater gegen diese Leute als Buchhalter aussagen wollte was er wusste. Die Eltern kamen ins Zeugenschutzprogramm und Jasmin zog bei meiner Schwester ein, nur vier Häuser weiter.
Heute, knapp fünf Jahre sind seit dem vergangen, gab es dann für mich etwas zum Schmunzeln. Gerade bin ich vom Joggen zurück, wollte ich mal wieder saunieren. Ich habe die Sauna zwar vorher angemacht, aber ich achtete nicht darauf ob die grüne Lampe leuchtete. Schwungvoll öffnete ich die Tür zur Sauna, da befand ich mich in einem SM – Studio. Von den Neigungen hatte ich nichts gewusst, aber nach der Frage damals wunderte es mich auch nicht. Tim klatsche gerade mit einer Hand abwechselnd gegen Jasmin`s Brüste. Die war mit gespreizten Beinen auf der langen Bank festgebunden. Einen Blick auf die geöffneten Schamlippen von Jasmin entlockte mir ein lächeln während die beiden in Schockstarre verfallen waren.
„Weiter machen! Ich werde dann in zwei Stunden saunieren. Und du könntest mir mal einen Gefallen tun, Jasmin!“, deutete ich auf ihr Schamlippenpiercing. „Das sieht heiß aus. Würdest du mal mit Franka in die Sauna gehen wenn ihr Frauen allein seit? Sie soll sich das mal anschauen damit sie weis wovon ich rede!“, erklärte ich einen soeben geborenen Wunsch.
Jasmin grinste mich jetzt an, nickte und schickte mir einen sympathischen Satz, während ich die Sauna verließ, hinterher.
„Ich habe es nie glauben wollen, aber Tim hat Recht. Bernd du bist wirklich der coolste!“
Kommentare
Kommentare: 20
Kommentare: 186
Kommentare: 68